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Nahwärme aus Biomasse

Heizen mit Komfort

Ratgeber 36
Das Prinzip ist einfach: Eine zentrale Heiz­anlage erzeugt aus Biomasse warmes Wasser.
Ein Leitungsnetz transportiert die Nahwärme in die einzelnen Haushalte. Pro Haushalt wird
lediglich eine kleine Übergabestation benötigt. Wartungskosten für den eigenen Heizkessel
entfallen meist komplett, genauso wie die Lagerhaltungskosten für den Brennstoff.
Das Wärmeversorgungsunternehmen kümmert sich um alles – höchstmöglicher Komfort
inklusive. Da Biomasse ein erneuerbarer Energieträger ist, hat die Umwelt auch etwas davon.

I n vielen Gemeinden werden von LandwirtInnen


bzw. Energieversorgungsunternehmen zentrale Bio­
masse-Heizanlagen errichtet. Ziel ist es, öffentliche
Objekte, Wohnhäuser und Gewerbebetriebe in Orts­
kernen mit Wärme zu versorgen. Entlang der Leitungs­
trasse besteht auch für private AbnehmerInnen die
Möglichkeit, sich an die Wärmeversorgung anzuschlie­
ßen. In vielen Fällen ist der Anschluss an ein Nahwär­
menetz eine wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle
Alternative im Vergleich zu einer eigenen Heizanlage.

Die Heizanlage

FOTO: BMLFUW VERTEILERNETZ


Das Brennmaterial einer Biomasse-Nahwärmeanlage be­
steht ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern wie
Hackgut, Sägespäne oder Stroh. Eine zentrale Heizanlage
bietet viele Vorteile gegenüber mehreren kleinen Einzel­
feuerungsanlagen: Bessere Abgasreinigung bedeutet Brennstoffproduktion im Wald
weniger schädliche Emissionen, eine effizientere Verbren­
nung führt zu einem höheren Wirkungsgrad, Personal-
und Wartungskosten werden auf ein Minimum reduziert.

Die Versorgungssicherheit wird durch eine intelligente


Lagerhaltung sichergestellt. Moderne Anlagen zeich­
nen sich durch höchste Betriebssicherheit und Zuver­
lässigkeit aus. Für den Fall der Fälle sind Ausfallsicherun­
gen im System und im Liefervertrag vorgesehen.
FOTO: POLYTECHNIK

Erdverlegte Nahwärmeleitung vor


dem Zuschütten der Künette 

Der Praxistipp
Verteilernetz
Auch bei Biomasse gilt: Zuerst dämmen, Die Wärme wird in Form von heißem Wasser über ein
dann heizen. Es ist immer der richtige isoliertes, in den meisten Fällen erdverlegtes, Leitungs­
Zeitpunkt über Dämmmaßnahmen netz zu den EndverbraucherInnen transportiert. Be­
nachzudenken. Bei Nahwärme entfällt sondere Isoliermaterialien sorgen dafür, dass die Wär­
der Zeitaufwand für Brennstoffeinkauf, meverluste minimiert werden. Die Verluste hängen im
Wartung usw. völlig, Sie müssen nur Wesentlichen von der Leitungslänge zwischen dem
mehr das Thermostat bedienen. Die Kessel und den WärmeabnehmerInnen ab.
Nahwärmeversorgung ist somit die kom­
fortabelste vollautomatische Heizung.
Nahwärme aus Biomasse

Übergabestation Wärmeliefervertrag
An die Stelle des eigenen Heizkessels tritt die Überga­ Da zur Errichtung eines Nahwärmenetzes hohe Inves­
bestation. Sie leitet die Wärme des Nahwärmenetzes in titionen notwendig sind, werden Wärmelieferverträge
die Verteilanlage der Kundin oder des Kunden. Vorteile für einen Zeitraum von 15 – 20 Jahren abgeschlossen.
ergeben sich durch Raumgewinn und Wartungssicher­ Der Wärmeabnehmer bzw. die Wärmeabnehmerin
heit: Aufgrund der Kompaktheit der Übergabestation kann sich somit eine Wärmeversorgung über einen
wird weder Heizraum, noch Lagerraum benötigt. Auch langen Zeitraum sichern, in der keine weiteren Inves­
auf einen Kamin kann verzichtet werden. Wartung und titionen nötig sind.
Instandhaltung übernimmt meist das Wärmeversor­
gungsunternehmen. Preisgestaltung
Das im Leitungsnetz (Primärkreis) verwendete Wasser Der im Wärmeliefervertrag festgeschriebene Preis
kommt mit dem Heizungswasser (Sekundärkreis) nicht besteht meist aus einem jährlich fixen Grundpreis
in Berührung (= hydraulische Trennung). Die Über­ (Preis/kW Anschlussleistung oder m2 Wohnfläche) sowie
gabestation besteht im Normalfall aus einem Platten­ einem Arbeitspreis pro bezogener Kilowattstunde (kWh).
wärmetauscher, Regelventilen sowie einem Wärme­ Der Grundpreis ist abhängig von der Heizlast des Hauses.
zähler. Verrechnet wird nur die tatsächlich verbrauchte Der Arbeitspreis wird nur auf die bezogene, vom Wärme­
Wärmemenge. zähler in der Übergabestation gemessene Wärmemenge
verrechnet. Weiters ist meist ein Messpreis pauschal und
Direkt an die Übergabestation wird ein Boiler bzw. ein jährlich pro Wärmemengenzähler zu entrichten, der für
zweiter Wärmetauscher zur Warmwasserbereitung an­ die periodische Eichung des Wärmezählers dient. Die
geschlossen. Kosten für den Anschluss an das Wärmenetz (=  An­
schlussbeitrag) werden zwischen Wärmeversorgungsun­
ternehmen und EndkonsumentIn aufgeteilt. In vielen Fäl­
len gilt dies auch für die Installation des Wärmetauschers.

Indexbindung
Um eine Anpassung des Wärmepreises an die allge­
meine Teuerung zu ermöglichen, wird der Wärmepreis
Komponenten einer Fernwärmeübergabestation jährlich unter Berücksichtigung verschiedener Index­
zahlen angepasst. Die bekannteste Indexzahl ist der
Verbraucherpreisindex VPI. Der VPI setzt sich aus den
Preisen mehrerer Waren zusammen und wird jährlich
vom statistischen Amt (Statistik Austria) erstellt. Über
den VPI wird auch die Inflation berechnet.

Welcher Index verwendet wird, wird im Wärmelie­


fervertrag festgelegt. Meist werden neben dem VPI
auch noch andere Indexzahlen verwendet. Der Vorteil
für NahwärmekonsumentInnen ist, dass es kaum zu
sprunghaften Preisschwankungen des Wärmepreises,
wie z. B. am Beginn der Heizperiode, kommt. Die Heiz­
kosten werden so besser kalkulierbar.

Verwendet werden vor allem der Verbraucherpreisin­


dex (VPI) ergänzt durch Indexzahlen, die die Preisän­
FOTO: GESCHÄFTSSTELLE FÜR ENERGIEWIRTSCHAFT

derungen verschiedener Energieträger beschreiben


(z. B. Energieholzindex, Energiepreisindex, Heizölindex,
Strompreise etc.) sowie Personalindex oder Baukosten­
index. Damit soll gewährleistet werden, dass die Heiz­
kosten nur im Ausmaß der allgemeinen Einkommens­
entwicklung steigen und von externen Einflüssen (z. B.
Öl) weitgehend unabhängig sind.
Wirtschaftlichkeit
Für die Gegenüberstellung der Kosten einer Nahwär­
meversorgung mit der Anschaffung und dem Betrieb
einer eigenen Heizkesselanlage sollte ein kompletter
Systemvergleich, unter Einbeziehung sowohl der In­
vestitionskosten als auch der laufenden Betriebskosten
und der Wirkungsgrade, erstellt werden. Nur den Ar­
beitspreis der Nahwärme mit dem Brennstoffpreis einer
Heizkesselanlage zu vergleichen, kann zu falschen Ent­
scheidungen führen.

Hinweis: Wird der Betrieb des Nahwärmenetzes


im Sommer eingestellt, muss für die Warmwasser­
bereitung während des Sommers eine Alternative
FOTO: CHRISTA GREINÖCKER

gefunden werden. Zu überlegen ist die geförderte


Installation einer Warmwasserbereitung mit Solar­
kollektoren oder die Installation einer Brauchwasser­
wärmepumpe.

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die verschiedenen Kostenfaktoren:

Investitionskosten
eigene Heizanlage

Kosten für Installation und Anschaffung


Anschlussgebühr – Sie inkludiert die
eines neuen Heizkessels. Weiters entstehen
Nahwärme

Verlegung der Wärmeleitung von der


Kosten für Heizkesselraum, Brennstofflagerraum
Leitungstrasse zum Haus und meist auch die
und Kamin. (Der Umstieg auf eine eigene
Installation der Übergabestation. (Förderungs­
Biomasse-Heizanlage oder Wärmepumpe wird
möglichkeiten siehe nächster Punkt)
ebenfalls gefördert.

Laufende Kosten
Je besser die Dämmung des Hauses, desto geringer die Heizlast und damit die Wärmekosten.
Betriebskosten
Grundpreis und Messpreis Kosten für Wartung, Reparaturen, Rauchfang­
(siehe Punkt Preisgestaltung) kehrer, Lagerhaltung, Öltankreinigung usw.
Brennstoffkosten
eigene Heizanlage

= Arbeitspreis x tatsächlich = Brennstoffpreis x tatsächlich verbrauchter


verbrauchter Wärmemenge Wärmemenge x Kesselverluste
Nahwärme

Langfristige Verträge ermöglichen eine gute Zu beachten ist, dass nicht nur die tatsächlich
E­ inschätzung der Wärmekosten. Obwohl Preis­ verbrauchte Wärmemenge, sondern auch
steigerungen jederzeit und bei jedem Energie­ die Verluste des Heizkessels mitbezahlt werden
träger möglich sind, kann davon ausgegangen müssen. Je nach Zustand und Alter der Anlage
werden, dass im Falle der Nahwärmeversorgung können diese Verluste zwischen 5 und
zumindest kurzfristige Preisspitzen (z. B. zu Be­ 30 Prozent betragen.
ginn der Heizsaison) geglättet werden. Auf den
richtigen Zeitpunkt zur Brennstoffeinlagerung
muss keine Rücksicht mehr genommen werden.

Ratgeber 36 – weitere Ratgeber auf www.energieberatung-noe.at


Nahwärme aus Biomasse

Förderungsmöglichkeiten
In der NÖ-Wohnbauförderung gibt es für den ­Anschluss
an Biomasse-Nahwärmeanlagen 20 Punkte. Für die
­Eigenheimsanierung kann auch um einen einmaligen
Zuschuss in Höhe von 30 Prozent der Investitionskosten
oder maximal € 3.000,– angesucht werden. Versorgt der
Nahwärmeanschluss ein Wohnhaus mit mehr als einer
Wohnung, so erhöht sich die maximale Förderhöhe um
€ 400,– für jede weitere Wohnung, bis zu insgesamt
­maximal 30 Prozent der Investitionskosten.

Wie kommen Sie zu


einem Nahwärmeanschluss?

FOTO: SEEBACHER
In Ihrer Gemeinde muss eine entsprechende Anlage
geplant oder bereits realisiert worden sein. Der An­
schluss ist nur möglich, wenn die Leitungstrasse in der
Nähe Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung verläuft. Persönliche Beratung
Erkundigen Sie sich bezüglich der Bedingungen für Die Energieberatung NÖ berät Sie zu den
einen Anschluss bei Ihrem Nahwärmeversorgungsun­ Themen Heizen, Althausmodernisierung und
ternehmen. Neubau. Bei Bedarf werden in Niederösterreich
auch weiterführende persönliche Beratungen
Der Wärmeliefervertrag sollte genau gelesen werden. vermittelt, bei Althaussanierungen finden die
Ist eine Anlage in Planung, kann der eventuell notwen­ Beratungen direkt vor Ort statt.
dige Austausch der eigenen Heizanlage darauf abge­ Weitere Informationen erhalten Sie an
stimmt werden. Wurde erst vor wenigen Jahren in eine der Energieberatungshotline unter der
neue Heizanlage investiert, fällt die Entscheidung auf Nummer 0 27 42 - 22 1 44 von Montag bis
Nahwärme umzusteigen oft nicht leicht. Neben einer Freitag 9 bis 15 Uhr und Mittwoch von 9 bis
genauen Kostenbetrachtung sollte auch auf den Kom­ 17 Uhr. Wir freuen uns auf Ihren Anruf!
fortgewinn nicht vergessen werden.

Energieberatungshotline der
Energie- und Umweltagentur NÖ: umfassend
02742 221 44 firmenunabhängig
Weitere Ratgeber und Broschüren finden Sie auf: kostenlos
www.enu.at | www.energieberatung-noe.at

Herausgeberin: Energie- und Umweltagentur Niederösterreich (eNu), Grenzgasse 10, 3100 St.Pölten

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