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Die vielfältigen Aufgaben des Schlafs sind bislang nur teilweise erforscht.
Entspannung des Körpers
Aufgaben in Lern- und Gedächtnisleistungen
Funktion im Immunsystem
Regenerative Prozesse des Stoffwechsels
Schlaf ist zyklische Abfolge bestimmter Schlafstadien (Untersuchungsmethode: Polysomnografie)
Während des gesamten Nachtschlafs werden etwa 4- 6 Schlafzyklen durchlaufen. Dabei nimmt
• Der Leichtschlaf etwa 55 -60% der Gesamtschlafzeit und
• Der Tiefschlaf etwa 15- 25% der Gesamtschlafzeit ein.
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Schlafstörungen
Schlafstörungen sind ein großes Problem in den westlichen Industrienationen und von hoher
sozialmedizinischer und gesellschaftlicher Relevanz:
Industrialisierung und Medialisierung (Leistungsdruck, Leistungsanspruch, Verfügungsanspruch, u.a.)
verursachten in den vergangenen Jahrzehnten eine zunehmende Beanspruchung der geistigen
Leistungsfähigkeit, wobei die körperliche Auslastung in Arbeit und Freizeit rückläufig ist.
Eine dauerhafte Störung des Schlafs führt neben dem subjektiven Leiden zu einer eingeschränkten
Fähigkeit, die Leistungsanforderungen des Alltags zu bewältigen.
Dyssomnien sind durch das Auftreten von Ein- und Durchschlafstörungen in Verbindung mit
verstärkter Tagesmüdigkeit charakterisiert.
Einteilung:
• Intrinsisch (z. B. Jetlag, Schichtarbeit): durch "innere Faktoren" bedingt; zumindest zeitweise
können aber auch organische oder psychische Faktoren - einzeln oder kombiniert- beteiligt sein, z. B.
beim Schlaf-Apnoe-Syndrom
Charakteristisch: Sorgen über den eigenen Schlaf, erhöhtes inneres Anspannungsniveau und
vermehrter Ängstlichkeit; dies fördert wiederum die Schlafstörung.
Oftmals beginnt eine psychophysiologische Insomnie in einer Lebensphase mit erhöhtem Stress, z. B.
durch berufliche oder private Belastungen und chronifiziert dann trotz Ende der Belastungen weiter.
Die Symptomatik wird nicht durch eine körperliche oder psychische Erkrankung, z. B. eine depressive
Episode, ausgelöst. Die Behandlung erfolgt vorwiegend psychotherapeutisch, evtl. vorübergehend
mit einem Hypnotikum.
Schlaf-Apnoe-Syndrom
Das Schlaf-Apnoe-Syndrom (SAS) wird zu den Hypersomnien gerechnet, da es mit einem subjektiv
erhöhten Schlafbedürfnis und erheblicher Tagesmüdigkeit einhergeht. Charakteristisch sind
Atempausen, sogenannte Apnoen, während des Schlafs mit einer Dauer von mindestens 10- 60
Sekunden. Fremdanamnestisch werden laute, unregelmäßige Schnarchgeräusche geschildert, die von
den beschriebenen Atemstillständen unterbrochen werden.
Das SAS verursacht neben einer Hypoxie auch zahlreiche Schlafunterbrechungen mit
entsprechendem Schlafdefizit und einer Reduktion des Tiefschlafanteils. Dadurch klagen die
Patienten über starke, müdigkeitsbedingte kognitive und körperliche Einbußen tagsüber. Außerdem
besteht bei ihnen ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen.
Ätiologisch handelt es sich in 90 % aller Fälle um ein sogenanntes obstruktives Schlafapnoe-Syndrom.
Die Atemstörung entsteht, während im Schlaf der Muskeltonus der Schlundmuskulatur nachlässt.
Begünstigt wird das obstruktive SAS durch lokale Veränderungen, z. B. Nasenpolypen, aber auch
durch andere körperliche Faktoren wie Adipositas, Nikotingebrauch und Alkohol- oder Tranquilizer-
Einnahme. Betroffen sind insbesondere Männer zwischen dem 40. - 60. Lebensjahr.
Das zentrale SAS ist im Vergleich dazu sehr viel seltener und wird beispielsweise durch ZNS-
Erkrankungen, pulmonale oder muskuloskelettale Erkrankungen ausgelöst.
Beginnt typischerweise in der Adoleszenz oder dem jungen Erwachsenenalter mit einem
kontinuierlichen Müdigkeitsgefühl und Einschlafattacken, die v. a. bei monotonen Aktivitäten
auftreten.
Später kommen charakteristische Symptome hinzu:
• Kataplexien: anfallsartige Erschlaffung von Muskelgruppen bis zum Hinstürzen ohne
Bewusstseinsverlust, häufig an bestimmte Affekte gekoppelt, z. B. Lachen oder Erschrecken
• Hypnagoge Halluzinationen: lebhafte, häufig negativ erlebte, meist visuelle Sinneswahrnehmungen
beim Einschlafen
• Schlafparalyse: Unfähigkeit, sich für einige Minuten nach dem Aufwachen bewegen oder sprechen
zu können
• Automatische Handlungen: Routinetätigkeiten werden bei Ermüdung in einer Art Halbschlaf
durchgeführt
• Im weiteren Verlauf klagen Betroffene über häufige Wachzeiten während der Nacht.
Medikamentöse Therapie:
• Da Kataplexien, hypnagoge Halluzinationen und Schlafparalyse alle mit dem REM-Schlaf assoziiert
sind, kommen REM-Schlaf- hemmende Pharmaka zum Einsatz, z. B. trizyklische Antidepressiva oder
Monoaminooxidasehemmer
• Bei ausgeprägter Tagesmüdigkeit: Amphetaminderivate zur Vigilanzsteigerung, z. B.
Methylphenidat oder Amfetaminil sowie analog wirksame Substanzen, z. B. Modafinil
• Bei kataplektischen Anfällen und verstärkter Tagesmüdigkeit wirksam: Narkotikum y-Hydro-
xybuttersäure (= Natriumoxybat).
Restless-legs-Syndrom
Das Restless-legs-Syndrom (RLS) äußert sich in für den Betroffenen schwer beschreibbaren
Parästhesien oder Dysästhesien der Beine, z. B. Ziehen, Reißen, Kribbeln, Spannungsgefühl oder
Schmerzen, die im Ruhezustand gegen Abend oder nachts auftreten. Sie sind von einer Unruhe in
den Beinen begleitet, die sich bei körperlicher Aktivität, etwa beim Bewegen der Beine oder beim
Umhergehen bessert.
Das RLS ist in der Allgemeinbevölkerung mit einer Prävalenz von 5-10 % recht häufig. Bei über 60
Jahre alten Menschen soll das RLS sogar mit einer Häufigkeit von 34 % auftreten.
Unterschieden werden:
• Idiopathisches RLS: Vorkommen in etwa zwei von drei Fällen; gut die Hälfte der Fälle treten familiär
gehäuft auf, die Vererbung erfolgt autosomal-dominant
• Als pathogener Faktor wird die Dysfunktion zentraler und peripherer dopaminerger neuronaler
Systeme diskutiert.
Therapie:
• Primäres RLS: Magnesium oder L-Dopa oder lang wirksame Dopaminagonisten, bis hin zu Opioid
Extrinsische Schlafstörungen
In der Regel lässt sich die Störung durch die Beseitigung der auslösenden Faktoren beheben.
Umstritten ist die Wirksamkeit von Melatonin bei Jetlag. Für die Behandlung einer erhöhten
Tagesmüdigkeit bei Schichtarbeitenden steht das Stimulans Modafinil zur Verfügung.
Parasomnien
Parasomnien sind Schlafstörungen, die beim teilweisen Erwachen oder beim Wechsel von
Schlafstadien entstehen und die den Schlaf unterbrechen oder beschämend empfunden werden. Im
Kindes- und Erwachsenenalter treten Albträume gelegentlich auf, ohne dass ihnen eine
pathologische Bedeutung zukommt.
Albträume treten im REM-Schlaf und vorzugsweise in den frühen Morgenstunden auf. Nach dem
Erwachen ist der Betroffene sofort orientiert und kann sich an die Trauminhalte wenigstens teilweise
erinnern.
Albträume kommen gehäuft vor, wenn eine Belastung durch entsprechende Lebensereignisse oder
eine psychische Erkrankung wie eine posttraumatische Belastungsstörung besteht oder wenn REM-
Schlaf unterdrückende Substanzen wie Alkohol oder bestimmte Antidepressiva abgesetzt werden. Sie
sind dann häufig mit einem erheblichen Leidensdruck verbunden.
Pavor nocturnus
Im Vergleich zu den Albträumen ist der Pavor nocturnus vorwiegend an den Tiefschlaf gebunden. Er
tritt in der ersten Nachthälfte auf, beginnt oft mit einem lauten Schrei und geht mit einer hohen
vegetativen Erregung und vorübergehen der Desorientiertheit beim Erwachen einher.
Die Betroffenen - zumeist Kinder oder Jugendliche - setzen sich im Bett auf oder springen voller Panik
auf. Bezugspersonen können die Betroffenen trotz gutem Zureden oft nicht beruhigen. Für das
Ereignis besteht am anderen Morgen typischerweise eine Amnesie.
Während der Pavor nocturnus bei Erwachsenen selten und meist in Belastungssituationen auftritt,
wird bei Kindern und Jugendlichen eine Prävalenz von 3 % für mindestens eine Episode
angenommen.
Bei der Ätiologie der Störung ist eine genetische Komponente wahrscheinlich.
Somnambulismus
Wie der Pavor nocturnus tritt der somnambulismus (= Schlafwandeln) überwiegend in der ersten
Nachthälfte im Tiefschlaf auf. Mit geöffneten Augen sitzt der Betroffene im Bett, nestelt, gestikuliert,
spricht oder steht auf und geht im Zimmer umher. Auf Ansprache reagiert er kaum und ist nur unter
großen Schwierigkeiten aufzuwecken.
Auch hier sind nach dem Erwachen vorübergehende Desorientiertheit und Amnesie für die Episode
zu beobachten. Somnambulismus ist vor allem ein Phänomen des Kindesalters: Etwa 15 % aller
Kinder im Alter von 5- 12 Jahren schlafwandeln mindestens einmal.
Bei der Entstehung des Somnambulismus spielen ebenfalls genetische Faktoren eine Rolle. Wie beim
Pavor nocturnus liegt dem Phänomen eine Störung biologischer Mechanismen zugrunde, die den
Übergang vom Tiefschlaf zum Erwachen steuern.
Weitere Parasomnien:
• Zähneknirschen (Bruxismus)
• Nächtliches Einnässen (Enuresi nocturna)
• Nächtliche Wadenkrämpfe
• Sprechen im Schlaf
• REM-Schlaf-Verhaltensstörung: REM-Schlaf gebundene Störung, bei der sich die Betroffenen
vermehrt bewegen und zum Teil komplexe motorische Aktivitäten ausführen. Im Rahmen der
motorischen Aktivitäten kommt es nicht selten zu Unfällen, Selbstverletzungen oder
Fremdaggressivität. Häufig werden die ängstigenden Trauminhalte nach dem Ereignis wenigstens
teilweise erinnert.
- Typisch ist eine Erkrankung nach dem 50. Lebensjahr. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
- Albträume treten an den REM-Schlaf gebunden und typischerweise in der zweiten Nachthälfte auf.
- Der Pavor nocturnus ist vorwiegend mit dem Tiefschlaf assoziiert und tritt deshalb häufiger in der
ersten Nachthälfte auf. Dies gilt auch für den Somnambulismus, der oft mit einem Pavor nocturnus
vergesellschaftet ist.
Schlafstörungen bei organischen Erkrankungen
Klagt ein Patient über einen nicht erholsamen Schlaf, kann dem eine Vielzahl organischer Ursachen
zugrunde liegen. Neben den körperlichen Beschwerden wie Atemnot oder Schmerzen sind auch die
psychischen Belastungen durch die organische Erkrankung von Bedeutung.
Darüber hinaus zu berücksichtigen ist, dass zahlreiche Pharmaka, die zur Behandlung organischer
Erkrankungen angewandt werden, selbst Schlafstörungen verursachen.
Therapie: Im Vordergrund steht die Aufklärung des Patienten über die Genese der Schlafstörung und
die Behandlung der körperlichen Grunderkrankung.
Bei schweren Schlafstörungen kann die kurzzeitige Gabe eines sedierenden Medikaments indiziert
sein. Ungünstige Schlaf- und Bettgewohnheiten sollten ebenfalls berücksichtigt werden.
Schlafstörungen sind bei psychischen Erkrankungen sehr häufig. Fast immer und besonders quälend
werden sie bei akuten affektiven Störungen, Schizophrenien oder fortgeschrittenen demenzillen
Erkrankungen geschildert. Menschen, die an einer PTBS oder einer schweren Angststörung leiden,
berichten ebenfalls häufig über eine erhebliche Beeinträchtigung des Nachtschlafs.
Auch der Missbrauch oder die Abhängigkeit von psychotrop wirksamen Substanzen kann zu
Schlafstörungen führen. Dabei handelt es sich entweder um die direkte Wirkung der
eingenommenen Substanz, um Rebound- oder paradoxe Effekte, eine Toleranzentwicklung oder eine
Entzugssymptomatik. So leiden beispielsweise fast alle alkoholabhängigen Patienten unter einer
erheblichen Reduktion des Tiefschlafs, etwa die Hälfte an einer Störung der Schlafkontinuität
Schlafstörungen bei akuten psychischen Erkrankungen sollten symptomatisch medikamentös
behandelt werden. Dabei sollten die jeweilige Grunderkrankung, die Gefahr einer Toleranz- bzw.
einer Abhängigkeitsentwicklung und zu erwartende Nebenwirkungen bzw. Wechselwirkungen des
eingesetzten Medikaments im Sinne einer Nutzen-Risiko-Abwägung individuell berücksichtigt
werden.