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Neuropsychiatrie, Band 22, Nr. 3/2008, S.

189–197
Original
Original
Therapieevaluation der Psychodynamisch
Imaginativen Traumatherapie (PITT)
im stationären Setting

Astrid Lampe1, Horst Mitmansgruber1, Ursula Gast2,


Gerhard Schüssler1 und Luise Reddemann3

1
Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie,
Medizinische Universität Innsbruck
2
Klinik für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin Johannesstift,
Evangelisches Krankenhaus Bielefeld
3
Im Mediapark 15, Köln

Schlüsselwörter: oder psychotherapeutische Therapien Treatment outcome of Psycho-


Komplexe Posttraumatische Belas- erhielt, verglichen. Daten zu PTSD, dynamic Trauma Therapy in an
tungsstörung – Traumatherapie – Kind- Dissoziation, Depression, Ängstlich- inpatient setting
licher Missbrauch keit, Somatisierung und zur Fähigkeit Objective: Chronic traumatization
sich selbst zu beruhigen wurden zum with the beginning in childhood may
Zeitpunkt der stationären Aufnahme, result in a number of additional pro-
Keywords: bei Beendigung der Therapie und 6 blems not included in the diagno-
Complex traumatic stress disorder Monate später erhoben. Die Kon- sis of Posttraumatic Stress Disorder
(cPTSD) – Trauma therapy – Child abuse trollgruppe wurde in vergleichbaren (PTSD). The efficacy of a three-stage
Zeiträumen untersucht. Ergebnisse: psychodynamically oriented inpati-
In der Behandlungsgruppe zeigten ent treatment program (PITT) and the
sich signifikante Verbesserungen in role of chronic childhood threat on
Therapieevaluation der Psycho- allen gemessenen Parametern von der treatment outcome was investigated.
dynamisch Imaginativen Trauma- stationären Aufnahme hin zur Ent- Methods: A six-week treatment
therapie (PITT) im stationären lassung, die meisten konnten auch 6 group of 84 inpatients were compa-
Setting Monate später noch aufrecht erhalten red with 43 wait-list controls with
Anliegen: Chronische Traumatisie- werden. Unter Berücksichtigung der "treatment as usual" (outpatient psy-
rung in der Kindheit führt zu einer Schwere der Traumatisierung zeigten chotherapy or psychiatric treatment
Reihe von körperlichen und psy- sich signifikante Verbesserungen der in the meanwhile). Using measures
chischen Symptomen, die weit über Behandlungsgruppe im Vergleich zur on PTSD, dissociation, depression,
die Symptomatik einer PTSD hi- Kontrollgruppe hinsichtlich Depres- selfsoothing, anxiety and somatiza-
nausgehen. In der vorliegenden Stu- sion, Ängstlichkeit, Somatisierung, tion, assessments were made at ad-
die wurde die Psychodynamische und Selbstberuhigung nach der Ent- mission, at discharge and 6 months
Imaginative Traumatherapie (PITT) lassung und 6 Monate nach Thera- postdischarge. Assessments for the
nach Reddemann unter Berücksichti- pieende. Schlußfolgerungen: Die outpatient control group were made
gung der Schwere der erlebten Trau- Studienergebnisse zeigen, dass die at comparable time spans. Results:
matisierung evaluiert. Methode: 84 Psychodynamisch Imaginative Trau- In the treatment group significant im-
PatientInnen wurden stationär über matherapie eine effektive Methode provements emerged on all investiga-
6 Wochen mit PITT behandelt und zur Therapie traumatisierter Men- ted parameters (depression, intrusion,
mit einer ambulanten Kontrollgrup- schen darstellt und dass insbesondere avoidance, anxiety, somatization,
pe (N=43), die psychiatrische und/ PatientInnen mit schwerer kindlicher and self-soothing) from baseline to
Traumatisierung von dieser Methode discharge, many of which could be
profitieren. maintained over a period for 6 months.
© 2008 PITT especially supports the stabili-
Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle
ISSN 0948-6259
zation of patients with experiences of
Lampe, Mitmansgruber, Gast, Schüssler, Reddemann 190

childhood chronic threat and insecure der Komplexität sowie Dauer und Traumatherapie (PITT) wurde von
attachment. Gains in depression, an- Schwere des Traumas und der Unter- L. Reddemann ursprünglich für die
xiety, somatization, and self-soothing stützung, welche der oder die Betrof- stationäre Behandlung komplex
were also significant in comparison fene zum Zeitpunkt des Geschehens traumatisierter Patientinnen mit aus-
to the control group. Conclusions: erhielt [6]. Zumeist ist eine stationäre geprägten dissoziativen Störungen
Our results suggest that PITT offered Behandlung dieser PatientInnen un- entwickelt. Es handelt sich um ein
on an inpatient basis is an effective umgänglich. Die Diagnose hat bis- psychodynamisch orientiertes Thera-
treatment for severely traumatized lang noch keinen Eingang in das ICD pieverfahren, das speziell die Fähig-
patients that gives impetus to change oder DSM gefunden und es liegen keit zur Selbstberuhigung unterstützt.
which should be supplemented with keine Therapieleitlinien vor. Das Verfahren wurde von Redde-
further trauma-specific outpatient mann und Sachsse auch überregional
therapy to stabilize gains. Nach unserem Wissen gibt es fünf in Kursen gelehrt und hat mittlerweile
kontrollierte Therapiestudien, die den im deutschen Sprachraum (Deutsch-
Behandlungserfolg bei Patientinnen land, Österreich und Schweiz) weite
und Patienten mit kindlicher Trau- Verbreitung gefunden, obwohl bisher
Einleitung matisierung im stationären Setting keine Wirksamkeitsstudien dieser
überprüfen [3, 4, 15, 19, 23]. Die Stu- Methode vorliegen.
Übersichtsarbeiten zeigen, dass in Eu- dien konzentrieren sich ausschließ- Das Ziel dieser Studie war es, die Psy-
ropa 6-36% der Mädchen und 1-15% lich auf Opfer sexueller Gewalt und chodynamisch Imaginative Trauma-
der Knaben sexualisierter Gewalt ließen andere bzw. komplexe Formen therapie (PITT) nach L. Reddemann
ausgesetzt sind. Die Prävalenzraten kindlicher Traumatisierung außer im stationären Setting zu evaluieren
für physischen Missbrauch rangie- Acht. Es wurden vor allem kognitiv- und in zweiter Linie den Einfluss
ren zwischen 5 und 50% bei den un- behaviorale Therapien, die entweder chronischer Traumatisierung auf den
ter sechzehn Jährigen [13]. Obwohl in Gruppen- oder Einzelsettings an- Therapieerfolg zu untersuchen.
zahlreiche Arbeiten die Folgen chro- gewandt wurden, untersucht. Keine
nischer Traumatisierung in der Kind- der genannten Studien evaluierte
heit für die physische und psychische eine modifizierte psychodynamische
Gesundheit im Erwachsenenalter be- Traumatherapie, zumeist diente eine Material und Methoden
legen [8,9,17], beschäftigen sich nur Wartegruppe als Kontrollgruppe.
wenige Studien mit der Behandlung Die psychodynamisch imaginative
dieser PatientInnen. Im deutschen Sprachraum werden Traumatherapie (PITT)
Menschen, die in ihrer Kindheit chro- neben Debriefing und kognitiv-be-
nischer Traumatisierung ausgesetzt havioralen Therapieformen, EMDR PITT konzentriert sich auf Patient-
waren, leiden neben einer PTSD un- und modifizierte psychodynamische Innen, die schwere kindliche Trau-
ter einer Fülle zusätzlicher schwer- Therapien zur Behandlung traumati- matisierung erlebt haben und trägt
wiegender Symptome: Depressionen, sierter PatientInnen eingesetzt. Kön- dem Umstand der chronischen Ver-
Angst, Selbsthass, Dissoziation, Hoff- nen sich vor allem EMDR und Ver- unsicherung und Bedrohung zentral
nungslosigkeit, Substanzmissbrauch, haltenstherapeutische Verfahren auf Rechnung. Die Form der Behandlung
selbstdestruktivem und risikoreichem einige Studien mit einem positiven liegt als Manual vor [14].
Verhalten. Sie laufen Gefahr, neuer- Wirksamkeitsnachweis und differen- Die Psychodynamisch Imaginative
lich Opfer von gewaltsamen Übergrif- tiellen Indikationen berufen, fehlen Traumatherapie (PITT) nutzt auf
fen zu werden, haben Schwierigkeiten diese für die psychodynamisch orien- psychodynamischer Grundlage die
in der Beziehung zu anderen Men- tierten Verfahren nahezu vollständig Fähigkeit der Vorstellungskraft in
schen, insbesondere in Liebesbezie- [16]. In der von Van Etten und Tay- allen Phasen der Traumatherapie.
hungen, und leiden unter zahlreichen lor [21] durchgeführten Metaanaly- Zunächst wird mit der Imagination,
somatischen und psychosomatischen se werden behaviorale Therapien, dass zwei Erwachsene gemeinsam
Beschwerden [6]. Nach Herman [10] EMDR und der Einsatz von SSRI`s an den Problemen jüngerer, verletz-
werden diese Traumafolgestörungen bei der Behandlung der PTSD als ter Ichs arbeiten, ein Arbeitsbündnis
unter dem Begriff „Komplexe Post- wirksam beschrieben, eine psycho- installiert. Anschließend wird bei der
traumatische Belastungsstörung“ dynamische Kurzzeitpsychotherapie Anamneseerhebung sorgfältig darauf
zusammengefasst. Die Symptomatik nach Horowitz [11] konnte eine Ef- geachtet, dass sowohl die belasten-
ist außerordentlich schwierig zu be- fektstärke von 0.90 bei der Reduktion den wie die gelingenden Anteile der
handeln. Sie differiert je nach Alter der PTSD Symptomatik erzielen. Biographie gewürdigt werden. Die
in dem die Traumatisierung stattfand, Erinnerungsfähigkeit an Freudiges
der Beziehung des Opfers zum Täter, Die psychodynamisch imaginative wird durch Nutzung imaginativer
Therapieevaluation der Psychodynamisch Imaginativen Traumatherapie (PITT) im stationären Setting 191

Techniken gefördert, zusätzlich wird Deutschkenntnisse und Traumatisie- vorgekommen“ bis 5 „häufig vorge-
die Wahrnehmung von Ressourcen rung vor dem 16. Lebensjahr. Patien- kommen“ anhand einer Ratingskala
geschult. Die Stabilisierung erfolgt tInnen in einer akuten psychotischen von den PatientInnen eingeschätzt.
des Weiteren durch Angebote von Episode, mit einer aktuellen Abhän- Beim CTQ handelt es sich um ein
heilsamen imaginativen Übungen, gigkeitserkrankung oder aktuellem kurzes, reliables (Test-Retest Relia-
Arbeit mit dem „inneren Kind“ bzw. Konsum psychotroper Substanzen, bilität rtt=.88) und valides Instrument
präziser jüngeren verletzten Ichs, wo- wurden von der Studie ausgeschlos- zur Erfassung von Missbrauch und
bei diese imaginativ liebevoll versorgt sen. Von November 2003 bis Juli 2004 Vernachlässigung in der Kindheit.
werden und lernen, dass sie jetzt in ei- wurden 133 Patienten und Patien-
ner anderen Zeit existieren. Maligne tinnen der Abteilung zugewiesen und Schwere Traumatisierung wurde als
Innenanteile (Täterintrojekte) werden 96 PatientInnen gaben ihre schrift- CTQ Wert über 20 Punkte in einer
als früher nützlich und hilfreich ge- liche Einverständniserklärung zur der genannten Dimensionen definiert
würdigt und eingeladen, sich bewusst Studienteilnahme. Die PatientInnen (bzw. Inkonsistenz über 12 Punkte).
zu werden, dass auch sie jetzt in einer der Behandlungsgruppe wurden ins- (Eine Subskala umfasst üblicherwei-
anderen Zeit existieren und daher eine gesamt dreimal untersucht: Zum Zeit- se 5 Items mit einem entsprechenden
andere Art von Hilfe durch sie erfor- punkt der stationären Aufnahme, nach Range von 5 bis 25 Punkten, Inkon-
derlich ist. Die Arbeit mit jüngeren Beendigung des stationären Aufent- sistenzerleben umfasst 3 Items mit
Ichs und Täterintrojekten basiert auf haltes und 6 Monate nach Abschluss einem Range von 5 bis 15, mit einem
den Konzepten der ego-states nach der stationären Therapie. Cut-off bei 12 Punkten).
Federn und Watkins [22]. Da in der Klinik nur beschränkt The-
Traumakonfrontation erfolgt mittels rapieplätze zur Verfügung standen, Von Chronischer Traumatisierung
der Beobachtertechnik, so schonend wurde immer eine Warteliste in der wurde dann gesprochen, wenn schwe-
wie möglich. Es wird Wert darauf ge- Reihenfolge der Zuweisung geführt. rer emotionaler Missbrauch und in ei-
legt, Affektüberflutung zu verhindern PatientInnen der Warteliste wurden ner weiteren der genannten Dimensi-
und eine Situation größtmöglicher in- angeschrieben und um ihre Teilnah- onen schwere Traumatisierung vorlag.
nerer Sicherheit zu gestalten. me an der Studie gebeten. Es wurde
In der 3. Phase der Behandlung (In- ihnen schriftlich zugesichert, dass Um die Schwere der intrusiven und
tegration, Trauern und Neubeginn) die Teilnahme an der Studie in kei- konstriktiven Symptome (PTSD) ein-
wird die Imagination vor allem ge- ner Weise die stationäre Aufnahme zuschätzen, wurde die Impact of event
nutzt, um mit Hilfe der Vorstellungs- in die Klinik beeinflussen würde. 56 scale (IES) in der deutschen Überset-
kraft neues Verhalten und Handeln PatientInnen der Warteliste gaben ihr zung eingesetzt. Die 15 Items umfas-
zunächst innerlich vorzubereiten, um schriftliches Einverständnis und wur- sende Liste wurde sowohl hinsicht-
es danach im Alltag umzusetzen. den in den entsprechenden Zeiträu- lich intrusiver wie auch konstriktiver
Während des Untersuchungszeit- men untersucht. Symptome als reliabel (Cronbach’s
raums nahmen die PatientInnen ein- alpha= (im Mittel) .86 und .90, Test
mal wöchentlich an einer Gruppen- Retest Reliabilität .87tt=s.o. (innerhalb
sitzung und zweimal wöchentlich an Untersuchungsinstrumente einer Woche) und veränderungssensi-
Einzelsitzungen teil. tiv [5] eingeschätzt [11].
Die demographischen Daten wur-
den schriftlich, mit Hilfe eines Erhe- Zur Erhebung dissoziativer Symp-
Stichprobe bungsbogens erfasst. tome verwendeten wir den FDS, Fra-
Zur Erhebung der biographischen gebogen dissoziativer Symptome. Es
In die Untersuchung wurden konse- traumatischen Ereignisse wurde der handelt sich hierbei um die deutsche
kutiv die stationären PatientInnen der Childhood Trauma Questionnaire Version des DES, die zusätzlich 16
Abteilung für Psychosomatik des Ev. (CTQ) [2] (auf Deutsch: Fragebo- Items der zusätzlich im ICD 10 ent-
Johannes Krankenhauses in Bielefeld gen zur Erhebung von Traumatisie- haltenen Symptome für dissoziative
eingeschlossen. Die Abteilung für rung in der Kindheit) verwendet. Der Phänomene enthält. Die Skala weist
Psychosomatik wurde bis Ende 2003 CTQ ist ein 28 Items umfassender eine gute Test-Retest Reliabilität
von L. Reddemann geleitet und PITT Selbstbeurteilungsbogen, der sechs (rtt=.88), eine hohe interne Konsistenz
wurde hier entwickelt. Alle Patient- Bereiche kindlicher Traumatisierung (split half=.90, Cronbach’s alpha=
Innen, die der Abteilung zugewiesen beschreibt (emotionaler, physischer .94) und eine gute Konstruktvalidität
wurden, wurden um die Teilnahme und sexueller Missbrauch, emotio- auf [18].
an der Studie gebeten, sofern sie die nale und physische Vernachlässigung
Einschlusskriterien erfüllten. Die Ein- und Inkonsistenzerfahrungen). Die Zur Einschätzung der Depression
schlusskriterien waren ausreichende einzelnen Items werden von 1 „nie wurde das Beck Depressionsinventar
Lampe, Mitmansgruber, Gast, Schüssler, Reddemann 192

verwendet (BDI) [1]. unabhängige T-Tests verwendet. Un- nahmen und den PatientInnen, die
Die Fähigkeit sich selbst zu beruhigen terschiede zwischen den PatientInnen die Therapie abbrachen bzw. an der
und Kontrolle über überflutende Ge- innerhalb einer Gruppe von Aufnah- Nachbefragung nicht teilnahmen.
fühle zu erlangen, ist eine der wich- me zur Entlassung wurden mit rA- 56 PatientInnen der Warteliste füllten
tigsten Ziele der Psychodynamisch NOVAs gerechnet. die Bögen zum Zeitpunkt t1 aus. 6
Imaginativen Traumatherapie (PITT). Gemischte lineare Modelle (Linear Wochen später wurde ihnen der zwei-
Da es unseres Wissens diesbezüglich mixed effects model) (SPSS 11.5 für te Satz Fragebögen zugesandt. 43
keinen Fragebogen oder Interviews Windows; SPSS, Chicago; IL) wur- PatientInnen (76,8%; 10 Männer und
gibt, verwendeten wir 8 visuelle Ana- den für den Zeitraum 6 Monate nach 33 Frauen) schickten vollständige
logskalen, anhand derer die Patien- der Entlassung verwendet [12]. Datensätze zurück. 7 PatientInnen
tInnen ihre Fähigkeit eigene Gefühle Haupteffekte und Interaktionen zwi- wurden mittlerweile stationär aufge-
zu regulieren einschätzen (z.B. „Ich schen den Gruppen wurden bei p< nommen und wurden deswegen aus
kann mich selbst beruhigen“, „Ich 0.5 als signifikant angegeben. Falls der Kontrollgruppe ausgeschlossen. 6
kann Gefühle, die mir Angst oder es nicht anders ausgewiesen wurde, Monate später füllten noch 29 Patien-
Unruhe einflößen, regulieren“ von wurden in den Tabellen Mittelwerte + tInnen (67,4%) die Fragebögen voll-
0-100). Die 8 Items betreffen die Standardabweichungen angegeben. ständig aus. Auch hier gab es keine
Bereiche Selbstberuhigung, negative signifikanten Unterschiede zwischen
Gedanken und Gefühle, belasten- StudienteilnehmerInnen und Studien-
de Erinnerungen, selbstdestruktives abbrechern.
Verhalten und die Fähigkeit anderen Ergebnisse Im Durchschnitt waren die Patien-
Menschen zu vertrauen. Zur Auswer- tInnen der Behandlungsgruppe und
tung wurde der Summenscore der 8 Soziodemographische Daten der Wartegruppe 41 Jahre alt (PITT:
Items herangezogen. M=40,9 Jahre; SD=9,9; Kontroll-
Die innere Konsistenz des Frage- 96 Patienten und Patientinnen gaben gruppe: M=40,7 Jahre; SD=8,4). In
bogens kann mit Cronbach’s alpha ihre schriftliche Einverständniserklä- der Behandlungsgruppe besuchten
=.85 als gut bezeichnet werden. Die rung, an der Studie teilzunehmen. Sie 22,7% die Grundschule oder hatten
Hauptkomponentenanalyse ergab werden im weiteren als Behandlungs- eine geringere Schulbildung, 31%
zwei Faktoren mit Eigenwerten >1 gruppe (PITT Gruppe) bezeichnet. 84 hatten einen Pflichtschulabschluss
(Faktor 1 Eigenwert=4.561; Faktor PatientInnen (87,5%; 8 Männer und und 40% hatten einen Universitäts-
2 Eigenwert=1.090). Faktor 1 klärte 74 Frauen) schlossen die Therapie abschluss.
57% der Varianz, wobei alle Items in Bielefeld ab und füllten am Ende 20,5% waren verheiratet oder lebten
eine Gewichtung von über .50 an des stationären Aufenthaltes (t2) die in einer Lebensgemeinschaft, 16,9%
Faktor eins hatten und zwei Items an Fragebögen aus. 6 Monate nach The- waren geschieden, 6,0% lebten ge-
beiden Faktoren. Daher wurden alle rapieende konnten noch 54 Patien- trennt, 2,4% waren verwitwet und
Items beibehalten. Ein Scree Plot tInnen (64,3%) erreicht werden und 54,2 % lebten allein.
Analyse ergab eine deutlich sichtbare füllten die Bögen aus. In die weitere Es gab keine signifikanten Unter-
Differenz zwischen dem ersten und Datenanalyse wurden ausschließlich schiede zwischen den beiden Grup-
den übrigen Faktoren und bestätigte PatientInnen, deren vollständige Da- pen hinsichtlich Bildungsstand
die Ein - Faktoren Lösung eindeutig. ten zum Zeitpunkt t1 und t2 vorlagen, (X2=4.198, df=5, p=.52) und Famili-
Darüber hinaus wurde die 90 Items einbezogen. enstand (X2=4.389, df=4, p=.36).
umfassende (9 Subskalen) Symptom Bei einem Großteil (87,8%) der Pa- Alle PatientInnen der Warteliste wa-
Check Liste, SCL-90-R [7] verwen- tientInnen wurden mindestens drei ren während der Wartezeit für die sta-
det. Der Selbstbeurteilungsbogen Diagnosen gestellt. In 68,1 % wurde tionäre Aufnahme in psychiatrischer
wird auf einer 5 Punkte Skala geratet, die Komplexe Posttraumatische Be- und / oder psychotherapeutischer Be-
zwei Subskalen, Ängstlichkeit und lastungsstörung als Hauptdiagnose handlung, jedoch nicht in spezifischer
Somatisierung, wurden ausgewer- angegeben. Die zweithäufigste Dia- traumatherapeutischer Behandlung.
tet und in die weitere Datenanalyse gnose waren dissoziative Störungen
miteinbezogen. (11,3%) gefolgt von Depressionen
(5,5%), Phobien und Angststörungen Klinische Ergebnisse und Trauma-
(5,6%). tisierung in der Kindheit
Statistische Auswertung Es gab keine signifikanten Unterschie-
de bezüglich soziodemographischer Traumatisierung in der Kindheit
Kategoriale Daten wurden mit Hilfe Daten oder dem Ausmaß der Trauma-
von Chi-Quadrat Tests verglichen. tisierung zwischen den PatientInnen, 84% der PatientInnen berichteten
Zum Mittelwertvergleich wurden die bis zum Ende an der Studie teil- über traumatische Erfahrungen vor
Therapieevaluation der Psychodynamisch Imaginativen Traumatherapie (PITT) im stationären Setting 193

ihrem 11. Lebensjahr und 8% als Ju- (F = 44.990; df = 1; p = .00). Mittel-


gendliche, im Alter von 11-16 Jahren. Veränderung der klinischen Sym- wertvergleiche zwischen Aufnahme
77,9% der PatientInnen wurden über ptomatik: Vergleich zwischen den und Entlassung zeigten signifikante
mehrere Jahre traumatisiert. Es gab beiden Gruppen Verbesserungen in allen gemessenen
keine Unterschiede hinsichtlich der Parametern (außer dissoziativer Sym-
Angaben bezüglich der Dauer der Zum Zeitpunkt t1 unterschieden sich ptome). Die Verbesserungen konnten
Traumatisierung zwischen der Be- die beiden Gruppen hinsichtlich de- auch im Follow-up Zeitraum von 6
handlungs- und der Kontrollgruppe pressiver Symptomatik, PTSD Sym- Monaten aufrechterhalten werden,
(X2=2.384; df=4; p=.67). ptome, Ängstlichkeit, Somatisierung lediglich IES Werte erreichten nach
und Selbstberuhigung nicht signifi- 6 Monaten keine Signifikanz, blie-
Schwere Traumatisierung (sTr): Die kant von einander (siehe Tab. 2). Es ben jedoch unter den Werten, die zum
in beiden Gruppen am häufigsten ge- gab ebenso keine signifikanten Un- Zeitpunkt der stationären Aufnahme
nannte schwere Traumatisierung war terschiede zum Zeitpunkt der statio- erhoben wurden (siehe Tab 2).
emotionale Vernachlässigung (65,2%) nären Aufnahme hinsichtlich disso- Bei der Kontrollgruppe konnten kei-
und Misshandlung (44,2%), gefolgt ziativer Symptome zwischen der Be- ne signifikanten Veränderungen be-
von sexualisierter Gewalt (45,9%) handlungs- (M= 842,7; SD= 612,3) züglich der gemessenen Parameter
und Inkonsistenzerfahrung (44,2%). und der Kontrollgruppe (M=1052,1; beobachtet werden. Der Vergleich
Körperliche Gewalt und Vernach- SD=656,3; p=.08). zwischen den beiden Gruppen über
lässigung wurden seltener berichtet Die ANOVA mit Messwiederho- alle drei Messzeitpunkte zeigte signi-
(12,5% bzw. 9,7%). Hinsichtlich der lungen zeigte signifikante Effekte fikante Verbesserungen der Behand-
Art schwerer Traumatisierungen gab zwischen Aufnahme und Entlassung lungsgruppe im Vergleich zur Kon-
es keine signifikanten Unterschiede bei den PatientInnen in der Behand- trollgruppe in Bezug auf Depression
zwischen den beiden Gruppen (siehe lungsgruppe (Pillai`s trace =.430, und Selbstberuhigung (Depression F
Tab.1). F=7.868, df=7; p=.00). Hochsigni- = 5.756; df = 1; p = .02; Selbstberuhi-
Chronische Traumatisierung (ChT): fikante Effekte konnten bezüglich gung F = 24.879; df = 1; p = .00).
48,6% (N=37) der Behandlungsgrup- Depression, Intrusion, Vermeidung,
pe und 34% (N=15) der Wartegruppe Ängstlichkeit, Somatisierung und des
wurden als chronisch traumatisiert Ausmaßes der Fähigkeit zur Selbst- Gruppenvergleiche unter der
eingeschätzt. Chi-Quadrat-Tests er- beruhigung gezeigt werden (Depres- Miteinbeziehung chronischer Trau-
gaben keine signifikanten Gruppen- sion (F = 23.952; df = 1; p = .00), matisierung
unterschiede hinsichtlich der Häu- Intrusion (F = 14.144; df = 1 p = .00),
figkeit chronischer Traumatisierung Vermeidung (F = 8.681; df = 1; p = Zum Zeitpunkt der Aufnahme zeigten
zwischen den beiden Gruppen (X2= .00), Ängstlichkeit (F = 13.911; df = sich in allen gemessenen Parametern
3.34; df=1; p=.70). 1 p = .00), Somatisierung (F = 7.304; signifikante Unterschiede zwischen
df = 1; p = .01) und Selbstberuhigung den PatientInnen mit schwerer chro-

Behandlungsgruppe Kontrollgruppe
(N = 72) N (%) (N = 41) N (%)

sTr wsTr sTr wsTr χ2 df p

Emotionaler Missbr. 36 (50.0) 36 (50.0) 14 (34.1) 27 (65.9) 2.7 1 .10

Sexueller Missbr. 36 (52.9) 32 (47.1) 14 (34.1) 27 (65.9) 3.6 1 .06

Physischer Missbr. 10 (14.1) 61 (85.9) 4 (9.8) 37 (90.2) .4 1 .51

Emotionale Vernachl. 45 (63.4) 26 (36.6) 28 (68.3) 13 (31.7) .3 1 .60

Physische Vernachl. 8 (11.1) 64 (88.9) 3 (7.3) 38 (92,7) .4 1 .51

Inkonsistenzerf. 35 (48.6) 37 (51.4) 15 (36.6) 26 (63.4) 1.5 1 .22

Note: Die Fallzahl differiert von der in Tab 2 angegebenen N aufgrund fehlender Angaben im CTQ

Tabelle 1: Art der Traumatisierung (CTQ) schwere Traumatisierung (sTr), weniger schwere Traumatisierung (wsTr),
Behandlungsgruppe (PITT) vs. Kontrollgruppe
Lampe, Mitmansgruber, Gast, Schüssler, Reddemann 194

Entlassung Follow-up
Gruppe (N) Aufnahme p
(6 Wochen) (6 Monate)

BDI .02a
PITT (84-53) 25.4 ± 10.4 19.8 ± 11.1c 22.0 ± 11.9c .00b
Kontrolle (43-28) 27.2 ± 10.9 24.5 ± 14.1 26.3 ± 15.2 .04b
IES – Intrusion .46
PITT (84-51) 23.8 ± 8.5 20.4 ± 8.6c 22.6 ± 9.4 .02b
Kontrolle (40-28) 21.7 ± 9.9 21.2 ± 9.3 21.8 ± 9.9 .75
IES – Vermeidung .13
PITT (84-51) 21.8 ± 10.0 19.6 ± 9.3c 19.8 ± 9.8 .13
Kontrolle (41-28) 22.1 ± 9.2 21.5 ± 8.8 22.4 ± 11.7 .81
SCL90R – Angst .78
PITT (84-54) 1.8 ± 0.8 1.4 ± 0.8c 1.5 ± 0.8c .00b
Kontrolle (43-28) 1.7 ± 1.0 1.6 ± 1.0 1.6 ± 1.1 .53
SCL90R – Somatisierung .55
c c
PITT (84-54) 1.4 ± 0.8 1.2 ± 0.7 1.3 ± 0.8 .00b
Kontrolle (43-28) 1.5 ± 0.8 1.3 ± 0.8 1.4 ± 0.9 .92
Selbstberuhigung .00a
PITT (84-54) 46.0 ± 15.9 58.8 ± 15.3c 53.4 ± 18.5c .00b
Kontrolle (43-28) 41.1 ± 17.6 42.8 ± 18.9 45.2 ± 20.5 .99

BDI, Beck Depression Inventar; IES, Impact of Event Scale; SCL90R, Symptom Checklist – Revised.
a
Signifikante Effekte zwischen den Gruppen "PITT" vs. "Kontrolle" (mixed effects model);
b
Signifikante Effekte innerhalb der Gruppe (rANOVA).
c
Signifikante Unterschiede im Mittel zur Aufnahme (t1) (independent sample t-test).
Angaben in Mittelwerten und Standardabweichung

Tabelle 2: Veränderungen der klinischen Parameter über die drei Messzeitpunkte Behandlungsgruppe (PITT) (N = 84)
vs. Kontrollgruppe(N = 43)

nischer Traumatisierung und solchen gemischter Modelle unter Berück- Ängstlichkeit, Somatisierung und
PatientInnen, die weniger schwere sichtigung der schweren chronischen Selbstberuhigung. Auch nach sechs
chronische Traumatisierungen erlebt Traumatisierung zeigte signifikante Monaten blieben die chronisch
hatten. PatientInnen mit schweren Unterschiede zwischen der Behand- schwer traumatisierten PatientInnen
chronischen Traumatisierungen zeig- lungsgruppe und der Wartegruppe. der Behandlungsgruppe hinsicht-
ten zum Zeitpunkt t1 signifikant hö- Am Ende des stationären Aufent- lich der Symptomatik gegenüber der
here Werte bezüglich Depression, In- haltes erreichten die PatientInnen Kontrollgruppe signifikant gebessert
trusion, Vermeidung, Ängstlichkeit, mit schwerer chronischer Trauma- (siehe Tab. 3).
Somatisierung und eine signifikant tisierung, die mit PITT behandelt
geringere Fähigkeit sich selbst zu be- wurden, signifikante Verbesserungen
ruhigen. im Vergleich zur Kontrollgruppe
Die Datenanalyse mit Hilfe linear hinsichtlich depressiver Symptome,
Therapieevaluation der Psychodynamisch Imaginativen Traumatherapie (PITT) im stationären Setting 195

Aufnahme Entlassung Follow-up p


Gruppe (N)
(6 Wochen) (6 Monate) Gruppe

BDI
ChTb,c PITT (35-25) 25.6 ± 10.9 19.7 ± 11.6d 20.8 ± 12.6d .00a
Kontr. (14-9) 31.9 ± 10.9 32.5 ± 13.9 38.7 ± 13.8e
non-CHT PITT (37-24) 24.3 ± 9.9 19.0 ± 10.5d 22.8 ± 11.4
d
Kontr. (27-18) 24.6 ± 10.6 20.1 ± 12.9 19.6 ± 12.0
IES – Intrusion
ChTb,c PITT (35-24) 25.5 ± 8.0 23.8 ± 7.0 24.4 ± 8.6 .45
Kontr. (14-9) 26.9 ± 5.9 27.1 ± 6.7 30.4 ± 6.9
d
non-ChT PITT (37-23) 21.6 ± 8.0 17.6 ± 8.8 20.5 ± 10.5
Kontr. (24-18) 18.6 ± 10.5 18.0 ± 9.2 17.7 ± 8.6
IES – Vermeidung
ChTb PITT (35-25) 23.2 ± 9.8 21.2 ± 8.2 21.9 ± 10.1 .08
Kontr. (14-9) 25.5 ± 7.4 24.4 ± 7.8 28.2 ± 9.3
non-ChT PITT (37-23) 20.1 ± 9.8 18.0 ± 10.2d 18.8 ± 9.3
Kontr. (25-18) 20.0 ± 10.0 19.6 ± 9.2 19.0 ± 11.9
SCL90R – Angst
ChTb,c PITT (35-25) 2.0 ± 0.9 1.6 ± 0.8d 1.6 ± 0.9d .02a
Kontr. (14-9) 2.3 ± 1.0 2.3 ± 1.0 2.7 ± 0.8
non-ChT PITT (37-25) 1.5 ± 0.6 1.3 ± 0.8 1.3 ± 0.8
Kontr. (27-18) 1.5 ± 0.9 1.2 ± 0.9 1.0 ± 0.8
SCL90R - Somatisierung
ChTb,c PITT (35-25) 1.6 ± 0.8 1.4 ± 0.8d 1.4 ± 0.7d .03a
Kontr. (15-10) 1.8 ± 0.9 1.8 ± 0.8 2.2 ± 0.7
non-ChT PITT (37-25) 1.2 ± 0.6 1.1 ± 0.7 1.1 ± 0.8
Kontr. (27-18) 1.3 ± 0.7 1.1 ± 0.8 0.9 ± 0.7
Selbstberuhigung
ChTb,c PITT (33-25) 48.0 ± 16.3 59.7 ± 14.6d 53.2 ± 19.7 .00a
Kontr. (14-9) 34.8 ± 16.5 35.9 ± 13.6 29.9 ± 17.1
d
non-ChT PITT (37-25) 46.7 ± 15.8 58.6 ± 15.5 55.1 ± 17.7d
Kontr. (27-17) 45.9 ± 16.8 47.7 ± 20.3 53.9 ± 17.9

BDI, Beck Depression Inventar; IES, Impact of Event Scale; SCL90R, Symptom Checklist – Revised.
a
Signifikanter Gruppeneffekt "PITT" vs. "Kontrolle";
b
Signifikanter Gruppeneffekt "ChT " vs. non-ChT;
c
Signifikante Interaktion "Gruppe * ChT";
d
Signifikante Verbesserung vs. baseline.
e
Signifikante Verschlechterung vs. baseline.
Mittelwerte ± Standardabweichung; Signifikanz p < 0.05.

Tabelle 3: Gruppenvergleich zwischen Behandlungs- (N = 72) und Kontrollgruppe (N = 41) unter Berücksichtigung
schwerer chronischer Traumatisierung (ChT). Veränderungen zwischen t1,t2,t3
Lampe, Mitmansgruber, Gast, Schüssler, Reddemann 196

Beobachtungszeitraum eine Trauma-


Diskussion Diese Studie wurde unter soge- Konfrontation durchgeführt, dennoch
nannten „natürlichen“ Bedingungen konnte im Untersuchungszeitraum
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen durchgeführt. Alle PatientInnen, die eine deutliche Verbesserung der
einen deutlichen Effekt der Psy- der Klinik zu einer Behandlung zu- Symptomatik vor allem der chro-
chodynamisch Imaginativen Trau- gewiesen wurden, wurden ohne Se- nisch schwer traumatisierten Patient-
matherapie (PITT) im untersuchten lektion in die Studie aufgenommen. Innen erreicht werden. Dieser Befund
Beobachtungszeitraum. Alle Patien- Die PatientInnen, die weiter auf einen könnte zu Überlegungen Anstoß ge-
tInnen, die an der stationären The- Behandlungsplatz warteten, waren ben, in wie weit Trauma-Konfron-
rapie teilnahmen, verbesserten sich unter ambulanter psychiatrischer und tation in dieser PatientInnengruppe
hinsichtlich der klinischen Sympto- /oder psychotherapeutischer Behand- zur Symptomreduktion notwendig
matik vom Zeitpunkt der stationären lung (treatment as usual, TAU). Die ist. Weitere kontrollierte Studien, die
Aufnahme bis 6 Monate nach Ende klinischen Daten weisen auf eine verschiedene spezifische traumathe-
des stationären Aufenthaltes. Im Ge- hoch belastete Gruppe von Menschen rapeutische Vorgehen im ambulanten
gensatz zu vergleichbaren Studien mit klinisch relevanten Depressions-, und stationären Setting miteinander
mit traumatisierten PatientInnen ge- Angst- und Somatisierungswerten und vergleichen, sind notwendig, um die
lang es uns, zumindest einen Großteil deutlichen Zeichen einer PTSD hin. Behandlung dieser schwer beeinträch-
der PatientInnen sechs Monate nach Die Werte für Dissoziation liegen tigten PatientInnengruppe noch weiter
Therapieende zu untersuchen. Un- über den Werten einer stationären zu verbessern.
abhängig von der Schwere der Trau- psychiatrischen PatientInnengruppe.
matisierung zeigten PatientInnen, die Etwa die Hälfte der PatientInnen war Wir danken Dr. Aligwekwe für die
eine PITT Behandlung erhielten am zum Zeitpunkt der Untersuchung al- Erhebung der Daten.
Ende der Therapie signifikant nied- leinstehend, ein möglicher Hinweis
rigere Depressionswerte und eine auf die schwere Beziehungsstörung,
größere Fähigkeit sich selbst zu be- unter der diese PatientInnen leiden.
ruhigen, als PatientInnen die keine Die untersuchten PatientInnen in die- Literatur
solche Behandlung erhielten. ser Studie entsprechen einem nicht
Besonders deutliche Unterschiede selektierten Klientel, es sind Patien- [1] Beck, A. T., Steer, R. A., Garbin, M. G.:
bezüglich des Therapieerfolges zeig- tInnen, wie sie normalerweise von Psychometric properties of the Beck
Depression Inventory: Twenty five years
ten sich, wenn chronisch schwere niedergelassenen PsychotherapeutIn- of evaluation. Clin Psychol Rev 8, 77-
Traumatisierung in die Analysen mit nen und ÄrztInnen in ihren Praxen 100 (1988).
einbezogen wurde. PatientInnen mit gesehen werden. Im Unterschied zu [2] Bernstein, D. P., Fink, L., Handelsman,
chronisch schwerer Traumatisierung anderen Therapiestudien [4,15,19] L., Foote, J.: Initial reliability and vali-
dity of a new retrospective measure of
in der Behandlungsgruppe verbes- brachen in dieser Studie nur sehr we-
child abuse and neglect. Am J Psychiat
serten sich signifikant gegenüber den nige PatientInnen (13%) die Therapie 151, 1132-1136 (1994).
schwer traumatisierten PatientInnen ab, was für eine hohe Akzeptanz des [3] Chard, K. M.: An evaluation of cognitive
in der Wartegruppe in allen gemes- therapeutischen Verfahrens spricht. processing therapy for the treatment of
senen Parametern. Dieser Erfolg Zwei wesentliche Einschränkungen posttraumatic stress disorder related to
childhood sexual abuse. J Consult Clin
konnte auch 6 Monate nach der The- dieser Arbeit müssen erwähnt wer- Psychol 73, 965-971 (2005).
rapie aufrechterhalten werden. Es fällt den: (1) Da es sich bei dieser Studie [4] Cloitre M., Koenen K. C., Cohen L. R.,
auf, dass PatientInnen der Wartegrup- um die Evaluation einer in einer Kli- Han H.: Skills training in affective and
pe, die in ihrer Kindheit chronisch nik durchgeführten Behandlung han- interpersonal regulation followed by
exposure : A phase-based treatment for
schwerer Traumatisierung ausgesetzt delt, in die PatientInnen zugewiesen
PTSD related to child abuse. J Consult
waren, sich im Beobachtungszeitraum werden, die einen starken Leidens- Clin Psychol 70, 1067-1074 (2002).
tendenziell verschlechterten. Diese druck aufgrund ihrer Symptomatik [5] Corcoran, K., Fischer, J.: Measures for
Ergebnisse könnten darauf hinwei- haben, konnte eine Randomisierung clinical practice. A sourcebook. 3rd Ed
sen, dass eine traumaspezifische Be- der Kontrollgruppe aus ethischen (2) Adults. The Free Press, New York
1994.
handlung besonders für PatientInnen Gründen nicht durchgeführt wer- [6] Courtois, C. A.: Complex trauma, com-
mit schweren Traumatisierungen in- den. (2) Eine weitere methodische plex reactions: assessment and treat-
diziert ist und dass PatientInnen, die Schwierigkeit der Arbeit stellt die ment. Psychother Theor Res Pract Train
weniger schweren Traumatisierungen ambulante Wartegruppe dar, da die 41, 412-425 (2004).
[7] Derogatis, L. R.: SCL-90-R
ausgesetzt waren, auch von ambulant Gruppenunterschiede auch durch die
Administration, scoring, and procedures
durchgeführten Psychotherapien und stationäre Aufnahme mit beeinflusst manual-II for the r(evised) version and
/ oder psychiatrischer Behandlung oh- werden konnten. other instruments of the psychopatholo-
ne Spezifikation gut profitieren. Bei nur neun PatientInnen wurde im gy rating scale. Towson: Clin Psychom
Therapieevaluation der Psychodynamisch Imaginativen Traumatherapie (PITT) im stationären Setting 197

Res (1992). with prolonged exposure and a waiting 552-559 (2005).


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