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Ulrich Kutschera
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352 Biol. Unserer Zeit 6/2012 (42) www.biuz.de © 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
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T R E F F P U N K T FO R SC H U N G
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Tiere aller drei Blutegel-Arten und in Usbekistan vorkommt. Die A B B . 2 Die drei
(Abbildung 2) nach vierwöchiger polymorphe Art H. verbana wird a) b) c) wichtigsten
Einzelhaltung in Gefangenschaft von Firmen, wie zum Beispiel Bio- Blutegel-Arten
der westlichen
kopulieren und Bastarde hervor- pharm-Leeches, United Kingdom, Paläarktis in
bringen. Allerdings sterben diese oder der Bibertaler Blutegelzucht Dorsalsicht:
erzwungenen Kreuzungsprodukte (bbez, Bibertal, Deutschland) ver- a) Der Europäi-
bald ab: Nach acht Monaten waren trieben, wobei der zuerst genannte sche Medizini-
zum Beispiel 100 % aller geschlüpf- Händler seine Ringelwürmer noch sche Blutegel
H. medicinalis,
ten H. med. x H. verb.-Hybride tot, immer als „H. medicinalis“ anbie- b) der Mediter-
während sich Kontroll-Jungtiere tet. Mit dem Zusatz „med.“ lassen rane Blutegel
(Kreuzungen von H. med. x sich die Blutsauger offensichtlich H. verbana und
H. med. beziehungsweise H. verb. besser an Ärzte und Heilpraktiker c) der Kaukasus-
x H. verb.) zu vitalen Blutsaugern verkaufen [5]. Blutegel, H. ori-
wird, hängt von der Durchsetzung
entalis. Obwohl
entwickelt hatten [4]. Aus diesen entsprechender Naturschutzmaß- sich diese geo-
Experimenten folgt, dass die geo- Blutegel-Schwund im Freiland nahmen ab [1]. grafisch weitge-
grafisch weitgehend getrennt le- Die oben genannten Blutegel- hend getrennt
[1] J. M. Elliott, U. Kutschera, Freshwater vorkommenden
benden Arten keine (oder nur sehr Händler beziehen ihre Wildfänge
Reviews 2011, 4, 21−41. Arten vor Jahr-
wenige) überlebensfähige Bastarde aus der Türkei und Russland; es [2] K. Herter, Der medizinische Blutegel und millionen aus-
hervorbringen können, d. h. die werden somit von den einheimi- seine Verwandten, A. Ziemsen Verlag, einander ent-
Populationen repräsentieren repro- schen Egel-Fängern östliche Wild- Wittenberg Lutherstadt 1968. wickelt haben,
duktiv isolierte Biospezies (in der Populationen „abgefischt“. Dass [3] U. Kutschera, Nature 2007, 447, 775. wurden sie
[4] U. Kutschera, Naturwissenschaften 2012, dennoch bis vor
Natur konnten bisher keine Bas- dieses systematische „Abernten“
99, 433−434. kurzem als eine
tarde gefunden werden) [4, 9]. der Mediterranen Blutegel zur Ge- [5] A. Michalsen, M. Roth (Hrsg.) Blutegelthe- variable Art,
Molekularphylogenetische Stu- fährdung der Art H. verbana füh- rapie, Karl F. Haug Verlag, Stuttgart, 2006. H. medicinalis,
dien haben gezeigt, dass die „Mit- ren wird, ist wahrscheinlich, aber [6] R. T. Sawyer, Leech Biology and Behaviour. angesehen
telmeer-Blutegel“ (H. verbana) – noch immer Gegenstand der For- Vols I – III. Oxford University Press, (links zwei Ori-
Oxford, 1986. ginalaufnah-
im Gegensatz zur Typus-Art H. me- schung [1, 7, 9]. In Deutschland [7] P. Trontelj, S. Y. Utevsky, Mol. Phylogenet.
kennen wir nur noch wenige, ge- men; der rechte
dicinalis (Abbildung 1) – in zwei Evol. 2012, 63, 475−485.
Egel nach Ref.
genetische separierbare Gruppen fährdete Reliktpopulationen der [8] S. Y. Utevsky, P. Trontelj, Parasitol. Res.
[7]).
untergliedert sind: eine westliche Typus-Art H. medicinalis, was un- 2005, 98, 61−66.
[9] S. Y. Utevsky et al., Aquat. Conserv. 2010,
Sub-Population, die auf Italien und ter anderem auf die Vernichtung
20, 198−210.
die Balkan-Länder verteilt ist, und natürlicher Tümpel mit warmen
eine östliche Fortpflanzungsge- Flachwasser-Zonen zurückzufüh- Ulrich Kutschera, Universität
meinschaft, die von der Ukraine ren ist. Ob der medizinische Blut- Kassel/Stanford (USA)
bis zum Nord-Kaukasus, der Türkei egel in Deutschland überdauern www.evolutionsbiologen.de
© 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 6/2012 (42) Biol. Unserer Zeit 353
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