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Universitat Pompeu Fabra Barcelona

Instituto Ciencias Politica

Russland und Großbritannien im Vergleich: Wurde das System in Russland durch die letzten
putinschen Reformen durchsetzungsfähiger zu Kosten der demokratischen Verhältnisse, ein
Vergleich anhand der Verfassungsreformen des Vorbildes Großbritannien

Trabajo de la assignatura :

Politicas Comperadas II

Segundo Trimestre

Prof. Klaus-Jürgen Nagel

Entregado de:

Edgar Kretschmann

Tercero Curso

Ciencias de Politicas

Barcelona, el 15.03.2010

1
Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung.......................................................................................1

2. Politische System Großbritanniens................................................2

2.1 Allgemeiner Überblick.............................................................2

2.2 Reformen in Großbritannien....................................................3

2.3 Reformen unter Tony Blair.......................................................4

3. Politische System der russischen Föderation................................5

3.1 Allgemeiner Überblick.............................................................5

3.2 Reformen unter Vladimir Putin................................................6

4. Vergleich der Reformen.................................................................8

5. Fazit................................................................................................9

Anhang 1...................................................................................................10

Literaturverzeichnis..................................................................................12

2
1. Einleitung

Nach dem Zusammenbruch der UDSSR 1991 hat sich in den ehemaligen Oblasten der
Föderation etwas abgespielt was heute als „Vorführung der Souveränitäten“ (aus dem
englischen: „parade of sovereignties“) bezeichnet wird.. Während dieser Zeit konnte jede
Region so viele Unabhängigkeiten wie es wollte von sich behaupten, solange es in der
Föderation blieb.1 Dieses hat zu zentrifugalen Tendenzen geführt welche die Integrität für die
gesamte Russische Föderation bedroht hat. Mit der Regierungsübernahme duch Vladimir
Putin im Jahr 2000 wurde angekündigt, dass sich die Kräfte der Provinzen wieder stark auf
Moskau zuwenden würden. Tatsächlich haben einige Änderungen im Steuergesetz die fiskale
Autonomie und dadurch die ökonomische gut situierten Verhältnisse in einigen Provinzen
wieder in eine abhängigere Beziehung zum Kreml gewandt. Angeprangert als Maßnahme zur
Schließung zwischen der arm-reich Schere haben sich diese Veränderungen im Steuersystem
als effizientes Instrument erwiesen und zu einer Erreichung der politischen Ziele Moskaus
geführt.

Anhand dieses Beispiels und vieler weiterer wird in dieser Arbeit untersucht ob sich
Russland unter Putin zu einer „de facto“ Assymetrie der Gewaltenteilung zwischen Volk und
Regierung mittels Regierungsreformen gewandt hat, oder ohnehin schon „de jure“
assymetrische Verhältnisse vorhanden sind; und ob diese Veränderungen notwendig waren
um eine eventuelle Zersplitterung der Russischen Föderation zu verhindern. Anhand einiger
Reformen im britannischen Regierungssystem, welche heute als de facto und de jure als
Prozess zur Demokratiesierung genannt werden, lässt sich der Kontrast besser erkennen.

1
Koidze, Vadim. Fiscal Federalism under Putin: Redistribution vs. Retribution. Saarbrücken, 2009, 3.

3
2. Politische System Großbritanniens

Einfach gesagt, ist Großbritannien eines der Länder welches die Evolution der Revolution
bevorzugt. So sind die demokratischen Verhältnisse über einen langsamen Prozess der
Veränderungen zu dem geworden was sie heute sind. Rein gesetzlich gesehen ist die
Monarchie unersetzlich in den britischen Staat eingebracht und die oberste Ausführende, die
Regierung selber existiert nur, um der Krone zu dienen. Tatäsächlich aber, aufgrund der
Gewohnheiten und Traditionen, spielt der Monarch nur eine sehr kleine Rolle in der
Regierung des Landes.2 Die Macht liegt hauptsächlich in den Händen des Premierministers
und seinem bzw. ihrem Kabinett.

2.1 Allgemeiner Überblick

Das Vereinigte Königreich besteht terretorial aus England, Wales, Schottland und Nordirland.
Es ist eine konstitutionelle Monarchie und eine parlamentarische Demokratie. Die wichtigste
Kammer des Parlaments ist das Unterhaus, das House of Commons , dessen 650 Mitglieder in
allgemeiner Wahl gewählt werden. Eine relative Mehrheitswahl bestimmt in 650 (2010, 2005
646, davor 659) Einmannwahlkreisen die Legislative; jeder Wähler hat eine Stimme für einen
Kandiaten im Wahlkreis. Gewählt ist der Kandidat mit den meisten Stimmen im Wahlkreis. 3

Ungefähr 700 Personen, darunter Angehörige des Verdienstadels und des Erbadels sowie
Bischöfe, sitzen im Oberhaus, dem House of Lords. Edinburgh ist Sitz des schottischen
Parlaments, das auf lokaler Ebene weitreichende Befugnisse hat, und Cardiff ist Sitz der
Walisischen Versammlung, deren Befugnisse beschränkt sind, die aber in manchen Bereichen
gesetzgeberisch tätig werden kann.4

Der König beauftragt die Partei mit der Regierungsbildung, die bei der Wahl die Mehrheit der
Parlamentssitze gewonnen hat. Die Parteiführer werden von den Fraktionen gewählt. In der
Labour Party beispielsweise wählt die Versammlung der Abgeordneten im Ober- wie im

2
Graham, Lawrence S. Politics and Government: a brief Introduction. Clatham, 1994, S. 80.
3
Großbritannien: < http://www.wahlrecht.de/ausland/uk.html>.
4
< http://europa.eu/about-eu/member-countries/countries/member-states/unitedkingdom/index_de.htm>
4
Unterhaus des Parlaments den Parteiführer. ,,Alle Minister müssen entweder dem Unter- oder
dem Oberhaus angehören. Seit 1922 gilt die Konventionalregel, daß der Premierminister dem
Unterhaus angehört."5

Es wird allgemein behauptet, dass Großbritannien keine geschriebene Konstitution aufweist.


Das ist insofern nicht richtig, da nur einzelne Teile dieser vorhanden sind. Außerdem gibt es
die Britische Konstitution nicht als ein einzelnes Dokument, sondern Sammlungen von
allgemeinen Gesetzen, historischen Abschnitte, und, am wichtigsten, einfache Gebräuche.6
Das besondere an dieser „ungeschriebenen“ Verfassung ist, dass so nichts als
unkonstitutionell bezeichnet werden kann. Das Parlament, damit ist besonders das Unterhaus
gemeint, kann so alle Gesetze mehr oder weniger ungebremst konkretisieren; das britische
System konnte über Zeit sich so entwickeln und sich verändern ohne eine „Systemkrise“ zu
erleiden. So wurden zum Beispiel die Wahlen des Unterhauses während des zweiten
Weltkrieges hinausgezögert, um deren Unanehmlichkeiten zu vermeiden.7 Der Nachteil in
dieser fehlenden Konstitution ist, dass sich so Gesetze frei dehnen und beugen lassen ohne an
eine gewisse Grenze zu stoßen.8 Allein die Rule of Law schützt Bürger vor staatlicher
Willkür, und zwingt das Parlament gesetzeskonform zu handeln. Trotzdem, die absoluten
Standards wie wir sie aus Deutschland oder den USA kennen fehlen hier.

2.2 Reformen in Großbritannien

Die historischen Wurzeln Großbritanniens liegen mehr als 700 Jahre zurück und über die
Jahrhunderte hat sich eine Mischung aus königlicher Würde und Legitmität entwickelt. So ist
das Parlament heute der Zentrale Dreh-, und Angelpunkt Konflikte zwischen modernen
politischen Parteien und traditionellen Grundlagen.9

Auch zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts bestand die Kammer der Lords aus Adeligen
aus England, Schottland und Irland; Geistigen und ernannten Lords. Die Rechte des
Oberhauses waren bezüglich öffentlichen, privaten und untergeordneten Angelegenheiten
gleich, zu denen des Unterhauses, bis darauf, dass das Unterhaus keine Gesetze bezüglich des
Finanzrecht oder des Fiskus initiieren geschweige denn verändern konnte.10 Es bestand aber
das, selten ausgeführte, Recht auf ein absolutes Votum bei finanziellen Angelegenheiten. Dies
hat immer wieder zu Machtstreitigkeiten und Gesetzesaufschüben geführt wie zum Beispiel
beim Roseberry Report(1907).

5
Schröder, Hans. „Die Geschichte Englands. Ein Überblick“. In: Kastendiek/Rohe/Volle (Hg.): Länderbericht
Großbritannien. Geschichte - Politik - Wirtschaft - Gesellschaft. Band 237.  Campus, Frankfurt/M.
1994. S. 26.
6
Vgl. Roskin, Michael G. Countries and Concepts, London, 1989, S.29.
7
Theen, Rolf H. W. Comperative Politics. New Jersey, 1996. S. 43.
8
Vgl. Roskin, Michael G. Countries and Concepts, London, 1989, S.29.
9
W.o.
10
http://www.parliament.the-stationery-office.co.uk/pa/ld199798/ldbrief/ldreform.htm
5
Im Parliament Act aus dem Jahr 1911 änderte die Machtverhältnisse stark. Ursprünglich
indirekt initiiert von dem Premierminister David Lloyd George zwei Jahre zuvor11, wurde der
Gesetzesvorschlag in veränderter Form später von dem Unterhaus vorgelegt und von dem
Oberhaus, mit Hilfe der Androhung liberale Lords in das Oberhaus zu implementieren,
bestätigt. Der Parliament Act beseitigte prinzipiell die legislative Gleichrangigkeit der beiden
Kammern. Von nun an war es dem Oberhaus gestattet die Gesetzgebungsakte für höchsten

drei Sitzungen oder zwei Jahre zwischen der zweiten und dritten Sitzung zu vertagen. Nach
der dritten Ablehnung des Gesetzeskonzepts wurde es dann direkt dem König bzw. Königen
vorgelegt. 12 Die Legislaturperiode des Parlaments wurde von 7 auf 5 Jahre verkürzt. Bei
Gesetzen zur Regelung von Finanzfragen durfte es nur noch höchsten einen Monat lang
verzögern, das absolute Votum hat sich also nun in ein supensives Votum gewandelt.

Der „zweite“ Parliament Act des Unterhauses wurde 1949 basierend auf den vorherigen
im Jahr 1911 durchgesetzt und ist daher nicht umstritten (This Act and the Parliament Act,
1911, shall be construed as one and may be cited together as the Parliament Acts13). Die
Änderungen beinhalten eine Beschleunigung der Verfahren: statt drei Sitzungsperioden
werden dieses Mal nur zwei benötigt bis sie dem Monarchen vorgelegt werden. Außerdem
wurde die Zeit der maximalen Aufschiebung der Sitzungsperioden von zwei auf ein Jahr
verkürzt.14

Da das Unterhaus alle maximal fünf Jahre vom Volk gewählt wird und das Oberhaus
keinem mittelbaren Einfluss des Volkes untersteht, lassen sich die Parliament Acts, neben
den Reformen zum Wahlrecht im Jahr 1930 und 1948, als bedeutende Schritte zur
Demokratisierung einschätzen. Des weiteren, sind sie niedergeschrieben und können so als
Komplementärelement einer Verfassung gelten.

2.3 Reformen unter Tony Blair

Mit gesundem Opportunismus und dank rhetorischer Fähigkeiten hat Tony Blair in den
Parlamentswahlen im Frühling 1997 der Labour Partei einen Erdrutschsieg gebracht. Als
jüngster britischer Premierminister des 20. Jahrhunderts kreiierte eine völlig neuen
Führungsstil: Führte Reformen im Akkord in Präsenz öffentlicher Medien durch, organisierte
den Friedensprozess in Nordirland und setzte sich für Bombenangriffe im Kosovo ein diesen
er als Teil eines „humanitären Interventionismus“ bezeichnete.15

11
W.o.
12
Fetscher, Iring. „Großbritannien. Gesellschaft - Staat - Ideologie“. Athenäum Fischer Taschenbuch,
Frankfurt/M. 1968. S. 88.
13
http://www.verfassungen.eu/gb/gb1911.htm Unterpunkt 2.1
14
http://www.verfassungen.eu/gb/gb1911.htm
15
http://www.arte.tv/de/semaine/244,broadcastingNum=930251,day=5,week=37,year=2008.html
6
Nach dem Sieg der Labour-Partei hat Tony Blair bemerkenswert schnell
Gesetzgebungsaktivitäten eingeleitet. Anhand der Reformen die im Rahmen der sogenannten
devolution, eine Übertragung legislativer Funktionen an regionale Körperschaften,
durchgeführt wurden, haben sich die radikalen Änderungen bemerkbar gemacht. Schon bis
Ende 1998 waren Gesetze verabschiedet, welche die Nationalversammlung (Assembly) von
Wales, das schottische Parlament und die Nordirische Versammlung ins Leben gerufen und
schon Ende 1999 waren sie voll funktionsfähig. Nach manchen Experten stellen diese
Verfassungsänderungen eine epochale Bedeutung dar. Tony Blair selbst behauptet: “The

reforms I have set out will transform our politics. They will redraw the boundaries between
what is done in the name of the people and the people themselves.”16
Auf Fragen von Seiten des Parlaments ob das nicht ein zu radikaler Schritt sei, entgegnete
Blair damit, dass er nicht vorhabe Steuerkompetenzen den neuerrichteten Körperschaften zu
übertragen.17 Es ist hier offensichtlich das vor allem ökonomische Maßnahmen eine der
größten politische Reichweite haben.
Die Grenzen haben sich trotzdem rascher verschoben als er vermutlich dachte, denn schon im
Frühjahr 2007 haben sich nach der dritten Runde dezentraler Wahlen in Schottland, Wales und
Nordirland Regierungen mit nationalistischen Partein gebildet, die das Ziel verfolgen aus
dem Vereinigten Königreich auszutreten.

Wir können hier empirisch beobachten, dass dieser „Demokratisierung durch


Liberalisierung“s - Prozess durch Souveränitätszugeständnisse dazu geführt hat, dass
zentrifugale Machtverhältnisse entstehen, und die Legitimitätsansprüche in London langsam
erodieren.

3. Politische System der russischen Föderation

3.1 Allgemeiner Überblick

Rußland ist ein demokratischer föderativer Rechtsstaat mit republikanischer Regierungsform.


18
Die politische Macht konzentriert sich nach der Verfassung der Russischen Föderation -
vom 12. Dezember 1993 - in den Händen des Präsidenten und gewährt ihm ausführliche
Rechte. Der Präsident wird seit 2008 alle 6 Jahre (von 1993 bis 2008 alle 4 Jahre) direkt vom
Volk gewählt und kann nur für eine weitere Regierungsperiode wiedergewählt.19 Er bestimmt
die Innen-, und Außenpolitik des Landes. Mit der Zustimmung des Parlamentes nominiert der
16
http://www.bpb.de/publikationen/M6D7LQ,0,Devolution%3A_Aufl%F6sung_des_Vereinigten_K%F6nigreich
s.html
17
McLean, Iain. Rational Choice and British Politics. New York, 2001. S. 230.
18
Die Verfassung der Russischen Föderation Art. 1.
19
Die Verfassung der Russischen Föderation Art. 81- 1.
7
Präsident den Premierminister und die Minister. Falls das Parlament die vom Präsidenten
vorgeschlagenen Kandidaten dreimal ablehnt, kann der Präsident die Staatsduma auflösen um
neue Wahlen zu beschließen. Der Präsident beschließt über den Rücktritt der Regierung, kann
Beschlüsse und Anordnungen der Regierung aufheben, wenn sie der Verfassung, föderalen
Gesetzen oder seinen Erlässen zuwiderlaufen.
Der Präsident ist von der Verfassung mit einigen Vollmachten ausgestattet, die mit der
Tätigkeit der Organe der Gesetzgebungs- und der rechtsprechenden Gewalt
zusammenhängen. Er hat auch das Recht ein aufschiebendes Veto einzulegen.20 Die starke

Position des Präsidenten wird teilweise durch den Art. 80 Abs. 2 der Verfassung der
Russischen Föderation, in dem steht, dass der Präsident „das aufeinander abgestimmte
Funktionieren und Zusammenwirken der Organe der Staatsgewalt“ gewährleistet, unterstützt.
Somit „schwebt“ der Präsident als „vierte“ Gewalt über allen anderen Gewalten.21

Das Parlament Russlands besteht aus 2 Kammern: der (Staats-)Duma und dem
Föderationsrat. Die Duma hat 450 Mitglieder und wird für 4 Jahre (ab 2011 alle 5 Jahre)
gewählt. Insgesamt wird das Parlament auch „Föderationsrat“ genannt. Momentan enthält sie
4 Parteien: „Einiges Russland“ (315 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (57 Sitze),
„Liberaldemokratische Partei Russlands“ (40 Sitze), „Gerechtes Russland “ (38 Sitze). Der
Vorsitzender ist Boris Wjatscheslawowitsch Gryslow (Einiges Russland).22

Der Föderationsrat ist die zweite bzw. obere der beiden Parlamentskammern Russlands und
dient als Vertretung der Gliedstaaten. Er besteht aus 166 Senatoren und repräsentiert die 83
Subjekte der russischen Föderation mit je einem Vertreter der regionalen Exekutive bzw.
Legislative. Im Gegensatz zur ersten Parlamentskammer (Staatsduma) kann der
Föderationsrat nicht vom Präsidenten aufgelöst werden. Der Föderationsrat wirkt bei der
Gesetzgebung mit, indem er durch die Duma beschlossene Gesetze entweder zur Unterschrift
an den Präsidenten weiterleitet oder diese an die Duma zurückweist.23
Unter Boris Jelzin wurden die Vertreter der jeweiligen „Subjekte“ durch das Volk gwählt.
Somit war der Föderationsrat durch das Volk legitimiert.24 Allerdings änderte Putin im Jahr
2000 die Zusammensetzung des Föderationsrates.

3.2 Reformen unter Vladimir Putin

20
Momsen, Margareta. Das politische System Rußlands (The political system in Russia) in: Ismayer (Ed.): "Die
politischen Sys-teme Osteuropas" ("The political systems of Eastern Europe") Opladen Schröder,
Hans-Henning. "Politisches System und politi-scher Prozess" ("Political system and political process"):
2004.
21
Isserlis, Darina. Die Russische Föderation und die Ukraine nach dem Zerfall der Sowjetunion – eine
Beschreibung der Wahlsysteme im Vergleich . Jena, 2008.
22
Russische Föderation:
<http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Russisc
heFoederation_node.html>.
23
Momsen, Margareta. 2004
24
Ismayr , Wolfgang.. Die politischen Systeme Osteuropas 2. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften,
2006, S. 86.
8
Zunächst nur als Interimspräsident durch Boris Jelzin eingesetzt, hat Wladimir Putin nur kurz
nach der Präsidentschaftswahl, die im März 2000 nach seinen Gunsten verlief, Dynamik und
Handlungsfähigkeit bewiesen.25

Zum ersten Mal wurde die Föderationsreform von Putin in seiner Fernsehansprache am 19.
Mai 2000 geäußert. Er forderte die Stärkung einer Zentralisierung der föderalen
Staatsorgane, die handlungsunfähigen Vertreter des Präsidenten in den Oblasten zu stärken
und die erste Kammer zu reformieren. Im Mai 2000 wurde die Bildung von ehemals 89
russischen Regionen in 7 föderale Großkreisen, mit insgesamt nun 86 Föderationssubjekten,
dekretiert, in denen jeweils ein bevollmächtigter Vertreter des Präsidenten die Arbeit der
Regionalabteilung der föderalen Staatsorgane koordinieren und die Übereinstimmungen der
regionalen und föderalen Normen prüfen sollte.26 Den Höhepunkt der Kommutierung, war,
dass der Präsident von da an das Recht besaß die Gouverneure frei zu bestimmen, gegenüber
vorheriger freier Wahlen die in den Regionen die Vertretung demokratisch legitimierte. 27

Nicht nur als symbolischen Akt hat Putin Generäle in die Ämter der Vertreter eingesetzt,
sondern auch weil sich so wenige kompetente als auch nicht korrumpierte Beamte, hergerufen
durch die zentrale Vergewaltigung der bisherigen Legislaturperioden, finden ließen.28 Nach
der Ernennung folgte der Gesetzesenwurf über die neuen Zusammensetzung des
Föderationsrats sowie die Änderungsvorschläge zum Gesetz über die Organisation der
Exekutive und Legislative in den Oblasten.
Das Ziel war, die Gouverneure und Präsidenten der Föderationssubjekte weitgehend
abhängiger vom Kreml zu machen, indem nicht mehr von den Leitern oder Vorsitzenden der
regionalen Verwaltungen Vertreter ausgewählt wurden, sondern von den verschieden
Instituionen des Rates ernannt werden sollte. Des weiteren haben die Leiter der Exekutive
auch ihre Immunität verloren dh. der Präsident wurde ermächtigt die Exekutive der regionalen
Parlamente aufzulösen sofern sie gegen die föderalen Rechtsnormen verstoßen sollten.
Die Gesetzesentwürfe wurden in der Duma mit großer Mehrheit verabschiedet, der
Föderationsrat leistete nur geringen Widerstand. Die Gouverneure bekamen das Recht
qualifizierte Vertreter in den Föderationsrat zu entsenden, wobei die Parlamente diese aber
auch mit einer Abstimmung ablehnen können. Auf der informellen Ebene wurden diese Leiter
der Exekutive mit dem Versprechen auf ein neues Organ dem „Staatsrat“ zufrieden gestellt.29
Mit der Verabschiedung der Gesetze entstand erstmals die Möglichkeit, Vertreter der
regionalen Elite rechtmäßig zur Verantwortung zu ziehen.
Putins Zentralisierungsantrieb schien den assymetrischen Behandlungen der Regionen ein
Ende zu machen, in dem er die Gleichstellung der Länder in allen politisch relevanten
Beziehungen gleichstellte. Jedoch hat sich herausgestellt, dass hinter den politischen
Motivationen einer Gleichstellung, schon bald, nämlich 2001, eine „de facto“ Assymetrie

25
Vgl. Koidze, Vadim. Fiscal Federalism under Putin: Redistribution vs. Retribution. Saarbrücken, 2009, 1.
26
Vgl. Koidze, Vadim. Fiscal Federalism under Putin: Redistribution vs. Retribution. Saarbrücken, 2009, 14.
27
W.o.
28
„Putins Reform der föderalen Strukturen“, in: Osteuropa, 2000, Nr. 9, S. 979-990; Schneider E.: Putins
Rezentralisierungsinitiativen, Aktuelle Analysen des BIOSt, 2000, Nr.29.
29
Luchterhandt, Otto. „Zum Entwicklungsstand des Föderalismus in Russland“, in: Kappeler, Andreas (Hrsg.):
Regionalismus und Nationalismus in Russland, BadenBaden 1996, S. 248-251.
9
verbarg. So wurden nach Präsidentenwahlen 2000, diejenigen Regionen welche Putins
Rivalen unterstützten bestraft. Es gibt zudem „de jure“ Assymetrien, welche durch die
administrativen Stellungen und höheren Steuerrückzahlungen des Kremls begünstigt wurden.
30
Bei den Wahlen 2000 haben 83
von 86 Regionen für Putin abgestimmt, da den eventuell „Abtrünnigen“ informell eine
fiskale Bestrafung angedroht wurde. Auch hier können wir einen undemokratischere
Veränderung zugunsten der zentralisierten Machtverhätnisse erkennen.31
Mit Hilfe der unfreien Medien32 konnte Putin bei diesen Wahlen sich deshalb, neben dem Sieg
im Tschetschenien Konflikt, als der Garant der „Law- and Order Politik“ feiern lassen.

4. Vergleich der Reformen

Anhand der genannten Reformen in Großbritannien, die das nicht vom Volk legitimierte
Oberhaus am meisten betrafen, können wir ablesen, dass sich Großbritannien tatsächlich in
eine demokratischere Richtung begeben hat. Die Parliament Acts beschnitten die Vetorechte
sowie Auschiebungsmöglichkeiten für neue Gesetzesentwürfe und konkretisierten das
Oberhaus als von da an schwächere Glied im Parlament. Durch Tony Blairs Reformen der
Dezentralisierung erkennen wir, dass der Liberalisierungsprozess nicht aufzuhalten war. Es
lässt sich nicht genau sagen ob die Mehrheit der Bevölkerung einer (noch leichten)
Dezentralisierung vom britischen Parlament positiv gestimmt war. Es lässt sich aber
vermuten, dass eine solche Änderung mit einem stärkeren Oberhaus wohl kaum genehmigt
worden wäre.

Im Gegensatz zu der Devolution hat sich in Russland genau das Gegenteil abgespielt. Durch
die zentrifugalen Mächte, die an der Einheit des Nachkriegs-Russlands gerüttelt haben, hat
sich eine strikte Zentralisierungspolitik herausgebildet. Die Reformen von Putin haben den
korrupten Beamtenapperat in den einzelnen Subjekten stark geschwächt, und eine klare
Politik aus Moskau vorgeschrieben. Es erscheint logisch, dass in einem solch großen Land
wie Russland viele verschiedene Ethnien zu einem zwangsläufigen kulturellen
Zusammenstoß führen und eine Unabhängigkeit anstreben. Der Kreml hat sich selbst in
diesem Fall mit einer informellen sowohl als auch formellen Entdemokratisierung zu einer

30
Vgl. Koidze, Vadim. Fiscal Federalism under Putin: Redistribution vs. Retribution. Saarbrücken, 2009, 14.
31
W.o.
32
Rüb, Friedbert W. „Interview mit dem Stern“ vom 06. Dez. 2003.
10
starken politischen Hand verholfen. Die ehemals vom politisch ungeschultem33 russische
Bevölkerung wurde vollends der Wahl ihrer Subjekte entzogen, die Duma noch mehr
abgeschwächt. Es scheint als wenn Demokratisierung in Russland zu einer zwangsläufigen
Instabilität führt, und die putinschen Reformen dem entgegenkamen.34

5. Fazit

Aus der dargelegten Entwicklung der repräsentativen Vertretung und Demokratie in


Großbritannien, kann man behaupten, dass England das Mutterland der Demokratie ist. Bis
auf kurze Rückschritte fand eine kontinuierliche Weiterentwicklung bis zum heutigen
Rechtsstaat statt. Das Problem bei diesem Westminster Modell ist jedoch, dass es sich nicht
auf andere Länder übertragen läßt. Die britischen Kolonien wurden zumeist undemokratisch
regiert und hatten auch nicht diesen historischen Hintergrund, um eine Entwicklung, wie die
des Mutterlandes, machen zu können. Der Übergang in die Demokratie wurde meist abrupt
und gewaltsam durchgeführt. Man konnte nicht von einem gewachsenem Grundkonsens über
das Regierungssystem ausgehen. Die Kolonien benötigten eine schriftlich fixierte Verfassung,
um das Verhalten der Regierung kontrollieren zu können, und um die indirekten Grundrechte
einklagen zu können. 35

Dennoch, mit Blick auf die Reformen können wir das Vereinigte Königreich als
Paradebeispiel für eine demokratiesierende und zugleich durchsetzungsfähigere Regierung
nehmen. Die relativ lange Tradition demokratischer Ansätze sowie eine politische Bildung
scheint jedoch eine Vorraussetzung für eine solch vermeintlich labile, aber fortgeschrittene
Demokratie zu sein.

33
Isserlis, Darina. Die Russische Föderation und die Ukraine nach dem Zerfall der Sowjetunion –eine
Beschreibung der Wahlsysteme im Vergleich. Jena: 2008. S.11.
34
Rüb, Friedbert W. „Interview mit dem Stern“ vom 06. Dez. 2003.
35
Vgl. Stegmeyer Ulli. Die Entwicklung des britischen Westminster Modells, OFU Bamberg, 1996, S. 8.
11
Die Schritte in Richtung Rezentralisierung betrifft in Russland beide Ebenen: normativ als
auch realpolitisch. Die eigentlichen Effekte der putinschen Föderationsreform sind zweierlei:
Erstens sollte eine vollwertige Föderation mit den komplizierten Mechanismen der vertikalen
Gewaltenteilung und des strukturellen Finanzausgleichs etabliert werden um einen
eventuellen Zusammenbruch der russischen Föderation zu verhindern. Zweitens wurde eine
formelle sowie informelle Methoden weiter etabliert um den regionalen Eliten eine vom
Kreml ausgewählte Regierung aufzuzwingen. Die Schattenseite des Ganzen wie unoffene
Presse, verdeckte Parteienfinanzierung und die nur bedingte demokratischen Verhältnisse
(Julian Peel Yates, OSZE) in den ländlichen Subjekten führen zu einer gelenkten Demokratie-
mehr noch zu einem autoritären Regime mit halbfreien Wahlen.36

Anhang1 : Vergleich der beiden Kammer Russlands und Großbritanniens

Tabelle1: Vergleich der Häuser des Parlaments in Großbritanniens.37

Unterhaus Oberhaus

Wahl der Die Mitglieder der Regierung werden Die Mitlieder der Regierung sind entweder vom
Mitglieder vom Volk gewählt. Monarchen bestimmt (auf Empfehlung des
646 Mitglieder mit je einem Primierministers) oder haben eine Recht auf einen
Wahlbezirk. Platz im Parlament nach dem Erwerben/Erbe eines
Titels.

36
Rüb,“ Interview mit dem Stern“ vom 06. Dez. 2003.
37
http://www.wahlrecht.de/ausland/uk.html
12
Rolle bei Die Gesetze werden vorgeschlagen, Die Mehrheit der Mitglieder stimmt ab, ob eine
Gesetz-gebung abgeändernt und abgestimmt von der Legislation abgeändert oder abgelehnt wird, aber
einfachen Mehrheit der Mitglieder. die Entscheidung kann die Beschlüsse nicht
komplett aussetzen.

Zusammen Die meisten Mitglieder gehören einer Die Mitglieder bestehen aus dem Erbadel, hohen
setzung der bestimmten politischen Partei an. Vom Mitgliedern der Kirche und Ernannten. Keine Wahl
Kammern Volk alle 5 Jahre per relativer vom Volk.
Mehrheitswahl gewählt.

Tabelle 2: Vergleich von den Kammern des Parlaments von Russland.38

Staatsduma Föderationsrat

Wahl vor der Bis zum Jahr 2007 galt in der Russischen Föderation Bis zum Jahr 2000 wurden die
Reform genau ein Mischwahlsystem (teils Gouverneure der jeweiligen
Mehrheitswahlrecht und teils Verhältniswahlrecht). Föderationssubjekte in dem jeweiligen
Die Hälfte der Staatsduma wurde über Parteilisten Bereich durch das Volk gewählt. Somit
gewählt und die andere in Einerwahlkreisen über war der Föderationsrat durch das Volk
Direktmandaten. Alle Kandidaten mussten legitimiert.
Unterschriften zu den Wahlen sammeln, um an der
Wahl antreten zu können – 200 000 (bzw. 1% der
Wahlbevölkerung).

38
Schneider, Eberhard. Das politische System der Russischen Föderation. Eine Einführung. Band 187. 1999.
13
Wahl nach Im Jahr 2007 gab es eine Erneuerung des Putin änderte im Jahr 2000 die
der Reform Wahlgesetzes – von da an gab es nur noch das Zusammensetzung des
Verhältniswahlrecht und alle Kandidaten wurden nur Föderationsrates. Es werden
noch nach Parteilisten gewählt. Es gibt eine eine Vorsitzende der regionalen Parlamente
Sperrklausel. in den Föderationsrat eingesetzt,
Die Möglichkeit einer Enthaltungsstimme wurde jeweils einer aus der regionalen
gestrichen. 39 Legislative bzw Exekutive; insgesamt
166 (2007)

Rolle bei Die Gesetze werden vorgeschlagen, abgeändert und Der Föderationsrat wirkt bei der
Gesetz-gebu abgestimmt von absoluten Mehrheit der Mitglieder. Gesetzgebung mit, indem er durch die
ng Sofern der Präsident ein Veto einlegt muss die Duma Duma beschlossene Gesetze entweder
ihn mit einer zwei drittel Mehrheit überstimmen. Der zur Unterschrift an den Präsidenten
Präsident kann immer noch mit Dekreten Gesetze weiterleitet oder diese an die Duma
implementieren, sofern kein älteres vorhanden ist. zurückweist.
Zusammen-s
etzung: siehe
Wahl

Literaturverzeichnis

Graham, Lawrence S. Politics and Government: a brief Introduction. Clatham, 1994.


Jeffery, Charley. „Devolution: Auflösung des Vereinigten Königreichs?“:
<http://www.bpb.de/publikationen/M6D7LQ,0,Devolution%3A_Aufl%F6sung_des_V
ereinigten_K%F6nigreichs.html> .
Fetscher, Iring. „Großbritannien. Gesellschaft - Staat - Ideologie“. Athenäum Fischer Taschenbuch,
Frankfurt/M. 1968.
Fischer, Sabine. Transformation zur Demokratie: Wo steht Russland nach einem Jahr Putin? 2000.
Ismayr , Wolfgang. Die politischen Systeme Osteuropas 2. Wiesbaden: VS Verlag für
Sozialwissenschaften, 2006.
Isserlis, Darina. Die Russische Föderation und die Ukraine nach dem Zerfall der Sowjetunion – eine
Beschreibung der Wahlsysteme im Vergleich. Jena: 2008.
Koidze, Vadim. Fiscal Federalism under Putin: Redistribution vs. Retribution. Saarbrücken, 2009.
Luchterhandt, Otto. „Zum Entwicklungsstand des Föderalismus in Russland“, in: Kappeler,
Andreas (Hrsg.): Regionalismus und Nationalismus in Russland. BadenBaden, 1996.

39
http://www.wahlrecht.de/ausland/russland-duma.html
14
McLean, Iain. Rational Choice and British Politics. New York, 2001.
Momsen, Margareta. Das politische System Rußlands (The political system in Russia) in: Ismayer
(Ed.): "Die politischen Sys-teme Osteuropas" ("The political systems of Eastern Europe") Opladen
Schröder, Hans-Henning. "Politisches System und politischer Prozess" ("Political system and political
process"): 2004.
Roskin, Michael G. Countries and Concepts. London, 1989.
Rüb, Friedbert W., „Interview mit dem Stern“. 06. Dez. 2003:
<http://www.stern.de/politik/ausland/interview-die-russische-gesellschaft-ist-nicht-
handlungsfaehig-516802.html>.
Schneider, Eberhard. Das politische System der Russischen Föderation. Eine Einführung. 187, 1999.
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