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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12.

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20.12.2012 an der Universität Kassel

Inhaltsverzeichnis
Álvarez, Mónica Martín (Segovia/Spanien) ........................................................................................... 12
Geschichten, die bezaubern. Spuren der Märchen der Brüder Grimm in der jetzigen deutschen
Jugendliteratur: Reckless - Steinernes Fleisch von Cornelia Funke............................................... 12
Arnds, Peter (Dublin/Irland) .................................................................................................................. 12
Representation, Liminality, and the Third Reich in Literary Adaptations of the Grimm Tales ..... 12
Bauer, Manuel (Marburg)...................................................................................................................... 13
Wie wird aus einem Grimmschen Kinder- und Hausmärchen ein Kunstmärchen aus Zamonien?
Walter Moers’ Ensel und Krete und die Transformation eines romantischen Märchenmodells . 13
Beck, Andreas (Bochum) ....................................................................................................................... 13
Die ›Gattung Grimm‹ wird zum ›Volksmärchen‹ – Ludwig Richters Illustrationen zu Johann Carl
August Musäus’ Volksmährchen der Deutschen........................................................................... 13
Becker-Cantarino, Barbara (Columbus (Ohio)/USA) ............................................................................. 14
Bettina von Arnims Märchenwelt und die Brüder Grimm ............................................................ 14
Bieber, Ada (Kassel) ............................................................................................................................... 14
Zyklisches Erzählen in Tiecks Märchen .......................................................................................... 14
Blazic, Milena Mileva (Ljubljana/Slowenien)......................................................................................... 15
Reception of Grimm’s Fairy Tales in Slovenia (1849-2012) ........................................................... 15
Bleckwenn, Helga (Flensburg) ............................................................................................................... 15
Das Forschungsprogramm der Grimms am Beispiel des Finnen Elias Lönnrot ............................. 15
Block, Friedrich W. (Kassel) ................................................................................................................... 16
„Ich rieche, rieche – Menschenfleiß“Grimms Märchen im Spiegel avancierter Poesie................ 16
Bluhm, Lothar (Koblenz) ........................................................................................................................ 16
Die Kinder- und Hausmärchen zwischen Philologie und Spekulation. Möglichkeiten und Grenzen
der Forschung ................................................................................................................................ 16
Blümer, Agnes (Frankfurt a. M.) ............................................................................................................ 17
Märchen und Übersetzungstheorie .............................................................................................. 17
Bogoljubowa, Victoria (Moskau/Russland) ........................................................................................... 17
The Present Day of the Brothers Grimm Fairy-tales, or Intertextuality in the Contemporary
German Children’s Literature ........................................................................................................ 17
Boitor, Kinga und Melinda Ersze (Sibiu/Rumänien) .............................................................................. 18
Die Brüder Grimm als Brückenbauer............................................................................................. 18
Boothe, Brigitte (Zürich/Schweiz)) ........................................................................................................ 18
Erzähldynamik und Psychodynamik im Grimmschen Märchenmodell ......................................... 18

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Borghese, Lucia (Florenz/Italien)........................................................................................................... 19


Gramsci als Übersetzer Grimmscher Märchen ............................................................................. 19
Bottigheimer, Ruth B (Stony Brooks (New York)/USA) ......................................................................... 19
Analysis of the 1812 First Edition .................................................................................................. 19
Braun, Raphaela (Marburg) ................................................................................................................... 20
Märchen als Volkspoesie – ein gattungstypologischer Versuch zum deutschen und spanischen
Umgang mit Traditionsbegriffen an Hand ausgewählter Grimmscher Märchen und Bécquerscher
„Leyendas“ .................................................................................................................................... 20
Bunzel, Wolfgang (Frankfurt a. M.) ....................................................................................................... 20
Kooperation und Konkurrenz. Konzepte der Märchennarration und -illustration bei Clemens
Brentano und den Brüdern ........................................................................................................... 20
Busch, Nathanael (Marburg) ................................................................................................................. 21
„Was halten Sie vom tz?“ Grimm, Lachmann und die Grundlegung der Deutschen Philologie ... 21
Büttner, Urs (Bath/Großbritannien/Hannover) .................................................................................... 21
Medien der ‚Volksliteratur‘ Zur Pragmatik von Arnim und Brentanos „Des Knaben Wunderhorn“
und Grimms „Kinder- und Hausmärchen“..................................................................................... 21
Chakramakkil, Anto Thomas (Kerala/Indien) ........................................................................................ 22
Missionaries OR Mimics? : Brothers Grimm & 19th Century Protestant German Missionaries in
India ............................................................................................................................................... 22
Chang, Young-Eun (Seoul/Südkorea) .................................................................................................... 22
Die Mittelalterrezeption in den Märchensammlungen der Brüder Grimm und Ludwig Tiecks.... 22
Choi, Moon Sun (Seoul/Südkorea) ........................................................................................................ 23
Aktuelle Adaptionen der Kinder- und Hausmärchen in Korea ...................................................... 23
Clairmont, Heinrich (Castrop-Rauxel).................................................................................................... 23
Märchen und Volk im Denken Johann Gottfried Herders ............................................................. 23
Connan-Pintado, Christiane (Bordeaux/Frankreich) ............................................................................. 24
On the reception of the Brothers Grimm’s Rapunzel in Contemporary French Children’s
literature........................................................................................................................................ 24
Cortez, Maria Teresa (Aveiro/Portugal) ................................................................................................ 24
Grimms Märchen, „Naturpoesie“ und kindgerechte Erziehung - zum Paradigma-Wechsel der
portugiesischen Kinderliteratur im ausgehenden 19. Jahrhundert .............................................. 24
De Blécourt, Willem (Amsterdam/Niederlande) ................................................................................... 25
The Brothers Grimm and Witchcraft ............................................................................................. 25
De Rosa, Alessandra (Frankfurt a.M.).................................................................................................... 25
Märchen als historische Quellen: Die Rezeption des Pentamerone von Giambattista Basile im
Werk der Brüder Grimm ................................................................................................................ 25

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Deist, Tina (Kaufungen) ......................................................................................................................... 26


Nicht nur Kinder brauchen „Lauter Märchen, nichts als Märchen“ — Zum Einsatz kabarettistisch
verfremdeter Figuren der Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen im kompetenzorientierten
Deutschunterricht der Oberstufe .................................................................................................. 26
Dettmar, Ute (Oldenburg) ..................................................................................................................... 26
Die Rotkäppchen-Verschwörung ................................................................................................... 26
Dolle-Weinkauff, Bernd (Frankfurt a. M.) ............................................................................................. 27
Mit Grimm in den Klassenkampf. Zur Rezeption der KHM im ‚Proletarischen Märchen’ des
frühen 20. Jhs. ............................................................................................................................... 27
Dos Santos, Isabel (Matieland/Südafrika) ............................................................................................. 27
Aschenputtel in Afrika. Herausforderungen und Bereicherungen im Märchenseminar .............. 27
Drößiger, Harry (Vilnius/Litauen) .......................................................................................................... 28
Realienbezeichnungen in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm –interkulturelle und
intrakulturelle Aspekte .................................................................................................................. 28
Eckstein, Kristin (Nienburg) ................................................................................................................... 28
Deutsche Erzählungen, japanische Ästhetik: Die Transkulturalität der Kinder- und Hausmärchen
anhand Kei Ishiyamas Grimms Manga .......................................................................................... 28
El Kholy, Nadia (Kairo/Ägypten) ............................................................................................................ 29
The Grimm Brothers in Arabic: Translation, Adaptation & Reception .......................................... 29
El Sawaf, Engy (Kairo/Ägypten) ............................................................................................................. 29
Zur Frage der literarischen Vorlagen und Quellen der Grimmschen Märchen. Orientalische
Motive im Märchen „Das Mädchen ohne Hände“ ........................................................................ 29
Esa, Mohamed (Westminster/USA) ...................................................................................................... 30
"Masters Reloaded: The Brothers Grimm and Rammstein” ......................................................... 30
Fièvre, François (Tours/Frankreich)....................................................................................................... 31
From Märchen to Fairy Tales: iconic transformation in a literary genre in romantic England ..... 31
Forlin, Francesco (Perugia/Italien) ........................................................................................................ 31
Zwischen Tradition und Moderne: das Märchen nach den Brüdern Grimm ................................ 31
Fragoso, Gabriela (Lissabon/Portugal) .................................................................................................. 32
„Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm und ihre Bearbeitung in der zeitgenössischen
portugiesischen Literatur“ ............................................................................................................. 32
Frankenberg, Hartwig (Düsseldorf) ....................................................................................................... 32
Rituale als narrative Organisatoren in den Märchen der Brüder Grimm ...................................... 32
Freyberger, Regina (München).............................................................................................................. 33
Märchen-Arabesken ...................................................................................................................... 33
Friede, Susanne (Göttingen) .................................................................................................................. 33
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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Märchen – Symbol – Drama: die Schlüsselfunktion der Kinder- und Hausmärchen für die frühen
symbolistischen Dramen Maurice Maeterlincks ........................................................................... 33
Gospodarczyk, Joanna (Kraków/Polen) ................................................................................................. 34
Das Hässliche in den Märchen der Brüder Grimm anhand von Ästhetik des Hässlichen von Karl
Rosenkranz .................................................................................................................................... 34
Götze, Martin (Bamberg) ...................................................................................................................... 34
Kunstmärchen und ästhetische Zeitkritik bei Michael Ende ......................................................... 34
Groschwitz, Helmut (Bonn) ................................................................................................................... 35
Formierungen des Mythischen. Zur Prägung Deutscher Mythologien durch Jacob Grimm. ........ 35
Grothe, Ewald (Gummersbach/Wuppertal) .......................................................................................... 35
Zivilcourage oder Widerstand? Die Brüder Grimm im kulturgeschichtlichen Kontext
oppositionellen Verhaltens im Vormärz........................................................................................ 35
Gruber, Sabine (Tübingen) .................................................................................................................... 36
„[...] eine ganz eigene Welt poetischer Schönheit“ – die Rezeption von Vuk Karadžićs
„pjesnarica“ im Freundeskreis der Brüder Grimm ........................................................................ 36
Grzywska, Katarzyna (Warschau/Polen) ............................................................................................... 36
Oskar Kolberg – der polnische Grimm? ......................................................................................... 36
Harm, Volker und Marco Scheider (Göttingen)..................................................................................... 37
Kann das Deutsche Wörterbuch auch in Zukunft ein Modell für Nationalwörterbücher sein? ... 37
Heiser, Ines (Marburg/Eltville) .............................................................................................................. 37
Märchenonkel und/oder Gründerväter der Germanistik – die Brüder Grimm als
Unterrichtsgegenstand? ................................................................................................................ 37
Helduser, Urte (Marburg) ...................................................................................................................... 38
Von Zwergen und anderen ‚Missgestalten‘: Behinderung als Märchen ....................................... 38
Hernández, Isabel (Madrid/Spanien) .................................................................................................... 38
Bearbeitungen, Neuschreibungen und Übersetzungen – Die Märchen der Brüder Grimm im
Verlag Calleja ................................................................................................................................. 38
Homann, Yvonne (Mainz) ...................................................................................................................... 39
„Schneid’ dir dein Haar ab, Rapunzel!” Von der traditionellen Märchenfigur zum modernen
Märchen: Ein intermedialer Vergleich .......................................................................................... 39
Horváth, Géza (Szeged/Ungarn) ............................................................................................................ 39
Die Brüder Grimm in Ungarn ......................................................................................................... 39
Ilbrig, Cornelia (Frankfurt a. M.) ............................................................................................................ 40
Juden und Schneider: zwei Stereotype und ihr Zusammentreffen im romantischen Märchen ... 40
Ìmaz, Maria Carmen Alonso (Madrid/Spanien)..................................................................................... 40

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Analyse von verschiedenen Märchen der Brüder Grimm und ihrer Rezeption in hispanischen
volkskundlichen Märchen ............................................................................................................. 40
Immer, Nikolas (Trier)............................................................................................................................ 41
Leibspeisen. Zur Inszenierung und Funktionalisierung von Ernährung in den Kinder- und
Hausmärchen (1812/15)................................................................................................................ 41
Inoue, Seigo (Tokio/Japan) .................................................................................................................... 41
Wenn Kinder eine Grenze zwischen zwei Welten überqueren – Engelbert Humperdincks „Hänsel
und Gretel“ als „Fantasie-Oper“.................................................................................................... 41
Jamme, Christoph (Lüneburg) ............................................................................................................... 42
Mythos und Märchen in der Romantik: Friedrich Schlegel ........................................................... 42
Jazbec, Saša (Maribor/Slowenien) ........................................................................................................ 42
„Grimm-t“ es (noch) in Slowenien? Die internationale Rezeption sowie Wirkung der
Grimm`schen Märchen am Beispiel Sloweniens ........................................................................... 42
Joseph, Bose (Kerala/Indien) ................................................................................................................. 43
Fairytales as Readings for Adults and Children: Its Therapeutic Effect ......................................... 43
Kämper, Heidrun (Mannheim) .............................................................................................................. 43
Gesellschaft – Sprache – Wissenschaft. Ethische Grundkonzepte Jacob und Wilhelm Grimms als
Volksphilologen ............................................................................................................................. 43
Kilchmann, Esther (Hamburg) ............................................................Fehler! Textmarke nicht definiert.
Topographieren eines deutschen (Alp-)traums. Heinrich Heine liest Grimms Märchen ....... Fehler!
Textmarke nicht definiert.
Kling, Burkhard (Steinau) ....................................................................................................................... 44
Künstlerillustrationen zu den Märchen der Brüder Grimm im 20. Jahrhundert ........................... 44
Knoop ,Christine und Thomas Nehrlich (Berlin) .................................................................................... 44
Grimm im Experiment ................................................................................................................... 44
Kolago, Lech (Warschau/Polen) ............................................................................................................ 46
Das Ballett ‚Schneewittchen und die sieben Zwerge‘ von Bogdan Pawłowski (Musik), Witold
Borkowski und Stanisław Piotrowski (Libretto) nach dem Märchen ‘Schneewittchen‘ von den
Brüdern Grimm.............................................................................................................................. 46
Konuma, Akio (Tokio/Japan) ................................................................................................................. 46
Gold, Geld und Währung in Grimms Märchen. Historische Wirklichkeit in der Volkssage? ......... 46
Köppe, Walter (Betty’s Bay/Südafrika).................................................................................................. 47
Wilhelm Bleeks „Specimens of Bushman Folklore“: Aufzeichnungen zur Erkundung der
Seelenlage eines vom Untergang bedrohten Volkes oder: Wege nationaler Mythenforschung im
südlichen Afrika ............................................................................................................................. 47
Korneeva, Tatiana (Berlin) ..................................................................................................................... 47

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Persecuted Maidens and Transvestism in the Grimms’ Kinder- und Hausmärchen ..................... 47
Korte, Hermann (Siegen) ....................................................................................................................... 48
Körte, Mona (Berlin) .............................................................................................................................. 48
Vom Eigensinn der Dinge in Märchen der Brüder Grimm............................................................. 48
Kurwinkel, Tobias (Bremen) .................................................................................................................. 50
Märchenhafte Medientexte – mediale Märchentexte. Wie Dreamworks' SHREK-Tetralogie die
Kinder- und Hausmärchen adaptiert und weiterschreibt ............................................................. 50
Langner, Paul Martin (Kraków/Polen) ................................................................................................... 50
„… so nehme der Richter jenen bei der Hand …”. Performative Elemente in den städtischen
Gewohnheitsrechten des Spätmittelalters. .................................................................................. 50
Lauer, Bernhard (Kassel) ....................................................................................................................... 51
Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm nach 200 Jahren (1812-2012). Anmerkungen zu
ihrer weltweiten Rezeption. (mit Lichtbildern) ............................................................................. 51
Lipóczi, Sarolta (Kecskemét/Ungarn) .................................................................................................... 51
Die Bedeutung, Wirkung und Rezeption der deutschen Philologen, Jacob und Wilhelm Grimm in
Ungarn ........................................................................................................................................... 51
Lorenzen ,Malte (Bielefeld) ................................................................................................................... 52
Rezeption und Wirkung der Kinder- und Hausmärchen in der bürgerlichen deutschen
Jugendbewegung ........................................................................................................................... 52
Lu, Xia (Chengdu/China) ........................................................................................................................ 52
Zhou Gui-Sheng: Vorläufer in der Übersetzungsgeschichte von Grimms Märchen ..................... 52
Lundt, Bea (Flensburg) .......................................................................................................................... 53
Rotkäppchen im Urwald? Der Einfluss der Grimmschen Märchensammlungen in Westafrika, am
Beispiel Ghanas ............................................................................................................................. 53
Maierhofer, Waltraud (Iowa/USA) ........................................................................................................ 53
"Wer ist die Schönste im ganzen Land?" Mit Terry Gilliams Brothers Grimm im Fantasie-Wald
der Geschlechterrollen .................................................................................................................. 53
Mattenklott, Gundel (Berlin) ................................................................................................................. 54
Märchen-Inszenierungen auf der Bilderbuchbühne ..................................................................... 54
Maximino dos Santos, Adriana (São José/Brasilien) ............................................................................. 54
Die Kinder- und Hausmärchen in Brasilien: über die verschiedenen Übersetzungsarten ............ 54
Mecklenburg, Michael (Berlin/Kassel) .................................................................................................. 55
Märchenhaft! Zur Wortgeschichte eines sagenhaften Begriffs. ................................................... 55
Messerli, Alfred (Zürich/Schweiz).......................................................................................................... 55
Die Kinder- und Hausmärchen der Grimms und Giambattista Basiles Pentamerone (1634–1636)
....................................................................................................................................................... 55

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Messner, Rudolph (Kassel) .................................................................................................................... 57


Die Grausamkeit der Märchen ...................................................................................................... 57
Michulka, Dorota (Wroclaw/Polen) ...................................................................................................... 57
Grimm's Hans My Hedgehog and Katarzyna Kotowska's Jeż [Hedgehog] as Stories About “Fada”
Children (Children of Fairies) and “Taming” Through Love. .......................................................... 57
Moering, Renate (Wiesbaden) .............................................................................................................. 58
Die Golem-Sage bei Jacob Grimm und Achim von Arnim. Mit unbekannten Handschriften Arnims
....................................................................................................................................................... 58
Mountaki, Argyro E. (Athen/Griechenland) .......................................................................................... 58
Johann Georg von Hahn: der erste Märchensammler in Griechenland auf den Spuren der
Aspekte der Brüder Grimm ........................................................................................................... 58
Müller, Sonja (Frankfurt a. M.) .............................................................................................................. 59
Die Grimmschen KHM in der literaturpädagogischen Diskussion der 1950er und 1960er Jahre . 59
Murayama, Isamitsu (Kyoto/Japan) ...................................................................................................... 59
„Märchenwelt und ‚rechte Landschaft‘ – das Poesiekonzept der Brüder Grimm und das
Kunstkonzept von Philipp Otto Runge im Vergleich ..................................................................... 59
Müürsepp, Mare (Tallinn/Estland) ........................................................................................................ 60
Grimm's Fairy Tales in Estonian School ......................................................................................... 60
Neubauer-Petzold, Ruth (Nürnberg) ..................................................................................................... 60
„der lose zusammenhang des rettbaren“. Die Deutsche Mythologie von Jacob Grimm zwischen
Universalisierung und Aktualisierung ............................................................................................ 60
Niemeyer, Christin (Caen/Frankreich)................................................................................................... 62
Zwischen Magie und Propaganda – DEFA-Verfilmungen von Märchen der Brüder Grimm ......... 62
Nishiguchi, Hiroko (Senshu/Japan) ........................................................................................................ 62
Zur Geschichte der Illustrationen zu den Kinder- und Hausmärchen in Japan, Schwerpunkt um
1900 ............................................................................................................................................... 62
Oesterle, Günther (Gießen) ................................................................................................................... 63
Das Spiel von Enthüllen und Verhüllen, von simulatio und dissimulatio in den Kinder- und
Hausmärchen der Brüder Grimm .................................................................................................. 63
Oesterle, Ingrid (Gießen) ....................................................................................................................... 63
Zeit-Zeiten-Erinnerung in Märchen Goethes und der Frühromantiker......................................... 63
Oetken, Mareile (Oldenburg) ................................................................................................................ 64
Manga goes Märchen .................................................................................................................... 64
Ono, Hisako (Tokio/Japan) .................................................................................................................... 64
Lebenskontinuität und Wald- bzw. Naturauffassung bei den Brüdern Grimm. Unter besonderer
Berücksichtigung der Vorrede zu Altdeutschen Wäldern ............................................................. 64

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Ostmeier, Dorothee (Eugene/USA) ....................................................................................................... 65


Politik des Wunderbaren: Nationale Identität und Utopie in ausgewählten Werken der Brüder
Grimm ............................................................................................................................................ 65
Pagkalos, Ioannis (Thessaloniki/Griechenland) ..................................................................................... 66
Die Übersetzungen der grimmschen Märchen im Griechenland des 19. Jahrhunderts:
Einbürgerung, Pädagogisierung und die Aporien einer kinderliterarischen Romantik ................. 66
Perrot, Jean (Paris/Frankreich) .............................................................................................................. 66
The Grimm Brothers Riddling Global Comparativism :On Womans’s intelligence and enigmas .. 66
Pieciul-Karminska, Eliza (Strzalkowo/Polen) ......................................................................................... 67
Wer hat Angst vor den Brüdern Grimm? Kinder- und Hausmärchen in polnischen Übersetzungen
....................................................................................................................................................... 67
Pohl, Corinna A. (Berlin) ........................................................................................................................ 67
König Schneiderlein und der Sozialismus. Die Grimmschen Märchenverfilmungen der DEFA .... 67
Reiling, Jesko (Bern/Schweiz) ................................................................................................................ 68
Natur- und Kunstpoesie. Zum Fortleben zweier poetologischer Kategorien in der
Literaturgeschichte nach den Grimms .......................................................................................... 68
Renker, Cindy K. (Dallas (Texas)/USA) ................................................................................................... 68
Remnants of Grimms’ Fairy Tales in Post-Holocaust Poetry ......................................................... 68
Renner, Kaspar (Berlin).......................................................................................................................... 69
„Eigensinnige Kinder“ – Jacob Grimm und Alexander Kluge......................................................... 69
Riegler, Susanne(Leipzig) und Gabriela Scherer (Landau) ..................................................................... 69
Susanne Janssens „Rotkäppchen“ (2001) und „Hänsel und Gretel“ (2007) nach der Grimmschen
Textfassung von 1819: Bild-Text-Dramaturgie, Rezeptions- und Vermittlungsaspekte ............... 69
Rimasson-Fertin, Natacha (Grenoble/Frankreich) ................................................................................ 70
Die Kinder- und Hausmärchen in der Heimat der « contes de fées » : Voraussetzungen und
Formen der französischen Rezeption. Wissenschaftliche Reaktionen, Märchensammlungen und
Übersetzungen der Kinder- und Hausmärchen in Frankreich im 19. und 20. Jahrhundert. ......... 70
Roy, Malini (Singapur) ........................................................................................................................... 70
The Grimm Brothers’ Kahaniyan: Hindi Resurrections of the Tales in Modern India ................... 70
Rubini Messerli, Luisa (Lausanne/Schweiz) ........................................................................................... 71
Lolivetta, Straparola, Basile und die Brüder Grimm ...................................................................... 71
Saehrendt, Christian (Thun/Schweiz) .................................................................................................... 71
Märchen & moderne Kunst ........................................................................................................... 71
Schäfer, Iris (Frankfurt a. M.) ................................................................................................................ 72
„Die kluge Else“ und die moderne Hysterie .................................................................................. 72
Schäfer, Jasmin (Berlin) ......................................................................................................................... 72
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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Das Rotkäppchen im Interieur. Robert Julius Beyschlags gemaltes Märchen nach den Brüdern
Grimm ............................................................................................................................................ 72
Schanze, Helmut (Frankfurt a. M.) ........................................................................................................ 73
Märchen-Buch. Mediale Transformationen der Märchenerzählung in der Romantik ................. 73
Schlusemann, Rita (Oldenburg) ............................................................................................................. 73
„mehr als europäische Berühmtheit“: Zur Würdigung Jacob und Wilhelm Grimms in den
Niederlanden und in Belgien ......................................................................................................... 73
Schmideler, Sebastian (Leipzig) ............................................................................................................. 74
„ein Doppeldenkmal errichtet den Dioskuren“ – Das Bild der Brüder Grimm in der
geschichtserzählenden Kinder- und Jugendliteratur seit dem 19. Jahrhundert ........................... 74
Schmidt, David (Frankfurt a. M.) ........................................................................................................... 74
„The Name was Grimm ...“ Adaption von Grimm-Biographie und Grimmscher Märchennovellistik
im aktuellen Hollywood-Kino ........................................................................................................ 74
Schmiele, Corona (Paris/Frankreich) ..................................................................................................... 75
«Werde, der du bist» – Das tapfere Schneiderlein ....................................................................... 75
Schul, Susanne (Kassel) ......................................................................................................................... 75
Das doppelte Schneewittchen? Ein intersektionaler Vergleich der grimmschen
Gegenwartsrezeption im Hollywoodkino ...................................................................................... 75
Seidler, Christof (München) .................................................................................................................. 76
„Diese Märchen-Sammlung ist eine angenehme Neben-Arbeit, unsere Hauptsache ist natürlich
jetzt immer die Edda“. Die Brüder Grimm und die Lieder-Edda. Übersehene Vielfalt im Schaffen
des Jahres 1812? ........................................................................................................................... 76
Seifener ,Christoph (Seoul/Südkorea) ................................................................................................... 76
Von den „Lebensbildern deutscher Männer“ bis zu „Grimms Wörter“. Die Brüder Grimm im
Spiegel ihrer Biographen. .............................................................................................................. 76
Shavit, Zohar (Tel Aviv/Israel)................................................................................................................ 77
What happened to Little Red Riding Hood on her way to the 20th century? .............................. 77
Shishkova, Irina (Moskau/Russland) ..................................................................................................... 77
The Brothers Grimm’s fairy tales as a breakthrough in English children’s literature in the
nineteenth century ........................................................................................................................ 77
Sinprasert, Piyakal (Konstanz) ............................................................................................................... 79
Die Wanderung und Verwandlung: Rezeption von Grimms Märchen in Thailand ....................... 79
Slouková, Radka (Tabor/Tschechien) .................................................................................................... 79
Brüder Grimm: Vorbild für Märchensammler im Norden ............................................................. 79
Spreckelsen, Tilman (Frankfurt a. M.) ................................................................................................... 80

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

„Der Goldene Schlüssel" - Schätze suchen, finden und verlieren in den Kinder- und Hausmärchen
der Brüder Grimm und anderen Texten des 19. Jahrhunderts ..................................................... 80
Steinlein, Rüdiger (Berlin)...................................................................................................................... 80
Kinder und Märchen – Anmerkungen zu einer Erfolgsgeschichte ................................................ 80
Szakál, Anna (Dunaharaszti/Ungarn)..................................................................................................... 81
János Kriza and his network of collectors of folk poetry – a Hungarian parallelism from the 19th
century........................................................................................................................................... 81
Theisen, Joachim (Athen/Griechenland) ............................................................................................... 83
Kausalität nach Gesetzen des Märchens ....................................................................................... 83
Tokponto, Mensah Wekenon (Cotonou/Benin) .................................................................................... 83
Komparatistische Untersuchung zu Magie, Sprachmagie und magischen Worten in deutschen
und westafrikanischen Märchen. .................................................................................................. 83
Tomkowiak, Ingrid (Zürich/Schweiz) ..................................................................................................... 84
Aschenputtel-Filme ....................................................................................................................... 84
Ullmann, Anika (Frankfurt a. M.) ........................................................................................................... 84
Some Red, some Wolf, some House is borne along us – The Fairy Tales of the Brothers Grimm on
recent American Television ........................................................................................................... 84
Wegener, Ernst (Kassel/Wiesbaden) ..................................................................................................... 85
Grimmheimat Nordhessen ............................................................................................................ 85
Winkler, Markus (Genf/Schweiz)........................................................................................................... 85
Zurück zur ‚Naturpoesie‘. Grimms Märchen in Günter Grass’ Autobiographie Beim Häuten der
Zwiebel .......................................................................................................................................... 85
Wozniak, Monika (Rom/Italien) ............................................................................................................ 86
Polish Adventure of Brothers Grimm Fairy-tales ......................................................................... 86
Wunderer, Rolf (St. Gallen/Schweiz) ..................................................................................................... 86
Hans im Glück (KHM 83) - Schwankfigur, Glücksphilosoph, Glücksökonom? ............................... 86
Yang, Wuneng (Chengdu/China) ........................................................................................................... 88
Grimms Märchen in China – ein Wunder der Rezeptionsgeschichte der deutschen Literatur..... 88
Zimmermann, Harm-Peer (Zürich/Schweiz) .......................................................................................... 88
Mythen in Massen. Überlegungen zu einem Schlagwort in der Tagespresse .............................. 88
Zinggeler, Margrit (Eastern Michigan/USA) .......................................................................................... 89
The Grimm Corpus of the Fairy Tales and Legends in COSMAS – What would Jacob and Wilhelm
do with this Marvelous and Modern Tool? ................................................................................... 89
Zubia Gomez, Genaro (San Sebastián/Donostia (Gipuzkoa)/ Spanien) ................................................ 89
Die Wiedergabe der Märchen der Brüder Grimm auf Baskisch und ihre Aufnahme im Baskenland
....................................................................................................................................................... 89
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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Zubillaga, Naroa (Vitoria-Gasteiz/Spanien) ........................................................................................... 90


Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm auf Baskisch ......................................................... 90
Zuch, Rainer (Marburg) ......................................................................................................................... 90
Das Bild vom Märchen. Otto Ubbelohdes Illustrationen zur Jubiläumsausgabe der Kinder- und
Hausmärchen der Brüder Grimm 1907-09 .................................................................................... 90

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Álvarez, Mónica Martín (Segovia/Spanien)


Geschichten, die bezaubern. Spuren der Märchen der Brüder Grimm in der jetzigen deutschen
Jugendliteratur: Reckless - Steinernes Fleisch von Cornelia Funke
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind fantastische Geschichten weiterhin in Mode. Die Art und Weise,
diese Geschichten zu erzählen, hat sich hingegen sehr verändert. Man trifft sich nicht mehr in einem
Raum nahe beim Feuer, um den Erzählungen der Großmutter zu lauschen. Heutzutage gehen wir ins
Kino, um Filme zu sehen, die unsere Fantasie beflügeln. Es stimmt zwar, dass die Medien die Art wie
wir diese Geschichte wahrnehmen, verändert haben, zugleich müssen wir aber feststellen, dass es
sich oftmals um die gleichen Geschichten von früher handelt.

Die Märchen der Brüder Grimm erobern zunehmend die Welt des Films. Beispielhaft kann man einen
Blick auf das jüngste Kinoprogramm werfen: Schneewittchen und der Jäger, Red Riding Hood- Unter
dem Wolfsmond, Rapunzel, Der gestiefelte Kater, etc. Diese Tendenz, die Tradition der Grimmschen
Märchen wieder aufleben zu lassen, trifft in nicht geringerem Maße auf die Literatur zu. So huldigt
auch Cornelia Funke den deutschen Märchenerzählern in ihrem mit zahlreichen wundersamen
Anekdoten angereicherten Jugendbuch.

Ein anderer Teil unserer Studie wird sich mehr auf die Rezeption beziehen, die das Buch in
Deutschland und Spanien hatte, d.h. wir werden uns auch dem Bereich des Buchmarktes widmen.
Grimms Märchen haben weiterhin viel Erfolg, wie wir an den zu den zu besprechenden Daten
ablesen können.

Arnds, Peter (Dublin/Irland)


Representation, Liminality, and the Third Reich in Literary Adaptations of the Grimm Tales
My presentation will highlight key moments of liminality between the human and the animal in
novels about the Second World War, Grass’s The Tin Drum (1959), Michel Tournier’s The Ogre
(1979), Jerzy Kosinski’s The Painted Bird (1965), and Edgar Hilsenrath’s The Nazi & the Barber (1977).
These texts draw satirically on fairy tales by the Grimm Brothers: the Tom Thumb tales, Hansel and
Gretel, and Frau Holle. My central argument is that their recourse to some of the fairy tales by the
Grimm Brothers is closely linked to the limits of representation of historical limit events such as the
Holocaust and Nazi euthanasia. My paper posits that some of the literature dealing with the Nazi
crimes and specifically with the experience of the Holocaust displays these acts of “translation” from
the real to the mythical in order to offer ways of coming to terms with trauma. I focus specifically on
Giorgio Agamben’s figure of the homo sacer, who occurs in literature as early as Viking saga, but also
in folktales such as the Grimms’ Der Bärenhäuter, and then impacts the intertextual structure of
novels about genocide in the twentieth century.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Bauer, Manuel (Marburg)


Wie wird aus einem Grimmschen Kinder- und Hausmärchen ein Kunstmärchen aus Zamonien?
Walter Moers’ Ensel und Krete und die Transformation eines romantischen Märchenmodells
Walter Moers ist einer der populärsten deutschsprachigen Autoren der letzten Jahre. Seine von dem
fiktiven Kontinent Zamonien handelnden Romane zeichnen sich durch eine Vielzahl von Referenzen
zur europäischen Literaturgeschichte aus und integrieren klassische literarische Texte durch
intertextuelle Techniken in einen fantastischen Erzählkosmos. Moers’ Roman Ensel und Krete ist
nicht nur der experimentellste Zamonien-Roman, sondern stellt auch ein bemerkenswertes
Rezeptionszeugnis eines Grimmschen Märchens dar.

Der unverkennbar als Adaption von Hänsel und Gretel ausgewiesene Roman Ensel und Krete tritt in
einen Dialog mit seinem ebenso klassischen wie populären Prätext. Durch die dem Grimmschen
Erzählen zuwiderlaufende, exponiert artifizielle und selbstreflexive Erzählweise entwirft Moers ein
von den Kinder- und Hausmärchen abweichendes Modell des Märchens. Während sich Moers
inhaltlich an der Vorlage der Grimms orientiert, greift er formal die Schreibweisen der romantischen
Kunstmärchen auf. Der Vortrag will das Verhältnis von Hänsel und Gretel zu Moers’ Ensel und Krete
vorstellen und diskutieren, wie die literarische Auseinandersetzung mit einem Kinder- und
Hausmärchen zu einer Reflexion über die Bedingungen fantastischen und märchenhaften Erzählens
im Allgemeinen geraten kann.

Beck, Andreas (Bochum)


Die ›Gattung Grimm‹ wird zum ›Volksmärchen‹ – Ludwig Richters Illustrationen zu Johann Carl
August Musäus’ Volksmährchen der Deutschen
Heute gelten die Kinder- und Haus-Märchen als ›Volksmärchen‹ – haben sie doch den Begründer
dieser Gattung verdrängt: Ihr Siegeszug bringt im 19. Jahrhundert J. C. A. Musäus’ Volksmährchen der
Deutschen (1782 87) um architextuelle Vorbildfunktion und Renommee. Die negative postgrimmsche
Sicht auf Musäus gründet nun nicht nur in diskursiven literaturkritischen Äußerungen; die illustrierte
Prachtausgabe der Volksmährchen (1842f.) dürfte entschieden zu jenem gattungspoetischen
Paradigmenwechsel beigetragen haben. Durch sie ehrt die junge Germanistik den Spätaufklärer mit
einer wissenschaftlichen Edition seines Hauptwerks – um zugleich im Namen des ›wahren‹,
Grimmschen ›Märchens‹ seine Abwertung zum poeta minor vorzubereiten. Denn hier bestimmt die
Grimmsche Perspektive den Blick auf Musäus: in Gestalt oft vorzüglicher Holzstiche, etwa derjenigen
nach Ludwig Richter.

Letztere bieten eine poetologische Reflexion: Der Romantiker Richter widerspricht im Sinne der
aufklärungsskeptischen ›Gattung Grimm‹ dem Musäischen Text, er hilft, die Position des
›Volksmärchens‹ für eine Neubesetzung zu räumen – und doch agiert er als profunder Musäus-
Kenner, der dessen narrative Launen kongenial visualisiert. So ist die Prachtausgabe Ort einer
spannungsvollen Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: des kommenden romantisch-grimmschen
sowie des scheidenden aufgeklärt-humoristischen ›Volksmärchen‹-Modells. Hier wird auf
außergewöhnlichem ästhetischem Niveau ein gattungspoetologischer Umbruch erfahrbar, was die
Analyse aussagekräftiger Musäisch-Richterlicher Wort-Bild-Texturen zeigen soll.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Becker-Cantarino, Barbara (Columbus (Ohio)/USA)


Bettina von Arnims Märchenwelt und die Brüder Grimm
Seit Bettina von Arnims Mitarbeit an den Projekten der Heidelberger Romantik, der Liedersammlung
Des Knaben Wunderhorn und der Zeitung für Einsiedler, für die sie (ungedruckt bleibende)
Märchenentwürfe verfasst hatte, war sie mit den Brüdern Grimm befreundet, die ihr dann in
persönlich gehaltenen gedruckten Widmungen in allen Auflagen von 1812 bis 1843 die Kinder- und
Hausmärchen zueigneten. Mein Vortrag geht von den biographischen Bezügen aus (u.a. Achim von
Arnims Rolle, der wie schon H. Rölleke gezeigt hat, Bettinas frühe Märchenentwürfe nicht an die
Grimms weiterleitete) und zeigt die differierenden Auffassungen zur Gattung Märchen bei Bettina,
die mit ihrer schöpferischen Fantasie aus tradiertem Material neue märchenhafte Episoden in ihren
späteren Briefbüchern entwickelte. Während ihre Texte wie der sog. „Heckebeutel“ überzeugend als
lebensweltliche und politische Referenztexte gelesen werden (U. Landfester), geht mein Vortrag dem
Komplex der bisher kaum rezipierten poetischen Umformung von Märchenmotiven und
volkstümlichen Stoffen in ihrem Werk (Goethebuch, Günderode und Königsbuch) nach.

Bieber, Ada (Kassel)


Zyklisches Erzählen in Tiecks Märchen
Traditionell entwirft das zyklische Erzählen eine narrative Ordnung, die sowohl das
mündliche Geschichtenerzählen als auch die ästhetische Bearbeitung literarisch vertrauter
Themen und Motive legitimiert. In seinem Phantasus, dessen erster Band im gleichen Jahr
wie die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm erscheint, wählt Tieck demgegenüber
einen „wundersamen Ton“, der bei den Gesprächspartnern der Rahmenhandlung immer
wieder Befremden auslöst. Um diese „anti-kollektivistische Tendenz“ (A. Koschorke) der
Phantasus-Märchen deutlicher herauszuarbeiten, steigert Tieck deren artifiziellen Charakter,
indem er jedes Märchen um eine weitere ‚reale‘ Rahmenhandlung erweitert, die sich von den
geheimnisvollen Begebenheiten des Binnengeschehens abzuheben scheint. Diese doppelte
Grenzziehung um das „Unwägbare“, wie Tieck es nennt, soll im Zentrum des Vortrags stehen
und in Anlehnung an Jurij M. Lotmann als vergebliches Bemühen diskutiert werden, das
Verstörende inmitten einer vertrauten Wirklichkeit zu marginalisieren. Denn Tieck versteht
die semiotische Ordnung einer Kultur nicht als stabiles Weltbild, vielmehr entlarvt sich diese
„Selbstbeschreibung“ als beschränkt, sobald beispielsweise uneingestandene Ängste auf den
Raum jenseits der eigenen Kulturgrenze projiziert werden. An die Stelle solcher
‚Chaotisierungen‘ tritt im Phantasus ein mythopoetischer Raum, der die „strukturelle
Organisation“ einer Kultur wieder um „innere Unbestimmtheiten“ bereichern soll. Übertragen
auf die Poetik des Märchens, offenbart das zyklisch unabschließbare Erzählen seine zutiefst
romantische Absicht erst dort, wo über die Poetisierung der Wirklichkeit hinaus soziale
Verständigungsmuster als das eigentlich Befremdende entlarvt werden. Mit Tiecks berühmten
Worten trägt das Märchenerzählen gleichzeitig dazu bei, dass „jeder“ sich „etwas anderes
dabei“ denkt, wenn es um das Aushandeln kollektiver Gewissheiten geht.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Blazic, Milena Mileva (Ljubljana/Slowenien)


Reception of Grimm’s Fairy Tales in Slovenia (1849-2012)
1. Ancient Emona (modern Ljubljana) is associated with The Argonauts and Jason is regarded as
its founder. Ship Argo arrived up from the rivers Danube, Savus and Nauportus. Due to myth the
Argo was transported across the Alps to the Adriatic Sea and back to Greece. Across the time of the
three millennium the myth become fairy tale type ATU 513B named ship that can travel on land as
well in water that is also mentioned in the Grimm’s tales The Golden Goose (KHM 64).

2. For the reception of Grimm’ Fairy Tales in Slovenia is important the personal meetings of
Jacob Grimm with Jernej Kopitar Slovenian scholar and librarian at the Congress in Vienna in 1815.
Their correspondence was from 1819 until 1844.

3. Reception of Grimm’s collection of Children’s and Household Tales 1812-15 with folk name
Grimm’s Fairy Tales started in Slovenia with translation of fairy tales The Poor Man and the Rich Man
(1849), Hans in Luck (1857), The Little Red Riding Hood (1875), The Wolf and the Fox (1888), Snow
White (1895), Hansel and Gretel (1895) etc. The first collection is published in 1887 as Tales for
Children.

4. Grimm’s Fairy Tales influenced also Slovenian adaptations in different media e.g. Puppet
Theatre Ljubljana (e. g. The Bremen Town-Musicians, Cinderella, Hansel and Gretel, Little Red Riding
Hood, Snow White, Sleeping Beauty , etc.) and Slovenian modern authors as Svetlana Makarovič (The
Red Apple, Katalena, Sneguročka , etc.).

5. The newest example of reception is subversive version of Grimm’s fairy tales from Lila Prap
1001 pravljica (1001 Fairy Tales) as mix Grimm’s fairy tales for iPad (2012).

Bleckwenn, Helga (Flensburg)


Das Forschungsprogramm der Grimms am Beispiel des Finnen Elias Lönnrot
Das Forschungsprogramm der Brüder Grimm sollte, nach historischer Interpretation und Nachweis
der Buchmärchen und ihrer Quellen, als zukunftsweisend wiederentdeckt und in seiner
internationalen Wirkung rekonstruiert werden.

Als Beispiel werden die Forschungen des Finnland-Schweden Elias Lönnrot (‚Kalevala’) vorgestellt. Sie
wurden auch von den Grimms rezipiert und können als zeitgenössische Ausführung ihres
Forschungsprogramms interpretiert und in der Wirkung dargestellt werden. Aus meiner persönlichen
Kenntnis des genannten Sammelbereichs in Karelien (heute russisches Staatsgebiet) ist auch die
aktuelle Bedeutung dieser Forschungen kritisch zu würdigen. Weiterführend sollen Überlegungen
zum mündlichen Erzählen angestellt werden, das derzeit in Forschung, Literatur und Publizistik
wiederentdeckt wurde, aber nicht auf mögliche Anfänge bei den Brüdern Grimm reflektiert wird.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Block, Friedrich W. (Kassel)


„Ich rieche, rieche – Menschenfleiß“Grimms Märchen im Spiegel avancierter Poesie
Das Zitat im Titel findet sich zu Beginn von Ernst Jandls Frankfurter Poetikvorlesung. Von der Poesie
als Mangel an Faulsein ist die Rede, vom Sprech- und Lautgedicht, von der Schönheit
heruntergekommener Sprache, vom Eigenleben des Dichters in der Sprache. Das verdichtet sich im
Wort ‚Menschenfleiß‘: Eine kleine pointierte Lautverschiebung wird hier dem Satanswort aus dem
Märchen „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ angetan. Damit wird performativ der Rückbezug
auf die romantische Märchenpoesie sicherlich nicht ohne parodistische Note in das Programm
experimenteller Sprachkunst eingerückt.
Dergleichen intertextuellen Bezügen zu den „Kinder- und Hausmärchen“ in gegenwärtiger Poesie
geht der Vortrag nach und behandelt dabei Fragen wie:
Welche Aspekte der Grimm-Märchen werden durch künstlerische Verarbeitung und Interpretation
auf welche Weise Gegenstand poetischen Interesses?
Welche individuellen und allgemeineren poetologischen Prinzipien werden in der
Märchenverarbeitung deutlich? Lassen sich in der poetischen Selbstreferenz bestimmte
programmatische Gesichtspunkte herausfiltern?
Welche Bedeutung hat die romantische Reminiszenz für avancierte Entwicklungen der
Gegenwartsdichtung bzw. für die – im systemtheoretischen Sinne – Selbstbeschreibung der Poesie?
Dies soll abschließend zu einigen Thesen zur Profilierung des Poesiebegriffs heute führen, auch als
Korrektur seiner stiefmütterlichen Behandlung im „Handbuch ästhetischer Grundbegriffe“.

Bluhm, Lothar (Koblenz)


Die Kinder- und Hausmärchen zwischen Philologie und Spekulation. Möglichkeiten und Grenzen
der Forschung
Die Kinder- und Hausmärchen sind ein Feld, auf dem sich die unterschiedlichsten populären,
populärwissenschaftlichen und fachwissenschaftlichen Interessen begegnen. Die verschiedensten
Selbstverständlichkeiten stoßen aufeinander und lassen ein diffiziles System wechselseitiger
Irritationen entstehen. Die vorherrschenden Reaktionen aufeinander sind Unverständnis, Ablehnung
und Entgegensetzung sowie die Praxis der Wahrnehmungsverengung oder sogar -verweigerung.
Selbst wenn man den Blick auf die fachwissenschaftlichen Zugangsweisen zu den Kinder- und
Hausmärchen konzentriert, zeigen sich teilweise bereits fundamentale Differenzen in Hinblick auf
den Gegenstandsbezug und dessen Einordnung.
Das Referat will in diesen Streit nicht im Sinne einer Parteinahme einsteigen, sondern will in einer
kritisch-räsonierenden Darstellung und Diskussion die wissenschaftlichen ‚Basics‘ verhandeln, die
eine integrative KHM- und Märchenforschung tragen können. In einer nüchternen
Bestandsaufnahme sollen die Möglichkeiten und Grenzen einer sachangemessenen KHM- und
Märchenforschung sichtbar gemacht werden. Zugleich sollen die verschiedenen ‚Räume‘ umrissen
und miteinander in einen produktiven Dialog überführt werden, in denen die unterschiedlichen
(Forschungs-)Interessen mit ihren jeweiligen Selbstverständlichkeiten zugleich ihren (fach-
)spezifischen Aufgabenstellungen wie möglichen Leistungsnachfragen durch andere (Forschungs-
)Interessen gerecht werden können.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Blümer, Agnes (Frankfurt a. M.)


Märchen und Übersetzungstheorie
Im Zusammenhang mit den Kinder- und Hausmärchen spielen Übersetzungen eine entscheidende
Rolle: Die zahlreichen Übersetzungen zeugen vom weltweiten Interesse an diesem Werk, das
international vielfach nachgeahmt wurde. Jacob und Wilhelm Grimm wurden jedoch nicht nur
übersetzt, sie übersetzten auch selbst und vor allem Jacob Grimm beschäftigte sich auch theoretisch
intensiv mit dem Konzept und den Problemen des Übersetzens. In der Vorrede zur deutschen
Übersetzung (1846) von Giambattista Basiles Märchensammlung Pentamerone stellt Jacob Grimm
seine Übersetzungstheorie explizit vor. Übersetzung erscheint ihm als eine Möglichkeit, das
unvollkommene Original zu korrigieren, mit der Übersetzung noch auf den Ausgangstext Einfluss zu
nehmen. Mit der schwierigen Übersetzung des Pentamerone ins Deutsche und den kaum
übersetzbaren „fast morgenländisch heiszen und sprudelnden bilder[n]“ des Neapolitanischen liege
eine Herausforderung für die zahme deutsche Sprache vor, die der Übersetzer Felix Liebrecht nur mit
Glättungen des Textes lösen könne. Grimm verbindet darüber hinaus Märchen- und
Übersetzungstheorie: Er stellt der angenommenen natürlichen Verwandtschaft der Märchenpoesien
über Ländergrenzen hinweg die unversöhnliche Inkongruenz der Sprachen gegenüber. So deuten sich
Konzepte an, die auch in der modernen Übersetzungstheorie eine große Rolle spielen, etwa die Frage
nach der Übersetzbarkeit, der Verschiedenheit der Sprachen und der Notwendigkeit von Adaptionen.

Bogoljubowa, Victoria (Moskau/Russland)


The Present Day of the Brothers Grimm Fairy-tales, or Intertextuality in the Contemporary German
Children’s Literature
The Brothers Grimm fairy-tales find their second life in contemporary children’s literature, which is
rich in intertextual allusions. The latter often function as the primary texts.

The above intertextual allusions are specific in the sense that they are explicated and can thus be
easily identified by the reader. The most frequent sources of intertextual references are the world
and the German classical literature, the world and the German folklore, with the Brothers’ Grimm
fairy-tales as the most conspicuous ones. Thanks to the intertextual allusions, the symbols are
shaped in the works of children’s literature.

Of note is the multi-functionalism of the intertextual allusions of the German children’s literature.
The latter play the structural role; they are also important for shaping the images, creating the comic
effect, and for involving the primary text into play.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Boitor, Kinga und Melinda Ersze (Sibiu/Rumänien)


Die Brüder Grimm als Brückenbauer
"Jemandem goldene Brücken bauen" heißt in leicht übertragenem Sinne, jemandem die
Verständigung erleichtern. Menschen vieler Kulturen fühlten sich und fühlen sich weiterhin von den
Märchen und Sagen der verschiedenen Völker berührt und angesprochen, denn in ihnen verdichten
sich gemeinsame Erfahrungen, Wünsche und Hoffnungen. Dennoch gibt es auch Märchen, die durch
die enthaltenen Klischees und Stereotypen ein Sich-Näher-Kommen fremder Kulturen eher
verhindern. Die beiden aus Siebenbürgen, Rumänien stammenden Autorinnen untersuchen in einem
interkulturellen Vergleich, in wieweit die Märchensammlertätigkeit der Brüder Grimm bzw. die von
ihnen gesammelten Märchen und Sagen als Brückenbauer auftreten können. Die immer wieder neu
interpretierte Sage „Der Rattenfänger von Hameln“ sei nur ein Textbeispiel für die verschiedenen
Aspekte, die ein Abrunden des symbolischen Brückenbauer-Bildes ermöglichen. Desgleichen
möchten die Autorinnen der Frage nachgehen, ob es im Siebenbürgischen Raum - wo die Märchen
und Sagen der Brüder Grimm neben der deutschen Fassung in rumänischen, ungarischen, deutschen
und im Unterricht sogar in englischen Übersetzungen koexistieren – ob es also bestimmte Märchen
gibt, die man lieber nicht vorliest oder gerade deswegen vorliest, weil sie Klischees unterstützen. Das
Symbol des Brückenbauers soll in dieser Studie von verschiedenen Seiten beleuchtet werden, damit
facettenreiche Schlussfolgerungen ermittelt werden können.

Boothe, Brigitte (Zürich/Schweiz))


Erzähldynamik und Psychodynamik im Grimmschen Märchenmodell
Märchen entwickeln dramaturgische Muster wunscherfüllender Modelle. Wie weibliche und
männliche Protagonisten stark und reich werden, wie sie dem Bedrohlichen, Aversiven, Fremden und
Erregenden der Sexualität zurechtkommen, wie sie den Liebesgefährten ihrer Wahl gewinnen und
wie sie verführen und streiten, dafür präsentieren die Märchen der Brüder Grimm eine dynamische
Handlungslogik, zugeschnitten jeweils auf eine ganz spezifische emotionale Herausforderung. Wir
beginnen mit armen Waisen, kommen von diesen zum Thema des Urvertrauens und von dort zu den
Glückshoffnungen, die menschliche Entwicklung von Kindheit an zur persönlichen Utopie
gelingenden Lebens werden lassen; und schließlich schenken wir den Bedingungen erotischer
Intimisierung besondere Aufmerksamkeit.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Borghese, Lucia (Florenz/Italien)


Gramsci als Übersetzer Grimmscher Märchen
Ein bedeutender Teil des Vermächtnisses Antonio Gramscis, der infolge der von Mussolinis Regierung
erlassenen Sondergesetze 1927 verhaftet und als marxistischer Denker eingekerkert wurde, ist noch
weitgehend unerforscht. Die “Gefängnishefte” seiner Übersetzungen vom Deutschen ins Italienische
wurden erst 2007 veröffentlicht (Quaderni di traduzioni, 1929-1932, 2 Bde., hg. G. Cospito/G.
Francioni. Kritische Ausgabe der Quaderni del carcere, hg. G. Francioni, Istituto della Enciclopedia
Italiana). Sie enthalten neben Auszügen aus Werken Goethes 24 Texte aus der Grimmschen
Sammlung Fünfzig Kinder-und Hausmärchen, die er als Reclam-Ausgabe besaß und auf die er sich
bereits 1917 vorbildhaft bezog. Gramscis historisch-kritisch profilierte Auswahl und Übersetzung
Grimmscher Märchen zeugt von einem feinen sprachlichen Bewusstsein, das sich in Zusammenhang
mit der Wiederaufnahme seines früheren sprachwissenschaftlichen Studiums entwickelt. Indem er
sich vornimmt, die Märchen von der einen in die andere Weltanschauung zu übertragen, zeichnet
sich Gramscis Übersetzertätigkeit – durch die Originalität der Bilder für die weltbekannten
Hauptfiguren (Sneewittchen, Daumesdick) und für die merkwürdigsten Sprüche – als spröde
Nachbildung und mythopoetische Erfindung zugleich aus. Zwischen Nachtstück und Volksmärchen
hybridisierend gilt seine Übertragung als “ein persönlicher Beitrag zur Entwicklung der Phantasie der
Kleinen”.

Bottigheimer, Ruth B (Stony Brooks (New York)/USA)


Analysis of the 1812 First Edition
On its first appearance in the Christmas season of 1812-1813, the Grimms’ Kinder- und Hausmärchen
was very different from its final 1857 incarnation. Its Hänsel und Gretel didn’t yet have a stepmother,
and Rapunzel, whose guardian was a fairy not a sorceress, became visibly pregnant, while
Aschenputtel’s mother, before she died, gave her daughter detailed directions about how to get help
in the future. A close examination of the social and moral values of the 1812 First Edition show a
collection that still exemplifyied German bourgeois Enlightenment values and that had not yet
become a compendium of nineteenth-century Central European social, moral, and gender ethics.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Braun, Raphaela (Marburg)


Märchen als Volkspoesie – ein gattungstypologischer Versuch zum deutschen und spanischen
Umgang mit Traditionsbegriffen an Hand ausgewählter Grimmscher Märchen und Bécquerscher
„Leyendas“
Trotz des bis heute sichtbaren Erfolgs der Sammlung der Brüder Grimm als buchstäbliche
Volksgattung bleibt der Volksmärchenbegriff und sein Verhältnis zum romantischen „Kunstmärchen“
wissenschaftlich umstritten.
Eine europäische Sichtweise, Beispiel ist hier Spanien, verkompliziert die Problemstellung noch, da
sich das Textkorpus erheblich erweitert. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass sich in den meisten
europäischen Nationen kein genau zum Grimmschen Märchenbegriff adäquat verwendbarer
Terminus findet. Folglich erschließt sich ein zum Vergleich geeignetes Paradigma also nur, wenn der
Gattungsbegriff um diejenigen Formen, die inhaltlich eine ähnliche Funktion für das sich
neuformende Verständnis von Nation und Tradition aufweisen, erweitert wird. Sowohl der
typologische Diskurs als auch Betrachtungen des literarischen Umgangs mit einem beginnenden
National- und Traditionsbewusstseins in Europa können so bereichert werden.
Hier soll im Rückgriff auf die „Gattung Grimm“ eine Neueinordnung der „Leyendas“ des spanischen
Spätromantikers/Frührealisten Gustavo Alfonso Bécquer unternommen werden. Diese Sammlung
von Erzählungen des Autors, deren überzeugende Einordnung durch die Forschung auf Grund einer
Durchmischung heterogener Gattungsmerkmale noch aussteht, greift bezeichnenderweise auf
spanische Regionalismen, europäische und indische Traditionen zurück und erzeugt künstlich, wenn
auch in der innovativen Handschrift Bécquers, eine Art verschriftlichter Mündlichkeit. Ohne eine
nachweisbare gegenseitige Kenntnis der Projekte erweisen sich sowohl Bécquer als auch die Grimms
als Erzeuger einer kurzen „welthaltigen“ Volksgattung. Nach den jeweiligen Zielsetzungen, sowie den
Erkenntnissen über das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, Poesie und Volk, Tradition und
Nation soll in beiden Fällen vergleichend gefragt werden.

Bunzel, Wolfgang (Frankfurt a. M.)


Kooperation und Konkurrenz. Konzepte der Märchennarration und -illustration bei Clemens
Brentano und den Brüdern
Den Impuls zum Sammeln von Märchen haben die Brüder Grimm von ihrem Freund Clemens
Brentano erhalten. Mehr noch: Die ersten Niederschriften mündlich erzählter wunderbarer
Geschichten fertigten sie ausdrücklich für ihn und in seinem Auftrag an. Im Gegenzug erhielten Sie
Zugang zu seltenen Büchern aus seiner Privatbibliothek. In-dem beide Seiten um den Jahreswechsel
1810/11 einander das Recht zugestanden, mit dem gesammelten Material auf je eigene Weise
umzugehen, verwandelte sich das kollegiale Verhältnis aber mit einem Mal in eine
Konkurrenzsituation, ging es doch fortan darum, wer als erster seine Buchpublikation fertigstellen
und wer dann damit faktisch reüssieren würde.
Der Vortrag will das entstehungsgeschichtliche Nebeneinander der Märchenproduktion Brentanos
und der Grimms als Konkurrenzverhältnis sichtbar machen und zeigen, wie die befreundeten
Kollegen jeweils aufeinander reagierten. Sichtbar wird so ein spannungsreicher Werkdialog. Erst vor
diesem Hintergrund wird es möglich, die divergierenden Konzeptionen des „romantischen“

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Märchens bei Clemens Brentano und den Grimms neu zu perspektivieren und die Interdependenzen
zwischen beiden Unternehmen vor Augen zu rücken.

Busch, Nathanael (Marburg)


„Was halten Sie vom tz?“ Grimm, Lachmann und die Grundlegung der Deutschen Philologie
Der Briefwechsel zwischen den Brüdern Grimm und dem Philologen Karl Lachmann zeichnet ein Bild
von den Grimms, das man nur schwer mit der landläufigen Vorstellung der Märchensammler in
Einklang bringen kann: das Bild nämlich von Germanisten, die sich ohne Unterlass einer
knochentrockenen Arbeit widmen. In den Briefen werden kaum Befindlichkeiten ausgetauscht,
primär geht es um spröde Reimverzeichnisse, grammatische Belege usf. Der Briefwechsel ist deshalb
ein bedeutender wissenschaftsgeschichtlicher Fundus. Die Arbeitsweise von Lachmann und
(besonders Jacob) Grimm, wie sie sich in den Briefen zeigt, sollte grundlegend für die sich
etablierende ‚Deutsche Philologie‘ werden. Durch ihr Vorgehen wurden methodische Festlegungen
getroffen, die sich langfristig gegenüber konkurrierenden Möglichkeiten durchsetzten.

Büttner, Urs (Bath/Großbritannien/Hannover)


Medien der ‚Volksliteratur‘ Zur Pragmatik von Arnim und Brentanos „Des Knaben Wunderhorn“
und Grimms „Kinder- und Hausmärchen“
Die von Arnim und Brentano herausgegebene ‚Volksliedsammlung‘ Des Knaben Wunderhorn und die
Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm verfolgen ein ähnliches Ziel. Beide wollen die im
Schwinden begriffene ‚Volksdichtung‘ wieder erneuern und verbreiten.

Soweit die Gemeinsamkeiten, denn sie intervenieren in verschiedene historische Situationen hinein.
Während das Liederbuch sich auf die Situation am Vorabend der napoleonischen Invasion bezieht,
publizieren die Grimms ihre Sammlung, als Napoleons Armeen bereits auf dem Rückzug sind. Von
daher lassen sich die unterschiedlichen Medienstrategien beider Unternehmungen erklären, die ihr
Ziel auch auf sehr unterschiedliche Weise erreichen wollen. Während die beiden Heidelberger
Romantiker die deutsche Nation als großen Chor in ihrer unmittelbaren Gegenwart einigen wollen,
planen die Grimms langfristiger und setzen auf die Bildung heranwachsender Generation.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Chakramakkil, Anto Thomas (Kerala/Indien)


Missionaries OR Mimics? : Brothers Grimm & 19th Century Protestant German Missionaries in
India
Romanticism as a philosophy has greatly influenced the activities of German protestant missionaries
in 19th century India. Romanticism emphasized a renewed interest in folk culture and promoted
preserving the stories, songs, and legends. One significant manifestation of Romanticism in Germany
was the collection and publication of Grimm’s Fairy Tales in 1812. When they were children,
probably, the German missionaries heard or read Grimm’s Tales; later they mimicked Brothers
Grimm and collected the local folktales, publishing them as school texts for children. Missionaries
like Dr. Hermann Gundert in Kerala in India, no doubt, must have been familiar with Grimm’s fairy
tales, for, his grandson, Nobel Laureate Hermann Hesse remember him as a person imbued with folk
and mythic culture. I argue in this paper that the German missionary taste for Indian myths and
folktales find root in their homeland, especially in the historical philosophy of German Romanticism,
especially in the significant fruit of this movement viz. the Fairy Tales of Brothers Grimm

Chang, Young-Eun (Seoul/Südkorea)


Die Mittelalterrezeption in den Märchensammlungen der Brüder Grimm und Ludwig Tiecks
Dieser Beitrag möchte einen Überblick darüber geben, wie in den Märchensammlungen der Brüder
Grimm und Ludwig Tiecks während der Romantik deren jeweilige Begriffe vom Mittelalter zum
Ausdruck kommen. Aus moderner Sicht sollen dazu Betrachtungen über die „Kinder- und
Hausmärchen“ der Brüder Grimm und Tiecks Märchensammlungen, etwa die „Volksmärchen von
Peter Lebrecht“, angestellt werden. Die Texte sollen vor dem Hintergrund der Mittelalterrezeptionen
der Brüder Grimm und Tiecks analysiert und neu bewertet werden. Was den Rückgriff auf die
mittelalterlichen Erzählstoffe, deren Bearbeitungen und Veränderungen betrifft, besitzen die
Grimmschen Märchensammlungen enge Berührungspunkte mit Tiecks Märchen. Gleichzeitig ergibt
sich die Frage, inwieweit und worin sich die Mittelalteradaption bei den Brüdern Grimm und Tieck
unterscheidet. So verändert sich beispielsweise die Sichtweise auf das Mittelalterbild in den Werken
Tiecks im Laufe des 19. Jahrhunderts. Erscheint das Mittelalter zunächst als finstere Epoche, so
gewinnt es im Laufe der Zeit hellere und freundlichere Züge, wie sich in der „Wundersamen
Liebesgeschichte der schönen Magelone und des Grafen Peter von Provence“ zeigt. Unter
werkanalytischer Perspektive wird die Literarisierung neuerer, fiktionaler Nachgestaltungen des
Mittelalters herausgearbeitet. Zugleich kann auch die moderne Mittelalterezeption anhand jüngerer
internationalen Adaptionen der Grimmschen Märchen erörtert werden.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Choi, Moon Sun (Seoul/Südkorea)


Aktuelle Adaptionen der Kinder- und Hausmärchen in Korea
Die Kinder und Hausmärchen der Brüder Grimm sind seit Anfang des 20. Jahrhunderts in Korea
bekannt, wo sie zuerst in der japanischen Ausgabe vorlagen und bald darauf auch ins koreanische
übersetzt wurden. Seitdem folgten unzählige Auflagen und Bearbeitungen, die zeigen, welch großer
Beliebtheit sich die Märchen erfreuen. Auch in jüngerer Zeit dienen die Märchenstoffe und –motive
der KHM in Korea als Vorlage für Fernsehserien, Filme, Theaterstücke und Romane für Kinder und
Erwachsene.

Der Beitrag untersucht exemplarisch zwei Adaptionen, ein Kinderbuch und einen Film, der sich an ein
erwachsenes Publikum richtet. Es handelt sich um dabei zum einen um „Der Zwerg, der
Schneewittchen geliebt hat“, ein Buch, das, für das Theater bearbeitet, momentan in Korea auf der
Bühne große Erfolge feiert. Zum anderen geht es um Yil Pil-Sungs Film „Hansel und Gretel“ aus dem
Jahre 2007, der auch in Deutschland im Kino gezeigt wurde.

Beide Adaptionen der Stoffe werden, immer vor dem Hintergrund der unterschiedlichen kulturellen
Traditionen, daraufhin analysiert, welche Aspekte der Grimmschen Märchen jeweils aufgegriffen
werden, auf welche Weise bestimmte Motive transformiert werden und inwiefern die erzählten
Geschichten auf die aktuelle gesellschaftliche Situation in Korea verweisen.

Clairmont, Heinrich (Castrop-Rauxel)


Märchen und Volk im Denken Johann Gottfried Herders

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Connan-Pintado, Christiane (Bordeaux/Frankreich)


On the reception of the Brothers Grimm’s Rapunzel in Contemporary French Children’s literature
Rapunzel’s actualisation by the recent movie Disney is an invitation to investigate the reception of a
tale which owes its remarkable success to media culture.
Grounded both on Italian and French literary and oral sources, classified in the « cruel tales »
category by par Maria Tatar, Rapunzel has not been included in the Brothers Grimm’s 1825 Small
Edition, for it did not seem appropriate to the young audience to which the book was directed. The
detailed modifications of the tale aiming at toning down its erotic and violent resonances so as to
bring it into conformity with the narratives expected to be given to children, are well known.
Our purpose is to provide a quantified view of Rapunzel’s presence within the volumes of collected
tales and of picture books. The interpretative variations between tradition and modernity will be
assessed through the degree of legitimacy they occupy in a domain where the publisher’s constraints
are more heavily felt and particularly so far as the customer’s ordering is concerned. We however
bound to wonder whether the imposed conditions can be an incentive to the artist’s creation or
whether unfaithful versions can foster unexpected creation.
Through their iconographic and textual delineations, these transformations of Rapunzel testify to the
evolution of the French Children’s literature in its approach to our artistic heritage.

Cortez, Maria Teresa (Aveiro/Portugal)


Grimms Märchen, „Naturpoesie“ und kindgerechte Erziehung - zum Paradigma-Wechsel der
portugiesischen Kinderliteratur im ausgehenden 19. Jahrhundert
Anfang der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts blieb die portugiesische Kinder- und Jugendliteratur noch
in den alten Vorschriften der Aufklärungsjahre verhaftet, die, im portugiesischen Fall, eine radikale
Abwendung vom Magisch-Märchenhaften und Irrealen diktierte.

Der Beginn der portugiesischen Märchenforschung in den 70er Jahren wird entscheidend zur
Öffnung der Kinderliteratur in Hinblick auf Märchen beitragen. Zur Verwendung der „Naturpoesie“
als geeignete Form der literarischen Unterhaltung der Kinder trug auch die Entdeckung der
romantischen Pädagogie Friedrich Froebels und seiner Nachfolger bei.

Welche Stellung nehmen die Märchen der Brüder Grimm bei diesem Paradigma-Wechsel der
Kinderliteratur in Portugal ein? – diese Frage wird sich als Angelpunkt des vorliegenden Beitrags
konstituieren. Die nicht immer übereinstimmenden Sichtweisen portugiesischer Märchenforscher,
Philologen/innen und Schriftsteller/innen über die Vor- und Nachteile der Übersetzung der Kinder-
und Hausmärchen, die Vermittlung Frankreichs bei der Rezeption der grimmschen Märchen in
Portugal und die damit verbundenen Folgen, die “Konkurrenz” zwischen nationalen und
ausländischen Volksmärchen, sowie andere wichtige Verflechtungen im Rezeptionsprozess werden
beschrieben und dargelegt. Im letzten Teil dieses Beitrags werden die eigentliche Repräsentativität
des Namens Grimm und deren Märchen in der Kinderliteratur Portugals bis zur Jahrhundertwende,
ihre Bedeutung und Auswirkungen auf portugiesische Kinderbuchautoren analysiert.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

De Blécourt, Willem (Amsterdam/Niederlande)


The Brothers Grimm and Witchcraft
Witches feature in different publications by the Brothers Grimm. They form an integral and relatively
new part of the Kinder- und Hausmärchen, they are represented in several of the legends in the
Deutsche Sagen, while they are theorized in both the annotations of the KHM and in the Deutsche
Mythologie. Although the legend texts are of different character than the fairy tales, for the Grimms
the witches will have presented a unified entity. This included the historical development of the
concept: like other narrative figures the witches in the stories collected by the Grimms were seen as
the relics of bygone mythologies, evolving out of a combination of goddesses, priestesses, swan
maidens and valkyrie.
The Grimms were certainly aware of continuing existence of witchcraft; witchcraft (and ghost)
legends "renewed" themselves more often than others as they wrote in 1816, but they did not
include any contemporary report in their collections. Their various publications about witches thus
constitute a distorted picture of historical witches: in the fairy tales it is primarily literary, as it is in
Jacob's Mythologie; in the legends it mainly involves intellectual renderings of personal accounts.
And it completely misses out on the witchcraft stories and accusations which still circulated at
around 1800. For the eighteenth century these can still be found in judicial and medical sources. In
the middle of the nineteenth century, folklorists working in the wake of the brothers Grimm, did note
down contemporary witchcraft narratives.
Material about witches, both within the publications of the Grimms and outside it, thus present an
opportunity to juxtapose publication policy and mythological theory on the one hand with daily-life
practice on the other. The question is whether any conclusion drawn from this specific confrontation
has validity in a wider assessment of the work of the Brothers.

De Rosa, Alessandra (Frankfurt a.M.)


Märchen als historische Quellen: Die Rezeption des Pentamerone von Giambattista Basile im Werk
der Brüder Grimm
Die Suche der Romantiker nach alten Sagen und nach der Quelle der Naturpoesie hat zu Basiles
Pentamerone (1634-1636) geführt. Das Interesse der Brüder Grimm für Basile beruhte auf der
Überzeugung, die Texte wären eine genaue Aufzeichnung der mündlichen Erzähltradition und somit
der wahrsten Seele des Volkes. 1822 lieferten Jakob und Wilhelm zusammen zu der zweiten Auflage
von Kinder und Hausmärchen Kurzfassungen jedes einzelnen Cunto. Auf diese Kurzfassungen haben
sich später einige deutsche Märchenforscher bezogen, unter anderem Felix Liebrecht, der 1846 die
erste deutsche Übersetzung der 50 Märchen von Basile mit einer würdigenden Vorrede von Jakob
Grimm veröffentlichte.

Meine Forschung betrachtet das Märchengut als historisches Material und versucht, einen
sozialgeschichtlichen Vergleich zwischen den Epochen vor dem Hintergrund der Werke der Brüder
Grimm und Basile zu schildern. Wie haben Jakob und Wilhelm Grimm in ihrem Kinder- und
Hausmärchen Basiles Fundus benutzt und wie haben sie zu seinem Ruhm beigetragen? Der Vergleich
zwischen einigen Grimms Überarbeitungen von Basiles Märchenmotiven wird aus historischer
Perspektive betrachtet, und es wird versucht, einen Beitrag zur komparatistischen Kenntnis von
Barock und Romantik auf literatur-historischer Ebene zu leisten.
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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Deist, Tina (Kaufungen)


Nicht nur Kinder brauchen „Lauter Märchen, nichts als Märchen“ — Zum Einsatz kabarettistisch
verfremdeter Figuren der Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen im kompetenzorientierten
Deutschunterricht der Oberstufe
Kinder brauchen Märchen nennt der Kinderpsychologe Bruno Bettelheim 1977 seine ebenso oft
zitierte wie kritisierte Studie über die Relevanz märchenhafter Stoffe für das Aufwachsen von
Kindern. Zahlreiche Kerncurricula der deutschen Bundesländer scheinen dieser Forderung in ihren
Empfehlungen für das Fach Deutsch nachzukommen. Etwa Hessen und Niedersachsen schlagen den
Umgang mit märchenhaften Figuren, Handlungssträngen sowie wiederkehrenden Erzählstrukturen à
la „Es war einmal…“ für die Jahrgänge 5 und 6 aller Schulformen vor. Doch welche Rolle spielen
Märchen eigentlich in den weiteren sechs Schuljahren bis zum Abitur?

Schaut man sich einige Kerncurricula exemplarisch an, wird schnell deutlich, dass die Kinder- und
Hausmärchen der Grimms keine Erwähnung mehr finden. Allenfalls das romantische Kunstmärchen
von E.T.A. Hoffmann oder Novalis findet noch Einzug in den Deutschunterricht der Oberstufe. In
meinem Beitrag zum Kongress möchte ich konkrete und in der Schulpraxis erprobte Möglichkeiten
und Chancen aufzeigen, die diese Beschränkung der Märchenlektüre auf die ersten beiden Jahre der
Sekundarstufe I aufheben lassen: Möglichkeiten und Chancen des Einsatzes kabarettistisch
verfremdeter Figuren der Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen im kompetenzorientierten
Deutschunterricht der Oberstufe.

Dettmar, Ute (Oldenburg)


Die Rotkäppchen-Verschwörung
Märchenfilme zählen seit Jahrzehnten zu den – nicht nur bei Kindern – erfolgreichen Formen der
Tradierung und Popularisierung insbesondere der KHM; kaum eines der bekannteren Märchen der
Sammlung ist nicht zur Vorlage für filmische Adaptionen geworden. Dabei sind nicht nur Trick- und
Realfilm-Klassiker entstanden, die jedes Jahr vor allem zur Weihnachtszeit wieder neue Generationen
erreichen, sondern auch Formen die mit komischen, parodistischen und karnevalesken
Umcodierungen arbeiten. Insbesondere der Animationsfilm (man denke nur an die Shrek-Filme)
erweist sich in den letzten Jahren im Spiel mit den Märchentexten als ausgesprochen kreatives
Format. Der geplante Vortrag will sich mit dem Animationsfilm Die Rotkäppchen-Verschwörung
(Hoodwinked!, 2005) beschäftigen. Wie wird hier mit welchen Formen und Funktionen mit den
Genres, mit bekannten Stoffen, Figuren und Motiven gespielt, wie werden dabei abrufbare
Erzählschemata, Handlungsverläufe und Figurenzeichnungen gebrochen und durch weitere
Referenzen auf Filmgeschichte(n) und Populärkultur in neue, überraschende Lesarten überführt?
Welchen Zugewinn, aber auch möglichen Verlust an ästhetischen Möglichkeiten bietet diese
spezifische Form des Medientransfers auch im Kontext von derzeit sich abzeichnenden Tendenzen
des Cross-Writing? –Dies sind Fragen, mit denen sich der Vortrag beschäftigen wird.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Dolle-Weinkauff, Bernd (Frankfurt a. M.)


Mit Grimm in den Klassenkampf. Zur Rezeption der KHM im ‚Proletarischen Märchen’ des frühen
20. Jhs.
Nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, namentlich während der Zeit der Weimarer Republik,
kommt es in Deutschland und Österreich zu einer bis dahin nicht gekannten Vielfalt und Blüte des
sogenannten Proletarischen Märchens. Zu den bekanntesten Autorinnen und Autoren zählen etwa
Oskar Maria Graf, Bruno Schönlank, Lisa Tetzner und Hermynia Zur Mühlen, die Ausgaben waren
illustriert von renommierten Künstlern wie Hans Baluschek, George Grozs, John Heartfield und
Heinrich Vogeler.
Dabei ist der Begriff des Märchens im gegeben Zusammenhang durchaus weit zu fassen, er impliziert
neben dem so genannten Volksmärchen in der Tradition der KHM vielerlei Spielarten der Allegorie,
Fabel und Parabel, orientalische bzw. als orientalisch angesehene Erzählstoffe sowie die breite
Palette des zeitgenössischen Kunstmärchenverständnisses, angefangen mit Andersenschen bis hin zu
symbolistischen und expressionischen Vorbildern. Das ‚Proletarische Märchen’ wollte einerseits
etwas ganz Neues sein, leugnete andererseits aber keineswegs seine Orientierung an bestimmten
tradierten Vorbildern. Grundlegend ist hier der Gedanke‚ dass die in der zeitgenössischen
Kinderliteratur gängigen, bürgerlich gewendeten Märchenphantasien als Mittel der kulturellen
Unterdrückung des proletarischen Kindes fungierten - und deshalb nur selektiv bzw. in gereinigter
Form an das proletarische Kind weitergegeben werden sollten. Der Beitrag unternimmt es, den
Umfang und die Bedeutung der Rezeption der Grimmschen Märchen und des
Märchenverständnisses der Brüder Grimm in diesem Komplex zu bestimmen.

Dos Santos, Isabel (Matieland/Südafrika)


Aschenputtel in Afrika. Herausforderungen und Bereicherungen im Märchenseminar
Volksmärchen sind wertvolle Schätze einer Kultur. Die Befassung mit Volksmärchen aus einer
fremden Kultur kann dazu verhelfen, zu einem näheren Verständnis dieser Kultur zu gelangen. Im
Volksmärchen können verschiedene kulturelle Weltanschauungen und Werte beobachtet werden.
Deshalb sind sie ein ideales Mittel, eine andere Kultur besser zu verstehen und kennenzulernen. Ihr
Einsatz in der Auslandsgermanistik ist darum von einem besonders großen Stellenwert, wie
Erfahrungen in Südafrika zeigen.
Die afrikanische Weltanschauung ist tiefgreifend anders als die der Europäer. Sie identifiziert sich in
Bezug auf die Gemeinschaft; eine egozentrische Existenz ist Afrikanern fremd. Ihr Dasein wird aus
dem Umgang mit Anderen erschöpft, sie finden ihre Identität in und durch die Gemeinschaft. Im
Umgang mit Märchen treten viele dieser Kulturunterschiede in den Vordergrund, Genderfragen, zum
Beispiel, erweisen sich in Afrika als besonders diskussionsträchtig. Noch interessanter ist jedoch, wie
viele Gemeinsamkeiten sich zwischen vielen deutschen Grimm-Märchen und afrikanischen Märchen
feststellen lassen. Ein Beispiel dafür unter vielen ist das deutsche Aschenputtel und die afrikanische
Natiki. Die Essenz der Kulturen wird in Volksmärchen dargestellt, aber es ist gleichzeitig auch die
Darstellung der Menschlichkeit, die überall in der Welt als wichtig angesehen wird. Statt dass wir von
den Unterschieden und Verständnismängeln zwischen Kulturen geblendet werden, können Märchen
durch Ähnlichkeiten verbinden. Die Märchen unterliegende Funktion, durch die inneren Kraftquellen

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

der Phantasie, der Gefühle und des Intellekt im Leben Ordnung zu schaffen, ist ein universelles
Prinzip, das auch in Afrika Gültigkeit reklamiert.

Drößiger, Harry (Vilnius/Litauen)


Realienbezeichnungen in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm –interkulturelle und
intrakulturelle Aspekte
Der Vortrag stellt die „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm unter den Aspekten der intra-
und der interkulturellen Kommunikation in den Mittelpunkt. Dabei geht es sowohl um Probleme der
Übersetzung und/oder der Übersetzbarkeit der Märchen als auch um Rezeptionsprobleme der
Märchen in der deutschen Gegenwart. Beiden Problembereichen gemeinsam sind die Realien und
ihre Bezeichnungen.

An den Realien und ihren Bezeichnungen wird die Verflechtung von Sprache und Kultur besonders
deutlich. Durch ihre oftmals exklusive Zugehörigkeit zu einer Sprach- und Kulturgemeinschaft stellen
Realien und ihre Bezeichnungen ein spezifisches Sprachmittlungsproblem dar, weil sie auf ein
besonderes sozio-kulturelles Hintergrundwissen referieren. Realienbezeichnungen verdienen deshalb
eine besondere Aufmerksamkeit der Erforschung, z. B. in einer interdisziplinären Verknüpfung von
interkultureller Kommunikationsforschung und kognitiver Linguistik, denn es geht darum, kulturelles
Wissen einer Sprach- und Kulturgemeinschaft einer anderen durch angemessene Verfahren
sprachlich kommunizierbar und somit geistig verfügbar zu machen.

Die intendierte sprachlich-kognitive Untersuchung lässt sich in die Auffassung von Märchen als
kulturhistorische und sozialgeschichtliche Quellen einordnen, zumal mithilfe der sprachlich-
kognitiven Untersuchungen der in den Märchen auftretenden Realienbezeichnungen ein Beitrag zur
Erarbeitung von Bild und Verständnis vom Leben der Menschen vom Mittelalter bis zum 19.
Jahrhundert geleistet werden kann.

Eckstein, Kristin (Nienburg)


Deutsche Erzählungen, japanische Ästhetik: Die Transkulturalität der Kinder- und Hausmärchen
anhand Kei Ishiyamas Grimms Manga
Die Erzählungen der Brüder Grimm sind seit der Meiji-Periode (1868-1912) tief in der japanischen
Kinder- und Jugendliteratur verwurzelt; gehörten sie doch zu den ersten importierten, von
japanischer Künstlern illustrierten Geschichten für ein junges Publikum. Mittlerweile existieren
zahlreiche Interpretationen der Märchen in der japanischen Kultur und somit auch im Manga: Zu den
populärsten Werken zählt Kei Ishiyamas graphische Umsetzung der Kinder- und Hausmärchen, in
welcher sie ausgewählte Geschichten mit der Ästhetik und den Erzählstrategien des shôjo manga –
Comics für Mädchen und adoleszente Frauen – verknüpft. In ihren unkonvenionellen Inszenierungen
thematisiert Ishiyama spielerisch die schwierige Zeit der Adoleszenz und verwebt das Motiv des
gender bending, indem sie Rapunzel als Mann konstruiert und männliche Figuren Kleider tragen lässt.

Der Vortrag möchte die Aspekte der Hybridisierung der urdeutschen Erzähltradition im Grimmschen
Märchen mit den formal-ästhetischen und narrativen Darstellungskonventionen des shôjo manga
anhand Ishiyamas Werk herausarbeiten und zeigen, inwieweit sie sich am Original orientiert und an
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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

welchen Stellen sie ihre Kultur in die Inszenierungen einfließen lässt. Mit einbezogen werden soll der
2011 publizierte Grimms Manga Sonderband, in welchem acht deutsche Zeichnerinnen Ishiyama „die
Ehre erweisen“ und eine harmonische Verschmelzung (nicht nur) der japanischen und deutschen
(Zeichen-)Kultur erschaffen.

El Kholy, Nadia (Kairo/Ägypten)


The Grimm Brothers in Arabic: Translation, Adaptation & Reception
In this paper I will examine the translation, adaptation and re-writing of selected fairytales the
Grimm brothers into Arabic. The objectives of the study is to show how and why certain authors try
to influence children or adult images of children through the fairy tale; and how these authors react
to prescribed fairy tale discourse and intervene to alter it according to their needs and social
tendencies. My common denominator in this comparison is the hypothesis that folk tales and fairy
tales have always been dependent on customs, rituals, and values in the particular socialization
process of a social system. I will also depend on the principle that they have always symbolically
depicted the nature of power relationships within a given society. The paper will also analyze the
politics of translation involved in the selection process, the choice of the type of Arabic, on the
linguistic level, to ensure that the stories will be easy for children and young readers to understand,
and finally the extent of 'Arabization' of the selected stories and the degree of the adaptation and re-
writing that render them more appealing to a Middle Eastern Arab recipient. Thus, they are strong
indicators of the level of civilization, that is, the essential quality of a culture and societal order. The
effectiveness of emancipatory and reutilized tales has not only depended on the tales themselves but
also on the manner in which they have been received, their use and distribution in society.

El Sawaf, Engy (Kairo/Ägypten)


Zur Frage der literarischen Vorlagen und Quellen der Grimmschen Märchen. Orientalische Motive
im Märchen „Das Mädchen ohne Hände“
Die Frage nach den literarischen Quellen und Vorlagen der KHM hat die Forschung seit ihrer ersten
Veröffentlichung 1815 beschäftigt, doch sind meines Wissens bislang Fragen nach möglichen
orientalischen Bezügen unberücksichtigt geblieben. Dies obwohl Otto Spies bereits 1949 in seinem
Buch „Orientalische Kultureinflüsse im Abendland“ darauf hingewiesen hat, dass „etwa zwei Dutzend
der Grimmschen Märchen“ auf arabische Vorbilder, nämlich auf „1001 Nacht“ zurückgehen.

Eine intensive Lektüre der Grimmschen Märchen hat meine Aufmerksamkeit auf das Märchen „Das
Mädchen ohne Hände“ gerichtet, das meiner Meinung nach eine solche orientalische Nähe aufweist.
Deshalb setzt sich mein Vorhaben das Ziel, anhand einer Untersuchung dieses konkreten
Märchenbeispiels Parallelitäten, Bezüge und Motive zur orientalischen Märchentradition
aufzufinden. Eine Aufgabe der Untersuchung wird u.a. darin bestehen, durch vergleichende
Betrachtungen des deutschen mit den orientalischen Märchen die Kulturspezifik aber auch die
verwandten Aspekte und Motive zu erhellen. Es ist nicht beabsichtigt bestimmte
Abhängigkeitsverhältnisse herstellen zu wollen, vielmehr geht es um orientalische Kultureinflüsse im
Abendland als Zeichen eines interkulturellen Dialogs zwischen Orient und Okzident zu verzeichnen.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Esa, Mohamed (Westminster/USA)


"Masters Reloaded: The Brothers Grimm and Rammstein”
No masters have been so often “reloaded” as Goethe and the Brothers Grimm. Their poetry and fairy
tales have been reinterpreted, parodied and rewritten by many other writers, artists and musicians.
In my paper, I will show how Rammstein, the most famous and infamous, but most successful
German heavy metal band, has created a few songs that provide us with a modern interpretation of
“Schneewittchen,” “Rotkäppchen” and “Schneeweisschen und Rosenrot,” three of the most beloved
fairy tales by the Grimm Brothers. The main focus of my talk will be on Rammstein’s music video to
their song entitled “Sonne.” I will highlight similarities and differ-ences between the original fairy tale
and the song. I will also discuss the meaning of a few symbols and motives used in both the tale and
the song: the sun, gold, apples, the shoes, and the color red. Both the classical masters and the
reloaded version by Rammstein are ambivalent and ambiguous, and, therefore, lend themselves to
multiple readings and interpretations. Such texts have fueled our imagination and, as authentic texts,
can be used to enhance students’ abilities to think critically and at the same time to improve their
writing and speaking skills in German. I use many of Rammstein’s songs and music videos, especially
the masterfully crafted songs “Haifisch”, “Dalai Lama” and “Sonne,” in conversation and composition
classes at various levels to enhance my students’ abilities to think critically and at the same time to
improve their writing and speaking skills in German.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Fièvre, François (Tours/Frankreich)


From Märchen to Fairy Tales: iconic transformation in a literary genre in romantic England
While researchers now see the “folk tale” (Volksmärchen) as one of the main originalities in the
Grimms’ literary work and theory, it is also clear that the tales of the brothers Grimm are generally
known to the wider international readership as fairy tales. What, then, is the shift between
“Märchen” and “fairy tale”, and how did it occur?

Some answers can be found in the early reception of the Grimm stories in England, particularly in the
editions illustrated by George Cruikshank in 1823 and 1826, and by Richard Doyle in 1846. In England,
the Grimm stories are seen through a faerie lens inherited, among others, from the great
Shakespearian dramas, and the Volksmärchen truly became “fairy tales”, a genre transformation
which can be analysed through the translations, choices of titles for the books, and the way the
stories were illustrated. Textual analysis is not sufficient: the genesis and the transformation of a
literary genre and status are shaped by all the elements around the text, especially the pictures,
which are more than just one kind of “paratext” (Genette) among others.

The Grimms’ tales were internationalized through these English versions, and a fairy world eventually
became attached to their stories. But it was also by the Grimms’ example that the fairy tale appears
as a new literary genre in England, quite independently from the French “conte de fées” model. The
genre shift of the Grimms’ tales in England heralded the birth of a new literary genre.

Forlin, Francesco (Perugia/Italien)


Zwischen Tradition und Moderne: das Märchen nach den Brüdern Grimm
Der Begriff der Tradition spielt eine entscheidende Rolle bei der von den Brüdern Grimm
vorgeschlagene Märchen-Gestaltung: er ermöglicht dem modernen Menschen in Kontakt mit dem
Ursprung zu bleiben. Diese Annahme impliziert eine – romantische – Definition der Moderne als
Antithese zu der Welt der Märchen. Ausgehend von dieser Definition kann man versuchen, die
Besonderheit der Version von Grimm in den Kernthemen der Märchen von Aschenputtel,
Rotkäppchen und Hänsel und Gretel im Vergleich zu den älteren Versionen von G. Basile und C.
Perrault zu bestimmen, um die Idee der Moderne der ersten zu erhellen.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Fragoso, Gabriela (Lissabon/Portugal)


„Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm und ihre Bearbeitung in der zeitgenössischen
portugiesischen Literatur“
Die Kinder- und Hausmärchen haben sich seit jeher tief in die portugiesische Volksseele eingegraben:
Angefangen von Rotkäppchen („Capuchinho Vermelho“) bis hin zu Schneewittchen („Branca de
Neve“) über Hänsel und Gretel (“A casinha de chocolate“), Aschenputtel („A Gata Borralheira“) und
Dornröschen („A Bela Adormecida“) wurde jeder Portugiese von Kindesbeinen an in die
märchenhafte Welt der Brüder Grimm eingeführt. In Anbetracht des bis weit in die sechziger Jahre
des vergangenen Jahrhunderts hineinreichenden französischen Einflusses auf die portugiesische
Kultur, kann allerdings die Märchensammlung Histoires ou contes du temps passé von Charles
Perrault nicht unberücksichtigt bleiben, denn wenn es um Märchen geht, werden beide Quellen
immer im gleichen Atemzug genannt und regen nach wie vor die Fantasie von Autoren und Kindern
gleichermaßen an.

Die zeitgenössische Bearbeitung der grimmschen Kinder- und Hausmärchen – die Gegenstand dieses
Beitrages ist – bringt einmal reine Kinderbuchfassungen hervor, andererseits aber auch Erzählungen,
die sich von Inhalt und Sprache her, eher an erwachsene Leser richten. Ziel dieser Arbeit soll eine
Gegenüberstellung beider Richtungen sein, d. h. Bearbeitung für ein Kinderpublikum vs. Bearbeitung
für Erwachsene unter besonderer Berücksichtigung von Strukturen und Motiven und hauptsächlich
auf Grundlage der grimmschen Märchensammlung.

Frankenberg, Hartwig (Düsseldorf)


Rituale als narrative Organisatoren in den Märchen der Brüder Grimm
In allen gesellschaftlichen Bereichen markieren und vollziehen primäre Rituale außergewöhnliche, ja
ekstatische Momente als substantielle Übergänge oder nehmen in Form von Wiederholungsritualen
Bezug auf sie. Im Vordergrund der Erzähltextforschung steht der bannende und prädizierende Reflex
des erzählenden Subjekts im Akt seiner fundamentalen Bewältigung. Voraussetzung hierfür sind
nicht so sehr zufällige, glückliche Umstände, als vielmehr gewisse Dispositionen in den Handlungen
der heroischen Figuren: Ihre Aktivitäten zeichnen sich durch rituelle Praxen und Prägungen aus.
Anhand ausgewählter Beispiele der Grimm’schen Märchen sollen Rituale als nonpersonale
Organisatoren narrativer Prozesse identifiziert sowie der Begriff „Ritual“ als eigenständiges Theorem
in der germanistischen Erzähltextforschung etabliert werden.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Freyberger, Regina (München)


Märchen-Arabesken
Im 19. Jahrhundert waren die Vorstellungen von Märchen und Arabesken eng miteinander verknüpft.
Friedrich Schlegel hatte schon 1803 Märchen als „arabeske Dichtungen“ bezeichnet, und für Clemens
Brentano waren Arabesken die ideale Darstellungsform für Märchen schlechthin. Dennoch wählten
die Brüder Grimm für die bildliche Ausstattung ihrer Kinder- und Hausmärchen keine Arabesken,
auch wenn aus der Hand ihres Bruders Ludwig Emil Grimm dazu einige Entwürfe erhalten sind. Sie
verweigerten sogar dem Verleger Otto Wigand die Zusage, 1838 eine Teilausgabe ihrer Märchen mit
Arabesken Eugen Napoleon Neureuthers herauszubringen, obgleich sie von Neureuthers ›schöner‹
(W. Grimm) Dornröschen-Radierung wussten. − Nichtsdestotrotz verankerten Neureuthers
großformatige Radierungen und Zeichnungen zu Märchenthemen, neben den Arbeiten von Moritz
von Schwind, die Arabeske fest in der deutschen Märchenillustrationslandschaft. Bis ins 20.
Jahrhundert hinein galten diese Märchen-Arabesken als Prototyp der spätromantischen
Märchenillustration und beeinflussten Künstler wie Heinrich Vogeler und Max Slevogt. – Im Beitrag
wird diese Entwicklungsgeschichte exemplarisch aufbereitet und die Bedeutung und Formenvielfalt
der Märchen-Arabesken, jenem spezifisch deutschen Phänomen in der Illustrationslandschaft der
Kinder- und Hausmärchen, aufgezeigt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den Arbeiten
Neureuthers.

Friede, Susanne (Göttingen)


Märchen – Symbol – Drama: die Schlüsselfunktion der Kinder- und Hausmärchen für die frühen
symbolistischen Dramen Maurice Maeterlincks
Die Werke des belgischen Nobelpreisträgers von 1911, Maurice Maeterlinck, sind heute in
Deutschland – vielleicht mit Ausnahme des über Claude Débussys gleichnamige Oper (UA 1902)
vermittelten Pelléas et Mélisande (1892) – so gut wie unbekannt. Angeregt durch jüngere
Forschungsarbeiten zur Bedeutung theoretisch-poetologischer Überlegungen Maeterlincks für die
europäische Dramengeschichte will der Vortrag den Zusammenhang von Märchen und Drama neu
bestimmen. Dieser liegt nicht nur im Falle des genuin als Märchenspiel konzipierten und rezipierten
L’oiseau bleu (1908) vor. Vielmehr gibt die seit 2002 begonnene Edition von Maeterlincks
umfangreichen Aufzeichnungen in den Carnets Hinweise darauf, wie konstitutiv die Lektüre der
Kinder- und Hausmärchen für die strukturelle, motivische und semiotische Analyse der ersten
symbolistischen Dramen Maeterlincks sein kann. Neben konkreten Überlegungen zu den
Transferwegen ist zu reflektieren, welche Konsequenzen sich für das Verständnis des symbolistischen
Dramas aus dieser konstitutiven Verschränkung mit den narrativen Strukturen der Volkserzählung
ergeben, und in wie weit dies die kulturwissenschaftliche Wahrnehmung der Grimmschen Kinder-
und Hausmärchen als Schlüsseltexte für die ästhetische Moderne in Europa beeinflussen kann.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Gospodarczyk, Joanna (Kraków/Polen)


Das Hässliche in den Märchen der Brüder Grimm anhand von Ästhetik des Hässlichen von Karl
Rosenkranz
Der Beitrag ist den ästhetischen Fragen in den Kinder und Hausmärchen der Brüder Grimm gewidmet
unter besonderer Berücksichtigung der Hässlichkeit. Zur Untersuchung der hässlichen Elemente in
den Märchen wird das Konzept von Karl Rosenkranz, dem zur Hegel Schule gehörigen Philosophen,
dienen. Rosenkranz widmete sich als erster dem Begriff des Hässlichen in seiner Studie Ästhetik des
Hässlichen (1853). Den Schwerpunkt seiner Arbeit, die noch zum Teil klassizistische Züge hat, legt der
Philosoph auf die Darstellung des Hässlichen als dem Negativschönen. Das Hässliche tritt immer als
Sekundäres auf und stellt, nach Rosenkranz, einen Verstoß gegen die von der Natur angestrebten
Formen dar. Die dabei geschaffene Typologie der hässlichen Erscheinungen ließe sich auf eine Reihe
von ästhetisch minderwertigen Elementen in den Kinder und Volksmärchen übertragen. Zu nennen
wären hier Formlosigkeit, Inkorrektheit, Defiguration, das Ekelhafte und das Böse, daneben das
Plumpe und das Tote. Der Beitrag sollte die Gemeinsamkeiten der negativen Ästhetik, im Verständnis
vom Rosenkranz und der in den Grimms Märchen untersuchen und die Frage beantworten, ob diese
Monographie eine Möglichkeit bietet das damalige Verständnis der Hässlichkeit zu beschreiben.

Götze, Martin (Bamberg)


Kunstmärchen und ästhetische Zeitkritik bei Michael Ende
Der Beitrag möchte aufzeigen, dass Michael Endes populäre „Märchenromane“ nicht nur durch
artifizielle Verfahrensweisen gekennzeichnet sind, sondern darüber hinaus das Gattungsmodell des
Märchens im Sinne einer ästhetischen Zeitkritik aktualisieren. Hierbei soll der bei Ende stets
wiederkehrende Typus des kindlichen Helden im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Kindheit
erscheint einerseits als Idealform ästhetischer Existenz und andererseits als kulturphilosophischer
Topos für die noch einzulösende Aufhebung der vom aufklärungskritischen Denken konstatierten
„Entzweiung“ des modernen Bewusstseins. In dieser Perspektive lassen sich Endes kindliche
Weltenretter aus den Romanen Momo und Die Unendliche Geschichte als „Heroen der Phantasie“
deuten, die einer von Entfremdung und Ich-Deformation gekennzeichneten Wirklichkeit
entgegentreten. „Phantasielosigkeit“ steht dabei metonymisch für die Unterwerfung des Subjekts
unter den Zweckrationalismus eines Systems, das aus ökonomischem Kalkül das „Verschwinden der
Kindheit“ zum Ziel hat. Ende transformiert das Märchen in ein Medium der Modernekritik und
schafft zugleich eine Form des Kunstmärchens, die in struktureller Hinsicht selbst modern zu nennen
ist, sofern sie dem mit der Romantik etablierten Paradigma werkimmanenter Reflexion auf die
historischen Bedingungen und Kompositionsprinzipien der eigenen narrativen Ordnung verpflichtet
ist.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Groschwitz, Helmut (Bonn)


Formierungen des Mythischen. Zur Prägung Deutscher Mythologien durch Jacob Grimm.
Die „Deutsche Mythologie“(1835) von Jacob Grimm markiert einen Meilenstein in der Erforschung
„altdeutscher“ Mythen und Mythologie. Häufig wird sie dabei als zentrales Werk für die Entstehung
der sog. „Mythologischen Schule“ gesehen, die über mehrere Generationen von Mythen- und
Sagensammlern hinweg schließlich in den völkischen Mythenkonzeptionen der 1920er und 30er
Jahre aufgegriffen und ideologisiert wurde. Diese Bewertung, die gerade in der volkskundlichen
Neuorientierung der 1970er Jahre als Argument für eine Abgrenzung gegenüber den romantischen
Prämissen diente, muss aber aus heutiger Sicht revidiert werden. Vielmehr gilt es, den mythologisch-
philologischen Strang der frühen Volkskunde, dazu zählen zentral die Arbeiten von Jacob und
Wilhelm Grimm, in ihrer Innovationskraft und Komplexität neu zu bearbeiten und zu bewerten.
Insbesondere ist dem Verfasser daran gelegen, das Grimmsche Werk in die Reihe der, meist kaum
beachteten, vorausgehenden Mythologien zu stellen und die formierende Prägekraft auf die
„nächste Generation“ von Mythenforschern zu konkretisieren.

Grothe, Ewald (Gummersbach/Wuppertal)


Zivilcourage oder Widerstand? Die Brüder Grimm im kulturgeschichtlichen Kontext oppositionellen
Verhaltens im Vormärz
Von den zwei berühmten Germanisten Jacob und Wilhelm Grimm ist vor allem der ältere Bruder
Jacob politisch hervorgetreten. So ist seine Tätigkeit in der Deutschen Nationalversammlung des
Jahres 1848 bereits mehrfach Gegenstand von wissenschaftlichen Studien gewesen. Gemeinsam
beteiligt waren die Brüder an jenem Vorfall des Jahres 1837, der als Protest der Göttinger Sieben
gegen den Verfassungsbruch des hannoverschen Königs in die deutsche Erinnerungskultur und
Geschichtsschreibung eingegangen ist. Das entschlossene Eintreten für die hannoversche Verfassung
und gegen den reaktionären König Ernst August ist immer wieder als mutige Aktion gegen
Herrscherwillkür eingeschätzt und als Beleg für die liberale Haltung der Grimms gewertet worden.

In dem Vortrag soll untersucht werden, wie sich die Protestation der sieben Göttinger Professoren in
die verschiedenen Formen oppositionellen oder „widerständigen“ Verhaltens im Vormärz einordnen
lässt, die von Revolution und gewaltsamem Aufstand (Herbstunruhen 1830, Frankfurter
Wachensturm 1833), über radikale Publizistik (Büchner/Weidig) bis hin zu Formen parlamentarischer
Opposition in den einzelstaatlichen Landtagen (Jordan) reicht. Die politische Haltung der Brüder
Grimm wird dabei im Hinblick auf ihren kulturgeschichtlichen Zusammenhang und ihre
erinnerungspolitischen Folgen untersucht.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Gruber, Sabine (Tübingen)


„[...] eine ganz eigene Welt poetischer Schönheit“ – die Rezeption von Vuk Karadžićs „pjesnarica“
im Freundeskreis der Brüder Grimm
Jacob Grimm lernte 1814/15 in Wien Bartholomäus (Jernej) Kopitar kennen und schrieb dessen
Übersetzung des ersten Teils von Vuk Karadžićs Liedersammlung „Mala prostonarodna slaveno-
serbska pjesnarica“ ab. Er reichte die Texte in seinem Freundeskreis weiter, wo sie gelesen,
diskutiert, abgeschrieben, bearbeitet und veröffentlicht wurden. Clemens Brentano bearbeitete 19
der 108 Lieder für den Almanach „Sängerfahrt“. Der Vortrag untersucht die
Kommunikationsstrukturen, die die schnelle Verbreitung der literarischen Neuentdeckung Grimms
ermöglichten und klärt die Faktoren, die die Texte ihrer produktiven Weiterbearbeitung zuführten. Es
wird gezeigt wie die Texte zunächst in einem begrenzten Kreis miteinander in engem Kontakt
stehender Rezipienten ausgetauscht wurden, wie sie öffentlichkeitswirksam aufbereitet wurden und
wie sie später eine Breitenwirkung entfalten konnten, die u. a. in der populären Übersetzung des
Originals durch Therese Albertine von Jakob gipfelte. Dabei wird auch gefragt, welche außer- und
innerliterarischen Faktoren bei der Rezeption der Lieder durch den Freundeskreis eine Rolle spielten,
inwieweit die Rezeption ein Erkennen oder auch ein Verkennen der fremden Kultur beinhaltete und
inwieweit Rezeption und Bearbeitung der Texte von nationalen Stereotypen und Projektionen
geprägt waren. Es wird diskutiert, was sich die ersten Leser und Bearbeiter der Lieder von ihnen für
die deutschsprachige Literatur erhofften, ob sich ihre Erwartungen erfüllten oder ob die Rezeption
der Texte einen anderen als den ursprünglich intendierten Weg nahm.

Grzywska, Katarzyna (Warschau/Polen)


Oskar Kolberg – der polnische Grimm?
Oskar Kolberg (1814-1890), der hervorragendste polnische Ethnograph des 19. Jahrhunderts, war
Sohn eines Kartographen und Metrologiespezialisten, Literaturliebhabers und Wissenschaftlers
deutscher Abstammung namens Juliusz Kolberg (1776-1831), der am Anfang des 19. Jahrhunderts als
preußischer Beamter nach Warschau kam, um das Leben seiner Familie für immer mit der neuen
Heimat zu verbinden. Er ist in die Kulturgeschichte als Musiker, aber in erster Linie als Verfasser eines
monumentalen Werkes eingegangen, in dem er die Gesamtheit der Volkskultur, und somit auch
Volksmärchen, in bestimmten geographischen und historischen Regionen des damals auf den
Landkarten Europas nicht mehr existierenden Polens zu erfassen versuchte. Im Endeffekt entstanden
33 Bände, die noch zu Lebzeiten Kolbergs herausgegeben wurden, und zahlreiche Mappen im
Nachlass mit dem Material für zahlreiche weitere Bände, deren großer Teil bis zur Nachkriegszeit auf
ihre Veröffentlichung warten musste: 1961 erschien nämlich der erste Band der ersten, vollständigen
und bis heute in Entstehung begriffenen Ausgabe des Kolbergschen Werkes unter dem Gesamttitel
Dzieła wszystkie Oskara Kolberga (Oskar Kolbergs Gesamtwerk). Das Ziel des Beitrages ist es, Oskar
Kolbergs Sammeltätigkeit unter die Lupe zu nehmen und seine Arbeitsweise zu charakterisieren, mit
besonderer Berücksichtigung seiner märchenkundlichen Interessen, die im Fokus des Vortrags stehen
werden.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Harm, Volker und Marco Scheider (Göttingen)


Kann das Deutsche Wörterbuch auch in Zukunft ein Modell für Nationalwörterbücher sein?
Das Deutsche Wörterbuch (DWB) darf als das unbestrittene Vorbild für die historisch ausgerichteten
Wörterbücher anderer Sprachnationen wie zum Beispiel das Oxford English Dictionary (OED) und das
Woordenboek der Nederlandsche Taal (WNT) gelten. Diese jüngeren Nationalwörterbücher sind aber
durch effizientere Planung zum Teil in wesentlich kürzerer Zeit bearbeitet worden und zeichnen sich
gegenüber ihrem Vorbild durch konzeptionelle Präzisierungen aus, die sich vor allem in einer
stringenteren Artikelstrukturierung niederschlagen. Im Rahmen der digitalen Neuausrichtung der
historischen Lexikographie ist zu fragen, ob ein im Vergleich eher diskursiv angelegtes Wörterbuch
wie das DWB in dieser Hinsicht noch als Orientierungsmaßstab in Frage kommt. Auf einer anderen
Ebene kann sich das DWB wie auch seine Neubearbeitung mehr denn je als zukunftsträchtig
erweisen. So stellt insbesondere die stark auf historische Zusammenhänge angelegte Darstellung
eine Besonderheit des DWB dar, mit der es sich von den Artikelstrukturen des OED und zum Teil auch
des WNT abhebt, die über eine geordnete Auflistung der historisch bezeugten Bedeutungspositionen
vielfach nicht hinausgehen. Vor diesem Hintergrund wird zu prüfen sein, welche Produktions- wie
Präsentationsformen am besten geeignet wären, diese Aspekte des DWB im digitalen Zeitalter
fruchtbar zu machen und im Sinn einer umfassenden Sprachforschung auszubauen.

Heiser, Ines (Marburg/Eltville)


Märchenonkel und/oder Gründerväter der Germanistik – die Brüder Grimm als
Unterrichtsgegenstand?
Grimms Märchen sind auch 200 Jahre nach ihrer Entstehung noch fest im kulturellen Gedächtnis
verankert. Weniger Aufmerksamkeit genießen dagegen ihre Sammler und Redaktoren: Jakob und
Wilhelm Grimm werden zwar von einem germanistischen Fachpublikum für ihre Leistungen als
Sprachwissenschaftler und ihre Verdienste um die Entstehung der Germanistik als wissenschaftlicher
Disziplin geschätzt – in Unterhaltungsindustrie und Populärkultur sind sie als Personen dagegen kaum
präsent.

Umso interessanter sind die Rezeptionszeugnisse, in denen die Grimms tatsächlich als Protagonisten
auftreten, wie Terry Gilliams Fantasyfilm „Brothers Grimm“ von 2005, in dem „Jake“ und „Will“ in
einer von viktorianischer Ästhetik geprägten Märchenwelt gegen eine Hexenkönigin kämpfen oder
Kai Meyers Romane „Die Geisterseher“ (1995) und „Die Winterprinzessin“ (1997), in denen sich das
Brüderpaar gleichfalls merkwürdigen und unheimlichen Ereignissen stellen muss. Diese
Rezeptionszeugnisse sollen daraufhin befragt werden, ob sich hier ein konsistentes Rezeptionsbild
ergibt und welche inhaltlichen Schwerpunkte dabei gesetzt werden. Im Anschluss daran ist zu
überlegen, inwiefern solche populären Grimmbearbeitungen für den schulischen Unterricht nutzbar
gemacht werden können: Die Auseinandersetzung mit den Brüdern Grimm als exemplarischen
Vertretern einer ersten Generation von Germanisten soll einen Blick auf grundsätzliches
Erkenntnisinteresse, Arbeitstechniken und Themenbereiche der Fachdisziplin „Deutsch/Germanistik“
ermöglichen.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Helduser, Urte (Marburg)


Von Zwergen und anderen ‚Missgestalten‘: Behinderung als Märchen
Zu den prominenten Figuren der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm zählen einige
‚Missgestalten‘: Zwerge wie das heimtückische Rumpelstilzchen, der kleine aber kluge Daumesdick
oder die skurrilen Schwestern Einäuglein, Zweiäuglein, Dreiäuglein dürften bis heute prägend für das
kulturelle Bewusstsein über körperliche Anomalien sein. ‚Behinderung‘ gilt als genrespezifisches
Motiv des Märchens. Statt um Verhandlungen ‚anthropologischer Konstanten‘ handelt es sich hierbei
um historisch spezifische Konstruktionen, die im Kontext des literarischen und wissenschaftlichen
Diskurses über „Missgeburten“ um 1800 stehen. Mit ihren KHM aktualisieren die Brüder Grimm
tradierte Zwerg- und Wechselbalg-Erzählungen und liefern Vorlagen, auf die z. B. auch die
Kunstmärchen Tiecks, E.T.A. Hoffmanns, Hauffs und anderer Bezug nehmen. Zugleich dürften die von
den Grimms geprägten Gestalten bis in die Populärkultur der Gegenwart nachgewirkt haben, wie die
subversive Bezugnahme auf „Missgeburten“ und Zwerge in Animationsfilmen wie Shrek (USA 2001)
oder zuletzt Gnomeo und Juliet (USA 2010) zeigt. Im Anschluss an die kulturwissenschaftlich disability
studies geht der Vortrag der Thematisierung von Behinderung und den Repräsentationen des
‚falschen Körpers‘ (Hagner) in den Grimmschen Kinder- und Hausmärchen nach und analysiert deren
Funktion für die Gattungsreflexion des Märchens.

Hernández, Isabel (Madrid/Spanien)


Bearbeitungen, Neuschreibungen und Übersetzungen – Die Märchen der Brüder Grimm im Verlag
Calleja
In der Romantik entstand in Europa ein gemeinsames Interesse für aller Art volkstümlicher
Ausdrucksformen, das in Spanien jedoch fehlt. Die Romantik kam mit großer Verspätung dahin, da
die von Ferdinand VII. nach dem Unabhängigkeitskrieg begonnene reaktionäre Herrschaft die
Aufnahme des neuen Gedankenguts verhinderte. So wurde Spanien nicht zur gleichen Zeit wie
andere europäische Länder von den Ideen der Romantik erfasst. Während in Deutschland die Brüder
Grimm ihre Märchensammlung veröffentlichten, bemühten sich die spanischen Autoren weiterhin,
die Kinder mit Texten ausgeprägt pädagogischer Natur zu belehren. Obschon einige der Märchen
übersetzt und in anonymer Form in Zeitungen und Wochenzeitschriften für Kinder veröffentlicht
wurden, ist die erste unvollständige Edition der Märchen der Brüder Grimm in spanischer Sprache
auf 1846 datiert. Erst dreißig Jahre später beginnt der Verlag Calleja mit der Herausgabe der
Grimmschen Märchen in zahlreichen populären Sammlungen, die mit Illustrationen versehen und zu
geringen Preisen herausgebracht werden. Eine detaillierte Analyse einiger Fassungen der Märchen,
die vom Verlag Calleja veröffentlicht wurden, veranschaulicht eine ganze Reihe von Verfahren der
Bearbeitung und mehr als überraschende Veränderungen, denen der Herausgeber die Originaltexte
unterwarf, mit dem einzigen Zweck, sie an den Erwartungshorizont des kindlichen Lesers im Spanien
jener Epoche zu adaptieren.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Homann, Yvonne (Mainz)


„Schneid’ dir dein Haar ab, Rapunzel!” Von der traditionellen Märchenfigur zum modernen
Märchen: Ein intermedialer Vergleich

Horváth, Géza (Szeged/Ungarn)


Die Brüder Grimm in Ungarn
Die unmittelbare Wirkung der Brüder Grimm in Ungarn begann aber viel früher, sie geht auf die 10-er
Jahre des 19. Jahrhunderts zurück: zehn Jahre nach der Erstausgabe des ersten Bandes der „Kinder-
und Hausmärchen” 1812 erschien 1822 in Wien die erste ungarische Märchensammlung mit dem
Titel „Märchen der Magyaren” von György Gaal (1783-1855), der von 1811 als Bibliothekar der
Fürstenfamilie Esterházy bis zu seinem Tod in der Kaiserstadt lebte. Gaal, der vermutlich der Wiener
Lesung von Jacob Grimm 1812 beigewohnt hat, betont die Grimmsche Märchensammlung als
Beispiel für seine Märchensammlung- und forschung.

Eine ähnliche Wirkung der Brüder Grimm lässt sich in der „Magyar Mythologia” (1854) (Ungarische
Mythologie) des späteren Bischofs von Grosswardei Arnold Ipolyi (1823-1886) nachvollziehen, der
Jacob Grimms „Deutsche Mythologie” (1835) als unmittelbares Vorbild seines Unternehmens
betrachtete und acht Jahre an seinem Werk arbeitete. Apolyis Kontrahent Antal Csengery, der
Apolyis „Ungarische Mythologie” heftig angriff, u.a., weil Apolyi die Daten, d.h. seine Quellen nicht
veröffentlichte, berief sich gerade auf die diesbezügliche Tätigkeit der Brüder Grimm. Apolyis
Mythologie war aber keine Nachahmung des Grimmschen Werks, er übernahm vielmehr die
Methode der historischen Rekonstruktion und versuchte in diesem Sinne die eigene Mythologie der
Ungarn zu erforschen.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Ilbrig, Cornelia (Frankfurt a. M.)


Juden und Schneider: zwei Stereotype und ihr Zusammentreffen im romantischen Märchen
Juden und Schneidern werden in der Sagen- und Märchenwelt seit dem Mittelalter meist negative
Eigenschaften zugeschrieben. Unter den Handwerkern ist es der Schneider, der am heftigsten
verspottet wird. Er gilt als schwach und feige und gleicht den fehlenden Mut durch Aufschneiderei
und List aus. Verschiedentlich treten Juden und Schneider in den Märchen gemeinsam als Zielscheibe
des Spott auf, so in „Die klare Sonne bringts an den Tag“ in Grimms Sammlung der Kinder- und
Hausmärchen, sowie in Brentanos „Märchen vom Schneider Siebentodt auf einen Schlag“ in den
Mährchen vom Rhein. Die schlimmste Schelte trifft zweifellos den Juden, der stets als betrügerisch,
geldgierig und geizig charakterisiert wird. Nicht selten wird er Opfer von Betrug und Gewalttaten,
ohne dass diese gesühnt werden. In Brentanos Märchen tritt der Jude stets als Inbegriff von
Hinterhältigkeit und Boshaftigkeit auf. Während die Bildung oder Verwendung von (Stereo)Typen
gattungsspezifisch für das Märchen ist, scheinen romantische Märchen – wenn auch in
unterschiedlichem Ausmaß –weiterhin durch eine kulturell-historische Kontextualisierung ihrer
Stoffe geprägt. Die gattungsspezifische Typenbildung im Märchen wird damit erweitert um eine
zeitspezifische Typenbildung, die berufsbezogen, ethnisch-religiös bezogen oder auch historisch
bezogen sein kann und möglicherweise u.a. einhergeht mit der nationalen Bewegung in Deutschland
nach der französischen Besetzung. Der Analyse der seit Jahrhunderten tradierten Stereotypen von
Juden und Schneidern, die diese zum Spottopfer der Gesellschaft werden ließen, folgt daher am
Beispiel ausgewählter Märchen der Grimms und von Brentano die Untersuchung, in welcher
Ausprägung und mit welchen Mitteln im romantischen Märchen die Stereotypenbildung von Juden
und Schneidern zeitspezifisch erweitert wird.

Ìmaz, Maria Carmen Alonso (Madrid/Spanien)


Analyse von verschiedenen Märchen der Brüder Grimm und ihrer Rezeption in hispanischen
volkskundlichen Märchen
Es wurde schon eine klare Beziehung zwischen dem literarischen Material aus volkstümlichen
Ursprung, das die Brüder Grimm zusammengefasst haben, und zahlreichen Märchen, die
jahrhundertlang in der spanischen und hispanischen, in der mündlichen und schriftlichen
Überlieferung verwurzelt sind. Wir haben uns auf die Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen
der Brüder Grimm von Bolte und Polívka (1913-1932) gestützt. Den handschriftlichen Exemplaren der
Brüder Grimm, die Bolte bekommen hat, addiert sich der Beitrag von Polívka, einem großen
Fachkenner der volkskundlichen Literatur Europas in deren ostslawischen, südöstlichen,
kaukasischen und mittelasiatischen Verzweigungen. Unsere Analyse bezieht sich auf die Aarne-
Thompson Klassifizierung des Märchens gemäß ausschließlich auf Zaubermärchen, legendenartige
Märchen und Märchen vom dummen Teufel/Riesen; auf diese Weise möchten wir die Rezeption
einiger Grimmscher Märchen in manchen hispanischen traditionellen Märchen bearbeiten, die im
Repertoire von Camarena und Chevalier Catálogo tipológico del cuento folklórico español (1995)
gesammelt sind. Wir möchten die bestehende historische Beziehung zwischen der deutschen und der
hispanischen Kultur beweisen, und zwar durch den Vergleich zwischen bestimmten deutschen
traditionellen Märchen aus der o.g. Brüder-Grimm Sammlung und ihren volkstümlichen Varianten in

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

den verschiedenen Sprachen der Iberischen Halbinsel - in spanischer, baskischer, katalanischer,


portugiesischer und galizischer Sprache.

Immer, Nikolas (Trier)


Leibspeisen. Zur Inszenierung und Funktionalisierung von Ernährung in den Kinder- und
Hausmärchen (1812/15)
Märchen sind Appetitanreger im doppelten Sinne. Zum einen animieren sie den Leser, den
Märchenhelden rezeptiv zu folgen, die ausziehen, um etwa ‚das Fürchten zu lernen‘. Zum anderen
entwerfen sie ein ausgreifendes Panorama unterschiedlichster Speiseszenarien, die vom
kulinarischen Genuss bis hin zur kannibalistischen Einverleibung reichen. Die strukturelle Bedeutung
des Ernährungsmotivs soll anhand ausgewählter Beispiele aus den Kinder- und Hausmärchen mit
Blick auf die narrative Anlage und die Figurenkonstellation untersucht werden. Dabei können vorab
vier zentrale Bedeutungsaspekte der märchenintern inszenierten Ernährungsformen unterschieden
werden: Verlockung, Erziehung, Warnung und Entartung.

Während das Schlaraffenland als repräsentativer Ort der Verlockung beschrieben wird,
vergegenwärtigt Der süße Brei, dass der Verlockung auch die Tendenz zur Bedrohung innewohnt.
Gleichzeitig ist die Ernährung wesentlich mit der Frage nach der ‚richtigen‘ Erziehung verbunden,
wenn in Das Waldhaus angemessenes altruistisches Verhalten mit der Zubereitung des Abendessens
verklammert wird. Schließlich sollen auch die Negativformen von Ernährung Berücksichtigung finden.
Während in Rotkäppchen die Warnung vor dem gefräßigen Wolf artikuliert wird, erweist sich die in
Der Okerlo ausgestellte und in Hänsel und Gretel thematisierte Anthropophagie als bestialische
Entartung von Ernährung.

Inoue, Seigo (Tokio/Japan)


Wenn Kinder eine Grenze zwischen zwei Welten überqueren – Engelbert Humperdincks „Hänsel
und Gretel“ als „Fantasie-Oper“
1. Die Entwicklung zur Oper:

Anfangs wurde „Hänsel und Gretel“ als eine Veranstaltung nur für eine Familie aufgeführt. Danach
hat sich dieses Spiel zur „Oper“ entwickelt. In diesem Prozess ist das Stück vom „kleinen Vergnügen
einer Familie“ zur „richtigen Oper für das deutsche Volk“ geworden.

2. Die Darstellung der Charaktere:

In der Oper ist Hänsel zuerst ein einfältiger Junge, aber in der eintretenden Krise spielt er eine
führende Rolle. Gretel ist klug, aber sie fürchtet sich vor der Krise. Diese Charakterisierung reflektiert
problematische Vorbilder der Männer und Frauen im 19. Jahrhundert.

3. Die Beschreibung zweier verschiedener Welten:

In der Musik dieser Oper können Zuschauer die Struktur des Fantasieromans verstehen, nämlich das
Hin und zurück von der „anderen Welt“. Bei der Szene des Kampfs zwischen Kindern und der Hexe
wird auch gezeigt, dass sich „zwei verschiedene Welten“ einander treffen.
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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Die Oper „Hänsel und Gretel“ hat eine neue Möglichkeit für Opern geöffnet, nämlich Kinder als
Protagonisten spielen zu lassen. Aus dieser neuen Idee wurde die Ausdrucksmethode der „Fantasie-
Literatur“ in der Musik dieser Oper gefunden.

Jamme, Christoph (Lüneburg)


Mythos und Märchen in der Romantik: Friedrich Schlegel

Jazbec, Saša (Maribor/Slowenien)


„Grimm-t“ es (noch) in Slowenien? Die internationale Rezeption sowie Wirkung der Grimm`schen
Märchen am Beispiel Sloweniens
Der Beitrag behandelt das Thema Rezeption von Märchen der Brüder Grimm in Slowenien aus
diachroner und synchroner Perspektive. Zunächst wird dargestellt, wann die Leser und Leserinnen in
Slowenien die Märchen der Brüder Grimm das erste Mal auf Slowenisch lesen konnten und wie die
Dynamik des Übersetzens der Märchen von ihren Anfängen bis heute war u.a.m.

Dem allgemeineren ersten Teil des Beitrags folgt ein zweiter Teil, in dem es um die aktuelle
Rezeption Grimmscher Märchen durch Leser verschiedenen Alters geht. Es werden empirische Daten
einer Umfrage präsentiert und mit den bibliothekarischen Angaben über die Ausleihfrequenz
ergänzt.

Der diachrone Blick sowie die aktuellen Daten ermöglichen einige Schlüsse zum Thema Rezeption
Grimm`scher Märchen in Slowenien. Es wird vermutet, dass sie als der sog. „Kanon auf der Ebene des
Zivilisationskreises“ ein fester Bestandteil des sog. familiären Kanons geworden sind und als solcher
auch an jüngere Generationen weiter vermittelt wird. Ferner wird angenommen, dass ein medialer
Wandel stattgefunden hat, in dem u. a. auch das durch die Grimmschen Märchen hervorgerufene
Märchenerzählen durch ein Vorlesen bzw. auditives oder audiovisuelles Vorspielen der Märchen
sowie ihrer Bearbeitungen ersetzt worden ist.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Joseph, Bose (Kerala/Indien)


Fairytales as Readings for Adults and Children: Its Therapeutic Effect
Fairy tales constitute the most profound articulation of the human struggle to form and maintain a
civilizing process. Fairy tales map out possible ways to attain happiness, to expose and resolve moral
conflicts that have deep roots in our species. This oral handing down from generation to generation
came long before the written page. The fairy tales were originally a form of adult entertainment that
were told at social gatherings, in spinning rooms, at fireside gatherings, fields, and other settings
where adults meet. Once the Brothers Grimm, the greatest tellers of fairy tales that ever lived,
started to collect the tales, they were transformed from entertainment for adults to diversion for
children, and in some ways, also an educational manual for children. Their stories were based around
everyday life and had magical touches. The Grimms saw old German literature as the repository of
valid truths concerning German culture. Therapists sometimes use fairy tales. Fairy tales make us
remember our childhood. They also help us see that we can realize our dreams and get past our fears
to move ahead; we find in fairy tales what is missing in our own lives. That enhances our sense of
creativity, one of the principal areas we need to work on to alleviate depression. So fairy tales have a
way of removing misery and sadness and taking our thinking to positive levels.

Kämper, Heidrun (Mannheim)


Gesellschaft – Sprache – Wissenschaft. Ethische Grundkonzepte Jacob und Wilhelm Grimms als
Volksphilologen
Der Beitrag stellt einen Zusammenhang her zwischen den ethisch-moralischen Prinzipien, die Jacob
und Wilhelm als gesellschaftliche bzw. politische Akteure und als Wissenschaftler geleitet haben.

Es wird nachvollzogen, dass aufgeklärt ethisch-moralische Kategorien (wie Gerechtigkeit, Freiheit,


Einheit, Gleichberechtigung) nicht nur in persönlichen oder auf ihr gesellschaftliches Handeln
bezogenen Texten eine Legitimationsgrundlage darstellen, sondern auch Leitprinzip der
wissenschaftlichen Arbeit sind.

Unter diesen Voraussetzungen werden die gesellschaftliche und die wissenschaftliche Dimension der
Biografie von Jacob und Wilhelm Grimm enggeführt. Im Sinn der Rekonstruktion von
Analogiebeziehungen versucht der Beitrag damit, einen Zusammenhang zwischen dem
Gesellschaftsbezug und dem wissenschaftlichen Denken Jacob und Wilhelm Grimms als
Handlungsbereiche desselben liberalen, aufgeklärten und ethisch motivierten Konzepts, das ihr
Selbstverständnis prägt, darzustellen. Dass dabei die Brüder nicht als Einheit, ja womöglich als
Gegensätze zu verstehen sind, ist ein Obligo der Untersuchung.

Historisch eingelassen, fragt der Vortrag insofern auch nach den sprachlichen Repräsentationen einer
ethisch-moralischen Konzeption, die sich womöglich als eine Wissenschaftskonzeption des 19.
Jahrhunderts generalisieren lässt.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Kling, Burkhard (Steinau)


Künstlerillustrationen zu den Märchen der Brüder Grimm im 20. Jahrhundert
Zahlreiche bildende Künstler des 20. Jahrhunderts haben sich mit den Märchen der Brüder Grimm
auseinandergesetzt. Einige führen die Traditionen der Illustration im 19. Jahrhundert fort. Andere
Künstler versuchen, neue und eigene Wege zu gehen. Dies soll hier genauer betrachtet werden und
drei sehr unterschiedliche Künstler genauer untersucht werden.
Interessant ist es, dass der Expressionismus kaum Motive der Grimmschen Märchen aufgreift. Da ist
es umso bemerkenswerter, dass der Berliner Verleger Bruno Cassirer, der sich für den
Expressionismus stark machte, für seine 1918 begründete bibliophile Reihe „Das Märchenbuch“ Max
Slevogt (1868 – 1932) gewinnen konnte, auch wenn dessen Bildwelt keine genuin expressive Aussage
hat. Slevogt fertigte Lithografien an, die trotz ihres skizzenhaften Charakters in der Strukturierung der
Zeichnung beeindrucken. Er wahrte die Balance zwischen der Drastik in der Darstellung und dem
Humor der Geschichten und verstand es auch, mit Initialen und Buchschmuck seine
Märchenillustrationen zu akzentuieren. Slevogt bleibt aber immer einer traditionellen Bilderwelt
verpflichtet.
Die plakativen Holzschnittfolgen von Walther Klemm (1885 – 1957), die zu drei Märchen der Brüder
Grimm im Weimar der 1920er Jahre entstanden sind, versuchen besonders emotionale und
bewegende Momente der Märchen in eine Bildfolge zu stellen. Klemm schafft so Illustrationen, die
als einzelne Motive stehen können, nie aber das Märchen, dem sie entstammen verleugnen.
Ganz anders ist es bei den 39 Radierungen zu sechs Märchen der Brüder Grimm, die David Hockney
(geb. 1936) geschaffen hat. Er sieht die Märchen der Brüder Grimm als Teil einer uralten und
traditionellen europäischen Kulturgeschichte an und versucht, die Texte bildhaft in alte und neue
Zusammenhänge zu stellen, zitiert niederländische und oberrheinische Madonnendarstellungen, die
italienische Renaissance, die deutsche Romantik und zeitgenössische Kunstströmungen und zeigt die
Märchen ganz neu und einzigartig als Vexierbilder der Kulturgeschichte. Obwohl Hockney bewusst
den Bezug zu den Texten sieht und bei der Edition der Radierungen großen Wert darauf legt, hier
sind 39 völlig eigenständige Kunstwerke entstanden.
Die Entwicklung der Illustration von Grimmschen Märchen bei Bildenden Künstlern zeigt so im 20.
Jahrhundert eine deutliche Veränderung und Akzentuierung bestimmter Aspekte im Märchen, vor
allem aber eine Emanzipierung des Bildes auf.

Knoop ,Christine und Thomas Nehrlich (Berlin)


Grimm im Experiment
Im Projekt „Wie Wunder wirken“ am Cluster „Languages of Emotion“ der FU Berlin führt eine
interdisziplinäre Arbeitsgruppe aus Literaturwissenschaftlern und Experimentalpsychologen eine
Studie zur Wahrnehmung von Wundern bei der Lektüre von Märchen durch, die von zwei
Erkenntnisinteressen geleitet ist:

1) Welchen Einfluss hat die Ontologie des Märchens, in der im Sinne Jolles’ das Wunder zur Norm
wird, auf die Verarbeitung wunderbarer Phänomene in der Lektüre?

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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2) Wie wirkt sich die Emotionsstruktur des Märchens auf die Wahrnehmung der Wunder aus bzw.
trägt die bipolare Emotionalität (Gut gegen Böse) zur Abmilderung oder Verstärkung der
Verwunderung bei?

Unsere experimentalpsychologischen Ergebnisse können für die literaturwissenschaftliche


Märchenforschung fruchtbar gemacht werden. Insbesondere sollen zwei Hypothesen vorgestellt
werden:

1) Die Phänomene des Wunderbaren in den Grimmschen Märchen lassen sich nach bestimmten
Strukturprinzipien klassifizieren.

2) Die Grimmschen Märchen sind geprägt von einer emotionalen Codierung, die kaum explizite
Emotionswörter verwendet. Die von uns ausgewertete psychologische Forschung stellt fest, dass sich
Intensität und Qualität emotionaler Kontexte auf die Verarbeitung kontraintuitiver Phänomene
auswirken. Wir postulieren, dass dies für die Verarbeitung von Wundern in den Grimmschen
Märchen in ganz spezifischer Form gilt: Da trotz des Verzichts auf Emotionswörter durch die
genreeigene Semantik bestimmte Begriffe und Figuren emotional codiert sind, ist im
‚Märchenmodus‘ auch ohne explizite Nennung von Emotionen ein affektiver Kontext gegeben, der
die kognitive Verarbeitung beeinflusst.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Kolago, Lech (Warschau/Polen)


Das Ballett ‚Schneewittchen und die sieben Zwerge‘ von Bogdan Pawłowski (Musik), Witold
Borkowski und Stanisław Piotrowski (Libretto) nach dem Märchen ‘Schneewittchen‘ von den
Brüdern Grimm
Das Märchen ‘Schneewittchen’ ist zum wesentlichen Bestandteil der literarischen Kultur Europas,
und zwar sowohl in der mündlichen als auch in der schriftlichen Überlieferung geworden. Es ist das
am häufigsten nachgedruckte, gern und oft zum Libretto bearbeitete, meist übersetzte Grimmsche
Märchen. Die Ursachen des enormen Erfolges dieses und mancher anderer Märchen sind u.a. in den
politischen und sozialen Veränderungen in der Gesellschaft zu sehen. Einerseits die Sehnsucht nach
einer gerechten Welt, andererseits aber die Popularisierung der Lesefertigkeit in den Familien, die
mit der Entdeckung des Kinderstuben-Phänomens in Verbindung steht. Die Märchen bleiben zwar
eine Konstante, können aber ihre Gestalten ‚amöbenhaft wechseln’, deswegen werden sie gern auf
der Bühne als Märchenoper, als Vertonung eines Kunstmärchens oder – in diesem Fall - als
Märchenballett präsentiert. Das Grimmsche Märchen ‘Schneewittchen’ wurde eben als Textvorlage
für das gleichnamige Ballett verwendet. Deutsche Märchen werden in polnischer Übersetzung oft
von drastischen und derben Inhalten befreit. Die Übersetzer neigten nicht zum einfachen
Fantasieren, zum Abrunden oder Ausschmücken, sondern entfernten oft bei den Übersetzungen
manche Fragmente des Märchens. In dem Beitrag wird der Versuch unternommen, zu zeigen, wie
das Original für die Zwecke des Balletts umgestaltet wurde, wie der Librettist mit dem Originalstoff
umgegangen ist, was wurde aus dem Original übernommen oder weggelassen. Als empirisches
Material für die Untersuchungen gilt das Libretto des Balletts in polnischer Sprache, das ich ins
Deutsche übertragen habe.

Konuma, Akio (Tokio/Japan)


Gold, Geld und Währung in Grimms Märchen. Historische Wirklichkeit in der Volkssage?
Dieser Vortrag wird das Geld in KHM thematisieren. Beobachtet werden die verschiedenen
Geldbegriffe in allen Geschichten in allen Editionen vom KHM, wobei wir folgenden drei Begriffe
behandeln: Gold, Geld und Währung. Das Gold taucht eher als das Symbol von der Schönheit oder
weltlicher Wert in Märchen auf, während die Nutzung vom Wort „Geld“ enger auf das Mittel für
Tauschen oder Leben beschränkt wird. Von der Nutzung von verschiedenen Währungen in KHM
könnte folgende drei Charakteristika genannt werden: Erstens, die Währungseinheiten sind oft im
konkreten Kontext benutzt werden. Zweitens, nur die frühneuzeitlichen Währungssorten werden
dort beobachtet, wie Taler, Groschen oder Kreuzer. Und als Letztes sind diese Währungen in
Märchen sehr verschieden und werden nicht systematisch miteinander verknüpft wie modernes
Währungssystem. Berücksichtigt wird deshalb folgende Punkten: Wie schätzt Grimms Märchen das
Gold und das Geld ein und wovon geht das Werturteil zurück? Von Brüder Grimm, von den Erzählern
oder dem Märchen selbst? Und spiegelt die Zustände um das Geld im Märchen die wirtschaftliche
Wirklichkeit der Gesellschaft vom Ende des 18 Jahrhunderts bis zum Anfang 19. Jahrhundert, wo die
Brüder Grimm und ihre Erzähler gelebt haben? Um diese Fragen nachzugehen, untersuchen wir den
ganzen Text vom KHM und vergleichen wir den Text mit dem Währungsstand und der alltäglichen
Wirtschaftslage der Grimms Zeit.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Köppe, Walter (Betty’s Bay/Südafrika)


Wilhelm Bleeks „Specimens of Bushman Folklore“: Aufzeichnungen zur Erkundung der Seelenlage
eines vom Untergang bedrohten Volkes oder: Wege nationaler Mythenforschung im südlichen
Afrika
Die Sammlung mündlich übermittelter Bilder und Mythen aus der Lebenswelt der San durch Wilhelm
Bleek und Lucy Lloyd in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kann in ihrer Bedeutung für die
Erkundung der Seelenlage eines bereits damals vom Untergang bedrohten Volkes den „Kinder- und
Hausmärchen“ der Brüder Grimm in vielen Hinsichten gleichgestellt werden.

Die Einbettung der Grimmschen Sammlung in die Nationalgeschichte der Deutschen findet seine
Entsprechung in der Aufnahme der San-Kultur in die Heraldik des demokratisierten südafrikanischen
Staatswesens. In gleicher Weise gehören beide Sammlungen oraler Traditionen heute zu den
gewichtigen Textkorpora einer Archäologie der weit in die Zeit zurückreichenden Befindlichkeiten der
menschlichen Seele. Sie philologisch-historiographisch auszuloten, bleibt, unter verschiedenen
Vorzeichen, weiterhin Desiderat für die Moderne. Der Vortrag geht kurz auf die
wissenschaftsgeschichtlichen Vorgaben ein und versucht dann intertextuell einen Einblick in die
Mythenwelt der San zu vermitteln.

Korneeva, Tatiana (Berlin)


Persecuted Maidens and Transvestism in the Grimms’ Kinder- und Hausmärchen
In order to escape from sexual abuse or incestuous passions (Allerleirauh and Princessin Mäusehaut),
to avoid enforced marriages (Die heilige Frau Kummernis, 157a), or to participate in the male realm,
numerous fairy-tale heroines disguise their gender and behave like transvestite saints. It is thus
interesting to investigate the cross-dressing motif in the Grimms’ tales and the medieval texts that
inspired them. More specifically, I am interested in how transvestism is used to define female
identities, both sexually and socially. Clearly, the narratives of female cross-dressing betray a desire
to acknowledge or create models of female heroism and Christian perfection in women. However,
transvestism itself is an ambiguous practice, since it reveals, to echo Judith Butler, the
constructedness of gender categories and a dissatisfaction with the limited possibilities of social
roles. In my contribute, I wish to explore why the Brothers Grimm adopted these highly equivocal
models of sanctity and gender transgression in their didactic and conservative tales as well as in
Deutsche Sagen. Do their transvestite heroines unwittingly disrupt and question the social order,
hence revealing cultural anxiety about women’s roles, or do they instead reinforce a strict gender
hierarchy once their heroines reassume their female identity?

By addressing these questions, I hope to provide new insights into the representation and treatment
of the feminine in the Grimms’ Kinder- und Hausmärchen during the half-century of their editorial
history, as well as into the development of Western attitudes towards female transvestism and
sexuality.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Korte, Hermann (Siegen)


Die Moderne als unheimlicher Raum. Zur Austreibung des Wunderbaren und Märchenhaften in
E.T.A. Hoffmanns Erzählung "Das öde Haus"

Im Unterschied zum „Goldenen Topf“, einem der bekanntesten Paradigmen des sog. Kunstmärchens,
wird E. T. A. Hoffmanns Erzählung „Das öde Haus“ kaum in die Nähe zum Märchen gebracht. Dabei
lässt sich eine ganze Reihe von Märchenelementen finden: Der Bogen reicht vom Zauberspiegel über
Ring, Diamant, Kristall und wunderlichen Stimmen bis hin zu einem merkwürdigen Alten, einer Hexe,
zwei entführten bzw. vertauschten Kindern bis hin zu einer Zigeunerin, die so plötzlich auftaucht wie
sie wieder verschwindet. Der Vortrag geht der Frage nach, mit welchen Strategien und
Konsequenzen Hoffmann die verdichteten Märchen-Elemente in einen Erzählzusammenhang
einbindet, der das Märchenhafte und Wunderbare zunächst in den Kontext von Spuk- und
Schauergeschichten und zuletzt in einen unheimlichen, von Flaneuren, Medizinern und Grafen
bevölkerten Großstadtraum stellt. Alles Märchenhafte weicht schließlich einer geheimnisvollen,
bedrückenden Szenerie, welcher der Protagonist entflieht und in der die moderne Welt der
Metropole als eine undurchschaubare, bedrohliche Gegenwart aufscheint.

Körte, Mona (Berlin)


Vom Eigensinn der Dinge in Märchen der Brüder Grimm
Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (KHM) weisen in ihren verschiedenen Auflagen eine
Fülle an Zauber- und Alltagsdingen auf, die durch einen spezifischen Eigensinn gekennzeichnet sind.
Im 19. Jahrhundert, das gerne als das Säkulum der Dinge bezeichnet wird, erhalten die KHM den
Status von Aushandlungsorten, in welchen sich der Zusammenhang von Mensch und Ding als ein
System „undurchschaubarer Beziehungsgeschichten“ organisiert. Denn Dinge sondern sich nicht erst
seit der von Friedrich Theodor Vischer geprägten Formel von der „Tücke des Objekts“ (1878) ab, um
aufsässig und ein wenig gegen den Menschen zu existieren, sie entfalten ihr Störpotenzial bereits in
Märchentexten um 1800. Zwar dienen sie den literarischen Figuren durchaus als Hilfsmittel/magische
Objekte, versagen jedoch des Öfteren in dieser Funktion, indem sie ihren Dienst aufkündigen, ihn
sabotieren oder gar torpedieren. Nicht selten hat dies Auswirkungen auf den narrativen
Zusammenhang der KHM, da die Dinge ihren Objektstatus verlieren, sich ihrer Rolle als Accessoire
und Werkzeug entledigen und (wie in dem Märchen Herr Korbes) zu Akteuren, zu Abenteurern, zu
Subjekten werden: „Das Ding“, so heißt es in Michael Niehaus’ Buch über wandernde Dinge, ist
gleichsam „als Subjekt der Geschichte mehr als nur Objekt und gehört [...] nur sich selbst“. Es ist „auf
rätselhafte Weise mehr als das, was die Figuren in den Geschichten mit ihm anstellen und was es für
sie bedeutet“.

Die KHM der Brüder Grimm bilden eine reichhaltige literarische Quelle dinglichen Eigensinns, deren
deutlichste Manifestation in der Verrückung des Dings vom Objekt zum Subjekt liegt. Bei näherem
Hinsehen affiziert die komplizierte Überlieferungsgeschichte der KHM, die sich gleichsam blind zur
europäischen Märchentradition verhält, auch die erzählten Dinge, genauer die Frage nach ihrem Ein-
oder Ausschluss, ihrem Vermögen und ihrer Handlungsmacht. In den KHM, so die im Vortrag zu
entfaltende These, treten Dinge als Verstehensproblem auf gleich mehreren Ebenen auf, die es in der
genauen Analyse einiger Märchen zu bestimmen gilt.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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20.12.2012 an der Universität Kassel

Kurwinkel, Tobias (Bremen)


Märchenhafte Medientexte – mediale Märchentexte. Wie Dreamworks' SHREK-Tetralogie die
Kinder- und Hausmärchen adaptiert und weiterschreibt
Shrek ist ein Oger, ein menschenähnlicher Unhold also, der in William Steigs gleichnamigem
Bilderbuch verschiedene Aufgabe lösen muss, um am Ende eine „most repulsive“ Prinzessin heiraten
zu können. Der Weg des Protagonisten durch eine mittelalterlich gezeichnete Welt ist gesäumt von
sprechenden Tieren, Hexen, magischen Requisiten – und anderen Märchenmerkmalen.

Die US-amerikanischen Filmadaptionen, die mit FÜR IMMER SHREK im Sommer 2010 einen Abschluss
finden, adaptieren die verschiedenen Märchenmerkmale des Prätexts von Steig, ergänzen die
Filmtexte aber um weitere und integrieren vor allem Märchentexte der Kinder- und Hausmärchen
wie u. a. Aschenputtel, Die Bremer Stadtmusikanten, Dornröschen oder Sneewittchen.

Der Beitrag will zeigen, wie die computeranimierte Tetralogie von Dreamworks die einzelnen
Märchentexte filmisch adaptiert, als Zitat, Montage und Parodie postmodern aktualisiert und die
Märchen der Brüder Grimm damit weiterschreibt.

Langner, Paul Martin (Kraków/Polen)


„… so nehme der Richter jenen bei der Hand …”. Performative Elemente in den städtischen
Gewohnheitsrechten des Spätmittelalters.
Das „Wicbelde“ (das städtische Gewohnheitsrecht) der Stadt Havelberg (s.a. Görlitz 1306; Kraków
1308; u. ö.) enthält mehrere Abschnitte, in denen Rechtshandeln als prozessualer Ablauf beschrieben
wird. Insbesondere bei der gerichtlichen Einweisung zu städtischem Grundbesitz und bei der Wahl
der Ratsmänner werden performative Elemente greifbar, die im Vortrag erläutert werden sollen. Es
wird dabei deutlich, dass sich die Verfahren, mit denen die Rechtsfragen im städtischen Raum
geregelt wurden, teilweise an kirchlichen Mustern orientierten, die ihrerseits für städtische Belange
umgedeutet wurden. Mit diesen Feststellungen wird einerseits die Sinnlichkeit des mittelalterlichen
Rechts bestätigt, wie sie Jacob Grimm in der ersten Ausgabe der Rechtsbücher von 1828 postulierte.
Zugleich wird aber andererseits seine Position, vor allem das städtische Recht auf der Grundlage von
heidnischem Brauchtum zu sehen (Antrittsvorlesung, 1841), in Frage gestellt. Auch die Betonung der
Einvernehmlichkeit mittelalterlichen Städter und ihre Unabhängigkeit von der Kirche und dem mit ihr
verbundenen Recht sind vor der Folie der historischen Bedingungen des 19. Jahrhunderts
verständlich, stellt gleichfalls eine unzulässige Projektion dar.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Lauer, Bernhard (Kassel)


Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm nach 200 Jahren (1812-2012). Anmerkungen zu
ihrer weltweiten Rezeption. (mit Lichtbildern)

Lipóczi, Sarolta (Kecskemét/Ungarn)


Die Bedeutung, Wirkung und Rezeption der deutschen Philologen, Jacob und Wilhelm Grimm in
Ungarn
Der Jahrestag der Veröffentlichung der Kinder und Hausmärchen der Brüder Grimm ist ein Anlass, die
Bedeutung, die Rolle, die Wirkung und Rezeption von Jacob und Wilhelm Grimm, der zwei
bedeutenden Persönlichkeiten der deutschen Philologie, im ungarischen Raum zu untersuchen.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, auf Grund von Untersuchungen und mit Hilfe von Analysen zum
Gesamtbild der internationalen Wirkung und Rezeption der Märchen der Brüder Grimm sowie ihrer
philologischen Tätigkeit von der Seite der ungarischen Literaturforschung mit neuen
Forschungsergebnissen beizutragen.

Im Rahmen des Beitrags wird zunächst der Stand der Grimm-Forschung in Ungarn festgestellt und auf
Grund einer Auswahl aus der Sekundärliteratur die Bedeutung der zwei großen Philologen in der
ungarischen Literatur zusammengefasst. Ein wichtiger Punkt der Forschung ist, welche Impulse die
Brüder Grimm der ungarischen Märchenforschung gegeben haben.

In Ungarn wurden die Kinder- und Hausmärchen (1-2 Bände) zum ersten Mal im Jahre 1861
veröffentlicht. Im Beitrag wird auch die Ausgabengeschichte der Kinder- und Hausmärchen in Ungarn
vorgestellt, sowie ungarische Übersetzungen bzw. Adaptation von ausgewählten Grimm Märchen
analysiert.

Als Zusammenfassung wird das Grimm-Bild aus heutiger Sicht der ungarischen Literatur gewürdigt
und der ungarischen Grimm-Forschung können weitere Impulse gegeben werden.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Lorenzen ,Malte (Bielefeld)


Rezeption und Wirkung der Kinder- und Hausmärchen in der bürgerlichen deutschen
Jugendbewegung
Die bürgerliche deutsche Jugendbewegung, insbesondere der Wandervogel, schrieb sich selbst als
bedeutende kulturelle Leistung die Wiederentdeckung und Wiederbelebung des Volksliedes zu. Ihren
bekanntesten, auch in der Forschung immer wieder gewürdigten Ausdruck findet die in den
Jugendbünden gepflegte Begeisterung für das Volkslied im 1909 von Hans Breuer herausgegebenen
Zupfgeigenhansl. Die in der Jugendbewegung gepflegte Sammlertätigkeit wurde selbstbewusst
verglichen mit derjenigen Arnims und Brentanos für Des Knaben Wunderhorn. Weniger bekannt als
diese Aktivitäten sind hieran anschließende Bemühungen um das Volksmärchen. In den Zeitschriften
der Jugendbewegung lassen sich zahlreiche Aufrufe finden, es den Brüdern Grimm gleichzutun und
auf den Wanderungen dem „Volk“ seine Märchen abzulauschen. In den entsprechenden Artikeln
wird nicht nur deutlich, dass es gerade die Bekanntheit mit den Kinder- und Hausmärchen ist, die die
Jugendbewegung in diese Richtung lenkt, sondern auch, dass den Volksmärchen der gleiche hohe
Stellenwert eingeräumt wird wie dem Volkslied und dem Volkstanz.

Der Vortrag wird sich Rezeption, Wertung und Wirkung sowohl der Brüder Grimm und ihres
Märchenbuches als auch des Volksmärchens insgesamt in der deutschen Jugendbewegung widmen.
Dabei wird sich zeigen, dass es gerade die kulturkritischen Intentionen Jacob und Wilhelm Grimms
waren, die in der Jugendbewegung aufgegriffen wurden und ihren Niederschlag nicht zuletzt in der
Tradierung bestimmter Rezeptionsmuster fanden.

Lu, Xia (Chengdu/China)


Zhou Gui-Sheng: Vorläufer in der Übersetzungsgeschichte von Grimms Märchen
Grimmsche Märchen wurden schon im Jahr 1902 zum ersten Mal ins Chinesische übersetzt. Der
Pionier, der grimmsche Märchen nach China einführte, nannte sich Zhou Gui-Sheng(周桂笙). Er
war auch der Erste, der chinesischen Kindern und Jugendlichen ausländische Sagen und Märchen
vorstellte, darunter eben die grimmschen Volksmärchen im Verein mit Kunstmärchen Andersens und
Hoffmanns.

Zu Zhou´s Zeit, Anfang des 20. Jahrhunderts, hatten die Chinesen keinerlei Begriff von Kinderliteratur,
es gab auch keine speziellen Literaturgenres bzw. Literatur für Kinder. Deswegen betraten die
Übersetzungen Grimmscher Märchen in China Neuland. Wegen des großen Einflusses der Lehren des
Konfuzius auf die chinesische Gesellschaft waren die Literaten schon längst daran gewöhnt, dass an
Büchern das Wichtigste der Aspekt der Erziehung war. Phantasie, Fröhlichkeit oder ähnliches spielten
bei Büchern keine wichtige Rolle. Deswegen hielten sich die Übersetzungen grimmscher Märchen
aber weiterhin an überkommende Wertvorstellungen.

In der Zhou´s Übersetzung grimmscher Märchen gibt es deswegen viele Besonderheiten, wie seine
Interpretationen im Anschluss an Märchen; seine anerkennenswerte Übersetzungsweise, nämlich die
von ihm benutzte Sprache sowie die, Direktübersetzung‘ etc. Zhou´s erste Vorstellung grimmscher
Märchen in China war bahnbrechend. Er nahm auch deshalb unbestritten in der
Kinderliteraturgeschichte Chinas einen entscheidenden Platz ein.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Lundt, Bea (Flensburg)


Rotkäppchen im Urwald? Der Einfluss der Grimmschen Märchensammlungen in Westafrika, am
Beispiel Ghanas
Missionare und Kolonialbeamte führten die Grimmschen Sammlungen in die Kolonien ein, die durch
orale Erzähltraditionen geprägt waren. Am Beispiel des westafrikanischen Landes Ghana möchte ich
die ambivalente Situation

beschreiben: zum einen gilt es, den Lektürekanon zu „afrikanisieren“, indem eigene kulturelle
Traditionen verschriftlicht werden, zum anderen entwickelt sich aber auch ein neuer Umgang mit
den Überlieferungen aus der deutschen Kolonialzeit, zumal die neuen Medien die Lesegewohnheiten
transformieren. Zunächst möchte ich Kinder- und Jugendbücher sowie Unterrichtswerke vorstellen:
Wie werden die Märchen- und Sagenstoffe der Grimmschen Sammlungen in Ghana präsentiert und
adaptiert? Um zweitens Antworten auf Fragen nach der aktiven Rezeption zu erhalten, führe ich
Befragungen mit Kindern sowie Lehrern und Lehrerinnen, aber auch mit Verlegern durch. Gibt es
neben der Schriftgestalt der Überlieferung auch andere, orale Wege der Tradierung der Grimmschen
Werke, sodass das Medium „Buch“ quasi übersprungen wird durch andere Medien, etwa das
allgegenwärtige mobile phone? Gibt es also so etwas wie eine postmoderne Re-Oralisierung der
Grimmschen Märchen? In einem dritten Teil möchte ich die Kontroverse in Ghana über den
eurozentristischen Gehalt dieser Texte beleuchten. Wird das „deutsche“ Werk der Grimms in der
Wahrnehmung durch einen anderen Kontinent quasi europäisiert?

Maierhofer, Waltraud (Iowa/USA)


"Wer ist die Schönste im ganzen Land?" Mit Terry Gilliams Brothers Grimm im Fantasie-Wald der
Geschlechterrollen
Mein Beitrag setzt sich mit einem neueren Produkt der globalen medialen Umsetzung des 'cultural
icon' Brüder Grimm und den von ihnen gesammelten und popularisierten Märchen auseinander,
nämlich dem Film Brothers Grimm des britischen Regisseurs Terry Gilliam (USA, Tschechien, 2005).

Brother Grimm beansprucht nicht, die Geschichte von Jakob und Wilhelm Grimm zu erzählen. In
diesem Fantasyfilm ziehen sie vielmehr als “Jake” und “Will” durchs Land und sammeln keine
Märchen, sondern lassen sich dafür bezahlen, mit allerlei mechanischen Tricks den Spuk zu
vertreiben, an den die Menschen glauben, bis sie selbst in einen Zauberwald und in die Hände einer
blutrünstigen Hexe geraten. Bei Gefahr für ihr Leben sind sie mit der unmöglich scheinenden Aufgabe
konfrontiert, das Rätsel zu lösen, warum in einem Dorf junge Mädchen verschwinden.

Die Handlung und vor allem die Geschlechterrollen, die bei meiner Analyse den Schwerpunkt bilden
werden, bleiben leider konventionell. Die Grimms bewegen sich in diesem Film in einer Welt von
Spezialeffekten und wunderbarer Ausstattung, die die globalen Zuschauer von Fantasy-Filmen freilich
nunmehr erwarten. Dabei werden allerdings, wie ich im Anschluss an Susan Cahill aufzeigen werde,
binäre Geschlechterrollen und das restriktive Frauenbild vieler Märchen fortgeschrieben.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Mattenklott, Gundel (Berlin)


Märchen-Inszenierungen auf der Bilderbuchbühne
In der Geschichte des Bilderbuchs zeichnen sich die letzten drei Jahrzehnte als Phase eines
umfassenden Modernisierungsprozesses ab: Traditionelle Einschränkungen in der Bildgestaltung, in
Stoffen und Inhalten verlieren ihre Gültigkeit. Adressaten sind nicht mehr in erster Linie die Kinder im
Kindergartenalter, vielmehr reicht das Alter des vom Bilderbuch angesprochenen Publikums über die
Grundschulkinder und Jugendlichen bis zu den Erwachsenen. Das Bilderbuch adaptiert Bildsprachen
der Gegenwartskunst, es wird zu einem intermedialen Genre neben anderen.

Dieser Modernisierungsprozess wirkt auch in den Bilderbüchern, die traditionelle, kanonische Texte,
allen voran die Märchen der Brüder Grimm, wie auf einer Theaterbühne neu inszenieren, sie
aktualisieren und interpretieren. Im Vergleich verschiedener Bilderbücher zu einem Märchen werden
solche Interpretationen herausgearbeitet, und es wird ihr literaturtheoretischer, ästhetischer,
psychologischer und pädagogischer Bezugsrahmen ermittelt. Ihre je individuelle Bildsprache wird als
Beitrag zur Rezeptionsgeschichte des jeweiligen Märchens auf ihren spezifischen Erkenntnisgewinn
oder auch -verlust hin untersucht.

Maximino dos Santos, Adriana (São José/Brasilien)


Die Kinder- und Hausmärchen in Brasilien: über die verschiedenen Übersetzungsarten
In Brasilien hatte Kinder- und Hausmärchen (1812, 1815) von Jakob und Wilhelm Grimm großen
Einfluss auf die Bildung der brasilianischen Kinderliteratur (Coelho, 2000). Sie kamen nach Brasilien
durch die Übersetzung der ausgewählten Märchen und es gibt bislang keine Übersetzung des
gesamten Werks nach Volobuef (2011). Dieser Beitrag zielt auf die Analyse der zahlreichen
Rezeptionsweisen der Kinder- und Hausmärchen in der brasilianischen Kultur. Diese fand durch
verschiedene Übersetzungsarten statt. Die angewendete Methode in dieser Studie umfasst die
komparatistische Analyse (O’Sullivan, 2006) von Übersetzungen ins Portugiesische bezüglich der
geschichtlichen, sozialen und kulturellen Hintergründe. Die Ergebnisse weisen darauf, dass
ursprünglich die Kinder- und Hausmärchen mit hoch sprachlicher Komplexität intersprachlich und
wörtlich übersetzt wurden (Jakobson, 1959). Nach der literarischen Bewegung für die Entstehung der
brasilianischen Literatur am Anfang des 20. Jahrhunderts bekommen die Grimm-Märchen
Übersetzungen der Kultur angepasst und die intrasprachlich durchgeführt wurden (Jakobson, 1959).
Seit dieser Zeit kommt die Intertextualität als eine Art zur Rezeption der Grimms Werke vor (Trusen,
2006). Hier werden die Märchen in den Erzählungen von brasilianischen Autoren von Kinder- und
Jugendliteratur eingesetzt und neu erzählt.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Mecklenburg, Michael (Berlin/Kassel)


Märchenhaft! Zur Wortgeschichte eines sagenhaften Begriffs.
Wer im „Deutschen Universalwörterbuch“ der Duden-Redaktion (4. Aufl. 2001) den Eintrag
„märchenhaft“ aufschlägt findet eine klare Zweiteilung in eine die Märchen im eigentlichen Sinne
betreffende Bedeutung – „von der Art eines Märchens, für Märchen charakteristisch“ – und eine
übertragene, in sich selber ausdifferenzierte Bedeutung, die auf das in Märchen erscheinende
Übernatürliche zurückgeht: „a) zauberhaft schön“, „b) unvorstellbar in seinem Ausmaß, seiner Art“,
„c) überaus, in unvorstellbarem Ausmaß“ (S. 1050). Der Unterschied zwischen b) und c) ist nach
Auffassung der Duden-Redaktion ein umgangssprachlich emotionaler Ausdruck für etwas
Angenehmes (b) gegenüber einer reinen Verstärkungsfunktion bei Adjektiven (c). Besonders auffällig
ist m.E., dass für b) und c) außerdem jeweils dasselbe Synonym angeboten wird, nämlich
„sagenhaft“. Schlagen wir eben diesen Eintrag nach, stoßen wir auf einen fast identischen Artikel, nur
dass es sich dort bei der ersten Bedeutung dann um die Sage handelt.

Doch ein Märchen ist keine Sage. Oder doch? Zumindest in der deutschen Sprechergemeinschaft
scheint dies so zu sein, wenn es um das Adjektiv/Adverb geht. Und so wird hier unversehens ein
Problem aufgeworfen, das gerade für eine märchenhafte Tagung von großer Relevanz ist und dem
sich der geplante Beitrag widmen möchte: Was eigentlich bedeutet „märchenhaft“ und woher
stammt der Ausdruck? Wann wird er erstmals benutzt und wie hat sich seine Verwendungsweise
verändert? Was ist der Unterschied zwischen 'sagenhaft' und 'märchenhaft'? Fragen, die sich nicht
umfänglich werden beantworten lassen, aber eine erste Skizze sollte doch möglich sein. Dabei geht
es zunächst um das nicht mehr produktive Ableitungs-Suffix -haft und um die Wortgeschichte von
(mhd.) maere, auf das unser Wort 'Märchen' zurückgeht. Zu untersuchen wäre dann, in welchen
Kontexten der Ausdruck 'märchenhaft' erstmals auftaucht, insbesondere die Verwendung bei den
Romantikern und den Grimms wäre hier wichtig, denn der Eintrag im „Deutschen Wörterbuch“ ist
reichlich knapp und führt nur karge Belegstellen bei Goethe und Heine an. Von dort aus wäre zu
unterscheiden zwischen der Verwendung in germanistischer Fachterminologie und einer
umgangssprachlichen Bedeutung. Wohin dies in beiden Untersuchungssträngen führen kann zeigt
hier die immer noch virulente Debatte um die 'märchenhafte Dietrichepik' oder die Märchenmotive
im Artusroman und dort eine kurze Google-Abfrage, die uns unter anderem Chanels neue „Rosé- und
Pinktöne“ für die Wintersaison unter der Überschrift „Märchenhaft“ offeriert.

Angestrebt ist eine wort- und kulturgeschichtliche Skizze, die im Rahmen der internationalen Grimm-
Tagung den ursprünglichen Gegenstand wieder explizit ins Bewusstsein rücken und deutlich machen
soll, in welcher Weise die Märchensammlung der Grimms auch indirekt bis heute Wissenschaft,
Kultur und Sprache beeinflusst.

Messerli, Alfred (Zürich/Schweiz)


Die Kinder- und Hausmärchen der Grimms und Giambattista Basiles Pentamerone (1634–1636)
Bedeutung und Wertschätzung Giambattista Basiles durch die Brüder Grimm kann nicht überschätzt
werden. Im Kommentarband zu den KHM von 1822 schreiben sie, diese Märchensammlung sei
„wirklich unter allen, die bei irgend einem Volk veranstaltet worden, die beste und rechhaltigste.“

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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(Grimm/Grimm 1822, 277).Diese Wertschätzung zeigt sich schon in den Kommentaren der 1. Auflage
von 1812/1815. Der Kommentarband von 1822 bringt

zudem ausführliche Zusammenfassungen aller 50 Märchen Basiles (ebd., 281–369) und eine
synoptische Auflistung von 32 Märchen und den entsprechenden KHM-Texten (ebd., 370–371). Diese
umfangreichen Zusammenfassungen entfallen in der 3. Auflage der Anmerkungen von 1856, da in
der Zwischenzeit (1846) die erste vollständige Übersetzung auf Deutsch von Felix Liebrecht (mit
einem Vorwort von Jacob Grimm) erschienen ist. Das Referat will darlegen, wie Basiles
Märchensammlung zu einem Paradigma des Genres Märchen bzw. der „Gattung Grimm“ (André
Jolles) werden konnte und die Grimms zugleich hinführte zu einem komparatistischen
Forschungsansatz.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Messner, Rudolph (Kassel)


Die Grausamkeit der Märchen
 Formen von Aggression und Gewalt in den Grimmschen Märchen (Beschreibung der
Erscheinungsformen; evtl. vergleichende Hinweise auf die Volksmärchen anderer
Kulturkreisen, z.B. arabische oder indianische Märchen); evtl. verborgene strukturelle Gewalt
in Märchen
 Woher stammt die „Grausamkeit“ in den Grimmschen Märchen? (u.a. Blick auf die
mittelalterliche Straf- und Erziehungspraxis)
 Rezeption der „Märchengewalt“ seit dem Erscheinen der Grimmschen KHM; Einfluss auf die
die Textauswahl und -bearbeitung (bes. durch Wilhelm Grimm)
 Fragmente zum Für und Wider in der Einschätzung der Märchengrausamkeit von der
Romantik bis zur Gegenwart
 Stichworte zur pädagogischen Diskussion über „Sinn“ und Unsinn von Märchengrausamkeit
(evtl. spezifiziert am Beispiel der „bösen Hexe“ und ihrer Vernichtung in „Hänsel und Gretel“
unter den Aspekten: Ambivalenz des Sachverhalts, Wahrnehmung durch Kinder, Erlaubtheit?
Wie mit dem gesellschaftlich belasteten Fanal der Hexenverbrennung umgehen? Überhaupt:
Wie das Problem mit Kindern (und Jugendlichen?) bearbeiten?

Michulka, Dorota (Wroclaw/Polen)


Grimm's Hans My Hedgehog and Katarzyna Kotowska's Jeż [Hedgehog] as Stories About “Fada”
Children (Children of Fairies) and “Taming” Through Love.
Grimm's fairy tale titled Hans My Hedgehog and Kotowska's story titled simply Hedgehog (Polish Jeż )
about an adopted boy may both be described, from the perspective of psychoanalysis, as
psychotherapeutic fables (B. Bettelheim, Z. Freud). Protagonists in both of the stories are unadjusted
psychologically, lost children, searching for security and emotions. The symbolism of a child–animal,
full of spines, is clear in both stories (Grimm’s and Kotowska’s); it means the isolation and fear of the
outside world. Both of the stories are concerned with the problem of acceptance, self-confidence
and “taming” through love. Kotowska's poetic fable about overcoming barriers between a child and
its parents corresponds to the image of a happy family, assumes the perspectives of understanding
and naming the “Other's” feelings, and of resolving differences between children and adults. In
Grimm's fairy tale, the plot is based on the protagonist's actions with emphasis on the theme of
rejection and re-acceptance. Protagonists of both stories, as children-animals, struggling with their
otherness, are active in their fight and when they lose their spines, they win love.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Moering, Renate (Wiesbaden)


Die Golem-Sage bei Jacob Grimm und Achim von Arnim. Mit unbekannten Handschriften Arnims
Die Entstehung der Sage vom Golem - von einer einzigen Erwähnung dieses hebräischen Wortes im
Alten Testament über mittelalterliche jüdische geheime Anweisungen zur Herstellung eines
künstlichen Menschen - ist sehr komplex. Erst mit der Rezeption durch deutschsprachige christliche
Literatur nähert sich der Stoff zunehmend der Form einer Sage. Jacob Grimms Vorlage ist, wie
Textvergleiche zeigen, Wilhelm Ernst Tentzels Werk "Monatliche Unterredungen". Grimm isoliert
erstmals die in Polen angesiedelte Geschichte und gibt ihr so die Form einer Sage. Anreger für diese
Niederschrift war Achim von Arnim, der den Text in seine "Zeitung für Einsiedler" (Nr. 7, 23.4.1808)
aufnahm. Sie erschien dort in dem Zyklus "Von der Nachahmung des Heiligen"; dazu eignete sich der
Golem-Stoff besonders, in welchem die Imitation des Schöpfungswerks misslingt. Die Druckfehler in
den hebräischen Wörtern notierte sich Arnim auf einem Blatt.

Mit der Sagenform befasste sich Jacob Grimm damals auch theoretisch ("Zeitung für Einsiedler", Nr.
19). Seinem Begriff der Naturpoesie widersprach Arnim in einer Fußnote. Als er im Dezember 1808
bei den Brüdern Grimm zu Gast, erfragte er auch die Quelle der Golem-Sage, wie sich einem
Notizblatt seiner Hand entnehmen lässt. In künstlerischer Freiheit nahm Arnim diesen künstlichen
Menschen 1812 in seine Erzählung "Isabella von Ägypten" auf. Der Golem ist dort eine weibliche
Doppelgängerfigur zur Heldin, "Golem Bella" genannt. - Jacob Grimm und Achim von Arnim, die sich
in ihren Theorien zur Bearbeitung alter Stoffe sonst nicht einigen konnten, sieht man hier
vorübergehend zusammenarbeiten.

Mountaki, Argyro E. (Athen/Griechenland)


Johann Georg von Hahn: der erste Märchensammler in Griechenland auf den Spuren der Aspekte
der Brüder Grimm
Dieser Vortrag befasst sich mit der Wirkung der Brüder Grimm auf dem ersten Märchensammler in
Griechenland. Der erste Märchensammler des 19. Jahrhunderts in Griechenland war der
österreichische Konsulat Johann Georg von Hahn (1811-1869). J.G. von Hahn hatte eine
Märchensammlung in Leipzig im Jahre 1864 mit dem Titel „Griechische und albanesische Märchen“
veröffentlicht. Kern dieses Vortrags ist zu erforschen, in welchem Grade Hahn sich im Rahmen einer
romantischen Forschung und Auslegung der Volksmärchen auf den Spuren der Aspekte der Brüder
Grimm bewegte. Wie Brüder Grimm suchte er auch nach der Abstammung der Märchen und
versuchte er ihre Ideen in Bezug auf die indogermanische Abstammung der Märchen zu bestätigen.
Er hatte Märchen aus verschiedenen Orten in Griechenland gesammelt und auf Deutsch übersetzt.
J.G. von Hahn hatte auch die Idee unterstützt, dass die Märchen aus den antiken Mythen stammen.
Rezipienten der Arbeit Hahns waren die deutschen Wissenschaftler und Forscher, unter anderem die
Brüder Grimm. Das zeigt eine kurze Korrespondenz zwischen Hahn und Wilhelm Grimm. Zuletzt wird
ein Vergleich mancher Märchen zwischen dem Original in der griechischen Sprache und ihrer
Übersetzung von Hahn in der deutschen Sprache vorgelegt. Zweck dieses Teils ist die Änderungen,
die Hahn im Originaltext vorgenommen hat, zu erforschen und die Gründe dafür festzustellen.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Müller, Sonja (Frankfurt a. M.)


Die Grimmschen KHM in der literaturpädagogischen Diskussion der 1950er und 1960er Jahre
In den 1950er und 1960er Jahren spielen in den literaturpädagogischen Diskussionen Märchen in
mehrfacher Hinsicht eine Rolle.

So wird in Rückgriff auf die zeitgenössische Entwicklungspsychologie und auf Ansätze aus der
Lesealtertheorie das Märchenalter konstituierend für eine eigenständige Lesestufe. Die Märchenwelt
gilt als die ureigenste Welt des Kindes. Das Genre erscheint daher besonders kindgemäß für 4-
7jährige Leser. Viele KHM erfüllen zudem die literarästhetischen Forderungen nach Einfachheit und
Geschlossenheit in Form, Sprache und Inhalt, die an das sog. "gute Jugendbuch" gestellt werden.
Darüber hinaus ist das Märchen Ausgangspunkt für erste Definitionsversuche der phantastischen
Kindergeschichte.

Die in der literaturpädagogischen Diskussion vertretenen Konzepte zum Märchen sollen im Rahmen
des geplanten Vortrags vorgestellt und auf ihre Tragfähigkeit hin überprüft werden.

Mit dem Paradigmenwechsel um 1968/69 verändert sich in der literaturpädagogischen Diskussion


nicht nur die Bedeutung, die der phantastischen Erzählweise zugeschrieben wird, sondern auch die
generelle Haltung zum Märchengenre. Durch neue Vorstellungen von Erziehung und Entwicklung,
Kindheitsbild und Kindgemäßheit sowie einer geänderten Literaturauffassung gerät das Märchen in
die Kritik. Diesen Phänomenen will sich der Vortrag in seinem Schlussteil widmen.

Murayama, Isamitsu (Kyoto/Japan)


„Märchenwelt und ‚rechte Landschaft‘ – das Poesiekonzept der Brüder Grimm und das
Kunstkonzept von Philipp Otto Runge im Vergleich
In der ‚Grimm-Forschung‘ ist Philipp Otto Runge schon lange ein Begriff. Er trug nicht nur mit zwei
plattdeutschen Märchen zur Grimmschen Märchensammlung bei, sondern wirkte auch sowohl mit
seinem schlichten Erzählton als auch mit seiner Farbenlehre maßgeblich auf die Märchengestaltung
der Brüder Grimm ein. Doch ein Blick auf einen anderen Aspekt der Beziehung zwischen Runge und
den Brüdern Grimm könnte sogar neuen Aufschluss über die Konfiguration der Gedankenwelt der
Grimms eröffnen: die bildliche und geistige Affinität von Runge und den Brüdern Grimm im Gebrauch
bestimmter Bildmotive.

Runge wie die Grimms bedienen sich Denkfiguren wie Pflanzen, Kinder, Frauen, Himmelsgewölbe,
Kreisläufe in der Natur usw. Sie fungieren als Symbole für ‚Natürlichkeit‘, ‚Ursprünglichkeit‘,
‚Reinheit‘ sowie ‚Ganzheit‘. Neben der Affinität der Motive ist auch eine strukturelle Verwandtschaft
zwischen den beiden zu konstatieren. Runges Kupferstiche „Vier Zeiten“, die den Grimms vertraut
waren, haben eine dreiteilige Struktur: das Binnenbild, das Rahmenbild und der Außenraum. Auch in
der Sammlung „Kinder- und Hausmärchen“ lassen sich drei Sphären finden: die Naivität der
Märchenlandschaft, die wissenschaftliche sowie sentimentalische Reflexion und die Gegenwart der
Rezipienten.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Durch den analysierenden Vergleich der von Runge und den Brüdern Grimm gewählten Bildmotive
und der Gedankenwelt, die sie repräsentieren, wird auch die geschichtsphilosophisch orientierte
Kindheitsutopie um 1800 beleuchtet.

Müürsepp, Mare (Tallinn/Estland)


Grimm's Fairy Tales in Estonian School
Two aspects will be treated in the paper: (1) historical overview to the presentation of Grimm's fairy
tales in Estonian textbooks, and (2) empirical study of reception of Grimm's fairy tales by the pupils in
different age.

During the 19th century the Estonian book production has been influenced by German literature, and
the first examples of fairy tales translated and adapted from Grimm's fairy tales belong to the 19th
century, like “Jänese ja siili võidujooks...” (Der Hase und der Igel) in 1858 und “Punamütsike”
(Rotkäppchen) und “Tuhkatrull” (Aschenputtel) in 1895. Although other cultural influences were
more important during different periods of the 20the century, the fairy tales by J. and W. Grimm are
popular both in family reading and in school programs.

The empirical part of the work focuses on 4 fairy tales: “Vaim pudelis” (Der Geist im Glas),
“Rapuntsel” (Rapunzel), “Surm vaderiks” (Der Gewatter Tod), “Truu Johannes” (Der Treue Johannes).
These were introduced to the pupils of different grades. The study summarizes children's responses,
reflecting their understanding of the role of different characters and their relations. Especially the
theme of death inspired the researchers to look for pupil’s attitude towards the solution of the story.

Neubauer-Petzold, Ruth (Nürnberg)


„der lose zusammenhang des rettbaren“. Die Deutsche Mythologie von Jacob Grimm zwischen
Universalisierung und Aktualisierung
Jacob Grimm will in seiner dreibändigen Darstellung der Deutschen Mythologie ab 1835 die
Aktualität der alten Mythen in der Gegenwart, in den „volkssagen und kindermärchen, spiele[n],
sprüche[n], flüche[n], unverstandene[n] tag- und monatsnamen und redensarten“, so die Vorrede,
erforschen. Damit wird seine rekonstruierte Mythologie zu einem Artefakt nationaler
Erinnerungskultur. Neben der Analyse der Werkkonstitution soll diese von zeitgenössischen
Mythensammlungen abgegrenzt werden, wie der 1791 von Karl Philipp Moritz erschienenen
Götterlehre, die dezidiert als zeitlose „Sprache der Phantasie“ gedeutet und vergegenwärtigt wird.

Grimms wissenschaftlicher Anspruch und seine philologischen Thesen stehen in direkter Konkurrenz
zu einer ‚neuen Mythologie’ der Romantiker und der Künstler des 19. Jahrhundert, die Grimms
Mythologie mit dem enzyklopädischen Kommentarbandes begeistert rezipieren und diese zu einer
neuen nationalen Mythologie umwandeln, die sich gegen die griechisch-römische Antike absetzen
will.

Jacob Grimms mythische Überhöhung, ja eine subtile Allgegenwart des Mythischen in der
Rekonstruktion einer „gründliche[n] urgemeinschaft der europäischen völker“ ist ein Dokumente der
Konstituierung der Geisteswissenschaften. Aber es zeigt auch eine „ideologische Anfälligkeit“ (S.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Martus), die mit dieser kulturellen und politischen Erneuerung mit wissenschaftlichen Mitteln
einhergeht und somit auch ein Zeugnis der politischen Umbruchzeiten der ersten Hälfte des 19.
Jahrhundert darstellt.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Niemeyer, Christin (Caen/Frankreich)


Zwischen Magie und Propaganda – DEFA-Verfilmungen von Märchen der Brüder Grimm
Märchenadaptionen spielten im ostdeutschen Kino von Beginn an eine sehr wichtige Rolle. Nach
intensiven Debatten wurde Anfang der 1950er Jahre die bis dahin gängige Ansicht, Märchen seien
„eine der geistigen Quellen faschistischen Ungeists“ zurückgewiesen. Man kam gar überein, dass
insbesondere Adaptionen von „Volksmärchen“, sofern sie hinsichtlich ihres historischen Inhalts
einer „progressiven Interpretation“ unterzogen würden, einen wichtigen Beitrag dazu leisten
können, Kinder zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ heranzubilden. So entstanden zwischen 1946
und 1990 „39 traditionelle Märchenfilme“ in den DEFA-Studios, 21 davon nach Märchen der
Brüder Grimm.
In ihrer je unterschiedlichen Behandlung des Märchenstoffes spiegeln sich in diesen Filmen
Entwicklungen der DDR-Kulturpolitik wider. Umsetzung oder Ignorierung der “progressiven
Interpretation“ reflektieren die Situation und politische Implikation der DEFA-Filmemacher zur
Zeit der Entstehung des Films, aber auch die besonderen Möglichkeiten im Kinderfilmschaffen der
DEFA.
In meinem Vortrag möchte ich exemplarisch drei Märchenfilme der DEFA, die auf Märchen der
Brüder Grimm basieren, vorstellen. Dabei soll in einem ersten Teil zu den ideologischen Prämissen
der DEFA-Märchenfilmproduktion auch die Frage, warum gerade Grimmsche Märchen oft als
Vorlagen für DEFA-Kinderfilme dienten, Beachtung finden. Ein zweiter, eher kulturhistorisch
angelegter Teil soll zeigen, inwiefern sich die aktuelle Kulturpolitik der DDR in die
Märchenhandlung der Filme einschrieb.

Nishiguchi, Hiroko (Senshu/Japan)


Zur Geschichte der Illustrationen zu den Kinder- und Hausmärchen in Japan, Schwerpunkt um 1900
Die Rezeption der Kinder- und Hausmärchen (KHM) in Japan wurden bisher ausführlich untersucht.
Dabei standen die Texte im Mittelpunkt und die Illustrationen wurden meistens nicht thematisiert,
obwohl gerade sie signifikante Merkmale aufweisen, die zum Einen das rezeptionsgeschichtliche und
rezeptionsästhetische Potenzial der Texte erhellen und zum Anderen relevante Einblicke in die
Fremdkultur Japans und dessen Aneignungsprozess westlicher Kultur gestatten.

Die Geschichte der KHM-Rezeption in Japan beginnt erst nach 1868. In den frühen Übersetzungen
findet man nicht nur in Texten, sondern auch in den Illustrationen viele Modifikationen gegenüber
dem Ursprungstext. Wegen der ca. 200-jährigen Abschottung Japans von der westlichen Welt fehlten
Kenntnisse vom Ausland. Dies machte nach der Öffnung des Landes die Begegnungen mit den
westlichen Kulturen ausgesprochen spannend; außerdem war das Verlangen nach westlichem
Wissen groß. Folglich entstanden sowohl im technischen als auch im kulturellen Bereich viele
Übersetzungen. Die Fremdheit der westlichen Welt machte etliche Veränderungen erforderlich, um
dem japanischen Publikum wenigstens annähernd eine Vorstellung von den Inhalten der fremden
Welt vermitteln zu können. Dies kann man am Umgang mit dem Text erkennen, sichtbarer wird es
aber noch in den Illustrationen.

Die Rezeptionsgeschichte der KHM in Japan lässt sich anhand der Bilder wohl aus einer neuen Sicht
analysieren.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Oesterle, Günther (Gießen)


Das Spiel von Enthüllen und Verhüllen, von simulatio und dissimulatio in den Kinder- und
Hausmärchen der Brüder Grimm
Die Grimmschen Märchen beziehen sich, wenn auch auf verdeckte Weise, auf französische Vorläufer,
u.a. Perrault. Diese französischen Märchen sind im Unterschied zu anderen Gattungen populärer Art
in der Aufklärung hochartifiziell, schriftverwiesen und ironisch. Die Grimmschen Märchen machen im
erklärten Gegenzug einen Versuch der Reoralisierung: das heißt sie sind hergestellte, das Naive
inszenierende Märchen. Mein Beitrag geht diesen Simulations- und Dissimulationstechniken nach.
Die historisch-kritische Philologie hat nachgewiesen, dass die Brüder Grimm über die
verschiedensten Strategien der Verstellung und Täuschung verfügen – erinnert sei an ihre
Behauptung, die von ihnen erarbeiteten Märchen wären echt deutsch, speziell „hessisch“, altes
mündliches Volksgut, obwohl sie zu siebzig Prozent aus Büchern, der Rest größtenteils von
hugenottisch-französisch erzogenen Frauen stammten. Die philologische Aufklärung der
Täuschungsmanöver der Brüder Grimm gilt es zu ergänzen durch eine Kulturpoetik, die in der Lage
ist, nach der Entmystifizierung der Grimmschen Märchen als Nicht-Volksmärchen ihre Einzig- und
Großartigkeit in einer komplexen Kreuzung ästhetisch, theologisch und präethnologisch inspirierter
simulatio-dissimulatio-Verfahren zu erweisen. Das Grimmsche Buchmärchen und das romantische
Kunstmärchen beziehen sich beide auf ein wissenspoetisch organisiertes Mythenmodell und beide
bedienen ein Ironiekonzept – freilich in je unterschiedlicher Ausrichtung.

Oesterle, Ingrid (Gießen)


Zeit-Zeiten-Erinnerung in Märchen Goethes und der Frühromantiker
Um 1800 ändert sich die kulturelle Konstruktion geschichtlicher Zeit.Während die Grimmschen
Märchen in einem zeitlosen Raum erzählt erscheinen(obwohl in einem der berühmten Märchen sich
eins der Geislein in einem Uhrenkasten versteckt hält)entfalten die sogenannten Kunstmärchen
Göthes und der Romantiker dieses moderne Zeitlichkeitsphänomen.Sie nutzen das
komplexerwerden der Zeit in verschiedene Vergangenheiten und Zukünfte, um sich gegenüber der
historischen Gegenwart kritisch zu positionieren.Indem sie die Möglichkeiten erzählter Zeit
ausschreiben, erproben sie neuartige Erzählweisen.Dadurch erhält die Erinnerung formal und
inhaltlich neue erzählerische Aufgaben,sei es in der Arabeske(Goethe),im Schock der
Wiedererinnerung(Tieck) oder in visionärer Zukunftsverheißung(Novalis).

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Oetken, Mareile (Oldenburg)


Manga goes Märchen
Die weltweit verbreitete Gepflogenheit der Fortschriften teilt der Manga mit den Märchen der
Brüder Grimm. Grimms Märchen funktionieren als Manga (Kei Ishiyama 2007) deshalb nicht nur als
Vermittler der Kulturen erstaunlich gut. Auch der Medienwechsel gelingt durch die hochgradig
kodifizierte Sprache der Manga und die weitgehende Transparenz seiner Bildelemente, die ein
wortwörtliches Lesen befördert, in Korrespondenz zur formelhaften Sprache der Märchen und der
Eindimensionalität ihrer Wirklichkeitswahrnehmung.

Für ihre Manga-Märchenadaption entschied sich Kei Ishiyama für eine sehr eigenständige Form der
Bearbeitung, die jedoch die Wiedererkennbarkeit der Märchen trotz weitreichender Veränderungen
des Plots und der Aufbrechung der Flächenhaftigkeit der Figurenanlagen aufrechterhält. Ergiebig
erscheint darüber hinaus die vergleichende Betrachtung der Mangas von Ishiyama mit einem 2011
erschienen Sonderband Grimms Manga, für den acht Mangaka aus unterschiedlichen Nationen in
Anlehnung an Ishiyama weitere Märchen der Brüder Grimm als Manga gestalteten. Zu fragen ist auch
hier zunächst nach den Transportgewinnen und –verlusten der Märchenerzählungen als Manga.
Doch bietet sich neben der Analyse der intermedialen Wechsel der Märchen als Manga auch eine
intramediale Betrachtung des Werks der japanischen Mangaka in der Bearbeitung internationaler
Zeichnerinnen.

Ono, Hisako (Tokio/Japan)


Lebenskontinuität und Wald- bzw. Naturauffassung bei den Brüdern Grimm. Unter besonderer
Berücksichtigung der Vorrede zu Altdeutschen Wäldern
Dieser Vortrag setzt sich erstens das Ziel, den Poesie- bzw. den Naturpoesiebegriff der Brüder
Grimm, besonders von Jacob Grimm unter dem Gesichtspunkt des zentralen Begriffs der „Beziehung
auf das Leben“ oder „Lebenskontinuität“ in der Vorrede zu Altdeutschen Wäldern (1813) und seinen
Zusammenhang mit der Waldsymbolik zu präzisieren.

Die Idee, dass Naturpoesie „unschuldig“ gegenüber Neuer- bzw. Kunstpoesie bleibe und für das
„Sichvonselbstmachen“ gehalten werde, wurde z. B. von A.W. Schlegel, der Naturpoesie als das von
einzelnen Gelehrten Gedichtete betrachtete, kritisiert. Eine solche „tausendmalige wiedererstehung“
verglich Jacob Grimm in der Vorrede mit einem leicht und lebendig fortfahrenden Schiff, das „eigene
Tugend“ bzw. eigene innere Kraft hat. Dieses Wesentliche der Poesie nannte er „fülle der
sprachlebendigkeit“, die „sich zwischen der ursprache und den heutigen mundarten bewegt“.

Dass es in den Forschungen der Brüder Grimm um „das Natürliche“, „das Poetische“, „das
Altertümliche“, „das Nibelungische“, „das Deutsche“ und „das Einheimische“ geht, wobei vegetative
Begriffe wie Wald eine große Rolle spielen, stellte die Vortragende bereits in ihren anderen Werken
fest. Dieses Ergebnis berücksichtigend wird hier zweitens eine Betrachtungsmöglichkeit des Wald-

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Bildes in den Grimmschen Texten wie Kinder- und Hausmärchen, Deutsche Sagen und Deutsche
Mythologie aus ökologischer Perspektive vorgeschlagen.

Ostmeier, Dorothee (Eugene/USA)


Politik des Wunderbaren: Nationale Identität und Utopie in ausgewählten Werken der Brüder
Grimm
Die Diskussion der Grimmschen Konzeptionen der „Poesie“ und ihrer literarischen, philosophischen,
politischen und juristischen Konnotationen platziert das utopisch politische Potential der
Märchensammlungen in das Zentrum der Debatte um ihren Modernismus. Das Konzept der „Poesie“
soll im Kontext der Grimmschen Werke verfolgt und als synkretistische Antwort auf andere
romantische Philosophien gelesen werden. Ich konzentriere mich auf die Analyse metaphorischer
und ideologischer Analogien, die das Vorwort zur Märchensammlung, mit Märchenplots und ihren
Bildern, mit biographischen Texten und juristischen Reflektionen verbinden. Die verschiedenen
Textgenres und Kontexte deuten da-rauf hin, dass die Schriften der Grimms nicht mit dem Makel
ideologischer Einseitigkeit behaftet sind, und sie zum Beispiel nicht nur die Rationalität
zivilisatorischer Moderne kritisieren, sondern sie auch propagieren. Die Grimmsche „Poesie“
assoziiert Politik und Magie, Rationalität und Irrationalität. Die Analyse ergibt, dass die Grimms nicht
nur gegen die Dekadenz und Rationalität der Kultur französischer Besatzer protestieren, sondern
auch rationale Mittel zur Produktion von Gerechtigkeit zulassen. Moderne und Antimoderne arbeiten
hier zusammen. Dieser Ansatz lädt zur Erweiterung der Idee des Fantastischen ein, wie sie von
Todorov entwickelt wurde.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Pagkalos, Ioannis (Thessaloniki/Griechenland)


Die Übersetzungen der grimmschen Märchen im Griechenland des 19. Jahrhunderts: Einbürgerung,
Pädagogisierung und die Aporien einer kinderliterarischen Romantik
Märchen der Brüder Grimm werden in Griechenland spät, erst 1886 zum ersten Mal in einer
autonomen Ausgabe für den Schulgebrauch übersetzt. In den nächsten Jahren erscheinen
ausgewählte Märchen der grimmschen Sammlung auch in weiteren Ausgaben, die demselben
pädagogischen Zweck verpflichtet sind. In allen diesen Übersetzungen erfolgen Eingriffe in die Texte,
was Stil und Inhalt betrifft, die vom oben genannten Ziel abhängig sind. Dazu kommt noch ihre
Anpassung an die griechischen kulturellen Gegebenheiten, den Trend der starken „Einbürgerung“
fortsetzend, der dem ganzen griechischen 19. Jahrhundert eigen ist. Der Vortrag untersucht die
Übersetzungen der grimmschen Märchen unter diesen zwei Gesichtspunkten (Pädagogisierung und
Einbürgerung) und verdeutlicht die Transformationen der Quellentexte anhand von konkreten
Beispielen. Darüber hinaus weist der späte Zeitpunkt ihrer Übertragung auf das Ausbleiben einer
kinderliterarischen Romantik in Griechenland hin. So bieten sie einen idealen Ansatzpunkt für
Arbeitshypothesen bezüglich der Periodisierung der griechischen Kinderliteratur im 19. Jahrhundert–
eine Aufgabe die immer noch Desiderat der Forschung bleibt. Von den Kinder- und Hausmärchen
ausgehend wird also in einem zweiten Schritt der Versuch unternommen– vermittels einer
kontrastiven Annäherung– dieser Problematik näher zu kommen.

Perrot, Jean (Paris/Frankreich)


The Grimm Brothers Riddling Global Comparativism :On Womans’s intelligence and enigmas
Where do the Grimm Brothers stand within the literary field of globalized literature ? How can we
appreciate their treatment of social, esthetical and folkloristic issues ? Adopting a contextualist
philosophy, we will claim that the meaning of their tales depends on the context of international
reception, as « Knowledge ascriptions are context sensitive » (Shaffer and Szabo, 2011). And the
actual context of tales to-day is not merely national cultures and books, but the Web. And so a global
comparativistic view of the Brothers Grimm’s literary achievement will be assessed through a
comparison of one of their tales with the variations on similar motives in different countries and
languages. That is why we have chosen to investigate the Brothers Grimm’s treatment of riddles in «
Die kluge Bauerntochter » (Tale 875 in the Aarne-Thompson classification), famous for the enigmas
set by a young intelligent and witty peasant girl, who wins a husband in the affair. The purpose of this
research is to show how the images of this young woman’s powerful personality are typically original
within the matrilineal and patrilineal sets of portraits provided by other societies in their delineation
of an ideally feminine character. The ultimate aim will be to stress the significant features bringing
out the Brothers Grimm‘s specificity in the use of metaphors, riddles and qualifications of their
heroin and to bring out a minute delineation of the German story-tellers’ style and approach of the
subject.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Pieciul-Karminska, Eliza (Posen [Poznań] /Polen)


Wer hat Angst vor den Brüdern Grimm? Kinder- und Hausmärchen in polnischen Übersetzungen
Die Übersetzungs- und Rezeptionsgeschichte der Kinder- und Hausmärchen in Polen kann nicht mit
rein literaturwissenschaftlichen Begriffen beschrieben werden, denn sie unterlag auch politischen,
didaktischen und weltanschaulichen Bedingungen. Die schwierige deutsch-polnische Geschichte
beeinflusste beträchtlich die Übersetzungs- und Veröffentlichungspolitik der KHM im 19. und 20.
Jahrhundert. In polnischer Sprache gibt es viele Übersetzungen einzelner Märchen, die aus
übersetzungswissenschaftlicher Sicht vielmehr als Bearbeitungen anzusehen sind, in denen
wesentliche Merkmale der Grimm’schen Märchen verändert wurden. Ein anderes interessantes
Merkmal der polnischen Rezeption ist die Abwesenheit vieler populären Märchen:
„Rumpelstilzchen“, „Der Froschkönig“ oder „Frau Holle“ sind kaum bekannt. Im Jahr 2010 erschien
die neue kritische Übersetzung der Grimm’schen Märchensammlung in polnischer Sprache. Als
Übersetzerin dieser Ausgabe möchte ich in meinem Vortrag über Ziele, Methoden und Probleme der
neuen polnischen Übersetzung der KHM berichten. Auch soll die Reaktion der polnischen Leser näher
untersucht werden, die die Märchen der Brüder Grimm nach wie vor für „grausam und blutig“
halten. Beispielsweise hat man in einer überregionalen Tageszeitung die neue Übersetzung der KHM
zu den 10 kontroversesten Kinderbüchern gezählt.

Pohl, Corinna A. (Berlin)


König Schneiderlein und der Sozialismus. Die Grimmschen Märchenverfilmungen der DEFA
In den fünfundvierzig Jahren ihres Bestehens (1946 – 1989) verfilmte die Deutsche Film AG (DEFA),
mehr als fünfundzwanzig Märchen nach Vorlagen der Brüder Grimm. Eine dramaturgische
Bearbeitung der Märchenstoffe war bei der Transformation in das Medium Film nicht zu vermeiden,
denn ein Text von manchmal kaum zwei Seiten bedarf einiger Zutaten um in Spielfilmlänge zu
überzeugen. Doch Filme sind mehr als ihre Handlung, sie sind vor allem eine Aneinanderreihung von
bewegten Bildern, die als solche Forschungsobjekte der Kunst- und Bildwissenschaften sind.

Für die künstlerische Übersetzung literarischer Vorlagen in Bilder, für die Gestaltung des
Handlungsraums Märchenland sind beim Film vor allem die Szenenbildner oder Set Designer
verantwortlich. Die ikonographische Analyse zeigt, dass trotz mitunter recht freier inhaltlicher
Bearbeitung die Bildsprache der DEFA-Märchenfilme meist der Romantik und damit der
Entstehungszeit der Grimmschen Märchensammlung verpflichtet ist. Die DEFA-Mitarbeiter schufen
und perpetuierten eine Ikonologie des Märchenhaften, die eng verbunden ist mit den Bildideen der
Romantik.

Der Vortrag möchte anhand weniger DEFA-Märchenfilme zeigen wie Grimmsche Märchenvorlagen
zwar dramaturgisch den Bedürfnissen der Filmemacher angepasst wurden, aber dabei immer wieder
romantische Bildformeln bemühten, die letztlich die kulturell gewachsenen Erwartungen an das
Märchenhafte bedienen.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Reiling, Jesko (Bern/Schweiz)


Natur- und Kunstpoesie. Zum Fortleben zweier poetologischer Kategorien in der
Literaturgeschichte nach den Grimms
Die Literaturgeschichte räumt gemeinhin den Debatten über die gegensätzlich aufeinander
bezogenen Konzepte der Natur- bzw. Volkspoesie und Kunstpoesie einen relativ begrenzten Platz
und Stellenwert ein. Meist beschränkt man sich darauf die rund 50-jährige Entdeckungsgeschichte
der Naturpoesie von James Macpherson über den jungen Herder, A. von Arnim und C. Brentano bis
hin zu den Märchen- und Sagensammlungen der Brüder Grimm zu skizzieren. Indem die
Literaturgeschichtsschreibung der Volkspoesie mit den Grimms abbricht, wird stillschweigend davon
ausgegangen, dass danach die poetologischen Kategorien der Natur- und Kunstpoesie keine
Bedeutung mehr gehabt hätten. Das Referat verfolgt die weiteren Entwicklungen im 19. Jahrhundert,
die bislang kaum erforscht wurden. Es wird gezeigt, wie sich der Begriff „Volkspoesie“ semantisch
ausdifferenzierte und durchaus als implizite Kategorie, die sich damit jedoch von einer ästhetischen
in eine gesellschaftlich-politische transformierte, jeglicher Darstellung zugrunde liegen konnte
(Volkspoesie als nationale Literatur), wohingegen die Leitdifferenz Kunst- vs. Naturpoesie nur selten
als die „eine Grundidee“ (Georg Gottfried Gervinus) die Struktur der historischen Darstellung
bestimmte. Aufgrund volksaufklärerischer Bemühungen fokussiert der Begriff schließlich nicht mehr
vorwiegend die „Dichtungen aus dem Volk“, sondern vor allem die „Dichtungen fürs Volk“, was um
1850 eine der zentralen poetologischen Forderungen ist.

Renker, Cindy K. (Dallas (Texas)/USA)


Remnants of Grimms’ Fairy Tales in Post-Holocaust Poetry
Paul Celan, Rose Ausländer, Alfred Kittner, Moses Rosenkranz, and Alfred Margul-Sperber remain
one of the most significant post-war German-Jewish poets. Originally from the Bukovina, these poets
had grown up in families of assimilated Jews in whose homes the works of the German Romantics
were used to teach the children German and introduce them to the literary landmarks of German
culture, among them the fairy tales of the Brothers Grimm. It comes to no surprise then that the
works by these poets would contain references to Grimms’ fairy tales. Small wonder that, with their
universe shattered after the great catastrophe, they called on their childhood familiarity with fairy
tales to provide some form of stability to their post-war existence. Moreover, by appropriating fairy
tales, these poets sought a dialogue with their readers about “that which happened.” Their German
readers would instantly recognize the images and motifs evoked in their poems. However, some of
the Bukovinian poets like Celan and Ausländer felt the need to transform fairy tale themes and
images into their own – often cryptic – poetic idiom to address the horrors of the Shoah. Encoded or
not, these references validate the timelessness and far-reaching influence of fairy tales in general.
They also attest to the continuing and valid relevance of their images and motifs, even in poetry after
and about Auschwitz.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
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Renner, Kaspar (Berlin)


„Eigensinnige Kinder“ – Jacob Grimm und Alexander Kluge
Für Alexander Kluges und Oskar Negts Werk „Geschichte und Eigensinn“ aus dem Jahr 1981 ist ein
Grimm’sches Märchen titelgebend, nämlich „Das eigensinnige Kind“, das nach Auffassung Kluges
nicht nur das kürzeste, sondern auch ein besonders grausames Kinder- und Hausmärchen sei. Es wird
einer ausführlichen Lektüre unterzogen, mit besonderem Augenmerk auf den Begriff des
„Eigensinns“, der auch als „Eigen-Sinn, eigener Sinn, Eigentum an den fünf Sinnen“ ausgeschrieben
wird. Die „Strafe, die das eigensinnige Kind bis unter die Grabdecke hinein erfährt“, wird dabei als
„Antwort auf eine vorausgegangene Enteignung der Sinne“ gedeutet, „die nicht geglückt ist.“ Das
Grimm‘sche Märchen avanciert somit zum Ausgangspunkt für eine Geschichtstheorie und -praxis, die
durchaus noch marxistisch beeinflusst ist. Während diese Einflüsse in den folgenden Projekten seit
den 1990er Jahren immer weiter zurückgedrängt werden, bleiben die Kinder- und Hausmärchen ein
stets wiederkehrendes Motiv bei Alexander Kluge: Sie verbürgen einen besonderen „Eigensinn“ der
historischen Erfahrung. Damit ist eine Konstellation angedeutet, die ich in meinem Beitrag entfalten
möchte. Drei Fragen sollen diskutiert werden: 1) Weshalb bezieht sich Alexander Kluge auf die
Grimm’schen Märchen? 2) Welche Medien und Gattungen werden dabei benutzt? 3) Welch ein
Konzept von historischer Wahrheit wird dabei entwickelt?

Riegler, Susanne(Leipzig) und Gabriela Scherer (Landau)


Susanne Janssens „Rotkäppchen“ (2001) und „Hänsel und Gretel“ (2007) nach der Grimmschen
Textfassung von 1819: Bild-Text-Dramaturgie, Rezeptions- und Vermittlungsaspekte
Der Beitrag befasst sich mit dem preisgekrönten Märchenbilderbuch „Hänsel und Gretel“ von
Susanne Janssen, das sich in seiner ungewöhnlichen Bildästhetik eindrücklich von gängigen
Märchenillustrationen abhebt: „Bildgewaltig, archaisch und kühl greift die Künstlerin die
psychologischen Aspekte dieses Textgutes auf und transportiert es fulminant ins Heute“ – so die
Würdigung der Jury anlässlich der Auszeichnung des Buches mit dem Deutschen Kinder- und
Jugendliteraturpreis 2008. Anhand der Analyse des Zusammenspiels von Text und Bild soll aufgezeigt
werden, wie die untergründigen psychologischen Aspekte des Grimm‘schen Märchens von Susanne
Janssen aktualisiert und sichtbar gemacht werden.

Rezensionen zu Susanne Janssens Märchenbilderbüchern (siehe auch „Rotkäppchen“ 2001) äußern


sich ebenfalls sehr positiv zu deren Ästhetik, werfen allerdings die im Kontext zeitgenössischer
Bilderbuchillustrationen häufig geäußerte Frage nach deren „Kindgemäßheit“ auf. Das Referat geht
daher auch der Frage nach, wie Kinder die besondere Bildsprache Janssens aufnehmen und welche
neuen Sichtweisen diese auf den bekannten Text eröffnet. Hierfür sollen ausgewählte mündliche und
schriftliche Rezeptionsdokumente vorgestellt und diskutiert werden.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Rimasson-Fertin, Natacha (Grenoble/Frankreich)


Die Kinder- und Hausmärchen in der Heimat der « contes de fées » : Voraussetzungen und Formen
der französischen Rezeption. Wissenschaftliche Reaktionen, Märchensammlungen und
Übersetzungen der Kinder- und Hausmärchen in Frankreich im 19. und 20. Jahrhundert.
Dieser Beitrag befasst sich mit verschiedenen Aspekten der französischen Rezeption der Kinder- und
Hausmärchen im 19. und 20. Jahrhundert, angefangen mit den Voraussetzungen für die Rezeption
der Grimmschen Märchen im Land der „Contes de fées“. Als Land der Märchen von Perrault (1697)
und der Tradition der „Contes de fées“, sowie der Märchen der Tausend und einen Nacht, die in der
Übersetzung von Antoine Galland in ganz Europa bekannt wurden, hat Frankreich am Anfang des 19.
Jahrhunderts auf dem Gebiet des Märchens im Allgemeinen einen deutlichen Vorsprung. Wie wurde
vor diesem Hintergrund und im damaligen literatur- bzw. kunsttheoretischen Kontext die Sammlung
der Brüder Grimm aufgenommen? Ferner sollen auch die Auswirkungen im Bereich des
Märchensammelns in Frankreich skizziert werden: Während in ganz Europa eine regelrechte Welle
des Märchensammelns stattfindet, zeichnet sich Frankreich durch ein spätes Einsetzen der
Sammeltätigkeit und durch das Ausbleiben einer „nationalen“ Märchensammlung aus. Schließlich
sollen auch die französischen Übersetzungen der Kinder- und Hausmärchen besprochen werden,
angefangen mit der ersten Veröffentlichung einer Auswahl von Grimmschen Märchen unter dem
Titel „Vieux Contes pour l’amusement des grands et des petits enfans » (1824), bis hin zu den heute
im Buchhandel erhältlichen Fassungen.

Roy, Malini (Singapur)


The Grimm Brothers’ Kahaniyan: Hindi Resurrections of the Tales in Modern India
This paper examines the reception of the tales of the Brothers Grimm in India, by focusing on a
selection of tales from Die Kinder und Hausmärchen, translated into Hindi as Grimm Bandhuon Ki
Kahaniyan (2000) by children’s author Harikrishna Devsare. Devsare’s translation, published by the
Indian National Academy of Letters, bears literary legitimacy, and has gone into successive reprints.

Devsare’s translation, as he admits in a series of prefaces, is based not on the German original but on
English translations, introduced into the Indian subcontinent during the former British Empire.
Devsare intends to make the tales widely available to Indian readers: English translations would be
limited to a socio-economically privileged section of the population, reflecting geopolitical
inheritances from the Empire. By foregrounding Devsare’s translation, this paper draws attention
tectonically to a text aimed at a reading community which outnumbers English readers in this
postcolonial site, but remains under-represented in global fairy tale scholarship in proportion to its
local significance.

Devsare’s prefaces offer readings of the tales are startling in view of current critical paradigms. For
instance, he gestures towards the potential deployment of the tales to promote gender equality.
Furthermore, even as he welcomes these fairy tales, he contests them by questioning the relevance
and usefulness of the genre within his vision of a contemporary India moored in secular modernity.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Rubini Messerli, Luisa (Lausanne/Schweiz)


Lolivetta, Straparola, Basile und die Brüder Grimm
Das teustche Gespenst von Casparo Lolivetta (wohl ein Pseudonym), das 1684 in Leipzig erschienen
ist, gehört zu der Büchersammlung der Brüder Grimm, die es von Clemens Brentano als Geschenk
erhielten. Ludwig Tieck besaß auch ein Exemplar. Das Werk, das nun sehr flüchtig in der Forschung
erwähnt wird, verdient genauer untersucht zu werden, im Rahmen der Tagung vor allem wegen
seiner Übernahmen aus Straparola, die mehr sind als bis anhin vermutet. Der Roman kann als ein
Hohlform für das Aufkommen von barocker Poetik fremden, sehr heterogenen literarische Formen
aus der europäischen Renaissance. Der Vortrag möchte den Text untersuchen und die
erzählvergleichende Auswertung der Brüder Grimm von Straparola und Basile am Beispiel einiger
Märchen (u.a. AaTh 571 C Die beißende Puppe).

Saehrendt, Christian (Thun/Schweiz)


Märchen & moderne Kunst
Im Jahr 2012 feiert Nordhessen mit der 13. documenta zugleich auch das Zwei-hundertjährige
Jubiläum der Grimmschen Hausmärchen. Gibt es einen inneren Zusammenhang zwischen der
documenta und der Rezeptionsgeschichte der Grimmschen Werke, zwischen Märchen und moderner
Kunst? Auf den ersten Blick scheinen beide Bereiche unvereinbar zu sein: Einerseits die romantische
Verklärung des Mittelalters, andererseits eine Welt der beschleunigten Modernisierung, in der die
Kaskade der Ismen, die geistigen Experimente der Avantgarden, die kühle Nüchternheit abstrakter,
minimalistischer oder konzeptueller Kunst vorherrscht. Während die Märchensammler und Erzähler
des 19. Jahrhunderts eine historisch verbrämte Phantasiewelt heraufbeschworen, galt in der
Kunstwissenschaft das Ideal der akademischen Objektivität. In der Gegenwartskunst jedoch, das
haben die letzten Jahre mit ihrem Kunstmarktboom und ihrem Stilpluralismus gezeigt, sind sämtliche
Regeln, was denn gute Kunst, was überhaupt generell Kunst ausmache, abgebaut worden. Die
Kuratoren von heute erzählen uns in wohlgesetzten Worten ihre persönliche Version der
Kunstgeschichte, das Momentum des Narrativen und die Haltung des Subjektivismus in der
Kunstbetrachtung und Kunstwissenschaft sind evident.

Ganz generell betrachtet stellt sich die Frage: Dient die Kunst, dient der Kunstmarkt selbst als letztes
romantisches Refugium in einer Gesellschaft, die in nahezu allen Bereichen verwissenschaftlicht und
verrechtlicht ist? Die Kunst als Sphäre, in der allein noch Wunder und Geheimnisse möglich sind?

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Schäfer, Iris (Frankfurt a. M.)


„Die kluge Else“ und die moderne Hysterie
Ähnlich wie Freud im Bezug auf den Ödipus-Komplex, erläutert Röhr in seinem 2010 erschienenen
Werk: „Die Angst vor Zurückweisung“ (Was Hysterie wirklich ist und wie man mit ihr umgeht) die
Eigenheiten, Mechanismen und die Funktionsweise eines psychischen Phänomens anhand einer
bestimmten literarischen Vorlage, dem Märchen: „Die kluge Else“ (ab der zweiten Auflage von 1819
der „Kinder und Hausmärchen“ an Stelle 34). Es ist überaus erstaunlich, dass in einem so modernen
Werk zur Erläuterung hysterischer Phänomene ausgerechnet ein, noch dazu relativ unpopuläres
Märchen der „Kinder- und Hausmärchen“ herangezogen wird. Einerseits weil dieser (zur
Erscheinungszeit des genannten Werks) fast 200 Jahre alte Märchenstoff als scheinbar ideales
Beispiel moderner hysterischer Phänomene und Strukturen fungiert und andererseits, weil es sich
um ein Märchen handelt, das wie eine medizinische Fallgeschichte behandelt wird.

Ausgehend von Röhrs genanntem Werk wird der Frage nachgegangen, weshalb der Märchenstoff der
Brüder Grimm so ergiebig für moderne psychoanalytische Untersuchungen ist, was eine solche
Untersuchung ausmacht und in welcher Weise „Die kluge Else“ als literarische Krankengeschichte
verstanden werden kann.

Schäfer, Jasmin (Berlin)


Das Rotkäppchen im Interieur. Robert Julius Beyschlags gemaltes Märchen nach den Brüdern
Grimm
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt sich neben der Märchenbuchillustration ein
neues visuelles Genre – die Märchenmalerei. Das Märchen wird hierbei des textlichen Verbundes
entledigt und als einzelnes Gemälde oder als gemalter Zyklus aufgehängt, das einen bestimmten
Aspekt des Märchens betont und die Erzähltradition auf visuelle Weise ergänzt und erweitert.

Zu den bedeutendsten Vertretern der Märchenmalerei gehört der Genremaler Robert Julius
Beyschlag (1838-1903). Im Jahre 1886 setzt er aus der Grimmschen Märchensammlung das 26.
Märchen als Gemälde um. Seine Inszenierung des 'Rotkäppchens' (Öl auf Leinwand, Maße und
Verbleib sind unbekannt) bricht jedoch mit der tradierten Ikonografie. Er verzichtet auf die
Verwendung der Motive Wald, Fuchs und Großmutter und wählt stattdessen einen wesentlich
früheren Moment innerhalb des Märchens: das Gespräch zwischen Mutter und Kind.

Ikonografisch bezieht sich der Künstler mit dieser Darstellung auf die Tradition der Lehrgespräche,
die in den Sittenbüchern des ausgehenden Mittelalters grafisch Verwendung finden und entwickelt
daraus eine Interieurszene im Stil der französischen Genremalerei des 18. Jahrhunderts. Beyschlag
kreiert somit eine von der Märchenbuchillustration abweichende neuartige Ikonografie der
kindlichen Märchenfigur, die in besonderer Relation zum erzählten Märchen des Rotkäppchens steht.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Schanze, Helmut (Frankfurt a. M.)


Märchen-Buch. Mediale Transformationen der Märchenerzählung in der Romantik
Ausgangspunkt des Beitrags sind Definitionen bei Novalis: „Romantik. Alle Romane, wo wahre Liebe
vorkommt, sind Mährchen – magische Begebenheiten“ und „Ein Roman ist ein Leben, als Buch“. Sie
beschreiben die mediale Transformation der unmittelbaren, mündlichen Erzählung in das Medium
der Schriftlichkeit und des Drucks. Das Märchen mit seinem Oralitätspostulat aber konfligiert nicht
nur implizit mit seiner Festlegung im Buch, es zieht auch seine spezifische literarische Qualität aus
seiner behaupteten Originalität als mündlicher Erzählung. Diese als „romantisch“ auszuweisende
Spannung bestimmt auch das Grimm'sche Projekt der "Märchensammlung" aus dem 'Volk' für das
'Volk', des "Märchen-Buchs". Ob aber das Grimm’sche Projekt einfach an das Projekt der
Literarischen Romantik und ihrer Grammatik angeschlossen werden kann, ist eine immer noch offene
Forschungsfrage. Am Schluss des Beitrags soll kurz eingegangen werden auf die spätromantische Re-
Transformation des „Märchens“, wie sie sich in Robert Schumanns Komposition der
„Märchenerzählungen“ ausweist, die ganz „ohne Worte“ auszukommen scheint.

Schlusemann, Rita (Oldenburg)


„mehr als europäische Berühmtheit“: Zur Würdigung Jacob und Wilhelm Grimms in den
Niederlanden und in Belgien
„Die Märchen Grimms kann man aus unserer Gesellschaft nicht wegdenken“, so kündigt im Jahr 2005
der Verlag Lemniscaat in Rotterdam seine neue Ausgabe der Märchen der Brüder Grimm an. Mit der
bereits 1820 erschienenen niederländischen Übersetzung der Märchen wurde zugleich die erste
Übersetzung in Buchform publiziert. Auch wenn die heutige Berühmtheit der Brüder Grimm in den
Niederlanden und in Belgien auf die Rezeption der Märchen zurückzuführen ist, gibt es zahlreiche
zeitgenössische bekannte und neu entdeckte Dokumente, welche die intensiven wissenschaftlichen
Beziehungen zwischen Jacob und Wilhelm Grimm und ihren Kollegen in den Nachbarländern
bezeugen.

Für eine adäquate Beurteilung dieser Kontakte ist vor allem der mehr als 280 Schreiben umfassende
Briefwechsel zwischen den Brüdern Grimm und Niederländern und Belgiern von entscheidender
Bedeutung. Er offenbart auf gegenseitiger Wertschätzung basierende Beziehungen, die in einer 1837
veröffentlichten Schrift gipfeln, welche nach der Amtsenthebung dafür wirbt, den Brüdern Grimm
einen Lehrstuhl in den Niederlanden anzubieten.

Mein Vortrag wird, vor dem Hintergrund der Rezeption der Märchen im niederländischen
Sprachraum, die Entwicklung des frühen wissenschaftlichen Austausches zwischen den Brüdern
Grimm und ihren Kollegen und das Verhältnis zwischen Germanistik und Niederlandistik in ihren
Anfängen nachzeichnen.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Schmideler, Sebastian (Leipzig)


„ein Doppeldenkmal errichtet den Dioskuren“ – Das Bild der Brüder Grimm in der
geschichtserzählenden Kinder- und Jugendliteratur seit dem 19. Jahrhundert
Die enorme Verbreitung und Beliebtheit der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm im Bereich
der Kinderliteratur zogen es nach sich, dass die beiden Verfasser der populären Sammlung bereits im
19. Jahrhundert selbst zum Gegenstand insbesondere der geschichtserzählenden Kinder- und
Jugendliteratur wurden.

Der Beitrag setzt sich zum Ziel, die jeweils zeitgenössischen Funktionen und Kontexte derartiger
adressatenorientierter biografischer Schilderungen der Brüder Grimm im diachronen Verlauf zu
rekonstruieren. In den Fokus gerückt wird der Gestaltwandel von Darstellungsprinzipien und der
pädagogischen Ziele, die Kindern und Jugendlichen durch die je spezifischen biografischen
Projektionen des Lebens der Brüder Grimm literarisch vermittelt werden sollten. Dabei sollen
vergleichend Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Lebensbeschreibungen herausgearbeitet
werden, die abschließend in den Kontext der Rezeptionsgeschichte der Kinder- und Hausmärchen in
der Kinder- und Jugendliteraturwissenschaft gestellt werden sollen.

Schmidt, David (Frankfurt a. M.)


„The Name was Grimm ...“ Adaption von Grimm-Biographie und Grimmscher Märchennovellistik
im aktuellen Hollywood-Kino
Das Leben und Werk der Brüder Grimm hat in der jüngeren Vergangenheit in verschiedenster Weise
populärkulturelle, mediale Verarbeitung erfahren. Zu den wohl bekanntesten Adaptionen zählt Terry
Gilliams Spielfilm Brothers Grimm (2005). An Stelle zweier nüchterner Sprachwissenschaftler und
Märchensammler präsentiert Gilliams die Brüder Grimm als abenteuerlustige Hochstapler, die mit
den schönen und schrecklichen Elementen der Kinder- und Hausmärchen konfrontiert werden. Es
findet gleichsam eine Umkehrung der vertrauten Konstellation statt. Die historischen Personen
Wilhelm und Jakob Grimm transformieren zu Action-Helden. Die Sammler von Märchen, Sagen und
Legenden geraten in der Fiktion selbst in den Mittelpunkt einer mythisch-märchenhaften
Abenteuergeschichte. In Nachfolge von Gilliams Werk stehen eine ganze Reihe von Filmen, die
bewusst vertraut erscheinende Stoffe und Motive aus dem Grimmschen Kanon aufgreifen und diesen
eine neue Bedeutung verleihen. Zu den jüngsten Adaptionen zählen Red Riding Hood (2011),
Spieglein, Spieglein (2012) und Hansel and Gretel: Witch Hunters (2013). Dieser neue Typ von
‚Märchenfilm’ unterscheidet sich markant von konventionellen Verfilmungen, wie auch von den
Zeichentrickfilme der 80er und 90er Jahre. Als neuartige Form der medialen Umsetzung wie auch der
Rezeption traditioneller Inhalte spielen diese Filme eine bedeutende, wenn auch vielfach
unterschätzte, Rolle für die internationale Verbreitung der Grimmschen Märchen.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Schmiele, Corona (Paris/Frankreich)


«Werde, der du bist» – Das tapfere Schneiderlein
Fragt man sich, inwiefern die Grimms als Autoren der Kinder- und Hausmärchen zu gelten haben, so
gelangt man zu einem einigermaßen modernen Paradoxon: Ihre Autorenarbeit besteht weitgehend
darin, sich unsichtbar zu machen, ihre Spur zu verwischen, was sie in die Nähe von Autoren wie
Flaubert oder Kafka bringt. Sie arbeiten sozusagen mit Tarnkappe. Diese Tarnkappe zu lüften, bleibt
noch immer eine Herausforderung.

Anhand des Beispiels vom tapferen Schneiderlein (KHM 20) soll versucht werden, durch
Quellenvergleich und Mikroanalysen der Textgenese das Spezifische dieser Autorenarbeit präziser zu
fassen, Erzählstrategien, die subtile stilistische Arbeit namhaft zu machen, die dem Text seine
Tiefendimension gibt.

Interessant an diesem Beispiel ist vor allem, dass das Wort «tapfer» in der Quelle nicht vorkommt
und in der ersten Ausgabe nur im Titel erscheint, man es erst ab 1819 im Text des Märchens selbst
findet, wo es im Laufe der Bearbeitungen aber zum Schlüsselwort wird. Bemerkenswert ist das
insbesondere deshalb, weil «Tapferkeit» ein für die Sammlung insgesamt zentraler Begriff ist.

Was wird hier «Tapferkeit» genannt? – Den Begriff zu beleuchten eignet sich das Märchen wie kein
anderes. Denn das tapfere Schneiderlein ist eines der subtilsten Beispiele für jene Art von Helden, die
dem Leben als Abenteurer begegnen und daran einen Anspruch stellen, der ihren Kräften und
Möglichkeiten völlig unangemessen scheint, die aber am Ende das sind, was sie am Anfang sein
wollten.

Schul, Susanne (Kassel)


Das doppelte Schneewittchen? Ein intersektionaler Vergleich der grimmschen
Gegenwartsrezeption im Hollywoodkino
„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ – Dieses Zitat der ‚bösen‘
Königin, die mit ihrem Spiegel die statusbestimmende, weibliche Schönheit analysiert, stammt aus
einem der bekanntesten Märchen der Brüder Grimm, dem Schneewittchen (KHM 53), und scheint
direkt zu einer intersektionalen Analyse aufzufordern. Denn es stellt sich von Beginn an die Frage,
inwieweit sich in der Narration Schönheit, Alter, Stand, Geschlecht sowie Gewalt- und
Herrschaftsfähigkeit als differenzmarkierende Kategorien überlagern. Ihr soll in der Analyse der
grimm‘schen Gegenwartsrezeption im Hollywoodkino in den Filmen Mirror Mirror und Snow White
and the Huntsman nachgegangen werden. Zum einen inszenieren beide Verfilmungen sehr differente
Entwürfe der ‚bösen‘ Königin und deren Positionierung über ‚brutale‘ Handlungspraktiken eines
‚Sich-Schön-Machens‘. Zum anderen setzen beide Produktionen aber einen Fokus auf die Darstellung
eines handlungsaktiven und gewaltfähigen Schneewittchens, das selbstbestimmt seine
Geburtsrechte zurückfordert. Unterschiedliche Formen von Gewaltpotenzial, sowohl vermittelte als
auch direkte, verknüpfen sich dabei mit Geschlechter- und Differenzkonstruktionen und mit
spezifischen Genremarkierungen.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Seidler, Christof (München)


„Diese Märchen-Sammlung ist eine angenehme Neben-Arbeit, unsere Hauptsache ist natürlich
jetzt immer die Edda“. Die Brüder Grimm und die Lieder-Edda. Übersehene Vielfalt im Schaffen des
Jahres 1812?
Der Vortrag beleuchtet ein Forschungsgebiet, mit dem die Brüder Grimm sich in den Jahren 1811 bis
1815 intensiv beschäftigten, nämlich die Heldenlieder der Älteren Edda.

Die Arbeiten Jacob und Wilhelm Grimms an der Textedition und deutschen Übersetzung der
altnordischen Heldenlieder mündeten in ihre 350-seitige Publikation «Lieder der alten Edda» von
1815und außerdem in umfassende Vorarbeiten und Ausarbeitungen zu weiteren Bänden in ihrem
Nachlass. Beides wird mit zusätzlichen Informationen zu Hintergrund und Vorgeschichte vorgestellt.
Dabei werden die Arbeitsergebnisse der Brüder Grimm auch mit verschiedenen wichtigen Editionen
und Übersetzungen der Lieder-Edda verglichen (von der Hagen 1812, Neckel/Kuhn 1983; Simrock
1851, Genzmer 1912). Besonderes Gewicht wird bei der Darstellung und Analyse auf die
wissenschaftliche Rezeption und Übernahme der Ergebnisse der Grimmschen Studien gelegt. Neben
der Betonung charakteristischer Aspekte ihrer Untersuchungen zu den eddischen Heldenliedern wird
im Zusammenhang mit der Wirkung und dem Einfluss ihrer Studien eine Verortung und
wissenschaftliche Einordnung ihres Edda-Projektes vorgenommen.

Der Vortrag mit dem freilich provozierenden Titel will Anregung geben und Anstoß sein, die Vielfalt
im Schaffen und Wirken der Brüder Grimm (neu) zu sehen.

Seifener ,Christoph (Seoul/Südkorea)


Von den „Lebensbildern deutscher Männer“ bis zu „Grimms Wörter“. Die Brüder Grimm im Spiegel
ihrer Biographen.
Seit Ende des 18.Jahrhunderts sind eine Vielzahl von (populär)wissenschaftlichen und belletristischen
Biographien über die Brüder Grimm erschienen. Diese Werke dürften das Bild der Grimms in der
Öffentlichkeit wesentlich mit geprägt haben, kommt doch der Biographie im Rahmen der
Erinnerungskultur und bei der Etablierung des kulturellen Gedächtnisses einer Gesellschaft eine
wichtige Rolle zu. Die Gattung selbst steht dabei, ähnlich wie die Autobiographie, im
Spannungsverhältnis von Faktizität und Fiktionalität. Der Beitrag analysiert ausgewählten
Biographien über die Brüder Grimm und misst die Werke dabei nicht in erster Linie an der
historischen Wirklichkeit, sondern betrachtet sie, unabhängig von ihren Selbstzuschreibungen, als
literarische Texte. Wenn die Autoren der Grimm-Biographien auch auf die gleichen empirischen
Lebensdaten und zum großen Teil auf die gleichen Quellen rekurrieren, so unterscheiden sie sich
doch im Hinblick auf Auswahl und Zusammenstellung der biographischen Elemente. Die
Lebensgeschichten der Grimms werden jeweils anders erzählt, und dadurch werden in einem
gewissen Maße eben auch andere Lebensgeschichten erzählt. Der Beitrag versucht in diesem Sinne
Differenzen und Entwicklungen aufzuzeigen, denen das Bild der Brüder Grimm im Laufe der Zeit
unterworfen war.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Shavit, Zohar (Tel Aviv/Israel)


What happened to Little Red Riding Hood on her way to the 20th century?
Strange things happened to Little Red Riding Hood on her way to the 20th century. In the 18th
century she was seduced, in the 19th century she was eaten alive, and in the 20th century she
escaped from her adventure without a scratch, and so did her grandmother. Even the wolf’s life was
spared.

Such changes in the core-story of Little Red riding Hood can be discerned when one examines the
various versions published for children throughout the 19th and the 20th centuries. In fact, this text,
as many other texts based on Kinder- und Hausmärchen were published at the two poles of the
cultural axis: either as part of the West’s most prestigious cultural heritage or as part of children’s
literature, which then involved the introduction of a large number of changes in the original text.

This paper will explore the nature of those changes and will maintain that they resulted to a large
extent from the prevalent assumptions about childhood, especially in regard to the extent to which
the child should be exposed to certain themes and events, and the suitable ways to carry out these
changes. Different versions seem to agree about the "problematic" matters; they differ mainly in the
solutions they offer and the extent of deviations they allow from the original text.

The analysis of several versions reveals that most versions for children feel uncomfortable about the
erotic connotations of the text, the presentation of the death (though temporary) of both the girl
and the grandmother, the killing of the wolf, as well as about more trifle elements such as food items
which the little girl brings to her grandmother.

This paper will thus argue for a linkage between any Grimm's based version and societal concepts of
the child and childhood, and will exemplify how writers have varied the text according to their
understanding of what the child and childhood are and what the texts for children should be.

Shishkova, Irina (Moskau/Russland)


The Brothers Grimm’s fairy tales as a breakthrough in English children’s literature in the nineteenth
century

This abstract deals with the impact of Edgar Taylor’s first translation of the Brothers Grimm’s fairy
tales on English children’s literature. As Sir Walter Scott remarked in the preface to the translation of
German Popular Stories (1823–1826), its role was more relevant than of any other book composed
specifically for children. However, later Margaret Hunt came up with another version of translation
(1884). According to her, English translators tried “to change the devil of the German stories into a
less offensive ogre or black dwarf”. Yet, bearing in mind the folk origins of the tales and respecting
the authors, M. Hunt tried to preserve the peculiarities of their texts the way they were composed in
German.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

I’m going to look at both versions (E. Taylor’s and M. Hunt’s) with the aim of clarifying which of the
translators produced a closer version to that of the Brothers Grimm’s and whose work is more child-
centric. In addition, I would like to find out which changes were really necessary for the intended
audience and which of them could be avoided.

My paper will concentrate on comparing such aspects of the translations in question as additions,
shortenings and improvements of the authentic text. I will also examine the nature of the alterations
made to the original in terms of considering certain cultural and educational values in the historical
period when the moral tale was a domineering trend in English literature for children.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Sinprasert, Piyakal (Konstanz)


Die Wanderung und Verwandlung: Rezeption von Grimms Märchen in Thailand
Das Dissertationsprojekt ist darauf ausgerichtet, den Prozess, die Einflüsse und die Anpassung bei der
Rezeption von Grimms Märchen in die thailändische Gesellschaft zu erforschen. Erst durch die
Verbreitung der Disney-Zeichentrickfilme wurde nach der Herkunft der Handlung zurückgegriffen,
und demzufolge werden die Märchen der Brüder Grimm ins Thailändische übersetzt. Dennoch
bleiben die „disneyfizierte“ Eigenschaften und treten immer wieder bei Ernennung der Grimms
Märchen vor. Im Übersetzungsprozess ist auch zu betrachten, was für Probleme der kulturellen
Übertragung vorkommt, und was für Lösungen vom Übersetzer gefunden wurde. Darüber hinaus soll
es bewiesen werden, dass die Handlungen in Märchen der Brüder Grimm, in für Kinder gemilderte
Version, die moralisch-pädagogische Zweck eintreffen, und daher auch geeignet ist, als Beispiel der
Karma-Lehre in Buddhismus, die meist praktizierende Religion in Thailand, anzuwenden.

Slouková, Radka (Tabor/Tschechien)


Brüder Grimm: Vorbild für Märchensammler im Norden
Die Wirkung von Brüder Grimm geht über die Grenze Deutschlands hinaus. Anlässlich des
Erscheinungsjubiläums 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen ist es passend, auf ihren wichtigen
internationalen Einfluss auf die Märchensammler in den nordischen Ländern zu hinweisen.

Nach Grimms Vorbild wurden die Volksmärchen in ganz Skandinavien gesammelt. Aus einer Reihe
Grimms Anhänger kann man den dänischen Literaturwissenschaftler Svend Grundtvig oder den
schwedischen Märchensammler Gunnar Hyltén-Cavallius erwähnen.

Die Situation in Norwegen verdient einen genaueren Blick, weil die Wirkung der Brüder Grimm hier
von größter Bedeutung war. Norwegen gehörte in dieser Zeit der schwedischen Hoheit an und hatte
keine eigene offizielle Sprache. Die zwei norwegischen Dichter und Märchensammler Peter Christen
Asbjørnsen und Jørgen Moe nahmen Brüder Grimm als Vorbild und gingen von ihrer Methode des
Märchensammelns aus. Sie wählten die gesprochenen Erzählungen als Grundlage aus und versuchten
das Gehörte möglichst originalgetreu wiederzugeben. So bewahrten sie nicht nur die literarischen
Volksschätze, sondern auch die alte nordische Volkssprache mit allen ihren Dialekten. Indirekt waren
auch Brüder Grimm an ihren Erfolgen beteiligt, weil sie mit Asbjørnsen und Moe im Kontakt waren
und ihnen passende Ratschläge gaben. Nicht umsonst werden deshalb die zwei Nationalhelden
Norwegens als „die norwegischen Brüder Grimm“ bezeichnet.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Spreckelsen, Tilman (Frankfurt a. M.)


„Der Goldene Schlüssel" - Schätze suchen, finden und verlieren in den Kinder- und Hausmärchen
der Brüder Grimm und anderen Texten des 19. Jahrhunderts
"Der goldene Schlüssel" steht seit jeher am Ende der „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm
und hinterlässt den Leser in ewiger Erwartung eines Schatzes, nur eine Schlüsselumdrehung entfernt.
Man hat das Märchen bislang als Solitär gelesen, als geistreiches Spiel mit dem Leser, als ein
Versprechen nach Fortsetzung. Doch im Vergleich mit anderen Texten dieser Sammlung, die vom
Schatzgewinn und –verlust sprechen, zeigen sich überraschende Parallelen. Die Frage, ob der
angestrebte Schatz Gnade oder Verdienst ist, stellt sich dabei ebenso wie die nach seinen
Auswirkungen auf den Lebensweg der – glücklichen oder unglücklichen – Finder. Aufschlussreich ist
dabei der Vergleich mit den Texten anderer, zum Teil weit jüngerer Märchensammlungen wie etwa
Volkmann-Leanders „Träumreien an französischen Kaminen“. Und nicht zuletzt mit der Kästchen-
Episode aus „Wilhelm Meisters Wanderjahren“.

Steinlein, Rüdiger (Berlin)


Kinder und Märchen – Anmerkungen zu einer Erfolgsgeschichte

Kinder brauchen Märchen - Märchen bilden das ideale Eingangsportal in den Bereich der
literaturvermittelten ästhetischen Welterfahrung. Solche Hochschätzung genoss die Fiktionsgattung
Märchen bekanntlich nicht immer. So war der Titel „Kinder- und Hausmärchen“ 1812 keineswegs die
Beschreibung eines allgemein akzeptierten Märchenverständnisses, sondern Programm. Erst mit der
Romantik avanciert das Volksmärchen zur reinsten, poetischsten Form des jeweiligen Volksgeistes.
Zugleich wird es als Medium elementar literarisch-ästhetischer Erziehung und in den Rang einer
nationalpoetischen Bildungskraft erhoben. Um 1900 sind die KHM zum privilegierten Textmedium im
Muttersprachunterricht avanciert. Weitere Absicherung erhält die Aufwertung des Volksmärchens
vom Typus ‚Grimm’ durch verschiedene psychologische Theorien zur analogen Strukturierung von
Märchen und kindlicher Phantasie. Neben Charlotte Bühlers: Das Märchen und die Phantasie des
Kindes (erstmals 1918) bekräftigen seit den 1920er Jahren Beiträge der Psychoanalyse den Wert von
Märchenlektüre bei Kindern. Aus diesem Diskursfeld geht dann auch Bruno Bettelheims engagiertes
Plädoyer für die Notwendigkeit des Märchens als Kinderlektüre hervor: „Kinder brauchen Märchen“.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts blieben kritische Gegenstimmen und zeitweise auch vernichtende
Urteile zur schädlichen Wirkung der KHM (v.a. nach 1945 und in der antiautoritären Bewegung 1968
ff) nicht aus. Die solcherart in Widersprüchen verlaufende literaturpädagogische Rezeption der KHM
soll vom Ausgang des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart skizziert werden.

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„Märchen, Mythen und Moderne – 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 17.12. -
20.12.2012 an der Universität Kassel

Szakál, Anna (Dunaharaszti/Ungarn)


János Kriza and his network of collectors of folk poetry – a Hungarian parallelism from the 19th
century
The oeuvre of the Brothers Grimm fundamentally determined the start of tale collection and
research is Hungary in the 19th century. Nearly everybody who got involved in tale collection and
publication until the 1860s was primarily influenced by German cultural movements in general and
by the works of Jacob and Wilhelm Grimm in particular.

Georg von Gaal published the first Hungarian tale collection in German in Vienna in 1822 (Mährchen
der Magyaren). This collection and some other manuscript tales were published in Hungarian only
after his death between 1857 and 1860 in three volumes. Gaal had met Jacob Grimm who formed an
opinion of his collection later. Authors and editors in the 1820s living in German-speaking territory
got acquainted with German cultural movements and under these influences published their further
collections containing tales and legends (e.g. Magyarische Sagen und Mährchen von Johann Graf
Mailáth, Brünn, 1825; Magyarische Sagen, Mährchen und Erzählungen, Stuttgart und Tübingen,
1837; Erzählungen, Sagen und Legenden aus Ungarns Vorzeit von Alois Freiherrn von Mednyánszky,
Pest, 1829).

But even later, when collections of folklore were published in Hungarian, the knowledge and impact
of German intellectual tendencies can be clearly pointed out. János Erdélyi, who edited the first
comprehensive folklore collection in Hungarian (Népdalok és mondák, I–III, 1846–1848) at the
beginning of the 1840s during his study tour in western Europe got acquainted with the German
achievements and met Jacob Grimm in Berlin who inquired about Hungarian folk traditions and
inspired him to collect these traditions. The first Hungarian treatise on folk tales was written by the
German-born Imre Henszlmann in 1847, who provided a mythological interpretation of folktales in
compliance with the Grimms’ view. Ipolyi Arnold compiled and published Magyar Mythologia in 1854
clearly under the influence of Jacob Grimm’s Deutsche Mythologie.

The role and effect of János Kriza in the focus of my research was similar in Hungary to those of the
Grimms in German speaking area. Kriza, a Unitarian bishop, published his collection of Transylvanian
folklore in 1863 under the title of Vadrózsák (‘Briar-roses’) which has been considered as the most
authentic and canonical folklore collection in 19th century Hungary. In Protestant schools it was a
century-long tradition to provide scholarship for the best students to study for one or two years at
German universities and then returning to Hungary to work as teachers or parsons. Unitarian
students from the 1850s were usually sent to Göttingen. But in the 1830s Berlin was the only one
allowed destination for students. Thus Kriza spent two years between 1835 and 1837 in Berlin. He
had the opportunity to get acquainted with the German achievements of folklore collection. After he
returned home, at the beginning of the 1840s he initiated a folklore collection, and paid attention to
achievements of folklore collection in the neighboring countries as well as in German areas. At the
beginning of the 1860s when the financial background was finally provided him to publish his
collection, the professional claims he had were similar to those of the Brothers Grimm in their era.

In my paper, providing a context of the oeuvre of János Kriza in terms of endeavors of canonization, I
wish to present in what way a network of folklore collectors was organized in the second half of the
19th century in Transylvania: the types of background and motivation as well as concepts of tale of

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those persons who joined the folklore collection and what sort of texts came into being as a result of
this cooperation. I also investigate why János Kriza started folklore collection without any
institutional support, on his own, and why the church hindered his endeavors or in the best case
simply tolerated these efforts. I discuss the scholarly principles along which Kriza started and then
developed his collection and the circumstances under which he eventually published the collection.
On the basis of the texts it is also of importance and interest in what way and to what extent Kriza
managed to make his principles accepted by his fellow collectors relying on their correspondence. As
a result of Kriza’s oeuvre discourse about folk poetry and folklore collection became part of everyday
life just as well as the perception of folk poetry as valuable cultural heritage. These issues are to be
presented in the context of the oeuvre of the Brothers Grimm.

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Theisen, Joachim (Athen/Griechenland)


Kausalität nach Gesetzen des Märchens
Märchen haben ihre eigenen narrativen Gesetzmäßigkeiten. Auch Handlungen und Geschehnisse
kommen nicht von ungefähr. Hauptsächlich sind sie zielgesteuert: Das gute Ende - für die Guten -
muss her, und der Abstieg, das Versagen, die Bestrafung, und was auch immer sich an natürlichen
oder magischen Hindernissen in den Weg stellt, dient nur dazu, das Ende doch noch zu erreichen.
Welches? Vor allem aber: Wann? Märchen sind - so wollen es, niederschreibend und vielfach
bearbeitend, auch die Brüder Grimm - mündliche Texte. Als solche haben sie keine Seitenzahl, bis
ihnen 1812 eine verpasst wird. Genau auf dieser Grenze zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit
hatte sich auch schon die Literatur des Mittelalters konstituiert. Sie hat die Möglichkeiten des gerade
entdeckten fiktionalen Erzählens ausgelotet und jede Menge Spaß daran, von den Zwängen der
historia befreit zu sein. Und die Grimms haben mit ihren Kinder- und Hausmärchen eine perfekte
Spielwiese gefunden, kurze Texte, in denen alles möglich ist, weil historia programmatisch nicht
vorkommt.

Damals wie dazumal stellt sich die Frage, wie ein Ziel erreicht wird und werden kann, wenn dieses
historisch nicht vorgegeben ist, die Frage nach dem Stellenwert der Kausalität. Wo ist sie angesiedelt:
in der Handlung oder der Erzählung? Und um was für eine Kausalität handelt es sich? Es scheint die
causa finalis die Hauptrolle zu spielen. Dabei werden in den Märchen nicht nur literarische Motive
aus dem Mittelalter zitiert, sondern auch Erzählmuster, -modelle und -experimente.

Tokponto, Mensah Wekenon (Cotonou/Benin)


Komparatistische Untersuchung zu Magie, Sprachmagie und magischen Worten in deutschen und
westafrikanischen Märchen.
In allen Traditionen und Kulturen gehörte und gehört immer noch die Magie zu den
Lebensgewohnheiten der Menschen. Dies lässt sich heute noch bei den Völkern bemerkbar machen,
die noch sehr an den Naturreligionen hängen und bei denen das rationale Denken nichts mit dem
Alltagsleben der Menschen zu tun hat und somit schwer verstanden werden kann. Der Terminus
Magie wird im Alltag oft mit negativen Vorstellungen in Verbindung gebracht, da sich ihre
Gebrauchsmethoden als immateriell erweisen und ihre Ergebnisse mit unsichtbaren Mitteln erzielen
lassen. Die Magie ist eine Glaubenssache, ob man ihre Wirkung für wahr hält. Und dazu muss man
erzogen worden sein. In den westafrikanischen Märchen übernimmt die Magie Konnotationen wie
Zauber, Wunder usw. Märchengestalten sprechen Worte aus, deren Kraft als magisch bezeichnet
werden können, da diese Worte das Unmögliche möglich machen und Berge in Bewegung setzen.
Magische Kräfte erscheinen in besonderen Lebenssituationen mancher Figuren und handeln mit
wunderbaren Mitteln, um entweder in Not geratene Gestalten aus Gefahren zu retten oder
ungehorsame und überhebliche Figuren ins Unglück zu stürzen. An der Wirkung der Magie und an
der Kraft des Wortes in der afrikanischen Realität und in den Märchen ist nicht zu zweifeln. Mein
Beitrag soll sich mit all diesen Aspekten der Magie und deren Bedeutung im afrikanischen Märchen
auseinandersetzen und sie mit denen einiger Grimmschen Märchen vergleichen und dabei
herausfinden, ob beide Märchenformen Parallelen und Differenzen untereinander aufweisen.

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Tomkowiak, Ingrid (Zürich/Schweiz)


Aschenputtel-Filme

Bisher gibt es etwa 130 Aschenputtel-Filme. Die Ausdeutung des Märchenstoffs variiert beträchtlich,
und der Versuch, die klassische Geschichte einem jeweils zeitgenössischen Verständnis anzugleichen
und sich mittels des adaptierten Stoffs am Diskurs über relevante Themen zu beteiligen, die mit dem
Stoff verknüpft werden können, hat zu sehr unterschiedlichen künstlerischen Lösungen und
inhaltlichen Schwerpunktsetzungen geführt. Nicht selten zeichnen sich die Filme durch
Selbstreferenzialität aus, enthalten Reflexionen auf das eigene Genre, spielen mit Authentizität und
Fiktion – sogar Jacob und Wilhelm Grimm treten auf.

Die Situierung in jeweils zeitgenössischer Gegenwart generiert eigensinnige Adaptionen. Vehikel


eines gegenüber der Märchenvorlage von erfrischender Respektlosigkeit gekennzeichneten
komisierenden Verfahrens ist häufig das Aufmischen der tradierten Geschlechtsrollenmuster, auch
im Verbund mit misogynen Tendenzen und einer Portion Selbstironie, insbesondere auch bezogen
auf das eigene Metier, den Machbarkeitsglauben und den Traum vom sozialen Aufstieg, wie er im
Aschenputtel-Stoff latent vorhanden ist bzw. immer wieder in ihn projiziert wird. Innovative Wege
gehen sozialkritische, emanzipatorische, erotisierende, dystopische, psychologisierende und
schließlich erneut romantisierenden, postfeministischen Produktionen, zum Teil in historisierendem
Gewand.

Ullmann, Anika (Frankfurt a. M.)


Some Red, some Wolf, some House is borne along us – The Fairy Tales of the Brothers Grimm on
recent American Television
In October 2011 two TV shows started airing in the United States that base their plots and over-all
world construction on the fairy tales of the Brothers Grimm. The first one is Once Upon a Time a
fantasy series. The story takes place in a little American town called Storybrooke. Storybrooke’s
inhabitants are all fairy tale characters but they do not remember that anymore. A second storyline
implores the events in fairy land that lead up to the dark curse that transported them all to
Storybrooke and made them forget their past.

Five days after Once Upon a Time the detective series Grimm started airing. Based in Portland the
show follows the cases of Nick Burkhardt who discovers during the first episode that he is a
descendent of the famous Brothers Grimm. On top of that he finds out that all fairy tales are true.
Though instead of collecting fairy tales what the Brothers Grimm really did was hunting down evil
fairy tale creatures, a hunt Nick Burkhardt has now to continue.

The aim of my talk is to implore how the two shows discuss and use their fairy tale material. A special
focus point will be on how fairy land and imagined present are evaluated in contrast to each other.
Additionally I want to implore how both shows play with letting a fairy tale come to life in a short
display of its most significant inventory. A Red, a Wolf, a House…

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Wegener, Ernst (Kassel/Wiesbaden)


Grimmheimat Nordhessen
Die Idee wurde 2005 unter dem damaligen Wissenschafts- und Kunstminister Udo Corts geboren und
wird von unserer derzeitigen Ministerin Kühne-Hörmann nachdrücklich vorangetrieben. Kurz gesagt:
welche andere kulturelle „Klammer“ für unseren landesherrschaftlichen Gemischtwarenladen
„Hessen“ könnte geeigneter sein, um ein gewisses Identitätsgefühl in unserem Land zu erzeugen, als
das Erbe der Brüder Grimm?! Deren Biographie deckt unser heutiges Hessen von Süd nach Nord ab,
von der Geburtsstätte Hanau über die Schulzeit in Steinau, das Studium in Marburg bis hin zur
wichtigen beruflichen Station Kassel. Die Politik hat dieses Potential erkannt und die
Koalitionsparteien der Landesregierung haben das Ziel einer „Landesmarke Grimm“ in ihrer
Koalitionsvereinbarung verankert. Wie dieses Ziel in der Praxis erreicht werden kann, wie die Grimms
als richtige Hessen bekannter gemacht werden können, wie sie nicht nur als „Märchenonkel“ in den
Köpfen der Menschen wahrgenommen werden sollen - das soll Gegenstand des Referates sein.

Winkler, Markus (Genf/Schweiz)


Zurück zur ‚Naturpoesie‘. Grimms Märchen in Günter Grass’ Autobiographie Beim Häuten der
Zwiebel
In Grass’ Autobiographie dienen die Zitate einiger der bekanntesten Grimmschen Kinder- und
Hausmärchen dazu, das spätromantische Konzept der heilenden ‚Natur-‘ oder ‚Volkspoesie‘
aufzurufen und mit dem schriftstellerischen Werdegang des Autobiographen wie auch mit seinem
Schreiben der Autobiographie zu verbinden. Die Kinder- und Hausmärchen wurden bekanntlich von
den Brüdern Grimm als mündlich überlieferte ‚Naturpoesie‘ gewertet und als bedrängte Residuen
des verlorenen Ganzen, des heiligen Ursprungs der Nation, gedeutet. Der Gegensatz zwischen
‚Kunstpoesie‘ und ‚Naturpoesie‘ sei „ewig gegründet“, bemerkt Jacob Grimm. Anders als Grimm
betont Arnim die Möglichkeit der Überbrückung dieses Gegensatzes. Daran knüpft Grass an. Beim
Häuten der Zwiebel ist zwar auf weite Strecken der dem Paradigma von Dichtung und Wahrheit
verpflichtete Versuch, die Geschichte des eigenen mühsamen Werdegangs als Manifestation einer
Bildungs-Teleologie zu deuten, deren Pole egozentrische Artistik und die verantwortungsvolle
Aufarbeitung der jüngsten deutschen Vergangenheit (auch der eigenen Schuld) sind. Doch mit dieser
dialektischen Bildungs-Teleologie interferiert eine ganz andersartige Teleologie, die der Autobiograph
ins Spiel bringt, indem er Grimmsche Zaubermärchen zitiert und transformiert. – Zum Vergleich
sollen Belege aus anderen Grassschen Werken wie dem Butt oder Grimms Wörtern herangezogen
werden.

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Wozniak, Monika (Rom/Italien)


Polish Adventure of Brothers Grimm Fairy-tales
The “Polish Grimm’s Canon” is by no means identical to the original German canon or other national
canons of Grimm’s tales. Although faithful translations of the original collection do exist, they have
not played a decisive part in the process of Grimm’s assimilation into the Polish culture. In fact, of
over 200 German tales, only a small portion became really popular in Poland. Furthermore, they
reached the Polish audience mainly in the form of retellings and adaptations rather than real
translations. The goal of this paper is not to give a comprehensive presentation of the history of
Kinder- und Hausmärchen’s reception in Poland, but rather to explore the most significant
extratextual factors that influenced the process of the tales’ naturalisation into Polish culture. The
following topics will be discussed:

- Adaptation strategies related to a well-established Polish translation tradition which tends to


privilege paraphrase and retelling over philological translation;

- Importance of the historical context, especially the use of the folk tale as an expression of
national identity and an instrument of patriotic education;

- Accommodation of religious issues, due to the passage from Protestant into Catholic
tradition and to the political climate in after-war Poland.

Given the enormous number of Polish adaptations of this tale, only a few particularly interesting or
bizarre versions will be examined in detail, in order to establish the most significant recurring
strategies of “polonisation” of tales by Grimm.

Wunderer, Rolf (St. Gallen/Schweiz)


Hans im Glück (KHM 83) - Schwankfigur, Glücksphilosoph, Glücksökonom?
Hier zeigt sich die Spannbreite von Märcheninterpretationen. Vier davon zu Hans: Der Erzählforscher
F. Lüthi stellt ihn als Dümmling in die Märchenecke. Ein Philosoph (L. Marcuse) adelt ihn mit „erster
Philosoph des Glücks“ auf dem Weg vom Haben zum Sein .Und ein Psychoanalytiker und Theologe
(V. Zielen) vermutet in seinem Arbeitgeber „gar Gott selbst“. Aus sozialwissenschaftlicher
Managementsicht ist Hans ein marktferner Selbstmotivierungs-künstler, der durch Abbau
emotionaler wie mentaler Dissonanzen jede „Verdriesslichkeit gleich wieder gut“ macht. Dazu wählt
der Glückökonom (B. Frey) stets euphorisch neue Tauschobjekte mit maximalen Nutzenerwartungen.
Werden sie enttäuscht, beginnt sein neues Spiel nach dem „glücklichsten Menschen“. Und er freut
sich gar beim letzten Tausch “ich werde zum glücklichsten Menschen auf Erden; habe ich Geld, so oft
ich in die Tasche greife“ - also vom Gold zum Geld statt vom Haben zum Sein? Und warum sollte der
sinnliche Hedonist nicht noch seine Mutter gegen ein Mädchen tauschen? In seinem Nutzenkalkül
wird Glück durch Preise ersetzt. Er minimiert „Verdriesslichkeiten“ (Demotivation) und motiviert
sich mit Hoffnung auf neues Glück. So bleibt er einer (F. Nietzsche), “der nie endgültig an ein Ziel
gelangt, sich jedoch in der ständigen Überwindung des Nichtgeglückten gleichsam Erfolgserlebnisse
verschafft, die von einem explosiven Glückgefühl begleitet sind.“ Das erlebten jüngst auch öfters
Finanzmanager.

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Yang, Wuneng (Chengdu/China)


Grimms Märchen in China – ein Wunder der Rezeptionsgeschichte der deutschen Literatur
1.Deutsch-chinesische Literaturbeziehungen

Die Deutschen z. B. Goethe, Schiller haben die chinesische Literatur noch im 18. Jahrhundert
kennengelernt, während die Chinesen erst in der 4. Mai-Bewegung 1919, welche eine richtige
Kulturrevolution mit Erneuerung der Schrift, der Literatur und der alten Konfuzianischen Ethik als
Hauptziel darstellt, Goethe, Schiller, Heine und auch Grimms Märchen begegneten.

2.Die Rezeption der Grimms Märchen in China

In dem alten China waren die ethischen Wertmaßstaben für die Rezeption von Grimms Märchen
extrem ungünstig und einschränkend, da die erzieherische Funktion der Literatur zu sehr betont
wurde. Erst im modernen China haben Grimms Märchen die Widerstände allmählich überwunden.
1902, die 1. Teilübersetzung von Zhou Guisheng -- vermutlich über Französisch oder Englisch ins
Chinesische übertragen; 1934, die 1. vollständige Übersetzung von Wei Yixin direkt aus der
deutschen Originalsprache, und erst im Zug der Reform und Öffnung Chinas vor etwa 30er Jahren
haben Grimms Märchen mit ihrem Siegeszug begonnen. Ab 1993 zahlreiche Ausgaben und riesige
Auflagen mit Millionen Exemplaren in Übersetzung von Wuneng YANG u. a. Zugleich wurden auch
Erfolge in der Forschung erzielt. Mehr als ein Dutzend Aufsätze über Grimms Märchen haben Yang
und seine Schülerinnen in Zeitungen und im Internet veröffentlicht und Aufsehen erregt, als der
Name der KHM vor Missbrauch und deren Ruhm vor Beschmutzung zu verteidigen sind. Auch bei
YANG, der in China vor allem als Goethe-Forscher und Übersetzer berühmt ist, haben zwei
Nachwuchs-Forscherinnen über Grimms Märchen und deren Rezeption promoviert, was in der
chinesischen Geschichte das allererste Mal ist.

3.Grimms Märchen im Auge der Chinesischen Vermittler

Fazit: So wie Goethes „Faust“, Beethovens 9. Sinfonie, Mercedes-Benz werden in China heute auch
Grimms Märchen als Symbol für Deutschland und die deutsche Kultur angesehen. In dem
bevölkerungsreichsten Land der Welt sind Grimms Märchen so populär wie kein anderes Deutsches
Buch, so beliebt wie in keinem anderen Land der Welt, was gar als ein Wunder in der
Rezeptionsgeschichte der deutschen Literatur gelten möchte.

Zimmermann, Harm-Peer (Zürich/Schweiz)


Mythen in Massen. Überlegungen zu einem Schlagwort in der Tagespresse
Der Beitrag thematisiert simple Schlagzeilen, die mit dem Wort „Mythos“ operieren. Alle möglichen
Alltagsphänomene finden sich tagtäglich zum Mythos erhoben: Personen, Dinge, Zeiten, Länder,
Institutionen. Zum Verständnis dieses Phänomens wird eine Argumentation entwickelt, die von
Jacob Grimm ausgeht, dann aber mit Ernst Cassirer eine Wende in die formale Mythologie vollzieht.
Es geht also nicht um mythische Inhalte, nicht einmal um narrative Strukturen und Erzählmuster,
sondern um Fragen nach der „geistigen Auffassungsweise“, die sich in Mythen widerspiegelt. Diese
Forschungsrichtung wird mit André Jolles und Roland Barthes weiter verfolgt, um den Mythos als
eine Art und Weise des Ausdrucks, der Aussage, der Rede auszuweisen, die keineswegs

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ausgestorben, sondern höchst lebendig und allgegenwärtig ist. Mit Hans Blumenberg und Georg
Simmel soll schließlich über die Symbolik und Prägnanz des Reizwortes und Stimulus „Mythos“
Aufschluss gegeben werden.

Der Grundgedanke dieses Beitrages ist keineswegs ideologiekritisch orientiert, sondern sympathisiert
mit dem Mythos: Mythen sind aktuell und attraktiv, so die Hypothese, weil sie Komplexitäten und
Unübersichtlichkeiten in lebendige Qualitäten und Rhythmen übersetzen. Was der Logos faktisch und
funktional erklärt, das versteht der Mythos nicht nur in einer anderen Erzählform, sondern vor allem
auch in einem alternativen Metrum, das bestimmten Lebensbedürfnissen mehr entspricht als es
rationale Formen der Welterschließung tun können. Der Vortrag schließt also den argumentativen
Kreis, indem er auf einen Gedanken von Jacob Grimm zurückkommt. Es geht um Rehabilitierung des
Mythos, in diesem Fall sogar des bloßen Reiz- und Schlagwortes „Mythos“.

Zinggeler, Margrit (Eastern Michigan/USA)


The Grimm Corpus of the Fairy Tales and Legends in COSMAS – What would Jacob and Wilhelm do
with this Marvelous and Modern Tool?
Today, in the modern digitalized age, the corpus of 585 legends, 10 children’s legends and 201
Kinder- und Hausmärchen by the brothers Grimm are available online at no cost from the “Institut
für Deutsche Sprache” (IDS) in Mannheim, Germany. The system COSMAS (Corpus Search
Management and Analysis System) offers access to research the fairy tales with a myriad of
grammatical and textual applications. This presentation demonstrates how we can use the Grimm
Corpus in COSMAS to analyze the Grimm fairy tales and the legends by searching for common
elements, words, and phrases. While several topics such as the role of nobility and common folks, as
well as the use of action verbs serve as examples how to search and use the online Grimm Corpus,
the focus in this presentation is on the myth of the structure of the nuclear family, an ideal in the
19th century Germany. The overall objective is to inspire the audience to become familiar with the
system and how to make extensive use of the Grimm Corpus in COMAS for scholarship, research, and
teaching. An attempt on how Jacob and Wilhem’s mindset would use this modern technology to
process narratives and grammar is aimed at further enchanting the audience.

Zubia Gomez, Genaro (San Sebastián/Donostia (Gipuzkoa)/ Spanien)


Die Wiedergabe der Märchen der Brüder Grimm auf Baskisch und ihre Aufnahme im Baskenland
Die ersten Übersetzungen stammen aus dem Jahr 1929. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die
sogenannte Baskische Renaissance literarisch und kulturell auf ihrem Höhepunkt; ebenfalls nehmen
Humanisten verschiedener Richtungen die wissenschaftliche Erfassung baskischen Brauchtums in
Angriff, und zur gleichen Zeit entsteht die baskische Schule.

In diesem Zusammenhang trugen oben genannte Übersetzungen dazu bei, die Kinder eines
blühenden nationalen Bürgertums in der baskischen Sprache zu erziehen. Sie charakterisieren sich
durch ihre Domestizierung (Venuty, 1995) und ihre ethnozentrische Prägung: sie passen sich an die

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Zielkultur an und enthalten Manipulierungen (Lefevere, 1997) im Bereich der materiellen Kultur und
im ideologisch-religiösen Bereich.

Nach den Kriegen (spanischer Bürgerkrieg und Zweiter Weltkrieg) wird die Textproduktion in der
baskischen Sprache von Grund auf unterbunden. In Bezug auf die Kinder- und Häusmarchen gibt es
nur wenig: eine schöne Wiedergabe von „Hänsel und Grethel” (J. Etxepare, Mendekoste gereziak) im
kontinentalen Baskenland, und einige illustrierte Sammlungen aus den 60er und 70er Jahren im
Baskenland der Halbinsel.

So müssen wir warten bis zur sogenannten zweiten Baskischen Renaissance der 80er und 90er Jahre,
um wieder die Brüder Grimm zu lesen. In dieser Zeit nehmen die Übersetzungen und
Überarbeitungen der KHM quantitativ das Zentrum des Sektors der importierten Kinderliteratur ein.

Zubillaga, Naroa (Vitoria-Gasteiz/Spanien)


Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm auf Baskisch
Wie in vielen anderen Fällen war der Einfluss der Brüder Grimm auf die baskische Kinder- und
Jugendliteratur (KJL) sehr bedeutend.

Die erste Übersetzung von Grimms Kinder- und Hausmärchen ins Baskische wurde 1929
veröffentlicht, und war gleichzeitig die erste KJL-Übersetzung aus dem Deutschen ins Baskische. Die
Übersetzung stammt von Ipolito Larrakoetxea. Er modifizierte dabei Erzählelemente wie z.B. Eigen-
und Ortsnamen, so dass sie in den baskischen Kontext passten. Nach dieser ersten Übersetzung
folgten viele weitere: die meisten davon sind Bearbeitungen oder verkürzte Versionen.

Im Vortrag werde ich zuerst einen Überblick über die allgemeine Geschichte der aus dem Deutschen
ins Baskische übersetzten KJL und besonders über die Geschichte der Übersetzungen der Kinder- und
Hausmärchen (KHM) der Brüder Grimm geben. Danach werde ich die unterschiedlichen Versionen
genauer analysieren, d.h. mich auf die unterschiedlichen Übersetzungsmethoden beziehen. Zum
Schluss werde ich einige Überlegungen über die KJL-Übersetzungen ins Baskische bzw. in
Minderheitssprachen allgemein darstellen.

Zuch, Rainer (Marburg)


Das Bild vom Märchen. Otto Ubbelohdes Illustrationen zur Jubiläumsausgabe der Kinder- und
Hausmärchen der Brüder Grimm 1907-09
Otto Ubbelohde zählt zu den wichtigsten und einflussreichsten Illustratoren der Grimmschen
Märchen, der deren Bild wohl am nachhaltigsten geprägt hat. Für die 1907-09 erschienene
Jubiläumsausgabe des Leipziger Turm-Verlages schuf er 448 Federzeichnungen. Ausgaben mit seinen
Illustrationen sind bis heute erhältlich. Der Vortrag möchte seiner spezifischen Auffassung der
Märchen nachgehen und sie im Kontext seines Werkes und seiner Zeit verorten, was auch ein Licht
auf das Märchenverständnis des beginnenden 20. Jahrhunderts wirft.

Ubbelohdes umrisshafter und flächiger Zeichenstil ist dem Jugendstil verpflichtet, was den
Darstellungen auch zu einer gewissen Allgemeingültigkeit und Zeitlosigkeit verhilft. Durch die
Integration spezifisch hessischer Motive verschafft Ubbelohde den Märchen zugleich eine räumlich-
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topographische Verankerung im Sinne einer regionalen Identifizierung. Er versetzt konkrete Motive


durch ihre Neukontextualisierung im Märchen auf eine allgemeinere Ebene und schafft so einen
Raum, in dem Märchen und Region eine Wechselbeziehung eingehen. Darin spiegelt sich das
historische und regionale Interesse der Lebensreform um 1900. Schon für die Grimms waren die
Märchen Zeugen einer uneinholbaren Vergangenheit und ihre Erfassung und Lexikalisierung von
historischem Interesse geprägt. Für Ubbelohde waren Grimms Märchen wie auch die Wahrnehmung
der hessischen Heimat nicht mehr unmittelbar zugänglich, sondern durch vielfache Rezeption bereits
gebrochen; Märchen, Volkskunst und Landleben waren als lebendige Gegenwart im Verschwinden
begriffen und eben deshalb Gegenstand seines künstlerischen Interesses.

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