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Ludwig-Maximilians-Universität München

Institut für Slavische Philologie


Prof. Dr. J.R.Dörig-Smirnov
Seminar: Re- und Desakralisierung der Solowezker-Inseln
(Mariusz Wilk: "Schwarzes Eis. Mein Rußland")

Schriftliche Seminararbeit zum Thema:


Solowezker Inseln als Haft- und Verbannungsort

Vorgelegt von: Elena Hoffmann


Hauptstr. 139
10827 Berlin
Tel. 030 / 78096390
Email: elena.hoffmann@gmx.net

Hauptfach: Slavische Philologie (12. FS)


Nebenfächer: Polnische Philologie (12. FS); Recht für Sozialwissenschaften (5. FS)
Inhaltsverzeichnis

I. Zur Fragestellung 3
II. 1. Solowezker Kloster als Verbannungsort 4
II. 1. 1. Einleitung 4
II. 1. 2. Beginnender Aufstieg des Solowezker Klosters in der Herrschaftszeit von Ivan
IV und Anfänge des Solowezker Gefängnisses 7
II. 1.2. 1. Abtszeit von Filipp (Kolyčev). Solowezker Klostergemeinde im 16.-17. Jh. 7
II. 1 .2. 2. Solowezker Kloster als Haftort (17Jh.) 9
II. 1. 3. Solowezker Aufstand gegen Kirchenreform und die Belagerung des Klosters
1667-1676 12
II. 1. 3. 1. Chronik des Aufstandes. Lage der Häftlinge während der Belagerung des
Klosters 13
II. 1. 4. Solowezker Kloster und Gefängnis im 18.-19. Jh. 15
II. 2. Das Solowezker Lager besonderer Bestimmung (SLON) 17
II. 2. 1. Einführung 17
II. 2. 2. Kultureinrichtungen des Solowezker Lagers 20
II. 2. 2. 1. Solowezker Lagertheater 20
II. 2. 2. 2. Lagerbibliothek 23
II. 2. 2. 3. Verlagswesen des Solowezker Lagers 23
III. Schluss 25

2
I. Zur Fragestellung

Die Annahme, dass es Orte gibt, die − wie die Menschen − ihr eigenes Schicksal besitzen,
scheint gar nicht so abwegig zu sein, wenn man an Solowki denkt. Diese Arbeit begibt sich
gewissermaßen auf die Suche nach etwas, das man als „Schicksal von Solowki“ bezeichnen
könnte – nach bestimmten, im Laufe der Jahrhunderte variierend wiederkehrenden
Ereignismustern, die die Geschichte des Klosters und der Inseln durchziehen. Dazu muss
allerdings gleich gesagt werden, dass ein solches, an sich nicht ganz zweifelsfreies
Unternehmen fast unweigerlich mit der Gefahr einer einseitigen Betrachtung und Darstellung
verbunden ist, einer „Einengung der Perspektive“. Zwar hätte man sich hierbei leicht
rechtfertigen können, alleine schon im Hinblick auf mehr als fünf Hundert Jahre Solowezker
Geschichte, der man im hier vorgegebenen Rahmen keineswegs gerecht werden kann.
Dennoch ist die Einengung der Perspektive – ein meistens zu bemängelnder Vorgang – in
diesem Fall durchaus bewusst und gewollt, und soll als Verfahren betrachtet werden, das
ermöglichen kann, bestimmte Aspekte der Solowezker Geschichte deutlicher hervortreten zu
lassen. So greift diese Arbeit nur einen Strang aus der ereignisreichen Geschichte des
Solowezker Klosters auf und nimmt ihn zum näheren Betrachten heraus. Das Schicksal der
Solowki invertiert also zu Solowki als Schicksal − im Mittelpunkt steht somit die Geschichte
des Solowezker Klosters als Verbannungsort und Russlands ältestes Staatsgefängnis.
Zwei Aussagen über die Solowezker Inseln haben in entscheidender Weise die Themenwahl
und die Betrachtungsweise dieser Arbeit beeinflusst. Die erste ist eine oft zitierte Passage aus
dem einleitenden Kapitel von Mariusz Wilks Essay Schwarzes Eis. Mein Rußland. Mit ihr
macht der Autor, polnischer Journalist, der seit 1993 mehrere Jahre auf den Inseln verbrachte,
einen bestimmten „Widerspiegelungseffekt“ zum Teil für die Anziehungs- und Faszi-
nationskraft von Solowki mitverantwortlich, wenn er schreibt:
Auf Solowki sieht man Rußland, wie man das Meer in einem Wassertropfen sieht. Denn die
Solowezki-Inseln sind Essenz und zugleich Antizipation Rußlands… Hier kann man Prozesse mit
einem Blick erfassen, die sich in Rußland in riesigen Weiten abspielen und daher nur schwer zu
begreifen sind. Auf Solowki sieht man Rußland in einer Miniaturausgabe, wie auf der offenen
Hand… “1.:

Die zweite gehört dem prominenten russischen Literaturwissenschaftler, Erforscher der


altrussischen Literatur und Kultur Dmitrij Lichačev, einem ehemaligen Häftling des Solowez-
ker Lagers, der in seinem Erinnerungsband Vospominanija von Solowki der Jahre 1923-1939
als vom „Massengrab der russischen Kultur“ spricht2. 1928 wurde Lichačev, damals
Absolvent der Lenigrader Universität, wegen „antisowjetischer Tätigkeit“ – gemeint war
seine Zugehörigkeit zu einem studentischen religiös-philosophischen Zirkel – zu fünf Jahren
Zwangsarbeit verurteilt und kam 1929 nach Solowki, zu eben jener Zeit, in der das
Solowezker Lager besonderer Bestimmung seiner Aufgabe – der Vernichtung und
„Umerziehung“ „antisowjetischer Elemente“, zu denen bekanntermaßen in erster Linie

1
Wilk, M., Schwarzes Eis. Mein Rußland. Wien. 2003. S. 15, 18.
2
Lichačev, D.S.: Vospominanija. Red. T.Smakova. SPb. 1997. S. 576.

3
kulturelle, politische und wirtschaftliche Eliten des Landes gehörten – besonders eifrig
nachging3. Die Jahre 1929-1930 – der Anfang der Ära des „siegreichen Sozialismus“ in der
Sowjetunion – markieren den Zeitpunkt, von dem an im ganzen russischen Kernlandgebiet –
in den anderen Sowjetischen Republiken soll dies einige Jahre später geschehen – das
unaufhaltsame Fortschreiten des neuen kulturellen Typs, der „proletarischen“ und
sowjetischen Kultur und Mentalität mit ihrem Träger, dem sowjetischen „Neuen Menschen“ –
endgültig einsetzt. Gleichzeitig kann man aber auch das letzte Aufflammen der zu
bekämpfenden „alten“, „bourgeoisen“, Kultur der russischen Intelligenzija beobachten – nicht
zuletzt in den zu dieser Zeit zahlreichen Strafvollzugsanstalten der Sowjetunion.
Entsprechend den zwei angeführten Aussagen von Wilk und Lichačev ist die vorliegende
Arbeit in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil wird die bereits Mitte des 16. Jh. beginnende
Geschichte des Solowezker Klosters als „Umerziehungsstätte“ politischer und religiöser
Dissidenten skizziert. Dabei sollen die für das Moskauer und, später, für das Russische Reich
bezeichnenden machtpolitischen Prozesse, die die Solowezker Geschichte tatsächlich in ihrem
ganzen Verlauf in markantester Weise prägten, besonders berücksichtigt werden.
Der zweite Teil befasst sich mit dem Solowezker Lager besonderer Bestimmung (SLON), das
nach der Schließung des Solowezker Klosters 1923 auf dem Klostergelände eingerichtet
wurde. Ein besonderes Interesse gilt dabei der Entstehungsphase des Lagers und den ersten
acht Jahren danach (1923-1929-30), sowie den in diesem Zeitraum funktionierenden, von den
ersten solowezker Häftlingen ins Leben gerufenen Kultureinrichtungen des Lagers, in erster
Linie, dem solowezker Lagertheater und den beiden Lagerzeitungen.

II. 1. Solowezker Kloster als Verbannungsort

II. 1. 1. Einleitung
Der russischen Historiographie des 19. Jh., genauer gesagt, zwei ihrer glänzenden Vertreter
Sergej Solov’ev und Vassilij Ključevskij, ist die These von der Kolonisation als eigentlichem
„Motor“ der russischen Geschichte zu verdanken4. Wenn diese These auch von beiden
Historikern gleichermaßen einhellig vertreten wird, so gibt es jedoch einige deutliche
Unterschiede bei ihrer Auslegung: während nach Solov’ev die territoriale Expansion
Russlands in erster Linie durch Anstrengungen des Staates vorangetrieben wurde, war für
Ključevskij vor allem der Gedanke von einer „natürlichen“, von allen gesellschaftlichen

3
GULAG-Statistiken zeigen, dass sich die Zahl der Lagerinsassen des SLON 1929 gegenüber
1927-1928 beinah verdreifachte. 1929 und 1930 belief sich diese Zahl dementsprechend auf ca. 65
000 Insassen; zum 1. Januar 1931 waren es bereits 71 800 Menschen. Die angeführten Zahlen
entstammen den durch das Internetprojekt „Memorial-Projekt Lager“ veröffentlichten Archiv-
dokumenten. Quelle: http://www.gulag.memorial.de/lager.php5?lag=317.
4
So Ključevskij:”История России есть история страны, которая колонизируется, область
колонизации в ней расширялась вместе с государственной территорией”. Klučevskij V.O.,
Kurs russkoj istorii. Soč. v 9 tomach. T. 1. Moskau. 1987. S.50. Vgl. stetige Betonung der Rolle
des Solowezker Kloster als Vorreiter der Kolonisierung des russischen Nordens in der historischen
Literatur, die sich mit den geschichtlichen Anfängen des Klosters befasst.

4
Schichten des mittelalterlichen Russlands gleichermaßen getragenen Kolonisierung bzw.
Erschließung „neuer“ Territorien grundlegend.
Bereits seit der ersten Hälfte des 14. Jh., in der Zeit der mongolischen Oberherrschaft über das
ganze gesamtrussische Gebiet, lassen sich diese Prozesse in den nordöstlichen russischen
Territorien sehr deutlich beobachten. Dabei kann man drei „Hauptspieler“ ausmachen, die
ihre wachsenden territorialen Ansprüche, zwar mit unterschiedlicher Intensität und mit
verschiedenen Mitteln, aber stets erfolgreich verwirklichen. Als erstes ist die Freie Stadt
Novgorod im Norden Russlands zu erwähnen, eine Art Stadtrepublik mit dem Erzbischof als
höchstem Würdenträger und dem Patrizierrat an der Spitze der Stadtorganisation. Die
Novgoroder Republik betrieb nicht nur einen regen Handel mit den Hansestädten, sie
kontrollierte auch die von den Ureinwohnern nicht slavischer Herkunft (Komi, Karelen,
Tschuden) relativ dünn besiedelten, riesigen Gebiete, die sich vom Weißen Meer und
Baltikum im Nordwesten bis zum Uralgebirge im Osten erstreckten.
Der zweite Akteur im Prozess der Umverteilung der russischen Herrschaftsgebiete im 14. Jh.
war das rasant expandierende Moskauer Fürstentum, die dritte zu erwähnende agierende Kraft
stellte die Kirche dar. Anfang des 14. Jh. macht das Moskauer Fürstenhaus eine aggressive
territoriale Expansion, − in der russischen und sowjetischen Historiographie wird dieser
Vorgang üblicherweise als „Sammlung der russischen Länder“ bezeichnet − zu seinem
außenpolitischen Programm5. Ein zwei hundert Jahre dauernder Aufstieg Moskaus von einem
eher unbedeutenden Fürstensitz im Nordosten Russlands6 zum Machtzentrum eines
zentralisierten, durch Autokratie regierenden Staates, der seine Rivalen einen nach dem
anderen einverleibt, wurde in erster Linie durch eine äußerst geschickte Kollaborationspolitik
gegenüber der Goldenen Horde, der Moskau die Erlangung der Großfürstenwürde unter Ivan
Kalita (Ivan I., 1325-1341) verdankte 7, sowie durch skrupellose Ausschaltung von
Konkurrenten bewirkt. Aus den erbitterten Machtkämpfen zwischen den Fürstentümern
Moskau, Tver’, Rjazan’ und Nižnij Novgorod geht Moskau Mitte des 14. Jh. als Sieger
hervor. Die Unterstützung, die das Moskauer Fürstenhaus hierbei seitens der Kirche erhält,
spielt in diesem Prozess eine kaum zu überschätzende Rolle. So wird etwa der Ausgang der
Rivalität zwischen Moskau und Tver’ dadurch entschieden, dass der Metropolit Petr 1326 –
bedingt durch Auseinandersetzungen mit der Tver’er Geistlichkeit – zu Moskaus
Verbündetem wird und von Vladimir nach Moskau übersiedelt. Somit wird die
Vorrangstellung Moskaus durch den Status des Metropolitensitzes gesichert8.
Unter dem Metropoliten Petr beginnt eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Oberhaupt der
Russischen Kirche und dem Moskauer Fürstenhaus, die allerdings für das letztere einen sehr

5
Hösch, E./Grabmüller, H.-J.: Daten der Russischen Geschichte. Von den Anfängen bis zum
1917. Quelle: http://www.vifaost.de/sys/cgi/w/index.cgi?l=de&sid=b0a8&p=geschichte/drg.
6
Ebd.
7
Ebd. Die Vergabe des Großfürstentumsjarlyk war im 13.-bis zur II. Hälfte des 14. Jh. in der
Befugnis der Goldenen Horde.
8
Wsdornow, G.: „Russland unter der Tatarenherrschaft“, in: Lichatschew, D.S./Wagner, G.K./
Wsdornow, G./Skrynnikow, R.G., Russland. Seele. Kultur. Geschichte. Augsburg. 1994. S. 207-
316. S. 211.

5
konkreten Preis hat: die bedeutenden und wirtschaftlich wertvollsten Besitzungen der Kirche
sind während der ersten fünfzig Jahre des Moskauer Großfürstentums erworben worden 9.
Während dieser Zeit gehen großzügige Stiftungen von Ländereien von Moskauer Fürsten an
die Kirche, zugleich beginnt aber auch die Abhängigkeit der Kirche von den letzteren zu
wachsen. Unter der Herrschaft von Ivan III. (1462-1505) sind bereits erste energische
Versuche zu beobachten, die Beziehungen der Moskauer Fürsten zur Kirche nach
byzantinischem Vorbild zu organisieren (Staatskirche), auch die ersten Säkularisations-
versuche fallen in diese Zeit10.
Gleichzeitig verdient ein anderer im auslaufenden 14. Jh. stattfindender innenkirchlicher
Prozess besondere Aufmerksamkeit, der durch die Gründung des Kirill-Klosters von Belo-
ozero 1397 vom Hl. Kirill markiert wird: die Entstehung der so genanten „Einödklöster“ Ende
des 14.-Anfang des 15. Jh., die, neben der Christianisierung der nicht slavischen
einheimischen Bevölkerung, die Aufgabe der wirtschaftlichen Erschließung schwer
zugängiger bzw. kaum bewohnter Regionen im Norden Russlands übernehmen und binnen
einiger Jahrzehnte zu mächtigen wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Zentren ihrer
Region aufsteigen. Auf die gleiche Weise entsteht – laut Gründungslegende zwischen 1429
und 1436 – eine zuerst recht bescheidene Klostergemeinde auf der größten Insel der
Solowezker-Insel Gruppe im Weißen Meer, die zum Herrschaftsgebiet der Novgoroder
Republik gehört.
In den folgenden Jahren wird das Kloster von Novgorod auch reich beschenkt. Zwei
Schenkungsurkunden aus den 1460er Jahren bezeugen eine Schenkung der Novgoroder Statt-
halterin Marfa Boreckaja, die dem der Novgoroder Diözese unterstehendem Kloster
Ländereien und Fischfangplätze aus dem eigenen Besitz überließ, und eine Schenkung der
Stadt Novgorod, nach der dem Kloster die Solowezker Inseln sowie Gebiete an der
Weißmeerküste zur wirtschaftlichen Nutzung überlassen wurden.
1471 und 1478 unternahm der Moskauer Großfürst Ivan III. zwei Feldzüge gegen Novgorod,
die, trotz erbitterten Widerstands, zum Fall der Stadt führten. Nach der Einnahme Novgorods
wurden die früheren Vereinbarungen mit der Stadt annulliert, die männlichen Mitglieder des
Stadtrates hingerichtet, die Patrizier, der Stadtadel und mittlere Grundbesitzer enteignet und
vertrieben. Die in Folge dieser Aktion konfiszierten Gebiete wurden Moskauer Staatsbesitz 11.
1480 erfolgt nun Novgorods endgültige Eingliederung ins Moskauer Reich − der Novgoroder
Erzbischof Feofil wurde wegen „Verrats“ verhaftet und seines Amtes enthoben. Ebenso
beschlagnahmt wurden kirchliche Besitztümer (Grundbesitz des Erzbischofs und die
Ländereien im Besitz der Sofia-Kathedrale in Novgorod). Auch das Solowezker Kloster ging
in den Besitz der Moskauer Fürsten über. Dennoch blieben die Solowezker Privilegien dabei
bestehen, die früheren Schenkungen wurden dem Kloster durch Ivan III. bestätigt.
9
Sacharov, A.M.: „Die Kirche und die Bildung des russischen zentralisierten Staates (1966)“,
in: P.Nitsche (Hrsg.), Die Anfänge des Moskauer Staates. Darmstadt. 1977. S. 407-439. S. 408.
10
Skrynnikow, R.G.: „Von der Moskauer Rus’ zum Russischen Reich“, in: Lichatschew,
D.S./Wagner, G.K./Wsdornow, G./Skrynnikow, R.G., Russland. Seele. Kultur. Geschichte.
Augsburg. 1994. S. 317-484. S. 319.
11
Ebd. S. 320.

6
II. 1. 2. Beginnender Aufstieg des Solowezker Klosters in der Herrschaftszeit von Ivan
IV und Anfänge des Solowezker Gefängnisses

II. 1.2. 1. Abtszeit von Filipp (Kolyčev). Solowezker Klostergemeinde im 16.-17. Jh.
In den nächsten fünfzig Jahren erlaubte die wirtschaftliche Grundlage, zu der nicht nur Län-
dereien, sondern auch das Recht, eigene Salzsiedereien zu betreiben, und das Salz-
verkaufsrecht in ganz Russland gehörten, ein kontinuierliches Wachstum der wirtschaftlichen
Macht des Klosters, wobei es in diesen Jahren von zwei schweren Bränden heimgesucht
wurde. 1538 vernichtete der zweite Brand fast völlig die hölzernen Bauten und Kirchen des
Klosters.
Unter dem 1546 zum Abt bestimmten Filipp Kolyčev (1546-1566), der einer einflussreichen
Moskauer Adelsfamilie entstammte, und selber ebenso einflussreich und energisch war,
wurde der Wiederaufbau des Solowezker Klosters durchgeführt, alle hölzernen Bauten −
durch monumentale steinerne Gebäude komplett ersetzt, es wurden das neue Refektorium, die
Mariä-Himmelfahrt- und die Verklärungskirche errichtet; durch das neue System der Kanäle,
das die Seen auf Großsolowki miteinander verband, wurde die Insel samt dem Kloster zu
einem wahrlich hydrotechnischen Wunder. In der Abtszeit von Filipp erlebt das Solowezker
Kloster einen starken wirtschaftlichen Aufschwung, nicht zuletzt dank vieler neuer
Privilegien, die Filipp bei Ivan IV erwirken konnte. Bereits 1541 erlangte das Kloster durch
verliehene nesudimaja gramota die kirchliche Immunität, was nun von einer besonderen
Staatsnähe zeugte. Ab 1548 wurde dem Kloster für den Wiederaufbau nach dem Brand eine
erhebliche Abgabenentlastung gewährt, die Salzverkaufsquoten wurden fast verdoppelt; es
folgten reiche Geldschenkungen vom Zaren und einige andere Begünstigungen, und all dies –
angesichts der seit 1551 bestehenden Beschränkung des kirchlichen Grundbesitzes und der
stetigen Revision bestehender Privilegien12 .
Auch eine weitere Neuerung findet unter dem Abt Filipp ihren Einzug in das klösterliche
Leben: die Quellen berichten von den ersten solowezker Häftlingen. Als Ersten verzeichnen
sie im Jahre 1554 den Abt des Moskauer Dreifaltigkeits-Klosters Artemij, der vor der 1553-
1554 in Moskau tagenden Kirchensynode der Häresie beschuldigt wurde. Obwohl die
Anklage gegen Artemij sich hauptsächlich auf den Diffamierungen des Hauptangeklagten
Matvej Baškin gründete – Artemij selbst bestritt die Anschuldigungen hartnäckig – wurde er,
da er seine Unschuld allem Anschein nach vor der Synode nicht glaubwürdig machen konnte,

12
Hösch/Grabmüller. Daten. Neben seiner Tätigkeit unmittelbar im Kloster führte Filipp einige
administrative Reformen in den Klosterländereien durch, die uns Aufschluss über Filipps Persön -
lichkeit und seinen Führungsstil geben können und deshalb hier kurz erwähnt werden sollen. Zu
den durch Filipp eingeführten Änderungen gehörten etwa: Besteuerung der Kinder unter 15 Jahre,
Besteuerung der Eheschließung, penible Regelungen der landwirtschaftlichen Tätigkeit der Bauern,
das Verbot “ohne Kenntnis des Gutsverwalters fremden Personen den Aufenthalt zu gewähren“
(der erlaubte Aufenthalt zu Besuch wurde dabei auf eine Woche begrenzt) etc.. In: Istorija
Pervoklassnago Stavropigial’nago Soloveckago Monastyrja. SPb. 1899.Quelle:
http://www.solovki-science.ru/hist-predisl.htm.

7
zur Verbannung und zur Einkerkerung im Solowezker Kloster verurteilt. Der
Synodalbeschluss beinhaltete ebenso die Haftbestimmungen, nach denen Artemij in die so
genannte molčal’naja kel’ja eingesperrt werden sollte, eine Maßnahme, die einerseits zur
Bekehrung des Abtrünnigen beitragen, andererseits dem Schutz der Rechtgläubigen vor dem
möglichen ketzerischen Einfluss dienen sollte.
Dies bedeutete für den Eingekerkerten eine fast völlige physische und geistige Isolation: der
Kontakt des streng bewachten Häftlings mit der Außenwelt beschränkte sich lediglich auf
zwei Personen: seinen Beichtvater und den Klostervorsteher; Briefkorrespondenz und Bücher
– außer den von der Synode gebilligten Gebetbüchern – wurden ebenfalls strengstens
untersagt. Es ist leider nicht rekonstruierbar, inwiefern diese Vorschriften im Kloster unter
Filipp auch tatsächlich befolgt wurden bzw. es davon spätere Abweichungen gab, denn die
Quellen berichten von der späteren erfolgreichen Flucht Artemijs aus dem Kloster, was
allerdings bei Einhaltung der angeführten Anweisungen an Unmöglichkeit grenzte13.
Der nächste prominente solowezker Häftling folgte Artemij auf Solowki sechs Jahre später
(1560). Bemerkenswerterweise war es einer der Hauptankläger Artemijs vor der Synode, der
Hofkaplan Silvestr (uns besser bekannt als Verfasser von Domostroj), einstiger enger
Vertrauter von Ivan IV., sein Beichtvater und Mitglied des „Auserwählten Rates“. Die
Verbannung von Silvestr, der sich bereits 1559 vom Hof zurückgezogen hatte und sich im
Kirill-Kloster von Beloozero zum Mönch scheren ließ, hing womöglich mit dem Verdacht der
Vergiftung der im August 1560 gestorbenen Zarin Anastasia zusammen 14. Mit großer
Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, dass die Einkerkerung von Artemij und Silvestr
tatsächlich der erste Fall der Verwendung des Solowezker Klosters in dieser Funktion war 15,
da erst mit dem Umbau des Klosters in den 1550er Jahren die Bedingungen dafür geschaffen
worden waren.
Bedauerlicherweise fehlen in den Quellen die genauen Angaben über die Größe der
Klostergemeinde in der Abtszeit von Filipp; (ca. 100 Jahre später belief sich der Zahl der
Mönche auf ca. 350 bis 400, außerdem lebten ca. 600 Diener und Arbeiter in den Mauern des
Klosters und in den verschiedenen Einsiedeleien auf den anderen Inseln des kleinen
Solowezker Archipels – dies sollte auch ungefähr für die zweite Hälfte des 16. Jh.
zutreffen)16. An der Spitze des Klosters stand der Abt (Igumen 17), dem in der Kloster-
hierarchie der Keller- und der Schatzmeister folgten. Eine Gruppe weiterer Entscheidungs-
träger bildeten die so genannten sobornye und prikaznye starcy, deren Zahl sich üblicherweise
auf 12 bis 14 belief. Die ersteren bildeten das Beratungsgremium, den so genannten „Kleinen
schwarzen Rat“. Die Bezeichnung prikaznyj starec deutet auf ein Amt innerhalb der

13
Solov’ev,S., Istorija Rossii s drevnejšich vremen. T.7. Gl.1. Quelle: http://www.solovki.ca/
prison/artemii.htm.
14
Ebd. T. 6. Gl. 4. Quelle: http://solovki.ca/prison/silvestr.htm.
15
Wobei bereits seit Ivan III. (1440-1505) und seinem Nachfolger Vassilij III. Klöster für die
Einkerkerung politischer Gegner intensiv genutzt wurden (auch in der Form der unfreiwilligen
Einkleidung der Frauen, wie etwa im Fall von Marfa Boreckaja 1478).
16
Čumičeva, O.: Soloveckoe vosstanie 1667-1676 gg. Novosibirsk. Izd. SO RAN. 1998. S. 11.
17
Ab 1651 – Archimandrit.

8
Klosterhierarchie. Solche Ämter waren begehrt, denn sie waren mit der Möglichkeit der
Geldeinahmen (nach den Klosterregeln durften solowezker Mönche eigenes Vermögen
besitzen), der relativen Freiheit und Macht verbunden. Sie waren üblicherweise den Mönchen
vorbehalten, die vor oder gleichzeitig mit dem Eintritt ins Kloster eine beträchtliche
Geldsumme stiften konnten. Das Leben im Kloster war von einem ständigen Machtkampf
gekennzeichnet, auch die strenge Askese blieb eher ein Ideal- und Leitbild, als tagtägliche
Realität des solowezker Klosterlebens18.
1566 verließ Filipp das Kloster, um auf den ausdrücklichen Wunsch von Ivan IV. den bereits
einige Zeit vakant gebliebenen – nach dem Tod von Metropolit Makarij 1563 –
Metropolitenthron in Moskau zu besteigen. Nur zwei Jahre lang konnte er sein Amt als
Metropolit von Moskau und ganz Russland ausüben: nachdem er sich 1568 gegen den
Staatsterror der Opritčina öffentlich aufgelehnt hatte, wurde er verhaftet, seines Amtes
enthoben und im Otroč-Kloster in Tver’ eingekerkert. Im Winter 1570 wurde er dort von
Maljuta Skaratov eigenhändig erdrosselt.
Da man Filipps Amtsenthebung mit Beschuldigungen eines „ausschweifenden Lebens-
wandels“ rechtfertigte, wurde für die Beweiserbringung eine dafür gebildete Kommission auf
Solowki abkommandiert19. Trotz der offensichtlichen Absurdität dieser Beschuldigungen
wurde sie dort schnell fündig – der Nachfolger Filipps Abt Paisij und einige sobornye starcy
sagten gegen Filipp aus. Kurze Zeit nach Filips Tod wurden die Verleumder jedoch aus dem
Solowezker Kloster entfernt. Dieser Vorfall führte, wie berichtet, dazu, dass das Solowezker
Kloster einige Zeit der „Ungnade“ hat durchstehen müssen 20. Seiner weiteren Verwendung als
Verbannungs- und Einkerkerungsort wurde dadurch allerdings kein Abbruch getan, im
Gegenteil, dies wurde in den weiteren Jahren zu einer der Hauptfunktionen des Klosters.

II. 1 .2. 2. Solowezker Kloster als Haftort (17Jh.)


Ende des 16. Jh., nach dem Russisch-Schwedischen Grenzkrieg 1554-1557, beginnt eine,
durch andauernde Spannungen in den nördlichen Grenzgebieten bedingte, Militarisierung des
Solowezker Klosters. Die günstige strategische Stellung des Klosters als Abwehrvorposten
gegen schwedische und englische Angreifer wurde schnell erkannt. Das Solowezker Kloster
wurde daher zur Festung: 1582-1594 sind auf Grund der Anordnung des Zaren Fёdor
(Romanov) unter der Leitung des Starec Trifon Kologrivov die − an einigen Stellen bis zu elf
Meter dicken − berühmten solowezker Kreml-Mauern errichtet worden; ein Trupp von
Strel’cy wurde im Kloster einquartiert.
Dies alles in der Verbindung mit den „natürlich“ bestehenden Bedingungen, zu denen die
geographische Lage und das Klima der Solowki zählten, machten nun aus dem Kloster ein
nahezu ideales Gefängnis, wenn es um eine langfristige Inhaftierung und Isolierung der
Häftlinge ging. Alleine schon durch die Tatsache, dass die Verbindung zum Festland lediglich
von Mai bis Oktober bestand – während der langen Winterperiode waren die Inseln also so

18
Ebd. S. 10.
19
Skrynnikow. Von der Moskauer Rus’. S. 357.
20
Quelle: http://www.solovki.ca/saints_11/11_07.htm.

9
gut wie unzugänglich – verringerte die Fluchtmöglichkeiten beträchtlich. M. Kolčin, der mit
seiner 1908 erschienenen Monographie Ssyl’nye i zatočennye v ostrog Soloveckago
monastyrja v. XVI-XIX vv. die erste detaillierte Untersuchung des Solowezker Gefängnisses
unternahm, beschreibt die „Eignungsparameter“ des Solowezker Klosters folgendermaßen:
Место для помещения ссыльных по тогдашнему, должно было удовлетворять следующим
условиям: а) отделить ссыльного от своей родины, поместить его там, где сношения с миром
людей были бы ограниченны до крайних пределов; чтобы ссыльный не мог знать ничего из
мира, и мир про него; подвергнуть ссыльного нравственному одиночеству, елико возможно
сделать чувствительнее и продолжительнее его душевную истому; в) поместить ссыльнаго (для
Соловок в большинстве случаев сблудившего с прямого пути обыденной жизни и
традиционных мнений) в такое место и среду, где бы он мог понять свое заблуждение,
возвратиться на правую стезю и принести Господу Богу достойное покаяние; с) лишить
ссыльнаго возможности побега. Соловецкий монастырь как нельзя лучше удовлетворял таким
условиям21.

Das Zitat hebt die ideologische Komponente der Solowezker Gefangenschaft stark hervor.
Dies ist keineswegs überraschend, wenn man bedenkt, dass das Insassenkontingent auf
Solowki sich während 300 Jahre hauptsächlich aus zwei größeren Gruppen zusammensetzte:
die erste bildeten Glaubensabtrünnige, Personen, die der Ketzerei verdächtigt wurden oder ein
Vergehen gegen die Kirche begangen hatten, ab Ende des 17. Jh. auch Sektierer. Zur zweiten
gehörten politische Gegner des Staates, sowie Personen, die, meistens auf Grund einer
Diffamierung, der Majestätsbeleidigung beschuldigt wurden22. Insofern ist unter solchen
Voraussetzungen auch klar, warum die Versetzung des Delinquenten in ein für ihn feindliches
ideologisches Milieu eine große Rolle spielen sollte. Dies zielte in erster Linie darauf ab, eine
„Besserung“ des Häftlings herbeizuzwingen, seinen Willen zu brechen und, wenn möglich,
dadurch seine ideologische Anpassung zu bewirken23.
Die Tatsache, dass die Obliegenheiten eines Gefängniskommandanten dem Solowezker Abt
unmittelbar übertragen wurden, mag dies ebenso verdeutlichen. Die vom Festland gebrachten
Häftlinge wurden nach ihrer Ankunft auf Solowki dem Klostervorsteher zusammen mit einem
Begleitschreiben übergeben, das Instruktionen enthielt bzw. die Haftbedingungen in jedem
einzelnen Fall bestimmte. Es ist jedoch anzumerken, dass die Genauigkeit der Durchführung
solcher Instruktionen mit hoher Wahrscheinlichkeit von Fall zu Fall unterschiedlich ausfiel.
Da die Machtausübung im Kloster nur minimal durch Kontrollmechanismen von außen
steuerbar war, hing das „Wohlergehen“ der Häftlinge im hohen Maße von der Strenge bzw.
Milde des jeweiligen Klostervorstehers ab24.
Kolčin unterscheidet in seiner Untersuchung des Solowezker Gefängnisses zwischen zwei
Kategorien von Klosterinsassen hinsichtlich ihrer Haftbedingungen: zaključenye
(Eingekerkerte) und podnačal’nye ssyl’nye (sich unter Aufsicht befindende Verbannte). Die

21
Kolčin, M.: Ssyl’nye i zatočennye v ostrog Soloveckago monastyrja v. XVI-XIX vv.
Istoričeskij ocerk. S predisloviem A.S.Plugavina. Moskau. 1908. S. 5.
22
Ferner blieb Solowki immer ein „traditioneller“ Verbannungsort für Geistliche; oft kamen
auch Personen, die besonders schwerer seltener Delikte verdächtigt bzw. beschuldigt wurden ins
Solowezker Kloster, etwa wegen Mordes an Familienangehörigen etc.
23
Vgl. Kolčin, Ssyl’nye i zatočennye. S. 47-49.
24
Ebd. S.23.

10
erste Kategorie bildeten alle Häftlinge, die entweder in den etwas abseits der Klausur
gelegenen Zellen, den so genannten molčal’nye kel’i untergebracht waren, oder in speziellen
kleineren Zellen der obersten Etagen der Kreml-Türme, in denen man weder aufrecht stehen
noch den Körper beim Liegen ganz ausstrecken konnte. Diese Zellen waren besonders
gefürchtet, da kaum jemand in einer solchen Zelle länger als ein Jahr überleben konnte. Den
Insassen von „Schweigezellen“ war es in Ausnahmefällen erlaubt, zwei bis drei Mal im Jahr
unter Bewachung am Gottesdienst teilzunehmen. Gespräche der Gefangenen untereinander
sowie mit dem Wachpersonal und jegliche andere Kommunikationsversuche unterlagen
einem strengen Verbot. Ein lückenloses Überwachungsnetz und eine weit verbreitete Denun-
zierungspraxis im Kloster gewährleistete eine sofortige Aufdeckung und Ahndung solcher
Versuche25.
Etwas humaner waren die Haftbedingungen für die Insassen, die zu der zweiten Kategorie
gehörten und „unter der klösterlichen Aufsicht“ auf Solowki standen. Solche Inhaftierte
wohnten üblicherweise zu zweit in einer Zelle. Entsprechend der jeweiligen im Begleitbrief
enthaltenen Haftbestimmungen wurden einige von ihnen an die Wand der Zelle angekettet
oder mit Hand- und Fußfesseln gefesselt gehalten, einige andere aber durften die Zelle
verlassen und sich innerhalb des Klosters mehr oder weniger frei bewegen, allerdings nicht im
Sommer, während der Pilgerzeit auf Solowki. Die Mehrheit solcher Häftlinge wurde bei
verschiedenen Arbeiten in der klösterlichen Wirtschaft eingesetzt (die Art der Arbeiten wurde
ebenfalls oftmals durch den Begleitbrief bestimmt). Der Einsatz in der Klosterküche und in
der Klosterbäckerei galt als besonders schwer, da die Zeit, die den Häftlingen bei solchen
Arbeiten zum Ausruhen und Schlafen blieb, im Regelfall nicht mehr als vier Stunden am Tag
betrug26. Vermögende und adelige Häftlinge konnten sich durch entsprechende
Geldzahlungen vom Einsatz bei den Arbeiten befreien lassen.
Zur Vorbeugung der möglichen Fluchtversuche und der Sicherstellung verbotener
Gegenstände führte man regelmäßig Zellendurchsuchungen durch, es wurde vor allem nach
verbotenen Büchern und Schreibutensilien gesucht – die Anfertigung von jeglichen Schriften
war nicht gestattet und galt als ein schweres Vergehen. Falls irgendwelche von den Häftlingen
verfasste Schriftstücke gefunden wurden, kam es zu einer Untersuchung, solche Fälle hatte
man der Synode oder der Geheimkanzlei in Moskau umgehend zu melden, die dann die
weiteren Schritte gegen die Betroffenen einleiteten 27. Einen besonderen Umgang gab es mit
den Häftlingen, die es wagten, wiederholt Äußerungen von sich zu geben, die entweder als
ketzerisch oder als Majestätsbeleidigung eingestuft werden konnten (sog. „važnye i
nepristojnye slova“). Solchen Häftlingen wurde ein Knebel um den Mund gebunden, den man
nur zur Nahrungsaufnahme entfernen durfte. Die nepristojnye slova hatte man dann genau zu
protokollieren und nachträglich die Geheimkanzlei durch einen Bericht über den Vorfall zu
unterrichten28.
25
Ebd. S. 27.
26
Ebd. S. 21.
27
Ebd. S. 36.
28
Ebd. Kolčin, der auf Solowki Ende des 19. Jh. mit den Klosterarchivdokumenten arbeiten
konnte, schrieb folgendermaßen über die Rolle solcher „Protokolle“ im solowezker Leben: „

11
Während des 17. bis Anfang des 18. Jh. hatte man für die Unterbringung der Häftlinge
vorwiegend die Räume innerhalb des Kremls sowie die Kellerräume der beiden großen
Kirchen benutzt (die die entsprechenden Bezeichnungen tjur’my uspenskaja und preobra-
ženskaja trugen, zu Deutsch also der Mariä-Himmelfahrt- und der Verklärungs-Kerker (!)29).
Eine solche Häftlingsverteilung war offensichtlich ineffizient, da sie zu viel Bewachungs-
personal beanspruchte. Sodann begann man ab dem 18. Jh. − wobei es ziemlich schleppend
voranging − mit der Verbesserung der Gefängnisstruktur auf der Insel. 1718 wurde ein
Gefängnisgebäude außerhalb der Klostermauern errichtet, das sowohl für die Häftlinge als
auch für die Unterbringung der Wachsoldaten bestimmt war. Das unmittelbare
Nebeneinanderleben von Soldaten und Häftlingen bereitete wiederum Probleme, es erwies
sich als sehr konfliktbeladen. Außerdem kam es immer wieder zu Fällen von Beeinflussung
der Bewacher durch die Insassen, was sowohl das einfache Wachpersonal als auch die
Mönche betraf30. Besonders stark war diese Beeinflussung während der Kirchenspaltung, die
durch Reformen von Patriarch Nikon hervorgerufen wurde; fast alle gelungenen
Fluchtversuche aus der Solowezker Festung sind auf solche Fälle zurückzuführen.
II. 1. 3. Solowezker Aufstand gegen Kirchenreform und die Belagerung des Klosters
1667-1676
Ende des 17.Jh. erlebte das Kloster eine der dramatischsten Zeiten seiner Geschichte. Die
Ereignisse dieser Zeit, an sich ein sehr umfangsreiches Thema, sollen hier jedoch nur kurz
geschildert werden, hauptsächlich im Bezug auf kirchenpolitische Hintergründe der
Nikonschen Kirchenreform der Mitte des 17. Jh. und auf einige Umstände der Belagerung des
Klosters in Jahren 1667-167631.
Dem so genannten „Solowezker Aufstand“ − der Auflehnung des Klosters gegen die
Kirchenreform 1652-1666 − ist ein Ereignis vorausgegangen, das hier kurz erwähnt werden
soll: die Heiligsprechung des ehemaligen solowezker Abtes Filipp (Kolyčev) im Jahre 1648.
Die sterblichen Überreste des 1570 im Ortroč-Kloster in Tver’ auf den Befehl von Ivan IV
ermordeten Abtes wurden bereits 1591 nach Solowki gebracht und dort beigesetzt. Hl. Filipp
wurde als Wohltäter des Klosters von der solowezker Brüdergemeinschaft sehr verehrt. Nach
der Kanonisierung Filipps wurde jedoch durch den Patriarchen Nikon die Überführung von
Filipps Gebeine nach Moskau angeordnet, wo sie 1652 unter großen Feierlichkeiten von den
höchsten kirchlichen Würdenträgern und der Zarenfamilie empfangen und in der Mariä-
Himmelfahrt-Kathedrale, der Moskauer Staatskirche, begesetzt wurden. Während des

Непристойные слова играли в ту пору большую роль; в делах соловецкого архива находится
много доносов и следствий об этих «словах». Доносили и монах на монаха, и подначальный
на начальника, арестант на арестанта, даже духовник на исповедника. По доносам
производились следствия; много людей оговоренных брали под караул, т.е., сажали в
тюрьму, налагали оковы и производили допросы с пристрастием.“ Ebd. S. 37.
29
Ebd. S. 13.
30
Ebd. 48-49.
31
Dazu ausführlich Čumičeva, O.: Soloveckoe vosstanie. S. 100 ff.

12
anschließenden Gottesdienstes hatte der junge Zar Aleksej Buße zu leisten und um Vergebung
für die Vergehen Ivans IV. gegen die Kirche zu beten32.
Mit dieser Aktion lassen sich die Bestrebungen Nikons gut illustrieren, die Vorrangstellung
der Kirche gegenüber der Staatsmacht zu etablieren. Seine wiederholten Versuche, die
Machtansprüche der Kirche zu erweitern, scheiterten zwar letztendlich − bereits 1658 wurde
der Rückzug Nikons veranlasst (zum einen Teil durch wachsende Machtambitionen des
Patriarchen bedingt, zum anderen, durch die Intrigen seiner Gegner), 1666 wurde er durch den
Synodalbeschluss des Amtes enthoben, zum einfachen Mönch degradiert und ins Ferapont-
Kloster (in der Nähe vom Kirill-Kloster von Beloozero) verbannt.
Die Nikonsche Kirchenreform konnte sich dennoch durchsetzen. Die Reform beinhaltete,
neben der umfassenden Revision und Angleichung russischer liturgischer Texte an
griechisch-byzantinische Vorbilder, eine Umgestaltung der Kirchenorganisation, in derem
Zuge die Machstrukturen der Kirche straffer und effizienter gemacht werden sollten. Dieses
Vorhaben war bezeichnenderweise nicht nur ein besonderes Anliegen des Patriarchen,
sondern auch des Zaren. Während Nikon darin die Möglichkeit sah, die Vorherrschaft der
Kirche gegenüber dem Staat auf Dauer zu sichern; erschien dem Zaren eine durchorganisierte
Kirche als leicht steuerbar und behandelbar, insbesondere könnte aber dadurch die
Schwächung der reichen und autarken, und schon deshalb nicht immer willfährigen Klöster
erreicht werden33.

II. 1. 3. 1. Chronik des Aufstandes. Lage der Häftlinge während der Belagerung des Klosters
Leider muss hier im Hinblick auf den vorgegebenen Rahmen dieser Arbeit auf eine
Darstellung der komplexen geschichtlichen und theologischen Zusammenhänge verzichtet
werden, die zur Spaltung der orthodoxen Kirche in der Mitte des 17 Jh. in Russland geführt
haben. Ebenfalls soll die Frage nach den Ursachen der Ablehnung der Reform durch das
Solowezker Kloster aus dem gleichen Grund ausgelassen werden34. Die Chronologie der
Ereignisse des Solowezker Aufstandes kann folgendermaßen wiedergegeben werden: Die
Solowezker Klostergemeinde hatte bereits 1653 alle liturgischen Änderungen der Nikonschen
Reform strickt abgelehnt. Trotzdem ist auf Solowki zwischen 1652 und 1657 eine Phase
lediglich passiven Widerstandes gegen die Reform zu beobachten. Die im Herbst 1657 ins
Kloster (mit einigen Jahren Verspätung, wohlgemerkt) angekommenen neuen liturgischen
Bücher hat man zwar angenommen, dennoch kamen sie de facto nie zur Anwendung. Ein
32
Čumičeva. Soloveckoe vosstanie. S. 21.
33
Ebd. S. 12.
34
In diesem Zusammenhang sei es nur zusätzlich auf die Rolle des bereits ab 1647 äußerst ange-
spannten Verhältnisses zwischen Nikon, der 1647 als Novgoroder Metropolit eingesetzt wurde, und
der ihm unterstehenden solowezker Klostergemeinde hingewiesen. Die Spannungen zwischen dem
Metropoliten, dessen Einkleidung zum Mönch, übrigens, in der Anzer-Einsiedelei auf Solowki
erfolgte, und dem Solowezker Kloster waren vielfältig bedingt, die wirtschaftlichen Aspekte
spielten dabei jedoch sicher eine nicht mindere Rolle. So erwirkte Nikon 1651 beim Zaren unter
anderem die Aufhebung der kirchlichen Immunität des Solowezker Klosters. Ferner wurden der
„eigenen“ Klosterstiftung Nikons, dem Stavros-Kloster in Pomor’e, mehrere ertragsreiche
solowezker Ländereien überschrieben etc. Dazu ausführlich in Čumičeva. Soloveckoe vosstanie. S.
11, 26, 100 ff.

13
interessantes Detail stellt im Übrigen die Mitwirkung eines ehemaligen solowezker Häftlings
bei den Kirchenbuchkorrekturen 1652-1654 in Moskau dar. Ein gewisser Arsenij Grek, ein
gelehrter und belesener Mönch (der Beiname Grek „der Grieche“ deutet auf seine griechische
Herkunft), wurde „unter klösterliche Aufsicht“ nach Solowki auf den Verdacht hin verbannt,
den katholischen Glauben während seines Studiums in Italien angenommen zu haben35. Der
Patriarch Nikon wusste offensichtlich von den Kapazitäten des Arsenij, da der sprachkundige
Grieche auf Anordnung des Patriarchen 1652 von Solowki nach Moskau geschickt wurde,
dort setzte man ihn bei der Angleichung der russischen liturgischen Texte an die griechischen
ein36.
Da seitens des Staates bis in die erste Hälfte der 1660er Jahre so gut wie keine ernsthaften
Versuche unternommen wurden, die Kirchenreform im Solowezker Kloster durchzusetzen,
glaubte man wahrscheinlich, der Konflikt ließe sich friedlich beilegen, zumal der Rückzug
Nikons im Jahre 1658 − der Patriarch wurde auf Solowki gar als „Antichrist“ angesehen 37 −
im Sinne der möglichen Rückkehr zum „alten Glauben“ von den solowezker Brüdern
gedeutet wurde. Das Verhältnis zwischen der Zentralregierung und dem Kloster blieb zu
dieser Zeit „normal“ und ziemlich stabil: es wurden dorthin Häftlinge zur „Besserung“
geschickt (viele von ihnen, übrigens, wegen Ablehnung des „neuen Glaubens“ 38), und das
Kloster leistete gewöhnliche Abgaben an die Staatskasse. Zugleich muss man aber bemerken,
dass die Atmosphäre innerhalb des Klosters alles andere als homogen war: die Quellen lassen
seit 1667 auf mindestens zwei verfeindete Gruppen unter den Reformgegnern schließen – die
„radikale“ und die „gemäßigte“39; ferner gab es unter den Mönchen einige Befürworter der
Reform, sowie Reformgegner, die aber wiederum den aktiven Widerstand gegen den Zaren
völlig ablehnten.
Im Herbst 1667 provozierte das Kloster, das sich jetzt definitiv dem Synodalbeschluss vom
13. Mai 1667 widersetzte40, das energische Eingreifen des Staates bei der Durchführung der
Kirchenreform. Nun wurde das Kloster, dessen besondere Aufgabe schon immer die
Bekehrung der Häretiker war, dadurch, dass es sich gegen Reform und Großkirche aufgelehnt
hatte, selbst zur Hochburg der Häretiker. Die erste Maßnahme gegen das Kloster – die
Säkularisierung der Klosterbesitzungen durch einen Ukaz des Zaren Aleksej – erfolgte im
Dezember 1667. Im Sommer 1668 begann die achteinhalbjährige Belagerung des Klosters
durch die Truppen des Zarenheeres. Die Militäraktionen scheinen in den ersten Jahren der
Belagerung eher zögernd von statten zu gehen, erst ab Sommer 1674 wurden sie unter der
Führung von Ivan Meščerinov beträchtlich intensiviert.
35
Kolčin. Ssyl’nye i zatočennye. S. 56.
36
Siehe Čumičeva. Soloveckoe vosstanie. S. 19-20. Zur zweiten Verbannung Arsenij auf
Solowki (um 1666) siehe ebd. S. 20.
37
Ebd. S. 37.
38
Kolčin. Ssyl’nye i zatočennye. S. 56.
39
Dies sowohl im Bezug auf rituelle und liturgische Fragen, als auch hinsichtlich der durch die
Reform vorangetriebenen Verstaatlichung der Kirche und der Autonomie des Klosters. Vgl.
Čumičeva. Soloveckoe vosstanie. S. 25-40.
40
Die Exkommunizierung des Erzpriesters Avvakum, seiner Anhänger und aller “Altgläubigen“
durch den Beschluss der Synode von 1667.

14
Ab dem Herbst 1667 wurden selbstverständlich keine Häftlinge mehr ins Solowezker Kloster
geschickt. Während der Belagerung schloss sich ein Teil der solowezker Insassen der
Klostergemeinde an und wirkte bei der Verteidigung des Klosters mit; ein anderer Teil blieb
eher indifferent, manche Verbannte stellten sich sogar dagegen. Im Sommer 1669 wurden
z.B. zwölf Häftlinge samt neun anderen Personen, die den aktiven Widerstand nicht
unterstützten, aus dem Kloster ausgewiesen und trafen bei den Belagerern ein. Insgesamt
verließen viele Mitglieder der Klostergemeinschaft Solowki während der Belagerung, nicht
zuletzt wegen der äußersten Zuspitzung der Machtkämpfe zwischen dem gemäßigten und dem
radikalen Flügel der Reformgegner (1669-1671), diese Machtkämpfe nahmen im Kloster
nicht selten ziemlich blutige Formen an41. Durch die Mitwirkung eines ehemaligen
Klosterbruders, der sich den Truppen von Meščerinov anschloss, wurde die Einnahme der
Solowezker Festung am 22. Januar 1676 ermöglicht. Bei der Einnahme und durch das
anschließend von Meščerinov im Kloster angerichtete Massaker wurden schätzungsweise ca.
zweihundert Mitglieder der solowezker Klostergemeinde getötet. Überleben konnten
praktisch nur diejenigen Mönche, die über genug Geld verfügten, um ihr Leben bei Mešče-
rinov freizukaufen42.
II. 1. 4. Solowezker Kloster und Gefängnis im 18.-19. Jh.
Die Ereignisse der II. Hälfte des 17. Jh. versetzten dem Solowezker Kloster einen so heftigen
Schlag, dass die Klostergemeinde im Laufe der nächsten zwei hundert Jahre sich davon nicht
mehr vollständig erholen konnte. Mit dem bitteren Ende des Solowezker Aufstandes büßte
das Kloster seine Eigenständigkeit und die Rolle als kulturelles und geistiges Zentrum von
Pomor’e weitgehend ein. Dies ist auch völlig verständlich, da die Zahl der Überlebenden nach
dem Fall der Solowezker Festung weit unter hundert Personen lag, darunter lediglich 34
Mönche 43. Bei der Ankunft des neu eingesetzten Abtes Makarij im Jahre 1676 waren es nur
noch 14 solowezker Brüder, die im Kloster weiter leben durften44.
Das Solowezker Gefängnis wurde immerhin sofort nach dem Ende der Unruhen wieder in
Betrieb genommen. Die erste Person, die das Kloster in dieser Funktion begrüßen durfte, war
niemand anderer als der erfolgreiche Bezwinger der Solowezker Festung Voevoda Ivan
Meščerinov, der sich nach der Einnahme des Klosters nicht die Gelegenheit entgehen ließ,
sich an der Klosterschatzkammer und der Bibliothek zu bereichern. Da dies umgehend
Moskau gemeldet wurde und diese Vorfälle sich durch eine Untersuchung bestätigten, wurde
Meščerinov auf Solowki „unter klösterliche Aufsicht“ gestellt. Allerdings fand Meščerinov in
Person des Novgoroder Metropoliten Varsanofij einen einflussreichen Protektor, der eine
wesentliche Milderung der Haftbedingungen und sogar seine Freilassung um 1680 erwirken
konnte.

41
Čumičeva. Soloveckoe vosstanie. S. 62-72, 80-82.
42
Ebd. S. 77-79. Siehe auch Kolčin. Ssyl’nye i zatočennye. S. 57.
43
Für den Anfang der Belagerung 1667 schätzt man die Größe der Klostergemeinde (Brüder und
Laien insgesamt) auf ca. 700 Personen. Čumičeva. Soloveckoe vosstanie. S. 98.
44
Ebd. S. 98-99.

15
Die Kirchenspaltung in Russland Ende des 17 Jh. stellte einen mächtigen Impuls für die
Entwicklung des russischen Sektierertums dar. Die Anhänger verschiedenartiger Sekten
bildeten im 18.-19. Jh. daher auch einen wesentlichen Teil des solowezker Gefangenen-
kontingents. Während des 18. Jh. kann man kaum eine Veränderung der Lebensbedingungen
der Häftlinge im Kloster beobachten, erst nach dem ersten Drittel des 19. Jh. kam es zur
deutlichen Verbesserung der Haftbedingungen auf Solowki.
Zum Schluss soll hier noch kurz ein weiterer prominenter solowezker Insasse erwähnt
werden, dessen Schicksal wieder einmal ein Stück der russischen Geschichte auf Solowki
widerspiegelt: − gemeint ist der letzte Oberbefehlshaber (Košovyj Otaman) des Zaporoger
Kosakenheeres Petro Kalnyševs’kyj. Nach Aufhebung des ukrainischen Hetmanats 1764, und
der einige Jahre danach folgenden faktischen Zerschlagung der Zaporoger Sič − dem letzten
Akt im Prozess der endgültigen Eingliederung der Ukraine ins Russische Imperium unter
Katharina II − wurde der damals bereits fünfundachtzigjährige Kalnyševs’kyj 1776 verhaftet.
Von seinem weiteren Schicksal nach der Verhaftung hatten seine Zeitgenossen nie mehr
etwas erfahren können. Die nächsten fünfundzwanzig Jahre verbrachte Kalnyševs’kyj jedoch
in der strengen Isolation in der Solowezker Festung. 1801 wurde er durch Aleksander I
begnadigt, damals war Kalnyševs’kyj 112 Jahre alt. Er bat um Erlaubnis im Kloster zu
bleiben, lebte bis zu seinem Tod 1803 auf der Insel und wurde dort auch begraben45.
In den letzten zwanzig Jahren des 19. Jh. befanden sich immer noch zwei letzte Häftlinge auf
Solowki: ein gewisser Davydov, der für die Zugehörigkeit zur Sekte der Skopcy auf Solowki
geschickt wurde, und Petr Leont’ev, ebenfalls Sektierer, der sich zusätzlich die Beleidigung
eines kirchlichen Würdenträger (Archierej) zuschulden hatte kommen lassen. Die beiden
Sträflinge befanden sich bis 1883 in Haft, dann wurde die Haftstrafe durch Verbannung
ersetzt. So blieben die beiden bis Ende des Jahrhunderts auf der Insel. Erst 1903 wurde das
solowezker Gefängnis endgültig aufgelöst46. Seine Untersuchung der Geschichte des
solowezker Gefängnisses beendet Kolčin mit folgenden Worten: „ С Соловецкой тюрьмой
покончено безповоротно, и заключение на Соловки представляется уже недавней,
страшной историей“47. Diese Feststellung sollte sich jedoch bedauerlicherweise binnen
kurzer Zeit, genauer gesagt, zwanzig Jahre später, als völlig falsch erweisen.

45
S.Podhajnyj, ein ehemaliger Häftling des Solowezker Lagers und der Autor von Ukraïns’ka
intelihencija na Solovkach, erwähnt folgende Grabplatteninschrift an der (angeblichen) letzten
Ruhestätte Kalnyševs’kyjs: „Здесь покоится прах Раба Божия Петра Кальнишевского,
кошевого отамана некогда грозной Сечи Запорожськой, сосланного в сию обитель по указу
Ея Императорского Вельчества Императрицы Екатерины II на смирение. Смирился и почил
июля 26 1803 года“. In: Pidhajnyj, S.: Ukraïns’ka intelihencija na Solovkach. Spohady 1933-
1941. L’viv [ca. 1993]. S. 4.
46
Kolčin. Ssyl’nye i zatočennye. S. 156-157.
47
Ebd.

16
II. 2. Das Solowezker Lager besonderer Bestimmung (SLON)48

II. 2. 1. Einführung
1923 wurde das Solowezker Lager besonderer Bestimmung (SLON) auf dem Gelände des
1920 liquidierten Solowezker Klosters 1923 im gewissen Sinne als ein „Experimentierfeld“
organisiert49. SLON war tatsächlich in vieler Hinsicht ein sehr besonderes Lager, vor allem
wegen der Einzigartigkeit seiner Insassenzusammensetzung (insbesondere während der hier
behandelten Periode von 1923 bis 1930). Wie unterschiedlich die Solowkianer der 20er Jahre
hinsichtlich ihrer sozialen Herkunft, des Bildungsniveaus und der politischen Überzeugungen
auch waren, gab es dennoch etwas, was sie alle auf eine Art miteinander verband, und zwar
ihre Zugehörigkeit zu den gesellschaftlichen Gruppen – an sich sehr verschiedenen – die aber
allesamt im Klassifizierungsschema der herrschenden proletarischen Ideologie als
„feindliches Element“ zusammengefasst waren.
Drei Gruppen machten das solowezker Insassenkontingent Mitte bis Ende der 20er Jahre aus:
1) „politische“ Häftlinge, zu denen Mitglieder der sozialistischen Parteien sowie ehemalige
48
Wie bereits am Anfang angekündigt, konzentriert sich dieser Abschnitt auf den Zeitraum
zwischen 1923 und 1930 und befasst sich insofern in erster Linie mit der Darstellung der in diesem
Zeitraum entstandenen und funktionierenden Kultureinrichtungen des Solowezker Lager
besonderer Bestimmung. Dabei sind zwei Quellen zu nennen, die im Wesentlichen die fakto-
graphische Grundlage dieses Teils der Arbeit gebildet hatten. Neben dem bereits erwähnten weit
bekannten Erinnerungsband von Dmitrij Lichačev Vospominanija, ist noch das bisher in der
Forschungsliteratur zu Unrecht wenig beachtete Buch Neugasimaja lampada („Das
immerwährende Licht“) von Boris Širjaev von einem nahezu unschätzbaren Wert, da es Zeugnisse
des kulturellen und geistigen Lebens im Solowezker Lager der 20re Jahre sozusagen „aus der
ersten Hand“ liefert. Širjaev geriet nach Solowki 1923, also fast unmittelbar nach der Entstehung
des Lagers und blieb dort bis Ende der 20er Jahre. Während seiner Haftzeit war er ein aktiver
Mitgestalter des kulturellen Lebens auf Solowki – der Mitherausgeber der Lagerzeitung „Nowye
Solovki“ und der Zeitschrift „Soloveckie ostrova“ sowie der Mitbegründer des Kabaretheaters
ChLAM und der Autor der meisten in „Novye Solovki“ Mitte-Ende der 20er Jahre erschienenen
Theaterkritiken. Während des zweiten Weltkrieges ist ihm die Flucht aus der Sowjetunion
gelungen; im Westen gab er 1954 seine Lagererinnerungen als Buch unter dem Titel Neugasimaja
lampada heraus. Im folgenden Abschnitt wurden die diesem Buch entnommenen Informationen
bezüglich der früheren Phase der Tätigkeit des solowezker Lagertheaters und der oben genannten
Lagerzeitungen als besonders wertvolles Quellenmaterial herangezogen.
49
Im Beschluss des Rats der Volkskommissare vom 13.10.1923 wird für SLON die
Bezeichnung das „nördliche Konzentrationslager“ verwendet. Quelle:
http://www.gulag.memorial.de/
lager.php5?lag=317. Bei der Errichtung des Lagers wurden sämtliche „Grundstücke, Bauten,
lebendes und totes Inventar“ des Solowezker Klosters unentgeltlich der OGPU überlassen. Ebd.
Auf Grund der vorhandenen Archivquellen ist leider nicht eindeutig auszumachen, inwiefern Gleb
Bokij, ein hoher OGPU-Funktionär und der Vorsitzende der „Trojka“ der OGPU in Moskau, als
Urheber der Idee des Konzentrationslagers auf Solowki zu bezeichnen wäre. Bokij selber verstand
sich allerdings als „Kurator“ des Solowezker Lagers, und sorgte als Vorsitzender der Moskauer
„Trojka po bor’be s kontrrevoluziej“ unermüdlich für einen kontinuierlichen Nachschub der
Häftlinge (die Zahl der von ihm verurteilten Personen belief sich auf mehrere Tausend). Gleb Bokij
hieß ebenfalls der Dampfer, mit dem Gefangene vom Transitlager in Kem’ nach Solowki“
transportiert wurden; interessanterweise trug dieses Schiff, das früher im Besitz des Klosters war,
vor 1922 den Namen eines der solowezker Klostergründer des Hl. Savvatij. Siehe Širjaev, B.,
Neugasimaja lampada. Reprintn. vospr. s izd. 1954 g.. Moskau. 1991. [New-York. 1954]. S. 17.

17
Mitglieder der nach der Machtübernahme durch die Bolschewiki verbotenen russischen
liberalen und konservativen Parteien (Oktobristen, Kadetten, Monarchisten) gehörten; 2) so
genannte „sozial-gefährliche Elemente“, d.h. Kriminelle aller Art, Prostituierte, Bettler,
obdachlose Jugendliche etc., diese Gruppe kam in die sowjetischen Besserungsanstalten in
Folge der regelmäßig veranstaltenden „Säuberungsaktionen“ in den Großstädten. Die dritte
Gruppe, größte und wichtigste, bildeten die so genannten „KRs“ – „Konterrevolutionäre“.
Gemeint waren hiermit im Grunde genommen alle Personen „nicht proletarischer Herkunft“,
die bei den zuständigen Organen der VČK (Allrussische Sonderkommission zur Bekämpfung
von Konterrevolution, Spekulation und Sabotage) bzw. der OGPU (Sonderpolitverwaltung) in
den Verdacht gekommen waren, einer konterrevolutionären Tätigkeit nachzugehen bzw.
nachgegangen zu sein, wobei der Begriff der „konterrevolutionären Tätigkeit“ sich
entsprechend den Vorstellungen der VČK/OGPU Mitarbeiter beliebig ausweiten ließ. Die
Mehrheit der Gefangenen, die in den 1923-1926 Jahren auf Solowki als „KR“ einsaßen,
entstammte entweder der ehemaligen Oberschicht, dem Adel und dem Großbürgertum, oder
dem Bildungsbürgertum, der Mittelklasse des untergegangenen Russischen Imperiums. Ein
„Sonderkontingent“ bildeten dabei ehemalige Weißgardisten (Offiziere und untere
Militärränge) und Vertreter der russischen orthodoxen sowie katholischen und evangelischen
Kirche aller Hierarchiestufen, vom einfachen Dorfpriester bis hin zu den höchsten kirchlichen
Würdenträgern.
Was den Zeitraum von 1923 bis 1926 anbelangt, war der Anteil der solowezker Häftlinge, die
durch eine gerichtliche Verurteilung auf die Solowezker Inseln kamen, äußerst gering. Das
heißt, es genügte ein unbestätigter Verdacht der (angeblichen oder tatsächlichen) konter-
revolutionären Tätigkeit, um durch den Beschluss außergerichtlicher Straforgane wie lokale
„Trojki“ der OGPU bzw. das Oberste Kolleg der OGPU als „Konterrevolutionär“ zu den drei,
fünf oder zehn Jahren Zwangsarbeit (Standarthaftfristen) verurteilt und nach Solowki
geschickt zu werden. Das gleiche galt dementsprechend auch für die oben genannten anderen
Häftlingskategorien, in diesem Fall genügte lediglich das Faktum der (früheren)
Zugehörigkeit zu einer anderen politischen Partei als der Kommunistischen, oder die Einstuf-
ung als „sozial-gefährliches Element“ durch die exekutiven Organe50.
Nach den Angaben von Širjaev waren die allerersten Insassen des Solowezker Lagers eine
Gruppe von Weißgardisten. Dies könnte möglicherweise eine Erklärung für die sonst schwer
nachvollziehbare Einteilung der Gefangenen in „Kompanien“ liefern 51. Das Prinzip, das hinter
dieser Einteilung stand, ist in den ersten Jahren nach der Lagerentstehung tatsächlich eher
rätselhaft; ab der Mitte der 20er Jahre kristallisierte sich allerdings allmählich ein System
heraus, das dem Prinzip einer Fachspezifizierung der Arbeitskräfte entsprach. So kam etwa
Ejchmans (der zweite Lagervorsteher, der 1926 den ersten Lagerchef Nogtev ablöste) auf die
Idee, die 6. Kompanie, zu der fast ausnahmslos die Vertreter der Geistlichkeit gehörten, bei
Arbeiten einzusetzen, die mit der Verteilung von Lebensmitteln zusammenhingen bzw. bei
der Bewachung der Lagerräume, um dem uferlosen Missbrauch entgegenzuwirken, der sich
50
Vgl. Širjaev. Neugasimaja lampada. S. 49.
51
Vgl. Lichačev. Vospominanija. S. 208-215.

18
durch die Besetzung solcher Positionen durch „sozialnahe“ Kriminelle im Lager weit
verbreitete. Die größte Kompanie war die dreizehnte mit bis zu 5000 Insassen, die im Raum
des ehemaligen Klosterrefektoriums untergebracht waren. Sie wurde als
„Quarantänekompanie“ bezeichnet, weil durch sie alle Lagerneuankömmlinge, ungeachtet des
Alters und des gesundheitlichen Zustandes, während des dreimonatigen Einsatzes bei
Allgemeinarbeiten (Holzschlag, Straßenbau, Torfgewinnung) geschleust wurden. Eine
Vielzahl der Häftlinge überlebte diesen Einsatz nicht. Da von einer wirtschaftlichen Effizienz
solcher Arbeitseinsätze (zumindest bis 1929-30) gar keine Rede sein kann, ist es klar, dass sie
in erster Linie dem Zweck der „natürlichen“ Reduzierung der Zahl der Gefangenen dienten 52.
Ebenso ist dabei − hinsichtlich der überlebenden Häftlinge − das Prinzip der „Umerziehung“
und „Besserung“ durch den Arbeitseinsatz als ideologische Parole des sowjetischen Lagers
nicht wegzudenken (man erinnert sich hierbei unfreiwillig an das Motto der solowezker
Mönche „V trude spasaemsja“). Das Solowezker Lager war somit der „Schmiedeofen“, ein
Experimentierraum, wo die „Umschmiedung des menschlichen Stoffes“ (perekovka
čelovečeskogo materiala) zum „Neuen Menschen“ stattfand.
An dieser Stelle sei noch mal an die „Wassertropfen-Metapher“ von Wilk erinnert. Boris
Širjaev bedient sich in seinem Buch interessanterweise des gleichen Bildes, wenn er von der
Widerspiegelung der tief greifenden sozialpolitischen und soziokulturellen Prozesse, die in
der Sowjetunion Ende der 20er - Anfang der 30er Jahre stattfanden, im Mikrokosmos der
Solowki spricht53. Ebenso steht die Vorstellung von einer homologen Entwicklung auf dem
Festland und den Solowezker-Inseln in den 20er-30er Jahren bei einem anderen „Lager-
chronisten“ der Solowki im Vordergrund, dem ukrainischen Historiker und ehemaligen
solowezker Insassen Semen Pidhajnyj in seiner Monographie Ukraïns’ka intelihencija na
Solovkach. Spohady 1933-1941 („Ukrainische Intellektuelle und Künstler auf Solowki.
Erinnerungen 1933-1941“)54. Dabei spricht der Autor vom Solowezker Lager als
„Miniaturausgabe der Sowjetunion“55. Diesbezüglich verweist Pidhajnyj auf folgende
chronologische Einteilung der „Geschichte“ der Solowezker Lagers:

I. 1923-1927: Eine verhältnismäßig „ruhige“ Zeit im Solowezker Lager.


Zeit der NÖP (Neue Ökono- Zusammensetzung der Häftlinge: siehe oben; Einteilung der Insassen
mische Politik) in der in Kompanien (bis 1933), militärischer Charakter des Lagers (Lager-
UdSSR Kaserne, Arbeitseinsatz der Gefangenen als „Disziplinarmaßnahme“
etc.).

II. 1927-1932: Entstehung der Lagerpunkte des SLON auf dem Festland; intensive
1. Fünfjahresplan in der Entwicklung der Lagerwirtschaft und rücksichtslose Ausbeutung der
UdSSR; Industrialisierung Arbeitskraft der Häftlinge; Veränderung des Insassenkontingents:
des Landes und Kollek- intensiver „Nachschub“, insbesondere als Folge der Kollektivierung,
tivierung der Landwirtschaft. aus der russischen und ukrainischen Bauernschaft; erste Massen-
erschießungen im Lager. Zwei verheerende Typhusepidemien, die die
52
Die Sterbensrate in den 12., 13. und 14. Kompanien (Allgemeinarbeiten) lag laut Širjaev bei
50 Prozent. Širjaev. Neugasimaja lampada. S. 44.
53
Siehe Širjaev. Neugasimaja lampada. S. 46-47.
54
Pidhajnyj, S., Ukraïns’ka intelihencija na Solovkach. Spohady 1933-1941. L’viv [ca. 1993]. S.
55
Ebd. S. 54.

19
Zahl der Häftlinge auf die Hälfte reduzieren. Versetzung mehrerer
solowezker Häftlinge nach Karelien zum Einsatz am Bau des
Weißmeer-Ostsee-Kanals.

III. 1933-1937: Beträchtliche Veränderungen des Insassenkontingents: die


2. Fünfjahresplan. Ankündi- „Internationale“ auf Solowki56. Drastische Verschärfung der
gung des „Sieges des Sozia- Haftbedingungen.
lismus“ im Lande; Stalins
These von der Verschärfung
des Klassenkampfes beim
Aufbau des Sozialismus.
Ausrottung der National-
eliten in den Sowjet-
republiken.

IV. 1937-1939: Umfunktionierung des solowezker Lagers in das Solowezker


Welle des Massenterrors Gefängnis besonderer Bestimmung (STON). Massenerschießungen
der Häftlinge. Gefangenentransporte auf das Festland (etwa der 2.
Transport nach Karelien, bei dem 1116 solowezker Häftlinge in
Waldstück Sandormoch, in der Nähe von Medvež’egorsk erschossen
wurden). 1939: Liquidierung des STON57.

II. 2. 2. Kultureinrichtungen des Solowezker Lagers

II. 2. 2. 1. Solowezker Lagertheater


Der Begründer, erste Regisseur und „Intendant“ des solowezker Theaters war, wie Širjaev in
Neugasimaja lampada berichtet58, Sergej Armanov, ein „Provinzdarsteller“, der bereits mit
einer der ersten Häftlingswellen nach Solowki kam. Armanov dürfte zwar ein ziemlich
mittelmäßiger Schauspieler gewesen sein, dafür wohl ein brennender Theaterenthusiast, und
konnte so starke Überzeugungskraft aufweisen, dass die solowezker Lagerinstanzen seinen
Vorschlag zur Theatergründung im Lager bewilligten. Binnen kurzer Zeit fanden sich unter
den Häftlingen auch einige Dutzend Amateure, die sich Armanov anschlossen und bereit
waren, nach einem zehn- bis zwölfstündigen erschöpfenden Arbeitstag die Rollen
einzustudieren und zu proben. Nach weniger als einem Monat kam auf diese Weise die erste
Aufführung des solowezker Theaters im Herbst 1923 zustande: auf einer improvisierten
Bühne mit kalkgeweißten Säcken als Dekoration spielte die kleine Amateurtruppe den

56
Als Illustration dazu soll hier ein Auszug aus dem Brief des russischen Religionsphilosophen
P.Florenskijs an seinen jüngeren Sohn vom 18.06.1937 angeführt werden (Florenskij seit 1933
Häftling des SLON, Ende 1937 im Lager erschossen): „…Seltsamerweise sympathisieren hier viele
Mohammedaner mit mir, unter meinen Freunden sind ein Perser, zwei Tschetschenen, ein
Daghestaner, ein Turkstämmiger aus Aserbaidschan, ein Türke, der eigentlich kein Türke ist,
sondern ein in der Türkei und Kairo erzogener Kasache… Neben mir an der einen Seite schläft ein
armenischer Bauer, an der anderen Seite ein Pole. Bedauernd sage ich manchmal, schade, dass wir
keinen Neger hier haben. Alle Völker der weißen und der gelben Rasse sind sonst vollständig
vertreten“. Florenskij, P., Leben und Denken. Hrsg. von F. u. S. Mierau, in 2 Bänden. Ostfildern :
Ed. Tertium, 1995-1996. B.2. S. 351.
57
Nach Pidhajnyj, Ukraïns’ka intelihencija. S. 6-26.
58
Širjaev. Neugasimaja lampada. S. 57 ff.

20
Eintakter von Čechov Medved’ (dessen Text der Regisseur Armanov zuvor aus dem
Gedächtnis „rekonstruiert“ hatte). Die Aufführung war ein Riesenerfolg.
Schon am nächsten Tag wurde durch die Lagerleitung die Gründung einer Kultur- und
Erziehungsabteilung (vospitatel’no-prosvetitel’nyj otdel) im Lager beschlossen, die nun die
Aufgabe übernehmen sollte, das kulturelle Leben auf Solowki zu kontrollieren und zu
„leiten“. Trotzt dieser „Leitung“ konnte sich das Soltheater rasch entwickeln. Wie
unvollkommen die ersten Aufführungen des Lagertheaters auch sein mochten, konnten sie
den zuschauenden Lagerinsassen ein Stückchen Freiheit in der Gefangenschaft schenken; das
Theater vermochte, wenn auch nur für wenige Stunden, einen Schein des normalen Lebens
inmitten des Leides, Todes und permanenter Demütigung zu schaffen. Die Theaterkarten −
ein Teil davon war selbstverständlich für die Lagerleitung und Soldaten des
Lagerbewachungskorps reserviert – waren enorm begehrt und dementsprechend schwer zu
kriegen59.
Durch die Ablösung von Armanov durch M.Borin, einen Schauspieler mit dreißigjähriger
Bühnenerfahrung, konnte das Theater ab 1924 stark an Professionalität gewinnen, wobei
immer noch (oder, besser gesagt, zum Glück) nur zwei professionelle Schauspieler an den
solowezker Aufführungen teilnahmen: Glubokovskij (Moskauer Kammertheater) und
Krasovskij (2. MChaT). Borin, der als „offizieller“ Theaterdirektor vom Arbeitseinsatz befreit
war, konnte mit der Zeit eine Arbeitseinsatzbefreiung für seine Schauspieler und das
technische Personal (Maske, Bühnenbildner60, Schreiner etc.) durchsetzen.
Das Theater auf Solowki gewann an Bedeutung. 1925 wurden der Truppe Räume gestellt, in
denen ein richtiges Theater mit 1500 Zuschauersitzen errichtet wurde. Für die Lagerleitung,
die sich bemühte, das solowezker Lager als „Vorzeigeanstalt“ zu präsentieren, stellte das
Theater ein willkommenes Vorzeigeobjekt und eine Attraktion dar: diesbezüglich ist etwa die
fulminante Aufführung von Puškins Boris Godunov (in gekürzter Fassung) 1925 vor der aus
Moskau angereisten Kommission der OGPU/NKVD mit Gleb Bokij an der Spitze zu
erwähnen, die besonders mit überaus prächtigen Kostümen beeindruckte, die aus den
Brokatvorräten der Klostersakristei angefertigt worden waren, oder etwa die bekannten
Umstände von Gor’kijs Besuch auf Solowki 1929.
Bei der Wahl des Repertoires verfügte das Soltheater im gewissen Sinne sogar über mehr
Freiheit als man auf dem Festland genießen konnte. Es wurden zwar vorwiegend die Stücke
aus dem klassischen russischen Theaterrepertoire aufgeführt, darunter viele Komödien, aber
auch moderne Stücke, die zum Teil auf der sowjetischen Bühne nicht mehr gespielt werden
durften, etwa Satana von Gordin. Es kamen im Gegensatz zum Festland bezeichnenderweise
auch nur sehr wenige propagandabeladene Bühnenwerke zum Einsatz, wobei man auch
Podžigateli vom Lunačarskij, dem damaligen Volkskommissar für Bildungswesen, und
Mandat von Erdman (das Stück lief parallel im Moskauer „Theater der Revolution“ unter der
Regie von Mejerchold) inszenierte. Als einmalig (im Lager!) kann man wohl auch die

59
Der Wert einer Theaterkarte entsprach auf dem Lagerschwarzmarkt mitunter dem Wert von
zehn Brotrationen oder einem Paar haltbarer Schuhe.
60
Etwa der bekannte Maler und Grafiker N.Kačalin.

21
Aufführung einer Operette (Tajny garema) in Begleitung von Orchester, Chor und Ballett
bezeichnen (die choreographische Inszenierung hatte ein solowezker Insasse, Balletttänzer
Šelkovskij gemacht). Die Vorliebe des solowezker Theater für das leichte Genre ist durchaus
verständlich. Neben den Theaterstücken wurden den solowezker Zuschauern auch Konzerte
dargeboten, sowohl klassische Musik61 (es gab viele Musiker auf Solowki) als auch gemischte
artistisch-musikalische Programme, nicht selten wurden auch einige von den solowezker
Insassen verfasste Stücke und Sketche aufgeführt. Was das künstlerische Niveau solcher
Unterhaltungsprogramme anging, so muss man mit Sicherheit von einer gewissen Anpassung
der Bühnenkünstler an die Geschmäcker des − wie man weiß, sehr gemischten − Publikums
ausgehen, daher ist die Frage danach nicht eindeutig zu beantworten. Hierbei kamen
verschiedenartige Ansätze zum Vorschein, als exemplarische Beispiele dafür sind etwa das
von Širjaev, Egorov und Glubokovskij begründete Kabaretttheaters ChLAM (Cudožniki,
Literatory, Artisty, Musykanty)62 auf der einen Seite und das „Volkstheater“ der Kriminellen
Svoi (Unsere) auf der anderen zu erwähnen63.
Der Lagerzeitung Soloveckie ostrova entnimmt man folgende Auflistung der Leistungen von
solowezker Kulturschaffenden im Jahre 1925: 139 Theateraufführungen, 40 Konzerte, 37
Vorträge mit anschließenden Diskussionen (dazu kommen noch einige Dutzende Film-
vorführungen)64. Diese blühende Kulturlandschaft im Lager beginnt sich aber bereits 1926
unaufhaltsam zu verändern65. Im Winter 1929-30 kam es zur Schließung des Theaters
während der zweiten verheerenden Typhusepidemie im Lager. Die Räume des Theaters
wurden als Lazarette benutzt, wo hunderte von Häftlingen auf dem Boden nebeneinander im
Sterben lagen fast ohne jegliche Hilfe66.
Es fehlen leider fast vollständig die Informationen über das Soltheater nach 1930. Das Theater
existierte immer noch, jedoch war seine Funktion jetzt vielmehr eine andere. Es war
anscheinend nun die einzige der vielen Kultureinrichtungen der 20er Jahre, die im Lager noch
erhalten blieb. Während in den 20er Jahren das solowezker Theater für viele Häftlinge ein Ort
der Hoffnung und − wenn auch nur imaginären − Freiheit war, übernimmt es ab Anfang der
30er Jahre zunehmend die Rolle eines „Hoftheaters“ der Machthaber auf Solowki 67. Les’
Kurbas68, der Gründer des ukrainischen nationalen Theaters des 20. Jh., wirkte seit 1934 als
Regisseur bis zur Schließung des Theaters im Frühjahr 1937 (Kurbas kam im Hersbst 1937

61
Ebenfalls konnte man im Solowezker Lager Mitte der 20er Jahre die auf dem Festland
verbotenen Musikwerke aufführen, z.B. Rachmaninov. Širjaev. Neugasimaja lampada. S. 71.
62
Ebd. S. 83-98.
63
Ausführlicher dazu Kuzjakina, N.B.. „A byl li „fol’klornyj“ teatr v GULAGe?“. Quelle:
http://www. ruthenia.ru/folktee/CYBERSTOL/GULAG/ Kuzyakina.html
64
Russkij, G., Pravda i legenda soloveckaja“, Nachwort in: Širjaev. Neugasimaja lampada. S.
408-416. Hier S. 410.
65
Vgl. ebd. S. 52-53.
66
Siehe Lichačev. Vospominanija. S. 285.
67
Pidhajnyj. Ukraïns’ka intelihencija. S. 68.
68
Kurbas wurde konterrevolutionäre Tätigkeit nach mehreren Punkten des Art. 58 des
Strafgesetzbuches der UdSSR vorgeworfen.

22
mit dem berühmten 2. Gefangenentransport der Häftlinge nach Sandormoch (1116 Personen)
in Karelien ums Leben).

II. 2. 2. 2. Lagerbibliothek
Als der erste solowezker Theaterregisseur Arimanov seine erste Aufführung im Lager
vorbereitete, musste er den Text von Čechovs Einakter Medved’ aus dem Gedächtnis
rekonstruieren, da im Lager schlicht keine Bücher vorhanden waren. 1927 zählten die
solowezker Bücherbestände bereits über 30000 Exemplare 69. Den Kernbestand der
solowezker Bibliothek bildeten 8000 Bücher aus dem Moskauer Butyrka-Gefängnis, mit
denen die Kultur- und Erziehungsstelle des Lagers um 1924 bestückt wurde 70. Der
Stellvertretende Leiter der Kulturstelle Kogan veranlasste durch den Lagerkommandanten
Ejchmans eine weitere Aufstockung der Lagerbibliothekbestände. Daraufhin wurden aus
Moskau nach Solowki Bücher aus mehreren requirierten Privatbibliotheken geschickt, die die
solowezker Ursprungssammlung außerordentlich bereicherten. Wie im Fall des solowezker
Theaterrepertoires, enthielt die Lagerbibliothek sogar einige Bücher, die im übrigen
Sowjetland bereits auf dem Index der verbotenen Literatur standen (etwa Besy von
Dostoevskij oder Rossija i Evropa von Danilevskij).
Im Lesesaal der solowezker Bibliothek wurden von den Insassen regelmäßig die Vortrags-
abende organisiert, an denen allerdings auf Grund der engen fachlichen Spezialisierung der
Thematik (Kunst-, Kultur-, Literaturgeschichte, Geschichtswissenschaften) nur ein verhält-
nismäßig kleiner Zirkel der Solowkianer ein lebhaftes Interesse fand. Hier einige Themen der
Vorträge, die den Teilnehmerkreis gut charakterisieren: der Vortragszyklus „Geschichte der
Freimaurerei“ (Prof. Makarov), „Geschichte der Solowezker Inseln“ (Historiker Priklonskij),
„Kunstschätze des Eremitage-Museums“ (Maler und Kurator des Museums Braz), „Literatur
des alten Orients“ (Prof. Krivoš-Nemanič) etc.71.

II. 2. 2. 3. Verlagswesen des Solowezker Lagers72


Da die aktuellen Zeitungen im Solowezker Lager verboten waren 73, stellte die wöchentliche
Lagerzeitung Novye Solovki („Die neuen Solowezker Inseln“) praktisch die einzige offizielle
Informationsquelle für die Ereignisse außerhalb der Lagerwelt dar. Die Idee, eine Zeitung im
Lager herauszugeben, kam von dem ehemaligen Journalisten N.Litvin, ebenfalls einem der
ersten Solowkianer. Da die Hauptvoraussetzung dafür – das Vorhandensein einer
funktionierenden Druckerei, die sogar von einem Spezialisten der solowezker Insassen
betrieben wurde – bereits erfüllt war, brauchte man nur die Bewilligung der zuständigen
Lagerorgane, die Litvin auch schließlich (ca. 1925) erteilt wurde. Die erste solowezker

69
Širjaev. Neugasimaja lampada. S. 120-121.
70
In der Butyrka, wo vor 1917 viele politische Gefangene einsaßen, gab es die Tradition der
Häftlinge, die aus der Freiheit geschickten Bücher bei der Entlassung bzw. der Überführung an
einen anderen Haftort der Gefängnisbibliothek zu überlassen. Ebd. S. 63.
71
Širjaev. Neugasimaja lampada. S. 121.
72
Ausführlich dazu ebd. S. 123-131.
73
Zumindest bis Mitte der 30er Jahre.

23
Zeitung mit einer Auflage von 1000 Exemplaren war geboren. Da sie selbstverständlich einer
strengen Zensur unterlag, enthielt Novye Solovki nur knappe, bereits sorgfältig
„durchgefilterte“ und präparierte Nachrichten aus dem In- und Ausland (die letzte Seite
informierte über die Ereignisse im System des GULAG und OGPU), dafür aber ausführliche
Berichte vom kulturellen Leben auf Solowki, vor allem, die Rezensionen über die aktuellen
Theateraufführungen. Viele inhaftierte Journalisten schrieben für Novye Solovki, die man
nicht nur im Lager kaufen, sondern auch auf dem Festland abonnieren konnte. Diese
Möglichkeit wurde vor allem von den Familienangehörigen der solowezker Gefangenen
genutzt.
Ein anderes Presseorgan des Solowezker Lagers stellte die monatliche Zeitschrift Soloveckie
Ostrova dar. Mit ihrem beachtlichen Volumen von 250-300 Seiten war sie eine fundierte,
kunstvoll gestaltete (durch die Maler Kačalin und Braz) und durchaus interessante Zeitschrift
vom äußerst hohen Niveau. Ihre Auflage belief sich auf 500 Exemplare. Dies war, wie Širjaev
schreibt, „die freieste Zeitung Russland zur damaligen Zeit“, zu der allerdings die Leserschaft
außerhalb der Lagerwelt keinen Zugang hatte – über die ganze Auflage verfügten die Organe
der OGPU.
Inhaltlich teilte sich die Zeitschrift in zwei Rubriken: einen belletristischen und einen
landeskundlichen Teil. In der ersten Rubrik publizierte man vor allem viel Lyrik und
Kurzprosa der solowezker Autoren, auch Memoiren und Erinnerungen an den ersten
Weltkrieg etc.. In dem landeskundlichen Teil (den Solowezker Inseln gewidmeten) wurden
dem Leser zahlreiche Aufsätze aus verschiedenen Themenbereichen, von der Biologie und
Klimatologie bis hin zu Abhandlungen über die Geschichte des Klosters angeboten. Zu
erwähnen wäre z.B. der im 7. Heft der Soloveckie Ostrova erschienene sensationelle Aufsatz
des ehemaligen ČK-Mitarbeiter Zorin „Soloveckij požar 1923“, der den Brand im Kloster
1923, der die Verklärungskirche stark beschädigte und einen Großteil der Archivdokumente
vernichtet hatte, in Zusammenhang mit den Plünderungen der Klostersakristei im Sommer
1923 durch die neuen solowezker Machthaber setzte74.
Die erste Typhusepidemie 1927, die die Zahl der Lagerinsassen auf die Hälfte reduziert hatte,
bereitete auch Soloveckie ostrova ein vorläufiges Ende. Insgesamt sind sieben Hefte der
Zeitschrift erschienen. Nach dem Besuch des solowezker Lagers von Gor’kij 1929 wurde sie
für eine kurze Zeit wieder belebt – bis 1930 kamen noch einige Hefte der Soloveckie ostrova
heraus (dort erschien auch der Artikel von Lichačev „Kartežnye igry ugolovnikov“ 75). Die
zweite Typhusepidemie 1930 bedeutete nun aber für Soloveckie ostrova das endgültige Aus76.
74
Russkij. Pravda i legenda. S. 413.
75
In Soloveckie Ostrova, 1930. H. 1.
76
Zwei weitere wichtige wissenschaftliche und Kultureinrichtungen des Solowezker Lagers,
deren Entstehung und Tätigkeit hier leider nicht ausführlich behandelt werden kann, sollen jedoch
hier zum Schluss kurz erwähnt werden: die Solowezker Abteilung der Archangelsker Gesellschaft
für Heimatkunde und das Solowezker Museum. Die Gesellschaft für Heimatkunde wurde 1925 auf
die Initiative der Häftlinge hin organisiert und sich die „Herausarbeitung der wissenschaftlichen
Grundlage für die rationelle Nutzung der Naturschätze des Solowezker Archipels, Schutz und
Pflege historischer Denkmäler der Inseln“ zur Aufgabe machte (Verordnung des SLON vom
13.03.1925, der offizielle Vorsitzende war der damalige Lagerkommandant Ejchmans. Die

24
III. Schluss

Diese Arbeit unternimmt den Versuch, sich dem überaus vielfältigen und schwierigen kultur-
historischen Phänomen der Solowezker Inseln zu nähren, indem sie sich auf eine
Entwicklungslinie konzentriert, die sich bereits hundert Jahre vor der Entstehung des
Solowezker Klosters abzuzeichnen beginnt und über Jahrhunderte hinweg bis hin in die
postsowjetische Zeit der russischen Geschichte reicht. Dabei ist die Arbeit notwendigerweise
in erster Linie faktographisch angelegt. Durch die Fokussierung auf historische Kontexte soll
die Entstehung und Herausbildung einer politischen „Kultur“ dokumentiert werden, die in der
Geschichte der Solowezker Inseln ihre deutlichen Spuren hinterließ. Das Solowezker Kloster
scheint während seiner ganzen Geschichte der Träger einer Doppelfunktion zu sein: das „Herz
des orthodoxen Russlands“, für Gläubige − ein heiliger Ort, man denke nur an vierundneunzig
Heilige, die das Kloster hervorgebracht hatte und Abertausend Pilger, die im Laufe der
Jahrhunderte das Kloster aufgesucht haben. Aber genauso gut kann man Solowki als „Ort des
Unheils“ bezeichnen. Dabei rückt selbstverständlicherweise die Geschichte des Solowezker
Lagers in den Mittelpunkt. Die „Traditionen“ dieses Ortes, wenn man genau hinsieht, reichen
dennoch viel tiefer und lassen sich bis in die Anfänge des Klosters zurückverfolgen. Diese
Seite der solowezker Geschichte, die bis heute immer noch nicht hinreichend untersucht
worden ist, sollte jedoch − trotz aller Tendenzen − auf keinen Fall marginalisiert werden.

Solowezker Gesellschaft für Heimatkunde (soloveckoe obščestvo kraevedenija) zählte bei ihrer
Gründung 40 Mitglieder, die in folgenden Sektionen tätig waren: geologische, biologische,
botanische, forstwirtschaftliche, historische. Sie funktionierte im Lager bis Anfang der 30er Jahre.
Quelle: http://solovki.info/?action=archive&id=228).
Dem solowezker Museum, das die offizielle Bezeichnung des „antireligiösen“ Museums trug, und
seinen Mitarbeitern aus solowezker Häftlingen verdankt man die Rettung und Erhaltung eines
erheblichen Teils der Bestände der überaus wertvollen Ikonensammlung sowie der
Archivdokumente des Klosters. Ausführlicher siehe http://solovki.info/?action=archive&id=228.

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