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Grundlagen der Medienkommunikation Band 5

Herausgegeben von Erich Straßner


Johannes Kamps

Plakat

Niemeyer
Titelillustration: Lithographie von Walter Schnackenberg, 2 5 x 1 8 cm.
Münchener Stadtmuseum.
© VG Bild-Kunst, Bonn 1998.
Wir danken dem Münchener Stadtmuseum und der VG Bild-Kunst für die
Reproduktionsgenehmigung.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Kamps, Johannes:
Plakat / Johannes Kamps. - Tübingen : Niemeyer, 1999
(Grundlagen der Medienkommunikation ; Bd. 5)

ISBN 3-484-37105-6 ISSN 1434-0461

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1999


Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer-
tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des
Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,
Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in
elektronischen Systemen. Printed in Germany.
Satz: Anne Schweinlin, Tübingen
Druck: Guide-Druck GmbH, Tübingen
Einband: Hugo Nädele, Nehren
Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 1
2. Definition: Was ist ein Plakat? 3
2.1. Allgemeine Charakteristika 3
2.2. Herkunft und Begriff 6
2.3. Historische Voraussetzungen 7
3. Herstellung 10
3.1. Historischer Überblick 10
3.2. Gegenwart 13
3.3. Materialien: Papier und Farben 14
3.4. Auflagen 16
3.5. Plakatdruckereien 16
3.6. Plakatformate 17
3.7. Entwerfer 19
4. Verteilung 23
4.1. Geschichte der Plakatträger 23
4.2. Heutige Anschlagarten 24
4.3. Plakatierungsfirmen 27
4.4. Klebung 29
5. Juristische Aspekte 31
5.1. Reglementierungen des Plakats 31
5.2. Geschäftsrecht 36
6. Theorien des Plakats 38
6.1. Allgemeiner Überblick 38
6.2. Kunsttheoretische Aspekte 40
6.3. Werbetheoretische Aspekte 45
6.4. Sozialistische Plakattheorie 51
6.5. Kommunikations-, informations-
und zeichentheoretische Aspekte 52
7. Kategorien, Plakatgattungen, Typen 55
7.1. Allgemeines 55
7.2. Branchen 57
7.3. Rangfolgen 60
7.4. Drei ausgewählte Gattungen 62
VI

7.4.1. Das Warenplakat 62


7.4.2. Das politische Plakat 66
7.4.3. Das Filmplakat 71
8. Das Plakat als Forschungsgegenstand 75
8.1. Forschungslage 75
8.2. Werbeforschung 76
8.2.1. Ziele und Methoden: Historischer Überblick 76
8.2.2. Werbeträgeranlayse 77
8.2.3. Die gebräuchlichen Testmodelle 79
8.2.4. Ergebnisse: Wen erreichen Plakate? 81
8.3. Plakathistorische Forschung 82
8.3.1. Allgemeine Überblickswerke 82
8.3.2. Forschungen im Museumsbereich 83
8.3.3. Gattungen 84
8.4. Forschungsquellen: Archive und Zeitschriften 85
8.4.1. Sammlungen 85
8.4.2. Fachpresse 88
9. Kurzer Abriß der allgemeinen Plakatgeschichte 90
10. Schlußbemerkungen 97
Literaturverzeichnis 99
1. Einleitung

Werbung - früher auch Reklame genannt - ist eine alltägliche, an die Kon-
sumbedürfnisse, die bewußten und unbewußten Wünsche der Menschen appel-
lierende, das Interesse forcierende, im wesentlichen verkaufspolitischen Zwek-
ken dienende Erscheinung der medialen Kommunikation, das Plakat eines ihrer
klassischen Medien. Kann man bis zu den 1920er Jahren die Geschichte der
modernen Werbung zunächst fast ausschließlich als die des Plakats betrachten,
gibt es zur tatsächlichen Einschätzung dieses Werbemittels am Ende des
20. Jahrhunderts allerdings unterschiedliche Positionen. So wurde anläßlich des
Plakattages der Marketing-Fachzeitschrift .Horizont' im März 1997 kundgetan,
der Marktanteil des Plakats betrage gegenwärtig lediglich ca. 3 % - gegenüber
dem Fernsehen mit 38% - , und die einzige Produktkategorie, die das Plakat
noch strategisch gezielt einsetze, sei der Bereich der Zigaretten und der alkohol-
freien Getränke (vgl. Putze 1997). Gleichzeitig hieß es aber, Plakate seien eines
der zukunftsträchtigsten Medien (vgl. Udina 1997). Solche Widersprüche ver-
deutlichen, wie wenig eindeutig und wie uneinheitlich das Vertrauen in das
Plakat, in seine kommunikativen Fähigkeiten, seine werbliche Aussagekraft und
seine Wirtschaftlichkeit letztlich ist. Die niedrige Rangeinstufung hat sich in
den letzten zehn Jahren auch darin niedergeschlagen, daß das Plakat in ver-
öffentlichten Werbestatistiken häufig kaum mehr als Einzelposten genannt
wird, daß einige renommierte Werbefachbücher aus jüngerer Zeit wie etwa die
von Kroeber-Riel oder Schweiger/Schrattenecker - ganz im Gegensatz zu den
älteren von Kropff oder Seyffert - seine Existenz nicht oder nur noch am
Rande erwähnen. Demgegenüber wächst das historisch-nostalgische Interesse
am Plakat ständig; alte Exemplare erzielen auf Auktionen Höchstpreise, Plakat-
ausstellungen gewinnen immer mehr an Bedeutung, plakatgeschichtliche Litera-
tur erscheint in stetiger Folge. Gleichzeitig sind öffentliche Plakatwettbewerbe
keine Seltenheit.
Doch ist diese gespaltene Haltung keineswegs neu. Schon in den 1920er Jah-
ren gab es sie, als Film und Lichtreklame einen Höhepunkt erreicht und dem
Plakat bereits wesentliche Marktanteile abgewonnen hatten. Das Licht habe das
herkömmliche Plakat besiegt, diese Aussage wurde seinerzeit wiederholt getrof-
fen. „Litfaß ist krank" (Kopsch 1955, 33) lautete ein Verdikt, das man sich 1952
gefallen lassen mußte. Und die Frage „Hat das Plakat noch die Werbewirksam-
keit der zwanziger Jahre?" stellte 1966 eine Fachzeitschrift (Roth 1966, 296) mit
2 Einleitung

skeptischem Unterton. Die Stellenwert-Krise wurde durch das Vordrängen des


Fernsehens endgültig bestätigt (vgl. Wiindrich 1967). Ab den frühen 1950er -
und dann verstärkt in den 1960er Jahren - wurden in Deutschland jedoch erheb-
liche Anstrengungen auf dem Gebiet der Werbeforschung (vgl. 8.2.) unternom-
men, die den Werbewert des Plakats ins rechte Licht rücken sollten. Anglo-ame-
rikanische Methoden wie Reichweitenanalysen etc. gelangten vermehrt zur An-
wendung.
Der Erfolg gab den Optimisten innerhalb der Werbebranche offenbar recht:
die medialen Wandlungen konnten das Plakat nicht verdrängen. Bei allen Krisen
und voneinander abweichenden Meinungen begegnet es uns tagtäglich, ob auf
dem U-Bahnsteig, an Bus- und Straßenbahnhaltestellen, an Ausfallstraßen, Park-
streifen oder auf Bahnhöfen, an Bauzäunen oder in Unterführungen. Plakate sind
- zumal in großstädtischen Ballungsräumen - trotz gegenteiliger Behauptungen
und trotz starker Konkurrenz durch andere Werbemittel von starker optischer,
unausweichlicher Präsenz. Sie drängen sich auf und werden mit wechselnder
Intensität selbst im dichtesten Verkehrsgewühl wahrgenommen. Nicht nur der
aufmerksame Beobachter wird zugestehen, daß ihre Zahl in den 1990er Jahren
erheblich zugenommen hat. Die Fachpublikation Jahrbuch der Werbung' gibt
im Jahresband 1995 eine Wachstumsrate im Bruttoumsatz allein zwischen 1994
und 1995 um 4,6% an. Gleichzeitig erfuhren die Preise für die Plakatwerbung
merkliche Steigerungen. Wie die Wochenzeitschrift ,Der Spiegel' (42/1997,
112) nach den Daten einer Marktforschungsgesellschaft zu berichten wußte, soll
der kommerzielle Aufwand beim Plakat für 1998 gegenüber 1990 voraussicht-
lich ein geschätztes Wachstum um 47 % erlangen (vgl. 7.3.).
Natürlich kann die vorliegende Publikation den angedeuteten Widerstreit der
Meinungen, Zahlen und Beobachtungen nicht auflösen. Ebensowenig können
hier alle Aspekte des Plakats als Kommunikationsmedium angesprochen werden.
Dennoch wird versucht, die für den Themenbereich besonders relevanten Berei-
che gerafft, aber umfassend und allgemeinverständlich darzustellen. Daß der
Text in der vorliegenden Form zustande kam, wäre ohne die Hilfe von ver-
schiedener Seite kaum möglich gewesen. Danken möchte ich vor allem dem
Gesamtverband Werbeagenturen (GWA), Frankfurt a. Main, der Deutschen
Bibliothek und dem Deutschen Filmmuseum in Frankfurt am Main, der Biblio-
thek des Gutenberg-Museums in Mainz, der Stadtbibliothek in Mainz sowie der
Landesbibliothek in Wiesbaden, die mich ausgiebig mit Werbefachliteratur ver-
sorgten. Dem Filmbüro Hessen und der Frankfurter Filmschau sei gedankt für
die Geduld und die Überlassung von Raum und Arbeitsgerät.
2. D e f i n i t i o n : W a s ist e i n P l a k a t ?

2.1. Allgemeine Charakteristika

Beim Plakat handelt es sich um ein auf stärkste optische Wirksamkeit ausgerich-
tetes grafisches Medium persuasiven Charakters. Es wird durch seinen spezifi-
schen Zweck, nämlich zu werben, seine bestimmte Materialbeschaffenheit - in
der Regel ist dies Papier - , ein gewisses Format, das in Deutschland nicht unter
DIN A 3 liegt, eine spezielle Technik - in der Regel Druck nach Vorentwurf -
und eine eigene Verbreitungsform Aushang oder Klebung an Säulen und
Wänden - in seiner Identität bestimmt. Dabei unterliegt es einem Arbeitsprozeß,
der in einer Verkettung von Entwurf, Herstellung und Veröffentlichung „eine
Verständigungshandlung" verkörpert, „die mit der Reaktion des Angesprochenen
ihr Ziel findet" (Kämpfer 1985, 16). Seine Existenz wird dadurch gekennzeich-
net, daß es kontinuierlich, weithin wahrnehmbar, auffällig und suggestiv, im
Einzelfall aber zeitlich begrenzt an einem ausgewiesenen Punkt des öffentlichen
Raumes zugegen ist. Das Plakat wirbt für kommerzielle, politische, soziale,
karitative, kirchlich-religiöse, kulturelle, sportliche und andere Zwecke. Dabei
bedient es sich einer komprimierten Verbindung von grafischen Chiffren,
Symbolen, verkürzten Schriftpassagen (Schlagwörtern, Slogans) etc., die in
ihrem Zusammenwirken eine der jeweiligen Aufgabe entsprechende Werbebot-
schaft formulieren. Diese Reduktion, basierend auf der Kunst des Weglassens,
ist typisch für das Plakat und seiner Aufgabe angemessen: Nicht der ausführli-
chen Information dient es überwiegend, sondern der knappen unmittelbaren An-
sprache, der Überredung durch wiederholte, ständige Konfrontation.
Die spezifische Struktur des Plakats liegt in der Verknüpfung zweier Be-
reiche, an deren Schnittpunkt es liegt: Einerseits ist es Exponent der Interessen
der Auftraggeber, die seine Zwecke bestimmen, seien sie nun wirtschaftlicher,
politischer, gesellschaftlicher, kultureller oder anderer Natur. Als der verlängerte
Arm des Auftraggebers soll es den Betrachter an den zu bewerbenden Gegen-
stand heranführen, ihn spontan ansprechen, und zwar so, daß sich die Botschaft
im Unbewußten des Angesprochenen festsetzt, dort weiterwirkt und eine po-
sitive Einstellung zur propagierten Sache suggeriert. Andererseits muß man im
Plakat auch den Widerhall einer mehr oder weniger intensiven künstlerischen
Gestaltung sehen:
4 Definition: W a s ist ein Plakat?

Als Brücke vom Gebrauchsartikel zum Kunstgegenstand verbindet das Plakat - seit
den Wurzeln des Künstlerplakates Ende des 19. Jahrhunderts - verschiedene Welten:
kommerziellen Nutzen und künstlerischen Ausdruck (APG 1996, 47).

Folglich illustriert das Plakat also auch den Formenwandel der bildenden Kunst,
deren Einfluß die Plakatkünstler ständig unterworfen sind. Es wird aber nicht
so sehr nach Werten der Ästhetik beurteilt, sondern nach seiner Werbewirkung;
es hat eine dienende und zweckgebundene Aufgabe.
Ihre reine publike Existenz schon unterscheidet Plakate von anderen Medien
- öffentliche Videobildschirme, Videowände und Computeranimationen einmal
ausgeklammert - , da für ihre bloße Registrierung keine große Eigeninitiative
seitens des Passanten erforderlich ist. Das Fernsehprogramm muß man erst ein-
schalten und kann es wieder ausschalten, oder man kann beides auch ganz unter-
lassen - , die Zeitung und die Zeitschrift muß man kaufen, aufschlagen und
durchblättern, kann dabei die Anzeigenseiten auch überschlagen, den Computer
mit den Web-Sites muß man erst aktivieren; um einen Werbefilm im Kino zu
sehen, muß man dort hingehen etc.. Plakaten hingegen kann man sich nicht so
einfach entziehen, es sei denn, man schaut bewußt nicht hin oder wohnt in ei-
nem reklamelosen Niemandsland. Diese ständige Präsenz sagt zwar noch nichts
über die tatsächliche Werbewirksamkeit von Plakaten aus, ist jedoch ein erster
Schritt und wesentliche Vorbedingung zum möglichen Erfolg.
Hatte das Plakat zeitweilig eine dominierende Stellung - hier differieren
allerdings bereits die Einschätzungen der Zeitgenossen - unter den Werbemit-
teln, war sozusagen Basismedium der Werbekampagnen, so ist es heute mehr
denn je Bestandteil eines umfangreichen Apparates von Werbemitteln, deren
Interaktion und Relation man auch als Media-Kombination oder Media-Mix
bzw. Media-Netz bezeichnet. Neben Anzeigen, Rundfunk- und Fernsehspots
kommt dem Plakat dabei eine unterstützende Funktion zu. Da das Plakat durch
passive Nutzung, hervorgerufen durch das zufällige Vorbeikommen, gekenn-
zeichnet ist, muß es sich zumeist mit einer „Ergänzungsfunktion zur Aktuali-
sierung von Markenbild und Image [...] flankierend" (Althans 1993, 411) zu
anderen Werbemaßnahmen begnügen. Der Passant wird somit öfters von Werbe-
bildern begleitet, die er zu Hause wahrscheinlich bereits in einem anderen Zu-
sammenhang vorgesetzt bekam. Dies birgt die Gefahr, daß das Plakat selbst nur
noch „ein Surrogat von Informationsvermittlung zu bieten hat" (Rademacher
1996, 76).
Plákate werden „[...] woanders" und „[...] deshalb auch anders aufgenommen
als andere Medien" (Schirner 1988, 21). In der Regel sind Plakate statisch fi-
xiert und werden im Vorbeigehen, Vorbeifahren für einen Moment erlebt, um
kurz darauf bereits von etwas anderem aus dem Gesichtskreis verdrängt zu wer-
den. Als Teil einer Bilderflut müssen sie sich „nicht nur gegen die Konkurrenz
der Plakate nebenan durchsetzen, sondern gleichzeitig auch gegen die Kon-
A l l g e m e i n e Charakteristika 5

kurrenz der Dinge" (Schirner 1988, 22) in ihrer Umgebung. Folglich sollen sie
starke Blickfänger, unmittelbar verständlich sein und einen besonderen Gedächt-
niswert besitzen (Prakke 1963, 30), denn ihre Mitteilungsebene „liegt im Be-
reich der Umgangssprache" (Braun 1997,1). Das Plakat soll zwar auffallen, darf
dem Betrachter aber keine Rätsel aufgeben. Es teilt sich dem Betrachter direkt
mit, es verkörpert also keine „sprechende Visualität, sondern visuelle Sprache"
(Braun 1997, 2; ähnlich auch Rademacher 1996, 95). Um zu funktionieren, hat
es seine ganze Botschaft in äußerst kurzer Zeit zu übermitteln. Zur Erfüllung
seiner Aufgaben muß das Plakat an möglichst vielen Orten und Stellen ange-
schlagen werden, damit es von möglichst vielen Menschen gesehen wird.
Beim Plakat handelt es sich um ein Medium, das von vornherein schon auf-
grund seiner Funktion im Zentrum des sozialen Spannungsfeldes unterschied-
licher gesellschaftlicher Klassen steht (Henatsch 1994, 273). Plakate sind „Baro-
meter sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Ereignisse und Wechselbeziehun-
gen, Spiegel geistiger und praktischer Aktivitäten, der lebenszugewandten Seite
des Menschen" (Müller-Brockmann 1971, 10). Über ihr aktuelles Dasein hinaus
können Plakate die „bündigsten Zeugen der Geschichte" (Arnold 1985, O.S.)
sein, ebenso ein Spiegel, „der sowohl spiegeln, als auch verzerren kann" (Gallo
1975, 12), aber eben auch „ein lebendiger Spiegel des gesellschaftlichen Diskur-
ses" (Braun 1997, 3). Sie geben Aufschluß über die sozialen Zustände. Sie
demonstrieren das Angebot der wirtschaftlichen und industriellen Produktion
einerseits, zum anderen auch die Nachfrage, die Bedürfnisse der Konsumenten.
Sie orientieren über das kulturelle Niveau und gewähren einen Einblick in die
Mentalität der Bevölkerung und der Auftraggeber (vgl. Gries/Ilgen/Schindelbeck
1995). Plakate offenbaren die politische Situation, machen die Regierungsvertre-
ter bekannt, informieren z.B. über die aktuellen Probleme des Staatshaushaltes,
die konventionellen oder progressiven Problemlösungen u.a..
Plakate reflektieren die ideellen und materiellen werblichen Angebote in ih-
rer Zeit und Umgebung und dokumentieren damit eine bestimmte Wirklichkeit.
Sie spiegeln Normen, Werte, Klischeevorstellungen, moralische Grenzen,
Geschlechterrollen, Leitbilder, festigen sie, können sie aber auch durchbrechen.
Mitunter kann das Plakat bei der Rekonstruktion vergangener Zeiten und vieler
ihrer Details behilflich sein. „Aber nicht das einzelne Plakat natürlich [...] kann
diese Aufgabe erkenntnisfördernd leisten. Nur im Vergleich und in der Summe
vieler wird es zur historischen Erkenntnis der Vergangenheit beitragen" (Rade-
macher 1992, 12/13). Unter dieser Voraussetzung sind Plakate in der Lage, bei
tieferer Analyse vielfach auch die sozialen Provenienzen und Bedingtheiten der
bildlichen Darstellungen zu zeigen. Dabei muß allerdings auch in Rechnung ge-
zogen werden, daß das Plakat gerade als Quelle für den Historiker „ein mehr
oder weniger zufällig überkommenes Zeugnis vergangener Kommunikation"
(Kämpfer 1985, 14) darstellt.
6 Definition: W a s ist ein Plakat?

2.2. Herkunft und Begriff

Wie weit man die Geschichte des Plakats zurückverfolgen kann, wo seine Wur-
zeln liegen, ist nicht unumstritten. Die meisten Plakatgeschichten versuchen, sie
schon in der Antike zu verankern oder die Anfänge in Ladenschildern des späten
Mittelalters zu sehen. Vorläufer mag es hier und da im Altertum wie auch später
gegeben haben, eine direkte Linie zur Neuzeit läßt sich aber nicht unbedingt zie-
hen. Henatsch (1994, 15) weist mit Recht darauf hin, daß dem Plakat lediglich
unter der Prämisse, es handle sich, wie im Brockhaus von 1864/68 zu lesen, um
eine private oder obrigkeitliche Ankündigung für ein breites Publikum, eine lange
Geschichte bis hin zu den ägyptischen Papyri zuzuschreiben ist. Ebenso zutref-
fend betonen Zankl (1969, 24/25), Suckale-Redlefsen (1975, 46) und andere, daß
man vom eigentlichen Plakat erst seit der Zeit sprechen kann, als massenhaft be-
druckte Papierbogen in der Öffentlichkeit zum Anschlag gelangten. Seyffert sieht
die ersten gedruckten Plakate zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Zankl zählt zur
Vorgeschichte des Plakats die Zeit von der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts,
als durch die Erfindung des Buchdrucks mögliche flugblattartige Mitteilungen,
Aufrufe, Pamphlete en masse aufkamen und z.B. zur Reformationszeit und
während der Bauernkriege angeheftet wurden, bis zum Ende des 18. Jahrhunderts,
als aus Frankreich von einer Plakatkleberzunft berichtet wird und während der
Revolution Anschlagzettel eine wichtige Rolle spielten. Schindler (1972, 19ff.)
verweist hier auf Holzschnitte, Bilderbogen, Flugblätter, Embleme, Anschläge für
Tierschauen in ihrer Funktion als ästhetische und funktionale Vorläufer des
Plakats. Dort wurden sicher die Grundlagen gelegt und dann durch die Erfindung
der Lithographie 1796/98 noch ausgebaut. Mit der Entwicklung des eigentlichen
Plakatwesens darf jedoch erst - wenn man auch das technisch-logistische Umfeld
einbezieht - seit der Aufstellung von speziellen Plakatsäulen oder Anschlagtafeln
gerechnet werden. Dies erscheint besonders auch deswegen plausibel, weil das
Plakat als solches eben ein auf druckgrafischem Wege seriell hergestelltes Werbe-
mittel ist, für dessen massenhafte Verbreitung nicht zuletzt die Existenz und das
Interesse potentieller Auftraggeber sowie geeignete Produktions- und Distri-
butionswege vorausgesetzt werden müssen (vgl. 2.3).

Auch über die Herkunft des Wortes an sich herrscht nicht überall Einigkeit.
Laut .Kluges Etymologischem Wörterbuch der deutschen Sprache' ist Plakat aus
dem niederländischen plakkaat entlehnt, das sich wiederum aus dem französi-
schen placard entwickelt haben soll. Auch gibt es im Niederländischen das Wort
anplakken, was ,anheften' bedeutet bzw. plakken (.Flecken'). Man liest wie-
derholt auch von dem lateinischen Wort plaga - plagare ist die lateinische
Vokabel für .schlagen' - , was im Provencalischen zu placa .Platte, Blatt, Platte,
Täfelchen' wurde, wovon sich auch Plakette ableiten soll. In diese Wortfamilie
gehört auch noch plaquer, im Deutschen mit .auflegen, auftragen' wiederzuge-
ben, und somit auch plaque (.Belag'). Im Niederdeutschen wurde das Wort Pia-
Historische Voraussetzungen 7

kat bzw. plakaat bereits im 16. Jahrhundert für einen öffentlichen Anschlag
verwendet. Im Französischen hat sich allerdings affiche (.Anschlag', von affige-
re) durchgesetzt und wurde z.B. im Niederländischen übernommen, blieb auch
in der Schweiz üblich, gelangte im 18. Jahrhundert in den deutschsprachigen
Raum, kommt ansonsten im älteren deutschen Sprachgebrauch der Jahrhundert-
wende wiederholt vor. Während im Englischen poster (to post m e i n t , ankleben,
anheften') gebräuchlich ist, heißt es im Italienischen cartello oder manifesto
(,Plakatierung' ist allerdings affissione) - Begriffe, die eher die Materialbeschaf-
fenheit bzw. den inhaltlichen Zweck ausdrücken - und im Spanischen cartel.
Im Jahre 1848 und noch bis in die 1860er Jahre wurden in den deutschspra-
chigen Ländern mit Plakat und Affiche zunächst lediglich obrigkeitliche An-
schläge bezeichnet. Die Lexika des 19. Jahrhundert führen den Begriff Plakat
lange Zeit gar nicht auf bzw. verweisen auf Anschlag. Für die „Allgemeine
deutsche Real-Encyclopaedie für die gebildeten Stände" von 1833 existiert
weder Affiche noch Plakat, und unter Anschlag sind Erklärungen aus der Musik
und der Baukunst aufgeführt. Im Brockhaus von 1892 findet man unter Affiche
„Anschlagzettel [...]. affichieren, öffentlich anschlagen, auch zur Schau tragen."
Anschlag bezeichnet dort „eine öffentlich aushängende Bekanntmachung, An-
kündigung, Verfügung oder Aufforderung, ein Plakat". Plakatschriften sind
„große auffällige Typen, die man besonders für öffentliche Anschläge verwen-
det." Meyers Konversations-Lexikon erklärt im ersten Band seiner dritten Auf-
lage von 1874 „affiche" als „eine öffentliche, möglichst sichtbare Kundma-
chung, ein[en] Anschlagzettel" und definiert „Anschlag" als „jede öffentlich an-
geheftete oder angeklebte Bekanntmachung, welcher Art dieselbe auch sei und
von wem auch immer sie ausgehe. Anschläge können geschrieben, lithographirt
[sie!] oder durch die Buchdruckpresse hergestellt werden." Erst später wird das
Plakat als eigenes Stichwort genannt und unter Einbeziehung künstlerischer Kate-
gorien bestimmt: So heißt es z.B. im Brockhaus von 1901/4: „Durch künstleri-
sche Ausbildung der zu Reklamezwecken verwendeten Pflakate] entstand in
neuerer Zeit eine besondere Plakatkunst, die eigenen, ihrem Zweck gemäßen Ge-
setzen folgt." Und bei Meyer im 15.Band der 6. Auflage von 1906 erscheint der
Hinweis darauf, daß die „Plakatmalerei, die Anfertigung von Plakaten und An-
schlagtafeln für gewerbliche Reklamezwecke, die bis dahin untergeordneten
Kräften, wie Lithographen und Zeichnern für Bunt- und Luxuspapierfabriken,
überlassen war, ein Gegenstand künstlerischen Betriebs geworden" sei.

2.3. Historische Voraussetzungen

Das Phänomen der Reklame existiert bereits, solange es Handel und Gewerbe
gibt, also seit dem Altertum. Aber erst mit dem sich im 19. Jahrhundert vollzie-
henden Umbau der Warenwelt auf industrielle Massenfabrikation begann sich
8 Definition: W a s ist ein Plakat?

die Werbung im modernen Sinne herauszubilden und zielgerichtet mit dem Ein-
satz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel, wie z.B. der Anzeige, dem Hand-
zettel, der Broschüre und dem Plakat, später auch mit dem Film zu operieren.
Die zunehmende Bedeutung des öffentlichen Raumes als Bühne der massiven
Warenpräsentation, der kulturellen Selbstdarstellung und der politischen Agita-
tion bereitete den gesellschaftlichen Boden für die Etablierung des modernen
Werbewesens, das sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts zunächst noch schritt-
weise, dann aber um so forcierter zu entwickeln begann. Zwischen 1900 und
1920 waren dann die hauptsächlichen Grundzüge der Werbung, wie beispiels-
weise die Bedürfnisweckung, bereits praktisch wie theoretisch entwickelt und
wurden in zunehmendem Maße von einer immer zahlreicher werdenden Rekla-
meliteratur wissenschaftlich untermauert. Fast gleichzeitig begann man, die
künstlerische Gestaltung der Werbemittel als notwendig zu erachten.
Auf gesellschaftlicher Seite mußte also ein kapitalkräftiger Finanzierungs-
und Absatzmarkt erwachsen. Wesentlich ist dabei der „Umbau der Gesellschaft
zu einer Geldwirtschaft, die ihrerseits auf einer totalen Warenöffentlichkeit be-
ruht" (Reck 1988, 95). Ebenso sind das Aufkommen demokratischer Parteien,
moderner politischer Kräfte, neuer kultureller Energien durch die Metropolen-
kultur, also Schübe, die auch die verkehrstechnische Neuerungen und die Be-
schleunigung der Wahrnehmung beinhalten, von fundamentaler Bedeutung. Eine
vorher nie gekannte Verstädterung begann sich abzuzeichnen: Zwischen 1850
und 1900 wuchsen New York um das sechsfache, London um das vierfache, Pa-
ris um das dreifache und Berlin um das sechsfache.

Die Grundsituation, der sich das Plakat bemächtigt, also das Auftreten eines anonymen
heterogenen und mobilen Massenpublikums, ist zwar nicht erst mit d e m industriellen
Zeitalter gegeben, wohl aber ist sie aus den Lebensverhältnissen der großen Stadt
erwachsen: Ihr Wirkungsfeld ist die dichtbevölkerte Straße (Hagen 1984, 50).

Schon Sponsel (1897, 108) äußerte sich dahingehend, daß die moderne Plakat-
kunst der Großstadtluft bedürfe. Der „rasche und ununterbrochene Wechsel äu-
ßerer und innerer Eindrücke", der „die Steigerung des Nervenlebens nach sich"
zieht, die „rasche Zusammendrängung wechselnder Bilder, der schroffe Abstand
innerhalb dessen, was mit einem Blick erfaßt wird, die unerwartet sich aufdrän-
genden Impressionen", wie sie der Philosoph Georg Simmel 1908 in seiner
Abhandlung ,Die Großstädte und das Geistesleben' zu beschreiben suchte, alle
diese Faktoren wurden charakteristisch für die Großstadt. Das Reagieren auf
veränderte Wahrnehmungsgewohnheiten im Zuge der Technisierung und des
wachsenden Verkehrsaufkommens, der Mechanisierung des Alltags sowie des
Blicks mußte zur bildlich-signalhafen Kurzform führen, eine kulturelle Tendenz,
der auch andere Kunstformen wie etwa der frühe Film ihre Existenz verdanken.
Plakatzentren wurden in diesem Zuge fast zwangsläufig die großen Metropolen.
Historische Voraussetzungen 9

In Deutschland entwickelten sich Berlin und München, zwei Städte, deren


Bedingungen in gewissen Punkten stark voneinander abweichen, zu den Haupt-
zentren des Plakats. Bedeutender als München war aber Berlin, da es als Haupt-
stadt Preußens und des Deutschen Reiches seit der zweiten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts eine Fülle von kommerziellen und kulturellen Energien auf sich gezo-
gen hatte, als Metropole des grafischen Gewerbes galt und folglich zu einer
Hauptstadt der Plakatwerbung werden konnte. Künstlerisch konnte München
sich allerdings gegenüber Berlin, gerade was die frühe Plakatkunst um 1900
angeht, durchaus behaupten.
Die Unterschiede beider Städte wurden schon früh betont. So heißt es bei
Pechmann (1914, 169), München sei keine Reklamestadt. Hier fehle die Fülle
kommerzieller Energien, „die auf den Pariser Boulevards oder auf dem Pots-
damer Platz von Berlin in den Abendstunden den Passanten in Form tausendfa-
cher Lichtströme umflutet oder die Straßen Leipzigs zur Zeit der Messe in ein
buntes Gewand und Fahnen hüllt." Dies ist sicherlich einer der Gründe dafür,
daß die Münchener Plakate lange Zeit von der inhaltlichen Gewichtung her ihr
eigenes Profil besaßen. Laut einer Statistik aus dem Jahre 1930 bildeten Konzer-
te, Vorträge, Vereinsveranstaltungen mit 20% den Hauptanteil, der also ein-
deutig auf dem bildungskulturellen Sektor lag, dicht gefolgt von Faschingsplaka-
ten mit 18,5%; Gaststätten und Kino nahmen 11 % ein, die Industrie spielte eine
untergeordnete Rolle. Noch 1974 machten Veranstaltungen, Ausstellungen und
Messen mit 38,4 % den Löwenanteil der Plakatierung aus. Diese differierenden
Bedingungen bildeten zunächst auch einen unterschiedlichen Plakatstil aus, der
sich direkt an den spezifischen Gegebenheiten orientierte. Dazu schreibt Schu-
bert (1927, 24):

Die heftige Brandung des Berliner Straßenverkehrs, das eilige Hasten, die Geschäftig-
keit und die Inanspruchnahme des Menschen machte einen eigenen Plakatstil not-
wendig [...], der für malerische Beschaulichkeit keinen Raum bot, der [...] vielmehr
an Knappheit und Eindringlichkeit das Äußerste aufbringen mußte.

Als wichtige Nebenzentren begannen sich Leipzig, Dresden und Hamburg im


Norden, im Süden Karlsruhe und Stuttgart zu etablieren. Ebenso kristallisierten
sich im Rheinland die Zentren Köln und Düsseldorf heraus. Alle diese Städte
konnten - im Rahmen ihrer Größe - eine Fülle von Auftraggebern des kommer-
ziellen und kulturellen Bereichs aufweisen, wie beispielsweise auch Leipzig mit
seiner Messe oder das industriell aufstrebende Ruhrgebiet. Als die Entwicklung
des Plakats stützende historisch-technische Faktoren muß man die Verbesserung
und Rationalisierung der drucktechnischen Möglichkeiten durch stets neue Ap-
paraturen (Schnellpressen), die Erweiterung der von Aloys Senefelder (1771-
1833) erfundenen Lithographie zur Farblithographie bis hin zum Offsetdruck,
die Verbesserung der Papierherstellung, die Entwicklung von lichtechten Farben
etc. anführen (vgl. 3.1.-3.3.), nicht zuletzt auch die Erfindung der Fotografie.
3. Herstellung

3.1. Historischer Überblick

Innerhalb der Werbung unterscheidet man gemeinhin drei Teilbereiche: (1)


Werbeplanung, welche die Ziel- und Programmplanung beinhaltet; (2) Werbe-
realisation; in dieser Phase erfolgt die Gestaltung der Werbemittel und ihre
Streuung; (3) Werbekontrolle, bei der die Messung des Werbeerfolgs vonstatten
geht. Hierin fügt sich auch das Plakat ein. Damit es für kurze Zeit an der An-
schlagstelle kleben kann, sind Wochen - manchmal auch Monate - der Vor-
bereitung nötig. Diese gliedert sich in die drei Hauptphasen Planung, Entwurf
und Realisierung. Im einzelnen handelt es sich dabei um die Auftragserteilung,
um Vorgespräche, die Entwicklung einer Idee, die Formulierung eines Slogans,
die Anfertigung von Skizzen, um Verbesserungen, Konkretisierungen, schließ-
lich um den fertigen Entwurf. Danach erfolgt die Rückkoppelung mit dem Auf-
traggeber; bei Einverständnis wird die Druckvorlage angefertigt. Die Einholung
von Kostenvoranschlägen für den Druck, die Erteilung des Druckauftrags selbst,
die Drucküberwachung, schließlich die Organisation der Plakatierung sind die
weiteren Schritte. Wichtige Aspekte bei Planung und Realisierung eines Plakats
sind sein Stellenwert im Rahmen einer Werbekampagne und seine Ausprägung
innerhalb eines womöglich einheitlichen kampagnen- oder firmenspezifischen
Gestaltungs-Designs (Corporate-Design).
Vor allem drei Techniken, „[...] die allerdings fast genauso viele Varianten
zulassen, wie es Druckereien gibt" (Döring 1994, 8), waren und sind für das
Plakat gebräuchlich: der Buchdruck, die Lithographie und der Offsetdruck, nach
1945 z.T. auch der Siebdruck. Seit den 1840er Jahren erschienen in England
und Frankreich Bildplakate größeren Ausmaßes als häufig zusammengesetzte
Holzschnitte - bis über die Jahrhundertmitte hinaus die einzige Technik der
großformatigen Bilddrucke - und Schablonendrucke bis zu einer Höhe von 2 m.
Ansonsten waren Außenplakate bis in die 1870er Jahre zumeist von Lettern ge-
setzte reine Schriftplakate. Traten Bildmotive auf, so wurden bei einfachen
Schwarzweiß-Zeichnungen von einer gleichmäßigen Tiefenschwärze Strichät-
zungen, bei stark schattierten Vorlagen aus Rasterpunkten bestehende Autoty-
pien hergestellt, während bei farbigen Vorlagen mit zusätzlichen Tonplatten ge-
arbeitet wurde. Überwiegend handelte es sich jedoch um Schwarzweiß-Plakate
mit eventueller Hinzunahme von einer oder zwei zusätzlichen Farben. Zur exak-
Historischer Überblick 11

ten Wiedergabe exponierter typographischer Entwürfe war der Buchdruck für


das Plakat auch noch im 20. Jahrhundert von Bedeutung.
Viele der Bildplakate des 19. Jahrhunderts waren jedoch für den Innenraum
gedacht, wobei die schwarz gedruckte Lithographie auch aquarelliert werden
konnte. Der Text wurde in der Regel auch hier von Lettern gesetzt und erfor-
derte zunächst einen eigenen Druckvorgang. Die typolithographische Presse,
vorgestellt 1867, verband als wichtige Neuerung den lithographischen Farb-
druck mit dem Letterndruck. Die eigentliche Verbreitung der schon ca. 1837
erfundenen Farblithographie in der Plakatreklame fand jedoch erst später statt:
Waren bis dahin Farben kein substantieller Gestaltungsfaktor, so wies Jules
Chéret, selbst Lithograph, seit den 1870er Jahren in Europa den Weg zum
modernen Bildplakat. Er entwickelte eine der Lithographie angepaßte, skizzen-
hafte Entwurfstechnik, rationelle und effektive Druckmethoden mit einen
schwarz druckenden Lithostein für die Zeichnung sowie einem roten Farbstein
und einem dritten, den er grün, blau, teils gelb einfärbte.
Waren die Druckvorgänge zunächst rein manuell, so bedeutete die lithogra-
phische Schnellpresse einen Rationalisierungsprozeß, bei dem der Stein zuneh-
mend auch durch Metallplatten (Aluminium und Zink) ersetzt wurde, die Re-
produktion jedoch weitgehend auf dem alten Prinzip beruhte. Bei der ursprüngli-
chen Lithographie erschien der Druck seitenverkehrt. Um diesem Problem
auszuweichen, wurde vielfach mit speziellen Umdruckverfahren gearbeitet. Auch
wurden schon früh die fototechnischen Möglichkeiten zur Herstellung von Pla-
katen herangezogen. Es gab bereits vor 1900 in ihrer Zeichnungsplatte foto-
mechanisch als Zinkotypien hergestellte, im Hochdruckverfahren gedruckte und
dann mit Schablonen kolorierte Plakate. In anderen Fällen wurden die aufgera-
sterten Aufnahmen des Originals auf den lichtempfindlich gemachten Stein
kopiert und - mit der Nadel überarbeitet - als Zeichnungsplatte einer Farblitho-
graphie verwendet. Bis in die 1920er Jahre sind die Plakate „Lithographien" im
Sinne der jeweils üblichen und sich ständig verändernden Teiltechniken.
Um die vom Auftraggeber oder auch vom Künstler gewünschten Effekte zu
erreichen, bot die Lithographie zahlreiche Möglichkeiten der Überarbeitung und
Verfeinerung mittels Spritz- und Retouchiertechniken. Zur Erzielung einer durch
den Entwurf vorgegebenen gouache- oder gemäldeartigen Wirkung bemühten
sich die Lithographen, in gleichmäßiger Durchpunktierung die Farben der Vorla-
gen nachzubilden. Gerade die zeitgleich bis weit nach 1900 übliche Chromoli-
thographie bezeichnet eine solche Technik, bei der bis zu dreißig Färb- und
Tonplatten verwendet wurden.
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde von den durchschnittlichen Drucke-
reien nach Musterbüchern gearbeitet. Dieser, auch dem Verbrauchsbedürfnis ent-
sprechenden Handhabung verdankte das noch lange verbreitete Lagerplakat
seine Existenz: Ein Fundus vorfabrizierter, austauschbarer Motive konnte je
nach Zweck - versehen mit dem Aufdruck - beliebig verwendet werden. So ent-
12 Herstellung

standen zahlreiche Plakate etwa der für Artisten- und Zirkusplakate bekannten
Hamburger Druckerei „Friedländer". Die Berliner Firma „Hollerbaum &
Schmidt" war die erste deutsche Druckerei, die um die Jahrhundertwende Pla-
kate ausschließlich auf Bestellung fabrizierte.
Der Prozeß der Herstellung vom Entwurf bis zum Druck kannte mehrere
Möglichkeiten: (1) Zeichner und Lithograph waren identisch, dieser setzte ent-
weder einen Eigenentwurf auf die Platte bzw. benutzte vorrätige Schablonen-
motive; (2) Das Plakat entstand durch die Zusammenarbeit zwischen einem an-
gestellten Entwerfer und dem Lithographen, der den Entwurf auf die Platte um-
zeichnete; (3) Die Vorlage kam von einem auswärtigen Künstler, der dann mit-
unter auf den weiteren Verlauf keinen Einfluß mehr hatte. Auch gab es häufig
eine Trennung von Bild- und Schriftentwerfer. Eigenhändig lithographierte
Künstlerplakate waren um 1900 eher selten und fast nur in Frankreich üblich.
Mitunter beharrten die Lithographenvereinigungen auf der Trennung von Künst-
ler und Lithograph und verlangten von den Grafikern eine eigene ausdrückliche
Lithographenausbildung, wie aus Wien bekannt.
Seit den 1920er Jahren wurde die Lithographie Zug um Zug vom Offset-
druck abgelöst. Dieses, bereit ab 1904 mögliche, aber für das Plakat zunächst
noch nicht gebräuchliche Verfahren brachte als Neuerung Folgendes: Durch die
Schaltung einer mit einem Gummituch bespannten weiteren Walze zwischen
Druckform und Papier konnte jetzt mechanisch seitenrichtig gedruckt werden.
Eine Weiterentwicklung bestand darin, daß der Entwurf auf einen Film übertra-
gen, die Druckplatten mit einer lichtempfindlichen Schicht gleichmäßig bedeckt
wurden; die Übertragung des Films erfolgte durch starke Belichtungslampen auf
die Druckplatte. Die Verbreitung ging einher mit einem Wechsel im plakativen
Ausdruck durch die Avantgarde-Technik der Fotomontage, wobei es auch zu
Verknüpfungen der Techniken kam. Die Vervielfältigung der Schwarzweißfoto-
grafie geschah dadurch, daß Grautöne aufgerastert oder im Tiefdruckverfahren
wiedergegeben wurden. Problematisch war zunächst die Reproduktion von Farb-
aufnahmen: Man hinterlegte Schwarzweißaufnahmen mit Farben, ein Verfahren,
das bis Ende der 1930er Jahre bereits ausgereift war.
Eine Zeitlang war auch die Praxis üblich, daß man ein „Original" als Litho-
graphie erstellte, die weiteren Vervielfältigungen jedoch als Offsetdruck ausge-
führt wurden. Der Offsetdruck sollte sich schließlich ganz durchsetzen und die
Lithographie, von limitierten Künstlerplakaten einmal abgesehen, völlig verdrän-
gen. Während dies in den USA schon vor dem Zweiten Weltkrieg der Fall war,
gab es die genannten Mischformen in Europa noch bis in die ersten Nachkriegs-
jahre, jetzt jedoch auf Grund der Einschränkungen erheblich verschlechtert. Der
Siebdruck (Durchdruck) wurde in den 1950er Jahren bei geringeren Auflagen
gebräuchlich. Siebdrucke sind lichtbeständiger als Offsetdrucke.
Gegenwart 13

3.2. Gegenwart

Heute kann man den idealtypischen Herstellungsprozeß eines Plakats in etwa


wie folgt beschreiben (Grözinger 1994, 67ff.): Nachdem der Auftrag für das
Plakat erteilt worden ist, werden verschiedene Entwurfsvarianten zunächst
flüchtig als Rough in Form von Skizzen oder Scribbles im Kleinformat erstellt,
welche bereits die Verbindung von Text und Bild, ihre hierarchische Gliede-
rung, ihre Anordnung und Gewichtung erkennbar enthalten können. Roughs,
Rohlayouts werden von Hand skizziert, oft auch in sehr kleinem Format - mit-
unter Briefmarkengröße —, um z.B. zeigen zu können, ob ein Plakat in DIN A l
noch oder schon von etwa 15 m Entfernung wahrgenommen wird. Das typogra-
fische Skizzieren erfolgt in Reinzeichnung. Bei dem nun folgenden DIN-A-6-
Layout (10,5 χ 14,8 cm) wird der Plakatentwurf intensiv in den Details erklärt.
Hier fällt womöglich schon die Entscheidung über die Proportionen bei Text
und Bild und alle typografischen und bildnerischen Mittel, zum Beispiel, ob mit
Foto oder Zeichnung gestaltet wird. Bislang vernachlässigte Details wie Reflexe,
Licht und Schatten, Farbtöne mit ihren Mischungen und Abstufungen, Ober-
flächen· und Materialstrukturen sowie Schriftdarstellungen in Originaltexten,
ihre Anordnung und Gewichtung können jetzt präzise zur Darstellung gelangen.
Es folgt das Reinlayout. Entworfen wie gedruckt, also dem späteren Drucker-
gebnis sehr nahe kommend, wird es nochmals mit den Herstellungsfachleuten
diskutiert und dann dem Auftraggeber zur Entscheidung vorgelegt. Die Ausfüh-
rung kann von Hand oder in einem Computerausdruck etwa der Größe DIN A3
geschehen. Als „Original" ist das Reinlayout die verbindliche Vorlage für alle
weiteren Maßnahmen, für die reprofähige Reinausführung ebenso wie für das
Reprostudio, die Druckerei und die weitere Verarbeitung.
Anhand geeigneter Durchsichtsvorlagen und Aufsichtsvorlagen sowie am Com-
puter vorbereiteter Disketten-Dateien stellen dann Reprostudios die für die Anferti-
gung von Druckformen benötigten Filme her. Durchsichtsvorlagen sind Farbdias,
in der Regel ab 6 χ 6 cm, am besten eignen sich Dias im Format 13 χ 18 cm oder
24 χ 30 cm. Gedruckt wird im 60er oder im 70er Raster. Aufsichtsvorlagen -
aufgezogene Montagen aus Texten und Bildern, grafischen Farbflächen etc. -
müssen, da sie auf die Scannerwalze gespannt werden, auf biegsamen Scanner-
kartons angelegt sein. Von den Vorlagen wird entweder ein zweifaches Dia
erstellt oder eine Reproduktion über einen Flachbettscanner vorgenommen. Beim
Hochziehen der Aufsichtsvorlagen auf das endgültige Format muß auf den
Raster geachtet werden. Bei allen Vorlagen werden die Lithos in der Regel mit
einem 70er Raster im Format DIN A 2 (420 χ 597 mm) angelegt und auf die
erforderliche Größe projiziert.
Die Druckvorlagen für die Plakate müssen den Druckereien reproreif ge-
liefert werden, und sie müssen heutzutage in der Regel scanfähig sein. Als Text-
vorlagen können Reinzeichnungen verwendet werden, die zu Reprofilmen ver-
14 Herstellung

arbeitet werden. Aus diesen Vorlagen wird das Mutterlitho erstellt. Als Kon-
trolle werden dem Werbetreibenden mit Hilfe der Mutterlithos sogenannte An-
drucke oder Proofs vorgelegt, um die Druckfreigabe zu erhalten. Plakatvorlagen
müssen nicht die Größe der endgültigen Plakate haben, das Format DIN A 3
reicht aus. Zu Zeiten der Plakatzensur mußten hin und wieder alle Entwürfe und
Druckvorlagen im Format 1:1, z.B. 142 χ 95 cm, angefertigt werden, um, da es
sich um eine Wirkungsprüfung handelte, eine aussagekräftige Vorlage zu liefern
(vgl. 5.1.).
Der Druck erfolgt in der Regel im Offset-Druckverfahren. Um Plakate
drucken zu können, benötigt die Druckerei vor allem ausreichend große Druck-
maschinen. Andrucke werden - im Gegensatz zu früher - ebenfalls nicht im
Endformat gedruckt, sondern häufig im Kleinformat (27 χ 30 cm bis 50 χ 70
cm). Es findet auch bereits der digitale Farbdruck Verbreitung. Er eignet sich
besonders zur Herstellung von Ganzsäulen- und Großflächenplakaten sowie für
Vitrinen- und Einzelplakate, größte Anschlagfläche 1,32 m breit und etwa 20
m lang. Im Computer wird mit Text, Grafik, Fotos und Farbe die endgültige
Gestaltung entworfen und digital ausgedruckt. In einem Arbeitsvorgang ohne
langwierige Repro- und Druckverfahren erfolgt die Übertragung mit einer hohen
Auflösung direkt auf das Endformat.

3.3. Materialien: Papier und Farben

Auf welchem Papier das Plakat seine Endgestalt erhält, ist für das Aussehen von
großer Bedeutung. Das Material unterliegt heutzutage bestimmten hohen Quali-
tätsmaßstäben. Im Vordergrund steht die einseitige Glätte des Papiers. Sie be-
dingt eine sehr gute Druckqualität und eine leichte Brillanz, ohne zu reflek-
tieren, was aber nur dann zur Geltung kommt, wenn auch auf der glatten Seite
gedruckt wird. Die rauhe Rückseite hingegen ermöglicht eine problemlose
Affichierung. Da das Plakat starken Witterungseinflüssen ausgesetzt ist und an
Säulen und Großflächen in der Regel in Wasser eingeweicht und naß ange-
schlagen wird, muß das Papier naßfest und ausreichend geleimt sein und darf
nur eine geringe Naßdehnung besitzen. Die Naßreißfestigkeit bedeutet, daß das
Plakatpapier sich auch nach dem Ansetzen an der Anschlagstelle noch aus-
dehnen lassen muß, ohne dabei einzureißen. Deshalb werden von Fachleuten
eigens holzfreie, vollgeleimte, nicht vergilbende Naturpapiere mit einem Ge-
wicht von 100 bis 120 Gramm pro Quadratmeter besonders empfohlen. Leich-
tere Papiere sind öfter durchscheinend und reißen schneller; schwerere Papiere
lassen sich schlechter verarbeiten. Die Dehnung muß bereits bei der Erstellung
des Mutterlithos berücksichtigt werden.
Nicht unwichtig ist auch die Laufrichtung (Faserlauf) des Papiers. Da sich
Papier quer zur Laufrichtung im feuchten Zustand stärker dehnt, müssen mehr-
Materialien: Papier und Farben 15

teilige Plakate grundsätzlich mit der gleichen Laufrichtung gedruckt werden.


Bilderdruck-, Chromo-, Glanz- und Kunstdruckpapiere eignen sich nur bedingt
für den Plakatanschlag. Andrucke werden mitunter auf Kunstdruckpapier ge-
druckt. Eingefärbte Papiere haben absolut wasserfest zu sein. Des weiteren muß
das Plakatpapier ausreichend decken, damit an den unbedruckten Stellen das
darunter klebende Plakat nicht durchscheint. Um dieses Problem zu lösen, wird
häufig auf der Rückseite ein Rasteraufdruck vorgenommen. Das Papier beim
City-Light-Poster (vgl. 4.2.) ist etwas schwerer als normales Plakatpapier, näm-
lich 135 Gramm pro Quadratmeter in Sonderausfertigung für Vitrinendurch-
leuchtung. Diese Plakate werden nicht angeklebt, sondern trocken in Haltevor-
richtungen hinter schützendem Glas angebracht. Man spricht in diesem Fall von
Hängung. Um eine unterbrechungsfreie Durchleuchtung zu gewährleisten,
müssen sie an einem Stück gedruckt werden.
Bis in die jüngste Vergangenheit war das Material jedoch gleichbedeutend
mit stark holzhaltigem, nur schwach geleimtem Papier minderer Qualität. Wie
aus Biagoschs Papiersortentenlexikon von 1930 hervorgeht, wurde damals bei
der Auswahl der Papiersorten zwischen Plakaten unterschieden, die länger aus-
hängen und solchen, die nur kürzere Zeit zu sehen sein sollten. Überdies muß
in Rechnung gezogen werden, daß in Krisen- und Notzeiten die Papierqualität
immer abnimmt. So wurden z.B. während der Weltkriege und danach Plakate
häufig auf Zeitungsmakulatur oder minderem packpapierähnlichem Material
gedruckt.
Heute werden Farbdrucke, also auch Plakate, fast ausschließlich im Vier-
farbdruck hergestellt. Verwendet wird in den meisten Fällen die Europa-Skala,
die aus den drei Grundfarben Cyan (kaltes Blau), Gelb, Magenta (bläuliches
Rot) sowie dem Tiefe gebenden Schwarz besteht. Aus den drei Grundfarben
lassen sich fast alle Farbtöne herstellen. Diese Europa-Skala ist ein Kompromiß
zwischen der früher gebräuchlichen DIN-Skala (kalte Skala) und der weltweit
verwendeten Kodak-Skala (warme Skala). Die früher für den Plakatdruck häufig
benutzte 6-Farbenskala (helles Rot und Blau zusätzlich) wird zumeist nur noch
bei schwierigen Spezialaufträgen verwendet. Farbige Plakate lassen sich auf
zwei Arten herstellen: (1) Die Papiere sind schon bunt und werden mit Bild und
Text in einem dunkleren Farbton, z.B. in Schwarz bedruckt. (2) Alle Plakatmo-
tive und Elemente werden mit einer oder mit mehreren Buntfarben auf weißes
Papier gedruckt.
Für den Druck von Plakaten sollen prinzipiell keine Farben verwendet wer-
den, deren Lichtbeständigkeit nach DIN 1625 unter WS 5 6 (das ist das zum
Maßstab genommene Lichtbeständigkeitsspektrum von Wolle) liegt. Dauerplaka-
te mit Aushangzeiten von mehreren Wochen fordern eine Lichtechtheit von
WS 7. Hohe Anforderungen werden bei Vitrinenplakaten an Spezialfarben für
Aufsicht und Durchleuchtung gestellt. Der Lichtechtheitsmaßstab der Wollskala
enthält acht Stufen, wobei die Stufe 8 hervorragend bedeutet und Stufe 1 eine
16 Herstellung

sehr geringe Lichtbeständigkeit beinhaltet. Des weiteren muß die Witterungsfe-


stigkeit beachtet werden. Dies ist aber offenbar eine Kostenfrage: Anfälligkeiten
gegen Licht und Wetter sind von den Pigmenten abhängig; gerade im Rotbe-
reich gibt es jedoch nur wenige geeignete, dafür aber sehr teure Pigmente.

3.4. Auflagen

Was die Auflagenzahlen gerade in früheren Zeiten angeht, so bieten die Quellen
kaum verläßliche und widersprüchliche Zahlen an. Diese hingen und hängen
einerseits von der jeweiligen Kampagne und deren Reichweite wie auch von der
Branche ab. Determiniert sind sie mitunter durch die Zahl der zur Verfügung
stehenden Anschlagstellen. Für das Filmplakat in Deutschland um 1930 z.B. ist
eine Ziffer von ca. 3000 überliefert (Albachary 1933, 50), die aber mit der hier
üblichen Praxis zusammenhing, Plakate für den Aushang am Kino leihweise
abzugeben. In anderen Branchen waren auch Zahlen von 6000 bis 8000 und
mehr möglich, u.a. bei Plakaten für internationale Messen und Ausstellungen.
Für England ζ. B. sind Kampagnen mit über 20000 Plakaten allein im Großraum
London überliefert (Albachary 1928, 80). Die Höhe der Auflage variiert auch
nach Plakatgrößen. Bei den Zirkusplakaten der Firma .Friedländer' etwa wurden
um 1900 von den kleinen, auf einem Bogen gedruckten Plakaten 3000 Exem-
plare hergestellt, bei den großen, mehrbogigen höchstens 1000 Stück. Von
Alphonse Muchas Plakat für den Salon de Centenaire (1896) sollen 6000 Stück
gedruckt worden sein.

3.5. Plakatdruckereien

Mit ständig wachsender Auftragslage begannen sich in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts und dann noch einmal verstärkt nach der Jahrhundertwende ty-
pische Plakatdruckereien zu etablieren. Hier seien nur einige der wichtigsten
Firmen der Hochphase des Plakats in Deutschland genannt, wie die Berliner
,Hollerbaum & Schmidt' als wesentliche Förderer der künstlerischen Plakate,
gegründet 1894; sodann ,Dinse, Eckert & Co.', gegründet 1911; .Plakate R.
Spiegel', gegründet 1912; die bereits seit 1888 bestehende .Lithographische An-
stalt Arnold Weylandt'; die 1910 entstandene ,Rotophot A.G.'; .Lindemann &
Lüdecke', gegründet 1905, und .Paul Grasnick', ins Leben gerufen 1898. Der
Film als Auftraggeber wurde bald von besonderer Bedeutung: Viele Berliner
Druckereien erlebten gerade mit diesem Medium ihren Aufstieg. Einige, wie die
1921 gegründete ,Tilco' oder die ,Plakatkunst Paul Eckert', sollten sich sogar
ganz auf Kinoplakate spezialisieren. ,Offset-Druck Scherl' wurde ab den 1920er
Jahren für die Filmindustrie wichtig. In München waren u. a. die Firmen .Bruck-
Plakatformate 17

mann', ,Kunst im Druck' (,KID'), die ,Münchener Chromolithographische


Kunstanstalt', die Betriebe von ,Oscar Consée' und ,Fritz Maison' (.Schön und
Maison', später ,Vereinigte Kunstdruckereien') sowie die .Gebrüder Obpacher'
(,Obp') von Rang. In Köln und Düsseldorf sind vor allem die angesehenen
Firmen ,BageI' und ,Dumont-Schauberg' zu nennen, in Frankfurt etwa
,Klimsch', ,May Söhne' und ,Kornsand', in Dresden .Meissner und Buch'. In
Österreich darf die Wiener .Waldheim und Eberle A.G.' - die WEAG - nicht
unerwähnt bleiben.
Wie unschwer zu erkennen, gehörten - und gehören zum Teil auch heute
noch - einige Druckereien zu bedeutenden Verlagen. Dieses Phänomen trifft
auch auf Frankreich und Italien zu, wo .Gallimard' oder .Ricordi' neben ihrem
Renommée als Verlage wichtige Plakatdruckereien unterhalten. Die großen
französischen Filmfirmen .Gaumont' und ,Pathé' hatten lange Zeit ihre eigenen
Druckereien. Mit der noch stärkeren Föderalisierung Deutschlands nach 1945/49
und der zunächst zu bemerkenden Zersplitterung des Plakatwesens sind neue
bekanntere Druckereien nicht mehr in dem Maße im allgemeinen Bewußtsein
verankert wie noch um 1920/30. In München bestanden einige der bekannten
Gesellschaften wie etwa ,Obpacher' oder .Kunst im Druck' weiterhin. In West-
deutschland sind für die 1950er Jahre mit dem Rhein-Main-Gebiet sowie mit
Hamburg und Köln gewisse Finnenschwerpunkte auszumachen. Auf dem Sektor
Filmplakat wurde ,Winterdruck' in Heidelberg von Belang. Die avantgardisti-
schen Plakate der Kasseler Schule (vgl. Hillmann/Rambow 1979) für die ,Neue
Filmkunst' brachte die ,Göttinger Druckerei- und Verlags-GmbH' heraus. Als
bedeutende DDR-Plakatdruckerei seien hier nur die ,VEB Graphische Werk-
stätten' in Berlin genannt.

3.6. Plakatformate

Das Plakatblatt besteht in der Regel aus einem hochrechteckigen Papierbogen;


die querformatigen mit denselben Proportionen in Höhe mal Breite sind ins-
gesamt seltener. Dabei hat sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg das aus mehre-
ren Bogen zusammengesetzte Plakat, das speziell für Fernsicht oder für den
Blick des Autofahrers konzipiert ist, weiter verbreitet. In den USA entstanden
bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts Bildplakate, die bis zu 4 oder 6 m lang
und 4 m breit waren und in 8, 15 oder 18 Teilen erstellt wurden. Für Ende des 19.
Jahrhunderts sind die folgenden französischen Standardgrößen für Plakate be-
kannt: 1/4 Colombier: 41 χ 30 cm; 1/2 Colombier: 69 χ 41 cm; Jésus: 70 χ 65 cm;
Colombier: 61 χ 82 cm; Grand Aigle: 110x70 cm: Double Colombier: 1 2 2 x 8 2
cm; Double Grand Aigle: 140 χ 110 cm; Quadruble Colombier: 164 χ 122 cm;
Quadruple Grand Aigle 220 χ 140 cm. In Paris waren die Außenplakate zwi-
schen den Kriegen in der Regel ca. 160 χ 120 cm groß.
18 Herstellung

Die Vielzahl von Formaten ließ immer wieder die Forderung nach einer Ver-
einheitlichung aufkommen: Bereits um die Jahrhundertwende wurde ein von
Wilhelm Ostwald entwickeltes Weltformat von 90,5 χ 128 cm vorgeschlagen,
das die Schweiz übernahm; es ermöglicht ein Erfassen der Gesamtfläche auf
mittlere Sehdistanz und auf einen Blick. Schon mit der Etablierung der Litfaß-
säulen in Deutschland war eine Beschränkung auf fünf Formate verbunden ge-
wesen, was jedoch offenbar nur für Berlin galt. Spätere Berliner Formate waren
z.B. die der Größen V (ca. 70 χ 9 5 cm), VI (ca. 142 χ 95 cm), das zumeist im
Hochformat gemessen wurde, und VII (ca. 2 8 0 x 9 5 cm). Im Jahre 1922 be-
schloß der 1917 gegründete Normenausschuß der deutschen Industrie die Ein-
führung der DIN-Normen. Für das Plakat setzten sich derartige Änderungen
trotz ständiger Forderungen nur schrittweise durch, bis es im Zuge einer Neu-
ordnung der DIN-Normen im Jahre 1942 zur endgültigen Verpflichtung zum
DIN-Format für alle Plakate kam, was z.B. bei DIN A 1 84 χ 59,4 cm und bei
DIN A O 1,19 χ 94 cm beträgt.
Die letztendliche Größe des Plakats hing einerseits vom Wunsch des Auf-
traggebers ab, andererseits aber auch von der Zahl der zusammengefügten Bo-
gen. Diese wiederum war von den Möglichkeiten der jeweiligen Druckerei ab-
hängig, denen sich auch der Entwurf anzupassen hatte. Ein Plakat im Hochfor-
mat von ca. 230 χ 180 cm etwa konnte um 1914 aus drei Teilen bestehen, ein
entsprechendes Querformat einer anderen Firma wiederum aus lediglich zwei.
Die hoch- bzw. querformatigen Exemplare der Größe 142 χ 95 cm wurden in
den 1910er Jahren bereits auf einem Bogen gedruckt. Bei großformatig montier-
ten Plakaten kam es häufig zu Farbverschiebungen und Versetzungen zwischen
den einzelnen Teilen. Schon früh wurde die Praxis gehandhabt, daß sich auch
beim Plakat die Bogenformate aus dem Vielfachen einer Grundgröße ergaben.
Berücksichtigt werden bei Entwurf und Druck mußte auch der sog. Kleberand
von ca. 5 - 6 cm, heute ein Überlappungsbereich von lediglich 15 mm Breite.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzten sich in Westdeutschland allgemein Plakate
nach DIN-Norm durch. In der DDR wurden, um sich gegenüber dem Westen ab-
zusetzen, eigene Normen etabliert, die TGL (Technische Normen, Gütervor-
schriften und Lieferbedingungen), deren übliche Plakatformate jedoch denen der
DIN-Norm entsprachen.
In Deutschland findet man heute folgende Formate: Die Größe der Plakatbo-
gen basiert auf dem Format DIN A 1 (siehe oben). Dieser Bogen wird auch als
1/1-Bogen bezeichnet. Alle anderen Formate sind Teile oder ein Vielfaches
diese 1/1-Bogens, wobei DIN A 3 4 2 x 3 0 cm, 1/4-Bogen, die kleinste Plakat-
einheit, die größte 356 χ 252,18/1-Bogen, darstellt. Eine Sonderform ist das
Superposter mit 372 χ 526 cm, das 4/1 Format, es ist für Aushängung in Vitri-
nen gedacht. Das City-Light-Poster besitzt ein Sonderformat 120 χ 176 cm. Bei
Großflächen unterscheidet man in der Zahl der Bogen die Achter- und die
Neunerteilung (Hoch- und Querformat), sowie die Sechserteilung. Zu difieren-
Entwerfer 19

zieren ist zwischen Plakatbogen und Druckbogen: So wird z.B. das 18/1 Format
eben keineswegs in 18 Druckbogen gedruckt, sondern in sechs, acht oder sechs
Bogen. Eine europa-einheitliche Plakatnorm gibt es noch nicht, weshalb abge-
stimmte europaweite Plakatkampagnen erschwert werden. Eine Annäherung
erfolgte bisher lediglich bei den Vitrinenplakaten.

3.7. Entwerfer

Der Plakatgrafiker ist Teil eines Teams von Mitwirkenden, angefangen vom
Auftraggeber bis hin zu den in Typo-, Repro-, Litho- und Druckwerkstätten
Tätigen oder noch weiter bis hin zum Plakatkleber. Die Plakatgeschichte hebt
immer wieder die Bedeutung der Künstler für die gesellschaftliche Etablierung
des Plakats hervor (vgl. 9). Wenn in diesem Zusammenhang des öfteren die
Bezeichnung „Künstler" verwendet wird, so ist damit überwiegend nicht der
„freie" Künstler gemeint: Im Zuge der Kunstgewerbebewegung mit ihrer Forde-
rung nach der Ästhetisierung von Alltagsgegenständen und einhergehend mit der
von Seiten der expandierenden Geschäftswelt gestellten Aufgabe der Gestaltung
von Werbematerialien entwickelte sich auch in Deutschland vor 1914 der eigen-
ständige Berufszweig des reinen Gebrauchsgrafikers bzw. des Werbegrafikers.
Die meisten bedeutenden Grafiker waren bis zum Zweiten Weltkrieg in
Berlin ansässig. Doch gab es auch in der „Provinz" Plakatateliers von Belang.
Die Adreßbücher des grafischen Gewerbes und Mitgliederverzeichnisse von
Standesorganisationen geben dazu aber aufgrund ihres selektiven Charakters
keine verläßlichen Angaben. Ein wesentliches Moment für die Ausbreitung einer
künstlerischen Plakatproduktion war neben den technischen Möglichkeiten und
den kulturellen und kommerziellen Energien auch das Vorhandensein von spe-
ziellen Kunstschulen und Kunstgewerbeschulen als Ausbildungsstätten der
Grafiker. Solche Einrichtungen gab es außer in Berlin u. a. in Düsseldorf, Köln,
Leipzig, Dresden, München. In diesem Zusammenhang muß betont werden, daß
in den 1920er Jahren die Reformkunstschulen außerhalb Berlins und Münchens
den avantgardistischen Ton angaben und somit auch für die allgemeine Pla-
katgestaltung schrittmachend wurden, wie etwa diejenigen in Magdeburg, Jena,
Weimar, Dessau, Halle oder Essen.
Zunächst war noch derjenige Typus Grafiker vorherrschend, den Viktoria
Schmidt-Linsenhoff (Plakate in Frankfurt 1985, 233-234) als „handwerklich ge-
schulte Gebrauchsgraphiker, die in einem weitestgehend industrialisierten
Herstellungsprozeß von Plakaten nicht die Rolle von Künstlern spielen konn-
ten", beschreibt. Diese „setzten sich nicht individuell mit ihren Themen und
deren Anlässen auseinander, sondern montierten, arrangierten und reproduzierten
in immer neuen Variationen Motive, Figuren, Bilderfindungen". Solche Grafiker
waren vor allem in den Firmen vertreten, die sich auf Zirkus-, Varieté- und
20 Herstellung

Schaustellerplakate spezialisiert hatten. Parallel etablierten sich im Zuge einer


verstärkten Professionalisierung auf den kommerziellen Markenartikel-Sektor
spezialisierte Reklame-Ateliers, bei denen der Entwerfer ebenfalls ungenannt
blieb und mit dem Entwurf auch das Urheberrecht an die Firma abgab. Umge-
kehrt richteten aber auch bekannte Reklamekünstler bereits eigene Ateliers ein,
wo ungenannt bleibende Mitarbeiter mit dem Namen der Inhaber signierten.
Gleichzeitig ist das Phänomen zu beobachten, daß sich um bekannte Drucke-
reien renommierte Grafiker zu scharen begannen, die von da aus ihre Aufträge
entgegennahmen. In dieser Hinsicht war die Berliner Firma „Hollerbaum &
Schmidt" maßgebend, an die die Künstler vertraglich gebunden waren. In
zunehmendem Maße sollten jedoch, wohl begründet durch die ständig zuneh-
mende Anzahl der Grafiker, diese in unmittelbare Beziehung zum Werbetreiben-
den treten, was die Position der Druckerei schwächte. Schon vor dem Ersten
Weltkrieg begannen Finnen - am Beispiel Amerika orientiert - , Warenhäuser
und andere Konzerne spezielle Werbeabteilungen einzurichten, um eine zen-
tralere Planung von Werbefeldzügen durchführen zu können, eine Tendenz, die
sich dann vollends in den 1920er Jahren durchsetzte. Hier waren die Grafiker
teils festangestellt, teils mit Werkverträgen beschäftigt, also in Arbeitsverhältnis-
sen, wie sie in abgewandelter Form auch heute noch üblich sind.
Neben Autodidakten - ein Phänomen, das häufig anzutreffen ist - finden
sich um die Jahrhundertwende ursprünglich akademische Maler, die sich aber
auch der Plakatgestaltung zuwandten. Nun als Werbegrafiker tätig, behielten sie
in den anderen Bereichen ein Standbein und machten sich beispielsweise als
Mitarbeiter der damals gängigen illustrierten Magazine einen Namen. Einige von
ihnen waren bereits Mitglied des 1907 gegründeten „Deutschen Werkbundes",
wie Julius Klinger, ebenso des 1903 ins Leben gerufenen Vereins Deutscher Re-
klamefachleute e. V.
Vor allem in der Markenartikelbranche besaß die auf die Generation der „Ju-
gend" folgende Künstlergarde bald ein hohes Ansehen, nachdem die Geschäfts-
welt zunächst noch eine abwartend-konservative Haltung eingenommen hatte.
Hier nahm der „Verein der Plakatfreunde e. V." unter der Ägide von Hans Sachs
wichtige Vermittlerfunktionen wahr: Hunderte von Mappen wurden an inter-
essierte Kaufleute, Industrielle und Propagandisten geschickt. Diese Generation
war vor 1914 auf ihrem künstlerischen Höhepunkt angelangt. Ausgesprochen
mit werbegrafischer bzw. gebrauchsgrafischer Ausbildung in Berührung kamen
bereits diejenigen, die in den 1890er Jahren oder kurz nach der Jahrhundertwen-
de geboren worden waren und gegen 1920 auf den Arbeitsmarkt gelangten. Teil-
weise ist anzunehmen, daß einige schon eine Ausbildung als reine Werbegrafi-
ker in Fachklassen erhielten. Möglich wurde dies durch die Etablierung ausge-
sprochen in diese Richtung tendierender Schulen, wie beispielsweise der 1902
in Berlin gegründeten „Schule Reimann". Hier wurden namhafte Gebrauchs-
grafiker als Lehrer tätig.
Entwerfer 21

Zwar erreichten die Berliner Kunstgewerbeschulen als Schrittmacher der Ge-


brauchsgrafik Bedeutung, da Reklamekunst dort ab 1903 auch offizielles Unter-
richtsfach war. Wahrscheinlich ist aber, daß die Mehrzahl der Grafiker erst im
Laufe der Berufsausübung oder durch Praktika mit der Werbung Tuchfühlung
aufnahmen, obgleich hin und wieder Ausnahmen anzutreffen sind. Einige wur-
den als Lehrlinge in lithographischen Anstalten und grafischen Ateliers ausgebil-
det. Viele Grafiker, die kurz vor 1900 geboren wurden, besuchten die Unter-
richtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in Berlin. Als reformerische Schulen
konnten sich in den 1920er Jahren das Bauhaus und die Burg Giebichenstein
etablieren. Die Ausbildung in speziellen Grafikklassen ist auch heute noch
üblich, allerdings weitgehend als Teil von Grafik-Design und Kommunikations-
Design. In der DDR gab es Schulen mit starker Betonung der Gebrauchs- und
Werbegrafik im Lehrplan wie die Kunsthochschule in Berlin-Weißensee und die
Berliner Fachschule für Werbung und Gestaltung. In der alten BRD waren es
zum Großteil die Werkkunstschulen, die dann ab den 1960er und 1970er Jahren
teils zu Hochschulen (z.B. Hochschule für Gestaltung in Offenbach) wurden,
teils als Fachbereiche anderen Hochschulen angegegliedert wurden (z.B. Ge-
samthochschule Kassel). Neben ihnen bemühten sich, wenn auch seltener,
Kunstakademien um den gebrauchsgrafischen Nachwuchs.
Aus dem Gebrauchsgrafiker der früheren Jahre wurde dann seit den 1960er
Jahren allerdings immer mehr der Grafik-Designer, eine Berufsbildwandlung,
die noch der näheren Studien bedürfte. Eine Ursache dafür war, daß sich das
Arbeitsfeld visueller Gestalter vielfach bis hin zum Formdesign ausgedehnt
hatte. Inhaltlich unterscheidet sich zwar der Begriff Grafik-Design nicht grund-
sätzlich von Gebrauchsgrafik, er verdeutlicht jedoch eine Erweiterung kom-
munikativer Funktionen auf einer historisch neuen Stufe des gesellschaftlichen
Engagements. Obwohl Grafik-Design nicht nur die kommerzielle Gebrauchs-
grafik einschließt, sondern auch fast alle Bereiche der öffentlichen Kommunika-
tion, werden seine erweiterten ästhetisch-kommunikativen Funktionen ganz
entscheidend von der Werbung mitgeprägt. Besonders neue Marketing-Theorien
begannen, die werbewissenschaftliche Fundierung der geplanten Wirkung der
Werbegrafik zu bestimmen. In den Werbeagenturen entwickelten sich die
Tätigkeitsbereiche des Grafik-Designers von der individuellen Arbeit zum
Teamwork, der anglo-amerikanische Begriff „Art Director" für den gestalte-
risch-kreativen Werbeleiter hielt auch in Kontinentaleuropa Einzug.
Blieb zunächst die Bezahlung der Plakatentwürfe in einem wenig gesicherten
Rahmen, so konnte später der 1919 gegründete „Bund Deutscher Gebrauchsgra-
phiker" („BDG") Einfluß nehmen. Zumindest hatte er in den 1920er Jahren eine
Gebührentafel mit Richtwerten aufgestellt. Ob sie generell eingehalten wurde,
ist nicht bekannt. Nach den BDG-Blättern (1929, 10-15) betrugen 1927 die
Richtwerte für Anfänger in der Branche: „Position F Plakate: 1. bis 50x70 cm
oder 3500 qcm Fläche: M. 120.-; 2. bis 70 χ 100 cm oder 7000 qcm Fläche: M.
160.-; 3. bis 1 0 0 x 2 0 0 cm oder 20000 qcm Fläche: M. 200."
22 Herstellung

Ein festgelegtes Honorar gab es offenbar im „Dritten Reich". Zu dieser Zeit


waren die meisten deutschen Plakatgrafiker zwangsvereinigt in der ,Fachgruppe
Gebrauchsgraphiker in der Reichskammer der bildenden Künste', dem gleich-
geschalteten BDG. Nach den Zweiten Weltkrieg wechselte der wiederbelebte
,Blind deutscher Gebrauchsgraphiker* wie auch sein Fachorgan Gebrauchsgra-
phik' (später .novum' - Gebrauchsgraphik) nach München über, ist aber seit
einigen Jahren in Düsseldorf ansässig und nannte sich in ,Bund Deutscher
Grafik-Designer' um. Der ehemalige DDR-Verband - es handelte sich um die
.Sektion Gebrauchsgraphik im Verband bildender Künstler der DDR' - konsti-
tuierte sich unter dem Namen .Verband der Grafik-Designer' 1990 als eigen-
ständige Organisation neu. Weiterhin gibt es den .Art Directors Club für
Deutschland e.V.' und die .Allianz Deutscher Designer' in Braunschweig. Alle
auf dem Gebiet der Werbegrafik wichtigen Länder haben ihre Dachorganisa-
tionen. Auf internationaler Ebene ist vor allem die AGI (.Alliance Graphique
Internationale', gegründet 1952) zu nennen.
4. Verteilung

4.1. Geschichte der Plakatträger

Bei den gängigsten Plakatträgern unterscheidet man schon seit den 1920er Jah-
ren in der Regel nach einfacher Säule (Allgemeinstelle), Ganzstelle, Großfläche,
Vitrine und mobilen Trägern. Im deutschsprachigen Raum meint das Wort An-
schlagstelle alle nichtmobilen Träger. Waren Plakate zunächst „wild" an Wän-
den und Mauern angebracht, so wurden ab den 1840er Jahren Änderungen
sichtbar. In London erschienen Plakatwände und Säulen, nach deren Vorbild
Ernst Litfaß 1855 die ersten, nach ihm benannten Plakatsäulen in Berlin auf-
stellte. Ihre dauerhafte Existenz verdankten sie hier einer Interessenskoalition
zwischen Litfaß, der gleichzeitig der erste Plakatanschlagunternehmer in
Deutschland wurde, und der Obrigkeit. Ersterer sah die kommerziellen Möglich-
keiten. Letztere besaß nun, indem sie den Anschlag fortan nur an diesen An-
schlagstellen zuließ und somit formal das ungeordnete Plakatieren innerhalb der
Stadt unterband, ein Instrument zur Überwachung des öffentlichen Meinungs-
bildes (vgl. 5.1.). In der Folge wurde die Anzahl der Säulen in Anpassung an
die Zunahme der Bevölkerung und der Bedürfnisse von Industrie und Handel
ständig vermehrt. So wurden die ersten Litfaßsäulen nach Berlin in Dresden
1856, in Hamburg 1868, in Stuttgart 1872, in Bremen 1873, in Frankfurt um
1880 und in Düsseldorf um 1885 errichtet. Ihre Ausbreitung stieß nicht immer
auf Gegenliebe. Vielerorts wurden sie als Verunstaltung empfunden. Ein Münch-
ner Beispiel aus dem Jahre 1881 mag stellvertretend sein:

[...] Kein Mißverhältnis störte bisher die classischen Linien, und selbst der ungebildet-
ste Wanderer empfindet die Wirkung eines wahrhaft schönen Anblicks. Und nun stellt
man links und rechts an den Ecken der Universität und des Georgianum zwei jener
scheußlichen Placatsäulen, deren Harlekinsüberzug die ganze Umgebung so recht
gründlich schändet. [...]. Bleibe die moderne Marktschreier-Industrie doch wenigstens
unseren classischen Stätten fern (Allgemeine Zeitung v. 21.4.1881, zitiert nach Plakate
in München 1976, 174).

Für Paris ist der Drucker Morris zu nennen, dessen Säulen auch heute noch als
Colonnes Morris bekannt sind. Auch in den USA blieb das Plakatieren nicht
ungeordnet: Betrachtet man fotografische Ansichten nordamerikanischer Städte,
so sieht man, daß schon lange vor der Jahrhundertwende mehrstöckige Plakat-
24 Verteilung

wände an Brandmauern und entlang belebter Straßen in den Städten angebracht


waren. In England wurde es zunehmend üblich, an den Plakatinstituten gehö-
renden Bauzäunen zu plakatieren. Die in Amerika und England verbreitete
Riesenplakatwand (Billboard) zumeist für nur ein einziges Plakat fand nach dem
Zweiten Weltkrieg auch in Deutschland stärker Verbreitung, besonders im
Hinblick auf die Sicht des Autofahrers. Sandwich-Männer-Aktionen, im 19. Jahr-
hundert bereits in England gang und gäbe, waren vom Beginn der 1920er Jahre
an wiederholt anzutreffen.

4.2. Heutige Anschlagarten

Die Litfaßsäule hat in der Regel eine Höhe von 360 cm und einen Umfang von
380 cm und besteht aus Beton. Allgemeinstellen sind hauptsächlich Litfaß-
säulen, mitunter auch Tafeln ζ. B. auf U-Bahnhöfen oder in Unterführungen, die
dem Plakatanschlag mehrerer Werbetreibender gleichzeitig dienen und aufgrund
eines Werbenutzungsvertrages mit der zuständigen Behörde auf öffentlichem
Terrain errichtet wurden. Das heißt, daß die Anschlagstelle selbst zwar meist Ei-
gentum des zuständigen Anschlagunternehmen ist, wohingegen der Grund und
Boden jedoch, auf dem die Säule steht, der Gemeinde gehört. Die Genehmi-
gung, allgemeine Anschlagstellen aufzustellen bzw. zu verwalten, erteilt die Ge-
meinde meist nur einem Anschlagunternehmen am Ort. Auf ihnen werden
Plakate mit den unterschiedlichsten Informationen angeschlagen: amtliche und
private Bekanntmachungen, Theater und Kinoprogramme, Ankündigungen von
Veranstaltungen, Werbung für den Einzelhandel, für Markenartikel oder für
Dienstleistungen. Allgemeine Anschlagstellen sind im Idealfall gleichmäßig über
das Stadtgebiet verteilt. Sie stehen auch dort, wo es keine andere Werbung gibt.
Das optimale Verhältnis zwischen der Zahl der Allgemeinstellen und der Zahl
der Einwohner eines Ortes, also die Streudichte, wird bei 1:1000 gesehen
(Bestzahl). Die tatsächlichen Stellenzahlen bewegen sich im Bereich um diesen
Wert. Die Feststellung des richtigen Zahlenverhältnisses wird ständig erforscht,
bei Mißverhältnissen spricht man von Überstreuung oder Unterstreuung. Die
Großflächen-Plakatierung für die mobile Gesellschaft hat mancherorts zur Ver-
nachlässigung der Plakatsäule geführt, somit den allgemeinen Anschlag zu-
rückgedrängt.
Bei Ganzstellen handelt sich es sich hauptsächlich um Säulen, die nur einem
Werbetreibenden vorbehalten sind. Sie befinden sich ebenfalls auf öffentlichem
Grund und Boden, werden von den jeweiligen örtlichen Pächtern des allgemei-
nen Plakatanschlags verwendet und sind wie die Allgemeinstellen netzartig über
das Stadtgebiet verteilt. Pro Dekade (vgl. 4.4.) steht die Ganzstelle nur einem
Kunden zur Verfügung. Einsetzt werden können alle Formate bis 6/1-Bogen
oder auch Spezialformate, die insbesondere für die Rundum-Wirkung einer
Heutige Anschlagarten 25

Litfaßsäule konzipiert wurden. Die Ganzstellen haben uneinheitliche Größen.


Derzeit ist eine Tendenz zur ständigen Beleuchtung zu beobachten. Vielfach
werden Ganzstellen gezielt für aufwendige Kampagnen eingesetzt, seit einigen
Jahren verstärkt auch wieder in der Kinowerbung, wo sie vor Jahrzehnten
bereits üblich waren. Daß mit dieser Art von Plakatierung eine ganz andere
Problematik verbunden sein kann, darauf weist schon 1931 Otto Horn hin:

Manche Säule dient jetzt ein- und demselben Plakat. Konkurrenz braucht dieses dann
nicht mehr zu fürchten, aber die tödliche Wiederholung. Es gibt Bildmotive, die nicht
für das Nebeneinanderkleben taugen. Das zwölfmal nebeneinander gestellte süße Lä-
cheln eines Filmstars in sechsfacher Lebensgröße wird zum unerträglichen Grinsen
(Horn 1931, 350).

Bei Ganzstellen liegt der Empfehlungswert für die Streudichte bei 1:3000, eine
Ganzsäule auf 5000 Einwohner wird aber noch als ausreichend bezeichnet.
Großflächen sind in der BRD seit ca. 1951 bekannt. Hierunter versteht man
Anschlagtafeln, die für eine Größe von 18/1 Bogenformat geeignet sind. Bei
Großflächen von 456 χ 252 cm liegt die werbewirksame Wahrnehmungsgrenze
je nach Motiv bei einer Sichtentfernung von 100 Metern. Im allgemeinen sind
sie auf privatem Grund angebracht. Als Streudichte wird ein Wert zwischen
1:2000 und 1:3000 empfohlen. Weiterhin zählen zum Bogenanschlag die Super-
poster, es handelt sich hierbei um quer zum Straßenverkehr angebrachte, be-
leuchtete Tafeln an Einzelstandorten in einem Format von 2 qm. Shopping-Cen-
ter-Werbeflächen sind hinter Plexiglas montierte 4/1-Bogenplakate auf Park-
plätzen von Supermärkten.
Eine Sonderform ist das City-Light-Poster (CLP), das sich seit den 1980er
Jahren ständig mehr durchsetzte und vor allem im Bereich von Haltestellen
öffentlicher Verkehrsmittel bei Nacht zur Geltung kommt. Eine Weiterentwick-
lung der City-Light-Poster sind die City-Light-Poster-Säulen, Leuchtsäulen, bei
denen die Plakate durch Glas vor Beschädigung geschützt und durch Leucht-
stoffröhren hinterleuchtet werden. Eine Abart des CLP für die Innenwerbung
stellt das Cine-Light-Poster dar, ein Plakat, das innerhalb von Kinos wie das
CLP funktioniert und gezielt die Kinobesucher ansprechen soll, teilweise mit
Kinowerbung, aber auch mit kommerzieller Werbung anderer Sparten (häufig
Fast Food). Eine weitere Neuerung ist die beleuchtete Großfläche. Sie wird von
außen durch Leuchtstoffröhren angestrahlt und ist seit Mitte der 1990er Jahre
in Formaten der 18/1-Bogen oder in Sonderformaten auf dem Markt. Im Unter-
schied dazu gibt es auch noch die hinterleuchtete Großfläche für spezielle licht-
durchlässige Plakate.
Zu nennen ist auch das Wechsel-Plakat, wobei es sich um Anlagen handelt,
die in variablen Intervallen in Indoor-Eingangsbereichen von Einkaufszentren,
großen Handelsmärkten, Passagen bzw. an Bus- und Straßenbahnhaltestellen
oder in Hauptverkehrsstraßen ihr Motiv wechseln. Bei der rollenden Plakatwand
26 Verteilung

handelt es sich um eine Variante der Verkehrsmittelwerbung, bei der die Seiten-
wände von LKW-Flotten gemietet und mit Plakaten im Großformat des 18/1-Bo-
gen bezogen werden. Für diese Art von Werbung wurde das Riesenplakat 3 M-
Scotch-Print entwickelt, ein Farbbild auf Folie, das auch in der Schaufensterwer-
bung und auf Messeständen verwendbar ist. Das Blow-up-Riesenplakat ist eine
Großfläche, die auf der Verkleidung von Baugerüsten in innerstädtischen Berei-
chen, vorzugsweise bei Um- und Neubauten, angebracht wird. Die zuletzt ge-
nannten Werbemöglichkeiten sind bereits Ausdrucksformen, die das klassische,
überkommene Erscheinungsbild des Plakats erheblich hinter sich gelassen haben.
Unter Sonderstellen - auch Spezialstellen fallen diejenigen Anschlag-
stellen, die nicht den Allgemeinstellen, Ganzstellen und Großflächen zuzurech-
nen sind, sondern hinsichtlich Format, Verwendungsmöglichkeit, Standort und
Einsatzdauer abweichen. Es handelt sich um behelfsmäßige Anschlagflächen
bzw. Anschlagflächen zur vorübergehenden Verwendung, die hauptsächlich der
Plakatierung von Wahlaufrufen, örtlichen Großveranstaltungen, Zirkusvorstellun-
gen o. ä. dienen, und zwar meist in Form von transportablen Sondertafeln, auch
Kleinsäulen, die nach Ablauf der Veranstaltungen wieder verschwinden und für
Wirtschafts werbung - von Ausnahmen kurz vor und kurz nach einer Wahlkam-
pagne abgesehen - nicht zur Verfügung stehen. Man denke hier auch an die
Dreieckständer oder die Sandwichtafeln, die an Latemenpfählen, Bäumen,
Pollern, Treppengeländern, Brüstungen etc. angebracht sind und etwa auch Feste
ankündigen oder während Wahlkämpfen entlang von Straßen üblich sind. Eine
weitere Erscheinung, die besonders in der Nachkriegszeit vorhanden war, ist die
vorübergehende Vermietung von Bauzäunen und Schaltkästen für Werbezwecke:
Von ihr wird erst in jüngster Zeit vielfach wieder gezielt Gebrauch gemacht,
nachdem jahrelang dort ein gänzliches Anschlagverbot zu beobachten war bzw.
ungeachtet dessen der Wildanschlag praktiziert und geduldet wurde.

Blickt man auf die Anzahl der Plakatstellen in Europa, so läßt sich erkennen,
daß die dichteste Verteilung in der Schweiz liegt, gefolgt von Österreich und
Finnland; am niedrigsten fällt sie in Spanien aus. Die Bundesrepublik Deutsch-
land bleibt dabei im letzten Drittel. Ende 1938 standen im gesamten Gebiet des
damaligen Deutschen Reiches 59300, im Bundesgebiet (einschließlich West-
Berlin) um 1955 rund 4 5 0 0 0 Anschlagstellen. Diese Zahl erhöhte sich bis 1962
auf ca. 65 000, um stetig zuzunehmen, wenn auch mit unterschiedlicher Gewich-
tung bei den einzelnen Plakatträgern. Die Entwicklung für die Großflächen lief
von 3 1 2 3 5 Großflächen (1966) über ca. 7 0 0 0 0 im gesamten Bundesgebiet mit
West-Berlin im Jahre 1968 auf 2 2 9 1 1 4 im Jahre 1993 (einschl. neue Bundes-
länder) hin. Laut Stamms ,Leitfaden durch Presse und Werbung' verteilten sich
auf das Bundesgebiet 1996 6073 Allgemeinstellen, 15468 Ganzstellen, 2 1 5 9 0 0
Großflächen, 423 Kleinflächen, 6 5 4 1 6 City-Light-Poster. Aufgeschlüsselt nach
Bundesländern nahmen bei den Allgemeinstellen Nordrhein-Westfalen, Baden-
Württemberg und Niedersachsen die Spitzenplätze ein, während die neuen Bun-
Plakatierungsfirmen 27

desländer bei fast allen Werbeträgern noch Schlußlichter markierten, mit Aus-
nahme von Sachsen, das dort an der Spitze lag und im Bundesgebietsvergleich
im Mittelfeld zu finden ist. City-Light-Poster sind am stärksten in Nordrhein-
Westfalen vertreten mit weitem Abstand zu den anderen Bundesländern. Gene-
rell kann man bei Allgemeinstellen eine leicht abnehmende Tendenz, bei Ganz-
stellen eine leichte Zunahme beobachten, Schwankungen bei Spezialstellen und
Großflächen sowie eminente Zuwächse beim City-Light-Poster.

4.3. Plakatierungsfirmen

Für die Bestückung der Anschlagstellen sind in der Regel die Plakatinstitute
zuständig. Die hier entstandene Zusammenarbeit zwischen Werbetreibenden,
Herstellern und Plakatierungsgesellschaften entwickelte sich schnell zu einem
Verhältnis, das sich zunehmend auf der Organisation der Verteilung mittels ge-
nau aufeinander abgestimmter Klebepläne und auf speziell ausformulierten, die-
sen Bereich regelnden Geschäftsbedingungen gründete (vgl. 5.2.). Diese bis
heute gültige und fortwährend weiter verbesserte Koordinierung von einzelnen
Kampagnen wurde notwendig, um im ständig wachsenden Markt die Übersicht
zu behalten und unlautere Konkurrenz zu unterbinden.
Ab den 1850er Jahren begannen in der Nachfolge Litfaß' auch andere Ge-
sellschaften, das zersplitterte Angebot und die zerstreute Nachfrage auf dem Ge-
biet der Plakatwerbung straffer zu organisieren. Die Anschlaggelegenheiten ver-
blieben zumeist im Besitz der jeweiligen Stadt, während die Unternehmer le-
diglich als Pächter auftraten, doch wurde dies in den einzelnen Staaten unter-
schiedlich gehandhabt. Alle größeren Städte in Europa verfügten kurz vor dem
Ersten Weltkrieg über solche Einrichtungen. Teilweise waren dies Druckereien
(in Berlin z.B. als Litfaß' Nachfolgerin die Firma Nauck & Hartmann), teils
aber auch extra für diesen Zweck gegründete Unternehmen, teils städtisch, teils
privat. Ab ca. 1921 versuchten die deutschen Kommunen, eine Lösung auf
gemischtwirtschaftlicher Basis durchzuführen. 1922 entstand in Frankfurt/Mün-
chen die .Deutsche Städtereklame' (DSR), die für die Etablierung der DIN-
Formate sorgte und die ihr anvertrauten Anschlagsäulen nur an ausgesuchten
Verkehrsknotenpunkten aufstellte, etwa pro 1000 Einwohner eine Säule. 1921
wurde die .Berliner Anschlagwesen- und Reklame G.m.b.H.' (,Berek') gegrün-
det. Bei ihr handelte es sich um eine gemischtwirtschaftliche GmbH in kom-
munaler Regie, die in der Hauptstadt nach der Bildung von Groß-Berlin mit ca.
3000 Plakatsäulen die meisten öffentlichen Anschlagmöglichkeiten besaß und
diese an die Werbetreibenden vermietete.
Plakate wurden schon ab der Jahrhundertwende auch an Straßenbahn- und
Bushaltestellen und auf U-Bahnhöfen, vorher auch schon entlang von Eisen-
bahnlinien und auf Bahnhöfen verbreitet. Die Eisenbahnen besaßen bereits vor
28 Verteilung

1914 ihre eigenen Reklame-Organisationen. Bald nach 1900 bildeten sich


übergeordnete Interessenverbände und Kontrollorgane. Letztere verstanden sich
u.a. auch als Zensurbehörden im Sinne der Selbstzensur, um der ständigen
obrigkeitlichen Reglementierung der Plakatreklame (vgl. 5.1.) gerecht zu wer-
den. In Deutschland wurden die Plakatinstitute in den Verband deutscher Rekla-
mefachleute e.V. in Berlin zusammengefaßt, der 1933 durch den Reichsverband
für Außenwerbung mit der Fachgruppe für Außenwerbung und dem Verband
Deutscher Reklame-Unternehmen abgelöst wurde. Er unterstand dem ,Werberat
der Deutschen Wirtschaft', der den bis heute gültigen Begriff „Bogenanschlag"
einführte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg mußte das Plakatierungswesen vor allem in
Deutschland neugeordnet werden. Während in der BRD die .Deutsche Städtere-
klame' eine führende Position übernahm, wurde in der DDR die Plakatierung
durch die 1946 als ,Deutsche Werbe-Aktiengesellschaft' gegründete DEWAG
zentral gelenkt. Eine kritische Geschichtsschreibung der Plakatierungsgesell-
schaften (vgl. Lerner 1972 u. Reinhardt 1993, 118ff.) bleibt jedoch ebenso noch
zu leisten wie ein Studium der Plakatwerbestatistiken über einen längeren
Zeitraum. Allerdings sei hier auf erhebliche Quellenprobleme für die Zeit vor
1945 hingewiesen.
Angaben über Zahlen der z.Zt. in Deutschland existierenden Plakatunter-
nehmen differieren leicht: Das Fachorgan ,Media-Plakat' führt in seiner Aus-
gabe 1996 114 Plakatierungsgesellschaften für ganz Deutschland auf, Stamms
,Leitfaden für Presse und Werbung' 105. 1955 betrug die Zahl in der damaligen
BRD 235, sodann 243 im Jahre 1962 (nach Stamm-Leitfaden 1962). Ein Höhe-
punkt war 1965 mit 266 erreicht (Stamm 1965), danach sank die Zahl kon-
tinuierlich: 197 waren es 175 (Stamm 1975) und 137 im Jahre 1981 (Stamm
1981), was einerseits eine schrittweise Reduzierung um über 50% auf den Stand
von ca. 1950 bedeutet, andererseits aber auch einen Hinweis auf die starke
Konzentration im Gewerbe gibt. Die Rechtsform all dieser Unternehmen reicht
vom selbständig-einzelnen Privatbetrieb bis zum unselbständig geführten Kom-
munalbetrieb und kommunal-gemischtwirtschaftlichen Regiebetrieb.
Die wichtigste Organisation ist hier immer noch die ,Deutsche Städtere-
klame' mit über 20% Anteil an den Plakatierungsstellen, wozu ca. 33000
Großflächen, 26000 City-Light-Poster, 23000 Allgemeinstellen, 7000 Ganz-
säulen sowie - mit steigender Tendenz - diverse be- und hinterleuchtete Ganz-
säulen und beleuchtete Großflächen gehören. Sie besitzt mehrere Tochtergesell-
schaften. Als bedeutendste rein private Plakatierungsfirma konnte sich die
AKW-Gesellschaft für visuelles Marketing mit Sitz in Koblenz etablieren, die
- Stand Anfang 1996 - mit 31000 Großflächen, 9700 City-Light-Poster, 650
Ganzstellen, 3740 Allgemeinstellen und 200 Kleinflächen in Deutschland
vertreten ist, ihre Tätigkeit aber auch auf Osteuropa ausgedehnt hat. Sie versucht
vor allem beleuchtete Großflächenvitrinen und Großflächen mit Rahmenbeleuch-
Klebung 29

tung zu verbreiten. Das Werbeträgernetz der ,Deutschen Eisenbahnreklame AG'


verfügte 1996 über 7900 Großflächen, 1900 City-Light-Poster auf S-Bahnstatio-
nen in Ballungsräumen, 390 City-Light-Poster auf IC- und ICE-Bahnsteigen, zu-
sätzlich 200 Stellen in den neuen Bundesländern. Zudem bietet die Eisenbahnre-
klame Flächen im DIN A 1-Format und Abteilflächen für Plakatwerbung in den
Zügen an. Insgesamt stehen auf bahneigenem Gelände ca. 23 000 Großflächen
für alle möglichen Zwecke zur Verfügung, die von anderen Werbetreibenden
angemietet werden können.
Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich die meisten Unternehmen des
Gewerbes in der ,Fachvereinigung Plakatanschlag- und Verkehrsmittelwerbung
e . V . und im ,Fachverband Außenwerbung' (FAW) mit den Geschäftsstellen in
Frankfurt und Düsseldorf zusammengeschlossen. Daneben gibt es auch Institute,
die keinem der beiden Verbände angehören. In der Schweiz liegt das Anschlag-
wesen in den Händen der Allgemeinen Plakatgesellschaft (APG), in Österreich
ist in Wien die GEWISTA und für die Bundesländer die , Internationale Pla-
katgesellschaft' zuständig.

4.4. Klebung

Die zeitliche Organisation der Klebung erfolgt in Klebedekaden - auch Streupe-


riode oder Streudauer genannt - , das heißt, alle zehn bis elf Tage wird gewech-
selt, was von der jeweiligen Werbekampagne abhängen kann. Von den Außen-
werbungsunternehmen wird jährlich ein einheitlicher Termin-Plan für den
Plakatanschlag herausgegeben, an den sich fast alle Firmen halten. Über die zur
Verfügung stehenden Anschlagstellen etc. orientiert die Werbetreibenden das
jährlich im Herbst in Katalogform erscheinende Fachorgan ,Media-Plakat'. Der
Dekadenplan teilt das Jahr in 34 Dekaden; am Ende und am Anfang des Jahres
wird je eine Dekade mit 14 Tagen eingefügt. In einigen Städten werden City-
Light-Poster auch im Wochenrhythmus angeboten. Das sogenannte ABC-Klebe-
blocksystem gewährleistet dem Kunden, daß alle Plakate einer Kampagne in
einer Stadt trotz mehrerer Großflächenanbieter zur gleichen Zeit angebracht
sind. Um diese Handlungsstränge noch besser zu koordinieren und die Arbeits-
prozesse weiter zu beschleunigen, wird seit einigen Jahren mit ständig verbes-
serten EDV-Systemen gearbeitet. Während der Wahlkampagnen haben Wahl-
plakate Vorrang vor den Plakaten der Wirtschaftswerbung, die anderen Be-
werber müssen dann ihre Termine verschieben. Um im Allgemeinen Anschlag
eine gleichmäßige Behandlung aller Werbetreibenden zu gewährleisten, wird die
Stellung der Plakatbahnen zum Verkehr und damit die Stellung aller in dieser
Bahn zu klebenden Plakate durch Drehung des Säulenmantels von Standort zu
Standort gewechselt (Wechselklebung). Dies bedeutet dann auch für den Pas-
santen eine Erhöhung der Kontaktchance (vgl. 8.2.3.).
30 Verteilung

Die Preise für Plakatwerbung werden pro Tag und pro gebuchtem Werbeträ-
ger ausgewiesen. Berechnet wird nach Tagen und Plakatgrößen. Grundlage bei
den Allgemeinstellen ist der Bogentagpreis, das sind die Kosten für das An-
schlagen eines Plakats in der Größe von 1/1 Bogen an einem Tag und an einer
Stelle. Ein 2/1-Bogen-Plakat kostet das Doppelte, ein 3/1-Bogen das Dreifache
usw.
Vor dem Plakatieren wird die Oberfläche der Anschlagstelle - vor allem der
Säule mit geeignetem Papier unterfüttert. Plakate müssen seit 1964 nach DIN-
Norm 683 paßgenau geklebt werden. Geklebt wird mit einem witterungsbestän-
digen Spezialkleister. Mitunter wird nach Klebevorlagen gearbeitet, z.B. mit
verkleinerten Abbildungen für 18/1-Bogen-Plakate als Großflächen, die die
Teilungslinien und die Nummern der Druckbogen enthalten. Plakate in kleineren
Auflagen werden gerollt oder in Kartons versandt. Ab ca. 300 Stück erfolgt die
Anlieferung auf Europaletten. Dabei werden die einzelnen Plakatteile gesammelt
und aufeinanderliegend - keinesfalls bereits sortiert - angeordnet. Im Versand-
lager werden die einzelnen Teile dann gefalzt, sortiert, zusammengetragen und
für die Klebung vorbereitet.
Von Schachbrettklebung spricht man, wenn eine Großfläche mit mehreren
kleinformatigen Plakaten beklebt wird und diese zwecks Erhöhung der Sicht-
wirksamkeit durch benachbarte weiße oder andersfarbige Flächen voneinander
getrennt werden.
5. Juristische Aspekte

5.1. Reglementierungen des Plakats

Die „einzelnen Regelungen des Werberechts bilden insgesamt ein schwer über-
blickbares Flick- und Stückwerk" (Koschnik 1996, 1131). Diese Feststellung gilt
seit jeher, die Teilbereiche verbergen sich in zahlreichen unterschiedlichen
Rechtsgebieten. Ein spezieller Grundzug ist, daß es in der Regel um Schranken
geht, die der Werbung vom Recht gesetzt werden und die alle Werbemedien
betreffen. So sah sich auch das Plakat von Anfang an juristischen Reglementie-
rungen unterschiedlichster Art ausgesetzt. Im Jahre 1914 schrieb der Mann-
heimer Jurist Ludwig Lindner, seinerzeit Syndikus des , Verbandes der Reklame-
Interessenten e.V.', in seiner Artikelserie ,Die Plakatreklame und die Beschrän-
kung der Plakatfreiheit':

Gerade die Oeffentlichkeit des Plakats bringt es auch mit sich, daß keine Reklameart
gleich vielseitigen Rechtsbeziehungen unterworfen ist. Denn je intensiver eine Erschei-
nung des Verkehrs- und Wirtschaftslebens die Oeffentlichkeit beschäftigt, desto ra-
scher und vollständiger drückt ihr die Rechtsordnung den Stempel auf (Lindner 1914,
57-58).

Je nach Standpunkt der zeitgenössischen Kommentatoren fiel auch die Bewer-


tung der Rechtslage höchst unterschiedlich aus. Eine große Rechtsunsicherheit
kennzeichnete die Debatte. Die äußerst komplizierte Rechtslage basierte auf
einer Vielzahl gesetzlicher Bestimmungen und Verordnungen teils polizei-, teils
zivil-, teils strafrechtlicher Natur, die sich zudem nach den einzelnen Ländern
und Städten unterschiedlich gestalteten - ein Zustand, den selbst zeitgenössische
Autoren als Chaos bezeichneten (Lindner 1914, 57). Die wohl früheste behördli-
che Maßnahme zur Regelung des Anschlagwesens in Preußen ist die Verord-
nung des Königlich Preußischen Polizeipräsidiums gegen den Wildanschlag vom
4. August 1849, in der es u.a. heißt:

Niemand darf auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen oder an andern öffentli-
chen Orten, Druckschriften oder andere Schriften ausrufen, verkaufen, vertheilen,
anheften oder anschlagen, ohne daß er dazu die Erlaubnis der Orts-Polizeibehörde
erlangt hat und ohne daß er den Erlaubnisschein, in welchem sein Name ausgedruckt
ist, bei sich hat [...].
32 Juristische Aspekte

Signifikant ist, daß Plakate generell nicht als Ausdruck gebrauchsgrafisch-künst-


lerischen Schaffens, sondern als Presseerzeugnisse eingestuft wurden und auch
heute noch werden. Dreh- und Angelpunkt der Argumentation war zumeist das
aus heutiger Sicht widersprüchlich argumentierende ,Reichspreßgesetz' vom
7.5.1874, das in §2 Plakate ausdrücklich unter den Schutz der Pressefreiheit
stellte, in § 30, Absatz 2 aber den einzelnen Ländern die detaillierte Lösung der
Zensurfrage überließ. Eigene ,Preßgesetze' besaßen z.B. Preußen und Sachsen,
etwa das Preußische Preßgesetz vom 12. Mai 1851. Die Preßgesetze der deut-
schen Länder im 19. Jahrhundert schwankten zwischen völliger Pressefreiheit
und totalem Verbot gerade des politischen Plakats.
Die einzige Begründung, die nach Ansicht der meisten Kommentatoren
hinreichend zum Verbot von Reklameplakaten abgesichert schien, war die der
angeblichen Verkehrsgefährdung. Sie konnte sich auf §6 Β des preußischen
Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 stützen, dessen Be-
stimmungen „als Gegenstand des polizeilichen Überwachungsrechtes die Ord-
nung, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen, Wegen
und Plätzen [...]" bezeichneten und noch in den 1920er Jahren zur Anwendung
gelangten. Durch aufsehenerregende Plakate könne das Publikum zum Stehen-
bleiben veranlaßt und somit eine Störung des Verkehrs herbeigeführt werden,
was zu verhindern Aufgabe der Polizei sei. In Entscheidungen aus den Jahren
1903 und 1905 hatte das Oberverwaltungsgericht Preußens diese Rechtsauf-
fassung bestätigt. In Preußen konnte ferner nach dem Allgemeinen Landrecht
II, 17, § 10 gegen den Inhalt eines Plakates eingeschritten werden, wenn er die
öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit störe.
Des weiteren fallen und fielen Plakate unter denkmal- und naturschutzorien-
tierte Richtlinien. Schon in seiner Bekanntmachung über das von ihm errichtete
Institut der Anschlag-Säulen vom 24. Juni 1855 begründete Ernst Litfaß das „un-
abweisbare Bedürfnis für die zeitgemäße Organisation des Placatwesens damit,
daß endlich einmal allen Übelständen abgeholfen werde, die aus den bisher be-
obachteten Verfahren beim Anheften der Zettel an die Straßenecken, Brun-
nengehäuse und Bäume etc. erwuchsen." Schon bald wurden nach Einführung
des öffentlichen Anschlagwesens Ortsstatute erlassen, in denen jeder Wild-
anschlag innerhalb einer geschlossenen Ortschaft unter Androhung von Geld-
und Haftstrafen verboten wurde. Die Legitimation bot neben sonstigen Landes-
gesetzen auch das Preußische Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften
und landschaftlich hervorragenden Gegenden vom 15.7.1907, wo es in § 3 heißt:
„Durch Ortsstatut kann vorgeschrieben werden, daß die Anbringung von Rekla-
meschildern, Schaukästen, Aufschriften und Abbildungen der Genehmigung der
Baupolizeibehörde bedarf."
Gegenüber allzu scharf ausgelegten Bestimmungen begannen sich schon
frühzeitig auch die Interessenverbände der Werbetreibenden zu wehren. So
heißt es z.B. in der Satzung eines Reklameschutzverbandes von 1910, 1911
Reglementierungen des Plakats 33

und 1914 unter §1, wobei gleichzeitig auch der Aspekt der Selbstkontrolle
anklingt:

Der Reklameschutzverband bezweckt den Schutz und die Förderung berechtigter


Reklameinteressen seiner Mitglieder und die Beseitigung von Mißständen an Reklame-
flächen. Er schützt seine Mitglieder insbesondere auch gegen übermäßige Beschrän-
kungen bei Anbringung von Plakaten, Schildern an Läden, Lichtreklame und sonstigen
Außenreklamen, ohne den an sich berechtigten Gedanken des Heimatschutzes zu be-
kämpfen (zit. nach Hellweg 1919, 175).

Plakatanschlagstellen wurden als häßlich empfunden. Hellweg, der die gesetzli-


chen Regeln und Meinungen 1919 zusammenfaßte, betont:

Plakattafeln wirken in der Regel im Orts- und Straßenbild durch die Größe und die
vielen verschiedenen, dicht nebeneinander angebrachten, schlecht aufgeklebten und oft
zerrissenen Plakate verunstaltend (Hellweg, Anhang, Teil IV, 274).

Diese Sicht wurde von zahlreichen anderen Stimmen geteilt. Reglementierungen


des Plakats sind immer auch Begleiterscheinungen der kulturkritischen Distanz
zur „ordinären" Reklame gewesen. In vielen Fällen vermischten sich deshalb in
der Beurteilung der Anschläge inhaltliche, moralische und rein formal-ge-
schmackliche Aspekte auf eigentümliche Art und Weise mit rechtlichen. Gerade
die konservativen „Reformkräfte" vor 1914 sahen in allzu „gewagt" gestalteten
Plakaten eine Gefahr für Sitte und Anstand bzw. einen Verfall der Kunst und
versuchten, mit juristischen Spitzfindigkeiten Einfluß zu nehmen.
Besonders das Filmplakat stand seit der Frühzeit in ständigem Konflikt mit
der Justiz (vgl. Kamps 1997, 118-143). Behördliche Maßnahmen umfaßten
sowohl ausführliche Gesetzestexte als auch durch anderweitige Richtlinien
begründete Eingriffe. Zusätzlich unterstand das Filmplakat der Filmzensur.
Zunächst in zahllosen Landesgesetzen und kommunalen häufig polizeibezoge-
nen - Verordnungen versteckt, wurde die Kinoplakatzensur 1920 im Reichslicht-
spielgesetz verankert. Alle Plakatentwürfe mußten vor dem Druck der Prüfungs-
kammer vorgelegt werden. Erwähnt seien hier nur die Verbotsentscheidungen
der Prüfstellen als allgemeine Richtlinien für die Prüfung der Reklame, die 1922
in der ,Deutschen Lichtspielzeitung' erschienen, wo es u.a. heißt:

Die sittliche, geistige und gesundheitliche Entwicklung der Jugend wird gefährdet und
in ihrer Phantasie überreizt. 1. Durch die Darstellungen, in denen geschlechtliche
Beziehungen zum Ausdruck kommen, sei es durch lüsternen Gesichtsausdruck, durch
Bekleidung und Haltung oder durch sonstige Umstände. [...] 2. Durch alle Darstellun-
gen von Roheiten, Gewalttätigkeiten und verbrecherischen Handlungen. Durch alle auf-
regenden Darstellungen [...] (zit. nach Kamps 1997, 138).
34 Juristische A s p e k t e

Von den zahlreichen indizierten Beispielen, die einer der Kommentatoren des
Gesetzes, Ernst Seeger, 1932 erwähnt, sei hier nur eines herausgegriffen:

Der Entwurf zeigt eine Tänzerin im Revuekostüm mit extatisch [sie!] geschlossenen Au-
gen und sinnlichem Gesichtsausdruck. Sie wird umringt von farbigen Männern mexika-
nischen Aussehens, deren einer seinen Arm um ihre unbekleidete Hüfte gelegt hat.
Durch den sinnlichen Gesichtsausdruck der wenig bekleideten Tänzerin und die Art, wie
einer der dargestellten Männer ihren Unterleib umspannt, wird die Phantasie jugend-
licher Zuschauer auf das Geschlechtliche hingelenkt (zit. nach Kamps 1997, 139).

Nacktheit galt lange Zeit nur dann als abbildbar, wenn es sich um ethnologische
Motive handelte. Heute ist sie in fast allen Werbebereichen ein wesentlicher
Faktor.
Auffallend ist, daß einerseits zahlreiche Plakate Szenen enthalten, die eigent-
lich dem Verbot hätten anheimfallen müssen, andererseits aber beispielsweise
Kußszenen so gut wie überhaupt nicht vorkommen bzw. auffallend „dezent"
gestaltet sind. Im Großen und Ganzen ist zu vermuten, daß letztlich durch eine
Art Selbstzensur Einfluß auf die Gestaltung genommen wurde. Interessant ist
auch, daß offenbar, zumindest in den frühen 1920er Jahren, für Tanz-, Revue-
und Varietéplakate die verschärften Bedingungen nicht in gleichem Maße galten,
wie aus der Zensurschelte eines namhaften Grafikers in der Zeitschrift ,Das
Plakat' hervorgeht:

Bezeichnende Schönheitstänzerinnen und Nackturalballets [sie!] rekeln sich an den


Säulen! Kein Mensch hat etwas dagegen. Über mein harmloses, gänzlich unplastisches,
rein dekoratives Sumurun-Plakat errötet die Instanz. Zur Belehrung des Lesers: Es gibt
nämlich z w e i Sittlichkeiten. Eine für Kinoplakate, die daher der Zensur unterliegen,
und eine für andere Plakate (Leonard 1920, 479).

Wie Herzfeld (1929, 787) zu verstehen gab, spielten auch politische Gesichts-
punkte bei der Plakatzensur eine Rolle, da es sich nicht minder verstehe, „daß
solche ästhetischen Urteile immer politische verbergen und daß kein Plakat von
lebendig sozialer Auffassung die Zensur durchläuft." 1933 bis 1945 funktionier-
te die Plakat-Zensur als politische und als geschmackliche Zensur. Natürlich
standen auch Stilfragen unter behördlicher Aufsicht. Im Jargon der Zeit als
„entartet" geltende Gestaltungsmittel waren spätestens ab 1937 nicht mehr
zugelassen.
Nach 1945 fiel das Plakat - in der Bundesrepublik - unter die durch das
Grundgesetz garantierte Pressefreiheit. Das Reichspressegesetz galt allerdings
noch bis 1966, als es durch die weitgehend in den 1960er Jahren erlassenen
Landespressegesetze abgelöst wurde. Diese - sie ähneln sich und besitzen ζ. T.
identische Paragraphen kennen im Gegensatz zu den früheren Jurisdiktionen
keine eigenen plakatbezogenen Regelungen. Rechtliche Konsequenzen ergeben
Reglementierungen des Plakats 35

sich aus den Auslegungen und Kommentaren, wonach Plakate eben durch An-
schlagen, Ausstellen oder Auslegen in der Öffentlichkeit verbreitete Druckwerke
im Sinne von §7 LPG (Bayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-
Anhalt und Thüringen: §6, Hessen: §4) sind (vgl. Löffler 1983, 4, 69, 223f„
372ff.). Sie unterliegen dabei den einschlägigen Vorschriften über den Jugend-
schutz, die Verbreitung gefährdender Schriften, pornographischer Bilder und
Texte, den Bestimmungen über verbotene Organisationen etc. (Presseinhalts-
Delikte, vgl. Löffler 1997, 872ff.). Für deren Einhaltung sind der Hersteller wie
auch der Plakatuntemehmer verantwortlich. Letzterer besitzt das Recht, den
Richtlinien nicht entsprechende Exemplare zurückzuweisen. Dies ist jedoch
mitunter Ermessenssache. So ist es vorgekommen, daß die veraltete Beurtei-
lungskategorie „Verstoß gegen die guten Sitten" zum Vorwand genommen
wurde, Plakate für AIDS-Aufklärungskampagnen abzulehnen. Ein wesentlicher
Punkt des Presserechts ist die Impressumspflicht nach §8 LPG (vgl. Löffler
1983, 398ff.; Löffler 1997, 454ff.): Auf dem Plakat müssen Name des Herstel-
lers bzw. der auftraggebenden Firma, Partei, Organisation etc. sowie Name und
Ort der Druckerei genannt werden. Filmplakate unterliegen seit 1953 der Frei-
willigen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft.
Der wilde Anschlag ist nach § 303 StGB verboten und erfüllt den Tatbestand
der Sachbeschädigung, kann aber auch nach § 360 Ziffer 11 StGB als grober
Unfug gewertet werden. Ebenso wird das Abreißen und Beschädigen von Plaka-
ten als Sachbeschädigung nach §303 gewertet. Das vorsätzliche Beschädigen
von Anschlagtafeln und Säulen (Abriß, Demolierung) fällt zusätzlich unter § 304
und kann mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft werden; dies wird vor allem
im Fall von Wahlplakaten hervorgehoben. Auch können zivilrechtliche Scha-
densersatzforderungen seitens der betroffenen Eigner geltend gemacht werden.
Was den Zusammenhang von Verkehrssicherheit und Anschlag betrifft, so
können Plakate laut § 42 Straßenverkehrsordnung verboten werden, wenn sie den
Verkehr beeinträchtigen, dies jedoch nur außerhalb geschlossener Ortschaften.
Insgesamt unterliegt das Recht der Außenwerbung auch den jeweiligen Landes-
bauordnungen, die sich den EU-Richtlinien anpassen müssen.
Über die in den vergangenen Jahren wiederholt in die Diskussion gebrachte
Möglichkeit, aus gesundheitspolitischen Gründen z.B. die Plakatwerbung für
Tabakwaren oder scharfe alkoholische Getränke ganz zu verbieten, besteht
rechtliche Unsicherheit. Um hier selbst einzugreifen, haben sich z.B. die dem
Verband der Zigarettenhersteller angehörigen Unternehmen gegenüber dem
Bundesgesundheitsminister verpflichtet, „an Straßen und Haltestellen um Schu-
len und Jugendzentren sowie in dem vom Haupteingang von Schulen und
Jugendzentren aus einsehbaren Bereich bis zu einhundert Meter Entfernung
keine Plakatwerbung für Zigaretten mehr zu schalten" (Werbung in Deutschland
1995, 313). Auch hier sind Bestrebungen seitens der EU im Gange, die ein
völliges Werbeverbot vorsehen.
36 Juristische Aspekte

Besonders heikel wird die Rechtsprechung, sobald sie auf die Kategorie der
„schockierenden Werbung" angewendet werden soll. Auch hier besteht weit-
gehende Ratlosigkeit, wie im Fall der Werbung einer renommierten Beklei-
dungsfirma, die in den 1980er und frühen 1990er Jahren mittels erheblicher
Schockeffekte der zur Schau gestellten Motive ihre Produkte anpries. Dabei
wurden die Werbekampagnen durch die tagespolitische Aktualität der Werbemo-
tive publicityträchtig in Szene gesetzt, ohne daß über die Waren oder das
Unternehmen signifikante Neuigkeiten bekannt wurden (vgl. Kassebohm 1995;
Gawert/Middel 1994). Diese Fragestellungen berühren jedoch eher den Bereich
der Werbeethik, ebenso die Werbung mit sexuellen Motiven. Beschwerde- und
Schiedsstelle in solchen Fällen ist der 1972 eingerichtete Deutsche Werberat als
Organ der Freiwilligen Selbstkontrolle der Werbung. Hier werden vor allem die
Themen Diskriminierung von Frauen, Aufforderung zur Gewalt und Verletzung
des religiösen Empfindens thematisiert.

5.2. Geschäftsrecht

Das Recht zur Nutzung von Anschlagfächen auf öffentlichen Wegen, Straßen
und Plätzen wird der Gesellschaft mittels Pachtvertrag von Seiten der Gemeinde
übertragen. Der Pachtvertrag enthält ausführliche Bestimmungen über die
gegenseitigen Rechte und Pflichten und die Verteilung der Anschlagstellen
innerhalb der Ortschaft etc. Geregelt wird das Verhältnis zwischen den einzel-
nen Teilnehmern des Werbekontraktes durch die Allgemeinen Geschäftsbedin-
gungen für den Bogenanschlag, die vom Ausschuß für Außenwerbung im
Zentralausschuß der Werbewirtschaft 1949 zusammengestellt wurden und 1979
eine Neufassung erlebten. 14 Ziffern (früher 19) regeln vor allem die Größe des
Plakats, die Vermietung von Ganzstellen, die Annahme oder Ablehnung von
Plakaten durch das Anschlagsunternehmen, die Auftragserteilung, die Berech-
nung der Kosten für Anschläge und die Zahlungsbedingungen, die Haftung bei
Nichterfüllung von Plakataufträgen, die ordnungsgemäße Anbringung der
Plakate, die Rücksendung nicht verbrauchter Exemplare etc. Erfüllungsort und
Gerichtsstand ist jeweils der Sitz des Anschlagsunternehmens. Die Handhabung
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt in Fachkreisen als extrem unflexible
Abwicklung des Plakatierungsverfahrens (vgl. Putze 1997).
Ein weiterer Gesichtspunkt ist das Urheberrecht. Es betrifft einerseits das Ei-
gentumsrecht des Plakatgrafikers an seiner Idee gegenüber dem Auftraggeber,
was auf der Grundlage der jeweiligen Geschäftsbedingungen zwischen den Ver-
tragspartnern auszuhandeln ist, andererseits aber auch und vor allem den Schutz
des Werbetreibenden gegenüber der Nachahmung von Werbeideen durch die
Konkurrenz. Die kreative Eigenleistung des Grafikers bezüglich des Schutzes
vor Plagiaten wurde in der Frühzeit recht einseitig betrachtet. Lindner (1914,
Geschäftsrecht 37

Teil 3, 138), schreibt hierzu: „Nur den originellsten Entwürfen der besten Pla-
katkünstler, wie eines Bernhard, Hohlwein, Gipkens, Klinger, Pirchan, Kainer,
dürfte dieser reine Kunstschutz zuzubilligen sein [...]."
Wie die gesamte Werbung unterliegt auch das Plakat den Bedingungen des
Wettbewerbsrechts. Demnach ist vergleichende Werbung unzulässig nach § 1 des
Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und nach § 3 (irreführende
Angaben) - gegenüber beispielsweise den USA - , soll aber in den kommenden
Jahren via EU-Recht erlaubt werden. Allerdings haben inzwischen verschiedene
Gerichte abweichende Meinungen dahingehend vertreten, sie könne in Ausnah-
mefällen durchaus eingesetzt werden, wenn sie sachlich und wahr ist und z.B.
aus Gründen des Verbraucherschutzes angewandt wird. Die Beweislast liegt je-
doch im Konfliktfall beim Werbetreibenden (vgl. Koschnik 1996, 957 959). Ab-
bildungen auf Plakaten unterliegen ebenfalls dem UWG §5, Abs. 3, wonach sie
nicht irreführend sein dürfen.
6. Theorien des Plakats

6.1. Allgemeiner Überblick

Die Quellen lassen erkennen, daß schon in seiner Hochphase versucht wurde,
das Plakat auch theoretisch zu hinterfragen. Die Ausgangsbedingungen für eine
Bilanz sind äußerst defizitär. Die wenigsten plakatgeschichtlichen Arbeiten be-
handeln Theoriebildung. Ebenso selten werden Werbetheorien mittels Plakaten
exemplifiziert; dies geschieht zumeist anhand von Zeitungsanzeigen - in jünge-
rer Zeit häufiger noch Werbespots - oder in einem mitunter recht vagen überge-
ordneten Bezug der „Werbebilder". Folglich existieren im allgemeinen fachli-
chen Bewußtsein keine literarisch fixierten Plakattheorien in der Art und Weise
wie z.B. Filmtheorien oder eine Theorie des Kinos. Gleichwohl läßt sich im
Laufe der modernen Plakatgeschichte eine unterschiedlich starke Bereitschaft
zu einer Theoriebildung erkennen. Auch waren und sind Theorien in eine Stel-
lenwertdiskussion innerhalb des Werbeapparates eingebunden, dabei - trotz ge-
wisser Konstanten eben auch Widerhall des ständigen medialen Wandels.
Ebenso sind sie Spiegel allgemeiner soziokultureller Strömungen, was die
Komplexität eines Versuchs ihrer Bündelung zusätzlich unterstreicht.
Zur Theorie des Plakats äußerten sich bis heute u. a. Kunstwissenschaftler,
Werbefachleute, Psychologen, Kommunikationswissenschaftler, Publizisten, Me-
dientheoretiker. Gleichfalls von Interesse sind Selbstzeugnisse von Plakatgra-
fikern wie etwa Jules Chéret, Leonetto Cappiello, Jean Carlu, Julius Klinger,
A. M. Cassandre, Jan Tschichold. Vieles ist allerdings lediglich als Statement
bzw. Aperçu, selten als durchformulierte Theorie zu bewerten. Die Erforschung
der weit verstreuten Materialien steckt noch in den Anfängen. Deutlich wird
aber der Wandel von den „naiven" Betrachtungen der Frühzeit hin zu kom-
plexeren Sichtweisen.
Umfassender als in Deutschland wurde das Plakat innerhalb der Werbetheo-
rie Frankreichs debattiert. Mit Albert Halters Dissertation (1992) liegt ein erster
Schlüssel zur dortigen Diskussion zwischen 1900 und 1930 vor. In der anglo-
amerikanischen Theoriebildung stehen eher gesamte Werbestrategien im Mittel-
punkt. Die ersten plakattheoretischen Gedanken vor 1900 kamen aus dem
Kunstbereich. Schon damals ging es um Form und Funktion des Plakats, sein
Werbezweck wurde aber noch ästhetischen Kategorien untergeordnet (z.B.
Chéret 1896). Die deutsche Kunstdebatte um das Plakat verband sich vor allem
A l l g e m e i n e r Überblick 39

mit Herbert Tannenbaum, Paul Mahlberg, Adolf Behne, Paul Westheim. Von
werbewirtschaftlicher Seite trat u. a. Ernst Growald hinzu, dessen ,Plakatspiegel'
(1904) jedoch keine ausformulierte Theorie, sondern eine thesenartige Manife-
station darstellt. Wichtig als Diskussionsforum wurden die Zeitschriften (vgl.
8.4.2.). ,Kaindls Schriften über Reklame', erschienen 1928, geben einen Ein-
druck von der Fülle der bis dahin erschienenen deutschsprachigen Fachliteratur;
nur sehr wenigen Titeln wird man allerdings ernsthafte Beiträge zur Theorie des
Plakats zubilligen können.
Neue psychologische Erkenntnisse in England und Amerika wirkten sich auf
die kontinentaleuropäische Werbewissenschaft aus. Seyffert (1929) definiert in
seiner mehrfach neugefaßten Werbelehre das Plakat analytisch als Komplex von
Werbeelementen und Werbefaktoren. Fast alle deutschen Autoren berufen sich
auf ihn. Wichtig wurde ebenso Königs 1924 zum ersten Mal erschienene und
wiederholt aufgelegte ,Reklame-Psychologie' und der Aufsatz .Psychologie der
Reklame' von Moede (1920). Besonders den französischen Publikationen war
das Bemühen um eine wissenschaftliche Fundierung der Reklame auf der
psychologischer Grundlage gemeinsam: Mit Arrens ,La publicité lucrative et
raisonée' erschien 1909 das erste umfassende werbetheoretische Buch in Frank-
reich, zahlreiche folgten und behandelten das Plakat im Kontext, jedoch nur
,Les affaires et l'affiche' (1922) von Dermée und Courmont trug den Gegen-
stand selbst im Titel und gestand ihm Priorität zu. Die NS-Zeit brachte in
Deutschland vor allem - keineswegs zufällig - eine Betrachtung des politischen
Plakats (Schockel 1938, Medebach 1941).
Fast gleichzeitig wurden - aus heutiger Sicht die bislang faßbaren Funda-
mente schwächer. Die wesentlichen Argumentationen zu Form, Inhalt, Funktion
und Dasein des Plakats waren schon zu Beginn der 1930er Jahre ausgetauscht.
Späteres wiederholte und variierte die Grundgedanken, lediglich das Vokabular
wandelte sich. „Reklame" wurde zur „Werbung", aus „Blickkontakt" ein Prozeß
„visueller Kommunikation". Max Benses Studie ,Plakatwelt' (1952) öffnete den
Blick auf Wechselwirkungen zwischen Lebensbereich und Plakaten. Mit sozial-
psychologisch-philosophischen Sehweisen wurde das Plakat als „Werbung für das
riesige Kaufhaus der großen Welt" (de Haas 1953) bzw. als „Esperanto unseres
Jahrhunderts" (Schön 1954) bezeichnet. Den „Plakatjargon" (Walter Jens, zit. n.
Hundhausen 1961, o.S.) erklärte man zum sprachlichen Widerhall des Zeitalters
der abstrakten Verdichtung. Neue allgemeine theoretische Ansätze wurden auf die
Werbung übertragen, wie etwa Informations-, Zeichen- und Kommunikations-
theorie (vgl. Moles 1970), ein mit der zunehmenden Historisierung des Plakats
seit den späten 1950er Jahren einhergehender, nicht immer ganz unproblemati-
scher Prozeß. Allerdings entstand in diesem Zuge eine Fülle von Theoriegedan-
ken, in denen das Plakat selbst kaum oder gar nicht mehr Erwähnung fand.
Eine Konstante der Plakattheorien von der Frühzeit an ist das visuelle Erle-
ben des Rezipienten innerhalb der modernen Großstadt. Das Plakat treffe auf
40 Theorien des Plakats

zerstreute, gehetzte Menschen, die „inmitten eines optischen Durcheinanders le-


ben" (Cassandre 1928, 10). Der „homme pressé" (Carlu 1934, 153) in einer
Massengesellschaft wurde zum Topos und lieferte die Kriterien für die Plakatde-
finition über die Grenzen der Fachrichtungen hinaus. „Nicht nur das brutale
Faktum des wirtschaftlichen Erfolgszwanges, sondern auch die intensive Emp-
findung, daß der zeitbedingt beschleunigte Lebensrhythmus zu gesteigerter Bild-
rethorik anhielt, bildete den Horizont" (Halter 1992, 8) der Überlegungen. Mit-
unter diente diese eingeschränkte Perzeptionsfähigkeit des Passanten aufgrund
sich verflüchtigender Eindrücke auch zur Infragestellung des Werbewerts von
Plakaten. Kämpfer (1985, 25) gibt jedoch zu bedenken:

Aber auch auf der Straße ist nicht jedes Plakat für den Eiligen gedacht. Die unzähligen
Schriftplakate verlangen nach Lektüre, ebenso jene Plakate, wo zum Bild eine Ge-
schichte, ein Aufruf oder anderes Kleingedrucktes gestellt worden ist. Hier mag
manches Fließtext sein. Aber für die Passanten fehlt hier oft das visuelle Lasso eines
Schlagwortes. Nur das modern konzipierte Bildplakat mit knappster Parole kann für
den Eiligen gedacht sein. Aber schon wenn zwei oder mehrere Bilder auf einem
Plakatblatte zusammen- oder gegenübergestellt werden, bedarf es des Verweilens und
Mitdenkens.

6.2. Kunsttheoretische Aspekte

Die Kunsttheorie versuchte bisher überwiegend, formale, ästhetische und funk-


tionale Gesichtspunkte des Plakats unter dem Primat der Gestaltung zu erörtern.
Sie ist häufig eingebunden in die jeweils aktuellen Kunstströmungen und dem
von der Plakatgrafik geleisteten Anteil (z.B. Konstruktivismus, Neue Typo-
graphie). Dabei spielt auch eine Rolle, ob das Plakat in Anbetracht seiner mas-
senhaften Reproduktion, seines Verwertungszwecks und seines „vulgären"
Auffallens überhaupt Kunst sein kann.

Ich fürchte, in der Idee des Plakats liegt an sich schon etwas wesentlich Vulgäres,
sofern es sich nicht auf die einfache Ankündigung von Anordnungen beschränkt oder
zu einer Art von Heraldik oder Schildermalerei wird. Die bloße Tatsache laut schreien
zu müssen, diese Assoziation zu ordinärer Marktschreierei, steht im Gegensatz zum
Künstler und ist eine unerträgliche Belastung für ihn [...] (so Walter Crane 1892, zit.
nach Barnicoat, 135).

Allerdings wurde dieser Gesichtspunkt schon früh dahingehend modifiziert, daß


man in künstlerische und unkünstlerische Plakatgrafik unterschied. Woran es der
Kunsttheorie des Plakats insgesamt mangelt, ist die Erstellung systematischer
Gerüste, wie es z.T. seitens der Werbetheorie versucht wurde. Mit der Ikonolo-
gie besäße sie eigentlich ein Instrument, auch Bildinhalte zu definieren. Was auf
Kunsttheoretische Aspekte 41

praktisch-analytischer Basis gut funktioniert, scheint in theoretischer Hinsicht


bislang kaum geleistet worden zu sein, so daß sich der Beitrag der Kunsttheorie
zum Plakat überwiegend auf formale Problemstellungen reduziert.
Für Chéret (1896, 85) hat das Plakat „auffallend als auch künstlerisch" zu
sein. Plakate müßten sowohl von der Wand als auch von den umgebenden
Plakaten stark abstechen. Durch die Einführung einer lebensgroßen, menschli-
chen Figur - am besten einer weiblichen - erhalte man „die schönste Wirkung,
die man mit einem Plakat erzielen kann." Soll das Bild seinen Zweck erfüllen,
so habe der Künstler dem darzustellenden Gegenstand besondere Beachtung zu
schenken, ohne sich „in Details zu verlieren." Einige essentielle, später wie-
derholt geäußerte Grundgedanken zum Plakat waren damit formuliert, bedurften
jedoch der Erweiterung. Cappiello (in: d'Houet 1906, 8) besaß bereits die Er-
kenntnis, daß das Plakat seine Aufgabe ganz im Rahmen kommerzieller Anfor-
derungen zu erfüllen habe. Auch er sagte, das Plakat müsse unerwartet und
heftig wirken. Dazu sei ein ins Auge springender Fleck notwendig, den er als
„tache" bezeichnete, ein Begriff, der zu einem vielzitierten Schlagwort wurde.
Kennzeichnend für die frühe Betrachtungsweise in Deutschland wie in Frank-
reich war, daß der optischen Überraschungswirkung stets Priorität zukam. Dabei
wurde eine Polarisierung zwischen Dissonanz und Harmonie in Zusammen-
stellung von Gestaltungselementen und Farben deutlich (vgl. Halter 1992, 53ff.).

Mahlberg (1913, 200) betont vor allem den Signalcharakter des Plakats in-
nerhalb der Metropole. Es tauge folglich nicht zum Erzählen von Geschichten,
denn „davon bleibt im Autobusfenster bei der Vorüberfahrt nichts hängen." An
die Stelle realistischer Bildform habe demnach „plakatistische Stilisierung" zu
treten, die Mahlberg als „konsequente Abstraktion auf das Notwendige unter
Verzicht auf das zum klaren Ausdruck Unwichtige" bezeichnet. Für den Grafi-
ker Hiroshi Ohchi (1957, 10) ist - um den Bogen über die Jahrzehnte zu span-
nen - die Abstraktion im Plakat „eine Form der Gestaltung, die absolute Einheit
zwischen Idee und Ausdrucksfähigkeit bedingt, um auch in der Vorstellungskraft
des Publikums als Begriff existieren zu können". Um Aufmerksamkeit zu
erregen, sei es deshalb für das Plakat notwendig, „unnötige Details aus der Ge-
samtform auszuscheiden." Sein Kollege Sutnar (1953/54, 26) geht pragmatisch
vor und teilt die Plakate diesbezüglich nach solchen ein, die sich an den Auto-
fahrer wenden und solchen, die für den Fußgänger bestimmt sind. Die visuelle
Gestaltung ersterer müsse auf die „einfache Unmittelbarkeit reduziert werden,
die ein Verkehrszeichen aufweist". Details sollten so weit ausgeschaltet sein,
daß das Plakat schließlich „wie eine bildhafte Kurzschrift erscheint, die leicht
zu lesen ist, die man leicht im Gedächtnis behält." Demgegenüber könnten Pla-
kate, die den Fußgänger ansprechen, das Detail stärker berücksichtigen.
Müller-Brockmann (1971, 14) faßt die in diesem Zusammenhang wichtigen
Gestaltungskriterien zusammen:
42 Theorien des Plakats

Damit die Gestaltung kompakt wirkt, sollen die Darstellungselemente [...] kompositio-
neil auf einander bezogen sein. Die Elemente sollen sinngemäß geordnet sein, um Im-
pulse und Informationen in der gewünschten Reihenfolge zu wecken bzw. vermitteln.
Die Formelemente sollen durch starke Kontraste und spannungsreich gegliederte
Fläche eine problemlose, schnelle Lesbarkeit ermöglichen. Die diagonale Komposition
erzeugt dynamische Wirkung. Rhythmisierte Formelemente haben ebenfalls eine
dynamische Wirkung. Der richtige Beschnitt des Motivs unterstützt die monumentale
Wirkung. Horizontale und vertikale Formelemente mit harmonischer Komposition
können eine statische Form bilden. Die Bildform soll in der Gesamtform transparent
erscheinen. Der Gegenstand, stilisiert, typisiert und von jedem überflüssigen Detail be-
freit, wird dadurch wesentlicher, objektiver, zeitloser. Das Überschneiden transparenter
Formen steigert die Dynamik, Rhythmik, Tiefenwirkung, Eleganz und Leichtigkeit der
Bildformen. Expressive zeichnerische Linienführung kann das psychische Verhalten
des Betrachters beeinflussen. Eine Diagonale von unten nach rechts oben scheint anzu-
steigen, die andere abzusteigen. Die Bildelemente auf der rechten Seite sehen schwerer
aus als auf der linken.

D i e sich aus s o l c h e n B e d i n g u n g e n ergebenden K o n s e q u e n z e n wurden s c h o n früh


erkannt. Jean Carlu z . B . nennt als B e d i n g u n g für die gute Wahrnehmbarkeit d e s
Plakats e i n e g e s c h l o s s e n e K o m p o s i t i o n - „ c o m p o s i t i o n f e r m é e " , in der das Pla-
katsujet als „ m a s s e centrale" (Carlu 1 9 2 8 , 4 3 8 ) anzuordnen sei. D a b e i mißt er
z e i t w e i l i g d e n g e o m e t r i s c h e n B i l d e l e m e n t e n e i n e unmittelbar d e n B l i c k f e s s e l n -
d e W i r k u n g b e i , e i n e A n s i c h t , d i e auch bei D e r m é e und C o u r m o n t zu finden ist
( v g l . Halter 1 9 9 2 , 137).
A u c h bei der Farbe ist d i e A u f f ä l l i g k e i t m a ß g e b l i c h . Für Chéret sind i m Pla-
kat bei e i n e m Ö l g e m ä l d e o d e r Aquarell absolut u n z u l ä s s i g e Kontraste m ö g l i c h .
D i e Farben habe m a n s o zu w ä h l e n , d a ß s i e e n t w e d e r a l l e s andere s c h l a g e n ,
o d e r s o ruhig, d a ß sie durch Reserviertheit a u f f i e l e n , schreibt Mahlberg ( 1 9 1 3 ,
2 0 0 ) . T s c h i c h o l d ( 1 9 2 8 , 1 8 4 ) betont, a u c h der unbedruckte R a u m d e s Plakats
sei Teil der K o m p o s i t i o n und s o m i t für d e n G e s a m t e i n d r u c k w i c h t i g . Müller-
B r o c k m a n n ( 1 9 7 1 , 15) spricht der Farbgestaltung i m Plakat f o l g e n d e M ö g l i c h -
keiten zu:

Die Farbe kann als Symbolträger bei sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kultu-
rellen Aktionen die Absicht untermalen. Die Farbe lässt sich als Gegenstandsfarbe
einsetzen. Die Farbe kann Vermittlerin einer bestimmten Atmosphäre sein. Die Farbe
als experimentelle Äußerung mit starker Innovation kann in Bann ziehen. Die Farbe
kann ein rhythmisierendes Element sein. Die Farbe als expressives Ausdrucksmittel
psychischer Zustände kann Situationen erhellen. Die Farbe als Kommunikationsmittel
kann Vorgänge erleichtern und Prozesse beschleunigen. Die Farbe kann verbindendes
Element bei Serien-Plakaten sein.

B e z ü g l i c h der Schrift s t e h e n s i c h z w e i P o s i t i o n e n g e g e n ü b e r : D i e e i n e , die ihr


e i n e a u s g e p r ä g t e B l i c k f a n g w i r k u n g z u k o m m e n läßt, d i e andere, die ihr auch in
der G e s t a l t u n g s a c h l i c h - i n f o r m a t i v e Qualitäten abverlangt. Chéret ( 1 8 9 6 , 8 5 f f . )
Kunsttheoretische Aspekte 43

schreibt, sie liefere „gewissermaßen den Schlüssel zum Bilde und ist sozusagen
dessen Apologie pro vita sua." Sie müsse so eingerichtet werden, „daß sie das
Plakat in augenfälliger Weise interpretiert, ohne doch die künstlerische Wirkung
zu zerstören." Adolf Behne (1923/24, 400) äußert sich, sie erlaube „kein Aus-
spielen persönlicher, individueller Stimmungen und Neigungen. Oberstes Gesetz
ist stets: vollkommenste Lesbarkeit. Denn jede andere Einstellung hübe den Sinn
der Schrift, Mitteilung an alle zu sein, logisch auf. Die Schrift kann doch nie
und nimmer durch den Inhalt der Mitteilung beeinflußt werden, sondern stets
nur durch die Besserung der Mitteilungstechnik!" Sie soll also keineswegs
inhaltlich bestimmt sein, sondern sich durch sachliche Neutralität auszeichnen,
wobei Behne sich gedanklich den um diese Zeit auftretenden ersten Protagoni-
sten der Neuen Typographie zur Seite stellt.
Auch für Walter Dexel ist 1925 Sachlichkeit eine Grundbedingung:

Der Text ist zu ordnen nach seiner Bedeutung und bestimmt die äußere Form des Gan-
zen. Große Schrift sagt das wesentlichste, kleinere das, was sonst noch unumgänglich
scheint, gute klare leicht lesbare Schrift ist die Grundbedingung aller Außenwerbung.
Sogenannte Kunstschriften können wohl den Blick des Passanten auf sich lenken, aber
seine Gedankengänge knüpfen sich an das Schriftbild statt an den Inhalt des Gesagten.
Solche Art Schrift nimmt zuviel Aufmerksamkeit für sich in Anspruch, die Form über-
wiegt den Inhalt, das Mittel den Zweck, die Kunst drängt sich vor und die Wirkung
bleibt aus (zit. nach Grözinger 1994, 26).

Cassandre (1928, 153) bezeichnet den Schriftzug als den konkreten Ausgangs-
punkt für die Plakatgestaltung, geradezu als das Zentrum der Komposition. Daß
ihm seitens der Werbetheorie die Aufgabe zukam, dem Publikum die magische
Verkaufsformel zu übermitteln, spitzt er in der Aussage zu: „L'affiche n'est pas
un tableau. C'est avant toute chose un mot" (zit. nach Halter 1992, 15).
Es gibt zweierlei Arten von Schrift auf Plakaten, die in die Bilddarstellung
integrierte und die außerhalb des Bildteils piazierte Schrift. Erstere wertet
Müller-Brockmann (1971,14) als „Bestandteil der Bildinformation. In der Erin-
nerung verschmelzen beide Elemente untrennbar miteinander." Letztere er-
scheint „als Teil der Gesamtkomposition, wenn sie in Größe und Farbe propor-
tional und kompositionell mit den übrigen Teilen des Plakats verbunden und die
Schriftfarbe im Bildteil wieder enthalten ist oder dort ihre komplementäre
Entsprechung findet." Das Überschneiden von Schrift und Bild, zum Beispiel
eines Produktnamens oder einer Produktmarke mit der Produktform fördere die
Bildeinheit.
Gerade das Verhältnis von Wort und Bild war u. a. die Grundlage, das Plakat
gegenüber Kunstwerken wie dem Gemälde abzusetzen: Ein Gemälde, das der
Worte benötige, sei kein Gemälde. Ein Plakat hingegen wolle die Worte. Ein
künstlerisch geprägtes Wort, das des Bildes bedürfe, sei unkünstlerisch. Das
Wort im Plakat dagegen wolle das Bild, „weil es nur geprägt wird, um mit dem
44 Theorien des Plakats

Bilde eine höhere Zweckgemeinschaft einzugehen, mit ihm eine höhere Zweck-
einheit zu bilden" (Knatz 1918, 286). Im Plakat könne - um der stärkeren ge-
meinsamen Wirkung willen - das Bild wie das Wort auf einen Teil seiner Wir-
kung verzichten.
Die Polarisierung Kunst vs. Werbemittel betraf jedoch vor allem die Idee
von einer „Galerie der Straße": Schon für Sponsel (1897, 14), den Verfasser der
ersten deutschen Darstellung des internationalen Plakatschaffens, ist das Plakat
„vielleicht der mächtigste Agent in der Erziehung des Volkes zum Kunstempfin-
den und zum Kunstbedürfnis." Von Rheden (1903, 308) äußert sich wie folgt:

Durch den steten, sich immer wiederholenden Anblick von künstlerisch Wertvollem
gewöhnt sich das Auge an die schöne Linie und wird der Geschmack in gewissem
Grade unbewußt veredelt und geläutert. So kann also auch die Geschäftswelt bei der
ästhetischen Erziehung des Volkes mitwirken.

An anderer Stelle ist in dieser Hinsicht zu lesen: „Das moderne Plakat stellt
eines der vorzüglichsten und wirksamsten Mittel dar, allen Volkskreisen die
charakteristischen Seiten der Kunst zu übermitteln" (Möbs 1914, 80). Diese
Kultivierung „des Bildplakats zu einer ,Kunst der Straße' und Kunst für alle in
einem demokratischem Sinn war das Verdienst der Künstler des Jugendstils, die
mit der Versöhnung von Kunst und Leben die Ästhetisierung des Alltags als
eine ihrer ersten Aufgaben erkannten" (Schmidt-Linsenhoff 1985, 8 - 9 ) .
Dagegen äußerte sich schon 1908 Paul Westheim. Er stellte den reinen
Werbezweck der Plakate heraus und verneinte alles darüber Hinausweisende: Es
sei nicht die Aufgabe des Plakats, so Westheim, „neue Werte zu verkünden oder
den Kreis der menschlichen Empfindungen zu erweitern, sondern den alltägli-
chen Neigungen der Vielen zu schmeicheln" (Westheim, zitiert nach Gagel
1971, 2). Mahlberg (1913, 19Iff.) stellte die Idee in den Mittelpunkt seiner
Überlegungen, Plakate seien, wie es der programmatische Titel seines Aufsatzes
schon ausdrückt, ein „Erzieher des Kunstsinns" (Mahlberg 1913, 191), da die
Museen und Kunstgalerien diese Aufgabe nur unvollkommen oder gar nicht
wahrnehmen könnten. Weil die große Masse der Besucher nicht in die Tiefe der
Bilder eindringe, erfülle die Plakatkunst diesen Zweck am besten. Klinger
(1913, 110) wiederum sah sich genötigt, zu betonen: „Wir suchen [...] nicht
Kunst ins Volk zu tragen, weil wir wissen, daß dies eine hohle Phrase ist. Wir
wollen unsere Arbeit gut und zweckentsprechend gestalten", die Reklame sei
„ihrer inneren Natur nach eine wirtschaftliche Sache." Für Tannenbaum (1914,
240f.) muß das Plakat immer „populär sein. Eine Erziehung des Volkes zum
Verständnis des Plakats kann und braucht es nicht zu geben; denn ein Plakat,
das eine Exegese verlangt, mag ein Kunstwerk sein, aber es ist ganz gewiss kein
Plakat; wobei man sich darüber einig sein muß, daß die Möglichkeiten des Pla-
kats - am Maßstab großer Kunst gemessen - verhältnismäßig gering sind." Noch
Werbetheoretische Aspekte 45

bei Waetzold (1964) heißt es hingegen, Plakate seien „die Hieroglyphen ihrer
Zeit, ihre [...] Bildsprache prägt das Gesicht unserer Welt [...]. Als öffentliche
Kunst konfrontiert sie den Mann auf der Straße täglich mit den Problem der
künstlerischen Form unserer Zeit." Und Schirner (1988, 19) meint - jedoch ganz
im Sinne der Pop-art , der flotte Wechsel der Plakate mache sie „zur modern-
sten Kunst, die es gibt."
Diese Debatte betrifft auch das Selbstverständnis der Entwerfer. Cassandre
z.B. betrachtet die Verpflichtung gegenüber der Geschäftswelt als grundlegende
Voraussetzung für sein Schaffen (vgl. Halter 1992, 12ff.). Seine Definition des
Plakats als „machine a annoncer" apostrophiert den Entwurf als rein technisches
und kommerzielles Problem, das Plakat selbst unverhohlen als Serienprodukt.
Dabei verlange das Plakat den vollkommenen Verzicht auf die Persönlichkeit
des Künstlers. Es sei nur ein Mittel der Mitteilung vom Verkäufer zum Pu-
blikum, „ähnlich [...] wie die Télégraphié" (Cassandre, zit. nach Brendel
1955,3). Dabei spiele der Plakatmaler die Rolle des Telegraphenbeamten, „er
gibt keine Mitteilung heraus, er übermittelt sie nur. Man fragt ihn nicht nach der
Meinung, man verlangt nur von ihm, dass er eine klare, knappe, gute und exakte
Verbindung herstellt." Allerdings sei, so Kossatz (1970, 7), der Plakatsektor ei-
ner der wenigen Bereiche der modernen Kunst, wo das alte Verhältnis zwischen
Auftraggeber und Künstler weiterlebe, was seine Zuspitzung in der These
Schirners (1988, 19) findet, die Entwerfer seien die „Raffaels" bzw. „da Vincis
von Heute" (in: Wündrich 1979).

6.3. Werbetheoretische Aspekte

Gegenüber den Kunsttheoretikern stellen die Werbetheoretiker den werbetech-


nischen und werbewirtschaftlichen Aspekt des Plakats eindeutig in den Vor-
dergrund. Frühe Werbetheorien gehen mitunter noch unzulänglich von der bild-
gemäßen Botschaft aus, sondern sehen die schriftlichen Prioritäten der Werbung.
Anzeigenwerbung und allgemeine verbale Anpreisungen stehen im Vordergrund.
So mag es auch kaum verwundern, daß Robert Scott Dills ,Theory of Adverti-
sing' aus dem Jahre 1903, die immerhin die wohl erste umfassende, auch
psychologisch fundierte Abhandlung ist, das Wort „Poster" nicht kennt. Trotz
solcher Mißachtung wird schon bei den Reklamewissenschaftlern vor dem Er-
sten Weltkrieg die Plakatreklame als Mittel zum Zweck verstanden, dessen Prio-
rität der Erreichung wirtschaftlicher Zielsetzungen gilt. Growald z.B. (1904, 49)
fordert, die Kunst müsse den Aufgaben des Plakats untergeordnet sein. Dem
Plakat wird an der Realität orientiert seine Position als Teil von Werbekam-
pagnen, seltener als das alleinige Werbemittel für einen Zweck zugewiesen. Bei
Weidenmüller z.B. (1913, 71) kann für den dauerhaften Werbeerfolg nicht das
einzelne „Werbestück [...], sondern stets nur der planvolle Gebrauch vieler ver-
46 Theorien des Plakats

schiedener Werbesachen" maßgebend sein. Alle Komponenten des Plakats wer-


den unter dem Gesichtspunkt der Werbewirkung und des Werbeerfolges defi-
niert, dies mittels betriebswirtschaftlicher und psychologischer Kriterien. Auf
letztere wird bereits 1902 in der Zeitschrift .Moderne Reklame' hingewiesen:
Nachdem die Charakteristika des modernen Plakats, seine Einheitlichkeit, seine
Knappheit und Kürze mit der Aufnahmefähigkeit und den Eigenschaften des
menschlichen Auges begründet worden sind, heißt es: „Das Plakat, dem an sich
eine werbende Kraft auf die achtlose Menge zugetraut werden darf, setzt also
Eigenschaften voraus, die psychologisch begründet sind" (Hösel, zit. nach
Henatsch 1995, 254).
Das Plakat publiziere mit der ihm eigenen Heftigkeit und Wucht einen Na-
men, eine Marke oder ein Produkt. Dank seiner Suggestionskraft mache es aus
Betrachtern Interessenten und aus Interessenten Käufer (u.a. Rutz 1946, 262).
Seine Aufnahme sei nicht vom Willen des Passanten abhängig, sondern es fange
„die Umworbenen - auch die Unwilligen ein, wenn es wirksam gestaltet und
gut placiert ist und damit die nötige Suggestivkraft ausstrahlt" (Medebach 1971,
2). Diese Willenslenkung kann - muß aber nicht - zur eigenen Willensentschei-
dung des Betrachters führen. Bereits Westheim (1908, 125), eigentlich Kunsthi-
storiker, beschreibt die Plakatwerbung als Aufgabe, dem Publikum ein Abbild
seiner drängenden Wünsche vorzuhalten. Die Reklameidee sei dabei „gewisser-
maßen die Schöpfung eines Kollektivgeistes." Als die publizistischen Techniken
zur Bedürfnisweckung nennt Prakke (1963, 1) die Begriffe der „Attraktionskop-
pelung", der „Vereinfachung", der „Wiederholung", des „erschütternden Kontra-
stes", der „Kontinuitätswirkung des Symbols" und der „Aktualitätswirkung des
Neuen."
Die unmittelbare Wirkung wird besonders in den frühen Schriften betont.
Für Growald (1904, 16) z.B. muß das Plakat nicht gefallen, aber auf jeden Fall
auffallen. Die Sensation erhöhe die Wirksamkeit eines Plakats, sie dürfe aber
nicht Selbstzweck sein, sonst mache das Plakat für die Sensation Reklame und
nicht für den beworbenen Gegenstand. Ein Plakat könne jedoch nie zu sehr
auffallen. Denn „je weniger ein Plakat dem allgemeinen Begriffs- und Schön-
heitssinn entspricht, desto grösser wird seine Wirkung sein" (1904, 27). Der
stete Bruch mit dem Gewohnten war für Kunst- und Werbetheoretiker glei-
chermaßen von Bedeutung.
Die dem Plakat zugestandenen bzw. abverlangten Wirkungsmechanismen
wurden in den 1920er Jahren von zwei theoretischen Modellen in Deutschland
und Frankreich erfaßt: Seyfferts Struktur-Modell und dem schon älteren
Α. I. D. A.-Konzept. Seyffert (1929, 2Iff.) hat wohl als erster in Deutschland das
Plakat systematisiert. Sein Modell diente ihm der Analysemethodik, gleichzeitig
leitete er es aus seinen seit dem Weltkrieg vorgenommenen Wirkungsforschun-
gen ab. Seyffert gliedert das Plakat, analog zu den von ihm für die Werbemittel
als allgemeingültig erstellten Kriterien, wie folgt: Als Werbewirker bezeichnet
Werbetheoretische Aspekte 47

er Bild, Farbe und Schrift. Die Werbeträger als rein stoffliche Teile - differen-
ziert er nochmals in das Werbesubstrat (das Plakat selbst als den unmittelbaren
Werbeträger), dann den Werbemittler als den mittelbaren Werbeträger (die
Plakatsäule oder die Plakatwand). Der Werbewirker setzt sich für Seyffert aus
mehreren Werbeelementen zusammen, bei denen er inhaltliche, sinnliche und
formale unterscheidet. Beim Plakat sind die inhaltlichen Werbeelemente ge-
danklicher und gefühlsmäßiger Natur. Das sinnliche Werbeelement ist die Farbe.
Als formale Werbeelemente werden Größe, Form, Plazierung, Anzahl bezeich-
net. Die Werbeelemente sind die letzten werbewirksamen Bestandteile des
Werbewirkers. Sie verbinden sich untereinander zu festen, typischen Elementar-
verbindungen, den Werbefaktoren. Diese verkörpern im Werbewirker die Haupt-
träger der Werbewirkung.
Die Werbefaktoren gliedert Seyffert ebenfalls in inhaltliche und formale. Die
inhaltlichen Faktoren bilden in der Mehrzahl mit den ihnen entsprechenden for-
malen Faktoren sogenannte Faktorenpaare. So sind für das Plakat in erster Linie
die Faktorenpaare Bildinhalt-Bildgestaltung und Schriftinhalt-Schriftgestaltung
wichtig. Es bedarf folglich einer durchdachten Abstimmung aller dieser Kom-
ponenten. Bei der Werbewirkung - auch des Plakats - wird von Seyffert in
sechs Wirkungsvorgänge unterschieden: Sinneswirkung, Aufmerksamkeitswir-
kung, Vorstellungswirkung, Gefühlswirkung, Gedächtniswirkung und Willens-
wirkung (1929, 58ff.). In gleicher und ähnlicher Weise stellen Lysinski
(1919/20, 157f.) und König (1924, 32) die Teilwirkungen der Werbewirkung
dar. Moede (1919/20, 200ff.) beschränkt sich auf Sinneswirkung, Aufmerksam-
keitswirkung, Gedächtniswirkung und Willenswirkung.
Für die Werbewirkung und die Aufgabe des Plakats konnte sich die franzö-
sische Theorie auf das schon 1898 entwickelte A.I.D. A.-Konzept berufen
(Halter 1992, 66ff.). Es teilte die Werbemitteilung in vier psychologische
Wirkungsstufen auf: „attirer l'Attention, susciter l'Intérêt, provoquer le Désir,
déclencher l'Achat." Das Plakat solle also die Aufmerksamkeit auf sich ziehen,
das Interesse wecken, das Verlangen herausfordern und somit den Kauf bewir-
ken, eben nicht mehr allein darauf beschränkt sein, als Blickfang zu funktionie-
ren. Im Englischen wird A.I.D.A. in "attention", „interest", „desire" und
„action" aufgelöst.
Die Reklamepsychologie der 1920er Jahre wies dem Perzeptionswert (er be-
zeichnet den Grad der Wahrnehmung) und dem Apperzeptionswert (er nennt die
Fähigkeit des Begreifens) des Plakats große Bedeutung zu. Dermé differenziert
nach „attention volontaire" (der willentlichen, aktiven Aufmerksamkeit) und
„attention spontanée" (der unwillkürlichen, passiven Aufmerksamkeit). Marbe
(1927, 36) betont, die Betätigung der willkürlichen Aufmerksamkeit gegenüber
einer Reklame werde besonders durch einen guten Apperzeptionswert gefördert,
der um so besser ist, je leichter und schneller sie auffaßbar (begreiflich) ist.
Undeutliche Details könnten unter Umständen die unwillkürliche Aufmerksam-
48 Theorien des Plakats

keit leicht erregen und doch einen geringen Apperzeptionswert besitzen. Marbe
(1927, 51) weißt auch auf die Notwendigkeit guter Assoziatonswerte von Bild-
elementen hin. Diese Mitwirkung des Betrachters bedeute kein Minderung des
Werbeeindrucks, sondern sie verankere den übermittelten Werbeinhalt im Be-
wußtsein des erwarteten Konsumenten fester als die bloße Sachdarstellung der
Ware (Brendel 1955, 28). Mataja (1926, 42) betont, das Plakat sei die beste
„Erinnerungsreklame". Das Plakat muß deshalb durch ständige Wiederholung
wirken.
Aufmerksamkeit kann durch die Aktivierung verschiedener Reize erzeugt
werden. Die gestalterischen Elemente eines Werbemittels können alle mensch-
lichen Sinne ansprechen: Es stehen drei Reizkategorien im Vordergrund. Emo-
tionale Reize appellieren an Mitgefühl, Schamgefühl, Angst, Schuldgefühl oder
sinnliche Empfindungen (z.B. erotische Werbung). Auch wird häufig eine Er-
fahrungs- und Wunschsituation des Empfängers assoziiert. Kognitive Reize
stellen die gedankliche Wahrnehmung und das Verständnis des Werbeemp-
fängers vor unerwartete Aufgaben oder Gegebenheiten. Dies kann durch Über-
raschungseffekte geschehen, aber auch durch die Darstellung neuartiger, kom-
plexer, widersprüchlicher und konfliktorientierter Situationen: Diese Art von
Werbung richtet sich in erster Linie an eine vorgebildete Zielgruppe mit einem
von vornherein großen Produktinteresse. Bei physischen Reizen handelt es sich
um formale Aspekte der Werbung wie Farbe, Farbkontraste, Größe, Schärfe. In
der Werbung ist zumeist eine Kombination von emotionalen und physischen
Reizen anzutreffen.
Eine Begründung für die Forderung, das Plakat müsse, um zu wirken, mit
den knappsten Ausdrucksmitteln arbeiten, sieht die Werbefachliteratur der
1920er Jahre in der Eigentümlichkeit des menschlichen Auges, bei flüchtigem
Sehen nur eine bestimmte Fläche zu Bewußtsein zu bringen. Das außerhalb ei-
nes - gedachten - Kreises Liegende bleibe unbeachtet oder komme nur flüchtig
zum Bewußtsein, da es sofort wieder aus der Erinnerung verschwinde. Man
nennt diese Stelle, auf die sich der Blick unwillkürlich konzentriert, den Blick-
fang. Hingewiesen wird auch auf die Bedeutung sogenannter Bewegungslinien,
die den Blick des Betrachters zwangsläufig auf den Blickpunkt hinführen:
Bewegungslinien dieser Art ließen sich aber nur aus dem Künstlerentwurf selbst
heraus entwickeln. Regeln gäbe es dafür nicht. Handele es sich um größere Pla-
katflächen, so müßten diese für den Blick des Beschauer entweder scharf geglie-
dert sein oder es müßten mehrere Blickfänge vorhanden sein, die am besten
durch Bewegungslinien miteinander verbunden werden. Das gute Plakat unter-
scheide sich vom schlechten dadurch, daß es einen sich sozusagen von selbst er-
gebenden Blickfang besitze. Als solcher könne entweder eine bildliche Darstel-
lung oder ein gutes Schlagwort wirken.
Von eminenter Bedeutung für die Plakatwirkung seien schließlich die ver-
wendeten Farben, denen bestimmte Gefühlswerte zukämen. Ihre optische Wir-
Werbetheoretische Aspekte 49

kung wird aus farbtheoretischen Überlegungen abgeleitet, wonach bestimmte


Farben die Netzhaut mehr reizten als andere (vgl. Kämpfer 1985, 127f., Halter
1992, 89). Moede und König veröffentlichten folgende, auf den Untersuchungen
englischer Plakatfirmen basierende Skala der abnehmenden Deutlichkeit von
Farben: (1) schwarz auf gelb; (2) grün auf weiß; (3) rot auf weiß; (4) blau auf
weiß; (5) weiß auf blau; (6) schwarz auf weiß; (7) gelb auf schwarz; (8) weiß
auf rot; (9) rot auf gelb; (10) grün auf rot; (11) rot auf grün. Doch war diese
Zusammenstellung aus dem Jahr 1913, die noch durch die 1920er Jahre hin-
durch immer wieder herangezogen wurde, keineswegs unumstritten. So stellte
Albrecht in der .Gebrauchsgraphik' 1932 nach eigenen Untersuchungen fest, daß
die Wirkung der Farben völlig gegensätzlich sei, beispielsweise Weiß auf
Schwarz am besten wirke. Auch spielen die verschiedenen Abtönungen in den
Farben eine ganz große Rolle. Hildebrandt (1931, 247) weist darauf hin, man
müsse gleichfalls berücksichtigen, daß sich die Werte bei Kunstlicht ändern, was
ja besonders die Plakate betrifft, die in beleuchteten Schaukästen und in In-
nenräumen ausgehängt werden.
Buntfarbe ist neben Bild und Text das dritte Kommunikationselement; Farbe
steigert - neben der Verbreitung von Atmosphäre und Gefühlswerten - die Auf-
merksamkeit und Wahrnehmung in einem mit optischen Reizen überladenen Ur-
banen Umfeld. Buntfarbe lockt mehr und erzwingt eher das Hinsehen, als dies
durch die Unbuntfarben Schwarz und Weiß allein möglich ist. Umgekehrt kann
aber gerade ein unbuntes Plakat zwischen einer Vielzahl bunter Plakate und
Reize besonders auffallen. Mit farbigen Plakaten Wirkungen zu erzielen, erfor-
dert umfassende Kenntnisse der Farbkontraste, wie Buntkontrast, Unbuntkon-
trast, Komplementärkontrast, Quantitätskontrast, Helligkeitskontrast, Kalt-Waim-
Kontrast, Intensitätskontrast.
Für die Wahrnehmbarkeit des Plakats wichtig ist auch der rein technische
Aspekt der Klebung (vgl. 4.4.): Eine zu niedrige Anbringung kann sie ebenso
negativ beeinflussen wie eine zu hohe Position. Der Passant kann ein Plakat
beim Vorübergehen übersehen, wohingegen es von der gegenüberliegenden
Straße durchaus wahrgenommen wird, während es in einem anderen Fall schon
wieder zu weit entfernt ist. Ebenso kann auch die Krümmung der Säule Bedeu-
tung besitzen, da sie besonders für ein Querformat, je nach Standort und Kle-
bung, ungünstig sein mag; Paul Dermée hat hier Regeln aus dem Blickverhalten
des Menschen abgeleitet (vgl. Halter 1992, 88). Ein Plakat, das sich in eine
Richtung präsentiert, aus der kaum Blicke kommen, kann ebenso negativ sein
wie ein kleines Plakat, das zu hoch gehängt wird.
In diesem Zusammenhang von Bedeutung ist die Formatfrage und die Auf-
teilung der Plakatfläche. Dieses „element spatial", wie es Cassandre (Halter
1992, 15) bezeichnet, gehört zu den „häufig übersehenen Aussagefaktoren des
Plakats" (Kämpfer 1985, 112) und trägt doch erheblich zur Aufmerksamkeits-
wirkung des Plakats bei. Ein mittleres Format scheint für den Passanten die
50 Theorien des Plakats

passabelste Größe zur Wahrnehmung zu sein. Hier gewinnt der im Schnittpunkt


der Diagonalen liegende Flächenschwerpunkt an Bedeutung. Überformate sind
demnach eher für den Vorbeifahrenden praktikabel. Müller-Brockmann (1971,
15) betont hierzu, das optische Schwergewicht solle über der Plakatmitte liegen,
die Wirkung des Plakats sei somit „eleganter, leichter, weil die Form zu schwe-
ben beginnt."
Eine zentrale Konstante der Werbetheorie ist die Gefühlswirkung. So betont
von Gunten (1946, 257), die Plakatierung sei nicht argumentierend, sondern sie
suche mehr bildhaft und gefühlsbetont durch eindringliche Symbolik das Ziel
der Werbung zu erreichen. Auch Kropff (1951, 177/78) hebt diesen Aspekt
hervor, indem er sagt: „Es [das Plakat] sendet starke Reize, um die Aufmerk-
samkeit zu erregen und das Interesse zu fesseln. Es rührt durch Form und Farbe
an tiefe Schichten, in denen die Gefühle wohnen. [...] Die spontane Reaktion
beim ersten Anblick eines guten Plakats beruht vor allen Dingen auf Suggestion.
Diese typische Wirkung weist hin auf die Wichtigkeit des künstlerischen Ent-
wurfs, der sich unmittelbar an die Gefühle wendet."
Schrift ist für die Werbetheorie nicht so sehr ein gestalterisches Problem,
sondern vor allem eine inhaltliche Aufgabenstellung. Sie nennt einerseits den
Markennamen, den Veranstaltungsort etc.; sie bildet aber auch den Slogan, also
denjenigen Teil des Plakats, der den beworbenen Gegenstand anpreist. Der Text
kann argumentierend, informierend oder anreißend ausgeführt sein. Als Fließtex-
te bezeichnet man eingefügte Textpassagen, die beim Konsumenten den Ein-
druck erwecken, als würden hier Informationen und Argumente geboten. Die
Schrift muß aber immer durch ihren sprachlichen Ausdruck wirken. Wie Hund-
hausen (1961, O.S.) sagt, ist der Stil der Sprache im Plakat „ein aphoristischer
Stil, ein epigrammatischer Stil, ein Stil der reduzierten Verdichtung". Hierbei
hätten die Satzmelodie, also die Führung des Klanges der Worte durch Höhen
und Tiefen, der Rhythmus, d. h. der lebendige Fluß der Sprache mit Pausen und
Akzenten, ebenso das Tempo und das Zeitmaß eine große Bedeutung. Sprache
sei folglich „Element des Ausdrucks" und somit „[...] Grundstoff [...] des Pla-
kats."
Exakte Grundlagen für Plakatschriften sind noch nicht bekannt. Die Buch-
stabenhöhe muß jedoch so sein, daß die Wörter noch aus einer Entfernung von
3 0 - 5 0 Metern erfaßt werden können. In diesem Zusammenhang weist Grözinger
(1994, 27) auf die von Ruedi Ruegg 1972 veröffentlichten Faustregeln hin,
wonach eine Versalienhöhe von 20 mm einer maximalen Lesedistanz von 10 m
entspricht, die von 40 mm 20 m, die von 100 mm 50 m usw.
Sozialistische Plakattheorie 51

6.4. Sozialistische Plakattheorie

Was die Kriterien wie Plakatwirkung etc. angeht, unterscheidet sich der gedankli-
che Apparat sozialistischer Sichtweisen kaum von dem kapitalistischer Prägung.
Ansonsten befand sich man sich im Zwiespalt, einerseits das Konsumbedürfnis
der Bevölkerung anzuerkennen, sich dabei gleichzeitig aber gegenüber dem We-
sten abzusetzen. Da nach der sozialistischen Auffassung in der Werbung der
grelle, auf kommerziell begründete Überredung und Überlistung basierende Anruf
keine Rolle spielt, wird das Plakat fast ausschließlich als Kunstwerk im Dienst
der progressiven Entwicklung der Gesellschaft gesehen. In der ehemaligen DDR
war es Rademacher, der die Maximen der sozialistischen Plakatwerbung am prä-
gnantesten zusammenfaßte. Diese sei nicht Mittel des „früheren [...] auf Profite
ausgehenden Reklamebetriebs". Sie habe vielmehr eine aufklärende Rolle zu spie-
len, habe den Konsumenten wahrheitsgemäß über die Angebote zu informieren,
zu belehren und ihn bei seiner zweckmäßigen Auswahl zu unterstützen. Sie solle
der Gesundheit und einer modernen Lebensführung angepaßten Konsumgewohn-
heiten dienen, dies „ohne [...] ökonomische, vom Profit bestimmte Gesichts-
punkte". Vielmehr sollten die „echten Bedürfnisse der Werktätigen im Vorder-
grund stehen" (Rademacher 1965, 268). Das Plakat diene der „sozialistischen
Bewußtseinsbildung", und zwar auf allen Sektoren, dem politischen wie dem
wirtschaftlichen und kulturellen. Es solle den Betrachter „für eine dem Sozialis-
mus gemäße individuelle und kollektive Lebensweise gewinnen und ihn zu einer
parteilichen Auseinandersetzung mit dem Imperialismus und zu dessen Verurtei-
lung führen" (Rademacher 1970, 9). Es unterliege also einer gesellschaftlichen
Zweckbestimmung und sei so in den Wirkungsmechanismus der allgemeinen
Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklungen einbezogen.
Als künstlerisch gestaltetes Formgebilde unterliegt das Plakat gleichzeitig
den Gesetzmäßigkeiten der Kunst, deren bestimmender Anteil aus den Maximen
der marxistisch-leninistischen Ästhetik abgeleitet wird: Kunst sei eine spezifi-
sche Form des gesellschaftlichen Bewußtseins, „das als die Gesamtheit der Idee
gesellschaftlicher Vorstellungen, Anschauungen, Theorien, Ideen und der in ihr
gegebenen psychologischen Voraussetzungen zu begreifen" sei. Dadurch werde
der Klassencharakter der Kunst bestimmt, der sich speziell im Plakat, vor allem
im politischen, dokumentiere (Rademacher 1970, 10f.). Die charakteristische Ei-
genart eines Kunstwerks bestehe darin, daß es „die objektive Realität in sinnlich
konkreten Bildern reproduziert, das Wesen der Dinge erfasst und diese anschau-
lich gestaltet." Die Kunst solle den arbeitenden Menschen das Bewußtsein ihrer
gemeinschaftlichen Existenz und ihrer schöpferischen Kraft vermitteln helfen.
Aus einem Kunstwerk solle für den Betrachter das Typische einer dargestellten
Erscheinung erkennbar werden. Dies solle „sich in der wirklichkeitsbezogenen
Gestaltung einzelner [...] Aspekte verkörpern, die in anschaulich ästhetischer
Umsetzung gleichsam für das Ganze sprechen." Der ausgewählte Wirklich-
52 Theorien des Plakats

keitsauschnitt müsse „in der künstlerischen Gestaltung zum Aussageträger der


entwicklungsfähigen Tendenz gesellschaftlicher Widersprüche werden." Aus die-
sen allgemeinen Prinzipien der sozialistischen Kunstauffassung resultierten die
„Gesetzmäßigkeiten der sozialistischen Plakatkunst." Wie jedes Kunstwerk ge-
winne auch das Plakat „in der dialektischen Beziehung von Form und Inhalt
seine spezifische Qualität."

6.5. Kommunikations-, informations- und


zeichentheoretische Aspekte

Seit den späten 1950er Jahren genügte die Beschränkung auf rein formale und
inhaltliche Problemstellungen nicht mehr. Der mediale Wandel verlangte nach
neuen Definitionen. Das Plakat sollte nun vor allem auch als optische Botschaft
verstanden werden, „die zwischen Schlagwort und Sinnbild, Reklameaufschrift
und Verkehrssignal existiert" (Schindler 1972, 236), also als Teil eines „univers
des images" (Moles 1970, 3). In enger Verbindung mit der Plakattheorie der
1960er und 1970er Jahre entstanden auf dem Saussureschen Zeichenbegriff
basierende und diesen erweiternde sozio-linguistische Kriterien. Plakate werden
nunmehr als Zeichensysteme, Texte, jüngst auch als Paratexte, betrachtet.
Mitunter erschweren unterschiedlich belegte, aus ihrem ursprünglichen Zu-
sammenhang gerissene und allzu spezialistisch ausdifferenzierte Begriffe den
Zugang. Vor allem Barthes (1964, 40ff.) und Eco beschreiben den semiotischen
Ansatz zum Verständnis von Werbebildern als Zeichensysteme. Moles und Enel
haben versucht, diese Bereiche explizit für das Plakat fruchtbar zu machen.
Das Reklamebild setzt sich für die Autoren aus Zeichen zusammen, die sich
auf den drei Ebenen der verschiedenen Botschaftsarten mitteilen: der linguisti-
schen Nachricht („message linguistique": sie beinhaltet die Nennung des Gegen-
standes und einen Kommentar); der codierten ikonischen - symbolischen -
Nachricht („message iconique codé": sie umfaßt die vom kulturellen Wissen des
Betrachters abhängigen Konnotationen des Bildes, die das Image des zu bewer-
benden Gegenstandes ausmachen) und der nicht kodierten ikonischen - buch-
stäblichen Nachricht („message iconique non-codé": sie meint die begriffliche
Identität von dargestelltem Objekt und Bezeichnung). Neben der sprachlichen
Botschaft steht also das konnotatative, symbolische Bild, dessen Verständnis
einen bestimmten kulturellen Hintergrund bedingt, und das denotative Bild, das
sich der Wahrnehmung unmittelbar erschließt. Gewisse Attribute des angepriese-
nen Gegenstandes bilden die Inhalte der Werbebotschaft.
Im Plakat wird also die zu bewerbende Sache (das ist das „objet réel",
mitunter auch mit dem Begriff „chose" belegt) zum Zeichen („signe"), beste-
hend aus den Elementen des „signifiant" (das ist beim Plakat die Zeichengestalt)
Kommunikations-, informations- und zeichentheoretische Aspekte 53

und des „signifié" (auf dem Plakatsektor die Zeichenbedeutung). Im Erken-


nungsprozeß findet eine Passage statt: Damit das Objekt die Ebene des „signi-
fié" erreicht, also konnotiert wird, benötigt der „signifiant" einen Träger („sup-
port"), also einen Gegenstand, der dem Objekt eine vom Betrachter zuerkannte
Bedeutung gibt, sie unterstützt. Dies heißt nichts anderes, als daß die Werbebot-
schaft des Plakats mit ihrer Appell- und Darstellungsfunktion nicht bloß durch
ein für sich sprechendes Objekt funktioniert, sondern mittels eines zusätzlichen
Assoziationselements, das dem Objekt erst seine konnotative Bedeutung verleiht.
Diese Interaktion bezeichnet Enel auch als „unité signifiante". Der „signifié",
also die Ebene, in die das dargestellte Objekt mittels des „supports" übergeht,
um vom Betrachter konnotiert zu werden, verbreitet nach Enel eine semantische
(„message semantique") und eine ästhetische Botschaft („message esthétique").
Die Aussage des Plakat funktioniert somit auf drei Ebenen, dem „système des
objets reéls" (Enel 1973, 55), dem „système du langage" (ibid., 56) und dem
„système de l'image". Beim Zusammenwirken von Bild und Text hat jedoch das
Bild beträchtliche Teile der Gesamtinformation des Plakats zu transportieren.
Die Ebene des „signifiant" beinhaltet auch die Variante („variant"). Diese
bezeichnet die offenstehende Möglichkeit der Detailausführung und Plazierung
von Zeichen (z.B. hohe oder niedrige Position der Schrift, Farbgebung, Profil-
oder Frontalansicht einer Figur). Sie kann wiederum die Bedeutung des jeweili-
gen Zeichens ändern (Kämpfer 1985, 123), deshalb auch beim Betrachter jeweils
unterschiedliche Konnotationen bewirken.
Eine wesentliche Überredungsfunktion kommt der Rhetorik (das ist die
Summe aller Konnotatoren) des Werbebildes zu. Die enge Interaktion sprachli-
cher (Schrift) und nichtsprachlicher Zeichen (Bild) ergibt visuell/verbale rhetori-
sche Figuren, mit deren Hilfe der persuasive Prozeß vonstatten geht. Laut Eco
(1985, 272) hat ihr Gebrauch ästhetische Zwecke. Der ästhetische Wert mache
die Werbemitteilung persuasiv, wenn auch nur dadurch, daß er sie erinnerbar
mache. „Signifiant" und „signifié" bilden hierbei jeweils eigene rhetorische
Figuren aus - von Eco (ibid.) auch „Tropen" genannt. Als diesbezügliche Vor-
gehensweisen auf der Ebene des „signifiant" führt Enel (1973, 80ff.), Bonsiepes
(1966, 38ff.) Darstellung einer visuell/verbalen Rhetorik folgend, u.a. an: den
visuell/verbalen Vergleich (ein mit verbalen Zeichen begonnener Vergleich wird
mit visuellen Zeichen fortgesetzt), die visuell/verbale Analogie (ein verbal ange-
zeigter Vorgang wird mit einem analogen Vorgang illustriert), die verbale Spezi-
fikation (ein Gegenstand wird, um begriffen zu werden, durch einen minimal
kurzen Text begleitet), die visuell/verbale Kette (Wort und Bild setzen einander
ergänzend fort), die visuelle Substitution (ein visuelles Zeichen wird durch ein
anderes visuelles Zeichen ersetzt), die visuelle Synekdoche (die Darstellung ei-
nes Teils von beworbenen Objekten als pars pro toto).
Der plakatspezifische Kommunikationsprozeß - von Prakke (1963, 30) auch
als „Schnelldialog" bezeichnet - markiert für Moles die Begegnung zwischen
54 Theorien des Plakats

einer „groupe créateur" (Plakatgrafiker, Werbeunternehmer) und einer „groupe


consommateur" (Betrachter, Massengesellschaft), die jeweils ihr eigenes Zei-
chenrepertoire, Idealbild etc. besitzen. Plakate treffen somit - wie andere Me-
dien - auf vorgeprägte Betrachter, tragen ihrerseits wiederum zum Repertoire
des Betrachters bei, sind also über ihren reinen Werbeeffekt hinaus ein Beitrag
zur Mythenbildung des Alltags. Plakate setzen im Idealfall beim Betrachter
vorhandenes Wissen frei, machen es lebendig, stimulieren möglichst Handlungs-
bereitschaft.
Für die Informationstheorie ist das Plakat ein Kanal, der wie andere mate-
rielle Träger Informationen durch Raum bzw. Zeit übermittelt. Als informa-
tionstheoretische Spezifika des Plakats nennt Kämpfer (1985, 57) die besondere
Kodierung (meistens eine Mischung von Schrift- und Bildelementen, häufig
mehrere Farben), das massierte Auftreten in kurzen Kampagnen, daraus resultie-
rende Formen der Redundanz (Zeichenverschwendung und Wiederholung) und
des Rauschens, das die Möglichkeiten von Unverständnis bzw. Fehl interpreta-
tion umschreibt.
Feil (1977, 17) weist dauf hin, daß die durch das Plakat mitgeteilten Nach-
richten erst dann verstanden werden können, wenn die jeweiligen Kodes der
Kommunikationspartner teilweise übereinstimmen, sich ihre möglicherweise
unterschiedlichen Repertoires zu einem Teil decken, also ein beiden gemeinsa-
mer Zeichenvorrat vorhanden ist. Dabei nimmt der Empfänger (Betrachter,
Konsument) die vom Sender (Hersteller, Firma, Grafiker) übermittelten (kodier-
ten) Informationen wahr und erkennt und versteht (dekodiert) sie. Dabei ist
jedoch folgendes zu berücksichtigen: Die Informationsübermittlung liegt aus-
schließlich beim Hersteller des Plakats, während der Betrachter sein Interesse
auf die übermittelten Inhalte richtet, er also überwiegend eine konsumierende
Haltung einnimmt. Folglich haben wir es mit einem durchgehend einseitig ge-
richteten Produktions- und Kommunikationsprozeß zu tun. „Diese indirekte
Form der Kommunikation zwischen Sender und Empfänger schließt eine direkte
Rückäußerung der Empfänger aus" (Feil 1977, 18).
7. Plakatgattungen, Kategorien, Typen

7.1. Allgemeines

Je nach Aufgabe und branchenspezifischem Zweck unterscheidet man in Plakat-


gattungen: Sie unterliegen in ihrem jeweiligen Zusammenhang eigenen Be-
dingungen, die über die in den vorangegangenen Abschnitten skizzierten Grund-
sätze der Plakatwerbung noch hinausgehen. Wiederholt wurde von der Über-
blicksliteratur versucht, hier eine Systematik zu erstellen. Die Klassifizierung
geschieht jedoch keineswegs einheitlich, sondern eher nach dem subjektiven
Empfinden der einzelnen Verfasser. Die Grenzen sind fließend, besonders bei
„kulturell" und „kommerziell". Die Kriterien können sich in kürzester Zeit
ändern, besonders, wenn marketingstrategische Motive zugrunde liegen. Ange-
sichts der Tatsache, daß für fast alle Produktgruppen, Dienstleistungen und
Kulturbereiche etc. auch mit Plakaten geworben werden kann, mag schon die
Differenzierung nach übergeordneten und untergeordneten Gattungen mitunter
eher verwirrend als hilfreich erscheinen.
Als rein inhaltlich-formale Gattungen sind die vier Grundarten des Plakats
zu bezeichnen: (1) Bildplakat; (2) Textplakat; (3) Bild-Textplakat; (4) Text-
Bildplakat. Das Bildplakat besteht nur aus bildlicher Darstellung ohne Text. Der
abgebildete Gegenstand muß hier allgemeiner Natur sein und als solcher bildlich
verständlich und bereits bekannt sein. Diese Art der Plakatwerbung ist äußerst
selten. Im Gegensatz dazu verzichtet das Textplakat auf bildliche Darstellung,
kann jedoch ornamentales Beiwerk oder einen grafisch gestalteten Rahmen
besitzen. Für die Werbewirkung kann die grafische Gestaltung des werbenden
Textes von besonderer Bedeutung sein, mitunter mag das Schriftbild selbst zum
„Bild" werden. Das Textplakat muß dabei auch den Anforderungen, die man an
die Plakatgestaltung allgemein stellt, entsprechen. Sein Text hat so kurz wie
möglich zu sein, da der Mensch in der Regel nicht mehr als fünf Wörter auf
einmal visuell erfassen kann. Deshalb empfiehlt sich bei längeren Texten eine
rhythmische Gliederung. Ansonsten sollte der Text die Länge eines kurzen
Slogans nicht überschreiten. In der Regel haben wir es aber mit Bild-Text bzw.
mit Text-Bildplakaten zu tun, also mit Exemplaren, die die beiden Elemente
Bild und Text in unterschiedlicher Gewichtung vor Augen führen und als
Übermittler der Werbebotschaft einsetzen.
56 Plakatgattungen, Kategorien, Typen

Man kann Plakate auch nach ihrer jeweiligen werblichen Intention in überge-
ordnete Kategorien einteilen. In diesem Sinne hat Zankl (1969, 187ff.) versucht,
eine Typologie der Plakatwerbung nach werbefachlichen Kriterien aufzustellen:
Unter AB-Plakaten versteht er Plakate zur allgemeinen Bekanntgabe, also
solche, die ausschließlich dazu da sind, die Existenz einer Sache anzukündigen.
„Diesem Phänomen kommt erhebliche Bedeutung zu, gibt es doch Menschen,
Dinge, Institutionen, die ohne diese Form der Werbung sozusagen gar nicht
existent wären." Als einen weiteren Typ nennt Zankl die Inf-Plakate, die der
Information dienen. Bei ihnen spielt die direkte Beeinflussung eine untergeord-
nete Rolle. „Sie gehen über die Information des AB-Plakats hinaus, indem sie
Einzelheiten über eine Sache mitteilen, ansonsten aber auch nur von deren
Existenz künden." Bei Map-Plakaten handelt es sich um Exemplare zur Marken-
prägung, denen die Aufgabe zukommt, eine bestimmte Marke in der Erinnerung
breiter Bevölkerungskreise zu verankern. Im-Plakate wiederum dienen zur
Pflege des Image, das Zankl als „Vorstellungsbild, welches eine mehr oder
minder klar abgegrenzte Personengruppe von einem Produkt, einer Person oder
Institution besitzt", definiert. Dieses Image kann durch Werbung geschaffen
oder gewandelt werden. Bei Mo-Plakaten Plakaten zur Motivation handelt
es sich in erster Linie um Plakate im „ursprünglichen Sinn der Werbung als
Beeinflussungsmaßnahme zur Erreichung eines bestimmten Zwecks." Est-Plaka-
te (Einstimmungsplakate) versuchen, „für ein Produkt oder eine Maßnahme zu-
nächst erst die richtige gefühlsmäßige Bereitschaft, die Einstimmung zu erzeu-
gen." KK-Plakate schließlich dienen im Konkurrenzkampf zum Angriff auf
einen wirtschaftlichen oder auch politischen Gegner mit dem Faktor der Kon-
kurrenzaggressivität.

Schirner unterscheidet Plakate ganz in ihrem werblichen wie auch formal-


ästhetischen Bezug im System der Werbekampagne: Er teilt nach NichtSerien
oder Einzelplakaten auf, nach Serien ähnlicher Plakate und Serien unähnlicher
Plakate. Dabei nennt er drei Arten von Beziehung von Plakaten zu seinen Nach-
barn: „die Relation der Ähnlichkeit, der Unähnlichkeit und der Gleichheit"
(Schirner 1982, 1379).
Müller-Brockmann (1971, 9) klassifiziert die Plakate nach inhaltlich-forma-
len Charaktereigenschaften: das illustrative Plakat, das sachlich-informative Pla-
kat, das konstruktive Plakat und das experimentelle Plakat. Diese Kategori-
sierung ist für ihn ζ. T. auch eine entwicklungsgeschichtlich begründete Gliede-
rungssystematik. Zum illustrativen Plakat zählt er jene Gestaltungen, die mit
zeichnerischen oder fotografischen Mitteln Situationen, Menschen oder Gegen-
stände darstellen. Zum sachlich-informativen Bereich gehören jene Lösungen,
die möglichst objektive, sachliche Informationen vermitteln möchten und bei
denen der „Gestalter darauf verzichtet, primär sein subjektives, künstlerisches
Gefühl zu äußern. Typisch für diese Plakate ist ihr fast anonymer Ausdruck
[...]". Dem konstruktiven Plakat liegt ein Ordnungsprinzip zugrunde, innerhalb
Branchen 57

dessen die Elemente ganz der Gestaltung untergeordnet sind. Zwischen ihnen
besteht ein proportionales Verhältnis, ebenso zwischen den Elementen und der
ganzen Gestaltform. Bei dieser Form des Plakats herrscht der tektonische Aspekt
vor. Das experimentelle Plakat schließlich „überrascht stets, das Neuartige domi-
niert. Seine Farben- und und Formkonstellationen befremden zuerst, weil sie
noch nicht zum Formvokabular der Zeit gehören. Sie sind ihrer Zeit weit vor-
aus."

7.2. Branchen

Wofür wird nun mit Plakaten geworben? Das Jahrbuch der Werbung' teilt seit
1992 die beworbenen Objekte in folgende Hauptkategorien ein, dies allerdings
unter dem übergeordneten Komplex der Kampagnen ohne Aufschlüsselung nach
Werbemitteln und ohne Rangfolgenabstufung und Anteiligkeit:
1. Verbrauchsgüter: Darunter fallen Nahrung, Getränke, Tabakwaren,
Wasch- und Reinigungsmittel, Körperpflege, Pharmazeutika.
2. Gebrauchsgüter: Hier sind Kfz und Zubehör, Haushaltswaren und -ge-
rate, Einrichtungsgegenstände (Möbel, Heimtextilien), Fernsehen, HiFi, Video,
Radio, Gegenstände des persönlichen Bedarfs wie Schmuck, Uhren, Schreibge-
räte, Kleidung etc. sowie der Bereich Foto, Film, Optik vertreten.
3. Bereich Dienstleistungen, Medien: Man findet hier die Werbung für
Tourismus, Verkehr, Finanzen, Banken, Versicherungen, Bausparkassen, den
Handel, die Gastronomie, den Versorgungssektor (Strom, Gas, Wasser), die
Telekommunikation, die Post, die Medien-Fachwerbung, Medien-Publikumswer-
bung, Verpackungen sowie für sonstige Dienstleistungen.
4. Bereich Business, Kommunikation: Hierunter fallen Unternehmensimage,
Bürokommunikation, EDV (Computer), die Bauwirtschaft, der Maschinenbau,
die ethischen Produkte der Pharmazie, Investitionsgüter, Messen, Personalwer-
bung.
5. Bereich Gesellschaft, Social-Marketing: Hierunter fällt die Werbung für
Kultur, Verbände, sowie für öffentliche und private Investitionen.
Eine etwas andere Gewichtung finden wir im Plakatkunst-Jahrbuch ,Graphis
Posters'. Allerdings ist zu bedenken, daß es sich um von namhaften Grafik-De-
signern und Ateliers ausgewählte und eingesandte Exemplare handelt. In den
1980er Jahren lautete die Einteilung wie folgt: 1. Werbeplakate: Dazu zählen die
Direktwerbung, Genußmittel, Industrie, Mode, Tourismus, Verlagswerbung; 2.
Kulturelle Plakate: Dazu gehören Ausstellungen, Filme, Theater, Veranstaltun-
gen; 3. Soziale Plakate: Hierzu zählen: Ausbildung, erzieherische Plakate,
politische Plakate, soziale Plakate, Unfallverhütung. Mitte der 1990er Jahre
lautet die Einteilung: 1. Werbung: Architektur, Automobile, Computer, Dienst-
leitungen, Druckereien, Einzelhandel, Gestalter, Illustratoren, Kosmetik, Mode,
58 Plakatgattungen, Kategorien, Typen

Möbel, Musik, Nahrungsmittel und Getränke, Papier, Photographen, Tourismus,


Typographen, Varia, Wettbewerbe. 2. Kultur: Ausstellungen, Festivals, Film,
Museen, Musik, Tanz, Theater; 3. Gesellschaft: Ausbildung, Politik, soziale
Anliegen, Sport, Umwelt, Veranstaltungen, Vorträge. Die Ausgabe 1997 kennt
die Obereinteilung nicht mehr, sondern zählt nur noch die Sujets auf, wobei hier
wiederum Tabak hinzugekommen ist.
Zankl (1969, 127ff.) gliedert in einer branchenbezogenen Systematik die
Plakatwerbung in sechs Hauptbereiche: Plakate für kulturelle Anlässe; Plakate
für die Unterhaltung und für Volksfeste; Plakate in der Wirtschaftswerbung; das
Plakat in der sozialen Arbeit; das politische Plakat; die amtlichen Bekanntma-
chungen.
Interessant ist, daß der Autor den normalerweise in Werbestatistiken arg
vernachlässigten, gerade in Ballungsräumen mit überproportional bedeutenden
Angeboten aber trotz aller Sparmaßnahmen - massiv präsenten Kultursektor
an den Anfang stellt. Deshalb sei hier kurz näher darauf eingegangen. Zu
diesem Bereich zählen z.B. Ausstellungsplakate, vor allem Plakate für Kunst-
ausstellungen. Die Herausgeber solcher Plakate sind im allgemeinen Museen,
Kunstvereine, Galerien. Hierbei ist zwischen solchen Ausstellungen zu unter-
scheiden, die ein bestimmtes Thema behandeln und solchen, die das Werk eines
einzelnen Künstlers vorstellen. Bei der bestehenden Schwierigkeit der Auswahl
eines stellvertretenden Motivs werden zumeist reproduzierte Werke der Kunst
wiedergegeben, weshalb diese Gattung - gerade im Museums- und Ausstellungs-
boom der 1980er und frühen 1990er Jahre zahlenmäßig angewachsen - längst
den Ruf der Einfallslosigkeit besitzt. Bei aktuellen Künstlerpräsentationen kann
der Künstler selbst die Motive gestalten. Die von Galerien und Kunstvereinen
verwendeten Plakate sind in der Regel kleiner als andere Plakate und werden
zumeist nur in engem Rahmen mit geringer Auflage und mitunter auch vom
Künstler handgefertigt vertrieben, etwa als Lithographien oder Siebdrucke.
Weiterhin gibt es Plakate für Ausstellungen pädagogischen und berufsbildenden
Inhalts, Architekturausstellungen, technische Lehrschauen, Buchausstellungen.
Zielgruppenorientierte Plakatgestaltung ist hier von besonderer Bedeutung.
Grundsätzlich stellt sich hier auch die Frage nach dem überregionalen Plakat-
anschlag, eine von größeren bzw. regional bedeutenderen Museen verfolgte
Praxis. Wichtig bei einem Ausstellungsplakat sind die genauen Ortsangaben, die
Dauer der Veranstaltung und die Öffnungszeiten, ebenso die Aktualitätswirkung.
Daneben werben Museen allgemein für sich selbst, wenn auch nur sehr bedeu-
tende systematisch. Die Plakate müssen für mehrere Jahre gelten, unterliegen
aber der steten Abnutzung.
Für die Theaterwerbung ist das Plakat sozusagen das klassische Werbemittel.
Dabei ist zwischen solchen Plakaten zu unterscheiden, die für acht, vierzehn
Tage oder für einen Monat den Spielplan ankündigen - seltener auch für die
Saison - und solchen, die für eine bestimmte Aufführung werben. Bei letzteren
Branchen 59

handelt es sich zum Teil um besonders hervorgehobene Gastspiele oder aber


auch um einzelne Inszenierungen, Premieren und herausragende Stücke des
Repertoires (Wiederaufnahmen etc.)· Häufig werden auch lediglich den Spiel-
plan enthaltende, sogenannte Rahmenplakate ausgegeben, große Theater lassen
aber beide Werbeformen parallel bestehen, was jedoch wiederum von der jewei-
ligen Spielpraxis abhängt (Repertoire oder en-suite). Inzwischen sind auch
einige Theater dazu übergegangen, Ganzstellen nur mit ihrer Werbung zu
bestücken. Ein besondere Art sind Plakate für Festspiele. Hierzu ist die um-
fassende überregionale Plakatwerbung wichtig. Des weiteren sind Konzert-
plakate zu nennen. Mitunter werden hier Rahmenplakate verwendet, aber auch
Motive, die den jeweiligen Komponisten (bei geschlossener Werkreihe) oder den
Solisten bzw. das Orchester bildlich herausstellen (meist im Foto). Andere
Konzertformen, für die plakativ geworben wird, sind Jazz, Rock- und Popkon-
zerte, Chansondarbietungen, Folklore etc. Vortragsveranstalter und Kulturinstitu-
te werben zumeist mit kleinformatigen Plakaten. Zu nennen sind auch Kabarett-
veranstaltungen, nicht zu vergessen die Filmplakate (vgl. 7.4.3.).
Erwähnt seien noch Anschläge der Volkshochschulen, Unterrichtsinstitute,
Sprachschulen, Fernlehrinstitute. Bei der kirchlichen Werbung geht es zumeist
um Kirchentage oder um soziale Bereiche. Zeitungs- und Zeitschriftenverlage,
ebenfalls Tageszeitungen setzen Plakate zur Abonnentenwerbung bzw. für sich
selbst mit gerade besonders aktuellen Themen, Abdrucken von Romanen, Serien
etc., des weiteren die Publikumszeitschriften. Bei den Buchverlagen wird zu-
meist für bestimmte Neuerscheinungen geworben, kaum für den Verlag selbst.
Zirkusplakate nehmen heute eine untergeordnete Rolle ein, wohingegen
Unterhaltungsveranstaltungen, Fernsehshows, Eisrevuen, Sportereignisse, Spiele
größerer Fußballvereine, Pferderennen u.ä., Tourneen von Schlagerstars etc.,
Volksfeste etc., Freizeit- und Vergnügungs- bzw. Erlebnisparks besonders in
Ballungsräumen nach wie vor aufwendig (z.B. Großflächen), wenn auch ge-
stalterisch wenig inspiriert angezeigt werden.
Heute unter dem Begriff des „Social Marketing" vereint werden zum Bei-
spiel: Kampagnen des Kinderschutzbundes, Themenbereiche wie andere Mit-
menschen, spezielle Gruppen, Menschen anderer Länder, Umwelt und Natur,
Multi-Kultur, Welthungerhilfe, Aktion Sorgenkind. Besonderen Stellenwert
haben Plakate in der speziellen Arbeit für Auflärung und Gesundheit gewonnen,
wie etwa AIDS-Kampagnen seit den 1980er Jahren. Nach wie vor werden
Unfallschutz und Impfungsaktionen beworben. Im Zuge der Globalisierung sind
Heimatlose und Flüchlinge, Katastrophenopfer in Plakaten für karitative und
UmWeltorganisationen ein stets aktuelles Thema. Im Bereich des Umweltschut-
zes hat die Werbung für Energieersparnis (z.B. beim Wasserverbrauch) etc. um-
fassende Bedeutung gewonnen.
Eine Sonderform der Plakatwerbung ist die Werbung für das Medium selbst.
Hier kam es in den vergangenen Jahren seitens der Plakatinstitute zu massiven
60 Plakatgattungen, Kategorien, Typen

Kampagnen. Für die Artikel der Gruppe der Warenplakate sei auf Kapitel 7.4.1.
verwiesen.

7.3. Rangfolgen

Alle in der Werbeliteratur und den Fachmedien anzutreffenden Zusammenstel-


lungen, Berechnungen, Statistiken besitzen keine absolute Geltung, müssen
aufgrund unterschiedlicher Bemessungsmaßstäbe und reichlich willkürlich
anmutender Veröffentlichungspraxis mit Vorbehalt betrachtet werden. Mal
erfahren wir nur etwas über die ersten zehn führenden Branchen, dann wieder
über die ersten zwanzig, mal werden alle Werbetreibenden aufgeführt, also z.B.
auch die Kultur und der Sport, in der Regel aber nur die reine Wirtschafts-
werbung. Plakate werden in den letzten Jahren leider zumeist ohne Eigennen-
nung unter Außenwerbung subsumiert. Hier ist aber auch die Verkehrsmittel-
werbung (Aufschriften und Bilder auf Bussen, Straßenbahnen etc., Werbung in
Zügen) eingeschlossen und andere Werbeformen wie Schaufensterwerbung,
Sportstadienwerbung (Bandenwerbung), Lichtwerbung im Außenbereich, Luft-
werbung, Gehwegaufsteller (z.B. Displays, plastische Werbefiguren), Giebel-
werbung, elektronische Wandzeitungen, computergesteuerte Großbildflächen
etc., so daß sich die Akzente verschieben.
Die Anteiligkeit der Branchen am Plakat wird nur äußerst selektiv veröffent-
licht, der Schwerpunkt liegt auf der Wiedergabe von Umsatzzahlen, wieder ein
anderes Mal liest man nur von den Ausgaben. Auch werden die beworbenen Ob-
jekte selten zu gleichen Anteilen erhoben. Ein Vergleich mit früheren Jahrzehn-
ten wird dadurch erschwert, daß sich weder die Systeme des ehemaligen Deut-
schen Reiches mit der Bundesrepublik, noch DDR und BRD in dieser Hinsicht
so einfach miteinander vergleichen lassen und eine Gegenüberstellung der alten
mit der neuen BRD ebenfalls zu schiefen Ergebnissen führen kann, einmal ganz
abgesehen davon, daß für gewisse Zeiträume keine zugänglichen, exakten
Zahlen vorliegen. Die Angaben für Fernsehwerbung und Anzeigenwerbung sind
da besser aufgeschlüsselt. Trotzdem sollen hier einige Zahlen folgen, die die
Rangabstufungen der einzelnen Werbemittel und Branchen in verschiedenen
Zeiten wiedergeben, soweit dies die zur Verfügung stehenden Quellen zulassen.
Eine 1935 von der Berliner Anschlagwesen- und Reklame-GmbH (Berek)
veröffentlichte Werbestatistik, welche die prozentuale Beteiligung einzelner
Branchen am Gesamtumsatz des Berliner Plakatanschlages für die Jahre 1931
bis 1934 erfaßte, wies mit wechselnden Anteilen die Sektoren Film und Kino,
Reedereien und Sommerlokale, Reise- und Bäderverwaltung, Markenartikel,
Einzelhandel und Zeitungsgewerbe als die werbeintensivsten Branchen aufge-
schlüsselt nach Quartalen aus. 1931 war (Angaben in Prozenten) der Marken-
artikel mit 20,8 bis 24,7 an erster Stelle, allerdings dicht gefolgt von der Kino-
Rangfolgen 61

branche mit Zahlen zwischen 18 und 27, an dritter Stelle der Einzelhandel und
das Zeitungsgewerbe ( 4 - 1 0 , 7 ) , an vierter Stelle die Reedereien ( 0 , 2 - 3 , 3 ) und
Sommerlokale und an fünfter Stelle die Reise- und Bäderverwaltung (0,5 bis
1,0). 1933 und 1934 nahm dann der Markenartikel jetzt mit großem Abstand
(36,5 bis 58,5) den ersten Platz ein, Kino den zweiten Platz mit 15,3 bis 21,7,
die anderen folgten.
Eine für den Zeitraum von 1937 bis 1940 in Mannheim durchgeführte Un-
tersuchung von Plakatsäulen ergab eine prozentuale Dominanz für Zigaretten
und Tabak mit 29,9, gefolgt von Theater und Kino mit 13,2, sowie Konzerten
und kulturellen Veranstaltungen mit 10,4. Danach kamen: Vergnügungen (9,8),
Wasch- und Scheuermittel (6,6), Sportveranstaltungen (4,3), Austellungen (3,8),
Nahrungs- und und Genußmittel (3,6), soziale Einrichtungen (2,7), amtliche
Bekanntmachungen (2,5), politische Bekanntmachungen (2,4), Städtewerbung
(2,0), Zeitungen und Zeitschriften (1,8), Gaststätten (1,2), Kleidung (1,2),
chemische Erzeugnisse (1,1), Fremdenverkehrswerbung (1,0), Büromaschinen
und Motorräder (0,6), Schadensverhütung (0,5), Elektroartikel (0,5), Lotterien
(0,5), Banken, Sparkassen (0,2), Photo u. Zubehör (0,2), religiöse Veranstaltun-
gen (0,1), Möbel und Einrichtungen (0,1).
1950 wurde folgende Rangfolge in den wichtigsten bundesrepublikanischen
Großstädten ermittelt: (1) Zigarettenindustrie; (2) Seifen- und Waschmittelindu-
strie; (3) Nahrungsmittelindustrie; (4) Messen und Ausstellungen; (5) Tabak-
industrie; (6) Warenhäuser; (7) kosmetische Industrie; (8) Reinigungsmittel
(außer Seifen und Waschmittel); (9) Pfefferminz- und Kaugummiindustrie;(10)
Brauereien und Brennereien; (11) Glühbirnenindustrie; (12) Festtagsanschläge
der Geschenkartikelindustrie; (13) Zahnpflegemittelindustrie; (14) Schuhindu-
strie; (15) Einzelhandel; (16) Zeitungen/Zeitschriften; (17) Zigarrenindustrie;
(18) Molkereigenossenschaften; (19) Mineralwasserindustrie; (20) Kaffee-Ersatz-
industrie; (21) Lotterie-Toto-Unternehmen; (22) Tanzschulen; (23) Porzellan-
industrie (vgl. Kopsch 1955, 22/23). Die Autoindustrie war dabei nicht vertre-
ten, auch nicht die von der ,Berek' seinerzeit erhobenen Kategorien.
1993 nutzten die Werbetreibenden die Plakatwerbung insgesamt zur Be-
werbung von 2004 Marken. Dabei entfielen allein auf die Großfläche 1754 ver-
schiedene Produkte, beim City-Light-Poster waren es 441 Marken und auf der
Ganzsäule wurden immerhin 206 unterschiedliche Produkte beworben. Das
bedeutende Marktforschungsinstitut ,Nielsen S + P' in Hamburg wies für 1993
einen Bruttowerbeumsatz für Großflächen, Ganzsäulen und City-Light-Poster
von 656 Millionen aus. Davon entfallen rund 60 % auf Großflächenplakate und
rund 2 0 % auf City-Light-Poster. Der Rest wurde für den allgemeinen Anschlag
und den Ganzsäulenanschlag ausgegeben, wobei zu berücksichtigen ist, daß
Zigaretten Werbung von Nielsen nicht erfaßt wird. Die 10 meistbeworbenen
Gruppen in der Plakatwerbung waren 1993 unter dieser Voraussetzung: (1) Bier,
(2) nichtalkoholische Getränke, (3) Massenmedien, (4) Automarkt, (5) Computer
62 Plakatgattungen, Kategorien, Typen

und Service, (6) Banken, Sparkassen, (7) Oberbekleidung, (8) Handelsorganisa-


tionen, (9) Körperschaften, (10) Versicherungen.
Wie steht die deutsche Plakatwerbung im internationalen Vergleich da? Ein
Blick auf die europäische Medienlandschaft läßt starke Differenzen zwischen
den einzelnen Ländern erkennen. Auffallend ist dabei der hohe TV-Anteil in den
südlichen Staaten und die starke Stellung der Presse in Deutschland, der
Schweiz und in Luxemburg. Die Bedeutung des Plakats variiert von Land zu
Land (vgl. APG 1996, 3). Dabei lag die Schweiz 1995/96 mit 12% Anteil des
Plakats am gesamten Werbeaufkommen zusammen mit Belgien und Frankreich
an der Spitze, während Deutschland mit 3 - 4 % nur einen untergeordneten Platz
einnahm. Überhaupt scheint die Schweiz führend zu sein, auch bei den Pro-
Kopf-Ausgaben im Bereich der Außenwerbung; hier liegt die Bundesrepublik
eher im Mittelfeld (vgl. APG 1996, 4).

7.4. Drei ausgewählte Gattungen

7.4.1. Das Warenplakat

Das Warenplakat ist wohl die Gattung, die am engsten mit Massenherstellung,
Massenverbrauch und Massenverkehr in Verbindung steht. Hierzu zählen vor
allem Plakate für Nahrungs- und Genußmittel. Sie galten lange Zeit als die im
Plakatanschlag wichtigste Gruppe. An der Durchsetzung der alkoholfreien Ge-
tränke ist die Plakatwerbung sehr wesentlich beteiligt. In den 1960er Jahren nah-
men Kindernährprodukte einen wesentlichen Raum ein. Zu nennen sind hier des
weiteren Plakate für Früchte, Fertiggetränke, Fertignahrung, Backwaren, Milch-
und Milchprodukte, Margarine, Backfette, Schokoladen- und Süß Warenprodukte,
Suppen, Gewürze und Teigwaren, Fleisch- und Wurstwaren, Kaffee und Tee,
Bierwerbung (häufig lokalorientiert), Sekt- und Weinwerbung, Spirituosenwer-
bung sowie die Zigarettenwerbung, die nach wie vor äußerst umfangreich und
offensiv vorgeht. Früher saisonal begrenzte Werbung wie die für Speiseeis wird
inzwischen ganzjährig betrieben.
An Gebrauchsgütern für den täglichen Bedarf zu nennen sind Kleidung und
Schuhe, Oberbekleidung, Unterbekleidung, Strümpfe, Unterwäsche. Waren zur
Dienstleistung für den Haushalt beinhalten elektrische Küchen- und Hausgeräte,
Haushaltsgeräte für Gas, Kohle und Öl, Haushaltsmöbel, Markisen und Jalou-
sien, Metallwaren, Porzellan und Glaswaren, Strickapparate, Putzmittel, Wasch-
mittel, Farben und Lacke, Kunststofferzeugnisse, Klebestoffe, Fußbodenbeläge,
Blumen u. a.
Zu Waren und Dienstleistungen für Verkehrszwecke gehören Kraftfahrzeuge,
KFZ-Pflegemittel, KFZ-Zubehör, Kraft- und Schmierstoffe sowie Reifen u.ä..
Drei ausgewählte Gattungen 63

Des weiteren sind Waren zur Körper- und Gesundheitspflege, wie Kosme-
tika, Seifen, Zahn- und Gebißpflegemittel, Papier und Zellstoff, Hygienepapier,
Toilettenpapier, chemisch-pharmazeutische Werbung, erkältungsverhütende und
-bekämpfende Mittel, empfängnisverhütende Mittel etc. aufzuführen.
Bei Waren und Dienstleistungen für Bildungs- und Unterhaltungszwecke ist
hinzuweisen auf Rundfunk- und Fernsehgeräte, Fotooptik, Plattenspieler, Ton-
bandgeräte und Schreibgeräte, Unterhaltungselektronik, die heute durch den
MC- und CD-Markt völlig umstrukturierte Schallplattenindustrie, Spielwaren,
Sportartikel. Hier hat seit den achtziger Jahren die Computerbranche wachsen-
den Anteil gewinnen können.
Warenwerbung spiegelt in hohem Maße die Gestalt der Gegenstände, sie
unterrichtet über Innovationen, Moden etc., in ihrer historischen Dimension auch
über verschwundene Produktgruppen. Diese Vielfalt an zu bewerbenden Produk-
ten an sich machte das Warenplakat zwangsläufig zum - relativ gesehen - be-
vorzugten Gegenstand der Werbetheorie. Das komplexe Wechselverhältnis von
Plakat und Ware bedingt schließlich Konsequenzen für die Existenz des Plakats,
die Bense (1952, 11) wie folgt ausdrückt: „Das Plakat ist kein Geschöpf des
Schöpfers, sondern der Gegenstände, die Ware geworden sind, eines sich selbst
zeigenden Seins [...]." Die Denotation der abgebildeten Ware sind deren wich-
tigste Merkmale, ihr Aussehen, ihr Name; alle Eigenschaften, die ihr mit Hilfe
des, wie Enel (1973, 53) es nennt, „supports" zusätzlich zugeschrieben werden,
bilden die Konnotation der Ware. Einzelne frühe Theoretiker wie Métivet
(Halter 1992, 5) in Frankreich hatten zunächst gefordert, die Ware solle nur
dann abgebildet werden, wenn sie nicht allzu prosaisch sei, und dem Plakat die
Möglichkeit zur sachlichen Information abgesprochen sowie den außerhalb der
Warenabbildung liegenden Überraschungseffekt betont. Zunehmend wurde
jedoch nicht mehr nur die Warenbezeichnung für die Identifizierung des Ar-
tikels, sondern auch das gesamte Erscheinungsbild des Gegenstandes von
Bedeutung.
Einige frühe Schriften artikulieren - wenn auch recht undeutlich das Pro-
blem dessen, was spätere Stimmen mit dem Begriff der Warenästhetik belegten
(z.B. Haug 1980). Diese neue Warenkultur, „ein eigentliches Warentheater"
(Reck 1988, 95), bewirkte, daß die zu verkaufenden Gegenstände zunehmend
auf glanzvolle Erscheinung ausgerichtet und in einem magisch wirkenden
Umfeld ausgestellt wurden. Growald z.B. bezieht die Auffälligkeit des Plakats
auf die Qualität der Ware (1904, 27). Die Sensation dürfe vom Gegenstand nicht
ablenken, sondern solle auf ihn hinweisen. Von einem guten Plakat müsse
folglich eine suggestive Wirkung ausgehen, so daß die Ware zu einem festste-
henden Begriff beim Betrachter werde. Westheim (1908, 119ff.) charakterisiert
die Funktion der Plakatwerbung unter dem Gesichtpunkt der positiven Identifi-
zierung des Käufers mit dem Image der Ware, die als Voraussetzung für den
Werbeerfolg gesehen wird. Doch müßten auch, so Ruben (1913, 72f.), nicht nur
64 Plakatgattungen, Kategorien, Typen

bereits vorhandene Bedürfnisse für einen Markenartikel angesprochen, sondern


auch neue geweckt werden.
Manche Stimmen, gerade die französischen, betonen, schon der Ware selbst
eigne eine gewisse Suggestivkraft, deshalb auch ihrer Reproduktion in der Pla-
katdarstellung und ihrer Einbindung in eine Erzählhandlung (Halter 1992, 74ff.).
Eine Sache vermöge demnach vor allem dann zu überzeugen, wenn sie dem
Betrachter gut erkennbar vor Augen geführt werde. Das menschliche Bild trüge
dabei wesentlich dazu bei, dem Gegenstandsbild einen maximalen Einfluß zu
verkleihen. Gérin schreibt 1918 (Halter 1992, 75), eine Sache wecke sofort und
unmittelbar den Gedanken an das, was mit ihr anzufangen sei. Sie bilde dadurch
die Basis der Suggestion, die der Werbeillustration erst ihre volle Kraft verleihe:
Jedes Reklamebild, bei dem Abstriche hinsichtlich des Gegenstandsbezuges ge-
macht werde, verliere an suggestivem Wert.
Hémet erklärt (vgl. Halter 1992, 70) die Illustration eines Plakats könne
innerhalb dreier Qualitätsstufen gesteigert werden. Sie könne zunächst einfach
„évocatoire" sein, einen visuellen Anreiz darstellen, ohne daß ein Bezug zum
Objekt vorhanden sei, sie könne zusätzlich „demonstrative" sein, wenn das
Objekt selbst wiedergeben oder in seinem Nutzen dargestellt werde; die höchste
Vollendung erreiche das Plakat jedoch dann, wenn es neben dem evokatorischen
und demonstrativen auch noch suggestiven Charakter besäße, den Konsumenten
also zum Kauf der Ware direkt animiere. Die Suggestionskraft der Ware sei
zusätzlich dadurch zu steigern, daß man sie in den Rahmen der Handlung stelle,
die mit ihr zu vollziehen sei. Die Präsenz der menschlichen Figur wurde viel-
fach als unverzichtbare Notwendigkeit betrachtet, um den Gegenstand in Aktion
zu zeigen. Dermée, der die visuelle Präsentation der Ware ebenfalls zur Grund-
lage der Plakatgestaltung macht, betont, welches Motiv man auch wähle, es
müsse Bewegung auf dem Plakat sein. Die dargestellte Aktion ermögliche es
über Nutzen und Überlegenheit des Verkaufsgegenstands aufzuklären (Dermée
1922, 18f.). Auch sei die Demonstration der Ware in eine verführerische und
gleichzeitig vertrauenerweckende Atmosphäre einzubetten.
Kritische Stimmen in späterer Zeit werden hier das Gebrauchswertverspre-
chen hervorheben (Haug 1980, 44). Nicht der reale Gebrauchswert einer Ware
führe zum Kauf, sondern eben deren ästhetisierte Darbietung im Werbebild. Im
Plakat habe sich die ästhetische Gestaltung der Ware mittels Verpackung oder
Präsentation vollends von der Ware selbst entfernt (Haug 1980, 125). Das
Warenplakat funktioniert dabei „als weitere Abstraktionsstufe der Objektre-
präsentation" (Halter 1992, 129).
Um seine Ziele zu erreichen, bedient sich das Werbeplakat, wie schon er-
wähnt, in der Regel zweierlei Darstellungsmöglchkeiten der werblichen Argu-
mentation: Beim sogenannten Sachplakat ist das Bild auf die Darstellung des
Werbeobjekts beschränkt. Zusätzliche Bildmotive fehlen zumeist. Die Ware, auf
die die Aufmerksamkeit gelenkt werden soll, wird optisch so präsentiert, daß
Drei ausgewählte Gattungen 65

trotz der äußerlich wirklichkeitsnahen Erscheinungsform ein Eindruck des


Besonderen erweckt wird. Meist wird sie durch enorme Vergrößerung zu einer
monumentalen Form, deren Wirkungskraft durch sorgfältig bildgemäße Gestal-
tung wie der Diagonalstellung, Färb-, Licht- oder Schatteneffekte, gesteigert
werden kann. Diese Art des Plakats will durch die Ästhetisierung der Ware an
sich wirken.
Bei dem zweiten Plakattyp erscheint die Ware im Zusammenhang mit ande-
ren Motiven. Die Bilder sollen emotional beeindrucken und an allgemeine
menschliche Gefühle appellieren, z.B. den Wunsch nach Glück, Geborgenheit,
Liebe, gesellschaftlichem Prestige, das mit dem Besitz der Ware verbunden sein
kann etc. Dem Bild kommt hierbei die Aufgabe zu, Emotionen zu wecken und
sie auf das Werbeobjekt zu übertragen, mit dem sie in der Realität keinen
Zusammenhang bilden müssen. Deshalb werden neben die Ware Attribute
gesetzt, die zum eigentlichen Blickfang im Bilde werden. Dieses können sogar
Menschen selbst sein (erotisch gekleidete oder entblößte Frauen z.B. oder Kin-
der). Mitunter wird auch ganz auf die Darstellung der Ware selbst verzichtet.
Auch kann das Werbeobjekt so in die Bildkomposition mit einbezogen sein, daß
es optisch kaum noch in Erscheinung tritt. In diesem Fall kommt der Schrift
eine besondere Bedeutung zu.
Beiden Plakattypen liegt eine unterschiedliche Werbemethode zugrunde. Das
Sachplakat versucht in stärkerem Maße zu informieren. Es will meistens nicht
nur Aufmerksamkeit wecken, sondern außerdem wissenswerte Einzelheiten
mitteilen. „Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß auch hinter diesem
Anschein von Objektivität das immer gleiche Ziel der Werbung steht, dem jedes
Mittel recht ist, den Verkauf zu fördern" (Suckale-Redlefsen 1975,17/18). Diese
Vorstellung tritt bei dem anderen Bildtyp unverhüllt in Erscheinung. Er arbeitet
mit zugkräftigen Aufhängern und verzichtet bewußt auf den Eindruck, Informa-
tionen zu geben. Man kann hier auch von komprimiertem, konzentriertem und
narrativem Plakat sprechen. Erzählende Plakate dienen zur Visualisierung des
vermeintlichen oder tatsächlichen Nutz- und Gebrauchswertes einer Ware.
Von Anfang an wiesen die Plakate den Waren einen zusätzlichen, motivisch
und durch formale Gestaltungsweisen über den konkreten Gebrauchswert des
angepriesenen Artikels hinausgehenden Nutzen zu. Dabei knüpfen sie generell
an spezifische, für den möglichen Konsumenten gültige und wichtige Bedürf-
nisse, Empfindungen, Interessen, Phantasien und Sehnsüchte an. Die Ästhetik
und Motivik der Warenwerbung spiegelte schon um die Jahrhundertwende
bestehende Normen, Wertvorstellungen und Hoffnungen wider, um den Um-
worbenen die Erfüllung dieser Vorstellungswelt durch den Kauf des Produktes
schmackhaft zu machen. Zugleich wurden die in das Straßenbild eindringenden
trivialen Bilderwelten der Warenwerbung ihrerseits bewußtseinsbildend. Damals
wie heute präsentiert die Produktwerbung die Welt der arbeitsfreien Zeit, da in
ihr die angebotenen Waren konsumiert werden.
66 Plakatgattungen, Kategorien, Typen

Warenplakate appellieren an Konsumbedürfnisse, an den Besitzerstolz, ver-


heißen die Attraktivität des mit den Waren assoziierten Lebensstils. So können
sie zum Widerhall von Tendenzen eines aufgesetzten wie auch des tatsächlichen
„Life-Styles" einer zahlungskräftigen Bevölkerung werden. „Die Betrachter wer-
den im Gleichklang mit der Werbebebotschaft in eine Scheinwelt verführt, die
ihnen das Glück, das Wohlbefinden verheißt, das sich ihnen vielleicht entzogen
hat" (Rademacher 1992, 13). Hieraus resultiert auch der zumeist heitere und op-
timistische, verklärende Grundton vieler Warenplakate früherer Jahre, ihre unbe-
schwerte Art, mit der sie ihre Angebote präsentieren. Diese Färbung wird seit
den letzten zwanzig bis dreißig Jahren noch stärker als zuvor durch das Erleb-
nisprofil (im Gegensatz zum Sachprofil, Kroeber-Riel 1993, 68ff.) bestimmt, das
den Konsumenten in eine mit dem beworbenen Gegenstand angeblich emotional
assozierbare Sphäre versetzen soll. Je nach Branche kann es von erotisch-ge-
fühlvoll über entspannend-erholsam bis abenteuerlich-gefahrvoll reichen.
Bei der Warenwerbung unterscheidet man nach Einführungswerbung, Erin-
nerungs- und Stabilisierungswerbung sowie Expansionswerbung. Zankl (1969)
meinte noch, es gäbe Sparten, deren Waren nicht mehr existent wären, verzich-
tete man auf Plakatierung, eine Einschätzung, die sich inzwischen durch die
immer stärker gewordene Fernsehspot-Werbung relativiert hat. Doch zeigt sich
in einigen Fällen, daß bei der plakativen Einführungswerbung eine sehr schnelle
Durchdringung einer bestimmten Region möglich ist. Das Plakat kann also bei
der Testmarkeneinführung als Basismedium, ansonsten bei der Erinnerungswer-
bung für altbekannte Produkte als Zusatzmedium eingesetzt werden. Seine
Wirkungsgmöglichkeiten sind zwar nach wie vor umstritten, doch kann es die
Markenbekanntheit ebenso unterstützen wie die Neueinführung von Produkten
oder Dienstleistungen auf dem Markt. Durch ihre regionale Steuerbarkeit erhält
die Plakatwerbung als begleitendes Medium für Promotion-Aktivitäten oder
Testmärkte eine starke Bedeutung. Im Media-Mix ist sie in der Lage, die Wer-
beleistung in einzelnen Regionen zu verstärken, regionalbedingte Defizite
anderer Medien auszugleichen oder eine längere Erhaltung der Werbewirkung
auf anderen Medien zu forcieren. Die Tendenz einiger Branchen, deren Markt
gesättigt zu sein scheint (etwa Fast-Food-Ketten) oder die durch die öffentliche
Diskussion ins Zwielicht geraten sind (Zigarettenindustrie, die keine Fernseh-
werbung mehr betreiben darf), geht indes dahin, gerade Großflächen für offensi-
ve Expansionswerbung zu nutzen.

7.4.2. Das politische Plakat

Zum politischen Plakat zählen vor allem Parteienplakate, Wahlplakate, allgemei-


ne Staatspropaganda-Plakate, Kriegsplakate, Personenkultplakate, sozial enga-
gierte Plakate mit politischen Themen, z.B. Friedensbewegung, Umweltschutz,
Anti-Atomkraft, Protestplakate und Satireplakate politischen Inhalts, aber auch
Drei ausgewählte Gattungen 67

Plakate für politische Filme und parteipolitisch orientierte Presseorgane. Das


politische Plakat gehört weniger zum Bereich der Werbung als zum publizi-
stischen Sektor. Dabei unterliegt es allerdings ähnlichen Gesetzen wie andere
Plakate. Denn auch hier wird versucht - zumindest im übertragenen Sinne - , et-
was zu verkaufen, sei es eine politische Meinung, eine Partei, eine Idee, einen
Politiker. In politischen Plakaten „konkretisieren sich die politischen und philo-
sophischen Ideen ihrer Entstehungszeit und werden faßbar. Die Plakate spiegeln
wider, was die Auftraggeber ihren Zeitgenossen zeigen und was sie verschwei-
gen wollten" (Zeller 1988, Vorwort). Zeitweilig wurde ihnen, besonders in den
frühen Schriften, eine noch stärkere Suggestivkraft zugesprochen als anderen
Gattungen. Lüthy z.B. (nach Kämpfer 1985, 25) schreibt, sie sollen und können
den Passanten „mit telepathischem Griffe fesseln, sein Gehirn durch ein kurz
orientierendes Schlagwort in eine gewollte politische Richtung drängen."
Schockel, dem das Plakat als Vehikel zur „Polarisierung sozialer Spannungen"
(Kämpfer 1985, 32) dient, betont, das politische Plakat habe „unendlich dazu
beigetragen, über das Unterbewußtsein auf das Denken der Massen einzuwir-
ken" (Schockel 1939, 5).
In der Erfüllung ihres dezidiert politischen Auftrags ist diese Gattung „un-
trennbarer Bestandteil jenes modernen Phänomens, das Propaganda genannt
wird" (Kämpfer 1985, 21). Für Medebach (1969, 1) dessen theoretische, 1941
im Zusammenhang mit NS-Plakaten entwickelten Überlegungen noch bis in die
frühen 1970er Jahre Verbreitung fanden, hat es „eine auf Gemeinschaft, Gesell-
schaft und Staat hinzielende geistige, meinungs- und gesinnungsbildenden
Werbewirkung zu erfüllen, um das Handeln der Menschen zu beeinflussen."
Von kaum einer anderen Plakatgattung wird in der Literatur mehr gestalterische
Anpassung an das formale Auffassungsvermögen der breiten Masse gefordert.
Die Funktion des „Massenführungsmittels", wie sie noch Medebach (1941)
nannte, hat das Plakat z.T. jedoch eingebüßt, da in demokratischen Staaten die
permanente Staatsindoktrination fortfällt, die politische Werbung sich also
vorwiegend auf Wahlkampagnen beschränkt, es sei denn es handelt sich um
Aktionen in einem übergeordneten politischen Interesse.
Als essentielle sprachliche Elemente des politischen Plakats sind Schlagzeile
und Parole zu nennen. Die Schlagzeile zwingt für Medebach (1969, 4) den Blick
zur Kenntnisnahme einer konzentrierten Information, die Parole als konzentrierte
Form der Meinungsäußerung weise die Richtung zum Handeln. Das politische
Plakat arbeitet mit Forderungen und Behauptungen, mit Losungen, Norm- und
Wertaussagen, es vermittelt Werte, Autoritäten, dogmatische Aussagen. Es
„kann fiktive Gegenstände inklusive damit verbundener Wertungen vorzeigen
und nennen, so daß deren Wirklichkeit auf den ersten Blick nicht zweifelhaft
erscheint" (Kämpfer 1985, 113). Sein Spektrum reicht „von sachlicher Informa-
tion bis zu heimtückischer Demagogie" (Hagen 1985, 49). Wesentlich ist dabei
die Emotionalisierung durch Illustration. Als mögliche sprachliche Mittel wer-
68 Plakatgattungen, Kategorien, Typen

den Aggressivität und Angriffslust genannt. Auch der Schriftform kommt eine
besondere Rolle zu. Die stärkere Überzeugungsaufgabe fordert für Medebach
(1969, 4) eine Verwendung von mehr Hauptzeilen als bei anderen Plakaten.
Beim politischen Plakat unterscheidet man zwischen den publizistischen
Kampfmethoden Propaganda und Agitation. Propaganda dient der Unterrichtung,
aber auch der Falschunterrichtung (Kämpfer, 24). Medebach (zit. nach Kämpfer,
23) definiert Agitation als „negativ angreifend". Sie solle „die Massen aufpeit-
schen, ihre Leidenschaft auf den Siedepunkt bringen [...]." Seine Überlegungen
beinhalten auch den Versuch, eine Systematik der Anwendung des politischen
Plakats zu entwerfen. Er differenziert dabei nach aktionstragender Wirkung und
aktionsstiitzender Funktion, womit er die Reichweite des Plakats meint. Dabei
übernimmt er Argumente der Werbetheorie Seyfferts, was Werbeelemente und
Werbefaktoren angeht, und führt in bezug auf die Werbefaktoren auch das
„politische Symbol mit Symbolinhalt und Symbolgestalt" an (Medebach 1969,
5). Kämpfer (1985, 23) bezeichnet Agitation und Propaganda als Manipulation
von Sprache - aber auch des Bildes - zur Beherrschung der öffentlichen Mei-
nung. In diesem Sinne kann für Hagen (1985, 55) das politische Plakat mittels
Stereotypen auf den psychischen Bereich einwirken, indem es Aversionen und
Ängste hervorruft, verstärkt oder Solidarität erzeugt bzw. bekräftigt oder eine
Identität ermöglicht, ein Phänomen, das der Autor als „Wirk-Appell" bezeichnet.
Das Plakat kann folglich auch der systemstabilisierenden Propaganda dienen.
Horvat-Pintaric (1975, 45ff.) unterteilt die politischen Plakate in zwei
Gruppen: in Plakate, die Kritik am Bestehenden üben mit der Unterscheidung
in Protest- und Aktionsplakat und in Plakate, die sich für die Erhaltung des
Bestehenden einsetzen. Hierbei wird danach differenziert, ob das jeweilige
Plakat Mittel einer freien politischen Propaganda ist oder aber einer einseitigen.
Die Propaganda kann vom Staat ausgehen, aber auch von gellschaftlichen
Kräften, Parteien, Kirchen, informellen Gruppierungen. Wichtig ist für die
Autorin die Unterscheidung der konkurrierenden Parteienlandschaft in der
Demokratie von der Propaganda-Hegemonie totalitärer Staaten.
Reumann führt den Begriff des antithetischen Kampfbilds in die Debatte ein,
das er als Bildtyp charakterisiert, „auf dem die Opposition von Gut und Böse
dargestellt wird" (nach Kämpfer 1985, 37). Also könne man, so Kämpfer, wenn
eine positive und eine negative Gruppe im Plakat erscheine, von Pluspartei und
Minuspartei sprechen. Darin liege die Voraussetzung, die positive Seite könne
mit der propagierenden Gruppe identifiziert werden, also mit dem Auftraggeber
oder dem Produzenten des betreffenden Plakats. Dieser Pluspartei entspräche ein
Plusideal, d.h. ein durch Bild, Sprache oder Symybol ausgedrücktes, positiv zu
bejahendes Phänomen. Der positiven Seite stehe eine negative Welt gegenüber,
in Symbol oder Personifikation, in der Form von Situationen oder Szenen. Die
auf dem Plakat zu findende Oppostion gut contra böse (schlecht) bezeichnet
Kämpfer mit Pius-Partei-Ideologie und Minus-Partei-Ideologie. Pluspartei und
Drei ausgewählte Gattungen 69

Minuspartei seien in der Regel die miteinander kämpfenden politischen Gegner,


die Pluspartei dabei zugleich der Produzent des betreffenden Plakats. Plus-Ideal
und Minus-Ideal bildeten in der Aussage des Bildproduzenten die ideologischen
Ebenen des politischen Gegensatzes von Plus- und Minuspartei. Die Auftragge-
ber ließen jedoch in der Regel nicht Gleiches gegeneinander antreten, sondern
verstärkten - neben der implizierten Wertung - den Gegensatz noch: Statt des
Minusideals erscheine die Minuspartei als Gegenspieler des Plusideals.
Für die Entstehung des politischen Bildplakats in Deutschland gibt Zeller
(1988, 16) das Jahr 1848 an, sie steht also im direkten Zusammenhang mit der
bürgerlichen Revolution und der Paulskirche. Vorher war es unerheblich bzw.
nicht vorhanden, da, wie die Autorin schreibt, es „politische Reklame zur
Gewinnung der Massen nur dann geben" kann, „wenn die Massen sich als
Faktor des politischen Lebens durchgesetzt haben." 1849 beschrieb Friedrich
Engels die Bedeutung des politischen Text-Plakats und seine Funktion als
Straßenliteratur:

Und was hilft mehr, die revolutionäre Leidenschaft unter den Arbeitern lebendig zu
erhalten, als gerade die Plakate, die jede Straßenecke in eine große Zeitung verwan-
deln, in der die vorbeikommenden Arbeiter [...] ein Journal und einen Club in einem
haben (Friedrich Engels: Die Debatte über das Plakatgesetz, zit. nach Lexikon der
Kunst, Bd. V, Leipzig 1993, S.627).

Während der Pariser Kommune 1871 wie auch der Oktoberrevolution 1917 und
dem Bürgerkrieg wurde das Plakat als Mittel direkter Staßenagitation und
mobilisierender Information genutzt. In den Rosta-Fenstern fanden die Bolshe-
wiki ein wirksames Instrument, das letztlich auch zu ihrem Sieg beigetragen
haben mag.
Für die Entwicklung des politischen Bildplakats in Deutschland bis 1918
sollten folgende inhaltliche Faktoren wichtig werden: Es zeichnete sich eine
Vorliebe für weibliche Allegorien im 19. Jahrhundert ab, so z.B. die Germania
als nationale Allegorie, schließlich fand die Herausbildung eines heroischen
Männerideals in der wilhelminischen Gesellschaft statt, als Nationalhelden im
Bild zu erscheinen begannen. Im Ersten Weltkrieg bestimmten Plakate für
Kriegsausstellungen, vaterländische Veranstaltungen und Kriegsanleihen den
Anschlag. In den zwanziger Jahren waren schon früh Plakate gegen die Gefahr
des Bolschewismus zu finden, sodann spielten Reichswehrplakate und mit
zunehmendem Maße die Wahlplakate, Plakate für Abstimmungen, Volksent-
scheidungen eine Rolle, wobei sich die Wahljahre 1924, 1928 und 1932 als
besonders markante Jahre der Parteienwerbung erwiesen.
Die meist allegorische vergangenheitsorientierte Darstellung läßt sich von
der Reichsgründung bis in den Ersten Weltkriegs verfolgen. Sie wird in den
zwanziger Jahren durch einen Realismus abgelöst, der zuvor nur in wenigen
Beispielen sichtbar wurde. Verschwinden die weiblichen Allegorien in den
70 Plakatgattungen, Kategorien, Typen

zwanziger Jahren ganz, so ist das männliche Leitbild der wilhelminischen


Gesellschaft, der Mann der Tat, der sich im Ersten Weltkrieg bewähren konnte,
auch danach dominant zu beobachten. Zur Revolutionszeit ist es zwar von
untergeordneter Bedeutung, da hier der Frieden das dominante Thema darstellt,
doch werben die sich an vielen Orten gründenden Heimatwehren mit diesem
Männer- und Soldatenbild. Zunehmend läßt es sich auf den Plakaten der
NSDAP in der Weimarer Republik beobachten. „Riese Proletariat und heroischer
Kämpfer sind in diesem Bild des nationalsozialistischen Kämpfers verschmol-
zen" (Zeller 1988, 231). Im Dritten Reich nutzten die Nationalsozialisten das
Plakat gezielt zu politischen und gesellschaftlichen Propagandazwecken (z.B.
Führerkult, Antisemitismus), was sich während des Zweiten Weltkrieges zur
Greuel- und Durchhaltepropaganda steigerte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg standen politische Plakate vermehrt im Zei-
chen des Friedens, der Völkerverständigung. Mit den ersten demokratischen
Wahlen begannen dann wieder Wahlplakate eine Rolle zu spielen, die ganz von
Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und Wiederaufrüstung und dem Kalten Krieg
geprägt waren. Die DDR kannte auch weiterhin das Plakat als Mittel der of-
fiziellen Staatspropaganda. In den 1960er Jahren gelangten international Protest-
plakate an die Öffentlichkleit (u. a. gegen den Vietnamkrieg). Eine Neubelebung
des politischen Plakats geschah in der BRD der 1970er und 1980er Jahre durch
Klaus Staeck und Ernst Volland mit ihren kritischen und satirischen Arbeiten,
die notwendige Diskussionen über politische Probleme herbeiführen wollten.
Das Bild des Plakats in der politischen Auseinandersetzung ist heute ein
anderes als noch in den 1920er bis 1950er Jahren. Wurde früher versucht, in
meist scharfer agitatorischer Auseinandersetzung mit anderen Gruppen oder
Parteien im Betrachter politische Überzeugungen zu wecken, bereits vorhandene
weiter zu festigen und die des Gegners unerbittlich zu bekämpfen, fand es
allerdings bereits in seiner Blütezeit in den 1920er und 1930er Jahren eine
wirkliche und dauerhafte Überzeugungsqualität vornehmlich nur bei seinen
eigenen Parteigängern und bei Sympathisanten. Heute verzichten die meisten
Parteien anläßlich von Wahlen oder anderen Anlässen bereits fast völlig auf
inhaltliche Aussagen - diese werden im Zweifelsfall auf kurze Schlagworte
reduziert - , sondern begnügen sich mit den geschönten Bildern der führenden
Politiker als Markenzeichen, eine Tendenz, die seit den 1960er Jahren zunahm.
Die Werbung wird hierbei austauschbar: „Der umworbene Wähler hat sich
längst, sofern er überhaupt interessiert ist, auf andere Weise über Ziele und Ab-
sichten der Parteien informiert" (Rademacher 1996, 72). Hier scheint nach wie
vor Schindlers (1972, 233) berechtigtes Verdikt Gültigkeit zu besitzen: „Durch-
schnittliche Porträtfotos werden mit einem Werbeslogan und dem Parteiabzei-
chen willkürlich verbunden und langweilen den Passanten."
Drei ausgewählte Gattungen 71

7.4.3. Das Filmplakat

Das Filmplakat - je nach Standpunkt der übergeordneten Gattung „Kulturplakat"


zugeordnet oder als Zwitterding zwischen Wirtschafts- und Kulturwerbung
angesehen - ist nicht das einzige Plakat, das für ein anderes Medium wirbt.
Buchplakate, Fernsehplakate oder Rundfunkplakate fanden aber nie die mas-
senhafte Verbreitung wie das Filmplakat, das in seiner Geschichte mitunter bis
zu einem Drittel des gesamten Plakataufkommens einnehmen konnte (vgl.
Haenschke 1935). Auftraggeber sind in der Regel Filmgesellschaften bzw. die
Filmverleihe, seltener einzelne Kinos. Auch das Filmplakat existiert im Verbund
mit anderen Werbemedien, wie der Broschüre, dem Transparent, der Anzeige
und dem Trailer. In der Frühzeit war es gar das wichtigste Werbemittel für den
Film, stets jedoch im Wettkampf mit der Annonce. Neben seinem Platz an der
Säule und an der Plakatwand findet man es auch im Schaukasten des Kinos, wo
es eher für sich alleine wirken kann, wenn es auch hier mit den Fotos die
Ausstellungsfläche teilen muß. Allerdings bedeutet die Bindung an das Film-
theater gegenüber der Säule eine eingeschränkte Ausbreitung, was das Plakat
innerhalb des Theaters besonders betrifft, weil es eigentlich fast ausschließlich
der Besucher des Kinos zu Gesicht bekommt. Häufig sind Filmtheater und
Verleihe wieder dazu übergangen, Ganzstellen für besonders aktuelle Filme zu
belegen.
Beim Film unterscheidet man - wenn auch nicht immer einheitlich und
zwingend dem Sujet angepaßt - nach Genres. Folglich kann auch die Plakat-
werbung aufgeschlüsselt werden, etwa in Plakate für Action-Filme, Wild-West-
filme, Kriminalfilme, Abenteuerfilme, Mantel-und-Degen-Filme, Piratenfilme,
Komödien, Liebesfilme, Musikfilme, Melodramen, Erotische Filme, Heimatfil-
me, Literaturverfilmungen, Horrorfilme etc. „Filmplakate haben eine starke Aus-
sagekraft über das, was Menschen an Ängsten und Hoffnungen bewegt" (Pantel
1984, 7).
Interessant ist der seitens der Theorie erarbeitete intermediale Bezug: Für
Kraszna-Krausz (1926, 77) widersprechen sich Plakat und Film in eklatanter Art
und Weise. Man habe kaum darüber nachgedacht, „daß das [...] trotz jeder An-
strengung starre Plakat einen ziemlich weiten Umweg zu der [...] beweglichen
Photographie bedeutet." Bezüglich der Kriterien wie Wirksamkeit, Auffälligkeit
oder Blickfang unterscheidet sich das Filmplakat noch nicht grundsätzlich von
den Plakaten anderer Branchen. Da der Film jedoch in seinem Marktwert ein auf
eine relativ kurze Laufzeit ausgerichteter Gegenstand ist, muß das Filmplakat
in noch kürzerer Zeit seine Werbewirksamkeit entfalten als ein Plakat, das einen
auf den dauerhaften Gebrauch hin angelegten Markenartikel vertritt (vgl. Behne
1914/15,4). In der schwierigen und sehr speziellen Aufgabe, etwas eindimensio-
nal zusammenzufassen, was sich in der Dimension der Zeit entwickelt - „insze-
niertes Sehen, verdichtete Zeit" (Beilenhoff 1991, 90ff.) - habe es nicht so sehr
72 Plakatgattungen, Kategorien, Typen

durch das, was es zeigt, sondern „vielmehr durch das, was es verschweigt" (Da-
vidson 1924, O.S.) zu wirken. Ist das eine Medium eindimensional-flächig, starr
auf den Moment fixiert, gegenüber dem bewegten Lichtbild statisch und existiert
in der Fläche, so lebt das andere trotz seiner Projektion ebenfalls auf eine Flä-
che von der Bewegung und entwickelt sich in der Dimension der Zeit. Auch ist
das Plakat gegenüber dem Film rückständiger, da es noch auf die herkömmliche
Drucktechnik vertraut.
Wie der Film kam auch das Plakat dem Bedürfnis nach Reduktion und
schneller, knapper, präziser, optisch verdichteter Information entgegen. Frühe
Kinoplakate entsprachen dem keineswegs, ja sie bedeuteten in den Augen der Ver-
fechter moderner Plakatkunst einen Rückschritt, weil sie sich in detaillierter Aus-
führlichkeit gefielen. Mahlberg postulierte eine Trennung von der illustrativen
und malerisch-allegorischen Art, wie sie im wesentlichen vor 1900 vorherrschend
war, und die Hinwendung zum flächig orientierten Sachplakat. Die Frage, warum
das Kinoplakat sich diese modernen Errungenschaften nur sehr wenig zunutze
gemacht hat, beantwortet 1914 Adolf Behne. Dieser „Plakattyp war für den Kino
von vornherein unbrauchbar. Tatsächlich stießen die besonderen Verhältnisse und
die speziellen Ansprüche des Kinos das für den Kino arbeitende Plakat wieder
auf die alte illustrative Art des Plakats zurück". Behne folgert dies aus der be-
sonderen Aufgabe des Kinoplakats, welche er wie folgt definiert:

Die Plakate sollen in der Kinobranche nicht für eine dauernde Spezialität Stimmung
machen, sondern für einen Artikel, der nur für einen kurzen Zeitraum dargeboten wird.
Ein Plakat [...], das etwa einen Namen und die knappe Darstellung eines Films ent-
hielte, nicht eines bestimmten, sondern eines symbolisch-repräsentativen, ist in der Ki-
nobranche unsinnig [...], die Theater wollen nicht bekannt geben, daß sie Filme zeigen,
sondern wollen beweisen, was für spannende, rührende, dramatische, sensationelle
Szenen der heute vorgeführte Film enthält (Behne 1914/15, 4).

Tannenbaum ist zwar nicht der erste, der sich zu Film und Plakat äußerte, er
sollte aber als erster die Beziehung zwischen beiden Medien insofern näher
charakterisieren, als er in seiner theoretischen Beschreibung des Filmplakats die
bis dahin getrennt zu beiden Medien erfolgten Beobachtungen in ihren Grundzü-
gen zusammenfaßt. 1913 beschreibt er die Wirkung des Plakats im Straßenle-
ben:

Und wenn einer noch so hastig und noch so beschäftigt seinen Weg rennt, bald hier,
bald da, auf Gassen und Plätzen schreit ihm ein helles Plakat zu ,schau mich an' [...].
Es ist ein Augenblickskönig. Es zuckt auf, prägt sich ein und ist im nächsten Moment
schon wieder verdrängt von seinem Konkurrenten an der nächsten Ecke.

1914 stellt er fest, Film und Plakat seien auch in inhaltlich-formaler Beziehung
wesensverwandt: So erscheint ihm der Film „in seiner Konzentriertheit wie der
Drei ausgewählte Gattungen 73

Extrakt einer dramatischen Handlung, die [...] auf die letzte knappe Formel ge-
bracht ist" (Tannenbaum 1914, 237). Daraus ergebe sich eine „gewisse groteske
Steigerung und Uebertreibung des Vorgangs im ganzen wie der schaupieleri-
schen Darstellung der einzelnen Menschen. Daher trägt das Filmstück einen
primitiven, grellen, aber in einem bestimmten Sinne monumentalen Charakter
an sich." Ähnliches konstatiert er für das Plakat, dessen Aufgabe es sei, „in aller
Konzentriertheit mit Hilfe einer grotesken Steigerung der dargestellten Objekte
ein primitives, formelhaftes, buntes Bild von der Art und der Beschaffenheit
eines Dinges zu geben."
Aus dieser Charakterisierung folgert er für die Beziehung zwischen Film und
Plakat: „Kino und Plakat sind aus dem Geist unserer Zeit heraus gewachsen, die
in ihrer Hast und Arbeitsamkeit mit kräftigen Mitteln angepackt sein will, deren
Menschen am meisten und am raschesten durch den Sehsinn erfassen und die
mit Vorliebe all das annehmen, was sich knapp, formelhaft und bunt darbietet"
(Tannenbaum 1914, 237). Seiner räumlichen Zweckbestimmung nach müsse das
Filmplakat zwar immer als Außenplakat dienen. Seine Aufgabe aber sei indes
„nicht so sehr, den Vorbeieilenden grell anzurufen und seine flüchtige Aufmerk-
samkeit zu verlangen, sondern mehr den zwischen den einzelnen Kinotheatern
auswählenden Besucher zum Eintritt zu verleiten". Und dasjenige Plakat werde
diese Aufgabe am besten erfüllen,„das seinem aufmerksamen Betrachter eine
lockere Filmszene ausführlich und vielversprechend vor Augen setzt". Seine in-
haltlichen Bedingungen charakterisiert der Autor wie folgt:

Das Tempo, die Konzentriertheit, die bis zur Groteske gesteigerte Intensität der Film-
handlung, die das Wesen und den Erfolg des Kinos ausmachen, müssen auch im Kino-
plakat zum Ausdruck kommen. Im Plakat muß etwas von der Erregtheit, dem Aben-
teurlichen und Phantastischen, das dem Kino eigentümlich ist, nachzittern, eine Aufga-
be, die dem Plakat besonders gemäß sein muss. Es kann von Tollheit überschäumen,
dann wieder in mystischen Farben geheimnisvolle, unheimliche Vorgänge dartun.
Immer muss es heiss, voller Glut sein, immer im inneren Zusammenhang mit dem ihm
zugrunde liegenden Film.

Jüngst meinten Beilenhoff/Heller (1995, 46), rein phänomenologisch verbinde


die Geste des Klebens das Filmplakat mit dem Film, da „anders als die elek-
tronischen Medien [...] ja jeder Film [...] ein mit Hilfe von Klebstoff fixiertes
Stückwerk" sei. Diese Materialität definiere „demnach ein besonderes Verhältnis
zwischen Filmplakat und Film, Werbeträger und beworbenem Produkt." Sie se-
hen das Filmplakat als Paratext zum Film. Er sei „der einzige Paratext, der wie
der Film selbst Bild und trotzdem kein technisches Bild ist" (1995, 45), wobei
sie den Unterschied zum Film als „produktive Distanz" benennen. Für die Wahr-
nehmung des Filmplakats seitens des Passanten konstatieren die Autoren: „Kein
Filmplakat hat sich je einer kontemplativen Betrachtung angeboten. Vielmehr
provoziert es einen streunenden zerfransenden Blick, in dem sich Einnerungen
74 Plakatgattungen, Kategorien, Typen

verhaken und ein diffuses Geflecht bilden, das dort konkret wird, wo unsere
eigenen Vorstellungen greifen und Festlegungen vornehmen" (1995, 46).
Das Filmplakat ist in noch stärkerem Maße die Verbindung von Bild und
Schrift. Diese muß nämlich eine ganze Anzahl von mitunter bildbeeinträchtigen-
den Informationen aufnehmen: den Titel, den Namen der Gesellschaften und den
Stab, die Hauptdarsteller, Stars. Beim Filmplakat ist das von Kroeber-Riel
(1993, 68ff.) für die Warenwerbung festgestellte Erlebnisprofil häufig schon in
den genrespezifischen Vorgaben enthalten. Es braucht also nicht - wie dort - zu-
sätzlich hinzuerfunden werden, wenn auch viele Plakate mehr versprechen, als
der Film selbst zu bieten in der Lage ist. Das gilt in gleicher Weise auch für die
Möglichkeiten der Identifikation des Zuschauers mit den Dargestellten bei Sex-
idolen, „Helden" und dergleichen. Um den Betrachter bereits im Voraus in
„ferne" Erlebniswelten zu entführen, bedient sich das durchschnittliche Filmpla-
kat häufig einer collageähnlichen Zusammenfassung von Inhaltspartikeln, in
deren Mittelpunkt die Hauptdarsteller und Hauptdarstellerinnen dominierend
erscheinen. Je nach Filmgenre können die jeweiligen inhaltlichen Versatzstücke
in farblich besonders auffälliger Form bildlich umgesetzt sein, z.B. Verbre-
cherjagden, Detektivdarstellungen, unheimliche Atmosphäre bei Kriminal-
Filmen, Reiterszenen, Verfolgungen mit Planwagen, Cowboys, Indianer, Schie-
ßereien bei Western, Liebespaare bei Liebesfilmen, tragische Szenen und Ge-
fühlsaufwallungen sowie Hauptfiguren in pathetischer Pose bei Melodramen, um
nur einige wenige zu nennen.
Von der Gestaltungsweise her wurden seit den 1960er Jahren beim durch-
schnittlichen Filmplakat der großen Verleiher die früher auf gezeichneten und
gemalten Vorlagen basierenden Plakate vielfach von solchen ersetzt, die durch
Bearbeitung meist fotografischer Vorlagen entstehen. Allerdings sind hier bereits
wieder gegenläufige Tendenzen zu beobachten.
8. Das Plakat als Forschungsgegenstand

8.1. Forschungslage

Um sich über den Sektor der Plakatforschung Klarheit verschaffen zu können,


muß man zuerst einmal Forschungsrichtungen und beteiligte Fachbereiche nen-
nen. Dabei lassen sich - grob gesagt - zwei Interessenssektoren unterscheiden.
Das ist zunächst die Plakatforschung als Teil der jeweils aktuellen Werbefor-
schung. Dieser widmen und widmeten sich: Wirtschafts- bzw. Betriebswissen-
schaftler; sodann spezielle Werbeforscher bzw. Markt- und Konsumforscher;
verstärkt Psychologen; Kommunikationswissenschaftler; Soziologen. Ein weite-
rer wichtiger Komplex ist die plakathistorische Forschung: Hier waren und sind
vor allem beteiligt Historiker, Kunsthistoriker sowie Publizisten. Einen kleinen
Bereich für sich bildet schließlich die juristisch motivierte Untersuchung des
Plakatwesens auf akademischer Basis. Spezielle Untersuchungen zur Semiotik,
Kommunikationstheorie und Werbepsychologie des Plakats publizierten Abra-
ham A. Moles (Moles 1970) und Françoise Enel (Enel 1971 u. 1973) am Institut
für Sozialpsychologie in Strasbourg.
Diese Aufzählung läßt auf den ersten Blick eine vielfältige und umfassende,
gut nachvollziehbare Forschungsgeschichte vermuten, macht jedoch gleichzeitig
die disparate Situation deutlich. Beide Hauptbereiche wurden bislang unter-
schiedlich gewichtet und sind in ihrer Intensität in ähnlichen historischen und
defizitären Zusammenhängen wie die Theoriebildung zu sehen. Forschungsbe-
richte in der Plakatliteratur bleiben zumeist auf den Fachbereich beschränkt, in
dem die jeweilige Arbeit entstanden ist. Werbefachliteratur wiederum ist selten
historisch ausgerichtet; manches wurde innerhalb der „grauen" Literatur veröf-
fentlicht. Folglich ergibt sich vorerst noch kein zusammenhängendes Bild. Viele
Bereiche sind z. Zt. noch nicht abgedeckt. So gibt es meines Wissens noch keine
aktuelle Bestandsaufnahme von Bildmotiven in bezug auf die Branchenanteilig-
keit, sie ist eher in historischen Untersuchungen zu finden.
76 Das Plakat als Forschungsgegenstand

8.2. Werbeforschung

8.2.1. Ziele und Methoden: Historischer Überblick

Plakatforschung als Teil der Werbeforschung bzw. der Werbeerfolgsforschung


und Werbewirkungsforschung im engeren Sinne begann schon um die Jahrhun-
dertwende in den USA und England. Sie machte es sich Zug um Zug zur Auf-
gabe, den Prozeß der werblichen Kommunikation zu durchleuchten, um ihn ef-
fektvoll planen und besser kontrollieren zu können. Dabei diente und dient sie
vor allem den Werbetreibenden zur Optimierung ihrer Werbemittel. In diesem
Sinne führte man verschiedene Testmethoden ein. Hier ist zu unterscheiden zwi-
schen Beobachtungen und Befragungen bezüglich der Werbeträger allgemein,
also einer Werbeträgeranalyse, die man heute auch mit Mediaforschung bezeich-
net, sowie auf das jeweilige Plakat selbst bezogenen Tests. Marbe unterscheidet
Laboratoriumsexperimente und Wirklichkeitsversuche (Marbe 1927, 75), die
auch als Laboratoriums- und Feldmethoden bezeichnet werden. Ebenso muß
man zwischen vorheriger (Pre-Test) und nachträglicher Feststellung (Post-Test)
des visuellen Wirkungsbereichs differenzieren. Die meisten dieser Untersu-
chungsmethoden sind in England und den USA entwickelt worden.
Anzunehmen ist - darauf deuten die Quellen hin - , daß, zumindest in Eu-
ropa, zuerst die Plakatfirmen selbst aktiv wurden. So untersuchten englische
Plakatanstalten schon vor dem Ersten Weltkrieg die Farbwirkung von Plakaten,
die Fernwahmehmung von Farbenkombinationen, wobei schwarze, weiße und
farbige Schriften auf verschiedenem Grund aus großer Entfernung beobachtet
wurden. Aus den Quellen erfährt man gelegentlich auch - zumeist anekdotisch
paraphrasiert - von experimentellen Untersuchungen innerhalb einzelner Bran-
chen zwecks Optimierung der Plakatgestaltung. Eine Verwissenschaftlichung des
Bereichs wurde mit der Gründung von werbewissenschaftlichen Einrichtungen
erreicht. Werbeforschung bzw. Plakatforschung wurde nun zum Gegenstand der
Psychologie und ihrer Anwendung im Bereich der Wirtschafts- und Betriebswi-
ssenschaft. In Deutschland werden diese Belange um 1920 faßbar; sie sind vor
allem vorbunden mit Namen wie Rudolf Seyffert, Erich Lysinski, Maria Schorn,
Walther Moede und Hans Roloff. Für Seyffert, tätig am Betriebswissenschaftli-
chen Institut Mannheim und Mitarbeiter der Untersuchungsstelle für Werbewir-
kung, später dann des Werbewissenschaftlichen Instituts der Universität Köln,
beruht die Werbewirkung auf psychologischen Vorgängen, welche die Werbung
beim Umworbenen auslösen.
Zur Ausführung der Tests wurden auf Hugo Münsterberg zurückgehende
psychotechnische Methoden herangezogen; ein wichtiges Hilfsmittel war dabei
das Falltachistoskop. Seyffert prüfte mit Hilfe dieses Gerätes die Auffassung
von Bild, Schrift und Farbe verschiedener Plakate bei einer Darbietungsdauer
von einer Sekunde. Lysinski ließ in seiner Plakatprüfung folgende Faktoren er-
Werbeforschung 77

forschen: Erkennbarkeit der Darstellung, Umfang, Anziehung und Bewegung der


Aufmerksamkeit, Verständlichkeit und Eindeutigkeit, Leichtigkeit der Einprä-
gung und Nachhaltigkeit, Wohlgefälligeit der Farbenharmonie und des Formats,
Wirkung in der Umgebung, Verwechslungsmöglichkeit. Parallel dazu gab es
auch statistische Untersuchungen über die Elemente von Plakaten, so z.B. die
von Seyffert geleiteten, in der Plakate nach Flächeninhalten, Zahl der Farben,
Farben der Hauptzeilenschrift und des Schriftgrundes der Hauptzeilen sowie der
Zahl der Plakatworte analysiert wurden. Gleichfalls wurde mit der Punktbewer-
tungsmethode gearbeitet. Hierbei hatte ein Teilnehmerkreis Plakate nach Durch-
schlagskraft, Inhalt, Werbestil, Schrift, Verwendbarbeit bei gleichbleibender
Wirkung in kleinerem Format, Reizwirkung und geschmacklicher Bewertung
nach rein persönlichem Standpunkt mittels Punktvergabe zu beurteilen. Roloff
führte Plakattest mit Hilfe eines „Verfahrens der Reproduktion unbemerkbar ge-
stifteter Eindrücke mit und ohne Hilfe" durch (Jaspert 1963, 124; Roloff 1927,
Iff.). Ebenso erfuhr um 1930 die Fernwirkung von Plakaten eine erneute Unter-
suchung (Albrecht 1932, 38).
Bezüglich des richtigen Blickfangs wird wiederholt auf die von englischen
Werbefachleuten angewandte psychotechnische Methode hingewiesen. Die wich-
tigste Untersuchung dieser Art ist das Prinzip des flüchtigen Blicks. Ziel ist es,
experimentell festzustellen, ob Text und Anordnung des Plakats genügend
konzentriert sind, um sich auch dem flüchtigen Betrachter ausreichend mitzu-
teilen. Diese Methode beruht in der Hauptsache darauf, einem kleinen Kreis von
ausgewählten Zuschauern das zu prüfende Plakat für eine ganz kurze Zeit - 1/5
Sekunde - zu zeigen und sich dann aufschreiben zu lassen, was von dem Inhalt
des Plakats behalten worden ist. Sie könnte „von jedem Interessenten bei eini-
gen Vorkenntnissen selbst vorgenommen werden." Jeder Fachmann sei „danach
in der Lage, seine Reklamemittel auf einfache und ungemein verständliche Art
selbst zu prüfen und zu verbessern." Hierbei wurde empfohlen, möglichst nicht
fachmännisch geschulte Personen den Tests auszusetzen, sondern beispielweise
Botenpersonal, Stenotypistinnen und Reinemachefrauen, eine nicht unumstrittene
Vorgehensweise.

8.2.2. Werbeträgeranalyse

Ein anderer Bereich wurde ebenfalls zunehmend relevant: die Werbeträgerana-


lyse. In Frankreich untersuchte um 1920 Paul Dermée die Plakatwirkung, woraus
er Regeln für eine optimale Klebung der Plakate ableitete (vgl. Halter 1992, 88).
Weiterhin ging es bereits darum, mittels Feldforschung Plakatwände und Plakat-
säulen etc. auf verbesserte Standortqualität hin zu überprüfen und die Passanten-
zahlen zu beobachten. Hier führte etwa die Berliner Anschlagwesen- und Rekla-
megesellschaft (Berek) um 1930 durch die Wirtschaftskrise motivierte Unter-
suchungen durch. Von der Anwesenheit von Passanten auf einer Straße wurde auf
78 Das Plakat als Forschungsgegenstand

die Möglichkeit der Werbewirkung eines Plakats geschlossen, von der Passan-
tenzahl auf das Ausmaß dieser Möglichkeit. Ebenso wurden bereits Passanten
befragt. Für England sind Untersuchungen von Sheldon (1927) zu nennnen.
Mit zunehmender Ausdifferenzierung der Werbemethoden und Werbemittel
geriet das Plakat ein wenig in den Hintergrund; in den USA scheint dies schon
sehr früh der Fall gewesen zu sein. Ergebnisse der Werbeforschung, besonders
nach dem Zweiten Weltkrieg, wurden nun kaum mehr anhand von Plakaten vor-
gestellt. Anzeigen und Werbespots scheinen heute erheblich besser erforscht zu
sein (vgl. Kroeber-Riel 1993). Dennoch erlangte die Plakatuntersuchung im
europäischen Wiederaufbau nach 1945 eine neue Bedeutung, vor allem unter
dem Gesichtspunkt der Werbeträgeranalyse. Im Auftrag der Wirtschaftsfach-
verbände, der GWA (Gesellschaft - heute Gesamtverband - Werbeagenturen)
und dem FAW (Fachverband Außenwerbung) wurden seit den 1950er und
1960er Jahren in der BRD die Meinungsforschungsinstitute aktiv. Im Oktober
1952 führte das Emnid Institut erstmals eine Befragungung im damaligen
Bundesgebiet durch, denen bis Mitte der fünfziger Jahre sieben weitere folgten,
wobei die Prozentzahl derer, die sich an ein Plakat erinnern konnten, zwischen
59 und 80% lag.
Die Werbeträgerbetrachtung von 1955 basierte auf Methoden, welche als
„Verfahren der Reproduktion natürlich erworbener Eindrücke mit leichten
Hilfen" (Jaspert 1963, 121) und „Verfahren der Reproduktion erlebter Wer-
bewirkungsvorgänge" (Jaspert 1963, 146f.) bezeichnet werden. Bei der Be-
fragung von Passanten konnten für jedes der geprüften Plakate im Durchschnitt
die Erinnerungswerte für Abbildungen, Text, Farben ermittelt werden. 1954
legte die Frankfurter ,Divo Gesellschaft für Markt- und Meinungsforschung'
einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung eines westdeutschen Land-
kreises die Frage vor, ob in der letzten Zeit eine Werbung besonders aufgefallen
sei, also eine Methode auf der Basis ungestützter Erinnerung. Dabei ließ sich
feststellen, je höher das Einkommen war, desto stärker wurde die Werbung
wahrgenommen. 34% der Befragten erinnerten sich an Plakate, 21 % an Anzei-
gen in Illustrierten, 14% an Anzeigen in Tageszeitungen, 10% nannten den
Werbefunk.
Seit den 1960er Jahren unternahm das ,Allensbacher Institut für Demosko-
pie' weitere Untersuchungen bezüglich der Kontakthäufigkeit (vgl. Noelle-Neu-
mann 1966, 648ff.), dies bis 1979, dann wieder ab 1992. Zu nennen sind auch
,Infratest', das ,Werbewissenschaftliche Institut' der Universität Köln, das .In-
stitut für Werbepsychologie und Markenerkundung' in Frankfurt a. Main. In der
DDR war die Erforschung der Werbewirksamkeit von Plakaten in den 1960er
Jahren von Bedeutung, die von der DEWAG mittels Befragungen vorgenommen
wurde. Trotz früherer Überlegungen zur Errechnung der Reichweite wurde erst
in den 1960er Jahren vom englischen ,Institute of Practioners in Advertising'
nach längerer Forschung die international gültige IPA-Formel entwickelt.
Werbeforschung 79

In der Bundesrepublik wurden 1971 und 1975 im Auftrag des .Fachver-


bandes Außenwerbung' zwei grundlegende Untersuchungen durchgeführt, denen
1977 und 1982 zwei weitere, ,Die Werbewirkung des Plakats', wiederum im
Auftrag des Fachverbandes, folgten. Hierbei wurden den Befragten Fotografien
von Motiven der Plakatwerbung vorgelegt, und zwar von Allgemeinstellen,
Ganzflächen und Großflächen, wobei es sich um Plakate handelte, mit denen
diese Werbeträger in den der Befragung vorangegangenen Dekaden tatsächlich
belegt waren. Anhand dieser Fotografien sollten die Befragten angeben, ob sie
das Plakat gesehen hatten; es handelte sich also um eine Untersuchung auf der
Basis gestützter Erinnerung. In der 1977er Studie wurden 15 Motive vorgestellt,
in der 1982er Studie 40 Motive. Die auf der Fotovorlage beruhenden Reichweit-
energebnisse wurden zwischen den beiden Untersuchungen verglichen.

8.2.3. Die gebräuchlichen Testmodelle

Ziel von Plakatbewertungsmodellen ist es, den Werbetreibenden ein präzises


Bild davon zu vermitteln, wieviele Personen das Plakat wahrnehmen. Sie sollen
einen Leistungswert für die Planungspraxis in der Außenwerbung bieten, um die
Transparenz und Qualität des Mediums Plakat in der Planunsgsphase steigern
und dies von Anfang an in den intermedialen Planungs- und Entscheidungspro-
zeß einbeziehen zu können. Laut Koschnick (1995, 1379) bleibt die Leistungs-
fähigkeit der einzelnen Anschlagstellen bei praktisch allen Untersuchungen im
Dunkeln mit Ausnahme des britschen OSCAR (Outdoor Site Classification and
Audience Research), welches das älteste auf dem Markt befindliche Bewertungs-
modell ist. Für die Leistungsdaten wird eine tägliche Personenfrequenz des Ver-
kehrsstroms, von dem aus eine Plakattafel zu sehen ist, in Kraftfahrzeugen mit
Insassenfaktor und Fußgängern vor Ort gezählt (nicht simuliert). Der so ermit-
telte Wert gibt die Bruttokontaktzahl der einzelnen Plakattafel an. Mit OSCAR
ist es möglich, Plakatpläne nicht nur nach traditionellen Einwohnerquoten,
sondern auch nach Zielvorgaben, wie nach einer vorgegebenen Anzahl von Pla-
kattafeln in einer Stadt oder Gemeinde, einem bestimmten GRP-Ziel (Gross
Rating Point, hierin schlägt sich der Werbedruck nieder, der nötig ist, um ein
bestimmtes Werbeziel zu erreichen) oder einem definierten Etat pro Stadt zu
entwickeln (vgl. Koschnick 1995, 1337ff.).
Einen ersten Schritt in diese Richtung stellen in Deutschland das seit
1985/86 bestehende GFK-Plakatbewertungsverfahren und die 1990 entwickelte
FAW-Großstellen-Bewertung dar. Das GFK-Modell wurde als Berechnungs-
modell für den erinnerungswirksamen Werbemittelkontakt für jede Anschlag-
stelle und Anschlagart von der GFK-Martktforschung in Nürnberg entwickelt
und seit Jahren von der Zigarettenindustrie genutzt. Seit Herbst 1993 setzt es die
Deutsche Städtereklame zur Bewertung ihrer Plakatflächen ein. Es können an-
hand des Leistungswertes verschiedene Plakatstellen oder Stellen unterschiedli-
80 Das Plakat als Forschungsgegenstand

eher Plakatwerbeträger miteinander verglichen werden. Als Leistungswert dient


der G-Wert. Um diesen zu ermitteln, werden an jedem Standort, zu unterschied-
lichen Tageszeiten und Wochentagen, die Passagefrequenzen von einzelnen
Verkehrsströmen und Passantengruppen erfaßt. Ferner werden jeweils die
Ausprägungen verschiedener, die Wahrnehmbarkeit der Plakatfläche beinflussen-
der Merkmale wie Winkel, Entfernung, Sehhindernisse, Kontaktchancendauer
beurteilt und auf dieser Grundlage der Erinnerungs-Anteil pro Verkehrsstrom
bestimmt. Anschließend werden pro Passantengruppe und Verkehrsstrom die
Passagefrequenzen pro Stunde mit dem jeweiligen erinnerten Anteil multipliziert
und die Ergebnisse addiert.
Zwischen 1965 und 1995 führte die .Informationsgemeinschaft zur Feststel-
lung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.' (IVW) Kontrollen des Plakatan-
schlags durch, d. h. sie nahm von den Plakatanschlagsunternehmen Meldungen
über den Bestand an Anschlagflächen entgegen, überprüfte sie vor Ort und
veröffentlichte die Ergebnisse. Die Teilnahme war zwar freiwillig, aber durch
die teilnehmenden Unternehmen wurden etwas über 90 % der insgesamt vorhan-
denen Stellen in der Bundesrepublik abgedeckt. Zur Zeit arbeitet die IVW an
einem neuen Bewertungsystem.
Das FAW-Nielsen-Modell dient der Leistungsbewertung von Großflächen-
standorten an öffentlichen Verkehrsachsen. Es wird ein Großflächen-Beobach-
tungswert pro Tag errechnet, der nicht nur eine Aussage über den Kontakt,
sondern auch über die Plakaterinnerung, also den wirksamen Werbekontakt
macht. Zur Berechnung des Großflächenbeobachtungswertes werden die Ver-
kehrsfrequenz und die durchschnittliche Plakatbeobachtungschance eines indi-
viduellen Standortes ermittelt. Die Verkehrsfrequenz gibt die Anzahl der Passan-
ten pro Tag an einem Großflächenstandort an. Die Standandortqualität von
Werbeträgern, in diesem Fall Großflächen, ermittelt das AFP-Modell (Sitz
Kerpen und München), bei dem nach positiven (z.B. querstehend, Ampel, Kreu-
zung, Einmündung etc.) und negativen Kriterien (Hauslücke, Häufung, per-
manente Sichtbehinderung durch Buschwerke etc.) eine Bewertungsskala von
1 bis 6 erstellt wird.
Die nicht unumstrittene ,Plakatmedia-Analyse' (PMA) arbeitet mit der Me-
thode „Abfrage anhand erinnerter Wege", um die Reichweiten, die Anzahl der
verschiedenen Anschlagstellen pro erreichter Person, die Anzahl der Kontakte
pro erreichter Person, die Anzahl der Kontakte pro Person der Gesamtbevölke-
rung etc. zu ermitteln. Bisher nach alten und neuen Bundesländern getrennt,
wird die erste gesamtdeutsche PMA für 1997 erwartet.
Beim Pre-Test werden die Alternativen der endgültigen Plakatgestaltung eru-
iert, wobei empfohlen wird, „von echten Wahrnehmungssituationen" aus der
Sicht von Fußgängern und fahrenden Verkehrsteilnehmern aus naher und weiter
Entfernung bei kürzerer und längerer Wahrnehmung in ruhiger und verwirrender
Verkehrssituation auszugehen. Der AWS-Live-Plakattest versucht, mittels
Werbeforschung 81

Videofilmen die Wirkung eines Plakats in seiner Umgebung gegenüber Mit-


bewerbern an der Anschlagstelle oder Plakatvarianten hintereinander zu testen.
Dabei wird dem Zuschauer ein Gang durch eine Stadt simuliert, bei dem ständig
wechselnde Plakatsujets eingeblendet werden. Die Aufmerksamkeit der Testper-
sonen wird dabei in einer Weise abgelenkt, wie sie der realen Straßensituation
entspricht. Zu nennen ist noch die Blickwinkelprüfung, die feststellen soll, ob
das Plakat noch aus einem Blickwinkel von etwa 45 Grad erkennbar ist.

8.2.4. Ergebnisse: Wen erreichen Plakate?

Als die wichtigsten Ergebnisse der genannten Untersuchungen können festge-


halten werden, wobei einige Punkte die Resultate früherer Beobachtungen zu
bestätigen scheinen: Plakatmotive finden in der Bevölkerung eine relativ hohe
Beachtung. Die Aufnahme von Werbebotschaften wird von der Vielzahl der
durch ständige Passagen vermittelten Kontakte ermöglicht. Je jünger die jeweili-
ge Person ist, desto eher beachtet sie die Plakatwerbung. Die Erinnerungswerte
an ausgewählte Plakate waren in der Untersuchung von 1977 bei Männern höher
als bei Frauen, was seinerzeit weitgehend aus der größeren Mobilität und der
damit verbundenen höheren Kontaktdosis dieser Gruppe erklärt wurde. Von
Bedeutung ist das Haushaltsnettoeinkommen: Mit wachsender Kaufkraft steigt
die gestützte Motiv-Reichweite. Plakate werden von sonst schwer erreichbaren
Zielgruppen, wie Berufstätigen, intensiv genutzt. Mit steigender Mobilität nimmt
die Reichweite der Motive zu. Plakatkampagnen an Ganzstellen und Großflä-
chen haben Motiv-Reichweiten von mehr als 50% der entsprechenden Bele-
gungsdichte. Der Anstieg der Motiv-Reichweite bei steigender Mobilität gilt
allerdings nicht für alle Personengruppen gleichermaßen. So werden junge Leute
auch dann von Plakatwerbung in hohem Maße erreicht, wenn sie der Gruppe mit
geringer Mobilität zuzurechnen sind. Wesentlich für die Möglichkeit, Plakate
wahrzunehmen, sind die Fortbewegungsarten: Benutzer öffentlicher Verkehrs-
mittel beachten Plakate wohl am stärksten. Dies hängt mit dem Zurücklegen
längerer Wegstrecken als „Zuschauer" und den Umsteigegewohnenheiten mit
mehr oder weniger langen Wartezeiten zusammen. PKW-Fahrer haben allerdings
ebenfalls viele Gelegenheiten, Plakatmotive aufzunehmen, sei es im Stau, im
Schleichverkehr, beim Warten an der Ampel oder während der stetigen Passage
markant oder dicht belegter Gegenden.
In der ,Allensbacher Werbeträgeranalyse' (AWA) 1992 zeigten sich deut-
liche Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern. Daß sie
fast täglich an Anschlagsäulen vorbeikommen, berichteten 41 % der Befragten
in den West-, aber nur 35 % in Ostdeutschland. Die neuen Bundesbürger gingen
etwas seltener täglich bzw. fast täglich durch Geschäftsstraßen (33 % im Osten
gegenüber 35% im Westen), aber sie fuhren in einem etwas höheren Anteil
Straßen-, U-, S-Bahn oder Omnibus (21 im Osten gegenüber 18% im Westen).
82 Das Plakat als Forschungsgegenstand

Das insgesamt geringere Reichweitenniveau der Plakatwerbung in den neuen


Bundesländern spiegelte eher die damals noch vergleichsweise geringe Präsenz
von Plakatwerbung im Osten wider. Doch hängt das häufige Vorbeikommen an
Anschlagsäulen, Anschlagtafeln etc. wie gesagt stark von der räumlichen Mobi-
lität ab. Junge Menschen im Westen sind offensichtlich noch bedeutend mobiler
als Altersgenossen in den neuen Bundesländern. Zum Beispiel kommen von den
14- bis 19jährigen im Westen 59% täglich bzw. fast täglich an Anschlagsäulen
bzw. Anschlagtafeln vorbei, von den Altersgenossen im Osten nur 44%.
Plakate bauen also doch relativ schnell Reichweiten mit einer hohen Kon-
taktdosis innerhalb der Gesamtbevölkerung aus. Je nach Meßverfahren werden
zwischen 60 und 85 % der Personen innerhalb eines Plakatierungsgebiets sie-
benmal bzw. elfmal pro Dekade erreicht. Mit Plakaten werden überproportional
stark die einkommensstarken jüngeren und höher gebildeten Personenkreise er-
reicht.

8.3. Plakathistorische Forschung

8.3.1. Allgemeine Überblickswerke

Auffallend ist, daß, nachdem die aktuelle Plakatforschung wieder an (relativer)


Bedeutung gewonnen hatte, auch die plakathistorische Literatur einen Auf-
schwung erlebte. Nicht immer allerdings wird man ihr einen wesentlichen For-
schungsbeitrag zubilligen können. Schon früh wurden Plakate im geschichtli-
chen Rückblick betrachtet. Hier machte Frankreich 1886 den Anfang, als Ernest
Maindron sein Buch ,Les affiches illustrées' publizierte und ihm 1896 und 1897
weitere folgen ließ. In England verfaßte Charles Hiatt 1895 unter dem Titel
.Picture Posters' das früheste Werk über die Plakatkunst. Sponsel in Deutsch-
land folgte 1897, Grautoff dann 1899. Sie sind heute bereits wieder wichtige
Quellen für die historische Forschung. All diesen Publikationen das hat sich
bis heute nur teilweise geändert - ist gemeinsam, daß sie das Plakat als Kunst-
werk verstehen und den ,trivialen' Bodensatz unberücksichtigt lassen, auch
weniger vom werblichen Charakter des Objekts ausgehen. Zeitgenössische
Reklamedarstellungen verfahren oftmals nach anekdotenhaftem Muster. Schu-
berts .Deutsche Werbegraphik' (1927) und die Arbeiten von Walter von Zur
Westen enthalten auch plakathistorische Passagen. Die seit der Jahrhundert-
wende erschienene Literatur zur Plakatgeschichte erweist sich - von Ausnahmen
abgesehen - überwiegend als populär aufbereitete Ansammlung von Tendenzen,
Stilen, biographischen Künstlernotizen, also eine Vermengung von Gesichts-
punkten, deren Konturen häufig ungenau bleiben. Die Einbettung des Plakats in
die sozialgeschichtlichen Rahmenbedingungen wird zumeist nur anhand ein-
zelner weniger Objekte vollzogen. Auf der anderen Seite existiert eine Fülle von
Plakathistorische Forschung 83

Publikationen, in denen Plakate Dokumente des Alltagslebens sind, ohne daß


ihre gestalterischen Aspekte ausführliche Berücksichtigung finden. Die For-
schung auf kunsthistorischer Ebene verläuft analog zu den in dieser Fachdiszi-
plin üblichen Methoden, läßt jedoch keinen roten Faden erkennen, da selbst eine
schlüssige Stilgeschichte des Plakats nicht vorliegt. Auch umfassende Ikonogra-
phie-Studien, von gattungsbezogenen Einzeluntersuchungen abgesehen, fehlen
in der Regel.
Die Publikationen über Plakate kulminierten seit den 1960er Jahre im Zuge
nostalgischen Interesses und der Verbreitung des Posters. Hierbei besteht insge-
samt das Problem, daß die allgemeinen Werke über die Geschichte des Plakats
meist die gesamte Plakatentwicklung von den Anfängen bis in die jüngste
Gegenwart zu erfassen versuchen. Alle Plakatgeschichten der 1960er, 1970er
und 1980er Jahre wie etwa die Barnicoats (1969), Hilliers (1969), Schindlers
(1972), Gallos (1975) oder Weills (1985) verdeutlichen das Problem, daß mit
wachsender Materialfülle die Auswahl einerseits schwieriger, anderseits auch
immer beliebiger zu werden droht. Aus DDR-Sicht ist die Publikation Radema-
chers (1965) zu nennen, die auf der Auswertung der Bestände des damaligen
Museums für Deutsche Geschichte in Berlin beruht. Das Plakat als Mittel des
Kampfes für eine progressive Gesellschaft verstehend, stellt es eine Mischung
aus kulturgeschichtlicher Betrachtung und formalen Kurzanalysen dar. Die erste
kunsthistorische Plakat-Dissertation überhaupt in deutscher Sprache war dieje-
nige von Annemarie Hagner (1958) zum Jugendstilplakat.
Eine auf privater Initiative basierende, in der Schweiz beheimatete Unter-
nehmung ist das Poster Bibliography Project, das sich zum Ziel gesetzt hat,
sämtliche publizierten Werke über Plakate zu erfassen und die darin erwähnten
Plakatkünstler in eine Datei aufzunehmen, zusammen mit Lebensdaten und
Wirkungsort. Die Daten können mit den gängigen computerisierten Methoden
sortiert, ausgedruckt und nach verschiedenen Begriffen abgefragt werden.

8.3.2. Forschungen im Museumsbereich

Seit den späten 1950er Jahren gewannen auch Ausstellungen und dazugehörige
Publikationen sowie anderweitige museumsgebundene Veröffentlichungen (z.B.
Bestandskataloge) für die historische Forschung an Bedeutung (vgl. 8.4.1.). Auch
hier waren die Ansätze unterschiedlich. So ging es bei dem großangelegten, von
der Thyssenstiftung geförderten Forschungsprojekt ,Das frühe Plakat in Europa
und den USA' vor allem darum, den Bestand der Sammlungen u.a. in Berlin,
Hamburg, Stuttgart, München zu sichern, ihn, ergänzt mit Daten und biogra-
phischen Notizen zu Künstlern und Druckereien, archivalisch zu hinterfragen und
dabei Material für die weitere Forschung bereitzustellen. Interpretierende, hi-
storisch-wissenschaftliche Begleittexte, die noch im Frankreichband enthalten wa-
ren, mußten beim letzten Teil Deutschland - aus Finanzgründen entfallen.
84 Das Plakat als Forschungsgegenstand

.Plakate in München 1840-1940' (1976) enthält im ersten Teil eine Ent-


wicklungsgeschichte des Münchener Plakats anhand exemplarischer Beispiele.
Unter Heranziehung stilgeschichtlicher Kriterien gliederte man den Hauptteil
nach historischen Gesichtspunkten. Das avantgardistische Plakat des 20. Jahrhun-
derts hatte eine Ausstellung in Minneapolis 1984 (Ades 1984) zum Thema. An-
dere Ausstellungen und Kataloge widmeten sich einzelnen Gattungen, z.B. Pro-
paganda-Plakaten 1914-1940 (Hamburg 1987), dem exotischen Plakat (Stuttgart
1986) oder Plakatkünstlern, wie etwa Ludwig Hohlwein in Stuttgart (1985) und
München (1996), Edmund Edel in Kiel (1994), Julius Klinger in Berlin (1997).
Waren einige Präsentationen lediglich Materialdarbietungen, so zeigten sich an-
dere bemüht, die Plakate als Quelle für die Regional- und Lokalgeschichte und
darüber hinaus als wichtiges Zeugnis der Alltagskultur ihrer Entstehungszeit zu
betrachten. Dazu war eine Abkehr von der althergebrachten Mißachtung des
Durchschnittsplakats nötig, wie sie z.B. von der Schau ,Plakate in Frankfurt'
(1986) geleistet wurde. Ähnliches gilt von einer Ausstellung mit dem Titel
,Mehr als nur Reklame', die 1995 die Gebrauchsgrafik des Saarlandes unter
zeithistorischen Gesichtspunkten herausstellte. Eine Auswahl seiner Bestände als
Überblick bis heute brachte das Hamburger Museum für Kunst u. Gewerbe
1994, begleitet von einem ausführlichen Katalog (Döring 1994), einen Einblick
in die Bestände auch ihrer Plakatsammlung gab die Berliner Kunstbibliothek aus
Anlaß ihrer Wiedereröffnung (vgl. Kühnel 1994).

8.3.3. Gattungen

Innerhalb der gattungsbezogenen Themenstellungen ist wohl am häufigsten das


politische Plakat behandelt worden. Es ist keineswegs verwunderlich, daß gerade
in den Regimen der UdSSR und des Dritten Reichs das Plakat als historischer
wie aktueller Forschungsgegenstand besondere Beachtung erfuhr: Propaganda-
zweck und Wirksamkeit mußten im Interesse der Machthaber liegen. Das Buch
von Erwin Schockel (1938), für den internen Gebrauch der NSDAP veröffen-
licht, charakterisierte „den langfristigen sozialen Lernprozeß, in dem das Me-
dium politisches Plakat' eine Verschiebung der öffentlichen Meinung in Rich-
tung auf politische Erwartungen bewirken h a l f (Kämpfer 1985, 32). In der bei
Emil Dovifat am Berliner Zeitungswissenschaftlichen Institut entstandenen
Dissertation Friedrich Medebachs (1941) wird das politische Plakat vom publi-
zistischen Standpunkt her analysiert. Sie ist die erste akademische Arbeit über-
haupt, die Inhalt und Aussage von Plakaten untersucht. Der Autor versucht,
Grundgesetze bzw. Regeln für Propaganda und politisches Plakat aufzustellen,
die bis in die jüngste Zeit Beachtung fanden. In Deutschland wurde nach dem
Zweiten Weltkrieg die publizistische Plakatforschung um Emil Dovifat fortge-
führt, unter dessen Betreuung die Dissertation von Rolf Brendel über das
Schweizer Plakat (Brendel 1955) entstand. Kämpfer lieferte 1985 mit seiner
Forschungsquellen: Archive und Zeitschriften 85

Publikation ,Der rote Keil' die „erste systematische Untersuchung zum politi-
schen Plakat zwischen 1914 und 1945 und zu seinem Quellen wert für die po-
litisch-historische Kommunikation" (Umschlagtext). Von Seiten der Linguistik
kam die pragmatische Untersuchung Gerd Müllers über Wahlplakate der Wei-
marer Republik und der Bundesrepublik, welche die Objekte unter textuellen
Kriterien betrachtet.„Die Methode der Untersuchung soll gewährleisten, daß der
sprachliche Aspekt politischer Werbung nicht von anderen Faktoren der Kom-
munikationssituation isoliert wird" (Müller 1978, 1).
Wenig erforscht ist bislang die Geschichte des Filmplakats (vgl. Kamps
1997). Die gleichwohl zahlreichen Publikationen auf diesem Gebiet sind über-
wiegend nostalgischen Charakters. Eine 1995 in Zürich veranstaltete Ausstellung
(Beilenhoff/Heller 1995) lieferte dagegen im Katalograhmen wichtige Beiträge
zum expressionistischen Filmplakat, zum tschechischen und Schweizer Filmpla-
kat und zum Starplakat. Das Zirkus- und Artistenplakat wurde bisher fast aus-
schließlich als illustrative Beilage für die kulturhistorische Betrachtung der Arti-
sten- und Zirkusgeschichte verwendet. Detailliertere Untersuchungen zu Ikono-
graphie, Stil etc. stehen noch aus. Im akademischen - hier kunsthistorischen -
Bereich der 1970er, 1980er und 1990er Jahre erhielten z.B. eine Behandlung:
Die Motivgeschichte des deutschen Plakats zwischen 1900 und 1914 (Gagel
1971), das frühe politische Bildplakat 1848-1918 (Zeller 1988), die Imagebil-
dung im Automobilplakat 1900-1930 (Rimmler 1991), wobei die Autorinnen
überwiegend ikonographisch vorgingen. Alle drei Arbeiten dürfen als wichtige
Forschungsbeiträge zum jeweiligen Thema gelten. Dies gilt auch für die Unter-
suchung Halters (1992) zum französischen Warenplakat, welche die zeitgenössi-
sche Theorie einbezieht. Die Entstehung des Plakats unter rezeptionsästhetischen
Gesichtspunkten thematisiert eine Arbeit von Martin Henatsch (1994).

8.4. Forschungsquellen: Archive und Zeitschriften

8.4.1. Sammlungen

Ein wertvolles Standbein der historischen Plakatforschung sind natürlich die


Sammlungen. Deshalb seien hier einige Bemerkungen zum Sammlungswesen
eingefügt. Offenbar wurde das Plakat schon in den 1890er Jahren im Zusam-
menhang mit den ersten großen Plakatausstellungen in Hamburg und Berlin zum
künstlerischen Sammelobjekt aufgewertet. Es begann sich eine auch öffentliche
Bewegung zu bilden, die förderlich für die Anerkennung des Plakats war (vgl.
Henatsch 1995, 23).
Bei den meisten plakathistorisch-kunstgeschichtlichen Sammlungen liegt der
Schwerpunkt auf dem grafisch-künstlerischen Aspekt. Sie entstanden im Bemü-
hen um das künstlerisch anspruchsvolle Plakat und nicht um der .wertfreien'
historischen Dokumentation willen, eine Praxis, die vielerorts das augenfällige
86 Das Plakat als Forschungsgegenstand

Fehlen von trivialen Beispielen gerade aus der Frühzeit erklärt. Zwar hatten die
schon um 1900 Werbeplakate sammelnden Museumsdirektoren die kulturelle
Bedeutung der Plakatwerbung erkannt und sie somit auch als Zeitdokument für
wichtig erachtet, doch blieben die meisten Plakate immer noch an der Barriere
zwischen angewandter und freier Kunst hängen. Max Lehrs legte die Plakat-
sammlung für das Dresdner Kupferstichkabinett an, Friedrich Deneken sammelte
in Krefeld (Kaiser-Wilhelm-Museum), Gustav Pazaurek für das Landesgewerbe-
museum in Stuttgart, das im Zweiten Weltkrieg einen Totalverlust erlebte.
Erhalten blieben Bestände der Landesgewerbeanstalt, die in den Besitz der
Stuttgarter Staatsgalerie übergingen. Max Schmidt legte eine Plakatsammlung
für das Suermond-Museum in Aachen, Justus Brinckmann war in Hamburg am
Museum für Kunst und Gewerbe tätig (vgl. Döring 1994), Peter Jessen sammelte
in Berlin für die Bibliothek des Kunstgewerbemuseums, die heutige Kunstbiblio-
thek (vgl. Kühnel 1994). Zu nennen ist auch noch der Hagener Sammler, Mäzen
und Gründer der Folkwang-Sammlung, Karl-Ernst Osthaus, der ab 1909 im
Museum für Handel und Gewerbe Plakate präsentierte.
Während all diese Kollektionen jedoch als Vorbilder-Sammlungen mit öfters
internationalem Zuschnitt und eben rein künstlerischem Impetus gedacht waren,
sammelte der erste Direktor des Frankfurter Historischen Museums, Otto Cornili,
schon seit 1880 Plakate als Francofortensien, also unter regionalem Aspekt.
Letztere Vorgehensweise ermöglicht es heute, eher als in Kunst-Sammlungen,
„die Plakate gleichsam als Momentaufnahmen der großstädtischen Alltagswahr-
nehmung, als materielle Partikel der von Passanten belebten Straße zu werten,
in denen Gefühls- und Bewußseinsinhalte einer Großstadtbevölkerung konser-
viert sind, die, wie wir wissen, nur zum geringsten Teil aus Bildungsbürgern und
geschulten Ästheten bestand" (Schmidt-Linsenhoff, in: Plakate in Frankfurt, 15).
Ein bedeutender Faktor für die Verbreitung des künstlerischen Plakates in
Deutschland war der 1906 gegründete und 1921 aufgelöste .Verein der Plakat-
freunde e.V.'. Dessen Gründer und Vorsitzender, der Berliner Zahnarzt Hans
Sachs (1881-1974), hatte schon 1896 mit dem Sammeln von Plakaten begonnen.
Seine Kollektion wuchs im Laufe der Zeit zur damals umfassendsten privaten
Plakatsammlung der Welt heran und zählte im Jahre ihrer Beschlagnahme durch
die Gestapo 1938 ca. „12500 künstlerisch wertvolle Objekte und 18000 inter-
essante Stücke" (Sachs 1953/57, Wündrich 1979, 9 - 4 4 ) .
Ein Verzeichnis aus dem Jahre 1919 führt 360 sammelnde Mitglieder des
.Vereins der Plakatfreunde' nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch des
nahegelegenen Auslandes auf, zu denen private Einzelpersonen ebenso gehörten
wie Institutionen, beispielsweise das Gewerbemuseum in Basel und das Kunst-
gewerbemuseum in Zürich. Die Sammlungen umfaßten alle Bereiche ange-
wandter Grafik, also nicht nur Plakate. In dem genannten Verzeichnis gaben
einige Sammler ihre Spezialgebiete an. Sachs war es zu verdanken, daß die pri-
vate Sammeltätigkeit sich zu bedeutenderem Umfang entwickelte.
Forschungsquellen: Archive und Zeitschriften 87

1914 begann der Aufbau einer weiteren wichtigen privaten Sammlung. Fried-
rich Josef Maria Rehse (1870-1952) sammelte unter dem Eindruck des Ersten
Weltkriegs historisch bedeutsame Dokumente wie Plakate, Flugblätter, Bilder,
Zeischriften etc., so daß eine Weltkriegssammlung entstand, wie sie auch einige
Museen anlegten, z.B. das Historische Museum in Frankfurt. 1929 wurde die
Sammlung von der NSDAP erworden und gelangte nach dem Zweiten Weltkrieg
in die Library of Congress in Washington, wurde 1963 nach Deutschland zurück-
gegeben und befindet sich heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München.
Substantielle Einschnitte im Bestand brachten die Zerstörungen des Zweiten
Weltkrieges. Die Sammlung Sachs, die nach dem Zweiten Weltkrieg als ver-
schollen galt, befindet sich in Großteilen im ehemaligen Museum für Deutsche
Geschichte in Berlin, dem heutigen Deutschen Historischen Museum. Die
meisten Kollektionen setzen sich also hauptsächlich aus zufällig überlieferten
Altbeständen bzw. in öffentliches Eigentum übergegangenen Privatsammlungen
zusammen, die im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten erweitert werden,
wenn sie nicht z.B. durch Geschenke lebender Grafiker ständige Bereicherung
erfahren. Wündrich (1979, 60-77) führte 1979 350 öffentliche und private Ein-
richtungen in der Bundesrepublik Deutschland und dem deutschsprachigen
Ausland (außer der damaligen DDR) auf. Ein neuerer Überblick dieser Art ist
mir nicht bekannt.
Kunstsammlungen, die sich um das Plakat bemühen, sind z.B. diejenigen in
Cottbus, wo zu DDR-Zeiten ein bedeutender Fundus entstand; regelmäßige
Veröffentlichungen (Reihe ,Plakatedition') in Verbindung mit Ausstellungen
machen mit den Beständen bekannt. Das Hamburger Museum für Kunst und
Gewerbe, die Sammlung der Kunsthalle in Mannheim, die Neue Sammlung in
München, das Münchener Stadtmuseum, die Kunstbibliothek in Berlin (ca.
60000 Plakate) besitzen bedeutende Bestände. Für Österreich seien diejenigen
der Wiener Albertina, der Österreichischen Nationalbibliothek sowie der Wiener
Stadt- und Landesbibliothek erwähnt, in der Schweiz die Sammlungen der
Museen für Gestaltung in Zürich und Basel, die selbst wiederholt mit epochalen
Plakaten für die Eigenwerbung hervortraten. Über wichtige Filmplakatsammlun-
gen hierzulande verfügen etwa die Stiftung Deutsche Kinemathek in Berlin, das
Bundesarchiv/Filmarchiv in Berlin (teilweise Übernahme des ehemaligen Staat-
lichen Filmarchivs der DDR), das Deutsche Filmmuseum und das Deutsche In-
stitut für Filmkunde e.V., beide Frankfurt. Größere Anzahlen politischer Plakate
finden sich z.B. im Institut für Zeitungsforschung in Dortmund, im Bundes-
archiv, im genannten Bayerischen Hauptstaatsarchiv und im Deutschen Histori-
schen Museum. Auch die Deutsche Städtereklame in München verfügt über ein
großes Archiv. Zu erwähnen sind auch noch die reinen Plakatmuseen. Neben
dem 1970 gegründeten Deutschen Plakatmuseum in Essen - basierend auf der
Plakatsammlung der Folkwang-Schule - gibt es ein Plakatmuseum in Emmerich.
Aufarbeitungszustand und Sammlungsdokumentation der einzelnen Archive
88 Das Plakat als Forschungsgegenstand

differieren. Ständig wichtiger wird dabei aber die Erfassung via Computer:
Einige Sammlungen publizieren ihre Bestände bereits auf CD-ROM, so z.B. das
Deutsche Historische Museum in Berlin seine Plakate des Ersten Weltkriegs
oder, um ein Beispiel des nahen Auslandes anzuführen, die Österreichische
Nationalbibliothek in Wien ihre Filmplakate. Ein eigener Sektor ist schließlich
das private Sammeln von Plakaten, das regelrechten Marktgesetzen unterliegt.

8.4.2. Fachpresse

Auch die Plakatwelt hat ihre Fachzeitschriften. Sie stellen ebenfalls eine wichtige
Quelle für die historische Plakatforschung dar, zumal sie einerseits das Rezep-
tionsspektrum der Zeit erkennen lassen, zum anderen auch mitunter heute nicht
mehr vorhandene oder nur schwer zugängliche Plakate abbilden. Zunächst waren
es noch die Kunstzeitschriften, die, basierend auf dem allgemeinen Interesse an
den neuentstehenden Kunstgewerbeformen und in Verbindung mit den ersten
großen Plakatausstellungen und dem einsetzenden Sammlungswesen, ab den
1880er und 1890er Jahren ein regelrechtes Forum für reklame- und plakatbezoge-
ne Belange bildeten. Vor allem Titel wie ,Das Kunstgewerbeblatt' (1889
1916/17), .Kunst für alle' (1885-1943), .Kunstwart' (1887-1931/32), ,Pan'
(1895-1900), .Dekorative Kunst' (1897-1928/29), .Deutsche Kunst und Dekora-
tion'(1897-1937), .Jugend' (1896-1940) aber auch ,Ver Sacrum' (1898-1903),
erschienen in Wien, sind hier im deutschsprachigen Raum zu nennen. In England
war es ,The Studio' (ab 1893) in Frankreich ,Art et Decoration' (seit 1897).
Schon bald etablierten sich, wenn auch mitunter nur von kurzer Dauer, reine
plakat- und reklameorientierte Zeitschriften, die bereits nach werbefachlichen
Kriterien zusammengestellt waren. Die Grenzen sind hier allerdings fließend. Im
Rahmen dieser Publikationen kristallisierte sich dann auch der Berufszweig des
Werbejournalisten heraus. Die wichtigsten sind: .Die Reklame' (1891-1900), ,Die
Propaganda' (1897/98-1900, mit der Beilage ,Internationale Plakatgalerie'), .Mo-
derne Reklame' (1902/3), ,Zeitschrift für moderne Reklame' (1904), ,Das Plakat'
(1902 bis 1904). Weitere plakatbezogene Artikel erschienen dann in ,Die Re-
klame' (1909-19: Mitteilungen des Vereins deutscher Reklamefachleute e.V.,
1933-43: ,Deutsche Werbung') und ,Seidels Reklame' (1913-15; 1919-35,
1935-43: .Werben und Verkaufen'), aber auch in ,Die Anzeige' (1930-72) und
der .Zeitschrift für Handelswissenschaft und Handelpraxis' (1908/09-29). Ein
Periodikum .Der Plakatanschlag' existierte für kurze Zeit in den 1920er Jahren.
Für Frankreich sind hier v.a. .Art et décoration' (1897ff.) .L'estampe et
l'affiche' (1897-99), ,Les maîtres de l'affiche' (1896-1900), .Arts et metièrs
graphiques' (1927-39), ,La Publicité Moderne', ,La Publicité' oder ,Vendre'
(1923-72) erwähnenswert. Als englische Periodika müssen ,The Poster' (1898-
1900), ,The Poster and Art Collector' (1901), ,Art and Publicity' (1925), .Po-
sters and Publicity' (1926-29) und .Modern Publicity' (1930-84), .Commercial
Forschungsquellen: Archive und Zeitschriften 89

Art' (1926-31, ab 1932 als .Commercial Art and Industry', später ,Art and
Industry') genannt werden.
Die bedeutendste deutsche Plakatzeitschrift waren die .Mitteilungen des
Vereins der Reklamefreunde e.V.', gegründet 1910 - ab 1914 unter dem Titel
,Das Plakat' - und bis 1921 erschienen, denen der Forscher einen umfangrei-
chen Fundus zu allen möglichen Problemen des Plakats entnehmen kann. Da-
nach gab es lange Zeit kein ausschließlich diesem Medium gewidmetes künst-
lerisch orientiertes Periodikum in Deutschland, bis sich 1994 das vierteljährlich
erscheinende .Plakat-Journal' gründete, herausgegeben von Mitarbeitern des
renommierten Hannoveraner Auktionshauses Weigelt. Es wendet sich vor allem
an Sammler, Museen und Händler und enthält aktuelle Berichte, historische
Artikel zu Themen und einzelnen Künstlern, Buchbesprechungen sowie einen
Terminkalender mit Ausstellungen und Auktionen. Als Beilage enthält es seit
1995 die Mitteilungen des Deutschen Plakat-Forums e.V., das Informationsblatt
des Fördervereins des Deutschen Plakatmuseums in Essen.
Die .Gebrauchsgraphik', das Fachorgan des .Bundes deutscher Gebrauchs-
graphiker', die dem Plakat umfangreichen Raum gewährte und sich zunächst als
Nachfolgerin von .Das Plakat' sah, erschien zwischen 1924 und 1943. 1950
weitergeführt, firmiert sie ab 1972 als ,novum-Gebrauchsgraphik' mit dem
programmatischen Untertitel .Internationale Monatszeitschrift für Kommunika-
tionsdesign'. Die .Graphik' erschien von 1948 bis 1982. Eine wichtige interna-
tionale, in der Schweiz (neuerdings auch New York) mehrsprachig publizierte
Zeitschrift mit regelmäßigen Plakatbeiträgen ist .Graphis'. Sie gibt auch zu
verschiedenen Themen Jahresbände heraus, wie z.B. ,Graphis Posters'; man
erhält hier einen guten Überblick über die Entwicklung der aktuellen Plakat-
kunst. Zwischen 1948 und 1973 erschien noch das .International Poster Annual'.
Der Schwerpunkt liegt bei .novum' und .Graphis' inzwischen fast vollständig
auf den Design-Qualitäten - so auch bei .High Quality' (seit 1985) - , weniger
auf Wortbeiträgen denn auf Hochglanzabbildungen.
Als reine werbefachliche Publikation ist das ,Media-Plakat-Magazin' (seit
1984) zu nennen; ebenfalls über Plakatwerbung berichten die Marketing-Zeit-
schriften .Horizont' (seit 1983), .Werben und Verkaufen'(ab 1963), ,Der Mar-
kenartikel^ 1934-1944, ab 1950) und ,Die Absatz Wirtschaft'(seit 1953), die drei
letztgenannten aber insgesamt nur sporadisch, was auch für .Wirtschaft und Wer-
bung' (1947-63) galt. ,DSR-Plakatbeobachtung', ,GF-Plakatbeobachtung' und
.Plakat-Beobachter' waren bzw. sind von Marktforschungsinstituten herausgege-
bene Publikationen mit den jeweils aktuellen Marktanalysen auf der Basis quan-
titativer Datenerhebungen. In der ehemaligen DDR war es vor allem die Zeit-
schrift ,Neue Werbung', die ab 1954 regelmäßig über Plakate informierte, nach
der Wiedervereinigung jedoch nur noch kurze Zeit, bis 1991, existieren konnte.
Aufgrund des hohen Kunstwertes, den Plakate offenbar in der DDR genossen,
wurde das Thema auch in der Zeitschrift,Bildende Kunst' wiederholt behandelt.
9. Kurzer Abriß der allgemeinen Plakatgeschichte

Schon bevor sich das Plakat aus den bereits genannten Vorläufern zu einer
eigenständigen Spezies entwickelt hatte, begann sich eine Spaltung in die
Durchschnittswerbung und in die als künstlerisch anerkannte Plakatwerbung,
deren Geschichte wir heute gut zu kennen glauben, abzuzeichnen. In den 1860er
Jahren hatte der Umbruch vom Textplakat zum Bildplakat begonnen, insbeson-
dere durch die Werbung großer Warenhäuser in London und Paris. Bald in-
teressierten sich bildende Künstler zunehmend für die Lithographie. Verleger in
Paris ließen zur Zeitschriften- und Bücherwerbung die Illustrationen als Plakate
vergrößern (u.a. von Grandville, Gavarni). Honoré Daumier (1810-79) legte
1862 mit seinem Blatt für eine Kohlenhandlung ein illustriertes Plakat vor. Edu-
ard Manets auf Flächenwirkung orientierter Entwurf ,Le Chat' (1869) schließ-
lich gilt als Bindeglied zwischen der Buchseitenwerbung und der Entwicklung
des künstlerischen Plakats der folgenden Jahre. In der Regel herrschte jedoch
anfangs eine grobe naturalistische Umsetzung vor, der konkrete inhaltliche und
gestalterische Bezug zum Werbegegenstand fehlte oft. Beliebt waren die vielfäl-
tig verwendbaren Blankoplakate bzw. die sogenannten Blindentwürfe. In den
1870er und 1880er Jahren war das anonyme Plakat dominant, die Benutzung der
Lithographie wurde zwar technisch bewältigt, nicht aber künstlerisch.
Nach dem Vorangehen von Frederick Walker (1840-75, ,Woman in White',
1871) und William Harcourt Hooper (1834-1912) in London gilt Jules Cheret
(1836-1932) im Paris der 1870er und der 1880er Jahren als Begründer der Pla-
katkunst. Für die Entwicklung der Lithographie zum plakatgemäßen Ausdrucks-
mittel auch technisch von Bedeutung (vgl. 3.1.) - er hatte die englische Plakat-
werbung studiert - setzte er anstelle weitläufiger Darstellungen auf das We-
sentliche konzentrierte, die Fläche beherrschende, meist farbig und beschwingt
umgesetzte zeitgemäße Bildmotive. Wenig später begann der in Europa bekannt
werdende japanische Farbenholzschnitt mit flächigem Farbauftrag, starken
Konturen und Verzicht auf Perspektive, das künstlerische Plakat anzuregen. Die
weitgehende Verknappung des Ausdrucks im linearen Flächenstil findet man bei
den Porträt- und Cabaretplakaten von Henri de Toulouse-Lautrec (1864-1901).
Neben ihm war Theophile Alexandre Steinlen (1859-1923) der bedeutendste
Plakatkünstler, der in seinen Entwürfen in sozialkritischer Absicht Motive aus
dem Milieu des Proletariats verwendete. Weitere wichtige französische Plakat-
künstler waren der gebürtige Tscheche Alphonse Mucha (1860-1939, z.B.
Kurzer Abriß der allgemeinen Plakatgeschichte 91

,Gismonda', 1894), sodann Adolphe Willette, Eugene Grasset (1841-1917, z.B.


,Salon des Cents', 1894), der Schweizer Felix Valotton (1865-1925), Pierre
Bonnard (1867-1947), Georges de Feure (1868-1928) sowie Henri Gustave
Jossot (1866-?), die z.T. einen spezifischen Plakatstil mit fließenden, ornamen-
talen Linien und neuen Schriftformen schufen und somit den Art Nouveau im
Plakat kultivierten. Kurz nach 1900 war jedoch der Höhepunkt dieser Stilstufe
überschritten. Lediglich der in Paris lebende Italiener Lionetto Cappiello
(1875-1942, z.B. ,Le Frou-Frou', 1899) konnte seinen Rang bewahren. Der
Film begann, sich als dominanter Auftraggeber zu etablieren, in Frankreich war
es vor allem Adrien Barrère (1877-1931), der den Stil der europaweit mäch-
tigsten Filmfirma Pathé vor 1914 mit seinen karikaturenhaften Plakaten prägte.
Der Jugendstil fand im Plakat eines seiner bedeutendsten künstlerischen
Ausdrucksmittel und verhalf ihm gleich zu Anfang seiner Entwicklung in den
1890er Jahren in vielen Ländern vorübergehend zur Blüte. Mehrere Zeitschrif-
ten, Kunstkritiker und Wissenschaftler trugen zur Förderung der Plakatkunst bei.
1894 fand in London die erste bedeutende internationale Plakatausstellung statt,
auf der neben französischen auch englische Entwürfe vertreten waren, 1896 die
erste deutsche in Hamburg. Auch in England hatte man im Kunstgewerbe
begonnen, sich vom Historismus zu befreien. Bekannteste englische Plakatkünst-
ler waren seit Anfang der 1880er Jahre John Hassall (1869-1948) und Dudley
Hardy (1866-1922, z.B. ,A Gaiety Girl', 1895). Hervorragende Bedeutung
gewannen neben Arbeiten von Charles R.Macintosh (1868-1928, u.a. .Glasgow
School of Arts', 1895) vor allem die seit 1893 tätigen Brothers Beggarstaff
(James Pryde; 1869-1941 und William Nicholson, 1872-1904, z.B. ,Hamlet',
1894 oder .Harper's Magazine', 1895), die ihre Entwürfe unter weitgehendem
Verzicht auf Binnenzeichnung ganz aus der Farbläche heraus gestalteten und
besonders der Einbeziehung der Schrift in der Gesamtkomposition Aufmerksam-
keit widmeten. Aubrey Beardsleys (1872-98, .Avenue Theatre', 1894) unter
Einfluß des Buchumschlags und der japanischen Farbholzschnitte entstandenen
Arbeiten brachten am stärksten den Modern Style im englischen Plakat zum
Ausdruck. In Belgien waren es Henry Meunier (1873-1922), Victor Mignot
(1872-1944), Armand Rassenfosse (1862-1934), Emile Berchmans (1867-
1947), Henri Cassiere (1958-1944) und vor allem Privat Livemont (1861- 1936,
,La Reforme', 1897) u.a.; in Holland Jan Toorop (1858 1928, ,De Delftsche
Slaolie', 1895), Jan Thorn-Prikker (1868-1932); im ehemaligen Österreich-
Ungarn Emil Orlik (1870-1932), Koloman Moser (1869-1918), Alfred Roller
(1864-1935) mit Plakaten für die Wiener Secession u.a., Geza Faragó
(1877-1928, .Törley', 1906); in Italien Adolfo Hohenstein (1854-1928, u.a.
,Corriere della sera', 1898, .Tosca', 1899, ,Bitter Campari' 1900), Marcello
Dudovich (1878-1962), Giovanni Maialoni (1869-1944; z.B. ,Bec Auer',
1895), Leopoldo Metlicovitz (1868-1944) u.a.; in der Schweiz sind Burkhard
Mangold (1873 1951), Otto Baumberger (1889-1961), der dann zwischen den
92 Kurzer Abriß der allgemeinen Plakatgeschichte

Kriegen zum bedeutendsten Schweizer Plakatkünstler werden sollte, Emil Car-


dinaux (1877-1936), Ferdinand Hodler (1853-1918) u.a. zu nennen. In den
USA, wo man das Plakat schon sehr früh für die Geschäftswelt entdeckt hatte,
erlangten Louis John Rhead (1857-1926, z.B. .Victor Bycicles', 1895), Edward
Penfield (1866-1926, .Collier's and Harper's Magazine', 1897), William
H.Bradley (1866-1962, ,The Chap Book Thanksgiving Number', 1896), Willi-
am A.Carqueville (1871-1946; ,Lippincott's', 1895), u.a. mit ihrer Zeitschrif-
tenwerbung, internationale Bedeutung. Um 1900 entwickelte sich das Plakat
auch in der tschechischen und polnischen Kunst, desgleichen in Skandinavien.
Für Deutschland weist Sponsel (1897, 230) ausdrücklich darauf hin, daß es
im Unterschied zu Frankreich, England und den USA hier weniger üblich sei,
Straßenreklame zu betreiben, allenfalls für Ausstellungen, Zirkus und Varie-
téveranstaltungen. Eine größere Rolle spielten Innenplakate, während noch bis
Ende der 1880er Jahre Schriftplakate das Straßenbild beherrschten. Seit 1894/95
kam dann das künstlerische Plakat zur Geltung mit Arbeiten von Franz von
Stuck (1863 1928, z.B. .Hygiene-Austeilung Dresden 1911'), Ludwig Sütterlin
(1857-1917), Otto Fischer (1870-1947), Johann Vincenz Cissarz (1873-1942),
Josef Sattler (1867-1931), Emil Rudolf Weiss (1875-1942), Hans Unger (1872
1936) und erreichte mit den um die Zeitschriften J u g e n d ' und ,Simplicissimus'
wirkenden Thomas Theodor Heine (1867-1948), Olaf Gulbransson (1873—
1958), Bruno Paul (1874-1968), Emil Preetorius (1883-1973) u.a. einen ersten
Höhepunkt. Wichtige Beiträge lieferten, von der Schriftkunst herkommend, Otto
Eckmann (1865-1902), Friedrich Wilhelm Kleukens (1878-1956), Fritz Helmut
Ehmke (1878-1965). Das deutsche Plakat konnte seine europäische Geltung bis
1914 behaupten. Hervorragende Künstler waren kurz nach 1900 u.a. in Berlin
Lucian Bernhard (1883-1972, .Stiller', 1907, ,Manoli', 1910), der mit seiner
Reduzierung der Bildelemente auf die grafisch vereinfachte Produktabbildung
und den Firmenschriftzug als Schöpfer des Sachplakats gilt, sowie O. W. H. Ha-
dank (1889-1968). Julius Klinger (1876-1942), Edmund Edel (1863-1933),
Paul Scheurich (1883-1945), Julius Gipkens (1883-?), Hans Rudi Erdt
(1881-1920) sind weitere Vertreter des Berliner Stils, die auch mit humoristi-
schen Plakaten von sich reden machten. Mit Ludwig Kainer (1885-1967) oder
Ernst Deutsch (1882-1938) wurde die elegante Zeichnung im Plakat kultiviert.
In München erlangte Ludwig Hohlwein (1874-1949) mit seinen technisch
perfekten Arbeiten für Prestigewerbung Geltung.

Sind dies die künstlerischen Spitzen der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg, so
stand ihnen eine Überzahl von Plakaten gegenüber, die für Abnormitäten- und
Völkerschauen, für Nationalfeste und Ballonfahrten, für Orte der Schaulust und
der Wissensvermittllung wie Panoptikum, Panorama und Zirkus, auch das noch
neue Kino und andere Freizeitkulturen jener Jahre warben, und dabei, wie auch
später, keinesfalls den heute als epochal geltenden Stilrichtungen folgten. Sie
entstanden vielmehr noch lange entweder im altmodischen, historisierenden
Kurzer Abriß der allgemeinen Plakatgeschichte 93

„Diplomstil" der Jahre vor 1880 oder in einem bunt-naiven, schabloniert wirken-
den Figuren-Duktus wie etwa diejenigen der Firma Friedländer, deren Plakate
von einem farbenprächtigen, etwas groben Realismus geprägt waren, aber heute
wertvolle Dokumente der Schausteller- und Zirkusgeschichte der Zeit von 1872
bis 1935 sind. Gleichfalls kamen viele Plakate als überladene Drucke mit natu-
ralistischer Gestaltungstendenz daher, widersprachen also ebenfalls der von einer
ästhetisch geprägten Theorie und den Plakatzirkeln ihrer Zeit geforderten forma-
len Ausrichtung. Auch gilt dies noch lange für die Geschäftswerbung der Pro-
vinz. Haushaltswaren- und Nahrungsmittelhersteller warben bis weit über die
Jahrhunderwende mit Chromolithographien in konventioneller minutiöser,
„lebensechter" Zeichenmanier bzw. einem naturalistischen Ölgemälden mög-
lichst nahekommenden Bildstil. Gerade auch die massenhaft auftretenden Film-
plakate in „englischer Manier" wurden durch kruden Naturalismus bestimmt.
Die nationalistische Propaganda im Ersten Weltkrieg bedeutete für das
künstlerische Plakat einen Verfall, das politische Plakat jedoch erlebte einen
Aufschwung. Eine wesentliche Bedeutung erhielten Plakate während der russi-
schen Oktoberrevolution, beim Aufbau und in der Politik der Sowjetunion v. a.
durch Wladimir Majakowskij (1893-1930), Alexander Apsit (1880-1944), Iwan
Maljutin (1983-1935), Dimitri Moor (1898-1946). Von den während der
Räterepublik in Ungarn entstandenen Plakaten sind vor allem diejenigen von
Mihály Biró (1886-1948), Robert Berény (1887-1953) oder Béla Uitz zu
nennen.
Durch einige Arbeiten freier Künstler, wie den Plakaten von Ernst Ludwig
Kirchner (1880-1938), Erich Heckel (1883 1970), Max Pechstein (1889 1955)
u.a. für die ,Brücke' und die ,Neue Secession' oder Oskar Kokoschka (1886
1980) in Wien bereits um 1910 vorgeprägt, gelangte der Expressionismus in der
frühen Nachkriegszeit auch im Plakat stärker zum Ausdruck, so etwa mit César
Klein (1876-1954) oder Heinz Fuchs (1889-1961), bzw. im Filmplakat durch
Josef Fenneker (1893-1956).
In den weiteren zwanziger Jahren wurde das Plakat für die Avantgarden zum
zentralen künstlerischen Anliegen. Alexander Rodtschenko (1891-1956) und
Gustav Klucis (1895-1944) wurden während der 1920er Jahre zu Hauptvertre-
tern der Montage im sowjetischen Plakat, El Lissitzky (1890-1941, ,Schlagt die
Roten mit dem weißen Keil', 1919) und andere erfanden den Konstruktivismus
mit. Schließlich wurden die Brüder Wladimir (1899-1982) und Georg Stenberg
(1900-33) für das sowjetische Filmplakat von Bedeutung. Anregungen des
Kubismus und Futurismus bzw. die funktionalistischen Auffassungen führten zu
einem entweder dynamisch oder sachlich konstruktiven, auf klare Flächengliede-
rung und auf die Erzielung signalhaft-assoziativer Wirkungen orientierten
Plakatstil, der besonders die Photographie einschloß, eine sachlich-unverschnör-
kelte Typographie und die Montagetechnik. Hervorragende, die Entwicklung be-
stimmende Vertreter dieser unterschiedlichen Gestaltungen waren in Frankreich
94 Kurzer Abriß der allgemeinen Plakatgeschichte

A.M.Cassandre (1901-66, z.B. .Etoile du Nord', 1927) und Jean Carlu (geb.
1900), in deren Stil sich kubistische Tendenzen spiegelten; in Deutschland
wirkten Jan Tschichold (1902-74, Kinoplakate 1927: ,Die Hose', ,Der General',
.Laster der Menschheit'), Herbert Bayer (1900-85; Kandinsky-Ausstellung,
1926), Max Burchartz (1887-1961), Walter Dexel (1890-1973), Willy Baumei-
ster (1889-1955); in Holland u.a. Hendrik Nicholaas Werkman (1882-1945)
und Piet Zwart (1885-1977, Werbung für die Niederländische Post). In Deut-
schland wurde u.a. von Kurt Schwitters (1887-1948) und Tschichold der .ring
neue werbegestalter' gegründet, um die Ideen der Neuen Typographie und des
Konstruktivismus zu verbreiten. John Heartfied (1891-1968, .Fünf Finger hat
die Hand', 1927), machte sich auf dem Gebiet der polischen Satire als einer der
Schöpfer des politischen Fotomontageplakats einen Namen.
Neben neuen Gestaltungskriterien lebten Traditionen der Vorkriegszeiten in
Varianten von Fin-de-Siècle-Formen, z.B. Walter Schnackenberg (1881-1961,
,Bonbonniere & Eremitage', 1920) weiter. Neue dekorative Formen begannen
sich auszubreiten. Besonders vielfältig erschienen Art-Deco-Prinzipien in fran-
zösischen Plakaten. Seit den 1920er Jahren schuf dort Charles Loupot (1892-
1962, ,Le Café Martin', 1929) Plakate in diesem Stil, ebenso Paul Colin
(1892-1985). In England arbeitete der Amerikaner MacKnight-Kauffer
(1890-1954) in einem kubistisch-konstruktiven Maschinenstil.
Eine gewisse Kontinuität wies seit den 1920er Jahren das Plakatschaffen in
der Schweiz auf. Max Bill (1908-94), Ernst Keller (1891-1968), Donald Brun,
Hans Falk (geb. 1918), Hans Erni (geb. 1909), Herbert Leupin (geb. 1916),
Henri Steiner (geb. 1905), Nicolaus Stoecklin (1896-1982) sind die wichtigsten
Namen. Walter Herdeg (geb. 1908) und Herbert Matter (1907-84) stehen für
touristische Fotoplakate. Im Deutschland der 1930er Jahre nutzten die National-
sozialisten das Plakat gezielt zu politischen und gesellschaftlichen Propaganda-
zwecken (Führerkult, Antisemitismus), u.a. Arbeiten von Mjölnir (d.i. Hans
Schweizer, 1901-80), wobei es künstlerisch in seiner Verbindung neoklassizisti-
scher und realistischer Darstellungsweisen weitestgehend bedeutungslos wurde.
Während des 2. Weltkriegs diente das Plakat den Mächten der Anti-Hitler-Koali-
tion zum Aufruf gegen den Faschismus und Nationalsozialismus, wie es bereits
früher in Spanien gegen das Franco-Regime eingesetzt worden war. In Deutsch-
land wurde vor allem Propaganda gegen den Bolschewismus betrieben.
Signifikant in den Gestaltungstendenzen nach dem Zweiten Weltkrieg wurde
ein internationaler Stil, auch Schweizer Stil genannt, etwa mit Josef Müller-
Brockmann (1914-95, .Weniger Lärm', 1960), der Elemente der klassischen
Moderne verwendete. Im Frankreich der 1950er Jahre war Raymond Savignac
(geb. 1907) mit karikaturistischen Motiven von Bedeutung. England leistete ua.
seinen Betrag mit den Filmplakaten für die Ealing-Studios. Große internationale
Beachtung fand die eigenständige Entwicklung der polnischen Plakate seit den
1950er Jahren vor allem für Theater und Film, deren Renommée sich u.a. mit
Kurzer Abriß der allgemeinen Plakatgeschichte 95

Namen wie Tadeusz Trepkowski (1904-54), Henryk Tomaszewski (geb. 1914),


Jan Lenica (geb. 1928, ,Wozzeck', 1964, zahlreiche Filmplakate), Roman
Cieslewisz (1930-96, zahlreiche Filmplakate, später Plakate für das Pariser
Centre Pompidou), Waldemar Swierzy (geb. 1931) verbindet, wo ein eigenes,
mit surrealistischen Elementen versetztes Gepräge herrscht. Ungarn und die
Tschechoslowakei schlossen sich an. In der ehemaligen DDR muß v. a. auf Bert
Heller (1912-70), Klaus Wittkugel (1910-85), Werner Klemke (1917-94),
Rudolf Griittner (geb. 1933), Erhard Grüttner (geb. 1938), Rolf Felix Müller
(geb. 1932) und Heinz Handschick (geb. 1931) hingewiesen werden. Hans Hill-
man (geb. 1925), Günter Rambow (geb. 1938), Hans Michel (geb. 1920), Günter
Kieser (geb. 1930), die z. B. die Fotomontage, Grafik in surrealististischer Form
verwenden, u. a. für Jazz- und Pop-Plakate, Film- und Theaterplakate, stehen für
die kulturell engagagierte bundesdeutsche Plakatproduktion der 1950er, 1960er
Jahre bis heute. Das Gros der Plakate hierzulande war noch lange in grober
Skizzenmanier oder naturalistischer Figurendarstellung gehalten bzw. durch kon-
ventionell-humoristische Exemplare bestimmt, welche Stilformen der Vorkriegs-
zeit weiterführten. Die qualitätvolleren Plakate der Durchschnittswerbung
zeigten elegante figürliche Abstraktionen, mitunter basierend auf französischen
Errungenschaften der 1930er Jahre. In den USA sind Milton Glaser (geb. 1929),
Seymour Chwast (geb. 1931) und Saul Bass (1920-96, Filmplakate u.a. ,One
two three', 1961, ,The Cardinal', 1963) mit auf Chiffren reduzierten und einigen
mitunter cartoonartig gestalteten Arbeiten von Bedeutung.
Nicht unwesentliche Impulse erhielt das Plakat durch die Poster-Bewegung
der 1960er und 1970er Jahre, wodurch ein eigener Plakatmarkt mit Neuauflagen
u.a. von dekorativen Jugenstilplakaten sowie Plakaten der Hippie- und Anti-
kriegsbewegung in den 1960er Jahren entstand, die Einflüsse psychedelischer
Erfahrungen verarbeiteten. Rock- und Popstars, aber auch politische Idole wie
Che Guevara bildeten die Motive. Dabei gelangten Elemente aus Op-Art und
Pop-Art in die Plakatkunst, wofür Robert Indiana (geb. 1928), Niki de Saint
Phalle (geb. 1930), David Hockney (geb. 1937) oder Andy Warhol (1928-87),
die selbst in ihren anderen Arbeiten massenkulturelle Formen aufgriffen, Bei-
spiele sind. In dieser Zeit erregte auch Kuba internationales Aufsehen mit
politischen Arbeiten und Filmplakaten.
In den 1980er Jahren wurde der Amerikaner Keith Haring (1958-90) durch
im Graffiti-Stil gehaltene Arbeiten weltweit bekannt. Der Schweizer Nikiaus
Troxler (geb. 1947) erreichte mit seinen Jazzplakaten Aufmerksamkeit. In
Frankreich trat bis 1991 die Gruppe Grapus, die schon 1968 während der Pariser
Studentenunruhen mit Plakaten, auch gegen den Vietnamkrieg, protestierte,
hervor. Neu auf den internationalen Plakatmarkt gelangte seit den 1970er Jahren
Japan mit Shigeo Fukuda (geb. 1932), Eiko Ishioka, Tadanori Yokoo (geb.
1936), Koichi Sato (geb. 1952), nach Vorläufern wie Yusaku Kamekura (geb.
1915, Olympiade Tokyo 1964), bei denen z.T. tradionelle japanische Bildmuster
96 Kurzer Abriß der allgemeinen Plakatgeschichte

mit westlichen Elementen (Pop-Art, Warenästhetik) vermischt werden, teilweise


aber ganz verschwinden.
Die Produktwerbung befindet sich heute überwiegend in den Händen großer
Werbeagenturen, die zumeist mit der Fotografie arbeiten, wohingegen das
Kulturplakat auch in Deutschland nach wie vor einzelnen namhafen Grafikern
vorbehalten bleibt, wie z.B. Holger Matthies (geb. 1940) oder Uwe Loesch
(geb. 1943) mit ihren Theaterplakaten. Globales Aufsehen erregte Oliviero
Toscani (geb. 1942) mit seiner Benetton-Kampage (1984ff.). Der Plakatgestal-
tung steht - immer noch ganz im Zeichen der Postmoderne - die reiche Palette
der bisherigen Gestaltungsmittel zur Verfügung, derer sie sich großzügig bedient
und die sie durch neuartige Technologien wie Computer-Bilder, Laser-Druck
etc. zu erweitern sucht.
10. Schlußbemerkungen

Das Plakat als zweckgebundenes grafisches Kommunikationsmedium wird einer-


seits durch zahlreiche Faktoren (Auftraggeber, individueller Zweck, Format,
äußere Bedingungen) determiniert, ist anderseits aber auch extrem vielfältig in
seinen Erscheinungen. Immer Ausdruck des Zeitgeistes, ein Abbild von Denk-
weisen, des Zeitgeschmacks, der Vorstellungen seiner Auftraggeber, lebt es von
projizierten Wünschen, Träumen und Ansprüchen und spiegelt sie wider. All-
gemein verbindliche Gestaltungsmittel gibt es nicht, denn grundsätzlich ist jedes
Mittel recht, um Aufmerksamkeit zu erregen. Um in der Erinnerung des Be-
trachters hängen zu bleiben und zwischen ihm und einem Thema oder einer
Ware eine neue Beziehung herzustellen, muß sich das Plakat jedoch an gewisse
Grundgesetze halten. Wenn es lesbar ist, wird seine Botschaft verständlich. Und
es kann besonders dann Interesse wecken, wenn es innovativ ist und in seiner
Aussage etwas Neues, bisher Unbekanntes enthält. Seine Aussage kann dadurch
maximal wirksam sein, daß sie mit einem Minimum an gestalterischen Mitteln
verdichtet wurde. Das Plakat muß großzügig angelegt und so gestaltet sein, daß
es auch auf große Distanz hin wirkt. Auf Nahdistanz soll es seine Impulse durch
leichte Erkennbarkeit und die Summe der Details vermitteln. Plakate, die ein-
fach, übersichtlich und einprägsam gestaltet und auf schnell verstehbare Elemen-
te reduziert wurden, können wie Signale sein, die auch bei zunehmender Ent-
fernung eindeutig wahrzunehmen und zu identifizieren sind.
Allen technischen und werbestrategischen Veränderungen zum Trotz scheint
das weitere Bestehen des Plakats im Media-Mix gesichert zu sein. „Weder
Zeitungen, Radio, Television noch Teletext vermochten" dieses Werbemedium
„im Verlauf seiner Geschichte zu verdrängen - noch wird dies Internet/Multime-
dia gelingen" (APG 1996, 54). Man wird vielmehr auf ein Miteinander ange-
wiesen sein. Müller-Brockmanns Feststellung (1971, 10), längst sei das Plakat
„zu einem umweltgestaltenden Element geworden", gilt derzeit um so mehr,
wenn auch seine künstlerisch-grafische Qualität kaum ein Thema zu sein
scheint, allenfalls noch in ihrer historischen Dimension oder in der Form des
Kulturplakats, bei elitären Wettbewerben und auf Plakatausstellungen.
Ein Problem der gesamten Werbung, und somit auch des Plakats, bleibt
offenbar schwer zu lösen. Während einerseits aufgrund zunehmenden Konkur-
renzkampfes die Frequenz der ausgesandten Werbebotschaften ständig steigt,
bleiben andererseits Medienkonsum und biologische Aufnahmekapazität des
98 Schlußbemerkungen

Menschen nahezu konstant. Infolge dieser diskrepanten Entwicklung kommt es


zu einer steigenden Reiz- und Informationsüberlastung, verbunden mit Abstump-
fungseffekten gegenüber der Werbung, ein allerdings auch schon früher häufig
beklagtes Phänomen (vgl. Karsten 1933). Die Abnahme der Wahrnehmungs-
möglichkeit läßt die Erinnerung an eine bestimmte Werbung fortwährend
schneller verblassen. Die Werbebranche versucht deshalb, die Aufmerksam-
keitswirkung ständig zu erhöhen. Ob dies jedoch unbedingt dazu führen muß,
daß die Bildinhalte immer weiter auf Schock- und Nervenkitzeleffekte aus-
gerichtet, Erlebnisprofile in immer irrealer werdenden Scheinwelten angesiedelt
werden müssen, das Plakat sich also Bildern der Video-Clip-Ästhetik zu bedie-
nen hat, sei dahingestellt. Andererseits darf das Plakat keineswegs den Anschluß
an neue Ausdrucksmittel verlieren. Es muß hier weiterhin seinen probaten Weg
zwischen der Existenz als von hochkarätigen Design-Zeitschriften protegiertes
Design-Objekt auf der einen Seite und der fantasielosen Imitation schnell
abgenutzter Gebrauchsmuster andererseits gehen. Hierin vielleicht liegt die
Chance, seinen Platz zu behaupten und auszubauen. Gerade das aber verlangt
stärker denn je die immer wieder erneute Reflexion seiner Formen, Inhalte, Auf-
gaben und kommunikativen Möglichkeiten.
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