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Informationsverarbeitung
bearbeitet wird. In der Differentiellen Psy- vorgestellt. Im vorliegenden Kapitel wird die
chologie geht es um die Beantwortung der Frage nach dem erfolgreichen Lernen aus der
Frage, warum es zwischen Personen syste- Perspektive des Lernenden beantwortet.
matische interindividuelle Unterschiede gibt Hierzu ist es zunächst hilfreich, die wichtig-
und warum einzelne Personen von Situation sten individuellen Voraussetzungen darzule-
zu Situation in ihren Verhaltensweisen mehr gen, die zum erfolgreichen Lernen gehören.
oder weniger stark variieren. Im Unterschied Als Ausgangspunkt bietet sich das Ende
zu einer allgemeinpsychologischen Betrach- der 1980er Jahre von Pressley, Borkowski
tung von Lernen (c Kap. 1), bei der die Frage und Schneider (1989) skizzierte Modell der
im Vordergrund steht, was Lernen im Allge- »guten Informationsverarbeitung« an, das
meinen ist und wie es prinzipiell funktioniert, sogenannte GIV-Modell (im Folgenden wird
wechseln wir in diesem Kapitel also von einer auch von den Guten Informationsverarbei-
allgemeinen zu einer differenziellen Perspek- tern als GIVs gesprochen). Auf der Basis
tive. Trotz oder vielleicht gerade wegen der der Informationsverarbeitungsmodelle des
häufig geäußerten Unzufriedenheit mit dem menschlichen Gedächtnisses (c Kap. 1.3) ha-
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Teil I Lernen
ben die Autoren das strategische und reflexi- et al. (1989) sprechen davon, dass die »guten
ve Verhalten der Lernenden als Grundlage Informationsverarbeiter« zudem häufiger die
allen erfolgreichen Lernens bezeichnet. Sie Gelegenheit bekommen, sich in »günstigen«
sind der Überzeugung, dass ein planvolles Lernumgebungen zu bewähren.
und selbstgesteuertes, also selbstreguliertes
Besondere Bildungsressourcen, wie sie z. B.
Lernverhalten, Voraussetzung für das Erler- Eliteschulen bieten, werden vornehmlich jenen
nen aller bedeutungshaltigen Inhalte ist zugewiesen, von denen man erwartet, dass sie
(Pressley & McCormick, 1995). am meisten davon profitieren. Auch haben
Studierende, die ihr Examen mit einer Aus-
zeichnung bestehen, weitaus größere Chancen,
Das Modell der guten Informationsver- nachfolgend eine Stelle in Forschungsprojekten
arbeitung. Beim GIV-Modell handelt es der Fakultät angeboten zu bekommen als Stu-
sich um eine Art Merkmals- oder Checkliste dierende mit einem durchschnittlichen Exa-
erfolgreich Lernender. Mit dieser Liste wird men. Es gibt aber noch subtilere Selektionsme-
chanismen. Erfolgreiche Personen werden be-
ein integrativer Rahmen bereitgestellt, der
vorzugt von anderen erfolgreichen Personen als
die unterschiedlichen Befunde aus der ko- Mitarbeiter ausgewählt. So kommt es dann
gnitiven und der motivationalen For- dazu, dass GIVs mehr Gelegenheit zur Koope-
schungstradition bündelt, in Form einer ration mit anderen GIVs erhalten, was zusätz-
Beschreibung kompetenten Lernverhaltens. lich ihren intellektuellen Fortschritt stimuliert.
(Pressley et al., 1989, S. 862)
Pressley et al. (1989) schreiben den »guten
Informationsverarbeitern« die folgenden Die im GIV-Modell aufgelisteten Charakte-
Merkmale zu: ristika erfolgreich Lernender lassen sich im
wesentlichen vier Bereichen individueller
l Sie planen ihr Lernverhalten. Voraussetzungen des Lernens zuordnen:
l Sie nutzen effiziente Lernstrategien. den Aufmerksamkeits- und Arbeitsgedächt-
l Sie wissen, wie, wann und warum solche nisfunktionen bei der Aufnahme und Ver-
Strategien einzusetzen sind. arbeitung von Informationen, dem Umfang
l Sie sind motiviert, diese Strategien einzu- und der Qualität des im Langzeitgedächtnis
setzen. verfügbaren Vorwissens, der Nutzung und
l Sie nutzen Lernstrategien zunehmend metakognitiven Regulation von Lernstrate-
automatisch. gien sowie den motivationalen Dispositionen
l Sie überwachen ihre Lern- und Leistungs- und Selbstkonzepten mit ihren spezifischen
fortschritte. Auswirkungen auf die Intensität und Auf-
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selektive
Aufmerksamkeit
und Arbeits-
gedächtnis
motivational-volitional
Motivation
und Selbst-
konzept
kognitiv
Strategien
und meta- erfolgreiches
kognitive
Regulation Lernen
Volition und
lernbegleitende
Emotionen
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Vorwissen
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Teil I Lernen
Orientierungsfragen
Diese werden in modalitätsspezifischen sen- die komplexen Lernprozesse häufig auch als
sorischen Registern für wenige Millisekun- Arbeitsgedächtnis bezeichnet wird. Das Ar-
den festgehalten, aber noch nicht bewusst beitsgedächtnis hat in Bezug auf die ver-
wahrgenommen. Folgt man beispielsweise arbeitbare Informationsmenge und hinsicht-
einem Vortrag oder liest einen Text, dann lich der Möglichkeit ihrer zeitüberdauernden
wird die gehörte oder die gelesene Sprache Aufbewahrung allerdings nur eine begrenzte
zunächst einmal sensorisch-analog im Sinne Kapazität. Weil aber neue Informationen
einer Repräsentation ihrer physikalischen permanent in das Arbeitsgedächtnis »nach-
Merkmale enkodiert. Erst im weiteren Ver- drängen«, besteht für die im Arbeitsgedächt-
lauf der Informationsverarbeitung erfolgen nis befindliche Information beständig die
sinngebende Interpretationen, die aus den Gefahr, wieder verloren zu gehen.
sensorischen Registrierungen Informatio- Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen
nen für den Lernenden werden lassen. Funk- Vorstellungen zum Informationsfluss wird
tional intakte sensorische Register sind mit- die Auffassung verständlich, dass die Quali-
hin notwendige Voraussetzung dafür, dass tät der dem Lernen zugrunde liegenden In-
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formationsverarbeitung zuallererst von der waren. Auf der Basis zahlreicher Experimen-
Steuerung und Qualität der Aufmerksam- te formulierte Broadbent (1958) die soge-
keitsprozesse und von der Funktionstüchtig- nannte Filtertheorie der Aufmerksamkeit, die
keit des Arbeitsgedächtnisses abhängig ist. von einer grundsätzlich beschränkten Infor-
Tatsächlich haben Forschungsarbeiten ge- mationsverarbeitungskapazität des Men-
zeigt, dass spezifische Funktionen der Auf- schen ausgeht. Danach reguliert die Auf-
merksamkeitszuwendung und des Arbeits- merksamkeit den Informationsfluss von den
gedächtnisses bei verschiedenen Personen sensorischen Registern zum Arbeitsgedächt-
durchaus unterschiedlich gut ausgebildet nis. Die Aufmerksamkeit bzw. die Aufmerk-
sind und damit der Effektivität individueller samkeitszuwendung hat die Funktion eines
Lernprozesse mehr oder weniger enge Gren- Filters und wirkt wie ein früher Engpass oder
zen setzen. Mit anderen Worten: Es gibt Flaschenhals, der im Ergebnis dafür verant-
systematische interindividuelle Differenzen. wortlich ist, dass nur einige wenige Informa-
Insbesondere bei den Aufmerksamkeits- tionen im kognitiven System weitergeleitet
funktionen sind aber zudem starke situative werden.
Variabilitäten zu beobachten. Ein und der- Broadbents Filtertheorie der Aufmerk-
selbe Lernende ist einmal wach und aufnah- samkeit besagt nun, dass die Auswahl der
mebereit, so dass er etwa im Unterricht den weiter zu verarbeitenden Informationen be-
dargebotenen Stoffinhalten seine volle Auf- reits sehr früh im Prozess der Informations-
merksamkeit zuwendet, und ein anderes Mal verarbeitung stattfindet. Die Frage, wann
ist er weniger lernbereit, so dass auch ent- genau die Selektion aufgrund von Informa-
sprechend wenig lehrstoffbezogene Informa- tionsmerkmalen geschieht und welche ihrer
tion im Arbeitsgedächtnis ankommt. Solche Bestandteile in welchem Umfang »voranaly-
situativen Schwankungen werden auch als siert« werden, hat zu zahlreichen experimen-
intraindividuelle Variabilität bezeichnet. Im tellen Analysen und theoretischen Auseinan-
Folgenden werden einige der für die Erklä- dersetzungen geführt (vgl. Pashler, 1998;
rung interindividueller Differenzen und Yantis, 2000). Dabei hat sich herausgestellt,
intraindividueller Variabilität des Lern- dass es wohl unterschiedliche Filter gibt, die
erfolgs relevanten Facetten der Aufmerksam- für den Flaschenhalseffekt verantwortlich
keit und des Arbeitsgedächtnisses näher be- sind. Ihre Funktionsweise wird sowohl von
trachtet. den Reizmerkmalen selbst (Bottom-up) als
auch von den Zielen und dem Vorwissen der
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Was versteht man unter ein internes kognitives System, das es er-
Arbeitsgedächtnis? möglicht, mehrere Informationen vorüber-
gehend bewusst zu halten und zueinander in
In den frühen Modellen der Informations- Beziehung zu setzen. Die klassische Vor-
verarbeitung ging man davon aus, dass die stellung eines Speichers mit fünf bis neun
mit Aufmerksamkeit bedachte Informa- Speicherplätzen erscheint zu statisch, um
tion in eine Art Kurzzeitspeicher gelangt, ein solch multi-funktionales System wie das
der von begrenzter Kapazität ist und – wie Arbeitsgedächtnis angemessen zu beschrei-
der Name schon sagt – die Information für ben.
kurze Zeit im »Bewusstseinsstrom« des Interindividuelle Unterschiede in der
Lernenden hält (Atkinson & Shiffrin, oben beschriebenen Gedächtnisspanne
1968). Die Kapazität des Kurzzeitgedächt- hängen auch von der Geschwindigkeit ab,
nisses wurde lange Zeit mit Verweis auf die mit der die dargebotenen Informationsein-
klassische Abhandlung von Miller (1956) heiten identifiziert bzw. innerlich nachge-
auf sieben plus/minus zwei Informations- sprochen werden können (Dempster, 1981;
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Hasselhorn, 1988). Dies weist darauf hin, der britischen Arbeitsgruppe um Alan Bad-
dass nicht nur strukturelle, sondern auch deley immer weiter ausgearbeitet wurde.
prozessuale Kapazitätsaspekte von Bedeu- Frühe experimentelle Arbeiten führten Bad-
tung sind. Man spricht daher heute vielfach deley und Hitch (1974) zu der Einsicht, dass
auch von der funktionalen bzw. funktional die damals verbreitete Annahme eines ein-
verfügbaren Kapazität des Arbeitsgedächt- dimensionalen Arbeitsgedächtnisses unan-
nisses. gemessen sei. Bei der gleichzeitigen Bearbei-
Theoretische Modelle zur Funktionsweise tung von Anforderungen unterschiedlicher
des Arbeitsgedächtnisses sind so zahlreich Modalitäten (z. B. Hören und Sehen) zeig-
wie unterschiedlich (vgl. Conway, Jarrold, ten die Untersuchungsteilnehmer zwar Leis-
Kane, Miyake & Towse, 2007). Neben den tungseinbußen; diese fielen aber weit gerin-
Vorstellungen vom Arbeitsgedächtnis als ger aus, als man es bei einer generell be-
einer einheitlichen (eigenen) Ressource, die grenzten Arbeitsgedächtnis-Ressource er-
flexibel und adaptiv bei der Bewältigung warten sollte.
unterschiedlicher Aufgabenanforderungen Baddeley (1986) beschrieb daher das
Verwendung findet (z. B. Case, 1995; Dane- Arbeitsgedächtnis als komplexes Systemge-
man & Carpenter, 1980), gibt es die Auffas- füge, in dem einer Leitzentrale (zentrale
sung, dass die Aufmerksamkeit, das Kurz- Exekutive) spezifische Hilfssysteme für die
zeitgedächtnis und das Langzeitgedächtnis separate Verarbeitung visuell-räumlicher
ohnehin sehr eng miteinander verknüpft bzw. sprachlich-akustischer Informationen
seien. Cowan (2005) hat diese Auffassung untergeordnet sind (c Abb. 2.2). Auch pos-
sehr pointiert formuliert: Das Arbeitsge- tulierte Baddeley (2000) einen Verbin-
dächtnis sei nichts anderes als jene Teilmenge dungsmechanismus (episodischer Puffer)
des Langzeitgedächtnisses, die durch Auf- zwischen den beiden Hilfssystemen, der
merksamkeitsfokussierung temporär gerade Leitzentrale und dem Langzeitgedächtnis.
aktiviert ist. Auch dieser Mechanismus hat aber wiede-
Für die Beschreibung und Erklärung der rum nur eine begrenzte Kapazität. Seine
Funktionen des Arbeitsgedächtnisses beim Aufgabe ist es, die funktionale Kapazität
intentionalen Lernen komplexer Inhalte hat des Arbeitsgedächtnisses zu optimieren,
sich in der europäischen Tradition eine und zwar durch die Integration der Infor-
mehrsystemige Modellvorstellung durchge- mationen aus den Hilfssystemen und aus
setzt, die seit Anfang der 1970er Jahre von dem Langzeitgedächtnis.
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Zentrale
Exekutive
Abb. 2.2:
Visuelle Episodisches Modell des Arbeitsgedächt-
Sprache nisses nach Baddeley (1986,
Semantik Langzeitgedächtnis
2000)
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hängigen Teilsystemen erfolgt. Auch das Wesentlichen auf zwei Typen von Anforde-
Generieren visueller Vorstellungen und das rungen: dem Behalten räumlicher Bewegun-
kurzfristige Behalten visuell-räumlicher In- gen und dem Behalten visueller Muster.
formationen haben sich nach Erkenntnissen Typische Varianten dieser unterschiedlichen
aus Studien an Patienten mit Kopfverlet- Anforderungen sind die Corsi-Block-Aufga-
zungen als voneinander unabhängige Funk- be für räumliche Bewegungen und die soge-
tionen erwiesen (vgl. Morton & Morris, nannte Muster-Rekonstruktionsaufgabe. Bei
1995). Während spezifische Schädigungen der Corsi-Block-Aufgabe handelt es sich um
in der linken Hirnhälfte mit Defiziten beim eine Gedächtnisspannenaufgabe für räum-
Generieren von und Operieren mit an- lich-sequentielle Information. Vorgegeben
schaulichen Vorstellungsbildern einher zu wird in der Standardversion ein graues Brett,
gehen scheinen (Farah, 1984), findet man auf dem neun Blöcke in einer unregelmäßi-
eher Zusammenhänge mit Schädigungen gen Anordnung positioniert sind (c Abb.
im rechten posterioren parietalen Cortex, 2.3). Die Blöcke unterscheiden sich nicht
wenn Repräsentations- und Behaltenspro- voneinander. Der Untersuchungsleiter tippt
bleme für visuell-räumliche Informationen einzelne Blöcke in einer bestimmten Reihen-
vorliegen (Beschin, Cocchini, Della Salla & folge im Sekundenrhythmus an. Die Ver-
Logie, 1997). Selbst die Verarbeitung visu- suchsteilnehmer müssen die vorgegebene Se-
eller und räumlicher Informationsmerkma- quenz unmittelbar danach durch Nachtippen
le scheint allerdings durch unterschiedliche replizieren. Die Anzahl der in einer Sequenz
Bereiche des Cortex geleistet zu werden enthaltenen Blöcke wird sukzessive gestei-
(Courtney, Ungerleider, Keil & Haxby, gert, bis eine fehlerfreie Wiedergabe nicht
1996). mehr gelingt. Erwachsene können im Durch-
Experimentelle Analysen zum visuell- schnitt Sequenzen von etwa sechs bis sieben
räumlichen Arbeitsgedächtnis basieren im Blöcken richtig antippen.
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3 Abb. 2.3:
1 2 Standardversion der Corsi-
Block-Aufgabe
Bei der Muster-Rekonstruktionsaufgabe wer- lage mit ausschließlich weißen Feldern ge-
den in der Regel quadratische Matrizenan- zeigt werden, welche Felder bei der zuvor
ordnungen dargeboten, auf denen einzelne gezeigten Musteranordnung schwarz waren.
Felder schwarz eingefärbt sind, so dass sich Analog zum Vorgehen bei der Corsi-Block-
ein Muster ergibt. Häufig wird dabei die Aufgabe wird die Anzahl der schwarzen
Komplexität der Muster variiert (c Abb. Felder so lange gesteigert, bis das Muster
2.4). Die Darbietungszeit der Muster steigt nicht mehr korrekt wiedergegeben werden
mit zunehmender Anzahl der schwarzen kann. Die durchschnittliche Leistung junger
Felder linear an. Unmittelbar nach der Mus- Erwachsener liegt bei Mustern mit neun
terpräsentation muss auf einer Matrizenvor- schwarzen Feldern.
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2 Erfolgreiches Lernen als gute Informationsverarbeitung
Abb. 2.4:
Beispiel für die Vorlage eines
einfachen (links) und komple-
xen Musters (rechts) bei der
Muster-Rekonstruktionsauf-
gabe
Experimentelle Analysen der Leistungen bei eines inneren Schreibprozesses (Inner Scribe)
Corsi-Block- und Muster-Rekonstruktions- beschreibt. Im visuellen Speicher werden vor
aufgaben haben die Entwicklung der Mo- allem Merkmale der Form und der Farbe
dellvorstellungen über das visuell-räumliche repräsentiert – sein Repräsentationsformat
Hilfssystem nachhaltig beeinflusst. Es zeigte ist statisch. Der räumliche Mechanismus
sich, dass die Kapazität für das Behalten besitzt hingegen ein dynamisches Repräsen-
visueller Muster und die Kapazität für das tationsformat und ist auch dafür zuständig,
Behalten von Bewegungssequenzen im Raum Informationen des visuellen Speichers durch
relativ unabhängig voneinander sind. Ver- eine Art mentalen Abschreibens zu wieder-
sucht man nämlich, die Leistungen bei Auf- holen und damit längerfristig verfügbar zu
gaben dieser Art zu beeinträchtigen, indem halten.
man zeitgleich eine zweite Aufgabe bearbei-
ten lässt, so findet sich ein interessanter
Unterschied: Besteht die Zweitaufgabe z. B. Phonologisches
im Ausführen einer Armbewegung, dann Arbeitsgedächtnis
werden dadurch die dynamischen visuell-
räumlichen Arbeitsgedächtnisleistungen, wie Wiederum unabhängig von der Verarbeitung
sie bei den Corsi-Blocks zu erbringen sind, visuell-räumlicher Informationen werden
gestört, jedoch nicht die Leistungen bei der sprachliche und akustische Informationen
Standardvariante der Muster-Rekonstruk- verarbeitet. Das hierfür zuständige Hilfssys-
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für etwa eineinhalb bis zwei Sekunden blematischer, wenn es nicht effizient genutzt
repräsentieren. Die entscheidende Kapazi- wird. Um vor allem beim Hören längerer
tätsdimension ist weniger die Anzahl ver- Sätze am Ende eines Satzes noch zu wissen,
arbeiteter Informationen – wie in Anleh- wovon am Anfang des Satzes die Rede war,
nung an Millers (1956) Ausführungen zur müssen wir wichtige Informationen länger
»magischen Sieben« lange Zeit angenom- verfügbar halten als nur für zwei Sekunden.
men wurde –, als vielmehr die Zeitdauer, Dies leistet der subvokale Kontrollpro-
für die eine gespeicherte Information ver- zess. Durch eine Art »inneres Sprechen« bzw.
fügbar ist. Man kann sich den phonetischen »inneres Wiederholen« wird die Repräsenta-
Speicher wie eine Tonbandendlosschleife tion im phonetischen Speicher immer wieder
mit sehr kurzer Aufnahmekapazität vor- neu aufgefrischt, so dass wichtige Informa-
stellen. Die Schleife ist im aufmerksamen tionen durchaus über einen längeren Zeit-
Zustand permanent auf Empfang geschal- raum für die weitere Verarbeitung präsent
tet. Informationen, die nicht in weiterfüh- bleiben. Als Beleg dafür, dass es sich bei
rende Verarbeitungsprozesse eingebunden diesem Kontrollprozess um ein »inneres
sind, werden allerdings nach etwa zwei Sprechen« handelt, gilt das Phänomen des
Sekunden wieder »überschrieben« und da- Wortlängeneffektes: Die Leistung bei der
mit endgültig dem Zugriff für weiterfüh- oben beschriebenen einfachen Gedächtnis-
rende Verarbeitungen entzogen. Für viele spannen-Aufgabe fällt bei der Darbietung
Sätze unserer gesprochenen Sprache ist dies von Sequenzen kurzer Wörter besser aus als
ein sehr knappes Zeitfenster – umso pro- bei Sequenzen langer Wörter.
Baddeley, Thomson und Buchanan (1975) untersuchten den Effekt der Wortlänge auf die
Leistung bei einer Gedächtnisspannenaufgabe. Mit ansteigender Silbenzahl der verwende-
ten Wörter sank die Gedächtnisspannenleistung der untersuchten jungen Erwachsenen. Der
Befund tritt auf, wenn die Wortsequenzen akustisch präsentiert werden, er zeigt sich aber
auch bei einer Darbietung von Abbildungen der durch die Wörter bezeichneten Objekte.
Als entscheidend für den Effekt erwies sich die zur Aussprache der Begriffe benötigte Zeit.
Es zeigte sich nämlich, dass selbst bei konstant gehaltener Silben- und Phonemzahl die
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Gedächtnisspanne für Wörter mit kürzerer Artikulationsdauer größer ist als für Wörter mit
längerer Aussprechdauer.
In einem weiteren Experiment fanden die Autoren, dass die Gedächtnisspanne in etwa
der Anzahl von Items entspricht, die eine Person in 1,87 Sekunden aussprechen kann. Zu
ähnlichen Schätzwerten der Kapazität des phonetischen Speichers kommen auch Schwei-
ckert und Boruff (1986) sowie Hasselhorn (1988).
Der hier beschriebene subvokale Kontroll- visuell dargebotenen Materials. Dies gilt
prozess erfolgt schon im Schulalter automa- nicht nur für bedeutungshaltige Bilder (vgl.
tisch. Er dient dem »Auffrischen« von Infor- Baddeley et al., 1975), sondern auch für das
mationen, die bereits in den phonetischen Dekodieren von Graphemen beim leisen
Speicher gelangt sind, erfüllt jedoch noch Lesen (Daneman & Stainton, 1991). Insge-
weitere Funktionen. So dient er der Überset- samt bieten die Mechanismen des phonolo-
zung von bildlicher Information in sprachli- gischen Arbeitsgedächtnisses eine hervorra-
che durch das phonetische Umkodieren des gende Basis für die Verarbeitung von Rei-
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henfolgeinformation, und zwar nicht nur für Zur Messung der individuellen Kapazität des
verbales Material, sondern auch für die phonetischen Speichers haben Gathercole,
Verarbeitung zeitlicher Muster, wie es sich Willis, Baddeley und Emslie (1994) das Nach-
etwa beim Reproduzieren akustisch darge- sprechen von Kunstwörtern (Nonword Repe-
botener Zeitintervalle im Sekundenbereich tition) vorgeschlagen. Beim Kunstwörter-
zeigt (Grube, 1996). nachsprechen handelt es sich um eine Aufga-
Die bereits mehrfach erwähnte Gedächt- benanforderung, bei der eine akustisch dar-
nisspanne kann auch als Indikator für die gebotene Lautfolge nachzusprechen ist, die
funktional verfügbare Gesamtkapazität des zwar Ähnlichkeiten zu »richtigen« Wörtern
phonologischen Arbeitsgedächtnisses insge- aufweist, jedoch ohne sinnhafte mutter-
samt herangezogen werden. Für die indirekte sprachliche Bedeutung ist (z. B. »wuralten«,
Abschätzung der Geschwindigkeit des in der »kalibritzen«). Das Grundprinzip solcher
Regel automatisch einsetzenden subvokalen Aufgaben wurde bereits in den 1950er Jahren
Kontrollprozesses wird häufig die Artikula- von der Schweizer Logopädin Greta Mottier
tionsdauer bzw. die Sprechrate für das in der (1951) verwendet, um die »akustische Diffe-
jeweiligen Gedächtnisspannenaufgabe ver- renzierungsfähigkeit« von Kindern zu erfas-
wendete Item-Material benutzt. Eine verbrei- sen. Die Kapazität des phonetischen Speichers
tete Methode zur Erfassung der Sprechrate lässt sich so, unbeeinflusst vom »semantischen
wurde von Hulme, Thomson, Muir und Lexikon« einer Person, über die Länge der
Lawrence (1984) eingeführt. Die Autoren Kunstwörter erschließen, bei denen das Nach-
schlugen vor, einfache Wort-Tripel (z. B. sprechen noch weitgehend fehlerfrei gelingt.
»Fisch – Ball – Stern«) vorzugeben und diese
dann zehn Mal hintereinander so schnell wie
Fokus: Das phonologische
möglich nachsprechen zu lassen. Aus der
Arbeitsgedächtnis
dafür benötigten Zeit lässt sich dann die für
das Artikulieren eines Wortes im Durch-
Die folgenden Merkmale beschreiben die
schnitt benötigte Zeit ermitteln.
Funktionsweise des phonologischen Ar-
Die Funktionstüchtigkeit des phoneti-
beitsgedächtnisses (nach Grube, 1999):
schen Speichers lässt sich nach Ansicht
von Gathercole und Baddeley (1993) an- l Sprachbasiert
hand eines weiteren, seit langem bekannten l Funktionale Gesamtkapazität ist be-
Phänomens erkennen, des sogenannten
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grenzt
akustischen Ähnlichkeitseffekts: Gibt man l Phonetischer Speicher ist zeitlich be-
bei einer Gedächtnisspannenaufgabe klang-
grenzt (strukturelle Kapazität)
ähnliche Items vor (z. B. »Schwan, Krahn, l Subvokaler artikulatorischer Kont-
Bahn, Zahn«), anstelle der im Standardver-
rollprozess ist geschwindigkeitsbe-
fahren üblichen klangunähnlichen (z. B.
grenzt (prozessuale Kapazität)
»Topf, Schuh, Baum, Zahn), so fällt die l Speicherformat ist akustisch-phone-
Gedächtnisspannenleistung schlechter aus.
tisch
Anders als der auf subvokales inneres Spre-
l Sprache hat unmittelbaren Speicher-
chen zurückgeführte Wortlängeneffekt
zugang
bleibt der Effekt der akustischen Ähnlich- l Unabhängige simultane Speicherinhal-
keit durch eine belanglose sprachliche
te stören einander (interferieren)
Zweitanforderung (z. B. während der
l Vokale Artikulation (Sprechen) beein-
Item-Darbietung permanent den Laut
trächtigt die subvokale artikulatori-
»bla« zu wiederholen) übrigens unbeein-
sche Kontrolle
flusst (Baddeley, 1986).
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Teil I Lernen
Das von Baddeley (1986) skizzierte Zwei- präzision (Wie »klar« ist das phonetische
Komponenten-Modell des phonologischen Sprachmuster repräsentiert?) zu unterschei-
Arbeitsgedächtnisses ist empirisch gut abge- den. Bei dem subvokalen Kontrollprozess
sichert. Dennoch lassen sich bisweilen Dis- des inneren Sprechens ist es sinnvoll, zwi-
soziationen empirischer Phänomene beob- schen der Geschwindigkeit des Prozesses
achten, die eigentlich der gleichen Kompo- (erfassbar über die Artikulations- bzw.
nente des phonologischen Arbeitsgedächtnis- Sprechrate, s. o.) und dem Automatisierungs-
ses zugeschrieben werden (vgl. Hasselhorn, grad seiner Aktivierung zu unterscheiden.
Grube & Mähler, 2000). Durch eine Aus- Der bereits erwähnte Wortlängeneffekt kann
differenzierung verschiedener Funktionsas- nämlich mit der automatischen Aktivierung
pekte der Speicherkomponente sowie der des subvokalen Kontrollprozesses erklärt
Komponente des subvokalen Kontrollpro- werden. Tritt er nicht auf, was bei Kindern
zesses lassen sich auch solche Dissoziationen im Vorschulalter (Gathercole & Hitch,
oftmals erklären. Hasselhorn et al. (2000) 1993; Jarrold & Tam, 2011) und bei lernbe-
schlagen vor, beim phonetischen Speicher hinderten Grundschulkindern (Mähler &
zwischen der Größe, also der individuellen Hasselhorn, 2003) durchaus der Fall ist,
Kapazität (so macht es einen Unterschied, ob dann ist dies ein wichtiger Hinweis darauf,
die zeitliche Begrenzung 150 oder 200 Milli- dass dieser Prozess noch nicht automatisiert
sekunden beträgt) und der Verarbeitungs- verfügbar ist (c Abb. 2.5).
Größe
Verarbeitungs-
Phonetischer Speicher präzision
Automatisierungs-
grad der Aktivierung
Rehearsal
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Geschwindigkeit
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pens zugeordnete zentrale Exekutive wird ernüchternd. So lässt sich kaum absehen, ob
dabei als ein Supervisions- und Kontrollsys- die mit dem Konstrukt der zentralen Exeku-
tem der eigenen Aufmerksamkeit angesehen. tiven verknüpften Hoffnungen berechtigt
Sie überwacht die in den Hilfssystemen akti- sind oder ob nicht eher die theoretische Vor-
vierten Inhalte und verantwortet, welche stellung angemessener ist, dass es sich bei den
Informationen bewusst gemacht oder in ir- zentralen Funktionen um eine große Anzahl
gendeiner Form zur Verarbeitung transfor- unzusammenhängender, hochspezialisierter
miert werden sollen. Verarbeitungs- und Mechanismen handelt (vgl. Towse & Hous-
Handlungspläne werden hier entworfen, um- ton-Price, 2001).
gesetzt, überwacht und modifiziert. Dazu Versuche, die unterschiedlichen Funktio-
koordiniert die zentrale Exekutive Informa- nen der zentralen Exekutiven empirisch fass-
tionen aus verschiedenen Quellen, stellt aus- bar zu machen, um so im Einzelfall feststellen
gewählte Informationen gezielt in den Fokus zu können, was dies im Hinblick auf die
der Aufmerksamkeit, aktiviert Wissen aus individuellen Lernvoraussetzungen bedeutet,
dem Langzeitgedächtnis und sorgt während stehen vor einer vergleichbaren Problemlage:
des Lernprozesses dafür, dass sich aufdrän- Die bereits erwähnten komplexen Gedächt-
gende, aufgabenirrelevante Handlungsim- nisspannenmaße zur Abschätzung der funk-
pulse unterdrückt werden (vgl. Baddeley, tionalen Gesamtkapazität des Arbeitsge-
1996). dächtnisses weisen nämlich nur geringe Zu-
Die funktionelle Spezifizierung eines sammenhänge zu den Leistungen bei ver-
übergeordneten Kontrollsystems des Ar- schiedenen Aufgaben zur Erfassung der
beitsgedächtnisses gehört zu den nicht Aufmerksamkeitsfunktionen auf (z. B. Miya-
abschließend bearbeiteten theoretischen ke, Friedman, Emerson, Witzki, Howerter &
und empirischen Herausforderungen der Wager, 2000), wohl aber zu den Leistungen
Arbeitsgedächtnisforschung. Einem Vor- in herkömmlichen Tests der allgemeinen
schlag von Baddeley (1996) zufolge sollten Intelligenz (Oberauer, Süß, Wilhelm & Witt-
wenigsten vier verschiedene zentral-exeku- mann, 2003).
tive Funktionen voneinander abgegrenzt Miyake et al. (2000) haben eine viel
werden. Neben der Koordinationskapazi- beachtete faktorenanalytisch abgesicherte
tät bei der gleichzeitigen Bearbeitung zwei- Klassifikation exekutiver Funktionen vorge-
er Anforderungen sind das drei weitere legt, in der die drei basalen Funktionen Hem-
Teilfunktionen: die Flexibilität beim Wech- mung (Inhibition), flexibler Aufgabenwech-
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sel von Abrufstrategien, die selektive Fo- sel (Shifting bzw. Set Shifting) und Aktuali-
kussierung relevanter bei Ausblendung ir- sierung des Arbeitsgedächtnisses (Updating)
relevanter Informationen und die selektive unterschieden werden. Möglicherweise lässt
Aktivierung von Wissensinhalten aus dem sich diese empirisch generierte Unterschei-
Langzeitgedächtnis. Diese Funktionen wei- dung zentral-exekutiver Funktionen mit den
sen eine enge Verwandtschaft mit den oben theoretisch konstruierten Vorstellungen Bad-
beschriebenen Mechanismen der selektiven deleys zukünftig gewinnbringend verbinden.
Aufmerksamkeit auf. Allerdings sind wir noch weit davon ent-
Die Vorstellung, eine überschaubare An- fernt, die Funktionsmechanismen der zentra-
zahl kognitiver Mechanismen zu identifizie- len Exekutiven so zu verstehen, dass sich ein
ren, um damit ein brauchbares und empirisch funktionales Modell hiervon skizzieren ließe.
abgesichertes Modell für die Funktionsweise Dennoch scheint unstrittig, dass erfolgreiches
der zentralen Exekutiven zu erhalten, hat Lernen die Folge »guter« und »intelligenter«
etwas Faszinierendes. Die bisherigen For- Informationsverarbeitung ist und dass der
schungsbemühungen hierzu sind jedoch eher Nutzung der exekutiven Funktionen zur
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Teil I Lernen
Überwachung und Kontrolle der Informa- wir im Zusammenhang mit den in Kapitel 2.3
tionsverarbeitung hierbei entscheidende Be- vorgestellten metakognitiven Regulationsme-
deutung zukommt. Diesem Gedanken werden chanismen des Lernens erneut begegnen.
2.2 Vorwissen
Die Vorstellung vom Lernen als Wissens- Recht eines der zentralen Anliegen schuli-
erwerb bzw. als Konstruktion von Wissen ist schen Unterrichtens. Erfolgreiches Lernen ist
zentral für die modernen Lerntheorien. In der Aufbau oder Erwerb einer inhaltlichen
Kapitel 1.3 wurde dargelegt, wie Wissen Expertise im Hinblick auf einen Lerngegen-
erworben und wie es repräsentiert, also im stand (Gruber, 2010). In diesem Abschnitt
Langzeitgedächtnis dauerhaft aufbewahrt wird die besondere Rolle des Vorwissens für
wird, was den Erwerb von Wissen erleichtert erfolgreiches Lernen in vier Schritten erläu-
und was den Zugriff auf erworbenes Wissen tert. Zunächst wird anhand der Ergebnisse
beeinträchtigen, aber auch befördern kann. der sogenannten Expertiseforschung und am
Wissen ist das Ziel von Lernen. Das Wissen, Beispiel der Frage, ob denn Vorwissen bei
über das wir bereits verfügen, ist aber nicht hoher Intelligenz nicht eigentlich entbehrlich
lediglich zum Repräsentationsinhalt unseres sei, illustriert, dass Vorwissen von zentraler
Langzeitgedächtnisses geworden – es ist zu- Bedeutung für erfolgreiches Lernen ist. An-
gleich eine der wesentlichen individuellen schließend werden Antworten auf die wei-
Voraussetzungen bzw. Bedingungen für wei- terführenden Fragen gegeben, wann Vorwis-
teres Lernen. Was Sie schon heute über sen das Lernen besonders begünstigt und wie
Lernen und Gedächtnis wissen, beeinflusst genau es das Lernen beeinflusst.
in entscheidender Weise die Qualität und
Schnelligkeit Ihrer Informationsaufnahme
und -verarbeitung beim Lesen dieser Zeilen. Expertiseforschung
Bereits verfügbares Wissen bezeichnen wir
als Vorwissen. In der Regel sind wir beim Eine verbreitete Methode zur Analyse von
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Lernen umso erfolgreicher, je mehr relevan- Vorwissenseffekten beim Lernen und Behal-
tes, d. h. inhaltsbezogenes Vorwissen zur ten neuer Informationen ist der Vergleich von
Verfügung steht. Experten und Novizen in einer definierten
Das Ausmaß und die Qualität inhaltsbe- Wissensdomäne (gemeint sind natürlich
zogenen Vorwissens sind für einen Großteil »Wissensnovizen« in Bezug auf einen spezi-
interindividueller Unterschiede des sichtba- fischen Inhaltsbereich und nicht Mönche
ren Lernerfolgs verantwortlich. Für Schulpä- oder Nonnen in der klösterlichen Probezeit).
dagogen ist dies eine Binsenweisheit, denn Experten unterscheiden sich von Novizen in
schulisches Lernen geht mit fortschreitender der Regel darin, dass sie auf dem Gebiet ihrer
Schulzeit immer stärker mit der Anforderung Expertise über ein umfangreiches und wohl-
einher, neue Informationen mit bereits Be- geordnetes Wissen sowie über reichhaltige
kanntem zu verknüpfen. Da dies umso besser Erfahrungen verfügen.
gelingt, je mehr Vorwissen bereits zu Beginn Zu den ältesten Belegen für Informations-
eines Lernprozesses vorhanden ist, ist der verarbeitungsvorteile von Experten gehören
systematische Aufbau von Vorwissen zu Untersuchungen mit Schachspielern (Dja-
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ßen sie drei Aufgaben bearbeiten. Die charakterisieren: Das erste Qualitätsmerk-
beiden ersten Aufgaben bestanden darin, mal ist der hierarchische Status von Wissen,
eine nur kurz dargebotene Schachstellung der von »sehr oberflächlich« bis »sehr tief«
aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren. variieren kann; die damit eng verwandte
Es handelte sich dabei einmal um eine Eingebundenheit von Wissen charakterisiert
sinnvolle (tatsächlich mögliche) und ein- dessen innere Struktur und hat die Endpole
mal um eine zufällige (den Schachspielre- »isoliert« und »vernetzt«. Drittes Qualitäts-
geln widersprechende) Stellung. Bei der merkmal ist der Automatisierungsgrad von
dritten Aufgabe war eine »Klötzchen- Wissen, der sich darauf bezieht, wie viel
landschaft« auf einem Brett mit unregel- bewusste Anstrengung (und damit Arbeits-
mäßiger Spielfeldstruktur nachzustellen. gedächtniskapazität) erforderlich ist, um das
Mit dieser Aufgabe sollte geprüft werden, Wissen zu aktualisieren und zu nutzen. Beim
ob die Schachexperten generell über ein vierten Qualitätsmerkmal, der Modalität,
besseres visuell-räumliches Arbeitsge- geht es um das Repräsentationsformat von
dächtnis verfügen. Wissen (vor allem um das Gegensatzpaar
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Zusammenhang (auch nicht negativ!) zur Grade kompensieren kann (vgl. auch Erics-
allgemeinen Intelligenz steht. In ihrer um- son, Krampe & Tesch-Römer, 1993). Eine
fangreichen Untersuchung erfassten die solche kompensatorische Wirkung hat na-
Autoren zunächst das spezifische Fußball- türlich ihre Grenzen. Die bereits erwähnte
wissen und die allgemeine Intelligenz von Tatsache, dass in vielen Wissensdomänen
mehr als 500 Schülerinnen und Schülern tatsächlich korrelative Zusammenhänge
der 3., 5. und 7. Klassenstufe. Den Kindern zwischen dem inhaltlichen Vorwissen und
wurde dann eine Geschichte vorgelesen, der allgemeinen Intelligenz gefunden werden,
die vom Verlauf eines Fußballspiels han- zeigt nämlich an, dass der Erwerb von Vor-
delte und deren Inhalt sie später wiederge- wissen in der Regel den intelligenteren Per-
ben sollten. Selbst für die jüngeren Kinder sonen leichter fällt (vgl. auch Schneider,
und für die Fußballunkundigen war die 1997).
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Teil I Lernen
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20
18
Anzahl reproduzierter Einheiten
16
14 VW+ / IQ+
_
12 VW+ / IQ
_
10 VW / IQ+
_ _
8 VW / IQ
6
4
2
0
3. Klasse 5. Klasse 7. Klasse
Abb. 2.6: Leistung beim Nacherzählen einer Fußballgeschichte in Abhängigkeit von Vorwissen (hoch:
VWþ; niedrig: VW–), Intelligenz (hoch: IQþ; niedrig: IQ–) und Klassenstufe (Daten aus
Schneider, Körkel & Weinert, 1989, Exp. 2)
Wann begünstigt Vorwissen das und alle Bundesstaaten zum Einprägen prä-
Lernen? sentiert. Einen Tag später sollten die Ver-
suchsteilnehmer alle Präsidenten und Bun-
Relevantes Vorwissen kann nur dann die desstaaten Amerikas aufzählen, an die sie
Lernleistung verbessern, wenn es tatsächlich sich erinnern konnten. Dabei zeigte sich, dass
aktiviert wird (was durchaus nicht selbstver- stets mehr Exemplare aus der jeweils zu
ständlich ist) und wenn es mit der zur Beginn des Lernexperiments aktivierten
Verarbeitung anstehenden Information kom- Kategorie wiedergegeben werden konnten
patibel ist. Dies ließ sich in einer Vielzahl und zwar unabhängig davon, ob die nun
empirischer Untersuchungen finden. So erinnerten Namen während dieser ersten
konnte etwa Peeck (1982) die behaltensför- Phase bereits aufgezählt worden waren oder
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Wirksamkeit von Lernhilfen
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Fä
Abb. 2.7:
Hypothetischer Zusammen-
hang zwischen dem Ausmaß
bereichsspezifischen Vorwis-
gering mittel hoch sens und der Wirksamkeit von
bereichsspezifisches Vorwissen Lernhilfen
einfach »fotografisch« abbildet, sondern auf erwecken, Vorwissen behindere Lernen eher,
der Basis des vorhandenen Vorwissens inter- als es zu befördern. In der Tat kann das auch
pretiert und dabei durchaus in sehr subjek- passieren. Lernen kann tatsächlich durch
tiver Weise verändert. Bartlett demonstrierte verfügbares Vorwissen beeinträchtigt wer-
die vorwissensbasierten Rekonstruktionen, den. Je nach Art der Lernanforderung und
indem er bestimmte Geschichten vorlegte des Gegenstandsbereichs, über den gelernt
und nacherzählen ließ. Die Inhalte und der werden soll, können die vorwissensbasierten
sprachliche Stil der von ihm verwendeten Nivellierungs-, Akzentuierungs- und Assimi-
Geschichten entstammten einer für seine lationsprozesse unter Umständen Fehl- bzw.
Untersuchungsteilnehmer sehr fremden Kul- Misskonzepte in der Vorstellung der Lernen-
tur. In den Nacherzählungen fand Bartlett den zur Folge haben. So berichten z. B. Spiro,
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eine Reihe von Verzerrungen, die er auf drei Feltovich, Coulson und Anderson (1989),
Arten vorwissensbasierter rekonstruktiver dass bei der Ausbildung medizinischen Fach-
Prozesse zurückführte: personals bisweilen Fehlvorstellungen über
die Druckeigenschaften des cardio-vaskulä-
1. ein Vereinfachen von Sachverhalten (Ni- ren Systems entstehen, wenn die Lernenden
vellierung) durch vorherige Ausbildungsphasen Exper-
2. ein Hervorheben und Überbetonen be- tise über die Funktionsweise von Wasserlei-
stimmter Details (Akzentuierung) tungen und deren Druckeigenschaften er-
3. ein Verändern von Details, was zu einer worben haben. Sie scheinen dann nämlich ihr
besseren Übereinstimmung des Gehörten Vorwissen aus der anderen Domäne als
oder Gelesenen mit dem eigenen Vorwis- (unpassende) Analogie für das Verstehen
sen führt (Assimilation) der noch unbekannten Domäne zu nutzen.
Grundsätzlich ist die Nutzung von Ana-
Die von Bartlett (1932) beschriebenen kon- logien beim Lernen komplexer Sachverhalte
struktiven Prozesse könnten den Eindruck jedoch von Vorteil. Diskrepanzen zwischen
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vertrauten und neu zu lernenden Konzepten eines neuen Sachverhaltes erst ermöglicht
können nämlich auch in lernförderlicher oder zumindest erleichtert. Analoges Verste-
Weise erkannt und für ein erfolgreiches Ler- hen ist übrigens auch dann möglich, wenn
nen genutzt werden. Analoges Zuordnen sich die Eigenschaften und Beziehungen eines
wird bisweilen als ein kognitiver Grundpro- vertrauten Sachverhaltes nur teilweise auf
zess aufgefasst, der notwendig ist, um neue den neuen Sachverhalt übertragen lassen. In
Sachverhalte überhaupt zu verstehen (vgl. Kapitel 3.3 werden wir uns ausführlicher mit
Hasselhorn, 2001). Man spricht daher auch dem wichtigen Thema des Lerntransfers aus-
von analogem Verstehen, wenn ein bekann- einandersetzen.
ter Sachverhalt (Vorwissen) das Verstehen
Ein Schüler beschäftigt sich mit dem »Stromfluss« in einem elektrischen Stromkreis. Um
sich über die Eigenschaften des Stromflusses klar zu werden, nimmt er eine Analogiebildung
vor, indem er die ihm vertraute Vorstellung des Wasserflusses in einem Röhrensystem zu
Hilfe nimmt. Er entdeckt gewisse Gemeinsamkeiten bzw. Korrespondenzbeziehungen. So
erhöht sich z. B. der Wasserdruck, wenn mehr Wasser ins Röhrensystem gepumpt wird, was
seine Entsprechung bei der Zunahme der Spannung bei erhöhter Elektrizitätsmenge im
Stromkreis findet. Eine andere Gemeinsamkeit ist die Funktionsweise des Ventils im
Röhrensystem, das seine Entsprechung im Schalter des Stromkreises hat.
Die Analogie zwischen Röhrensystem und Stromkreis stößt allerdings auf Grenzen. So
bleibt z. B. die magnetische Wirkung des elektrischen Stroms ohne Entsprechung beim
Wasserfluss. Dennoch ist der Schüler durch die Nutzung der Wasser-Analogie zu einem
tieferen Verständnis des neuen Inhaltsbereiches gelangt. Er hat durch analoges Verstehen
Neues gelernt (vgl. Slotta, Chi & Joram, 1995).
Die Frage, wie das Vorwissen das Lernen ten und eine leichtere Verknüpfung dieser
beeinflusst, lässt sich mit Blick auf das INVO- Konzepte untereinander.
Modell erfolgreichen Lernens zusammenfas- 3. Es steigert das Interesse am Lerngegen-
send auch so beantworten: Vorwissen über stand und erhöht somit die Bereitschaft,
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die neu zu lernenden Inhalte fördert die weitere Ressourcen für den Lernprozess
Qualität der Informationsverarbeitung über zu mobilisieren.
wenigstens die folgenden drei Prozesse:
Hinzu kommt ein weiterer Vorteil, der eng
1. Es erleichtert die Entscheidung über die mit der im nächsten Abschnitt behandelten,
Relevanz von Informationen und unter- dritten individuellen Voraussetzung erfolg-
stützt damit die Prozesse der selektiven reichen Lernens zusammenhängt: Inhaltli-
Aufmerksamkeit. ches Vorwissen fördert und erleichtert näm-
2. Es entlastet das Arbeitsgedächtnis durch lich auch die Nutzung von Lernstrategien
eine schnellere Aktivierung von Konzep- und ihre metakognitive Regulation.
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Teil I Lernen
Nicht nur die funktional verfügbare selektive eine kurze Zusammenfassung schreibt, der
Aufmerksamkeit, die Arbeitsgedächtniska- zeigt strategisches Lernverhalten. Was aber
pazität und das bereits vorhandene Vorwis- sind eigentlich Strategien?
sen sind bedeutsam für die Qualität und
Intensität, mit der Informationen im Lern- Eine Strategie besteht aus einer kognitiven
prozess verarbeitet werden. Von entschei- Operation oder einer Sequenz unabhängiger
kognitiver Operationen, die den zwangsläufig
dender Bedeutung sind auch Techniken bzw. beim Bearbeiten einer Aufgabe stattfindenden
Strategien des Lernens und der Informations- Prozessen übergeordnet sind und auf diese
verarbeitung. Schon in den 1960er Jahren zurückgreifen. Strategien dienen kognitiven
konnte man die Bedeutung strategischer Zielen (z. B. dem Verstehen oder Behalten)
und sind potentiell bewusste und kontrollier-
Aktivitäten für die Lernleistung bei einfachen bare Aktivitäten. (Pressley, Forrest-Pressley,
Gedächtnisanforderungen nachweisen. Bei- Elliott-Faust & Miller, 1985, S. 4)
spielsweise las man Untersuchungsteilneh-
mern Wortlisten der folgenden Art vor, mit Die Definition von Pressley et al. (1985) trifft
der Aufforderung, sich die Wörter gut zu schon die beiden Hauptmerkmale, die in
merken, um sie später in beliebiger Reihen- späteren Präzisierungen des Strategiebegriffs
folge reproduzieren zu können: Tisch – Hund als notwendige Bestandteile identifiziert wur-
– Roller – Jacke – Stuhl – Bus – Hose – Lampe den: die Zielgerichtetheit und die Tatsache,
– Vogel – Fahrrad – Socke – Schwein – Zug – dass es sich bei Strategien stets um mehr
Kommode – Pferd – Pullover. handeln muss als nur um die obligatorischen
Um eine solche Behaltensanforderung Vorgänge und Erfordernisse bei der Bearbei-
möglichst gut zu bewältigen, kann man ganz tung von Reizinformationen. Nach einer
unterschiedlich vorgehen. Erwachsene setzen Sichtung der einschlägigen Literatur konnte
in der Regel eine oder mehrere der folgenden Hasselhorn (1996) sechs weitere häufig ange-
Strategien ein: Sie memorieren die Liste, führte Merkmale von Strategien identifizie-
indem sie die gehörten Wörter möglichst ren: dass Strategien (1) absichtlich, (2) be-
mehrmals leise oder lautlos (innerlich) nach- wusst und (3) spontan eingesetzt werden,
sprechen; sie malen sich (innerlich) ein Bild dass sie vom Lernenden (4) ausgewählt und
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aus oder stellen sich eine Szene bzw. eine (5) kontrolliert werden und dass der Strate-
Szenenfolge vor, in der die in der Liste gieeinsatz (6) Anteile der begrenzten Kapa-
vorkommenden Objekte enthalten sind oder zität des Arbeitsgedächtnisses verbraucht.
sie entdecken die kategoriale Ordnungsmög- Nahezu alle diese Bestimmungsmerkmale
lichkeit der Liste – nämlich dass darin vier von Strategien sind bei der Strategienutzung
Einrichtungsgegenstände, vier Tiere, vier in Lern- oder Behaltenskontexten anzutref-
Fahrzeuge und vier Kleidungsstücke enthal- fen, sind aber nicht zwingend notwendig.
ten waren – und organisieren die Begriffe Gegen die Merkmale der Absichtlichkeit und
entsprechend beim Einprägen und Wieder- der Bewusstheit lässt sich einwenden, dass
geben der Liste. Lernende oftmals unbewusst und nahezu
Wer die kategoriale Ordnungssystematik intuitiv Strategien hervorbringen, die sich
beim Lernen einer Liste von Wörtern nutzt, dann als ausgesprochen effektiv erweisen.
wer beim Durcharbeiten eines Lehrbuches Führt beispielsweise ein Lehrer im Mathe-
die besonders wichtig erscheinenden Begriffe matikunterricht die Technik des Zerlegens
unterstreicht und für jedes gelesene Kapitel bei der Addition zweistelliger Zahlen ein
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Teil I Lernen
tive Kompetenzen voraus, die wir in einem Auswendiglernen von Fakten als hilfreich
dritten Schritt vorstellen. Vor diesem Hin- erweist. Durch das stetige Wiederholen er-
tergrund gehen wir anschließend der Frage folgt eine leichtere Informationsübertragung
nach, wie Strategien erworben werden und in den Langzeitspeicher. Die neuen Infor-
ob es dispositionelle strategische Präferen- mationen werden so zum Bestandteil des
zen beim Lernen (Lerntypen bzw. Lernstile) (Vor-)Wissens, auf das wir später zurück-
gibt. greifen können, ohne dafür Arbeitsgedächt-
niskapazitäten erneut im nennenswerten
Umfang zu benötigen. Das Erlernen des
Kognitive Strategien kleinen Einmaleins ist hierfür ein gutes Bei-
spiel.
Kognitive Strategien werden üblicherweise Ihr besonderes Anwendungsgebiet finden
gemäß ihrer besonderen Funktionen im Lern- die Mnemotechniken dort, wo es um das
prozess unterteilt. Die Bezeichnungen fallen Einprägen isolierter Fakten geht. In der
dabei eher phänomenologisch aus, indem angewandten Gedächtnispsychologie gibt es
zwischen Memorier- oder Wiederholungs- eine lange Tradition der Erforschung effek-
sowie Organisations- und Elaborationsstra- tiver Behaltensstrategien bzw. Mnemotech-
tegien unterschieden wird (z. B. Friedrich & niken für das Einprägen sinnarmer Informa-
Mandl, 1992; Wild, 2000). In Anlehnung an tionen (vgl. Wippich, 1984). Besonders effek-
Mayer (2003a) bevorzugen wir eine funktio- tive Behaltensstrategien nutzen eine Kombi-
nale Beschreibung der unterschiedlichen nation der Funktionsmechanismen der
Kategorien kognitiver Strategien und schla- unterschiedlichen Hilfssysteme des Arbeits-
gen vor, von mnemonischen Strategien, gedächtnisses, indem sie klanglich-sprachli-
strukturierenden Strategien und von genera- che und bildliche Kodierungsformen mitein-
tiven Strategien zu sprechen. ander verknüpfen. Ein prominentes Beispiel
Mnemonische Strategien oder Mnemo- einer insbesondere für das Erlernen fremd-
techniken sind Techniken, die dabei helfen, sprachiger Vokabeln langfristig auch effekti-
neue Informationen im Arbeitsgedächtnis zu ven Behaltensstrategie ist die Schlüsselwort-
halten, um eine Verknüpfung mit dem be- methode, die von Atkinson und Raugh
reits vorhandenen (aber nicht spontan akti- (1975; Raugh & Atkinson, 1975) entwickelt
vierten) Vorwissen zu unterstützen. Ein typi- wurde. Wichtig zu wissen: Mit Hilfe der
sches Beispiel für eine einfache mnemoni- Schlüsselwortmethode sollte man sich nur
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sche Strategie ist das pure Wiederholen von die besonders »hartnäckigen« Vokabeln ein-
Informationen, was sich insbesondere beim prägen.
Bei der Schlüsselwortmethode geht es darum, das Erlernen der Verknüpfung zwischen einer
Fremdsprachenvokabel und ihrer muttersprachlichen Bedeutung zu erleichtern. Sie besteht
aus zwei »Brücken«, einer akustischen und einer bildlichen.
Angenommen, es soll die englische Vokabel »Bean« (Bohne) gelernt werden. Der erste
Schritt bei der Schlüsselwortmethode besteht nun darin, ein sogenanntes Schlüsselwort zu
finden, d. h. ein Wort der Muttersprache, das eine hohe Klangähnlichkeit mit der englischen
Vokabel aufweist. Für »Bean« ließe sich z. B. das klangähnliche deutsche Wort »Biene«
hierfür auswählen. Ist ein solches Schlüsselwort als akustische Brücke zwischen englischer
Vokabel und deutscher Bedeutung gefunden, dann wird im zweiten Schritt eine bildhafte
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Vorstellung zwischen Schlüsselwort und der Wortbedeutung (der Sematik) des Fremdwor-
tes hergestellt. In unserem Falle kann man sich das Bild einer Biene ausmalen, die
vergnüglich auf einer Bohne sitzt. Das ist die bildliche Brücke.
In der Prüfsituation »Was heißt ›Bean‹?« wird über die Klangassoziation zur Biene das
Vorstellungsbild einer Biene und damit die bildliche Brücke aktualisiert und genau das,
was an dem Bild »merkwürdig« ist – also, dass die Biene auf einer Bohne sitzt – ist die
gesuchte Übersetzung. Die Behaltenserleichterung ergibt sich daraus, dass die imaginale,
die bildhafte Repräsentation der auf einer Bohne sitzenden Biene, zur verbalen hinzu-
kommt.
Kategorisieren von Informationen nach se- rative Aktivität« bezeichnet, weil der Ler-
mantischen Merkmalen (vgl. Hasselhorn, nende aktiv Beziehungen zwischen Ideen
1996). Aus angewandter Perspektive sind bzw. Informationen herstellen muss. Solche
die besonders beim Textlernen erfolgrei- Aktivitäten bezeichnen wir in Anlehnung an
chen Strategien der Konstruktion mentaler einen Vorschlag Mayers (2003a) als genera-
Modelle bzw. netzartig geordneter Wissens- tive Strategien. Sie haben zum Ziel, ein
strukturen (Mapping) oder des Anfertigens tieferes Verständnis zu erzeugen. Im Gegen-
zusammenfassender Exzerpte (Outlining) satz zu den Strukturierungsstrategien geht es
zu erwähnen. Bei diesen Strategien geht es dabei nicht um eine Reduktion der Informa-
darum, die Informationen eines gelesenen tionsvielfalt, sondern um eine Elaboration
Textes (oder eines gehörten Vortrages) in relevanter Informationen und um Maßnah-
Form von Flussdiagrammen oder anderer men der Verknüpfung mit dem bereits ver-
Skizzen in ihren hierarchischen, zeitlichen fügbaren Vorwissen.
und/oder funktionalen Beziehungen darzu- Eine generative Strategie wäre z. B. die
stellen. Analogienbildung. Analogien können hilf-
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Teil I Lernen
reich sein, um bestimmte Merkmale des neu Klauer (2000) hat eine hilfreiche Unterschei-
zu Erlernenden besser zu verdeutlichen (z. B. dung für die Zielfestlegung vorgeschlagen,
die zuvor beschriebene Analogie zwischen indem er zwischen den eigentlichen Pla-
dem Röhrensystem der Wasserleitung und nungszielen (primäre Ziele) und den soge-
dem Blutkreislauf). Eine weitere wirksame nannten Effizienzzielen des Lernens (sekun-
Strategie dieser Art ist die Selbstbefragung. däre Ziele) differenziert. Effizient ist, wer mit
Generiert der Lernende Fragen an den Text den vorhandenen Ressourcen so schonend
und versucht diese unter Rückgriff auf den wie möglich umgeht, indem er Pläne verfolgt,
Text und auf sein verfügbares Vorwissen zu die möglichst viele primäre Ziele auf einmal
beantworten, so führt dies zu besseren Ver- fördern. So könnte ein primäres Ziel z. B.
stehens- und Behaltensleistungen (z. B. Sin- darin bestehen, einen Text über den Nieder-
ger, 1978). Ob es sich allerdings bei der gang der Weimarer Republik für eine ange-
Selbstbefragung noch um eine kognitive oder kündigte Klausur im Fach Geschichte durch-
schon um eine metakognitive Strategie han- zuarbeiten, während ein assoziiertes sekun-
delt, ist zumindest fraglich. däres Ziel sein mag, dafür nicht mehr als drei
Stunden Arbeitszeit investieren zu müssen
und (dennoch) eine gute Benotung zu erhal-
Metakognitive Strategien ten. Günstig ist es, seine Ziele möglichst
konkret zu fassen, also Kriterien für die
Je höher die Ansprüche und Anforderungen Zielerreichung bzw. für deren relativen Aus-
des Lernens ausfallen und je anspruchsvoller prägungsgrad festzulegen. So macht es einen
die damit verbundenen Lernziele sind, desto Unterschied, ob ein Leseziel schon als er-
schneller stößt die Nutzung der beschriebe- reicht gilt, wenn alle Seiten gelesen wurden
nen kognitiven Strategien an ihre Grenzen. oder erst dann, wenn man die Inhalte eines
Der flexible, kritische und reflektierte Um- Textes mit eigenen Worten wiedergeben
gang mit kognitiven Strategien gewinnt mit kann.
zunehmender Komplexität der Lernanforde- Ebenso gehört zur Planung eine Vorstel-
rung an Bedeutung. Als Schlüssel eines kri- lung darüber, wie das gesetzte Ziel erreicht
tisch-reflektierten Lernens gelten übergeord- werden kann. Dazu bedarf es einer Auswahl
nete Strategien der Planung, Überwachung, von Strategien und der Festlegung einer
Bewertung und der darauf basierenden Re- bestimmten Reihenfolge des strategischen
gulation des eigenen Lernprozesses. Diese Vorgehens (»Erst werde ich den Text über-
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werden als metakognitive Strategien bezeich- fliegen, dann werde ich ihn abschnittsweise
net, da sie auf die Steuerung und Kontrolle lesen und mir Notizen machen, anschlie-
der kognitiven Strategien ausgerichtet sind ßend …«). Genauso müssen die eigenen
(Brown, 1978; Borkowski & Turner, 1990; Ressourcen eingeschätzt und geplant wer-
c Kap. 6.4). Kritisch-reflexivem Lernen liegt den. Ein Lernender kann sich z. B. überle-
ein Wechselspiel metakognitiver Prozesse gen, wie viel Zeit ihm zur Verfügung steht
zugrunde, das sich je nach Phase des Lern- oder wie lange seine Konzentration erfah-
prozesses, in dem sich die lernende Person rungsgemäß reicht. Beim Planen geht es also
gerade befindet, unterschiedlich ausgestaltet. darum, sowohl das Ziel als auch die Auf-
Die Planung steht am Beginn einer Auf- gabenanforderungen zu antizipieren und
gabe, ist also essentiell für die frühen Phasen dementsprechend einen Handlungsplan zu
eines Lernprozesses. Dazu gehört zum einen entwerfen.
die Feststellung, welches Ziel überhaupt Überwachung bezieht sich nicht nur auf
angestrebt wird, und zum anderen, wie dieses die Feststellung von Ist-Soll-Diskrepanzen,
Ziel erreicht werden kann. Karl Christof sondern auch auf die Korrektur einer Auf-
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2 Erfolgreiches Lernen als gute Informationsverarbeitung
gabenbearbeitung bzw. auf das kritische (1995) haben darauf hingewiesen, dass die
Begleiten des eigenen Bearbeitungsfort- Reflektion solcher Fragen auch Auswirkun-
schritts. Hacker (1998) sieht eine wesentli- gen auf die Art der Bearbeitung zukünftiger
che Funktion der Überwachung darin, In- Aufgaben hat. So trägt auch das Bewerten
formationen über den bereits erreichten zu einer ständigen Verbesserung und Ver-
Lernstand bzw. das erreichte Verständnis- feinerung des Lernprozesses und zur stra-
niveau zu sammeln. Dazu gehört auch, die tegischen Expertise bei.
zu bearbeitende Aufgabe in ihrer Zielvorga-
be genau zu identifizieren, die Weiterent-
wicklung bei der Aufgabenlösung zu beob- Klassifikation metakognitiver
achten und vorherzusagen, welches Ergeb- Kompetenzen
nis wohl erzielt werden wird, wenn der
Arbeitsprozess so wie bisher fortschreitet. Metakognitive Strategien gehören in die
Durch die Überwachung angeregt, werden Rubrik der Metakognitionen. Diese umfas-
Prozesse der Regulation ausgelöst, die das sen Phänomene, Aktivitäten und Erfahrun-
Verstehen und Behalten steuern. Im Ergeb- gen, die mit dem Wissen und der Kontrolle
nis tragen diese Regulationsprozesse dazu über eigene kognitive Funktionen (z. B.
bei, die Ressourcen für eine Aufgabenbe- Wahrnehmen, Lernen, Verstehen, Denken)
arbeitung klarer zu definieren, eine konkrete zu tun haben. Von den übrigen mentalen
Abfolge von Schritten für die Bearbeitung Phänomenen, Aktivitäten und Erfahrungen,
festzulegen und die Intensität und Ge- den sogenannten Kognitionen, heben sich
schwindigkeit des strategischen Vorgehens Metakognitionen dadurch ab, dass die ko-
genauer zu bestimmen (Hacker, 1998). Es gnitiven Zustände oder Funktionen selbst
leuchtet ein, dass die Handlungsüber- quasi zu den Objekten der Reflektion wer-
wachung und die Handlungssteuerung sehr den. Metakognitionen übernehmen sozusa-
eng zusammenhängen und auch voneinan- gen die Kommandofunktionen der Kontrol-
der abhängig sind. Nur wem beim Lesen le, Steuerung und Regulation während des
überhaupt auffällt, dass die eigenen Gedan- Lernens. Somit weisen sie eine funktionale
ken ständig vom Text abschweifen, kann Überlappung zur zentralen Exekutiven des
sich bewusst vornehmen, konzentrierter zu Arbeitsgedächtnisses auf (c Kap. 2.1).
arbeiten, oder aber dazu entschließen, eine Schon die frühen Definitionen des Begriffs
Aufgabenbearbeitung abzubrechen. (z. B. Flavell, 1976) enthalten die bis heute
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Teil I Lernen
1. Systemisches Wissen
a) Wissen über das eigene kognitive System und seine Funktionsgesetze
b) Wissen über Lernanforderungen
c) Wissen über Strategien
2. Epistemisches Wissen
a) Wissen über eigene aktuelle Gedächtniszustände bzw. Lernbereitschaften
b) Wissen über die Inhalte und Grenzen eigenen Wissens
c) Wissen über die Verwendungsmöglichkeiten eigenen Wissens
Die ersten beiden Subkategorien weisen auf Eine dritte Subkategorie bilden die exekuti-
zwei voneinander abzugrenzende Facetten ven Metakognitionen, die identisch sind mit
der wissensbezogenen Metakognition hin. In der Kontrollkomponente der traditionellen
Anlehnung an einen Vorschlag von Cava- Zwei-Komponenten-Sichtweise Flavells. In
naugh (1989) kann nämlich zwischen syste- diese Subkategorie gehören die bereits be-
mischem Wissen und epistemischem Wissen schriebenen metakognitiven Strategien der
unterschieden werden. Die systemische Wis- Planung, Überwachung, Bewertung und
sensdomäne umfasst das Wissen über die Steuerung eigener Lernprozesse.
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2 Erfolgreiches Lernen als gute Informationsverarbeitung
Während diese Sensitivität keineswegs be- Lesen eines Textes eine metakognitive Er-
wusst sein muss, versteht man unter den fahrung bewusst werden, weil man Inkon-
metakognitiven Erfahrungen bewusste ko- sistenzen zwischen verschiedenen Textab-
gnitive Empfindungen (z. B. »verwirrt sein« schnitten empfindet. Oder man bemerkt bei
über eine scheinbar widersprüchliche Infor- dem Versuch, die Inhalte des gelesenen
mation) oder affektive Zustände bezüglich Textes zusammenzufassen, dass man einen
der eigenen kognitiven Aktivität (z. B. »be- Textabschnitt doch noch nicht verstanden
drückt sein« darüber, dass man eine neue hat und beginnt deshalb von neuem mit der
Information nicht versteht). Planung und Ausführung von Aktivitäten,
Im Verlauf eines Lernprozesses kommt es um das Verständnisproblem zu überwin-
zu einer komplizierten Vernetzung der ver- den. Bei aller Unterschiedlichkeit der Aus-
schiedenen Subkategorien der Metakogni- löser und der metakognitiven Komponen-
tion. Aufgrund dieser Vernetzung ist es oft ten, die an derartigen Lernprozessen betei-
kaum möglich, die verschiedenen Aspekte der ligt sind, lassen sich zwei Merkmale von
Metakognition empirisch auseinanderzuhal- Lernprozessen hervorheben, bei denen
ten. Dennoch erscheint uns die vorgelegte Metakognitionen offenbar eine zentrale
differenzierte Klassifikation sinnvoll und not- Rolle spielen: Zum einen ist das die Refle-
wendig. Denn erstens kann man nur so den xion über den eigenen Lernprozess und zum
Versuch unternehmen, die Metakognitionen anderen sind es die durch diese Reflexion
von anderen Konzepten abgrenzen. Und ausgelösten strategischen Aktivitäten.
zweitens macht erst eine solche Differenzie- Die Reflexion kann dabei sowohl ver-
rung die Beschreibung und Erklärung der gangenheitsbezogen als auch gegenwarts-
mannigfaltigen Einflussnahme von Metako- bezogen sein: vergangenheitsbezogen als
gnitionen auf das Lernverhalten möglich. Nachdenken über Handlungen, gegen-
Noch Anfang der 1980er Jahre war man wartsbezogen als Nachdenken während
skeptisch, ob es überhaupt einen Zusammen- des Handelns. Beide Formen der Reflexion
hang zwischen Metakognitionen und Lern- sind gleichermaßen Ursprung wie Folge von
und Behaltensleistungen gibt. Dies änderte Metakognitionen. So ist etwa das Nach-
sich erst, als Schneider (1985) eine erste denken über Handlungen gleichzeitig die
Metaanalyse vorlegte. Aus 27 Publikationen Folge exekutiver Metakognitionen und der
mit statistischen Zusammenhangsanalysen Ursprung metakognitiver Erfahrungen und
zwischen Metakognition und Leistungen des- systemischen Wissens. In ähnlicher Weise
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tillierte er einen mittleren Zusammenhang zeugt auch die metakognitive Aktivität des
von r ¼.41 – ein Ergebnis, das die Zweifel an Nachdenkens während einer Lernhandlung
der Bedeutsamkeit der Metakognitionen für von metakognitiver Sensitivität und erzeugt
den Lernerfolg auszuräumen vermochte. gleichzeitig epistemisches Wissen. Die
Doch wie nehmen Metakognitionen Ein- Reflexion ist somit Bindeglied zwischen
fluss auf das Lerngeschehen? Man geht verschiedenen metakognitiven Kompeten-
davon aus, dass es nicht nur einen einzigen zen einerseits und zwischen Metakognitio-
Wirkmechanismus gibt. Komponenten der nen und Lernerfolg bzw. Lernleistung ande-
verschiedenen Subkategorien von Metako- rerseits. Gleichzeitig macht sie den Lern-
gnition können dafür verantwortlich sein, prozess bewusst und sorgt dafür, dass ver-
dass beim Bearbeiten einer Lernanforde- fügbare Strategien auch tatsächlich genutzt
rung eine Reflexion über den eigenen Lern- werden. So tragen die metakognitiven
prozess, über den erreichten Wissensstand Kompetenzen des Lernenden zum effizien-
und über die strategischen Lernmöglichkei- ten Ablauf von Lernprozessen und damit
ten in Gang gesetzt wird. So kann z. B. beim zum erfolgreichen Lernen bei. Dies wirft die
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Teil I Lernen
Frage auf, wann und wie solche Strategien (den sogenannten Mediatoren) zu mangeln.
als individuelle Voraussetzungen erfolgrei- Denn selbst wenn ein kompetentes Modell
chen Lernens eigentlich erworben werden. die in Frage stehende Strategie demonstriert
und wenn die Kinder aufgefordert werden,
die so demonstrierte Strategie selbst zu nut-
Wie werden Strategien zen, sind sie dazu nicht in der Lage. Dieses
erworben? Stadium wird in der Entwicklungspsycholo-
gie mit dem Begriff des Mediationsdefizits
Der Erwerb von Strategien ist ein mühsames umschrieben – es ist in der Regel nur bei sehr
Geschäft. In den wenigsten Fällen kommt es jungen Kindern anzutreffen.
beiläufig und zufällig zum Strategieerwerb, Anders sieht es bei Kindern aus, die zwar
wie es mit vielen Bausteinen unseres Vorwis- spontan eine bestimmte Strategie nicht ein-
sens geschieht. Auch einfache biologische setzen oder nutzen, aber nach entsprechen-
Reifungsmechanismen bringen keine kogni- den hilfreichen Hinweisen dazu in der Lage
tiven Strategien hervor. Sie sind bestenfalls sind und dann auch davon profitieren. Sie
geeignet, die Genese basaler strategischer befinden sich im zweiten Stadium des Stra-
Verhaltensmöglichkeiten zu erklären. Kom- tegieerwerbs, dem Stadium des sogenannten
plexe Lernstrategien werden in der Regel erst Produktionsdefizits. Hier verfügen die Kin-
ab der Sekundarstufe erworben. Baumert der zwar im Prinzip über die zur Umsetzung
und Köller (1996) berichten, dass sich ein der Strategie notwendigen Prozeduren bzw.
Repertoire differenziert einsetzbarer Lern- Mediatoren, sie übernehmen eine Strategie
strategien überhaupt erst im Alter von 15 aber nicht in ihr spontanes Verhaltensreper-
bis 16 Jahren ausbildet. Diese Einschätzung toire. Dass ihnen die Nachahmung der
gilt sicherlich für komplexe und vor allem Strategien noch schwerfällt, lässt sich daran
metakognitive Lernstrategien. Einzelne Be- beobachten, dass sie eine Strategie wieder
haltensstrategien werden aber schon von aufgeben, sobald sie nicht mehr explizit
Kindern im Grundschulalter spontan gezeigt. dazu aufgefordert werden, sie zu nutzen.
Die Frage, wann Strategien erworben wer- Vermutlich liegt das Produktionsdefizit dar-
den, lässt sich nicht leicht beantworten, weil in begründet, dass das Wissen über die
dies in hohem Maße von der Art und Kom- Nützlichkeit einer Strategie (als Teil des
plexität der Strategien sowie von den in- deklarativen systemischen Metagedächtnis-
struktionalen Rahmenbedingungen einer ses) noch nicht hinreichend ausgebildet ist
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2 Erfolgreiches Lernen als gute Informationsverarbeitung
Lernleistung
Motivationstal
Abb. 2.9: A B C D
Motivationstal der Nutzungs-
ineffizienz beim Erwerb einer alte erste Nutzung spätere
Strategie nach Miller & Seier Strategie der neuen Srategienutzung
(1994) Strategie
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Teil I Lernen
Lerntypen und Lernstile: des Lernens, also den von einer Person
Individuelle Präferenzen in der bevorzugten Lernstil. Offner (1924) unter-
scheidet zwischen »mechanischen«, »logi-
Art strategischen Lernens?
schen« und »mnemotechnischen« Lernsti-
len. Einige Jahre zuvor hatte Meumann
Seit langem weit verbreitet ist die im Lichte (1911, S. 231) bereits zwischen »analyti-
vorliegender empirischer Befunde weitge- schen« und »synthetischen Lernern« unter-
hend kritisch zu hinterfragende Annahme, schieden. Aber auch die Differenzierungen
dass sich Lernende systematisch darin unter- nach formalen Lerntypen erwiesen sich als
scheiden, welche Lernstrategien sie beson- problematisch und ließen sich empirisch
ders effektiv und erfolgreich einsetzen kön- nicht stützen. Das Aufkommen faktoren-
nen. Der französische Nervenarzt Charcot analytischer Untersuchungsmethoden führ-
legte in den 1880er Jahren eine erste Taxo- te schon bald dazu, individuelle Differenzen
nomie verschiedener Vorstellungs- bzw. Ge- im Lernverhalten bzw. in den Lernleistun-
dächtnistypen vor, indem er zwischen einem gen als Folge unterschiedlicher Ausprägun-
visuellen, einem akustischen, einem motori- gen einer Vielzahl von Fähigkeiten (z. B.
schen und einem indifferenten Typus unter- mechanisches Denken, logisches Denken)
schied. Je nach Typus – so glaubte er – zu beschreiben. Erst zu Beginn der zweiten
würden eher visuelle, eher akustische oder Hälfte des 20. Jahrhunderts griff man unter
eher motorisch-enaktive Inhalte bzw. Mate- dem Stichwort kognitive Stile ein den for-
rialien besser gelernt werden. Anfang des 20. malen Lerntypen ähnelndes Konzept wie-
Jahrhunderts wurde der Gedanke der indivi- der auf.
duellen Lerntypen in pädagogischen Kreisen Im Unterschied zu den eher unipolaren
lebhaft diskutiert. und eindimensionalen Fähigkeitskonzepten
Das seinerzeit viel gelesene Lehrbuch von (z. B. Intelligenz) versteht man unter kogni-
Offner (1924) fasst die wesentlichen Ergeb- tiven Stilen bipolar beschreibbare intraindi-
nisse dieser Diskussionen zusammen. Danach viduell stabile Präferenzen der Informations-
unterschied man zwischen formalen und verarbeitung. Nach Messick (1994) handelt
materialen Lerntypen. Zu den materialen es sich dabei um persönlichkeitsabhängige
Lerntypen gehören z. B. die in der Taxonomie Vorlieben des Wahrnehmens, Erinnerns,
von Charcot beschriebenen, da hier die indi- Denkens und Problemlösens, die relativ un-
viduellen Unterschiede am bevorzugten Inhalt abhängig sind von der allgemeinen Intelli-
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bzw. am Material des Lernstoffs festgemacht genz. Die bekanntesten empirisch untersuch-
werden. Die besonderen Lern- und Gedächt- ten kognitiven Stile sind die »Impulsivität vs.
nisleistungen mancher Maler, Musiker oder Reflexivität« und die »Feldabhängigkeit vs.
Sportler und das – im Erwachsenenalter Feldunabhängigkeit«. Die Erwartung, dass
höchst selten auftretende – Phänomen eines die bipolare Differenzierung dieser kogniti-
überaus stark und lange anhaltenden Nach- ven Stile vor allem mit qualitativen, nicht
bildes sensorisch wahrnehmbarer Ereignisse jedoch mit quantitativen Leistungsunter-
(Eidetik) waren beliebte Belege für die ver- schieden beim Lernen einhergehe und dass
meintliche Existenz der materialen Lerntypen. diese Unterschiede intelligenzunabhängig
Doch schon Offner (1924) musste feststellen, seien, hat sich jedoch empirisch nicht bestä-
dass »ein ganz einseitiger Typus […] eine tigen lassen (McKenna, 1990; Tiedemann,
Ausnahme [ist] […]. Vorherrschend sind ge- 1983). Am Beispiel der Feldabhängigkeit/
mischte Disponibilitätstypen« (S. 174). Feldunabhängigkeit lässt sich gut zeigen,
Unter dem formalen Lerntyp verstand dass die sogenannten kognitive Stile eher
man die Präferenz für eine bestimmte Art intelligenzverwandte Fähigkeiten darstellen
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2 Erfolgreiches Lernen als gute Informationsverarbeitung
als individuelle und intelligenzunabhängige unabhängige nicht nur in der Art, sondern
Strategiepräferenzen beim Lernen. auch in der Quantität ihrer Lernleistungen
unterscheiden. Die Annahme, dass Feldun-
abhängige Informationen flexibler verarbei-
Fokus: Feldabhängigkeit vs.
ten und deshalb auch weniger kontextge-
Feldunabhängigkeit
bunden mental verfügbar haben, prüfte
Frank (1983) im Rahmen eines Experiments
Um 1940 herum beobachtete der Psycho-
zum Paarassoziationslernen. Die Versuchs-
loge Herman Witkin, dass einige Flug-
teilnehmer mussten Wortpaare auswendig
zeugpiloten, wenn sie in eine Wolken-
lernen, die aus einem mit Großbuchstaben
bank hineinflogen, häufig mit ihrem
geschriebenen Zielwort und einem assoziativ
Flieger in gekippter Lage aus der Wol-
damit verknüpften Hinweiswort bestanden
kenbank wieder herauskamen, ohne zwi-
(z. B. Pilz – SCHIMMEL). Als Zielwörter
schenzeitlich die Änderung der Lage des
wurden Homographen, also Wörter mit zwei
Flugzeugs realisiert zu haben. Bei der
unterschiedlichen Bedeutungen gewählt. Die
Untersuchung dieses und anderer Phäno-
spätere Verfügbarkeit des Gelernten wurde
mene der Wahrnehmung einzelner Fak-
entweder unter Vorgabe der in der Lernphase
toren in einem visuellen Gesamtfeld, stieß
dargebotenen Hinweiswörter (z. B. Pilz) oder
Witkin auf systematische interindividuel-
unter Vorgabe von Wörtern, die mit der
le Unterschiede, die er als Feldabhängig-
anderen Bedeutung des Homographen asso-
keit vs. Feldunabhängigkeit beschrieb
ziativ verknüpft waren (z. B. Pferd) oder aber
(Witkin, Moore, Goodenough & Cox,
ganz ohne Vorgabe eines Hinweiswortes
1977).
erfasst. Während sich die Behaltensleistung
Feldabhängige Personen tendieren
von Feldunabhängigen und Feldabhängigen
dazu, (visuelle) Muster ganzheitlich wahr-
bei Vorgabe des Original-Hinweiswortes
zunehmen. Sie haben Schwierigkeiten,
nicht voneinander unterschieden, waren die
wichtige Details aus einer Situation her-
Feldunabhängigen in den beiden anderen
auszulösen und zu fokussieren und es fällt
Experimentalbedingungen den Feldabhängi-
ihnen schwerer, beim Lernen den Einsatz
gen überlegen. Die Überlegenheit der Feld-
von Lernstrategien selbst zu überwachen.
unabhängigen war besonders deutlich bei
Diese Personen arbeiten gut in Gruppen,
der schwierigsten Bedingung, der ohne Hin-
haben ein gutes Gedächtnis für soziale
weiswort.
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Teil I Lernen
Ein im Vergleich zum Konzept der kogniti- Es wurden auch etliche Fragebögen entwi-
ven Stile weniger genereller Erklärungsan- ckelt, mit deren Hilfe Lernstile und Lernprä-
spruch ist mit dem Begriff der Lernstile ferenzen diagnostiziert werden sollten. Sie
verbunden. Im Gegensatz zu dem oben sind jedoch aus pädagogisch-psychologi-
dargelegten Konzept der Lernstrategien scher Sicht nur von begrenztem Nutzen.
umfassen Lernstile nämlich die Präferenzen Einerseits findet man nämlich enge Zusam-
für unterschiedliche Lernsituationen (z. B. menhänge zwischen dem »tiefen Verarbei-
Vortrag, Diskussion, Projekt), für Merk- ten« und der allgemeinen und verbalen Intel-
male der Lernumgebung (z. B. Temperatur, ligenz sowie zwischen dem »elaborierten
Geräuschpegel) sowie für das Ausmaß an Verarbeiten« und dem Vorstellungsvermö-
sozialer Unterstützung (z. B. Tutorien, Ar- gen bzw. der räumlich-visuellen Intelligenz.
beitsgruppen). Schmeck (1988) unterschei- Andererseits ist die Zuverlässigkeit (Reliabi-
det z. B. drei Muster von Informationsver- lität) und Gültigkeit (Validität) der Instru-
arbeitungsaktivitäten, die er als Lernstile mente für eine individuelle Lernstildiagnos-
oder -präferenzen bezeichnet: eine tiefe, tik in der Regel nicht ausreichend (Stahl,
eine elaborative und eine oberflächliche 2002). Unklar bleibt auch, was aus einer
Verarbeitungspräferenz. Personen mit einer Lernstildiagnostik eigentlich folgen würde:
»tiefen« Verarbeitungspräferenz gehen
Menschen sind verschieden und es gehört
beim Erwerb neuen Wissens kritisch prü-
zur guten pädagogischen Praxis, individuelle
fend vor und bevorzugen konzeptuell-orga- Unterschiede zu erkennen und sich darauf
nisierende Strategien, »elaborative« Infor- einzustellen. Ebenfalls gute Praxis ist es, neue
mationsverarbeiter sind bemüht, beim En- Informationen auf unterschiedliche Weise und
kodieren eine Verknüpfung der neuen Lern- in verschiedenen Modalitäten darzubieten.
Aber es ist nicht klug, Lernende einfach zu
inhalte mit persönlichen Erfahrungen klassifizieren und die Lernmethoden einzig auf
herzustellen, und »oberflächlich« Lernende der Grundlage von Testverfahren mit fragwür-
bedienen sich überwiegend einfacher Me- diger Güte festzulegen. […] Die Idee der Lern-
morierstrategien. stile ist verlockend, aber eine kritische Prüfung
dieses Ansatzes sollte Lehrende skeptisch ma-
In ähnlicher Weise haben andere Arbeits- chen. (Snider, 1990, S. 53)
gruppen in den 1980er Jahren vom Ober-
flächen- und Tiefenlernen gesprochen, von Zusammenfassend lässt sich also festhalten,
extrinsisch motiviert Lernenden mit einer dass die nach wie vor große Popularität von
»Reproducing Orientation« und von einer Lerntypen-Klassifikationen in der einschlä-
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seine Rolle sehr viel bescheidener in Fächern Die thematischen Interessen sind eng ver-
wie Biologie, Sozialkunde und im Literatur- knüpft mit dem auch in der Umgangssprache
unterricht. Interessanterweise fiel der Zu- mittlerweile weit verbreiteten Begriff der
sammenhang zwischen Interesse und Lern- intrinsischen Motivation bzw. der intrinsi-
erfolg für Jungen generell höher aus als für schen Handlungsvalenz. Intrinsisch moti-
Mädchen, was vielleicht ein Hinweis darauf viert sind solche Verhaltensweisen, die kein
ist, dass Mädchen eher als Jungen bereit sind, offensichtliches Ziel außerhalb der Hand-
sich ungeachtet ihrer Interessen in allen lung selbst besitzen (Koch, 1956). Dabei
Fächern anzustrengen. kann der Wunsch, ein Verhalten auszufüh-
Die Ergebnisse einer Längsschnittstudie ren, durch Eigenschaften des Gegenstandes
von Köller, Baumert und Schnabel (2001) ausgelöst sein (gegenstandszentrierte intrin-
zum Zusammenhang zwischen Interesse an sische Motivation) oder aber durch die Freu-
Mathematik und den Mathematikleistungen de an der Ausführung einer Handlung (tätig-
vom Ende der 7. bis Mitte der 12. Klasse keitszentrierte intrinsische Motivation).
sprechen dafür, dass sich der leistungsför- Sportliche Aktivitäten liefern bisweilen ein
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Teil I Lernen
gutes Beispiel für das Phänomen der tätig- scher Anreiz). Als Erklärung für dieses Phä-
keitszentrierten intrinsischen Motivation: nomen wird auf die wahrgenommene Über-
Der Jogger fühlt sich beim regelmäßigen veranlassung (Overjustification) des eigenen
Laufen gut; der Hobby-Fußballer erfreut sich Handelns verwiesen (Greene & Lepper,
am Balltreten auch dann, wenn es gar keinen 1977). Wird man für etwas, was man ohne-
Wettkampfcharakter hat. hin gerne tut (intrinsische Motivierung), zu-
Beim akademischen Lernen spielt vermut- sätzlich auch noch belohnt (extrinsische
lich vor allem die gegenstandszentrierte in- Motivierung), so nimmt man das eigene
trinsische Motivation eine Rolle. Das Inte- Verhalten als »überveranlasst« wahr, wird
resse am Thema führt dazu, dass der Ler- unsicher in der Frage, was eigentlich der
nende die Beschäftigung mit dem Lernstoff Grund des eigenen Handelns ist und beginnt
als etwas Angenehmes, ja sogar Lustvolles zu zweifeln, dass man aus freien Stücken
erlebt. Warum es zu diesen motivierenden gehandelt hat.
Empfindungen kommt, wird in der Motiva- Ein solcher Korrumpierungseffekt der
tionsforschung durchaus kontrovers disku- intrinsischen Motivation durch Belohnun-
tiert (vgl. Heckhausen, 1989). Als Antrieb gen für Lernleistungen steht im krassen
gegenstandszentrierter intrinsischer Motiva- Gegensatz zu den Annahmen der in Kapitel
tion im Bereich schulischen und akademi- 1.2 dargestellten behavioristischen Lern-
schen Lernens hat deCharms (1968) das theorien, die im pädagogischen Alltag weit
Streben des Menschen nach einem persönli- verbreitet sind. Es ist daher nicht verwun-
chen Verursachungserleben des eigenen Han- derlich, dass die Frage, was die experimen-
delns genannt: Wo immer eigenes Handeln tell nachweisbaren negativen Effekte von
nicht als fremdbestimmt, sondern in hohem Belohnung für die Praxis akademischen
Maße als selbst verursacht und selbst gewollt
erlebt wird, entsteht ein innerer Belohnungs-
Fokus: Korrumpiert Belohnung?
mechanismus, der das Verhalten (intrinsisch)
motiviert. Deci und Ryan (1985) haben
Edward Deci und Richard Ryan als
diesen Grundgedanken weiterentwickelt
Hauptvertreter der Korrumpierungsthese
und dabei herausgearbeitet, dass Lernen
haben sich mit Judy Cameron zu dieser
insbesondere in jenen Bereichen intrinsisch
Frage heftige Diskussionen geliefert (Ca-
motiviert erfolgt, in denen man sich als
meron, 2001; Deci, Koestner & Ryan,
selbstbestimmt, autonom und kompetent
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Lernens bedeuten, Gegenstand heftiger Dis- bereitet), um später einen Platz in ihrem
kussionen geworden ist (vgl. Cameron & Traumstudiengang zu erhalten. Die Person
Pierce, 1994; Ryan & Deci, 1996). lernt also, weil sie es wichtig für die Erfül-
In ihrer Selbstbestimmungstheorie gehen lung persönlich relevanter Ziele und Wün-
Deci und Ryan (1985; Ryan & Deci, 2000) sche findet. Die am stärksten selbstbe-
davon aus, dass uns Menschen eine ange- stimmte Form der extrinsischen Motivation
borene Tendenz zu Lernen und Entwick- ist die integrierte Motivation. Diese Art der
lung innewohnt. Diese angeborene Tendenz Motivation ist empirisch kaum von der
wird in intrinsisch motiviertem Verhalten intrinsischen Motivation abzugrenzen. Der
deutlich, wie man es etwa beim kindlichen einzige Unterschied besteht darin, dass die
Spielen beobachten kann. Drei grundlegen- so motivierten Lernhandlungen durchge-
de universelle Bedürfnisse müssen der führt werden, um ein bestimmtes Ergebnis
Theorie zufolge beachtet werden, damit zu erzielen und nicht (wie bei der intrinsi-
diese angeborene Tendenz zur Entfaltung schen Motivation) aus der reinen Freude an
kommen kann: Das Bedürfnis nach Selbst- der Tätigkeit selbst. Untersuchungen haben
bestimmung, nach Kompetenzerleben und gezeigt, dass eine erhöhte Wahrnehmung
nach sozialer Eingebundenheit. Entschei- von Selbstbestimmtheit und eigener Kom-
dend ist dabei weniger die Stärke als viel- petenz zu einem stärkeren Lernengagement,
mehr die Art der Motivation. Ryan und einem tieferen Verständnis und zu einem
Deci (2000) postulieren verschiedene Arten erhöhten subjektiven Wohlbefinden führt
oder Qualitäten der Motivation, die sich (Ryan & Deci, 2009). Der oben beschrie-
darin unterscheiden, wie weit dem Grad bene Korrumpierungseffekt verdeutlicht,
nach Selbstbestimmung Rechnung getragen dass das selbstbestimmte Lernen auch
ist. Die am wenigsten selbstbestimmte Form unterminiert oder »beschädigt« werden
der Motivation wird demnach als externale kann: Wird bei einem ursprünglich stark
Lernmotivation bezeichnet, weil Verhal- selbstbestimmt motivierten Verhalten der
tensweisen nur ausgeführt werden, um eine Grad der Selbstbestimmung, des Kompe-
Belohnung zu erhalten (z. B. eine gute Note) tenzerlebens und/oder der sozialen Einge-
oder um eine Bestrafung zu vermeiden (z. B. bundenheit nämlich reduziert (etwa durch
einen Tadel). Ein Gefühl der Selbstbestim- das Einführen externaler Belohnungssyste-
mung bleibt dabei aus. Eine zweite verbrei- me), dann kann eine verminderte Anstren-
tete Variante extrinsischer Motivation ist gungsbereitschaft die unerwünschte Folge
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die introjizierte Lernmotivation. Sie ist da- sein (Ryan & Deci, 2000).
durch charakterisiert, dass die lernende
Person das äußere Belohnungssystem weit-
gehend verinnerlicht hat und z. B. durch ein Lern- und Leistungsmotivation
schlechtes Gewissen oder aus einem Pflicht-
gefühl heraus lernt, oder um Angst bzw. Neben den thematischen Interessen, die den
Scham zu vermeiden. Lernerfolg in themenspezifischen Kontex-
Eine eher selbstbestimmte Form der ex- ten oder bei themenspezifischen Inhalten
trinsischen Motivation ist die identifizierte begünstigen, haben Motivationspsycholo-
Lernmotivation. Die Person lernt dabei gen auch themenunspezifische dispositio-
stärker von sich aus, weil sie die damit nelle Merkmale identifiziert, die die Heran-
verbundenen Ziele selbst für wichtig erach- gehensweise an Lern- und Leistungssitua-
tet. Dies trifft etwa auf Schüler zu, die sich tionen prägen. Diese relativ zeitstabilen
sehr intensiv auf die Abiturprüfungen vor- interindividuellen Unterschiede hängen
bereiten (was ggf. nicht immer Freude mit dem Lern- und Leistungsmotivsystem
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Teil I Lernen
einer Person zusammen. Rheinberg und forderung besitzt zwar einen sehr hohen
Vollmeyer (2012) haben zu Recht darauf Erfolgsanreiz, da allerdings die Erfolgswahr-
hingewiesen, dass umgangssprachliche Be- scheinlichkeit extrem niedrig ist, motiviert sie
griffe wie »Fleiß«, »Anstrengung« oder nicht wirklich zum Leistungshandeln. Um-
»Strebsamkeit« zwar etwas Ähnliches aus- gekehrt motiviert auch eine subjektiv als sehr
drücken, nicht aber deckungsgleich sind mit leicht wahrgenommene Aufgabenanforde-
einem günstig ausgeprägten Leistungsmo- rung trotz extrem hoher Erfolgswahrschein-
tivsystem. lichkeit nicht unbedingt zum Handeln, weil
kein besonderer Erfolgsanreiz gegeben ist.
Leistungsmotiviert im psychologischen Sinne Besonders motivierend sind dagegen subjek-
ist ein Verhalten nur dann, wenn es auf die
Selbstbewertung eigener Tüchtigkeit zielt, und tiv als mittelschwer erlebte Aufgaben, weil
zwar in Auseinandersetzung mit einem Güte- bei ihnen das Zusammenspiel (das Produkt)
maßstab, den es zu erreichen oder zu übertref- aus Erfolgswahrscheinlichkeit und Erfolgs-
fen gilt. Man will wissen, was einem in einem anreiz (Erwartung mal Wert) maximalen
Aufgabenfeld gerade noch gelingt und was
Gewinn verspricht.
nicht, und strengt sich deshalb besonders an.
(Rheinberg & Vollmeyer, 2012, S. 60) So plausibel das Atkinson’sche Risiko-
Wahl-Modell auch ist, in der Empirie ist zu
Die Motivation, sich mit einer vorgegebe- beobachten, dass sich nicht alle Personen
nen Lernanforderung auseinanderzusetzen, modellgemäß verhalten und sich bevorzugt
hängt also ab von einem subjektiv akzeptier- den Anforderungen einer subjektiv als
ten Gütemaßstab, der die Messlatte dafür mittelschwierig erlebten Aufgabe stellen.
liefert, wann ich mich als tüchtig wahrneh- Manche Personen scheinen generell Auf-
me. Dieser Gütemaßstab ist durchaus situa- gaben mittleren Schwierigkeitsniveaus zu
tionsabhängig definiert: Wenn ich z. B. aus meiden und stattdessen – wenn sie frei
Krankheitsgründen nur an der Hälfte des auf wählen dürfen – sehr leichte (bisweilen
eine Prüfung vorbereitenden Unterrichts teil- auch sehr schwere) Aufgaben zu bevorzu-
nehmen konnte, wird der subjektive Güte- gen. Offensichtlich gibt es systematische
maßstab niedriger angelegt als wenn ich interindividuelle Unterschiede im Leis-
nicht krank gewesen wäre. Ob die eigene tungsmotiv bzw. im Lern- und Leistungs-
Leistung in einer Prüfung subjektiv als Erfolg motivsystem. Diese können aus unter-
oder als Misserfolg erlebt wird, hängt also schiedlichen theoretischen Perspektiven
auch davon ab, was man sich vorgenommen beschrieben werden, von denen drei der
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Motivierung
mittel-
hoch
Abb. 2.10:
Abhängigkeit der Lern- und
Leistungsmotivierung von der
extrem
subjektiven Aufgabenschwie- niedrig
rigkeit (Erfolgswahrschein-
extrem mittel- extrem
lichkeit) und dem Erfolgsan- leicht schwer schwierig
reiz gemäß dem Risiko-Wahl-
Modell von Atkinson (1957) subjektive Aufgabenschwierigkeit
(c Abb. 2.10). Bei Dominanz des Miss- schlossen ist, oder aber sehr schwere Aufga-
erfolgsmotivs kommt es dagegen zu einer ben, weil dort das Scheitern keine Schluss-
Meidungstendenz für Aufgaben mittlerer folgerung auf die eigene Tüchtigkeit erlaubt:
subjektiver Schwierigkeit. Das Misserfolgs- Man muss nicht inkompetent sein, wenn
motiv lässt eine Person defensiv agieren. Sie man bei einer sehr schweren Aufgabe ver-
denkt eher an die negativen Konsequenzen sagt.
eines Misserfolgs als an die positiven Konse- Heckhausen (1963, 1989) hat darauf
quenzen eines (für unwahrscheinlich gehal- hingewiesen, dass es sich beim Atkin-
tenen) Erfolgs. Wenn sie könnte, würde sie son’schen Leistungsmotiv nicht um ein typo-
der Anforderungssituation ganz aus dem logisch trennscharfes Entweder-Oder-Kon-
Weg gehen. Drängt man eine misserfolgs- zept handelt, sondern um ein Kontinuum
ängstliche Person, eine Aufgabe zu bearbei- zwischen Erfolgszuversichtlichkeit und Miss-
ten und lässt ihr dabei die freie Wahl des erfolgsängstlichkeit. Um die Auswirkungen
Schwierigkeitsniveaus, so wird sie entweder der individuellen Motivausprägung auf das
sehr leichte oder sehr schwere Aufgabenan- Verhalten in Lern- und Leistungssituationen
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besser zu verstehen, wurden in der Regel der Lernleistung nur bei einem hinreichenden
Extremgruppenvergleiche durchgeführt, d. h. Anregungsgehalt der Lernsituation zu erwar-
Personen mit überwiegender Erfolgszuver- ten. Nur wenn eine Lernsituationen über-
sicht wurden mit solchen verglichen, bei haupt als ernsthafte Prüfsituationen der per-
denen die Misserfolgsängstlichkeit überwog. sönlichen Tüchtigkeit eingeschätzt wird und
Dabei zeigte sich, dass sich auch die Erfolgs- nur wenn die Lernenden meinen, ein mögli-
zuversichtlichen nicht exakt nach dem Risi- ches Handlungsergebnis sei ausschließlich
ko-Wahl-Modell verhielten, sondern dass sie von ihrem persönlichen Einsatz und/oder
tendenziell etwas riskanter agierten und eher von ihrer eigenen Kompetenz abhängig,
höhere Aufgabenschwierigkeiten wählten. können Unterschiede im Leistungsmotiv
Die Misserfolgsmotivierten zeigten sich in zum Tragen kommen. Zum anderen ist für
den empirischen Studien insgesamt als weni- das Ausmaß der investierten Anstrengung
ger konsistente Gruppe. Wie von Atkinson nicht nur die Dominanz des erfolgszuver-
vermutet wählten einige von ihnen eher zu sichtlichen Leistungsmotivs, sondern auch
leichte, andere eher zu schwere Aufgaben. die Motivationsstärke entscheidend. So
Aber nicht nur bei der Wahl unterschied- unterscheiden sich Erfolgsmotivierte in der
lich schwieriger Aufgaben unterscheiden sich Stärke ihres Leistungsmotivs zum Teil erheb-
Erfolgszuversichtliche und Misserfolgsäng- lich voneinander und die Intensität und
stliche. Auch hinsichtlich der Ausdauer, mit Ausdauer ihrer Bemühungen hängen von
der sie vorgelegte Aufgaben bearbeiten, zei- der Motivstärke ab. Schließlich ist zu beach-
gen sich systematische Unterschiede: Erfolgs- ten, dass vermehrte Lernanstrengungen und
motivierte sind insgesamt ausdauernder als eine erhöhte Ausdauer, nicht zwangsläufig
Misserfolgsängstliche. Zusätzlich zeigt sich auch zu einer besseren Lernleistung führen
jedoch ein differenzielles Befundmuster: müssen. Ein Schüler mit stark ausgeprägtem
Während Erfolgsmotivierte besonders aus- Leistungsmotiv mag viel Zeit und Anstren-
dauernd sind, wenn sie mit einer als leicht gung in die Vorbereitung einer Klausur in-
eingestuften, jedoch bislang nicht gelösten vestieren und dabei viele Seiten im Schulbuch
Aufgabe konfrontiert werden, zeigen Miss- durchlesen. Das garantiert aber noch lange
erfolgsängstliche eine größere Ausdauer, nicht, dass die Inhalte auch so gründlich
wenn die bislang noch nicht gelöste Aufgabe verarbeitet werden, wie es für das Beantwor-
als extrem schwer eingestuft war. ten der Klausurfragen erforderlich wäre. Der
Angesichts der (modellhaft optimalen) Umfang, also das zeitliche Ausmaß des moti-
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Erwartungen darüber, wie man künftig ab- wortlich. Handelt es sich bei den Attributio-
schneiden wird. Glaubt man, dass ein erlebter nen nach erlebtem Erfolg um kontrollierbare
Misserfolg auf zeitlich stabile Faktoren (z. B. Ursachen (z. B. die investierte Anstrengung),
auf eine geringe eigene Fähigkeit) zurückzu- dann werden der erlebte Stolz sowie die
führen ist, reduziert sich die Erwartung, beim zuversichtliche Erwartung für künftige Leis-
nächsten Versuch eine entsprechende Aufga- tungen umso intensiver ausfallen. Einige
be erfolgreich lösen zu können. Die Dimen- typische Ursachenzuschreibungen nach ei-
sion der Kontrollierbarkeit ist für die Inten- nem erlebten Misserfolg in einer Klassen-
sität der Affekte und Erwartungen verant- arbeit sind in c Abbildung 2.11 dargestellt.
Lokation
intern extern
Nachhilfe- Freunde
Kontrollierbarkeit
hoch
Kopf-
geringe schmerzen hoher
niedrig
Abb. 2.11: Typische Ursachenzuschreibung nach Misserfolg im Rahmen des Klassifikationsschemas nach
Weiner (1992)
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Interessanterweise unterscheiden sich die eher denen man im Erfolgsfall hoch positive Selbst-
erfolgsmotivierten von den eher misserfolgs- bewertungsaffekte erlebt. Im Misserfolgsfall
kann zwar auch Ärger auftreten. Wegen der
ängstlichen Personen in systematischer Weise
Zeitvariabilität der Attribution bleibt aber die
in ihren Kausalattributionen nach Erfolg und Aussicht auf Erfolg bei einem erneuten Ver-
Misserfolg (vgl. Meyer, 1973), so dass man in such. Dieses Attributionsmuster wirkt also auf
der Literatur von Attributionsstilen spricht. Erwartung und Anreiz motivational ausge-
sprochen günstig.
Danach haben Erfolgsmotivierte die Tendenz, Die typische Ursachenerklärung von Miss-
eigene Erfolge internalen Faktoren, insbeson- erfolgsängstlichen fällt dagegen deutlich un-
dere der eigenen Fähigkeit zuzuschreiben. Bei günstiger aus. Im Vergleich zu Erfolgszuver-
Misserfolg ist dagegen die Stabilitätsdimension sichtlichen erklären sie eigene Misserfolge häu-
entscheidend. Erfolgszuversichtliche schreiben figer mit einem Mangel an Fähigkeit. Eigene
Misserfolge zeitvariablen Faktoren (z. B. man- Erfolge werden dagegen häufiger dem Glück
gelnder Anstrengung, Pech) zu. Diese Vorein- oder der Aufgabenleichtigkeit zugeschrieben.
genommenheit der Ursachenerklärung macht Damit haben Leistungssituationen im Erfolgs-
Leistungssituationen zu Gelegenheiten, bei fall geringen Belohnungswert. Im Misserfolgs-
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fall führt dagegen dieses Attributionsmuster zu für die Motivierung in Lern- und Leistungs-
starker Betroffenheit und nimmt zugleich die situationen verantwortlich sind. Diese indi-
Hoffnung auf künftig besseres Abschneiden.
(Rheinberg & Vollmeyer, 2012, S. 83–84)
viduelle Erwartungskomponente der Leis-
tungsmotivation hängt unmittelbar davon
Man unterscheidet zwischen selbstwert- ab, inwieweit sich eine Person im aktuellen
unterstützenden und motivationsfördernden Anforderungskontext als begabt oder fähig
Attributionen. Als selbstwertunterstützend einschätzt. Wer sich für sehr kompetent hält,
gelten Attributionen, die Leistungserfolge setzt sich auch hohe Ziele.
eher internal, Misserfolge external attribuie- Die asymmetrischen Attributionsstile Er-
ren. Als motivationsförderlich gilt es darüber folgsmotivierter und Misserfolgsängstlicher
hinaus, einen erlebten Misserfolg internal- lassen vermuten, dass sich letztere als weniger
variabel, d. h. durch eine zu geringe eigene kompetent erleben. Tatsächlich finden sich in
Anstrengung zu erklären. der Mehrzahl einschlägiger Studien auch ent-
sprechende Zusammenhänge zwischen dem
Leistungsmotiv und der Einschätzung der eige-
Lernrelevante Selbstkonzepte nen Fähigkeit. Interessanterweise deuten zu-
dem die Befunde der von Meyer (1984) zu-
Vergleicht man die Unterschiede in den Attri- sammengetragenen Untersuchungen darauf
butionsstilen von Erfolgsmotivierten und hin, dass Erfolgsmotivierte im Vergleich zu
Misserfolgsängstlichen, so wird deutlich, dass Misserfolgsängstlichen auch dann ein besseres
die Attributionen erfolgszuversichtlicher Per- und realistischeres Fähigkeitsselbstkonzept zei-
sonen günstiger für die Selbstbewertung sind: gen, wenn sich beide Gruppen nicht in ihrem
Die internale Attribuierung von Erfolgserleb- tatsächlichen Fähigkeitsniveau unterscheiden.
nissen erhöht mit jedem Erfolgserlebnis zu-
gleich das Vertrauen in die eigenen Fähigkei-
Beispiel: Fähigkeitsselbstkonzept als
ten. Glücklicherweise tendieren Menschen
Abbild der eigenen Fähigkeit?
häufig zu einer selbstwertdienlichen Verzer-
rung bei der Ursachenzuschreibung nach Er-
Individuelle Einschätzungen der eige-
folg. So analysierten Möller und Köller (1999)
nen Begabungen und Fähigkeiten entspre-
die spontanen Attributionen von Studieren-
chen nicht immer den tatsächlichen Bega-
den nach Examensprüfungen und von Schü-
bungen und Fähigkeiten. Häufig kommt
lern nach der Rückgabe von Klassenarbeiten.
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Das Fähigkeitsselbstkonzept ist in der Regel entwicklung scheint allerdings der Effekt
zeitlich recht stabil. Dennoch verändert es der sozialen Vergleiche der stärkere zu sein
sich bisweilen erstaunlich schnell und deut- (Marsh, Kong & Hau, 2000; Trautwein &
lich, wenn sich der schulische Kontext ver- Lüdtke, 2005).
ändert und das mit ihm verbundene Leis- Überschrieben haben wir dieses Teilka-
tungsniveau der Lerngruppe. In einer Längs- pitel mit »Motivation und Selbstkonzept«,
schnittuntersuchung zum Wechsel von der da dem Selbstkonzept eigener Fähigkeiten
Grundschule zur Sekundarschule mit über für ein motiviertes Lernverhalten eine ent-
600 Schülerinnen und Schülern fanden Jeru- scheidende Rolle zukommt. Sowohl in der
salem und Schwarzer (1992), dass sich das Selbstbestimmungstheorie der intrinsischen
schulbezogene Fähigkeitsselbstkonzept der Motivation als auch in der Theorie der
leistungsschwächeren Viertklässler beim Leistungsmotivation spielt der Grundge-
Wechsel auf die Hauptschule innerhalb danke eine zentrale Rolle, dass die Initiie-
weniger Monate deutlich verbesserte. Mit rung von Lernhandlungen etwas mit den
Marsh (1987, 2005) lässt sich dieses Phä- Vorstellungen, Einschätzungen und Bewer-
nomen auf den »Big-Fish-Little-Pond«-Ef- tungen zu tun hat, die die eigene Person
fekt (BFLPE) zurückführen: Zwei Lernende betreffen. Seit Mitte der 1970er Jahre hat
mit gleichem Leistungsniveau besuchen sich daher eine eigene Forschungstradition
Schulen mit unterschiedlichem Leistungsan- zum Thema Selbstkonzept etabliert. Als
spruch. Der Lernende in der Schule mit dem Selbstkonzept bezeichnet man die Wahr-
niedrigeren Leistungsniveau zieht einen für nehmung und Einschätzung eigener Fähig-
den Selbstwert günstigeren sozialen Ver- keiten und Eigenschaften. Vielfältige empi-
gleich, da er zu den Leistungsstarken in rische Befunde verweisen auf eine multidi-
seiner Klasse gehört (großer Fisch im kleinen mensionale Struktur des Selbstkonzepts.
Teich). Sein Fähigkeitsselbstkonzept entwi- Das Selbstbild einer Person differenziert
ckelt sich deshalb positiv. Der andere, sich demnach zunächst einmal in verschie-
eigentlich gleich Leistungsfähige, der die dene Inhaltsbereiche (Shavelson, Hubner &
leistungsstärkere Schule besucht, gehört Stanton, 1976), vor allem in einen akade-
eher zu den Leistungsschwächeren seiner mischen und einen nicht-akademischen Be-
Klasse (kleiner Fisch im großen Teich); reich. Wo der akademische Bereich ange-
entsprechend wird sich sein Fähigkeits- sprochen ist, geht es um die Selbstwahrneh-
selbstkonzept aufgrund der sozialen Ver- mung eigener schulischer Fähigkeiten. Das
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Selbstkonzept differenziert sich vielmehr wird. So haben Arens, Yeung, Craven und
schon im frühen Schulalter aus und umfasst Hasselhorn (2011) eine Studie vorgelegt,
die Einschätzung und Bewertung so unter- deren Ergebnisse tatsächlich in diesem
schiedlicher Inhaltsbereiche wie des Rech- Sinne für eine »zweifache Multidimensio-
nens sowie des Lesens und des Schreibens nalität« des akademischen Selbstkonzeptes
(Byrne, 1996). Marsh, Craven und Debus sprechen. Dass es funktional angemessen
(1999) warfen darüber hinaus die Frage ist, zwischen einer Kompetenz- und einer
auf, ob nicht die Bereichsspezifität des aka- Affektdimension der Selbsteinschätzung zu
demischen Selbstkonzeptes noch weiter unterscheiden, zeigte sich nämlich daran,
ausdifferenziert werden müsste, indem je- dass allein die Kompetenz- und nicht die
weils zwischen einer Kompetenz- (wie gut Affektdimension des Selbstkonzepts mit
meine ich etwas zu können) und einer dem Leistungsverhalten der Schüler kova-
Affektdimension der Selbsteinschätzung riierte.
(wie gerne mag ich etwas) unterschieden
für das akademische Selbstkonzept ausgeht und daher weder zwischen Mathe und
Deutsch, noch zwischen kompetenzbezogen und affektbezogen unterscheidet; ein
zweites Modell, in dem im Sinne der Bereichsspezifität des akademischen Selbstkonzepts
zwischen einem verbalen und mathematischen Selbstkonzept differenziert wird; sowie
einem dritten Modell, in dem zusätzlich zu der Bereichsspezifität des akademischen
Selbstkonzepts zwischen einer Kompetenz- und Affektdimension unterschieden wird.
Das dritte Modell zeigte eine bessere Passung zu den Daten als die beiden anderen
Modelle. Das spricht für eine »zweifache Multidimensionalität« des akademischen
Selbstkonzepts.
Zusätzlich wurde untersucht, ob die vier Facetten des akademischen Selbstkonzepts
(Mathe-Kompetenz, Mathe-Affekt, Deutsch-Kompetenz, Deutsch-Affekt) unterschiedliche
Zusammenhänge zu den Deutsch- und Mathematikleistungen aufweisen. Die Kompetenz-
dimensionen des mathematischen und verbalen Selbstkonzepts korrelierten jeweils höher
mit der Schulleistung als die Affektdimensionen. Dieses Muster zeigte sich sowohl innerhalb
der Kompetenzbereiche als auch zwischen den beiden Bereichen. Die Kompetenzdimension
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Für die Genese des akademischen Selbst- (sozialer Vergleich), sondern sie vergleichen
konzepts sind vor allem Leistungsrückmel- auch ihre eigenen Leistungen in den ver-
dungen signifikanter Anderer (z. B. Lehrer) schiedenen Lernbereichen miteinander,
sowie soziale und dimensionale Vergleiche z. B. ihre Leistungen in den sprachlichen
bedeutsam. So vergleichen Schüler ihre mit ihren Leistungen in den naturwissen-
eigenen Fähigkeiten und Leistungen nicht schaftlichen Fächern (dimensionaler Ver-
nur mit denen der anderen Mitschüler gleich).
Fokus: Das Modell des »Internal vs. External Frame of Reference« (I/E-Modell)
Das I/E-Modell von Marsh (1990) erklärt, wie es zur Ausdifferenzierung des akademischen
Selbstkonzepts in einen mathematischen und verbalen Bereich kommt. Grundlage ist das
Zusammenspiel von zwei simultan ablaufenden Vergleichsprozessen. In einem sozialen
(externalen) Vergleich vergleichen Schüler ihre eigenen fachlichen Leistungen mit den
Leistungen ihrer Mitschüler im gleichen Fach. Da im Grundschulalter Schüler, die gut in
Deutsch sind, meist auch gut in Mathematik sind, sollte der soziale Vergleichsprozess dazu
führen, dass Schüler mit einem positiven verbalen Selbstkonzept auch über ein eher
positives mathematisches Selbstkonzept verfügen. Wenn diese Annahme stimmt, sollte es
also positive Korrelationen zwischen dem verbalen und dem mathematischen Selbstkon-
zept geben.
Die Empirie sieht jedoch anders aus. Zumeist finden sich keine bedeutsamen Korrela-
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tionen zwischen dem verbalen und dem mathematischen Selbstkonzept. Verantwortlich ist
dafür ein zweiter Vergleichsprozess. Beim dimensionalen (internalen) Vergleich werden die
eigenen Leistungen in einem Fach den eigenen Leistungen in einem anderen Fach
gegenübergestellt. Dieser Vergleichsprozess bewirkt einen Kontrasteffekt, wodurch das
Selbstkonzept für denjenigen akademischen Bereich gestärkt wird, für den die individuell
besten Leistungen wahrgenommen werden. Nimmt ein Schüler z. B. wahr, dass er besser in
Mathematik ist als in Deutsch, so wird sein mathematisches Selbstkonzept gestärkt, sein
verbales Selbstkonzept jedoch geschwächt. Somit führt der dimensionale Vergleich am
Ende dazu, dass es zu einem negativen Zusammenhang zwischen dem mathematischen und
verbalen Selbstkonzept kommt. Durch das Zusammenspiel des externalen und des
internalen Vergleichsprozesses kommt es letztlich zu einer Unabhängigkeit des mathema-
tischen vom verbalen Selbstkonzept, da sich der positive Zusammenhang nach dem sozialen
Vergleichsprozess und der negative Zusammenhang nach dem dimensionalen Vergleichs-
prozess ausgleichen.
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Das Zusammenspiel von sozialen und dimensionalen Vergleichsprozessen erklärt auch die
Bereichsspezifität von Einflüssen der Schulleistung auf das Selbstkonzept (vgl. Marsh &
Craven, 2006). So konnte gezeigt werden, dass gute Mathematikleistungen sich positiv auf
das Selbstkonzept in Mathematik, aber negativ auf das verbale Selbstkonzept auswirken.
Ebenso beeinflussen gute verbale Leistungen das verbale Selbstkonzept positiv, das
mathematische Selbstkonzept jedoch negativ. Der positive Einfluss von Leistung auf das
Selbstkonzept innerhalb eines Inhaltsbereichs lässt sich auf den vom I/E-Modell angenom-
menen sozialen Vergleichsprozess zurückführen, während der negative Einfluss auf das
Selbstkonzept in anderen Inhaltsbereichen durch den dimensionalen Vergleichsprozess
bedingt zu sein scheint.
Für den individuellen Lernerfolg ist das einen Einfluss auf das Selbstkonzept ausübt,
Selbstkonzept von hoher Relevanz. Dies als auch das Selbstkonzept die Leistungs-
belegt vor allem der empirisch gesicherte entwicklung beeinflusst (Marsh & Craven,
Zusammenhang zwischen Selbstkonzept 2006).
und schulischer Leistung (Guay, Ratelle, Aber kommen wir abschließend noch
Roy & Litalien, 2010; Marsh & Craven, einmal auf das Verhältnis von Leistungsmo-
2006). Für die Erklärung des Zusammen- tiv und Fähigkeitsselbstkonzept zurück. Ob
hangs von Selbstkonzept und Leistung das Leistungsmotiv das Fähigkeitsselbstkon-
findet man allerdings zwei gegensätzliche zept determiniert oder ob sich der Kausal-
theoretische Erklärungsansätze. Nach dem zusammenhang gerade anders herum dar-
Self-Enhancement-Ansatz stellt das Selbst- stellt, ist genauso schwer zu beantworten
konzept eine Determinante der schulischen wie das berüchtigte Henne-Ei-Problem. Da
Leistung dar, während der Skill-Develop- allerdings die theoretischen Modellvorstel-
ment-Ansatz davon ausgeht, dass es die lungen zum Leistungsmotiv im Vergleich zu
schulische Leistung ist, die das Selbstkon- denen des Selbstkonzepts elaborierter aus-
zept beeinflusst (Guay, Marsh & Boivin, fallen, scheint uns die Konzeption des Leis-
2003). Die Unterscheidung dieser beiden tungsmotivs besser geeignet, interindividu-
Ansätze ist nicht nur von theoretischer, elle Unterschiede individueller motivationa-
sondern auch von praktischer Relevanz. So ler Voraussetzungen des Lernens zu um-
geht der Self-Enhancement-Ansatz davon schreiben. Um deutlich zu machen, dass das
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aus, dass sich eine Verbesserung des Selbst- Konzept der eigenen Begabung (oder andere
konzepts direkt in einer Verbesserung des verwandte Konzepte, wie z. B. das Konzept
individuellen Lernzuwachses niederschlägt der Selbstwirksamkeitserwartungen) nicht
(vgl. Haney & Durlak, 1998). Von einer schon vollständig in dem motivationspsy-
gezielten Förderung des Selbstkonzepts wä- chologischen Konzept des Leistungsmotivs
ren demnach positive Effekte auf die schu- enthalten sind, sprechen wir vom Lern- und
lische Entwicklung zu erwarten. Auf der Leistungsmotivsystem als einem relativ zeit-
Grundlage des Skill-Development-Ansatzes stabilen Personmerkmal, das durch die Ein-
wäre aufgrund der hypothetisch gegenteili- schätzungen der eigenen Fähigkeit, durch
gen Wirkrichtung die pädagogische Konse- differenzielle Attribuierungstendenzen nach
quenz jedoch eine andere. Da beide Ansätze Erfolgs- bzw. Misserfolgserlebnissen und
in der Literatur vielfach Untermauerung durch die assoziierten Zielsetzungen, Selbst-
gefunden haben (Valentine, DuBois & Coo- bewertungen und damit verbundenen emo-
per, 2004), wird mittlerweile davon ausge- tionalen Empfindungen näher charakteri-
gangen, dass sowohl die schulische Leistung siert ist.
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Abb. 2.12: Das Rubikonmodell des Handelns nach Heckhausen (1989; modifiziert übernommen aus
Rheinberg & Vollmeyer, 2012)
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Verspürt eine Person einen hinreichend ernst- stand. In der motivationalen Phase konkur-
haften Wunsch, etwas zu tun, so beginnt sie rieren dann erneut die unterschiedlichen
damit, die Machbarkeit und die Konsequen- Wünsche und Bedürfnislagen, bevor es zu
zen seiner Umsetzung und die Wünschbar- einer neuen Absichtsbildung kommen mag.
keit dieser Konsequenzen zu beurteilen. Dem Die volitionalen Kräfte zeigen sich in
Rubikon-Modell zufolge befindet sich die besonderen Verhaltensweisen, die wir ge-
Person dabei zunächst in einer realitätsorien- meinhin als Hinweise auf ein diszipliniertes
tierten motivationalen Phase, in der sie offen und gewissenhaftes Lernen werten. Gewis-
für alle entscheidungsrelevanten Informatio- senhaftigkeit wird übrigens auch in der Per-
nen ist. Insbesondere werden auch negative sönlichkeitspsychologie als eine der zentralen
Informationen sondiert, geradezu so, als Dispositionen angesehen, in der sich Men-
wolle die Person sich selbst davon überzeu- schen systematisch voneinander unterschei-
gen, dass es sich nicht lohne, dem Wunsche den (McCrae & Costa, 1999).
folgend zu handeln. Nur wenn sich die
Überzeugung einstellt, dass die Folgen einer
Beispiel: Gewissenhaftigkeit
Nicht-Realisierung des Wunsches im Ver-
gleich zu den Folgen seiner Realisierung
Seit einiger Zeit hat man sich um eine
unannehmbar sind, kommt es zur Intentions-
Klärung der Prädiktionskraft nicht-kog-
bildung: Aus dem Wunsch wird eine Absicht.
nitiver Persönlichkeitsmerkmale für be-
Das ist der entscheidende Punkt.
rufliche Leistungen bemüht. Barrick und
Mit der Absichtsbildung ist der Rubikon
Mount (1991) kommen nach einer Sich-
überschritten, so dass sich die Bewusstseins-
tung vorliegender Daten zu den von
lage der Person schlagartig ändert. Die Person
McCrae und Costa (1999) postulierten
tritt in eine realisierungsorientierte Volitions-
fünf Hauptfaktoren der menschlichen
phase ein, in der vorzugsweise solche Infor-
Persönlichkeit (Extraversion, emotionale
mationen beachtet werden, die für die Reali-
Stabilität, Verträglichkeit, Gewissenhaf-
sierung der Absicht relevant sind. Wenn die
tigkeit und Offenheit für Erfahrungen) zu
Absicht etwa darin besteht, einen bestimmten
folgendem Befund: Nur die Gewissenhaf-
schulischen Bildungsabschluss zu erreichen,
tigkeit ist ein valider Prädiktor der Per-
dann gewinnen in der Volitionsphase jene
formanz über alle Stichproben und Be-
psychischen Kräfte an Bedeutung, die über
rufsgruppen hinweg. Vermutlich handelt
das notwendige »Motiviertsein« und über die
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In der Willenspsychologie werden vor allem Wochen oder gar Monate in Anspruch neh-
drei Arten von Volitionsproblemen unter- men. In dieser Zeit wird der betroffene
schieden (vgl. Heckhausen, 1989): die Initi- Schüler immer wieder neue Probleme der
ierung einer Handlung, ihre Persistenz und, Handlungsinitiierung erleben, wenn es dar-
damit eng verknüpft, die Überwindung von um geht, einen nächsten Lernschritt zu reali-
Handlungshindernissen. Viele Motivations- sieren. Auch werden sich Hindernisse unter-
theorien gehen implizit davon aus, dass eine schiedlichster Art auftun (z. B. Ärger, dass ein
Handlung automatisch initiiert wird, wenn intensiv bearbeiteter Sachverhalt doch nicht
nur eine hinreichend starke Motivationsten- verstanden wurde; Einladung zum Kinobe-
denz entstanden ist. Häufig ist dies jedoch such), um eine initiierte Handlungstendenz
nicht der Fall, da erst der »richtige Zeit- zu blockieren. Lernende unterscheiden sich
punkt« zur Realisierung einer eigenen Ab- in ihrer Fähigkeit, einmal gefasste Lernent-
sicht kommen muss. Motivationstendenzen schlüsse gegen konkurrierende Handlungs-
erhöhen allerdings die Bereitschaft, eine impulse abzuschirmen und Persistenz im
beabsichtigte Handlung auszuführen. Lernverhalten zu zeigen (»Warum sitze ich
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eigentlich hier und lerne, wenn ich doch Diskrepanz durch fortgesetzte Handlungen
nichts verstehe?«). zu verringern. Sieht man die Möglichkeit, die
Diskrepanz durch eigenes Tun merklich ver-
Auf einer ersten Stufe besteht Persistenz nur in
ringern zu können, werden (4) die notwen-
der Fähigkeit einer unerledigten Handlungs-
tendenz, sich wieder zu melden, wenn die digen Bewältigungstätigkeiten initiiert. Bei
Situation die Aufmerksamkeit nicht anderwei- großer wahrgenommenen Diskrepanz und
tig in Beschlag nimmt und wenn keine andere geringer Kompetenzüberzeugung, diese durch
Handlungstendenz stärker ist. Höhere Anfor- eigenes Tun merklich verringern zu können,
derungen an Persistenz werden erfüllt, wenn
die unerledigte Handlungstendenz die Anre- wird der Zyklus der Selbstregulation aller-
gungswirkung starker Stimuli der umgebenden dings abgebrochen.
Situation ausblenden kann. Diese Persistenz Eine eher funktionale Klassifikation der
auf zweiter Stufe könnte noch von einer Per- unterschiedlichen Prozesse der volitionalen
sistenz auf dritter Stufe übertroffen werden,
wenn es gelänge, einer Handlungstendenz selbst
Handlungskontrolle stammt von Julius Kuhl
gegen konkurrierende Handlungstendenzen von (1987, 1996). Kuhl unterscheidet sechs Ar-
größerer Stärke zeitweiligen Vorrang zu geben. ten von Strategien, die ein Lernender mit
(Heckhausen, 1989, S. 192) günstigen volitionalen Voraussetzungen ein-
setzt, wenn sich innere oder äußere Hinder-
nisse der Absichtsrealisierung in den Weg
Volition als Handlungskontrolle stellen oder wenn die der Handlungsabsicht
zugrunde liegende Motivation zu schwach ist
Die Frage, wie es gelingen kann, Handlungs- und gegen andere, stärkere Tendenzen abge-
absichten tatsächlich zu realisieren, zielfüh- schirmt werden soll.
rende Handlungen zu beginnen und sie allen
konkurrierenden Handlungsimpulsen zum
Fokus: Strategien der
Trotz bis zur Zielerreichung andauern zu
Handlungskontrolle (nach Kuhl, 1996)
lassen, ist Gegenstand von Theorien der
Selbstregulation bzw. der Handlungskon-
1. Aufmerksamkeitskontrolle: Ausblen-
trolle. Kanfer (1996) hat in seinem Selbstre-
den von Informationen, die absichts-
gulationsmodell die Schritte eines selbstregu-
widrige Motivationstendenzen stärken.
lativen Zyklus am Beispiel des Auftretens
2. Enkodierungskontrolle: Fokussieren
von Handlungshindernissen folgenderma-
der Verarbeitungsfunktionen auf ziel-
ßen beschrieben: Wenn es zur Unterbrechung
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relevante Informationen.
einer Lernhandlung gekommen ist, so wird
3. Motivationskontrolle: Steigerung der
die Situation (1) zunächst daraufhin be-
eigenen Motivation, die beabsichtigte
urteilt, ob sie überhaupt noch unter der
Handlung auszuführen.
Kontrolle des Handelnden steht. Ist dies nicht
4. Emotionskontrolle: Beeinflussung eige-
mehr der Fall, wird der Selbstregulationspro-
ner Gefühlslagen zur Steigerung der
zess abgebrochen. Erscheint die Situation
Handlungseffizienz.
hingegen als prinzipiell kontrollierbar, so
5. Misserfolgs- bzw. Aktivierungskon-
wird (2) geprüft, ob es sich bei dem aufge-
trolle: Unterbinden von Tendenzen,
tretenen Hindernis um ein wichtiges Anlie-
einem Misserfolg lange in Gedanken
gen der Person handelt. Ist das der Fall, dann
nachzuhängen und Abstandnehmen
kommt es (3) zu einer Prüfung des erreichten
von unerreichbaren Zielen.
Standes der unterbrochenen Handlung. Da-
6. Initiierungskontrolle: Vermeiden über-
bei wird die Diskrepanz zum Handlungsziel
mäßig langen Abwägens von Hand-
festgestellt und es wird geprüft, inwieweit
lungsalternativen.
man sich selbst in der Lage sieht, diese
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aufgaben zu konzentrieren. Kuhl (1981) hat vs. Lageorientierung (HOP-LOP), als Hand-
aufgrund von Beobachtungen dieser Art auf lungs- vs. Lageorientierung nach Misserfolg
stabile Persönlichkeitsunterschiede in der (HOM-LOM) und als Handlungs- vs. Lage-
Herangehensweise an beabsichtigte Hand- orientierung während der Tätigkeitsausfüh-
lungen geschlossen. Er unterscheidet in rung (HOT-LOT) bezeichnet werden. Diese
diesem Zusammenhang zwischen lage- drei Facetten beziehen sich auf die Initiierung
orientierten und handlungsorientierten Per- von Handlungen, die man sich vorgenom-
sonen. men hat (d. h. auf die generelle Handlungs-
Der Begriff der Handlungsorientierung bereitschaft), auf die Fähigkeit zur Miss-
bezeichnet eine Disposition, die die erfolgrei- erfolgskontrolle (d. h. auf die »erschwerte«
che Umsetzung von Absichten in die Tat Handlungsbereitschaft, nachdem man be-
begünstigt. Handlungsorientierten gelingt reits mit Misserfolgen oder anderen aversi-
die Handlungskontrolle in der Regel beson- ven Ereignissen konfrontiert wurde) sowie
ders gut (vgl. Kuhl & Kazen, 2003): Eine auf die Persistenz des Handelns (d. h. auf die
missliche Lage führt bei ihnen nicht zu einem Bereitschaft, an einer Tätigkeit festzuhalten).
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zwischen der Lageorientierung und der nenten des Lernens mögen dem kritischen
Misserfolgsängstlichkeit bestehen. Offen- Leser erstaunlich rational, kühl und in ge-
kundig besteht ein enger Zusammenhang wisser Weise distanziert erscheinen. Aber
zwischen den motivationalen und den voli- entspricht das der von Lernenden subjektiv
tionalen Voraussetzungen des Lernens. Bei erlebten Realität? Vermutlich nicht ganz,
aller Ähnlichkeit gibt es jedoch einen ent- denn auch Emotionen spielen eine wichtige
scheidenden Unterschied: Während moti- Rolle für den Erfolg von Lernprozessen. Da
vationale Dispositionen entscheidend sind ohne die Berücksichtigung der oft mit dem
für die vom Lernenden bevorzugten Ziel- erlebten Erfolg oder Misserfolg in Lernsitu-
setzungen und die Auswahl von Aktivitä- ationen einhergehenden Emotionen die Be-
ten, wird die konkrete Realisierung moti- trachtung der nicht-kognitiven individuellen
vierten Verhaltens durch die volitionale Voraussetzungen erfolgreichen Lernens un-
Orientierung determiniert. Handlungs- vollständig wäre, wird im Folgenden der
orientierte verfügen in der Regel über voll- Frage nach der Rolle der Emotionen nachge-
ständig und angemessen ausgebildete Ab- gangen.
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übernehmen Emotionen in unserem Leben Stimmung einen Film anschaut, wird sich
doch viele wichtige und nützliche Funktio- später eher an das Verhalten einer im Film
nen. Gefühle ermöglichen, dass wir rasch ebenfalls traurig gestimmten Person und an
und flexibel auf wichtige und gefährliche traurige Details der Filmhandlung erinnern.
Der besondere Einfluss von Emotionen auf das Lernen und Behalten von Informationen
basiert auch darauf, dass in emotional gefärbten Situationen zusätzliche neuronale
Strukturen aktiviert sind. In Kapitel 1 wurde bereits darauf hingewiesen, dass die
Hirnstruktur des Hippocampus (c Abb. 1.1) am Lernen durch Konditionierung, aber auch
bei der Aktivierung deklarativer Gedächtnisinhalte beteiligt ist. Emotional bedeutsame
Reize (z. B. angstbesetzte Ereignisse) führen zu einem »Durchschalten« des Signals in die
direkt an den Hippocampus angrenzende Amygdala (Mandelkern). Eine zentrale Unter-
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struktur des Mandelkerns (Nucleus centralis) leitet die emotionale Information breitgefä-
chert an weitere Systeme des Organismus weiter. Die Amygdala ist an der Enkodierung und
beim Abruf von emotionsbesetzten Erinnerungen maßgeblich beteiligt, ob sie auch den
Speicherort für solche Gedächtnisinhalte darstellt, ist ungeklärt.
Obwohl die Amygdala bei den nicht-deklarativen emotionalen Erinnerungen und der
Hippocampus bei den deklarativen Erinnerungen eine Rolle spielt, arbeiten beide Systeme
zusammen, was dazu führen kann, dass lernbegleitende Emotionen das Erinnerungsver-
mögen verbessern. Dies zeigte sich z. B. in Untersuchungen mit hirngeschädigten Patienten,
denen Geschichten erzählt wurden, die durch die Präsentation von Bildern unterstützt
wurden. In einer der Geschichten ging es um einen Jungen, der von einem Auto angefahren
wurde und notoperiert werden muss. Patienten mit spezifischen Verletzungen der Amygdala
erinnerten sich an die nicht-emotionalen Teile der Geschichte genau so gut wie unverletzte
Personen. Anders als diese erinnerten sie aber die gefühlsbeladenen Teile der Geschichte
nicht besser als die übrigen Inhalte. Patienten mit Verletzungen des Hippocampus bei
intakter Amygdala erinnerten sich insgesamt an sehr viel weniger Details der Geschichte,
zeigten aber die auch bei den unverletzten Personen gefundene Tendenz, sich an die
emotional besetzten Inhalte der Geschichte besser zu erinnern als an die neutralen (vgl.
Cahill & McGaugh, 1998; Hamann, Cahill, McGaugh & Squire, 1997).
Eine systematische empirische Analyse der dächtnis belasten können, dürfte der moti-
Wirkmechanismen, die für den Beitrag der vationsfördernde Effekt positiver Emotionen
Emotionen zum erfolgreichen oder weniger den Nachteil einer zusätzlichen Kapazitäts-
erfolgreichen Lernen verantwortlich sind, belastung mehr als ausgleichen.
steht noch aus. Pekrun und Schiefele (1996) Zu den aktivierenden negativen Emotio-
nehmen jedoch an, dass sich Emotionen auf nen gehören Angst und Ärger. Diese stimu-
wenigstens vier Arten von kognitiven Pro- lieren die psychische und physische Hand-
zessen auswirken: (1) auf die Auswahl und lungsbereitschaft und damit auch die Nut-
Nutzung von Strategien, (2) auf die Prozesse zung von Lernstrategien. Dennoch sind sie in
der Informationsspeicherung im Langzeitge- ihrer Auswirkung oftmals eher schädlich für
dächtnis und des Abrufs von Vorwissen, (3) die resultierende Lernleistung, da sie zugleich
auf die Transformationsprozesse im Arbeits- Anteile der aufgabenbezogenen Aufmerk-
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gedächtnis und (4) auf die Prozesse und samkeit abziehen und damit jene Lernpro-
Zustände der lern- und leistungsrelevanten zesse beeinträchtigen, die eigentlich einer
Motivationen. Dabei ist davon auszugehen, optimalen Kapazitätsausnutzung des Ar-
dass unterschiedliche Emotionen in durchaus beitsgedächtnisses bedürften. Zusätzlich ist
unterschiedlicher Weise auf das Lern- und bei Zuständen von Angst und Ärger mit einer
Leistungsverhalten einwirken. Pekrun und Reduktion der intrinsischen Motivation zu
Schiefele (1996) unterscheiden diesbezüglich rechnen.
zwischen drei Sorten von Emotionen: positi-
Insgesamt aber sind die Motivationsfolgen
ven, aktivierend negativen und desaktivie- solcher Emotionen komplexerer Art, was man
rend negativen. sich am Beispiel von Angst leicht klarmachen
Positive Emotionen wie Lernfreude, leis- kann. Angst motiviert grundsätzlich zur Ver-
tungsbezogene Hoffnungen oder Stolz wir- meidung einer bedrohlichen Situation bzw. zur
Flucht aus dieser Situation. Im Leistungsbe-
ken sich günstig auf die intrinsische Hand- reich handelt es sich dabei vor allem um
lungsmotivation aus. Obgleich sie – so wie befürchtete Mißerfolgssituationen. Misserfol-
auch negative Emotionen – das Arbeitsge- ge aber lassen sich häufig nicht durch Vermei-
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dung oder Flucht, sondern – im Gegenteil – nur zum Einfluss von Stimmungen (d. h. zeit-
durch ein Hineingehen in die Situation und eine lich variablen Emotionen) auf Lernleistun-
Investition von Anstrengung vermeiden: Geht
ein Schüler nicht zu schulischen Prüfungen, so
gen fortführen. Es gibt einige Hinweise
ist ihm der schulische Misserfolg sicher. Folg- darauf, dass individuelle Stimmungen und
lich ist anzunehmen, dass Angst zwar die Gestimmtheiten wie eine Art mentaler
intrinsische Motivation reduziert, gleichzeitig Schalter dafür verantwortlich sind, ob
aber extrinsische Motivation zu Mißerfolgs- und wenn ja, auf welche Art und Weise,
meidung produziert, die in entsprechend res-
tringierten Situationen zu einer Steigerung der Information verarbeitet wird (vgl. Abele,
Gesamtmotivation führt. Die Gesamteffekte 1996). So geht z. B. Kuhl (1983) davon aus,
von Angst und anderen aktivierenden negati- dass Informationen je nach Stimmungslage
ven Emotionen dürften im Einzelfall davon unterschiedlich verarbeitet werden. Nega-
abhängen, in welchen Relationen diese unter-
schiedlichen, teils gegenläufigen Aufmerksam-
tive Emotionen sollen demzufolge eher
keits- und Motivationseffekte jeweils stehen. zu einer detailgenauen und systematischen,
(Pekrun & Jerusalem, 1996, S. 12 f) sequentiell-analytischen, also »vorsichtige-
ren« Informationsverarbeitung führen.
Hoffnungslosigkeit oder Langeweile fallen in Positive Emotionen sollen demgegenüber
die Gruppe der desaktivierenden negativen eher eine globale, intuitiv-holistische Ver-
Emotionen, weil sie einer tieferen Verarbei- arbeitung auslösen, deren Vorteil darin
tung von Informationen entgegenstehen und bestehen soll, dass eine simultane Verarbei-
die intrinsische (wie auch die extrinsische) tung komplexer Informationen besser ge-
aufgabenbezogene Motivation reduzieren. lingt. Wenn sich negative Emotionen in
Ebenso wie die aktivierenden negativen intraindividuell stabilen Dispositionen nie-
Emotionen beeinträchtigen auch die desak- derschlagen (z. B. im Sinne einer manife-
tivierenden die notwendige Aufmerksam- sten Prüfungsangst) und wenn dadurch die
keitszuwendung bei der Aufgabenbearbei- Möglichkeiten der Informationsverarbei-
tung. tung beim Lernen quasi habituell einge-
Die in Kapitel 2.3 begonnene Diskus- schränkt sind, kann diese Einschränkung
sion über Lernstile lässt sich vor dem durch Maßnahmen volitionaler Kontrolle
Hintergrund von Theorien und Befunden relativiert werden.
Zusammenfassung
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Werden aus Wünschen Absichten, dann verändert sich der Bewusstseinszustand einer
Person von einer motivationalen Realitätsorientierung zu einer volitionalen Realisierungs-
orientierung, die psychische Kräfte der hartnäckigen Zielverfolgung mobilisiert.
Auch die den Lernprozess begleitenden Emotionen nehmen Einfluss auf die Art und auf
den Erfolg des Lernens, indem sie die Aktivierung der kognitiven und motivationalen
Mechanismen begünstigen oder behindern. Sie können auch die Wahrscheinlichkeit
erhöhen, dass eine Lernabsicht tatsächlich umgesetzt wird. Dieser Einfluss der Emotionen
wird wiederum durch einen dispositionellen Rahmen begrenzt, der durch die volitionalen
Besonderheiten des Lernenden vorgegeben ist: die Handlungsorientierung oder die Lage-
orientierung.
Literaturhinweis
Pressley, M. & Harris, K.R. (2006). Cognitive psychology (pp. 265–286). Mahwah, NJ: Erl-
strategies instruction: From basic research baum.
to classroom instruction. In P.A. Alexander & Rheinberg, F. & Vollmeyer, R. (2012). Motivation
P.E. Winne (Eds.), Handbook of educational (8. Aufl.). Stuttgart: Kohlhammer.
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