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DOI:10.1002/­biuz.

202010706

Die Servicekräfte des Bodens

Regenwürmer als Partner


bei der Bodennutzung
S tefan S chrader | C hristine van C apelle | F riederike M eyer -W olfarth

R egenwürmer sind weltweit verbreitet und kommen


mit Ausnahme weniger Extremhabitate (z. B. Wüsten,
sehr saure Böden) in nahezu allen Böden vor, sogar in der
Antarktis [1]. Aktuell sind weltweit über 6000 Arten be-
schrieben [2], wovon ca. 400 in Europa, und immerhin 46
in Deutschland vorkommen [3], wie z. B. der Große Tau-
wurm Lumbricus terrestris (Abbildung 1). Größe und
ABB. 1 Adulter
Regenwurm der Färbung der Regenwürmer können je nach Art, Lebens-
Art Lumbricus weise und Habitat variieren. Die meisten Arten der gemä-
terrestris. Die Art ßigten Breiten gehören zur Familie der Lumbricidae und
verhält sich im weisen eine Grau-, Braun- oder Rotfärbung auf. Mit einem
Boden anektisch
Durchmesser von zwei bis zehn Millimetern und einer Län-
(siehe Abbil-
dung 2) und ist ge von 30 bis > 300 Millimetern gehören sie der Makrofau-
ein Primärzerset- na an, den größten Vertretern innerhalb der wirbellosen
zer. Alle Fotos und ­Bodentiere. Regenwürmer stellen oft den Hauptanteil an
Grafiken von tierischer Biomasse im Boden. Macht man sich bewusst,
C. van Capelle.
dass über 100 Individuen pro Quadratmeter keine Selten-
heit sind und die Aktivität der Tiere in erster Linie aus dem
Durchgraben des Bodens sowie der Zersetzung organi-
Regenwürmer sind wahre Multitalente. Sie erbringen tag- scher Substanz besteht, so wird deutlich, welchen großen
Anteil Regenwürmer an der Entstehung und Gestaltung
täglich enorme Leistungen, die für die Aufrechterhaltung der meisten Böden unseres Planeten haben. Es kommt
wichtiger Bodenfunktionen unverzichtbar sind. So sind daher nicht von ungefähr, dass diese unscheinbaren, blin-
Regenwürmer maßgeblich an der Nährstoffverfügbarkeit im den und unterirdisch lebenden Tiere bereits Kindern ein
Begriff sind. Aber sie sind weit mehr, als man auf den
Boden, an der physikalischen Gestaltung der Bodenstruktur, ersten Blick vermutet.
der Steuerung des Gas- und Wasserhaushalts sowie an der
Regulation von Pilz- und Bakteriengemeinschaften im Boden Ist Regenwurm gleich Regenwurm?
Regenwürmer können von der Streuauflage bis zum Unter-
beteiligt. Durch diese vielfältigen ökologischen Leistungen boden (3–4 m tief) das gesamte Bodenprofil besiedeln.
spielen Regenwürmer sowohl für die Bodenfruchtbarkeit als Allerdings ist nicht jede Art in der Lage, auch jede Tiefen-
auch für die Selbstregulation von Böden eine wichtige Rolle. stufe als Lebensraum zu nutzen. So unterscheidet man
ökophysiologisch drei verschiedene Lebensformtypen [4]
Von diesen natürlicherweise erbrachten Leistungen kann (Abbildung 2). In der Streuschicht auf der Bodenoberfläche
der Mensch bei der Bodennutzung profitieren. In Agraröko- und in den oberen Humusschichten leben sogenannte
systemen bietet sich ein großes Potential für ein synergis­ epigäische Arten. Sie sind die kleinsten Vertreter inner-
halb der Regenwurmgemeinschaft und weisen mit ihrer
tisches Zusammenspiel aus Leistungen der Regenwürmer starken Pigmentierung als Schutz gegen UV-Strahlung nur
und landwirtschaftlichem Management, um Bodenfrucht- eine geringe Lichtempfindlichkeit auf. Diese Arten ernäh-
barkeit und Ertragssicherheit nachhaltig zu sichern. Voraus- ren sich direkt von Pflanzenresten auf der Bodenober­
fläche und werden deshalb als Primärzersetzer bezeichnet
setzung ist ein vertieftes Verständnis zum Leistungsspektrum (detritivore Ernährungsweise). Im mit organischer Subs-
der Regenwürmer hinsichtlich der Prozesse, die sie steuern. tanz angereicherten Oberboden finden sich kaum pigmen-

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tierte, sehr lichtempfindliche Regenwürmer mittlerer A B B . 2   L E B E N S FO R MT Y P E N DE R R E G E N W Ü R ME R


Größe. Es sind flachgrabende (endogäische) Arten, die N AC H B O U C HÉ ( 1977)
den Oberboden mit ihren kreuz und quer verlaufenden
Gangsystemen durchziehen. Die Gänge sind weit ver-
zweigt, netzartig angelegt und weisen nur selten eine Ver-
bindung mit der Bodenoberfläche auf [1]. Diese Regen-
würmer sind Sekundärzersetzer, die sich von bereits stark
vorzersetztem und mit der Bodensubstanz vermischtem
organischem Material ernähren (geophage Ernährungs-
weise). Die größten Arten innerhalb der Regenwurmge-
meinschaft sind die Tiefgräber (anektische Arten) mit einer
Pigmentierung des vorderen Körperdrittels. Zu ihnen ge-
hört u. a. der weit verbreitete Tauwurm (Lumbricus ter-
restris, Abbildung 3). Tiefgräber durchgraben das gesamte
Bodenprofil (Ober- und Unterboden) vertikal und legen
dabei tiefreichende, sehr stabile Wohnröhren an. Ihre
Gangsysteme sind mit der Bodenoberfläche verbunden und
erreichen erstaunliche Längen von bis zu sechs Metern
[1]. Tiefgräber sind, wie epigäische Regenwürmer, Primär-
zersetzer die sich von den Pflanzenresten auf der Boden-
oberfläche ernähren, die sie aktiv in ihre Gangsysteme
einziehen.
Generell fressen alle Regenwürmer sowohl minera­
lisches Material (Boden) als auch organisches Material tern, ihre Bedeutung betrifft aber den kompletten Ober-
(Pflanzenreste). Der grundsätzliche Unterschied zwischen boden und häufig sogar das gesamte Bodenprofil. Regen-
Primär- und Sekundärzersetzern besteht darin, dass die Nah- wurmaktivität trägt u. a. dazu bei, das Wurzelwachstum
rung der Sekundärzersetzer bereits viel stärker zersetzt ist. der Pflanzen zu verbessern, das Nährstoffangebot zu steu-
Die Anpassung der Regenwürmer an das Leben in einer ern, den Boden zu belüften, den pH-Wert des Bodens zu
bestimmten Tiefenstufe sowie die Nutzung einer dort ver-
fügbaren Nahrungsquelle verdeutlichen, dass Regenwurm
nicht gleich Regenwurm ist. Je nach Zugehörigkeit zu einer
IN KÜRZE
der drei Lebensformen, und damit einhergehend auch ihrer
jeweiligen Lebensweise, sind Regenwürmer an verschie-
– Regenwürmer erfüllen spezifische ökologische Funk­
denen Prozessabläufen im Boden beteiligt und erfüllen
tionen und sind an verschiedenen Prozessabläufen im
spezifische Funktionen. So kann ein Streubewohner funk- Boden beteiligt.
tionell niemals einen Tiefgräber ersetzen. Die Erhaltung der – Regenwürmer können je nach Lebensformtyp das gesamte
Artenvielfalt sowie der funktionellen Diversität in einer Bodenprofil besiedeln: Epigäische Arten leben in der
Regenwurmgemeinschaft ist daher für die nachhaltige Streuschicht oder in den oberen Humusschichten; endo-
gäische Arten leben im Oberboden; tiefgrabende, anek-
­Sicherung der Bodenfunktionen sehr wichtig.
tische Arten durchgraben das gesamte Bodenprofil und
bilden stabile, vertikale Gangsysteme, die mit der Boden-
Unterirdische Helfer in der Landwirtschaft oberfläche in Verbindung stehen.
Durch die Zersetzung organischer Substanz und ihr Grab- – Regenwürmer ernähren sich von mineralischem Material
verhalten erbringen Regenwürmer vielfältige ökologische (Boden) und organischem Material (Pflanzenresten).
Epigäische und anektische Regenwürmer sind Primär­
Leistungen und stärken die Selbstregulation des Bodens.
zersetzer, die sich von Pflanzenresten in der Streuschicht
Auch landwirtschaftlich genutzte Böden profitieren von auf der Bodenoberfläche ernähren. Endogäische Arten
diesen Aktivitäten hinsichtlich der langfristigen Nutzbar- sind Sekundärzersetzer, deren Nahrung bereits stärker
keit der Böden und der Gesundheit der angebauten Kul- zersetzt ist.
– Regenwürmer erbringen durch ihre Aktivität vielfältige This is an open
turpflanzen (Abbildung 4). Da die Bodenoberfläche von
ökologische Leistungen. Sie agieren als „Ecosystem access article under
Ackerflächen meist nicht permanent von einer Streu- the terms of the
Engineers“ (Gestalter der Bodenstruktur), als „Biological
schicht bedeckt ist, spielen in Agrarökosystemen insbe- Regulators“ (Regulierung von Mikroorganismen-Gemein- Creative Commons
sondere anektische und endogäische Arten eine wichtige schaften) sowie als „Chemical Engineers“ (Zersetzer Attribution License,
Rolle. So fördern diese beiden Lebensformtypen durch die abgestorbener Pflanzenreste). which permits use,
– Regenwürmer unterstützen die Selbstregulation und distribution and
Neubildung von Makroporen (Gangsysteme) und Boden-
fördern die Bodengesundheit. Langfristig tragen sie zur reproduction in any
aggregaten (Losung) die Transport-, Transformations- und medium, provided
Stabilisierung/Verbesserung der Fruchtbarkeit und Ertrags-
Speichervorgänge des Bodens. Der Durchmesser solcher fähigkeit landwirtschaftlicher Böden bei. the original work is
Strukturen liegt zwar im Bereich von wenigen Millime- properly cited.

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ABB. 3    ENTWICKLUNGSSTADIEN IM LEBENSZYKLUS DES TAUWURMS Aktuelle Studien unterstreichen in diesem Zusammen-
hang die Relevanz der Regenwürmer für die Gesunderhal-
tung von Ackerböden und die Sicherung einer nachhal­
tigen Produktion, da sie belegen, dass Regenwürmer auch
die Widerstandsfähigkeit landwirtschaftlicher Systeme
gegen Pflanzenpathogene fördern und ihre Resilienz
­(Fähigkeit zur Regeneration) [10] insgesamt erhöhen. Um
das große Potential dieser unterirdischen Leistungsträger
greifbarer zu machen und die Prozessabläufe, die hinter
dem breiten Leistungsspektrum stehen, zu beleuchten,
­geben wir im Folgenden einen kurzen Überblick, wie und
warum Regenwürmer die für die Landwirtschaft so wert-
vollen Dienstleistungen erbringen.

Ein funktionelles Multitalent


Der Tagesablauf eines Regenwurms wird maßgeblich von
zwei Aktivitäten bestimmt: fressen und graben. Beides
­sichert ihm das Überleben. Er tut es instinktiv und in er-
staunlichem Ausmaß. Obwohl beide Tätigkeiten auf den
ersten Blick nicht außergewöhnlich erscheinen, erfüllt er
dabei so viele verschiedene Funktionen im Boden, dass er
gleichzeitig allen drei funktionellen Gruppen angehört, in
Der Tauwurm (Lumbricus terrestris) ist ein Tiefgräber und in unseren Breiten die Bodentiere nach dem allgemein verbreiteten System
der bekannteste Regenwurm. Dargestellt sind a.) Kokons, b.) Schlupf der von Turbé et al. [11] eingeordnet werden: Ecosystem
Tiere, c.) juveniler Tauwurm, d.) adulter Tauwurm.
­Engineers, Biological Regulators, Chemical Engineers (Ab-
bildung 5). Dies unterstreicht die Schlüsselrolle von Re-
neutralisieren, die Wasserhaltekapa­zität des Bodens zu genwürmern im System Boden.
erhöhen und die Bodenstruktur zu verbessern. Vor dem
Hintergrund dieser Leistungen, die Regenwürmer im Bo- Gestalter der Bodenstruktur
den erbringen, ist die Erhaltung ihrer Häufigkeit und Viel- (Ecosystem Engineers)
falt für die Gesundheit und Fruchtbarkeit von genutzten Als Ecosystem Engineers werden Organismen bezeichnet,
Böden sowie die Versorgung der Kulturpflanzen unerläss- die ihren Lebensraum physikalisch verändern [12]. Regen-
lich. Generell ist dies keine neue Erkenntnis. So hat bereits würmer tun dies sowohl durch ihre Fraß- als auch durch
Charles Darwin der Rolle der Regenwürmer in Ackerböden ihre Grabaktivität. Um seinen Energiebedarf zu decken,
ein eigenes Buch gewidmet. Sein Fazit: „Man kann wohl benötigt ein Regenwurm täglich das 10- bis 30-fache seines
bezweifeln, ob es noch viele andere Tiere gibt, welche eine eigenen Körpergewichts an Nahrung [1]. Er ist daher auf
so bedeutende Rolle in der Geschichte der Erde gespielt eine nahezu permanente Nahrungsaufnahme angewiesen.
haben, wie diese niedrig organisierten Geschöpfe“ [5]. Hierbei nehmen Regenwürmer neben abgestorbenem
Dennoch sind Regenwürmer im Rahmen des techni- pflanzlichen Material auch große Mengen an Mineralboden
schen Fortschritts und der Intensivierung der Landwirt- auf. Im Darm der Tiere erfolgt dann eine effektive Durch-
schaft zunehmend unter Druck geraten. So sind Regen­ mischung von Mineralboden und organischer Substanz, wo-
würmer in landwirtschaftlichen Systemen, ebenso wie die bei es zur Bildung stabiler Ton-Humus-Komplexe kommt.
Bodenbiodiversität insgesamt, einer zunehmenden Gefähr- Diese bleiben in der Losung (Regenwurmkot) erhalten und
dung durch eine intensive Bodenbearbeitung [6], das Be- führen zu einem höheren Nährstoffgehalt sowie einer hö-
fahren der Flächen mit immer größer werdenden Maschi- heren Aggregatstabilität der Losung im Vergleich zur um-
nen [7], den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln [8] oder gebenden Bodenmatrix. Der Eintrag von Regenwurmlosung
auch den Eintrag von Mikroplastik [9] ausgesetzt. Die fördert somit die Bildung von wasserstabilen Bodenaggre-
Tatsache, dass die Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen gaten verschiedener Größe und trägt dazu bei, die Boden-
Produktion maßgeblich von der Bodenbiodiversität ab- struktur nachhaltig zu verbessern [13]. Der Prozess einer
hängt, wurde lange Zeit außer Acht gelassen. Erst ange- derartigen biogenen Strukturbildung wird als Lebendver-
sichts eines drohenden Verlustes der biologischen Vielfalt bauung bezeichnet. In Abhängigkeit von dem Lebensform-
und mit zunehmendem Verständnis für die Konsequen- typ findet sich Regenwurmlosung in unterschiedlichen
zen, ist die Rolle der Bodenbiodiversität und somit auch Tiefenstufen. So erfolgt die Ablage durch Tiefgräber haupt-
der Regenwürmer wieder in das Bewusstsein der Men- sächlich an der Bodenoberfläche in der Umgebung ihrer
schen und ins Zentrum landwirtschaftlichen Interesses Gangöffnungen, durch Flachgräber jedoch innerhalb des
gerückt. Gangsystems im gesamten Ober­boden (Abbildung 2).

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Den wohl größten Effekt auf das zum Abbau ihrer Schadstoffe beitra-
Bodengefüge üben Regenwürmer gen. Ein Beispiel hierfür stellt die an-
durch die Bildung ihrer Gangsysteme tagonistische Wirkung der Regenwür-
aus, die ein wichtiges biogenes Struk- mer gegen bodenbürtige Schadpilze
turelement im Boden darstellen. Für der Gattung Fusarium dar [14]. Fusa-
den Regenwurm selbst erfüllen die rien sind weltweit verbreitet und ge-
Gänge primär die Funktion als Lebens- hören zu den bedeutendsten Schad-
raum, Schutzzone (etwa vor Feinden pilzen an einer Vielzahl landwirt-
oder UV-Strahlung) und Rückzugsort. schaftlicher sowie gartenbaulicher
Die Würmer profitieren dabei von Kulturen. Sie produzieren giftige Stoff-
den relativ konstanten Milieubedin- wechselprodukte, sogenannte Myko-
gungen, die in den Gangsystemen toxine, die gesundheitsgefährdend
herrschen. Für andere Bodenorganis- für Menschen und Tiere sind. Eine
men und auch für den Landwirt erfül- Kontamination mit diesen Toxinen
len die Gangsysteme sogenannte se- geht folglich mit einer stark einge-
kundäre Funktionen, die sich grob in schränkten Verwertbarkeit des Ernte-
Transport-, Speicher- und Lebens- guts einher. Fusarienbefall führt jähr-
raumfunktionen einteilen lassen. Re- lich zu großen Ertragsverlusten und
genwurmgänge bestehen strukturell wirtschaftlichen Schäden. Fusarien
aus einem zentralen Hohlraum, der spielen besonders in konservierend
von einer verdichteten Gangwand bearbeiteten landwirtschaftlichen
aus Regenwurmschleim und nähr- Systemen eine große Rolle. In diesen
stoffreicher Losung umgeben ist. Die- Systemen findet keine wendende
se den Hohlraum umgebende Schicht ­Bodenbearbeitung mit dem Pflug statt
wird, analog zur Rhizosphäre – der und Erntereste verbleiben als Mulch­
Pflanzenwurzeln umgebenden Boden- auflage auf der Bodenoberfläche. Die-
schicht – als Drilos­phäre bezeichnet. ses Verfahren schont den Boden und
Sie ist bei den großen Tiefgräbern fördert die Bodenbiodiversität, be-
besonders dick, was zur Stabilität der günstigt aber auch das Überleben der
langlebigen Gangsysteme und insge- Schadpilze, die in der Mulchauflage
samt zu einer Verbesserung der Bo- ein ideales Substrat für ihre Vermeh-
denstruktur beiträgt. Die zentralen rung und Entwicklung vorfinden. Das
Hohlräume der Gänge stellen biogene Risiko einer Infektion der Folgefrucht
Makroporen dar, die den Transport ist deshalb in diesen Systemen be­son­
von Gas, Wasser und gelösten Stoffen ders hoch. Neben dem landwirtschaft­
fördern und zu einer Verbesserung lichen Management ist das Wetter
der Durchlüftung, der Infiltration und eine wich­tige Einflussgröße für die Ver­
der Nährstoffverfügbarkeit beitragen. mehrung und Entwicklung der Fusa-
Da sich Niederschlagswasser in den ABB. 4  Ackerfläche nach Ernte. rien. So beeinflussen Änderungen der
Gangsystemen nicht nur vertikal, dem Niederschlagsverhältnisse, höhere
Gangverlauf folgend, sondern auch Temperaturen und stei­ gende CO2-
lateral über die Wandung Richtung Bodenmatrix bewegt, Konzentrationen in der Atmosphäre unmittelbar die Ver-
wird durch die Gänge auch die Verteilung und Speiche- mehrungsraten der Fusarien, sowie auch die Abwehrme-
rung des Wassers im ­Boden verbessert. Regenwurmgänge chanismen der Pflanzen, die zunehmend erhöhtem abio­
tragen somit zu einer Steigerung des Angebots an pflan- tischen Stress ausgesetzt sind. Infolgedessen ist im Rahmen
zenverfügbarem Wasser und gleichzeitig zu einer Minde- der prognostizierten Klimaänderungen zukünftig mit stei-
rung des Oberflächen­abflusses sowie der Bodenerosion genden Befallsraten und Toxinkontaminationen zu rech-
bei. nen [15].
An diesem Punkt kommen Regenwürmer als natürliche
Bioregulatoren der Mikroorganismen- Gegenspieler ins Spiel. So wurde in verschiedenen Studien
Gemeinschaften (Biological Regulators) nachgewiesen, dass Regenwürmer pflanzenpathogene
Regenwürmer weiden selektiv an Mikroorganismen-­ ­Pilze, und hierbei besonders Fusarien, sowie mit ihnen
Gemeinschaften inklusive Bodenalgen und Pilzen. Dabei infiziertes Pflanzenmaterial als Nahrungsquelle bevorzu-
fungieren sie im Boden auch als Gesundheitspolizei. So gen [16]. Dieses Verhalten lässt sich mit dem höheren
fördern sie die Bodengesundheit, indem sie mikrobielle Stickstoffgehalt und dem engeren C/N-Verhältnis des Fu-
Schaderreger von Pflanzenkrankheiten eindämmen und sarium-infizierten Pflanzenmaterials erklären. Aus Sicht

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ABB. 5    ÖKOL OGI SCHE D I ENS TLEI S TU NG EN V ON REG E N W Ü R ME R N toxine zu. Ihre Förderung durch angepasste und boden-
schonende Managementmaßnahmen ist daher sinnvoll,
um im Rahmen der landwirtschaftlichen Produktion ihr
bioregulatorisches Potential optimal zu nutzen. Ein syner-
gistisches Zusammenwirken von Regenwürmern und
Landwirten kann einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung
der Bodengesundheit und einer nachhaltigen landwirt-
schaftlichen Produktion für menschliche Nahrung, Futter-
mittel und nachwachsende Rohstoffe leisten.

Zersetzer abgestorbener Pflanzenreste


(Chemical Engineers)
Regenwürmer sind an allen Abbaustufen toter organischer
Substanz, ihrer Einarbeitung in den Boden und der Rück-
führung der Nährstoffe in den Kreislauf beteiligt. Ihre
­Aktivität trägt maßgeblich dazu bei, die Bodenfruchtbar-
keit und damit das Pflanzenwachstum zu fördern. Wich­
tige Strukturen sind in diesem Zusammenhang die Losungs-
aggregate als Ton-Humus-Komplexe, die Gangsysteme
Synergieeffekte zwischen Landwirt und Regenwurm ermöglichen eine mit ihren Auskleidungen sowie sogenannte Middens,
­nachhaltige landwirtschaftliche Produktion. ­Ansammlungen von Pflanzenresten vermischt mit Regen-
wurmlosung im Bereich der Gangöffnungen anektischer
Regenwurmarten (Abbildung 6). Da sowohl die Schleim-
der Regenwürmer stellt das befallene Substrat also schlicht stoffe als auch die Regenwurmlosung für Mikroorganis-
die bessere Nährstoffquelle dar. Als Konsequenz führt die men attraktive und leicht verfügbare Nahrungsquellen
selektive Nahrungsaufnahme zu einer Abnahme der Fusa- darstellen, weisen Drilosphäre und Middens eine hohe
rienhäufigkeit in landwirtschaftlichen Böden und folglich Dichte an Pilzen und Bakterien sowie eine hohe mikro­
einem geringeren Infektionsrisiko für die Folgefrucht. Be- bielle Aktivität auf. Diese bewirkt, dass in den Regen-
sonders effektiv bei dieser biologischen Schädlingsbe- wurmgängen mehr pflanzenverfügbare Nährstoffe freige-
kämpfung sind die tiefgrabenden Primärzersetzer. Sie nut- setzt werden als im umgebenden Boden und ungenutzte
zen die kaum vorzersetzten Pflanzenreste auf der Boden- Regenwurmgänge bevorzugt von Wurzeln durchwachsen
oberfläche unmittelbar als Nahrungsquelle und ziehen sie werden. Besonders in schweren oder verdichteten Böden
über ihre tiefreichenden Gangsysteme (Abbildung 2) in
den Boden ein. Dieses Verhalten ist für die Fusarienbe-
kämpfung doppelt effektiv. Einerseits wird die Pilzbio­
masse durch die Fraßaktivität reduziert, andererseits ver-
hindert das Einarbeiten in den Boden eine weitere Ver-
breitung über flugfähige Sporen, deren Produktion
lichtabhängig ist und nur an der Bodenoberfläche erfolgen
kann.
Zusätzlich zu der antagonistischen Wirkung der Regen-
würmer gegen die Pilze belegen neuere Studien (z. B.
­aktuell das Projekt SoilMan im EU-ERA-NET BiodivERsA3
Förderprogramm), dass Regenwürmer auch die Reduktion
der Fusariumtoxine in der Mulchauflage signifikant be-
schleunigen. Auf diese Weise mindern sie das Risiko einer
Auswaschung der Schadstoffe und eines möglichen Ein-
trags in den Boden oder das Grundwasser. Diese Dienst-
leistung ist in erster Linie den mit den Regenwürmern
assoziierten Mikroorganismen im Darm, im Körperschleim
und auch in der Losung zu verdanken. In Abhängigkeit
von Temperatur, Wasser- und Nährstoffgehalt sowie Korn-
größenverteilung des Bodens beschleunigen anektische
Arten die Toxinreduktion sogar um bis zu 300 Prozent.
ABB. 6  Lumbricus terrestris produziert an der Bodenober-
Insgesamt kommt den Regenwürmern somit eine Schlüs- fläche sogenannte Middens, die aus Losungshaufen
selrolle bei der Reduktion der Fusarien und ihrer Myko­ vermischt mit Ernteresten bestehen.

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können Regenwurmgänge essentiell für das Eindringen Literatur


der Wurzeln in den Boden und damit auch die Versorgung   [1] S. Jeffery, C. Gardi, A. Jones, L. Montanarella, L. Marmo, L. Miko,
und Entwicklung von Kulturpflanzen sein. In diesem Fall K. Ritz, G. Pérès, J. Römbke, W. van der Putten, European Atlas of
Soil Biodiversity. European Commission, Publications Office of the
ermöglichen die vertikalen Gänge der Tiefgräber den
European Union, Luxembourg, 2010.
Pflanzen mit vergleichsweise geringerem Energieaufwand   [2] R. J. Blakemore, Cosmopolitan earthworms – a global and
an die Wasservorräte des Unterbodens zu gelangen. historical perspective in: Annelids in Modern Biology (Hrsg.:
Da die ökologischen Dienstleistungen der Regenwür- D. H. Shain), Wiley-Blackwell, Hoboken, New Jersey, USA, 2009,
mer in Agrarökosystemen zur Ertragssicherung beitragen 257–283.
  [3] R. Lehmitz, J. Römbke, S. Jänsch, S. Krück, A. Beylich, U. Graefe,
(Abbildung 5), sind sie auch ökonomisch von großem Wert.
Checklist of earthworms (Oligochaeta: Lumbricidae) from
Diesen konkret zu beziffern ist schwierig [17]. Dennoch
Germany, Zootaxa, 2014, 3866, 2, 221–245.
ist es in einer aktuellen Studie erstmals gelungen, Regen-   [4] M. B. Bouché, Stratégies lombriciennes in: Soil orgasnisms as
wurmleistungen einen ökonomischen Wert beizumessen components of ecosystems (Hrsg.: U. Lohm, T. Persson), Ecol.
[18]. Dieser ökologisch-ökonomische Ansatz eröffnet die Bulletin, Stockholm, 1977, 25, 122–132.
Möglichkeit, die Leistungen der Regenwürmer in Abhän-   [5] C. Darwin, The Formation of Vegetable Mould through the Action of
Worms with some Observations on their Habits. John Murray,
gigkeit von den vorliegenden Bodenbedingungen und Be-
London, 1881.
wirtschaftungsmaßnahmen zu bewerten, im Rahmen von
  [6] C. van Capelle, S. Schrader, J. Brunotte, Tillage-induced changes in
Handlungsempfehlungen zu berücksichtigen und durch the functional diversity of soil biota – A review with a focus on
angepasste Managementmaßnahmen zu nutzen. German data, Eur J Soil Biol, 2012, 50, 165–181.
  [7] A. Beylich, H.-R. Oberholzer, S. Schrader, H. Höper, B.-M. Wilke,
Zusammenfassung Evaluation of soil compaction effects on soil biota and soil
biological processes in soils. Soil Till Res, 2010, 109, 133–143.
Regenwürmer sind Leistungsträger innerhalb des Boden-
  [8] C. Pelosi, S. Barot, Y. Capowiez, M. Hedde, F. Vandenbulcke,
nahrungsnetzes und erbringen zahlreiche ökologische Pesticides and earthworms. A review, Agron Sustain Dev, 2014, 34,
Dienstleistungen. So fördern sie Bodenstrukturbildung, 199–228.
­Bodengesundheit, Nährstoffverfügbarkeit, Belüftung, Was-   [9] E. Huerta Lwanga, H. Gertsen, H. Gooren, P. Peters, T. Salanki,
serspeicherung sowie Widerstands- und Regenerations­ M. van der Ploeg, E. Besseling, A.A. Koelmans, V. Geissen,
fähigkeit von Böden. Dieses große Leistungsspektrum hilft Microplastics in the Terrestrial Ecosystem: Implications for
Lumbricus terrestris (Oligochaeta, Lumbricidae). Environ Sci
Fruchtbarkeit und Produktivität landwirtschaftlich genutz-
Technol, 2016, 50, 2685–2691.
ter Böden nachhaltig zu gewährleisten. Eine Förderung der [10] M. Ludwig, P. Wilmes, S. Schrader, Measuring soil sustainability
Regenwürmer durch angepasste, bodenschonende Ma- via soil resilience. Sci Total Environ, 2018, 626, 1484–1493.
nagementmaßnahmen ist unerlässlich, um die natürlichen [11] A. Turbé, A. de Toni, P. Benito, P. Lavelle, N. Ruiz, W. H. van der
Ressourcen der Regenwürmer optimal zu nutzen. Ein syn­ Putten, E. Labouze, S. Mudgal, Soil Biodiversity: Functions, Threats
ergistisches Zusammenspiel aus Leistungen der Regen­ and Tools for Policy Makers, Bio Intelligence Service, IRD, and
NIOO, Report for European Commission (DG Environment), 2010,
würmer und landwirtschaftlichem Management ist daher
Download: http://ec.europa.eu/environment/archives/soil/pdf/
ein erfolgversprechender Ansatz, um Bodenfruchtbarkeit biodiversity_report.pdf.
und Ertragssicherheit zukünftig nachhaltig zu sichern. [12] C. G. Jones, J. H. Lawton, M. Shachak, Organisms as ecosystem
engineers, Oikos, 1994, 69, 373–386.
Summary [13] J. Frazão, R. G. M. de Goede, Y. Capowiez, M. M. Pulleman, Soil
Earthworms as partners in rural land use structure formation and organic matter distribution as affected by
earthworm species interactions and crop residue placement,
Within the soil food web, earthworms are very important
Geoderma, 2019, 338, 453–463.
for the provision of numerous ecosystem services. They pro- [14] S. Schrader, F. Wolfarth, E. Oldenburg, Biological control of
mote soil structure formation, soil health, nutrient availa- soil-borne phytopathogenic fungi and their mycotoxins by soil
bility, aeration, water storage and resilience of soils. By this fauna – A review, Bulletin UASMV-serie Agriculture, 2013, 70,
means, earthworms play a substantial role to improve the 291–298.
[15] M. Vaughan, A. Block, S. A. Christensen, L. H. Allen, E. A. Schmelz,
fertility of agricultural soils in the long-term. Conservation
The effects of climate change associated abiotic stresses on maize
and promotion of earthworms through soil-protecting
phytochemical defences, Phytochem Rev, 2018, 17, 37–49.
management measures is therefore essential to make best [16] A. A. Goncharov, A. A. Glebova, A. V. Tiunov, Trophic interactions
use of the natural capacity of earthworms. Agricultural soil between Fusarium species and soil fauna: A meta-analysis of
management of farmers and the beneficial activities of experimental studies, Appl Soil Ecol, 2020, 145, 103302.
earthworms can be seen as synergistic interaction, which [17] T. Decaëns, J. J. Jiménez, C. Gioia, G. J. Measey, P. Lavelle, The
values of soil animals for conservation biology, Eur J Soil Biol, 2006,
provides a promising approach for the design of sustainable
42, 23–28.
cropping systems ensuring future agricultural productivity
[18] E. Plaas, F. Meyer-Wolfarth, M. Banse, J. Bengtsson, H. Bergmann,
and yield. J. Faber, M. Potthoff, T. Runge, S. Schrader, A. Taylor, Towards
valuation of biodiversity in agricultural soils: a case for
Schlagworte: earthworms. Ecol Econ, 2019, 159, 291–300.
Regenwürmer, ökologische Leistungen, Boden, Biodiversi-
tät, Agrarökosysteme, Landwirtschaft

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Die Autoren:
Stefan Schrader studierte Biologie an der TU und Vielfalt der Bodenfauna in Agrarökosystemen
Braunschweig und wurde dort 1993 promoviert. unter äußeren Wirkungsfaktoren wie atmosphäri-
Im Jahre 1999 habilitierte er sich für das Lehrge- schem CO2-Anstieg, Anbau gentechnisch verän-
biet „Bodenbiologie und Bodenökologie“ an der derter Kulturpflanzen oder Bodenbearbeitungsin-
TU Braunschweig. Nach einem Forschungsaufent- tensität sowie die Rolle der Bodenfauna im Rah-
halt am University College in Dublin wurde er men der natürlichen Bioregulation von Böden.
2003 Leiter der AG „Strukturelle und Funktionelle
Bodenzoologie“ am Thünen-Institut für Biodiversi- Friederike Meyer-Wolfarth absolvierte ihr Studium
tät in Braunschweig und ist dort seit 2019 Stell­ der Angewandten Biogeographie an der Universi-
vertretender Institutsleiter. Er lehrt als außerplan- tät Trier, wo sie 2016 promoviert wurde. Zu ihrem
mäßiger Professor an der TU Braunschweig in den wissenschaftlichen Kernthema am Thünen-Institut
Studiengängen Biologie und Umweltnaturwissen- für Biodiversität in Braunschweig gehörte die Unter-
schaften. Seine Forschungsthemen umfassen suchung der vielseitigen Wechselwirkungen inner-
Leistungen der Bodentiergemeinschaften in Agrar­ halb der Organismengemeinschaft Boden im Hin-
ökosystemen zur Verbesserung der Bodenstruktur, blick auf deren regulatorische Leistungen in Agrar­
zur Förderung der Bodengesundheit und zur ökosystemen. Seit 2018 ist sie als Wissenschaftliche
Steuerung der Stoffkreisläufe. Mitarbeiterin am Julius Kühn-Institut (Institut für
Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland) in
Christine van Capelle studierte Biologie an der TU Braunschweig tätig. Untersuchungen zu pilzlichen
Braunschweig, wo sie im Jahr 2009 an der Fakultät Pathogenen und deren Mykotoxinen an der bedeu­
für Lebenswissenschaften promoviert wurde. Seit tenden Kulturpflanze Mais sowie die Entwicklung
dieser Zeit war sie als Wissenschaftlerin auf dem nachhaltiger Strategien zur Krankheitsvermeidung
Gebiet der Bodenzoologie am Thünen-Institut für stehen seitdem im Zentrum ihrer Forschungsarbeiten.
Biodiversität sowie am Julius Kühn-Institut für
nationale und internationale Angelegenheiten der
Pflanzengesundheit tätig. Seit 2018 ist sie wissen- Korrespondenz:
schaftliche Mitarbeiterin in der AG „Strukturelle Prof. Dr. Stefan Schrader
und Funktionelle Bodenzoologie“ am Thünen- Thünen-Institut für Biodiversität
Institut für Biodiversität in Braunschweig. Im Bundesallee 65
Zentrum ihrer Forschungsaktivität steht die Erfas- 38116 Braunschweig
sung und Bewertung von Funktionen, Leistungen E-Mail: stefan.schrader@thuenen.de

T V-TIPP

Donnerstag, 25. Juni Freitag, 3. Juli


ARD-alpha, 21.00 Uhr arte, 7.15 Uhr
Die dunkle Seite des Lichts 360° Geo Reportage: Tasmanien, Illustration: Elisabeth Brinkmeier

Wir lieben Licht. Es gibt uns Sicherheit, Orientierung, gehört zu jeder mo- Sympathie für den Teufel
dernen Stadt. Doch zu viel und falsches Licht schadet auch: Insekten gehen Die australische Insel Tasmanien ist die Hei-
daran zugrunde, nachtaktive Tiere kommen aus dem Gleichgewicht. Und mat einer einzigartigen Tierwelt. Ein Paradies
auch der menschliche Biorhythmus wird empfindlich gestört. Sternenlieb- auf Erden, das für den Tasmanischen Teufel
haber, Naturschützer und betroffene Anwohner kämpfen gegen die zu­ zur Hölle wurde. Seit Jahren wird das Beutel-
nehmende Lichtverschmutzung. tier von einer hochansteckenden Krebserkran-
kung dahingerafft. Biologen, Immunologen und Tier­mediziner arbeiten mit
Samstag, 27. Juni Hochdruck daran, ein Gegenmittel zu finden. Auch private Initiativen
arte, 22.55 Uhr kümmern sich inzwischen um kranke, verletzte und verwaiste Teufel.
Wenigstens beginnt die Öffentlichkeit in Tasmanien endlich zu begreifen,
Geheimnisvolle Leguane
wie wertvoll die Teufel für das Ökosystem und das Image der Insel sind.
Wenn Evolution sich wiederholt
Auf den Großen Antillen leben kleine bunte Echsen, die nicht nur Urlau-
Samstag, 11. Juli
bern, sondern auch Evolutionsforschern große Freude bereiten: die Anolis
arte, 22.00 Uhr
oder Saumfingerechsen. Auf den verschiedenen Inseln gibt es sehr ähnliche
Arten, die jedoch unabhängig voneinander entstanden sind. Wenn die Korallensterben – Rettung am Great Barrier Reef
Evolution immer wieder gleiche Lösungen hervorbringt, sprechen Experten 33 Jahre bis zur vollständigen Zerstörung eines kompletten Ökosystems.
von Konvergenz. Ein Team um den weltweit führenden Anolis-Forscher Der Bestand von Korallenriffen geht infolge der globalen Erwärmung
Jonathan Losos ist den kleinen Leguanen auf die Spur gekommen und stark zurück. Wie kann das Ökosystem gerettet werden, das als eines der
sucht nach den Gründen und Besonderheiten ihrer Anpassung. größten Wunder der Natur gilt? Die Meeresbiologin Emma Johnston
sucht die erfolgversprechendsten Lösungen, um das Great Barrier Reef in
Australien wiederzubeleben. Zu ihrer Arbeit gehören Tauchgänge vor
faszinierend schöner Kulisse. Doch wie lange wird es diese Schönheit
Kurzfristige Programmänderungen sind möglich. noch geben?

© 2020 The Authors. Biologie in unserer Zeit published by


198    Biol. Unserer Zeit    3/2020 (50) www.biuz.de Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

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