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Tunikaten
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Tunikaten
Die Tunicaten gehören zum Stamm der Chordaten, und zwar bilden sie die Gruppe der Urchordaten, also phylogenetisch frühe und im Aufbau
relativ primitive Formen der Chordaten.

Namengebend für alle Chordaten ist der Besitz eines Axialskeletts, im ursprünglichen Falle der Tunicaten einer Chorda dorsalis, ein elastischer,
ungegliederter zellulärer Stab, der als Stützgewebe funktioniert und an dem Muskeln ansetzen.

Der Vorteil der freien Chorda, die noch nicht von einer Wirbelsäule umspannt ist, liegt darin, daß das Tier im Falle von mechanischer Belastung in
Längsrichtung flexibel, d.h. bis zu einem gewissen Grad stauchbar ist.

Die Chorda befindet sich bei den Tunikaten im Schwanz als muskelumspannter Stab, und da bei den meisten Vertretern dieses Unterstammes der
Schwanz während der homometabolen Entwicklung über eine Larve zurückgebildet wird, fehlt den meisten adulten Formen die Chorda. Genauso
verhält es sich mit dem Neuralrohr, welches als dorsaler Nervenstrang (Typisches Merkmal der Deuterostomier) bei den beschwanzten Formen
über der Chorda Dorsalis liegt. Der vordere Abschnitt des Neuralrohres entwickelt sich zu einem großen Cerebralganglion im Sinne eines Gehirns,
welches beim adulten Tier erhalten bleibt und dann im vorderen Bereich auch viele Sinnesorgane (Licht- und Schwersinnesorgane) trägt. Man
kann also bei den Tunikaten schon deutlich die Cephalisation der Sinnesleistungen beobachten.

Eine Besonderheit aller Tunikaten ist der Kiemendarm, indem der vordere Teil des Darms und die umgebende Körperwand von Löchern
durchzogen sind, die sich zu Kiemenspalten umgewandelt haben. Aufgrund der Vielzahl der Löcher im Vorderdarm weist der Kiemendarm eine
hohe respiratorische Oberfläche auf. Der Grund dafür, daß sich ein ursprünglich der Verdauung dienendes Organ zusätzlich der Aufgabe des
Atmens widmete liegt in der ursprünglichen Art der Nahrungsgewinnung der Tunikaten: Als Filtrierer wurde der Vorderdarm schon immer von
einem konstanten Wasserstrom durchflossen und die zahlreichen Löcher stellten eine ideale Vorraussetzung zur Entwicklung respiratorischer
Epithelien dar.

Eine weitere Besonderheit ist das Endostyl, eine bewimperte Rinne an der ventralen Seite des Kiemendarms, die auch als Hypobranchialrinne
bezeichnet wird. Das Organ ist in der Lage, aus dem Salzwasser Jod aufzunehmen und wird deshalb als Vorläufer der Vertebratenschilddrüse
angesehen.

Alle Vertreter der Tunikaten leben marin. Namengebend ist eine bei allen Vertretern vorhandene äußere Schicht aus Tunicin, ein zelluloseartiger
Mantel aus Mucopolyacchariden und Mucoproteinen.

Diese Tunica wird von der einschichtigen Epidermis sezerniert und umgibt das Tier wie eine bindegewebige Schutzhülle.

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Exkretionssysteme fehlen völlig; sie sind allerdings auch nicht notwendig, da der Organismus ständig von Wasser durchflossen wird und
Diffusionswege deshalb entsprechend kurz sind.

Das Blutgefäßsystem ist offen, es ist allerdings eine gewisse Kammerung durch Lakunen gewährleistet. Das Herz kann durch Schlagumkehr das
Blut in zwei Richtungen pumpen und das respiratorische Pigment ist nicht Hämoglobin, sondern Vanadium, wodurch einige Tunikaten bläulich
gefärbt erscheinen.

Unter den Tunikaten finden sich alle Arten der Fortpflanzung; die meisten sind jedoch Zwitter, wobei die Gonaden unpaar und meistens
voneinander getrennt im Hinterkörper liegen. Geschlechtsprodukte werden oft ins Wasser abgegeben und erst dort befruchtet (Äußere
Befruchtung), viele Tunikaten können sich allerdings auch durch Sprossung fortpflanzen.

Es gibt drei Klassen der Tunikaten:

Die Ascidien (Seescheiden), die Appendicularien (Larvacea) und die Thaliaceae (Salpen).

Die größte Gruppe bilden mit ca. 2100 Arten die Seescheiden. Die adulten Tiere werden bis zu 30 cm. Lang und sind mit einer derben Tunica
umgeben; die Larven sehen kaulquappenartig aus, schwimmen frei und sind mit einem Ruderschwanz, einer Chorda und Muskeln ausgerüstet.

Charakteristisch ist der U- förmige Darm, der im vorderen Bereich mit zahlreichen Kiemenspalten versehen ist und das Phänomen bedingt, daß
Ein- und Ausstromöffnung an ein und demselben Pol liegen.

Sowohl Knospung und dadurch Koloniebildung als auch Entwicklung über eine Larve, die sich am Substrat festsetzt und den Schwanz reduziert,
sind möglich.

Die Appendicularien heißen deshalb Larvaceen, weil sie zeitlebens ihren chordahaltigen Schwanz bewahren. Man kann sie als geschlechtsreife
Larven bezeichnen, die imstande sind, sich im Larvenstadium miteinander zu vermehren (Neotonie).

Appendicularien sind sehr klein (1-8mm) und leben alle planktonisch. Ihre Oberfläche sezerniert Fanggehäuse, in denen durch Schwanzschlag ein
Wasserstrom erzeugt wird und deren gefangene Partikel mit Hilfe des Wasserstroms im Kiemendarm aufgenommen werden.

Als Verlängerung des Neuralrohres besitzen die Larvaceen einen dorsalen Längsstrang, der in ein großes Cerebralganglion mündet, an dem die
Sinnesorgane lokalisiert sind (Cephalisation).

Fast alle Appendicularien sind Zwitter, wobei die Geschlechtszellen durch Aufreißen des Tieres und dessen Tod ins Freie gelangen und dort
befruchtet werden.

Salpen (Thaliaceae) sind durchsichtig, faß- oder tonnenförmig und leben frei schwebend im Wasser. Sie können bis zu 15 cm. Lang werden (Salpa
Maxima), dehr viele Arten gehören jedoch dem Plankton an. Sie haben einen charakteristisch breiten, geraden Darm ohne U- Form, weshalb In-
und Egestionsöffnung an den jeweiligen Polen liegen. Der Wasserstrom durch des Tier dient der Fortbewegung: Er wird durch Kontraktion der das

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Tier umgebenden Muskelringe als Schubfaktor aus der Egestionsöffnung herausgepresst.

Häufig bilden Salpen Kolonien: Bei der Ordnung Pyrosomidae (Feuerwalzen) ordnen sich die Einzeltiere um einen Hohlzylinder an, indem von
einem Ammentier, welches larval bleibt durch Knospung vier Primärtiere (Blastozoide) gebildet werden, die dann wiederum durch weitere
Knospung die Kolonie entstehen lassen.

Die Symbiose mit Leuchtbakterien verleiht den Feuerwalzen ihre Luminiszenz und ihren Namen; die Dakterien werden mit dem Ei von
Generation zu Generation übertragen.

Die interessanteste Fortpflanzungsart zeigen die beiden anderen Ordnungen der Thaliaceae, die Cyclomyariae und die Desmomyariae, welche eine
vollständige Metagenese durchmachen:

Ein solitär lebendes Geschlechtstier (Blastozoid) entläßt aus einer Bruttasche ein befruchtetes Ei, welches zu Boden sinkt und sich über eine
beschwänzte Larve zum Ammentier (Oozoid) entwickelt. Dieses geschlechtslose Tier bildet einen Stolo prolifer aus, einen kettenförmigen
Knospungszapfen, in den Fortsätze des Kiemendarms ragen.

Aus diesem entsteht durch Knospung eine Tierkette mit Funktionsteilung: Laterale Knospen entwickeln sich zu sterilen Nährtieren für das
Ammentier, da dieses ja seinen Kiemendarm reduziert hat, mediane Knospen entwickeln sich zu Tragtieren (Phorozoide), die die Kolonie in der
Schwebe halten.

Verläßt ein solches Tragtier die Kolonie, so entwickelt es sich wieder zum Blastozoiden und der metagene Vermehrungszyklus, der Wechsel
zwischen geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Generation beginnt wieder von vorn.

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www.BioloGE.de - Letzte Änderung: 01-Sep-2000


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