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2008 aktualisierte Version folgender Veröffentlichung/


This paper is an updated version (as of 12/24/2008) of the following publication/
Este artigo é uma versão atualizada em 24.12.2008 da seguinte publicação:

ALENCAR, Leonel Figueiredo de. Der Constructor – Ein interaktives Werkzeug für
Recherchen in portugiesischen Korpora auf dem WWW. In: PUSCH, Claus D.;
RAIBLE, Wolfgang (Eds.). Romanistische Korpuslinguistik – Romance Corpus
Linguistics: Korpora und gesprochene Sprache – Corpora and Spoken Language.
Tübingen: Narr, 2002. p. 147-154.

Der Constructor – Ein interaktives Werkzeug für Recherchen in portugiesischen


Korpora auf dem WWW

Leonel Figueiredo de Alencar

Abstract
This paper presents a description of the Constructor, a tool implemented in
Javascript, which constructs queries for searching Brazilian and European Portuguese
corpora available on the Web through the Linguateca project
(http://www.linguateca.pt). It is shown how non-programmers, without knowledge of
the query language of the underlying corpus processor (IMS Corpus Workbench), can
create in an interactive and intuitive way by means of this program quite complex
queries for the investigation of concrete questions in the areas of Portuguese syntax,
morphology and lexicology. The Constructor can be accessed at the URL
http://www.geocities.com/Athens/Crete/1546/indexc.htm.
Keywords: Corpus Linguistics, Portuguese, Syntax, Morphology, Lexicology.

Resumo
Este artigo apresenta O Constructor, uma ferramenta implementada em Javascript
capaz de construir comandos para pesquisas em corpora do português tanto brasileiro
quanto europeu disponíveis na Internet através do projeto Linguateca
(http://www.linguateca.pt). Explica-se como não programadores, por meio deste
programa, podem criar, sem conhecimento da linguagem de interrogação do
processador de corpus subjacente (o IMS Corpus Workbench), de forma interativa e
intuitiva, comandos bastante complexos para investigação de questões concretas nas
áreas da sintaxe, morfologia e lexicologia do português. O Constructor pode ser
acessado no endereço http://www.geocities.com/Athens/Crete/1546/indexc.htm.
Palavras-chave: Lingüística de corpus, português, sintaxe, morfologia,
lexicologia.
In diesem Beitrag soll über den Constructor berichtet werden. Dabei handelt es sich um
ein laufendes Projekt, welches in einem völlig interaktiven, in Javascript1
implementierten Computerwerkzeug besteht, das Suchanfragen für Recherchen in den
WWW-Versionen portugiesischer Korpora konstruiert2. Die Erstellung dieses
Programms wurde erst durch ein für die Promotion an der Universität Konstanz
gewährtes Stipendium von der in der brasilianischen Hauptstadt Brasília angesiedelten
Fundação CAPES ermöglicht. Gleichfalls danken wir der Universidade Federal do
Ceará in Fortaleza, die unseren Aufenthalt in Deutschland unterstützt hat.
Seit September 1999 stehen im Rahmen des vom portugiesischen Ministerium für
Wissenschaft und Technologie geförderten Projektes Linguateca3 (Teilprojekt AC/DC –
Acesso a Corpora/Disponibilização de Corpora) zahlreiche Korpora des geschriebenen
Portugiesischen kostenlos und praktisch unbeschränkt auf dem WWW via URL
http://www.linguateca.pt zur Verfügung (vgl. Santos / Ranchhod 1999; Santos 1999;
Santos et al. 2000). Die Tabelle 1 soll einen Einblick in den Umfang einiger dieser
Korpora ermöglichen4:

Tabelle 1. Anzahl der Wortformen und Sprachvarietät der WWW-Versionen einiger


portugiesischer Korpora bei dem Linguateca-Projekt.

Korpus Anzahl der Brasilianisches Europäisches


Wortformen Portugiesisch Portugiesisch
NATURA 6.255.446 X
ENPCPUB 72.253 X
MINHO 2.115.163 X
ECI-EBR 721.452 X
ECI-EE 26.516 X
SAOCARLOS 33.788.908 X
FRASESPP 16.225 X
FRASESPB 19.157 X

(vgl. Santos et al. 2000)

Die Korpora sind z. Zeit total oder größtenteils annotiert. Mittelfristig sollen alle
Korpora hundertprozentig getaggt sein. Eventuelle Erweiterungen der Korpora sollen
gleichfalls mit einbezogen werden (vgl. Santos et al. 2000).
Der Korpuslinguistik zufolge gehen wir davon aus, daß das Recherchieren in
elektronischen Sprachkorpora nicht nur für Linguisten und Computerlinguistikexperten,

1 Als umfassende Darstellung über die Programmiersprache Javascript empfiehlt sich Goodman (1998).
2 Das Programm steht via URL http://www.geocities.com/Athens/Crete/1546/indexc.htm zur Verfügung.
3 Dieses Projekt wurde am Anfang Processamento Computacional do Português – PCP genannt.
4 Alle Aussagen über diese Korpora sowie deren WWW-Schnittstelle im Rahmen des Linguateca-
Projektes beziehen sich auf den Stand vom Oktober 2000, als wir dieses Papier auf der 1. Freiburger
Arbeitstagung zur Romanistischen Korpuslinguistik präsentiert haben.
sondern auch für Sprachlehrer und -lerner, Übersetzer u. a. von Belang ist. Obwohl die
Benutzung der Korpora von einem breiteren Kreis eine der Motivationen des
Linguateca-Projektes ist, bereitet die portugiesische Korpora-Schnittstelle u. E. dem
Nichtprogrammierer große Schwierigkeiten.
Den WWW-Versionen portugiesischer Korpora liegt nämlich das Corpus Workbench
des Instituts für Maschinelle Sprachverarbeitung der Universität Stuttgart (IMS-CWB)
zugrunde. Um mit Hilfe dieser Korpora effektiv sprachbezogenen Fragestellungen
nachgehen zu können, muß man die Suchabfragesprache dieses
Korpusverarbeitungssystems beherrschen. Zur Zeit besteht u. W. keine auf die
Nichtprogrammierer abgestimmte Beschreibung dieser Abfragesprache, was die
Nutzung der WWW-Schnittstelle portugiesischer Korpora durch ein breiteres Publikum
erheblich einschränkt. Einerseits ist dem Laien wegen des Computerfachjargons das
Verstehen des Benutzerhandbuches des IMS-CWB nicht zuzumuten. Andererseits
beschränkt sich das Linguateca-Projekt darauf, Anfragebeispiele aufzuführen. Darüber
hinaus gibt es noch keine ausführliche Auflistung der in dieser Schnittstelle
implementierten Optionen des IMS-CWB.
Wir werden jetzt die Schwierigkeiten eines durchschnittlichen Benutzers durch ein
Beispiel verdeutlichen. Im Portugiesischen kann das Adjektiv im allgemeinen innerhalb
einer Nominalphrase vor oder nach dem Nomen stehen (s. (1)). Es gibt aber Adjektive,
die nur vor dem Nomen auftreten können (s. (2)) (vgl. Mateus et al. 1989:186).

(1) mulher bela − bela mulher, instituto famoso − famoso instituto, qualidade
baixa − baixa qualidade, investimento pequeno − pequeno investimento
schöne Frau − berühmtes Institut - niedrige Qualität − kleine Investition
(2) campo financeiro − * financeiro campo, gasolina nacional − * nacional
gasolina, fatores ambientais − * ambientais fatores
finanzieller Bereich − nationales Benzin − umweltbezogene Faktoren

Hier ein (vereinfachtes) Fragment einer Phrasen-Struktur-Grammatik des


Portugiesischen (vgl. Souza e Silva / Koch 1986:18-23; Mateus et al. 1989:184, 205):

(3) (i) NP → (Det) (Mod) N (Mod)


(ii) Mod → AP
(iii) AP → (Adv) Adj5

Wir nehmen an, daß sich ein Lerner des Portugiesischen als Fremdsprache die Frage
stellen könnte, welche der beiden nach (3) zugelassenen Wortstellungen (4) und (5)
gebräuchlicher ist:

(4) mulher extraordinariamente bela, instituto mundialmente famoso, qualidade


extremamente baixa, investimento relativamente pequeno
(5) extraordinariamente bela mulher, mundialmente famoso instituto,
extremamente baixa qualidade, relativamente pequeno investimento

5NP = Nominalphrase, Det = Determinant, Mod = Modifikator, N = Nomen, AP= Adjektivphrase, Adv =
Adverb, Adj = Adjektiv.
außergewöhnlich schöne Frau − weltweit berühmtes Institut − extrem niedrige
Qualität − relativ kleine Investition

Während die Stellungen AP + N und N + AP in (1) unserer Intuition nach weitgehend


gleichwertig sind, kommt uns die Stellung AP + N in (5) im Vergleich zu der in (4), die
neutral klingt, als stark markiert vor. Es scheint, daß ein modifizierendes mente-Adverb
die Mobilität der AP in der NP beschränkt. Wie könnte man diesen ersten Eindruck mit
Hilfe der o. g. Korpora überprüfen? Auf ein Sprachgefühl kann unser Lerner übrigens
nicht zurückgreifen.
Um diese Frage zu beantworten, könnte ein Benutzer mit Programmiererfahrung nicht
ohne einige Mühe anhand des CWB-Benutzerhandbuches und der Anweisungen auf den
Webseiten des Linguateca-Projektes zuerst die Suchanfrage (6) (a) konstruieren, welche
die Befehle (6) (b) kodiert:

(6) (a)
set Context 2 s;[pos="N.*"&pos!="NUM.*"] [ ] {0,0}
[word=".+mente"&pos="ADV.*"] [ ] {0,0} [pos="ADJ.*"] within 1 s;

(6) (b)
(i) Zeige einen Satz beiderseits des Treffersatzes
(ii) Beschränke die Suche auf den Umfang eines einzigen Satzes
(iii) Suche nach Sequenzen aus Nomen, Adverb auf -mente und Adjektiv mit
einem Intervall von k und l Elementen dazwischen, wobei k=l=0

Die Ergebnisse der Suchanfrage (6)(a) würde der Benutzer dann mit denen der
Suchanfrage (7) vergleichen:

(7)
set Context 2 s;[word=".+mente"&pos="ADV.*"] [ ] {0,0} [pos="ADJ.*"]
[ ] {0,0} [pos="N.*"&pos!="NUM.*"] within 1 s;

In drei der Korpora kommt man mit den Suchanfragen (6) und (7) zu den auf der
Tabelle 2 dargestellten Ergebnissen.

Tabelle 2. Häufigkeit der Sequenzen N + -mente-Adverb + Adj und -mente-Adverb +


Adj + N in 3 Korpora.

Korpus Anzahl der Konkordanzen mit der


Wortstellung
N + -menteAdv + Adj -menteAdv + Adj + N
NATURA 1176 93,6 % 81 6,4%
MINHO 223 91,4% 21 8,6%
ECI-BR 180 97,3% 5 2,7%
Diese Evidenzen suggerieren, daß die Nachstellung einer von einem mente-Adverb
erweiterten AP im heutigen geschriebenen brasilianischen und europäischen
Portugiesischen einer Voranstellung deutlich vorgezogen wird.
Weitere Korpusdaten scheinen diese Hypothese zu bestätigen, zumal es deutliche
Unterschiede zwischen einer AP mit und ohne einem -mente-Adverb gibt, wie aus
einem Vergleich zwischen den Daten der Tabellen 2 und 3 hervorgeht. Die Sequenz -
mente-Adv + Adj kommt im Natura-Korpus vor einem N in knapp 7% der Fälle vor,
während wir die Sequenz Adj + N in etwa einem Drittel der Fälle haben.

Tabelle 3. Häufigkeit der Voran- und Nachstellung eines Adjektivs innerhalb einer NP
in 3 Korpora.

Korpus Adj + N N + Adj


NATURA 89.272 32,9% 182.049 67,1%
MINHO 22.835 29,3% 55.148 70,7%
ECI-BR 7.775 29,6% 18.469 70,4%

Wenn man von der Komplexität der Suchabfragesprache absieht, lassen sich dank der
Initiative des Linguateca-Projektes auf einfache Weise in ein paar Minuten Evidenzen
für die Überprüfung linguistischer Hypothesen über das Portugiesische erheben. Dem
Nichtexperten (was das Programmieren angeht) würden wir aber nicht die
Formulierung der Suchanfragen (6) und (7) zutrauen. Diese Zielgruppe bildet deshalb
den wichtigsten Anlaß unseres Programms.
Unser Projekt zielt hauptsächlich darauf ab, eine Brücke zwischen den Laienanwendern
und der portugiesischen IMS-CWB-Schnittstelle zu schlagen. Der Constructor zeichnet
sich nämlich durch eine intuitive und interaktive, daher anwenderfreundliche
Schnittstelle aus, die völlig auf die Abfragesprache des Korpusverarbeitungssystems
verzichtet.
Die Interaktion mit dem IMS-CWB besteht grundsätzlich aus zwei Sorten von
Befehlen. Einerseits kann die Präsentation der Suchergebnisse vom Benutzer nach
bestimmten Paramatern festgesetzt werden. Andererseits kann mittels regulärer
Ausdrücke nach einzelnen Korpuspositionen oder Sequenzen aus Korpuspositionen
gesucht werden (vgl. Christ et al. 1999).
In der aktuellen Version unseres Programms sind einige der für linguistische
Untersuchungen relevanten Funktionen des IMS-CWB implementiert. Andere wichtige
Funktionen wie z. B. logische Operationen über Suchanfragen wurden noch nicht mit
einbezogen.
Durch unser Programm kann der Benutzer die Darstellung der Ergebnisse nach
folgenden Parametern mit gestalten:

• Maximale Anzahl der Treffer


• Groß-/Kleinschreibung ignorieren oder beachten
• Annotation anzeigen
• Anzahl und Typ der Elemente des Kotextes (s. (6) (2) (i))
Folgende Optionen bestimmen die Suchergebnisse:

• Affixe und Wörter gleich behandeln


• Suchobjekte: (i) einzelne Wörter, (ii) einzelne Affixe, (iii) Sequenz aus n
Elementen (n ≥1) mit einem Intervall aus k, l Positionen (k, l ≥ 0)
• Satzanzahl des Suchumfangs (d. h. auf wie viele Sätze sich die Suche
erstrecken soll)
• Suche nach bis 4 Elemente in einer beliebigen Reihenfolge

Bei der Suche nach einer Sequenz besteht ferner die Möglichkeit, nach Wortformen,
Präfixen, Infixen oder Suffixen zu suchen und diese Elemente als Wort oder Lemma
und nach der morphosyntaktischen Kategorie zu charakterisieren. Eine weitere Funktion
ermöglicht es, nach morphosyntaktischen Kategorien ohne Angabe einer Wort- bzw.
Affixform zu suchen.
Mit dem Constructor kann der durchschnittliche Benutzer ohne jegliche Kenntnisse der
Suchabfragesprache die Befehle (6) und (7) bilden. Dazu braucht er nur mit den
Steuerelementen (Schaltflächen und Eingabefeldern) der graphischen
Benutzeroberfläche eines HTML-Formulars zu interagieren (vgl. Goodman 1998).
Folgende Schritte führen zur interaktiven Formulierung der Suchanfrage (6):

(8)
i. Optionsknopf "Alle Treffer zeigen" markiert lassen
ii. Kontrollkästchen "Groß-/Kleinschreibung ignorieren" markiert lassen
iii. Kontrollkästchen "Annotation anzeigen" unmarkiert lassen
iv. Option "1 Satz beiderseits des Treffersatzes" markieren
v. Beim Kontrollkästchen "Ignorieren" Markierung entfernen
vi. Den Wert 0 im Textfeld "Erster Wert des Intervalls zwischen Elementen"
unverändert lassen
vii. Kontrollkästchen "Affixe und Wörter gleich behandeln" unmarkiert lassen
viii. Option "Elemente in einer Sequenz" in der Auswahlliste "Suchen" auswählen
ix. Option "Annotiert" in der Auswahlliste "Korpustyp" auswählen
x. Kategorie einfügen: Substantiv
xi. Die Zeichenkette mente in den Textbereich "Einbeziehen" schreiben
xii. Als Suffix charakterisieren
xiii. Als Wort und Adverb charakterisieren
xiv. Kategorie einfügen: Adjektiv
xv. Knopf "Suchanfrage konstruieren" anklicken
xvi. Fragen in den Dialogfenstern beantworten

Morphologische Fragen lassen sich auf eine ähnlich einfache Weise anhand des
Constructors erforschen. Um die Frage (9)

(9) Welche Adjektive auf -vel bilden die Negation mit dem Präfix des-?

zu untersuchen, braucht man nur folgende Prozedur durchzuführen:

(10)
i. Option "0 Wort auf jeder Seite" auswählen
ii. Beim Kontrollkästchen "Ignorieren" Markierung entfernen
iii. Option "Suchen nach einer Sequenz" auswählen
iv. Die Zeichenkette des in den Textbereich schreiben
v. Dieses Element als Präfix charakterisieren
vi. Die Zeichenkette vel in den Textbereich schreiben
vii. Dieses Element als Suffix charakterisieren
viii. Leerstelle zwischen beiden Elementen löschen
ix. Resultierendes Element als Lemma und Adjektiv charakterisieren
x. Knopf "Suchanfrage konstruieren" anklicken
xi. Fragen in den Dialogfenstern beantworten

Zum Schluß zeigen wir noch ein Beispiel der Anwendung unseres Programms auf
alltägliche sprachliche Fragestellungen. In der sogenannten normativen Grammatik
(gramática normativa) gilt Satz (11a) als korrekt, Satz (11b) als falsch (vgl. Gonçalves
1965:195) oder weniger empfehlenswert (Ferreira 1999):

(11)
(a) Tenho de acabar este trabalho até as doze horas.
ich habe von abschließen diese Arbeit bis zwölf Uhr
"Ich habe diese Arbeit bis zwölf Uhr abzuschließen."
(a) Tenho que acabar este trabalho até as doze horas.
ich habe daß abschließen diese Arbeit bis zwölf Uhr
"Ich habe diese Arbeit bis zwölf Uhr abzuschließen."

Der Grund dafür liegt darin, daß die satzförmige Ergänzung des Verbs ter "haben" in
der Bedeutung "müssen" von der Präposition de "von" und nicht von der Konjunktion
que "daß" eingeleitet werden soll. Dem entsprechenden Wörterbucheintrag bei Borba et
al. (1997:1286) ist dagegen zu entnehmen, daß beide Konstruktionen im heutigen
geschriebenen brasilianischen Portugiesischen gebräuchlich sind. Dabei wird auf keinen
stilistischen Unterschied zwischen beiden Konstruktionen hingewiesen.
Für uns ergeben sich daraus folgende Fragen:
(12)
(a) Welche Konstruktion kommt im brasilianischen Portugiesischen häufiger vor?
(b) Wie sind die Verhältnisse im europäischen Portugiesischen?

Wir ersparen uns, Schritt für Schritt zu zeigen, wie man mit Hilfe des Constructors
leicht zu den Ergebnissen der Tabelle 4 kommt. Der Leser kann selbst mit dem
Programm diesen Befehl konstruieren. Wir weisen nur darauf hin, daß ter als Lemma
und Verb und der Infinitiv als ein Wort mit Suffix -r und verbaler Eigenschaft zu
charakterisieren sind.

Tabelle 4. Häufigkeit der Konstruktionen ter de + Infinitiv und ter que + Infinitiv in 3
Korpora. (BP = brasilianisches Portugiesisch, EP= europäisches Portugiesisch)

Korpora SAOCARLOS ECI-EBR (BP) Natura (EP)


Konstruktionen (BP)
ter de + Infinitiv 3641 33,6% 125 36,2% 1373 66,4%
ter que + Infinitiv 8876 63,8% 220 63,8% 694 33,6%

Wenn man den Daten der Tabelle 4 Glauben schenken darf, sind die Verhältnisse
zwischen dem BP und dem EP genau umgekehrt, was die Anwendung beider
Konstruktionen betrifft. Wie in anderen Fällen erweist sich EP als konservativer, was
die Beachtung der normativen Grammatik anbelangt.
Wie gesagt, wurde der Constructor vor allem für den Nichtprogrammierer konzipiert.
Wir sind aber der Auffassung, daß unser Programm auch denjenigen Linguisten und
anderen Anwendern nützen kann, die mit der Abfragesprache gut vertraut sind, indem
es ihnen die mühevolle Formulierung bestimmter regulärer Ausdrücke erspart.
Z. Beispiel muß man ohne den Constructor manuell den Ausdruck (13) in der
Suchabfragesprache des IMS-CWB formulieren, um Sätze mit einem Substantiv, einem
Kopula und einem Adjektiv in beliebiger Reihenfolge zu erhalten:

(13)
Q1=[lema="ser"&pos="V.*"] expand to s; Q2 = [pos="ADJ.*"] expand to s;
Q3 = [pos="N.*"&pos!="NUM.*"] expand to s; Q4 = intersect Q1 Q2;
intersect Q3 Q4;

Andererseits entlastet das Programm den Anwender dadurch, daß er die Optionen des
IMS-CWB nicht zu ermitteln braucht, die tatsächlich für die portugiesische Schnittstelle
zur Verfügung stehen.
Z. Beispiel wurde vom Linguateca-Projekt nur das Prädikat cut, aber nicht das Prädikat
reduce implementiert (vgl. Christ et al. 1999) – aber es gibt keinen Hinweis darauf auf
den Seiten des Linguateca-Projektes. Trotzdem übt das Prädikat reduce eine wichtige
Funktion aus. In der Schnittstelle des Linguateca-Projektes darf nämlich die
Treffermenge eine bestimmte Höchstgrenze nicht überschreiten, sonst bekommt man
keine Treffer, sondern nur deren Anzahl. Es ist oft notwendig, die Anzeige der
Treffermenge einzuschränken. Mit dem Prädikat cut werden nur die n ersten Belege
angezeigt. Das ist manchmal nicht günstig, zumal man Treffer aus einer einzigen Quelle
erhält. Beim Prädikat reduce wird dagegen die Anzeige der Treffermenge auf eine
Zufalls-Stichprobe begrenzt.
Fassen wir zusammen. Bei den vorangegangenen Ausführungen handelte es um ein in
Javascript verfaßtes Computerprogramm namens Constructor, welches Suchanfragen in
der Suchabfragesprache des Korpusverbeitungssystems IMS-CWB auf interaktive und
intuitive Weise konstruiert. Dieses System liegt der Schnittstelle portugiesischer
Korpora im Rahmen des Linguateca-Projektes zugrunde. Um nicht triviale Recherchen
in diesen Korpora durchführen zu können, muß der Benutzer die Programmiersprache
des IMS-CWB beherrschen. Wir zeigten, wie diese Forderung es unmöglich macht oder
zumindest erheblich erschwert, daß die Korpora von Benutzern ohne
Programmierkenntnisse angewendet werden. Mit dem Constructor kann man dagegen
ohne Programmierkenntnisse sehr komplexe Anfragen konstruieren. Das Funktionieren
unseres Programms veranschaulichten wir anhand der Untersuchung konkreter
Fragestellungen in den Bereichen der portugiesischen Syntax, Morphologie und
Lexikon. Auf die allgemeinen Leistungen sowie auf Beschränkungen der aktuellen
Version gingen wir gleichfalls ein. Zum Schluß wiesen wir darauf hin, daß der
Constructor auch Programmierern nützen kann.

Literaturverzeichnis

Borba, Francisco da Silva (ed.) (1991): Dicionário gramatical de verbos do português


contemporâneo do Brasil, São Paulo: UNESP.
Christ, Oliver et al. (1999). The IMS Corpus Workbench: Corpus Query Processor
(CQP). User's Manual. University of Stuttgart, Institute for Natural Language
Processing. http://www.ims.uni-stuttgart.de / projekte / CorpusWorkbench
/CQPUserManual / HTML/ (16.03.2000).
Ferreira, Aurélio Buarque de Holanda (1999). Novo Aurélio Eletrônico Século XXI.
Versão 3.0. Rio de Janeiro: Lexikon Informática / Nova Fronteira.
Gonçalves, M. A. (1965): Dificuldades básicas da língua portuguesa, Rio de Janeiro:
Ao Livro Técnico.
Goodman, D. (1998): JavaScript Bible, Foster City, CA et al.: IDG Books Worldwide.
Mateus, M. H. M. et al. (1989): Gramática da língua portuguesa, Lisboa: Caminho.
Santos, D. / Ranchhod, E. (1999). Ambientes de processamento de corpora em
português: comparação entre dois sistemas. http://www.portugues.mct.pt/
(25.02.2000).
Santos, D. (1999). Disponibilização de corpora de texto através da WWW.
http://www.portugues.mct.pt (25.02.2000).
Santos, D. et al. (2000). Processamento computacional do português.
http://www.portugues.mct.pt/
Souza e Silva, M. C. / Koch, I. V. (1986): Lingüística aplicada ao português: sintaxe,
São Paulo: Cortez.

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