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Zur Diskussion zaenmagazin

Chronisches Müdigkeitssyndrom
und Burnout
Nur die zusätzliche Berücksichtigung der Molekular-
biologie ermöglicht eine effektive Prävention und
verantwortliche Therapie
Wolfram Kersten

Einstufung, Diagnostik und Therapie dieser beiden, ohnehin schwer fassbaren Erkrankungen ist von unzureichen-
der Diagnostik, mangelnder Kenntnis molekularbiologischer Abläufe und fehlender Auseinandersetzung mit den
molekularbiologischen Folgen chronischer Stressbelastungen und Überforderungen gekennzeichnet . Wo die
Standarddiagnostik versagt , kann vermeintlich nur noch der Psychiater helfen. Eingefahrene Denkmuster,
mangelndes Interesse , sowie ökonomische und machtpolitische Faktoren verhindern die schon längst mögliche,
differenzierte Diagnostik und gezielte, eben ganzheitliche Therapie. Es ist Zeit, andere Wege zu beschreiten.

Oberste Maxime: PROFIT – rum verwundert es nicht, dass auch die Anzahl der sogenannten
Burnout-Syndrome und der differenzialdiagnostisch teilweise
die Unmenschlichkeit der schwer abzugrenzenden, chronischen Erschöpfungssyndrome
Leistungsgesellschaft (CFS) ebenfalls zunimmt und Anlass zu breiter Diskussion und
Berichterstattung in den Medien der letzten Monate war.
Die teilweise explosive Zunahme Chronischer Zivilisationser- Man schätzt in der Bundesrepublik etwa 1,5 Millionen Er-
krankungen ist Fakt. Eine Ursachendiskussion wird nicht geführt krankte mit chronischem Müdigkeitssyndrom, in den USA sind es
bzw. gezielt unterlassen. Eine Verdopplung der Diabetikerzahlen etwa 7-11 Millionen. Das Burnout-Syndrom betreffen inzwischen
innerhalb von 10 Jahren, eine weitere Zunahme von Herzkreis- 10 % jener Menschen, die in den typisch helfenden Berufen, in
lauf- und Gefäßerkrankungen, die prognostische Vervierfachung denen es bevorzugt auftritt, tätig sind. 20-30 % von ihnen wer-
der Alzheimer-Syndrome, die Verdopplung der Parkinsonsyndro- den als gefährdet betrachtet. Vor dem Hintergrund der Finanz­
me und die dramatische Zunahme von Krebserkrankungen, die krise, zunehmender wirtschaftlicher Existenzängste und steigen-
im Jahre 2050 Todesursache Nr. 1 in den leistungs- und profitori- der Arbeitslosigkeit findet sich das Burnout-Syndrom aber immer
entieren Industrienationen sein werden, sollten schon längst An- mehr auch bei Selbstständigen, beruflich engagierten Müttern
lass zum Nachdenken über die eigentlichen Hintergründe dieser und all jenen, die eine perfektionistische Persönlichkeitsstruktur
Entwicklung sein. aufweisen.
In einer globalisierten Welt mit erhöhtem Konkurrenzdruck Der Psychologe Frank H. Berndt hat in seiner kleinen Bro-
[55, 56], der zunehmenden Technisierung der Arbeit, Digitalisie- schüre „30-Minuten gegen Burnout“ [5] sowohl die Risikogrup-
rung der Information und stets steigenden Anforderungen bei pen unter den Führungskräften, die unter dem Zwang zum
gleichzeitig völlig unzureichender Beachtung ökologischer Fak- Erfolg enormen wirtschaftlichen Druck, hoher Rivalität und der
toren, einer nur an Verkaufszahlen orientierten Lebensmittelin- Abhängigkeit von kompetenten Mitarbeitern stehen, diskutiert,
dustrie, einer nur auf Wahlerfolge ausgerichteten Politikerklasse wie auch die Notwendigkeit zu hohem Engagement bei gleich-
und einer angesichts dieser globalen Herausforderung weitge- zeitig mangelnden Ressourcen, chronischer Überforderung und
hend versagenden, primär ökonomisch orientierten Medizin und unzureichenden Erfolgsaussichten in sozialen Berufen, hervorge-
Forschung, ist diese Entwicklung alles andere als erstaunlich. Da- hoben.
Die dramatische Zunahme stressbedingter Erkrankungen
hat die Klinikmanager und Wissenschaftler Joachim Galuska, Tho-
Autor mas Loew und Johannes Vogler zu einem „Burnout-Alarm“, abge-
druckt im Focus 23/2010, Seite 142–144, veranlasst, dem sich 16
Dr. med. Wolfram Kersten weitere leitende Ärzte Psychosomatischer Kliniken angeschlos-
Panzerleite 82
sen haben. Sie zeigen die katastrophalen ökonomischen Schä-
96049 Bamberg
Tel.: 0951 / 297 4791 den dieser Entwicklung auf und fordern mit Fug und Recht eine
Fax: 0951 / 302 7317 breite gesellschaftliche Diskussion dieser „erschreckenden“ Ent-
praxis.dr.kersten@t-online.de wicklung. Sie weisen darauf hin, dass bei 32 % aller Männer und
www.dr-kersten.com 44 % aller Frauen der „Seeleninfarkt“ Grund für vorzeitigen Ru-
hestand ist. Folgerichtig klagen sie die hauptsächlich „materielle

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zaenmagazin Zur Diskussion

und an äußeren Werten“ orientierte Zielsetzung der Gesellschaft hinterlässt, dann kann gerade wegen der deletären Folgen einer
an , deren Missachtung des Subjektiven, der inneren Werte und solchen Haltung, das bisher übliche Procedere im Umgang mit
der Sinnverbundenheit sie hervorheben. Menschen, die an Burnout-Syndrom oder CF-Syndrom erkrankt
Unter www.psychosoziale-lage.de haben sie eine Initiative sind, nicht mehr hingenommen werden.
zur Diskussion dieser essentiellen Themen gestartet. Ihre Forde- Beide Erkrankungen scheinen zunächst völlig unterschied­
rung, den Mensch nicht mehr nur als „Patient“ anzusehen, son- liche Auslösefaktoren und Ursachen aufzuweisen, sind aber
dern sein „Menschsein an sich in den Vordergrund zu rücken“, in ­ihrer Ausprägung mit der im Vordergrund stehenden Er-
kann nur unterstützt werden, ist aber angesichts der gesund- schöpfung und Ermüdung sehr ähnlich und manchmal kaum
heitspolitischen „Reformen“, die in einer gezielten Vernichtung auseinander zu halten. Völlig zu Unrecht wird das chronische
der Freien Ärzteschaft gipfeln, deren Hintergrund rein ökonomi- Müdigkeitssyndrom, nach Ausschluss einer andersartigen Sys­
sche, aber auch machtpolitische Überlegungen sind, leider als tem­erkrankung, als psychosomatisches Syndrom hingestellt,
fast illusionär zu bezeichnen. denn es gibt inzwischen eine Vielzahl von Arbeiten, die belegen,
Üblicherweise werden Patienten mit sogenanntem Burn- dass im Vordergrund der Entwicklung solcher Multisystemer-
out-Syndrom, dass genauso wie CFS diagnostisch nicht ein- krankungen eine schwere mitochondriale Dysfunktion, wieder-
deutig festgelegt und charakterisiert werden kann, mangels um durch unterschiedliche Kausalfaktoren ausgelöst, steht.
unzureichender Kenntnisse der molekularbiologischen Folgen Überraschenderweise finden sich aber auch beim Burnout-
chronischer Stressbelastungen jeglicher Art zum Psychiater oder Syndrom, einer Erkrankung, die in der Konsequenz von absoluter
Psychotherapeuten überwiesen, dort, wie üblich, mit sympto- und relativer Überforderung des Einzelnen, vor dem Hintergrund
morientierten Psychopharmaka versorgt oder in Psychosomati- spezifischer Persönlichkeitsmerkmale zu verstehen ist, nahezu
sche Kliniken geschickt. identische, molekularbiologische Pathomechanismen.
Es wird nicht bestritten, dass geistig-seelische Faktoren ein
nicht unwesentlicher Faktor bei der Entwicklung dieser Erkran-
kungen, die aber stets eine multifaktorielle Genese haben, sein Auslöser von CFS
können.
Genetische, soziokulturelle, allgemeingesellschaftliche und Virale, bakterielle und parasitäre Infektionen (80 %) [25]
inzwischen auch globale Faktoren – die Reaktion auf die Fuku- Physische Traumata, besonders im Bereich des Halses
shima-Katastrophe macht dies überdeutlich – müssen mit ein- (Schleudertrauma) und Kopfes [128].
kalkuliert werden. Schwere psychische Traumatisierungen (Golf War Syndro-
Orthodox operierende Mediziner haben große Probleme in me) [64, 1 (S. 149-171), 84]
der Einstufung dieser beiden Erkrankungsformen, sprechen mit Toxische Belastung mit diversen Umweltgiften und Che-
Recht von der nötigen Ausschlussdiagnostik und erkennen viel mikalien (Insektizide, Pestizide, Lösemittel, Schwermetalle ,
zu wenig an, dass mit einer üblichen 3-Minuten Anamnese und Farbstoffe und Konservierungsmittel etc.) [1, 105]
dem sogenannten Standardlabor so gut wie nichts zu klären ist. Chronische Überforderung kombiniert mit sek. Immuninsuf-
Gerade eine ausführliche Anamnese, für die 1 Stunde kaum fizienz [74]
ausreichend ist, eine gründliche körperliche und technische Un-
tersuchung (Sonographie, EKG, Belastungs-EKG, Heart Rate Vari- Dabei finden sich sehr häufig serologische Hinweise auf durch-
ability, u.v.m.) und vor allem eine weit tiefergehende komplexe gemachte oder auch persistierende EBV-Virusinfektionen oder
Labordiagnostik sind es, die uns einen tieferen Zugang und ein Infektionen mit Coxsackievirus, HHV-Virus, Varizella-Zoster-Virus
eigentliches Verständnis dieser komplexen und so individuell und immer häufiger auch eine Chronische Borreliose, die sich
ausgeprägten Krankheitssymptomatik ermöglichen. Dabei sind bei zweifelhafter Serologie – die Problematik dieser schwierigen
sowohl Neurotransmitter [42], die neuroendokrine Achse [31, 32, Diagnostik ist bekannt – auch dunkelfeldmikroskopisch verifizie-
33, 84], Oxidativer [37, 47] und Nitrosativer Stress, Katecholami- ren lässt.
ne [46, 49, 50, 70], der Mineralstoff- und Spurenelementhaushalt, Bei jedem dieser Patienten muss nach HWS- oder Kopftrau-
der Fettsäurestatus [26], Aminosäurestatus, die Proinflamma­ mata gefahndet werden, die in der Folge zu einer instabilen HWS
to­rischen Cytokine [41, 44, 51] und vieles mehr deswegen von mit globalen körperlichen Folgesymptomen führen können. Hier
Bedeutung, weil die molekularbiologischen Vorgänge auf eine ist eine gezielte Diagnostik mittels Röntgenaufnahmen nach
Weise vernetzt sind, die bisher viel zu wenig bekannt ist [1 (S. Sandberg, einem Upright-MRT, sowie Neurootologischen und
27-48)]. Vor allem die Tatsache der Entwicklung sogenannter Augenärztlichen Provokationstesten sehr wichtig [128].
„biochemischer Teufelskreise“ macht es aus meiner Sicht zwin- Die Untersuchung von genetischen Enzympolymorphis-
gend erforderlich, den bisher nur einseitig psychosomatischen men, Umweltgiften, Schwermetallbelastungen etc. muss genau-
Blickwinkel in Diagnostik und Therapie zu verlassen, bzw. durch so berücksichtigt werden, wie die anamnestische Hinterfragung
ganzheitliche Betrachtung der Krankheitsentwicklung und des frühkindlicher Infektanfälligkeit, Lernschwierigkeiten, Konzentra-
betroffenen Menschen zu ersetzen bzw. zu ergänzen. tionsstörungen etc., die auf eine vererbte Form der mitchondria-
Wenn wir, was wissenschaftlich belegt ist, uns bewusst ma- len Cytopathie hinweisen können.
chen, dass jede Form von stressorischer Belastung, die das indivi- Immer deutlicher wird, dass es letztlich eine kombinative
duell verträgliche Maß übersteigt, sich unmittelbar durch Neuro- Form beider Erkrankungen gibt, die ihr Fundament in chroni-
endokrine und in der Folge sehr komplexe Molekularbiologische schen stressorischen Belastungen hat, auf die sich dann ein
Vorgänge auf zellulärer Ebene markieren lässt und dort auch Virusinfekt bei schon gestörter Immunität aufpflanzt, der dann
zum Teil bleibende Funktionsstörungen und zelluläre Schäden „Auslöser“ der eigentlichen klinischen Symptomatik ist.

6 2/2011
Zur Diskussion

Auslöser des Burnout-Syndroms


Hohe Arbeitsbelastung – Disstress,
fehlendes oder wenig positives Feedback,
ständige Konfrontation mit Problemen z.B. durch Kunden,
Klienten, Schüler, etc.,
keine klare Abgrenzung zwischen Beruf und Privatleben,
zu hohe oder unklare Erwartungen und Zielvorgaben,
mangelhafte Arbeitsorganisation, Strukturen und Rahmen-
bedingungen,
schlechte Teamarbeit, Konflikte, Kompetenzgerangel,
Überforderung durch zu komplexe oder sich ständig än-
dernde Aufgaben,
geringer Verdienst und der darin gesendete Botschaft: „Dei-
ne Arbeit ist nicht viel wert!“,
drohender Arbeitsplatzverlust und vieles mehr (Frank H.
Berndt: „30-Minuten gegen Burnout“, Gabalverlag 2008).

Die Liste weiterer Stressoren ist schier unendlich:


Hitze, Kälte, Nässe, Vibration, Lärm,
Höhe, Sauerstoffmangel, Rauch, Gase,
Zu starkes Licht, Dunkelheit, unbekannte Gegend,
Infekte,
Umweltgifte, Schwermetalle, Elektrosmog, Strahlenbelas-
tung,
Hunger, Durst, Armut,
Unterernährung, Müdigkeit,
Zu viel oder zu wenig Bewegung,
Drogen, Alkohol, schwere organische Systemerkrankungen.

genauso berücksichtig werden, wie ein zu viel oder zu wenig an


Information, nicht kontrollierbare psychosoziale Belastungen,
Zeitdruck, Ausgeliefert sein, Unberechenbarkeit der Umgebung,
Bedrohungen, Angst, Trauer, Verluste, Diskriminierung, Frustra­
tion, Schuldgefühle, Ablehnung u.v.m.
Besonders der Hang zum Perfektionismus, ständigem Er-
folgsdruck, Selbstvorwürfen bei Fehlern, Verzicht auf Delega­
tion, hohe Kritikempfindlichkeit, ständige Überforderung durch
überhöhte eigene Ansprüche und der Verzicht auf Entspannung
und Genuss können mitentscheidend für die Entwicklung eines
Burnout-Syndrom sein.
Es wird dabei nicht übersehen, dass es gesunde Formen
eines überschaubaren und zu bewältigenden Stresses (Eustress
versus Disstress ) gibt, der eher positiv zu bewerten ist und eher
gesundheitsfördernd, denn – schädigend ist. Das Sympaticoad-
renerge System kann sowohl durch Regulation des Herzkreis-
laufsystems, als auch des Energiestoffwechsels die körperliche
und geistige Leistungsfähigkeit erhöhen und bei daraus resultie-
render erfolgreicher Bewältigung mit Zufriedenheit und gestei-
gertem Selbstwertgefühl belohnen.
Während das Chronische Müdigkeitssyndrom relativ abrupt
beginnen kann, ist der Zusammenbruch bei Burnout-Erkrankung
die Konsequenz einer langjährigen Entwicklung und könnte bei
aufmerksamer Beobachtung und frühzeitiger Diagnostik schon
lange vor dem tatsächlichen „Ausgebranntsein“ nicht nur anam-
nestisch und klinisch erkannt werden.

2/2011 7
zaenmagazin Zur Diskussion

Die körperlichen Symptome CFS kommt es deswegen zu durchaus verständlichen zusätzlich


erschwerenden familiären Belastungen. Der jahrelange, oft ver-
sind bei beiden Erkrankungen in ihrer stets individuellen, sehr zweifelte Kampf führt bei unzureichender Diagnostik und Thera-
wechselnden Ausprägung nahezu identisch : pie nicht selten zur völligen Erwerbslosigkeit.
Gedächtnis und Konzentrationsstörungen [52, 81, 102, 133]
Müdigkeit , frühzeitige Erschöpfung , Belastungsunfähigkeit
Chronische Schmerzen (50 % in Form von Fibromyalgie!) Veränderungen auf zellulärer
[1, 36]
Ängstlichkeit, Panikattacken, Stressintoleranz [77]
Ebene
Störung der Immunfunktion [7] Obwohl diese beiden Erkrankungen immer individuell ausge-
Depression prägt sind und deshalb in ihrer Symptomatik und ihrem Erschei-
Schlafstörungen, „wie gerädert aufwachen“ nungsbild unterschiedlich erscheinen können, hat vor allem der
Niedriger Blutdruck (bei Burnout anfänglich eher Bluthoch- ungarisch-kanadische Arzt und Forscher Dr. Hans Selye, der Vater
druck) der Stressforschung, schon in den dreißiger Jahren des letzten
Irritationen des Magen-Darm-Traktes, Reizdarm Jahrhunderts aufgezeigt, dass der Organismus auf die unter-
Nahrungsmittelunverträglichkeiten schiedlichsten Formen von Belastung oder Anforderungen in
Unterzuckerzustände einer nahezu stets gleichförmigen Art und Weise reagiert [2, 3,
Störungen des Hormonhaushaltes und der Nervenboten- 4]. Natürlich gibt es spezifische Varianten, denn es macht einen
stoffe etc. [71, 74] Unterschied, ob ich einen schweren Virusinfekt durchgemacht
habe, oder unter beruflichem Dauerstress stehe.
Da es sich beim Burnout-Syndrom aber um eine persönlich- Im Endeffekt aber sind es auf zellulärer Ebene die nahezu
keitsbezogene Erkrankung handelt, bei der sowohl die Ein- gleichen Reaktionen, die letztendlich so genannte Multisystem­
wirkungen der Außen- und die der Innenwelt – die relevante erkrankungen auslösen und am Leben erhalten.
Stressoren sind – der Patienten von zentraler Bedeutung sind, Bei Chronischem Müdigkeitssyndrom und Burnout-Syn-
kommen hier noch charakteristische emotionale, intellektuelle drom finden sich dabei folgende charakteristische Veränderun-
und soziale Symptome hinzu. Bei genauem Hinsehen und ge- gen:
zieltem Nachfragen, findet man diese aber nicht selten auch bei Oxidativer und Nitrosativer Stress mit Störungen der Mito-
Patienten mit CFS. chondrienfunktion [114, 119, 121, 126, 130, 133]
Nach jahrelanger Entwicklung kommt es beim sog. Burn- Chronischer Mangel an Stresshormonen und wichtigen Ner-
out zu einem Zustand totaler körperlicher, emotionaler und venbotenstoffen [84, 89, 90, 96]
geistiger Erschöpfung und verringerter Leistungsfähigkeit, nicht Störung des Kohlenhydratstoffwechsels mit sek. ATP Mangel
selten verbunden mit Rückzug und Isolation. Das klassische [58],
Burnout-Syndrom betrifft besonders auch jene, die mit ihrem Abwehrschwäche mit gehäuften Sekundärerkrankungen
perfektionistischen Anspruch berufliche Karriere, Familie, Kinder Neigung zu Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten,
und Haushalt auf einen Nenner bringen wollen. Wie auch bei Autoimmunerkrankungen und vielem mehr!!

Nitrosativer Stress macht Mitochondrien zu „Radikal-Kanonen“

8 2/2011
Zur Diskussion zaenmagazin

Molekularer Stress und seine Auslöser für Nitrosativen Stress


Folgen Gesichert sind :
Virale, bakterielle und parasitäre Infektionen
Unter chronischem, Nitrosativem Stress versteht man die ver- Physische Traumata, besonders im Bereich des Halses
mehrte Bildung von iNO (induzierbarem Stickoxid) und seinem (Schleudertrauma) und Kopfes.
oxidativen, weit aggressiveren Abbauprodukt Peroxinitrit. Schwere psychische Traumatisierungen
Der dabei entstehende, biochemische Circulus vitiosus , Prof. Toxische Belastung mit diversen Umweltgiften und Chemi-
Martin L. Pall nannte ihn den NO/ONOO-Zyklus, der komplexe, kalien (Insektizide, Pestizide, Lösemittel, toxische Schwerme-
zellschädigende Reaktionen zur Folge hat, kann durch verschie- talle etc.)
dene, nur kurz einwirkende Stressoren ausgelöst werden. Selbst
dann, wenn diese Auslöser längst abgebaut sind, bleibt dieser
„biochemische Teufelskreis“ bestehen und erklärt damit die Tat- Verstärkende Faktoren
sache chronisch verlaufender Erkrankungen, wie z.B. das Chroni-
sche Müdigkeitssyndrom (CFS), die Fibromyalgie (FM), das MCS- Starke geistige und körperliche Belastung
Syndrom und viele andere mehr. Bakterielle und Virale Infekte
Unabhängig davon gibt es physiologische Formen des NO Psychostress !
mit sehr wichtigen Funktionen : Nitratreiche Ernährung (Geräucherte Nahrungsmittel, mit
Neuronales NO (nNO) wichtiger Neurotransmitter Kunstdünger belastete Nahrungsmittel )
Endotheliales NO (eNO) Transmitter für Gefäß- Medikamente (Antibiotika, Statine, Nitrate, Potenzmittel,
erweiterung ­Arginin, Herzmittel wie Enalapril etc.)
Induzierbares NO (iNO) Immunregulator Instabilität der HWS
Mitochondriales NO (mNO) Stoffwechselregulator für Syn- KH-reiche Ernährung
these, Proliferation u. Apoptose Elektromagnetische Felder (Mobilfunk, Handy etc.)

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zaenmagazin Zur Diskussion

Die Entstehung von so genannten Weg gebracht, in der Regel ohne therapeutische Maßnahmen
nicht zu stoppen ist und auf lange Zeit immer mehr zuneh-
„Biochemischen Teufelskreisen“ mende Schäden durch den immer größer werdenden Ausfall
von Mitochondrialen Enzymen auslöst. (Atmungskettenenzym-
Blockade wichtiger Enzyme in den Mitochondrien (Citrat­ komplexe I-V, ADP/ATP-Translokatorproteine etc. [133]) So wird
zyklus, Atmungskette), die für die Produktion der Zellenergie verständlich, dass der Nitrosative Stress eines jungen Menschen
(ATP) verantwortlich sind. (FeS-haltige und Fe-haltige Enzy- innerhalb von Jahren seine Leistungsfähigkeit bis hin zur kom-
me, Aconitase, Succinat-Dehydrogenase). pletten Erwerbsunfähigkeit mindern kann, wird diese Stoffwech-
Vermehrte intrazelluläre Säurebildung (Laktazidose Typ II) selanomalie nicht frühzeitig diagnostiziert und entsprechend
mit weiterer Inaktivierung verschiedener Enzyme und be- behandelt.
sonders der sog. Translokator-Proteine, die ATP aus den
Mitochondrien in die Zelle und von dort als ADP in die
Mitochondrien zurücktransportieren. Die Lähmung dieser
Transporteiweiße durch chemische Toxine, Umweltgifte und
Labor-Diagnostik
übermäßige Laktat-Produktion (Salz der Milchsäure) führt zu Minimal-Programm zum Ausschluss des Nitrosativen und
schwer wiegendem Energiemangel. Oxidativen Stresses:
Zwang zur Aktivierung der aeroben Glykolyse (Vergärung Will man mit einem Minimalprogramm Nitrosativen oder Oxida-
von Zucker), einem Art „Notstromaggregat“, das allerdings tiven Stress ausschließen, dann sollten die folgenden 12 Labor-
nur 1/16 der üblichen ATP-Menge liefern kann!! parameter untersucht werden:
Vermehrter Oxidativer Stress (Bildung von Sauerstoffradika- – Lipidperoxide – Nitrotyrosin
len) mit sekundären Schäden der Zellkern-DNA, mitochon­ – Nitrophenyl-Essigsäure – Citrullin
drialen DNA, und anderen Zellbestandteilen und einem deut- – Methylmalonsäure – Laktat
lich erhöhten Risiko, eine Krebserkrankung zu entwickeln – Pyruvat – Carnitin
Cholesterinerhöhung durch Hemmung eines den Choleste- – Coenzym Q 10 – Ox. LDL-Cholesterin
rinstoffwechsel in der Leber regulierenden Enzyms (Hepati- – ATP-Spiegel – Hydroperoxide
sche 7 α-Hydroxylase).
Aktivierung des Immunsystems (proinflammatorische Zy- Im Erkrankungsfalle und natürlich bei allen Formen mit ernster
tokine) mit sekundären, aseptischen Entzündungen im Be- klinischer Symptomatik sollten weiterhin die Mikronährstoffe (Vi-
reich der Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder und der tamine, Mineralstoffe, Spurenelemente), das Glutathionsystem,
Entwicklung von Autoimmunerkrankungen. Cystein, Thiole, Neurotransmitter wie Adrenalin, Noradrenalin,
Aktivierung diverser Rezeptoren des Zentralnervensystems Serotonin, Melatonin ,GABA und Cortisol, evtl. Glutamat, der
(NMDA- und Vanilloid-Rezeptoren) mit sekundären neurolo- Hormonstatus (Testosteron, Östradiol etc.), der Fettsäurestatus,
gischen, psychischen und vegetativen Symptomen. Aminosäurestatus , die Säuren des Citronensäurezyklus und ge-
Abbau von und dadurch Mangel an diversen Vitaminen (Vi- gebenenfalls der Zelluläre Immunstatus untersucht werden.
tamin C, B1, B2, B5, B6, B12, Vitamin E, Vitamin D, Folsäure) Hervorragende diagnostische Ergebnisse zur Beurteilung
Mineralien und Spurenelementen (Selen, Magnesium, Zink). der Mitochondrienfunktion liefert besonders auch das Engli-
Hemmung der Synthese von physiologischem, neuronalen sche Labor Acumen mit dem sog. ATP-Profiletest, bei dem die
und endothelialen NO und Anstieg des asymmetrischen Di- Störung der ADP/ATP-Konversion, die differenzierte Blockade
methylarginins, damit erhöhtes Gefäßerkrankungs- und Hy- der ADP/ATP-Translokatorproteine, die zellfreie DNA im Blut-
pertonierisiko, sowie Störung zentralnervöser Funktionen. plasma, sowie toxische DNA-Adducts und die dabei betroffe-
Peroxinitrit nitrolisiert aromatische Aminosäuren und oxi- nen Gene bestimmt werden. Hinzukommt die Bestimmung der
diert SH-Gruppen. Es wirkt hochgradig neurotoxisch durch mitochondrialen Membranspannung und eventueller toxischer
irreversible Hemmung der Mitochondrienfunktion! Mem­bran-adducts. Auch das intrazelluläre Niacin und das intra­
Störungen des Katecholamin-, Melanin-, Serotonin-, Tyrosin-, zelluläre Kalzium werden bestimmt. Cardiolipin-Studien und
Tryptophan- und Phenylalaninstoffwechsels mit folgender Cytochrom C – Oxidase – Komplex Untersuchungen werden
Minderung der Leistungsfähigkeit, Schlafstörungen, und de- auf Wunsch durchgeführt. Differenzierter ist die mitochondria-
pressiven Verstimmungen. le Diagnostik europaweit nicht durchführbar. (Acumen, Dr. John
McLaren-Howard, PO Box 129, Tiverton, Devon EX16 OAJ. e-mail:
All diese verschiedenen biochemischen Prozesse sind miteinan- acumenlab@hotmail.co.uk)
der vernetzt und verstärken sich gegenseitig. So stimuliert das Sehr wichtig ist die genaue Analyse der neuroendokrinen
besonders schädliche Peroxinitrit jene Enzyme (Nitritoxidsyntha- Achse mit exakter Messung des Cortisoltagesprofiles (im Spei-
sen), die wiederum zu einer vermehrten Bildung von Nitritoxid chel!), der Katecholamine im 24 Stundenurin, des Serotonins
führen, jenem Stickstoffradikal, aus dem Peroxinitrit durch Re- und Melatonins und gegebenenfalls der Hypophysären und
aktion mit dem Superoxidradikal gebildet wird. Dies erklärt die Hypothalamischen Funktion. Gerade das abgeflachte Corisolta-
Aufrechterhaltung eines chronisch fortbestehenden, „bioche- gesprofil – nach anfänglicher Erhöhung – und erniedrigte Werte
mischen Teufelskreises“, der in nahezu allen Zellen des Körpers für Adrenalin, weniger für Noradrenalin, zeigen eine potentiell
aktiviert werden kann. drohende Dekompensation an.
Es ist wichtig zu verstehen, dass ein derartiger „biochemi- Die wissenschaftliche Literatur liefert eine Summe von Be-
scher Teufelskreis“, durch welchen Auslöser auch immer auf den legen für gravierende Stoffwechselveränderungen bei Burnout-

10 2/2011
Zur Diskussion zaenmagazin

Patienten. Anfänglich erhöhte Speichelcortisolspiegel [42, 53, 79], Verfahren Jahre dauern kann, bis es, und das ja nur in wenigen
eine Verminderung des Neurotrophins sBDNF (Brain-Derived- Fällen, zu wesentlichen Besserungen des Befindens kommt, ist
Neurotrophic-Faktor) [54], der für die Funktion der Zellen im es zwingend erforderlich, sich von Anfang an die Molekularbio-
Hippocampus, im Frontalhirn und der Großhirnrinde von Bedeu- logischen Veränderungen in der Konsequenz solcher Persön-
tung ist, eine Erhöhung der SOD-Aktivität (Superoxiddismutase) lichkeitsstrukturen, die letztlich in chronischem Disstress enden,
als Hinweis für vermehrten Oxidativen Stress [57], erhöhte Cy- anzusehen und therapeutisch miteinzubeziehen.
tokinspiegel als Hinweis auf eine systemische Inflammation [41, Wer die zugrunde liegenden molekularbiologischen Patho­
44, 51], weiterhin fanden sich Störungen der Immunfunktion [7], mechanismen aber nicht kennt, kann in der Therapie gravieren-
der Gerinnung und der Fibrinolyse, und bei chronischem Stress de Fehler machen. Dies betrifft nicht nur eine z.B. kohlen­hydrat­
oxidativ bedingte Atrophien des Hippocampus [52], alles Fakto- reiche Ernährung, die die mitochondriale Dysfunktion noch
ren, die in der üblichen Differenzialdiagnostik und vor allem der wesentlichen verschärfen kann, sondern auch den Glauben,
zwingend erforderlichen Therapie unzureichend oder gar nicht sportliche Betätigung und körperliche Aktivierung sei in allen
berücksichtigt werden. Fällen indiziert und hilfreich. Eine Vielzahl von Patienten, die ich
Von zentraler Bedeutung ist die Erkenntnis, dass ständig wie- behandele, sind an Psychosomatischen Kliniken in körperlicher
derholte Adrenalinauschüttungen, übermittelt durch cycl. AMP, Aktivierungs- und Trainingsprozesse gedrängt worden, die ihre
den Ca-Influx in Mitochondrien verstärken, der zwar zunächst die klinische Symptomatik in fataler Weise verschlechtert und ihre
ATP-Produktion anhebt, bei Überschreiten einer Toleranzschwel- körperliche Leistungsfähigkeit erheblich reduziert haben. In
le aber cytotoxisch wirkt und zu einer vermehrten Peroxinitrit- Unkenntnis dieser mitochondrialen Prozesse wurde dies nicht
bildung mit sek. irreversibler Schädigung der Atmungsketten- selten als „Widerstand“ gegen die Therapie als solche fehlge-
Enzymkomplexe [45] bis hin zur Zellapoptose führen kann. Nach deutet.
langjähriger Überforderung kommt es zu Nebennierenatrophien Wenn wir also Oxidativen und Nitrosativem Stress gesichert
[34] mit konsekutiver Nebenniereninsuffizienz [79, 89, 96]. haben, wie sie in der Regel sowohl bei chronischem Müdigkeits-
So wird deutlich, dass sich jede Form persistierender, geistig- syndrom als auch Burnout-Syndrom vorliegen, dann müssen
seelischer Überlastung oder Traumatisierung auf zellulärer Ebene beide einer konsequenten Therapie zugeführt werden, eben ge-
niederschlägt, teilweise mit langfristigen Konsequenzen, die bei rade deshalb, wie die Einwirkung von Peroxinitrit zu irrevisiblen
konsequenter Diagnostik verhindert werden könnten. Schäden an den Mitochondrien, die maternal (von Müttern auf
Ihre Kinder) vererbt werden, führen kann und der NO/ONOO-
Zyklus der Motor für die Entwicklung unterschiedlichster Chro-
Therapie nischer Zivilisationserkrankungen ist [58, 115, 135].
Basierend auf der Auswertung von 1478 wissenschaftlichen
Wie schon eingangs erwähnt, kann nur eine ganzheitlich ori- Arbeiten hat Prof. Pal Pacher [58] die Bedeutung des Nitrosativen
entierte, ausreichend tiefgehende Therapie die Geist, Seele und Stresses bei der Entwicklung von Herz- und Gefäßerkrankungen,
Körper im gleichem Maße berücksichtig, erfolgreich sein. Selbst- dem zirkulatorischen Schock, lokalen Entzündungen bei der
verständlich benötigen typische Burnout-Patienten zunächst Entwicklung von Krebserkrankungen, Schlaganfällen, neurode-
eine Herausnahme aus dem krankmachenden Milieu, soweit generativen Erkrankungen und besonders auch des Diabetes
möglich, und benötigen aktive Hilfe und Unterstützung bei der mellitus sehr deutlich aufgezeigt.
Bewusstmachung all der Prozesse, die über viele Jahre hinweg Da das Wissen um diese Zusammenhänge noch nicht ver-
diesen Zusammenbruch ausgelöst und gefördert haben. breitet ist, werden die notwendigen Untersuchungen in der
Im Bewusstsein der Tatsache, dass persönlichkeitsbedingte Regel nicht durchgeführt und den Patienten werden symptom-
Strukturen oft zwanghaft fixiert sind und es gerade bei den mit- orientierte Medikamente verschrieben, die nicht selten den bio-
unter in ihrer Effizienz wenig erfolgversprechenden, analytischen chemischen Teufelskreis noch intensivieren.

2/2011 11
zaenmagazin Zur Diskussion

In Unkenntnis der Forschungs-Ergebnisse über den geschil- Man sollte sich bewusst sein, dass die oben genannten
derten Biochemischen Teufelskreis oder NO/ONOO-Zyklus, wer- Verstärkungsfaktoren, so zum Beispiel ein einfacher Infekt, aber
den Patienten psychiatrisiert oder mit Verlegenheitsdiagnosen auch jede Form von intensiver, geistig seelischer Belastung (Psy-
wie „Somatoforme Störung“ unverrichteter Dinge wieder nach chostress) den Nitrosativen Stress ganz massiv verstärken kön-
Hause geschickt. nen. Bei Virusinfekten stellt man eine bis zu 30-fache Verstärkung
Die Therapie sollte zunächst alle Faktoren, die zu einer Stei- der krankhaft vermehrten Bildung von Stickoxid und Peroxinitrit
gerung des NO/ONOO-Zyklus führen, vermeiden bzw. ausschal- fest. Bei meinen Patienten habe ich immer wieder erlebt, wie
ten. Dazu gehören: stark seelische Belastungen diesen biochemischen Teufelskreis
Nitrit- oder Nitrathaltige Nahrungsmittel (Blatt- und Wurzel- beschleunigen können.
gemüse im Winter, Eisbergsalat und Feldsalat, als Spitzenrei- Liegt schon eine typische Multisystemerkrankung vor, ist
ter!) die Anwendung diverser Antioxidantien, Pflanzenstoffe und die
Verunreinigungen in Salzen Ergänzung von in der Regel schweren Mangelzuständen von
Geräucherte Nahrungsmittel (NM) Mineralien, Spurenelementen, Vitaminen, und Hormonen erfor-
Tabak- und Tabakrauch derlich.
Mit Stickstoffdünger belastete NM – stattdessen NM aus bio- Dazu kann bei den schwerst Betroffenen anfänglich eine
logisch kontrolliertem Anbau! Infusionstherapie erforderlich werden, da es darum geht, den
Unverträgliche NM ­Nitrosativen Stress so schnell wie möglich so zu reduzieren, da-
Glutamat und Aspartat als Nahrungsmittelzusätze! mit weitere mitochondriale, nicht mehr korrigierbare Schäden
Kohlenhydratreiche Ernährung (max. 20 % KH, dafür 50-60 % vermieden werden.
Fett und 20-30 % Proteine als sog. LOGI-Kost wird empfoh- Danach ist die Langzeit-Einnahme von hoch dosiertem Vi-
len! [127]) – „Logi-Guide“ nach Dr. Nikolai Worm, ISBN-978-3- tamin B 12, Alpha-Liponsäure, Cystein, Vitamin B1, B2, B3 und
927372-28-3 B5, Vitamin C, Vitamin E, A und D, von Curcumin, Resveratrol,
Kosmetika Glutathion, Zink, Selen, Magnesium, Taurin, Melatonin, Omega-3-
Trockenmilch Fettsäuren und anderen Pflanzenstoffen und Antioxidantien, die
Medikamente wie: Antibiotika (Tetrazykline, Erythromycin, fähig sind, diesen biochemischen Teufelskreis zu stoppen und zu
Amoxicillin, Trimethoprim), Statine, Zytostatika, Platinhaltige reduzieren, erforderlich.
Medikamente, Langzeitnitrate, Arginin, Potenzmittel, Cyclo­ Der Amerikanische Arzt und Forscher F. Teitelbaum, MD,
sporin, Antihypertonica wie Enalapril und viele mehr! konnte bereits 2002 in einer randomisierten, placebo-kontrol-
Extremer Psychostress liertem Doppelblindstudie die Wirksamkeit dieser Therapie bei
Körperliche Belastungen – (Jogging oder Fitness-Center Chronischem Müdigkeitssyndrom und Fibromyalgie beweisen.
sind kontraindiziert!) Es fällt auf, dass ein Großteil so behandelter Patienten, ab-
hängig vom Schweregrad ihrer Erkrankung, schon sehr bald eine
Chron. Herde (Zähne!) sollten unbedingt saniert, Chemika- deutliche Besserung ihrer körperlichen und geistigen Leistungs-
lienbelastungen (Sick-Buildingsyndrom) ausgeschaltet werden. fähigkeit, einen Rückgang ihrer Muskel- und Gelenkschmerzen,
Langfristige entgiftende Maßnahmen können den Nitrosativen eine verminderte Infektanfälligkeit und eine deutliche Verbesse-
und Oxidativen Stress entscheidend reduzieren! rung ihrer Stimmung registrieren. Etwa nach 3-4 Monaten, aller-
Der Ausgleich von häufig vorzufindenden Mangelzuständen dings individuell sehr unterschiedlich, lässt sich eine deutliche
an Mineralien, Spurenelementen, Vitaminen, Fettsäuren oder Verminderung des Nitrosativen Stresses auch im Blut und Urin
Aminosäuren (Kalium, Magnesium, Kalzium, Vitamin B1, B2, B3, nachweisen.
B5, B6, C, E, D, A – Zink, Selen, Kupfer, Mangan, Omega-3-Fettsäu- Die Limitierung therapeutischer Erfolge ist davon abhän-
ren, Cystein, Carnitin, Coenzym Q 10, Tryptophan und besonders gig, wie groß der Anteil von Mitochondrien ist, die irreversibel
Glutathion) sollte parallel zu einer gezielten Anwendung von geschädigt sind. Dies lässt sich zu Beginn der Therapie nicht
Substanzen, die den NO/ONOO-Zyklus inaktivieren können, ein- vorhersagen, da sowohl die mitochondrialen Enzymkomplexe
geleitet werden. durch Stickoxid als auch die Translokatorproteine durch chem.
Das therapeutische Procedere hängt von der Intensität der Toxine und durch Säure (Erhöhte Milchsäureproktion!) reversibel
klinischen Symptomatik ab. Stellt man Nitrosativen Stress, der blockiert werden können.
nach meiner Auffassung aus präventiven Gründen bei jeder Sind die mitochondrialen Schäden schon fortgeschritten,
Untersuchung ausgeschlossen werden sollte, bei einem relativ kann eine intermittierende Hypoxietherapie (IHT) eine Regene-
asymptomatischen Patienten fest, so wird man ihm die Einnah- ration defekter Mitochondrien einleiten, da es unter gezieltem
me von hochdosiertem Vitamin B 12, in Form von Methylcoba- Wechsel von Hypoxie und Hyperoxie durch EDV-gesteuerte
lamin B12 sublingual, sowie das reichliche Trinken von grünem Inhalation nach russischen Forschungsergebnissen zur Beseiti-
Tee und die Anwendung von Curcumin, gemixt mit schwarzem gung defekter Mitochondrien kommt und der Anteil noch effek-
Pfeffer und Olivenöl, das relativ günstig in der Apotheke oder in tiv arbeitender Mitochondrien , die sich ja im 5-10-Tagesrhyth-
ASIA-Läden zu erhalten ist, empfehlen. So kann der Nitrosative mus teilen, zunimmt und damit auch die energetische Leistung
Stress in seinem Niveau so stark vermindert werden, dass die der Zelle. (Lei Xi, Tatiana V. Serebrovskaya „Intermittent Hypoxia:
oben geschilderten Langzeitschäden nicht zwingend eintreten From Molecular Mechanism to Clinical Apllications“, Nova Sci-
müssen. Aber auch in diesen Fällen sind entsprechende Labor- ence Publishers, Inc. New York 2009, ISBN: 978-1-60876-127-2)
kontrollen etwa drei Monate nach Einleitung einer Therapie un- Patienten mit Burnout-Syndrom oder dessen Vorboten wird
bedingt zu empfehlen. dringend empfohlen, sich mit den persönlichkeitsbezogenen

12 2/2011
Zur Diskussion zaenmagazin

Aspekten ihrer Erkrankung intensiv auseinanderzusetzen und so- Es gibt hinreichende wissenschaftliche Grundlagenarbei-
bald wie möglich therapeutische Hilfe von erfahrenen Burnout- ten, die die Bedeutung des Nitrosativen und Oxidativen Stresses
Therapeuten in Anspruch zu nehmen. für die Entwicklung des Chronischen Müdigkeitssyndroms und
Sehr hilfreich ist das äußerst informative und leicht zu lesen- auch des Burnout-Syndroms untermauern.
de kleine Buch des Psychologen Frank. H. Berndt „30 min gegen Richtig diagnostiziert kann sowohl präventiv als auch the-
Burnout“, erschienen im GABAL-Verlag, das ich jedem aus der rapeutisch mit Erfolg durch Anwendung natürlicher Substanzen
betroffenen Berufsgruppe, der sich gefährdet fühlt oder unter und damit weitgehend nebenwirkungsfrei eingegriffen werden.
extremen Druck steht, wärmstens ans Herz lege. Bei schon bestehender Erkrankung durch Nitrosativen Stress
kann die weitere Progredienz durch diese therapeutischen Maß-
nahmen gestoppt werden und teilweise sogar eine Rückent-
Zusammenfassend wicklung hin zum Gesunden in Gang gebracht werden.
Man muss leider konstatieren, dass unser Gesundheitswe-
Wir stehen vor dem Dilemma, dass die Forschungsergebnisse sen die herausragenden Möglichkeiten Chronischer Zivilisa­
über die Konsequenzen chronischer Stressbelastungen und be- tionserkrankungen an der Wurzel anzupacken und durch ent-
sonders die über die Konsequenzen des Nitrosativen und Oxida- sprechende präventive Maßnahmen zu verhindern, so gut wie
tiven Stresses bisher viel zu wenig bekannt sind und auch ganz nicht nutzt. Hier ist der Einzelne aufgerufen, sich zu informieren
gezielt, und dies nicht nur aus Kostengründen, „übersehen“ und und durch eine Änderung seines Lebensstils, seiner Ernährung
nicht eingesetzt werden. Die gravierenden Folgen der pathologi- und durch die leider in westlichen Zivilisationen nach meiner
schen Vermehrung von induzierbarem Stickoxid und Peroxinitrit Auffassung zwingend erforderliche zusätzliche Einnahme von
– es haben sich inzwischen 80.000 wissenschaftliche Arbeiten zu Antioxidantien seine Gesundheit zu erhalten, beziehungsweise
dieser Thematik angesammelt – so wie die daraus resultierende, wieder zu verbessern.
individuell sehr unterschiedliche klinische Symptomatik werden Es ist deshalb eine vordergründige Aufgabe, die Betroffenen
bei in der Regel unauffälligem Standardlabor nicht untersucht wie auch die Ärzteschaft auf allen möglichen Ebenen über die-
und die Symptome mangels Kenntnis dieser Pathophysiologie se Zusammenhänge zu informieren und jeden Einzelnen dazu
als „psychosomatisch“ gedeutet, die Patienten werden zum Psy- aufzurufen, sich gegen eine solche „Gesundheitspolitik“, die der
chiater überwiesen und bei Erfolglosigkeit der überdurchschnitt- Bevölkerung diese so wichtigen und hilfreichen Möglichkeiten in
lich häufig verschriebenen Beruhigungsmittel und Antidepressi- der Prävention und Therapie vorenthält, zu wehren. Dies betrifft
va, in psychosomatische Kliniken eingewiesen. nicht nur das Chronische Müdigkeitssyndrom oder das Burnout-
Selbst dann, wenn gravierende Probleme auf der Ebene der Syndrom, sondern letztlich nahezu alle Chronischen Zivilisa­tions­
Persönlichkeitsstruktur, des beruflichen oder familiären Umfeldes krankheiten.
etc. vorliegen, ist die hier in der Regel praktizierte Diagnostik als
völlig unzureichend anzusehen, woraus dann auch eine unzu-
reichende und in der Mehrzahl der Fälle erfolglose Therapie, wie
oben schon aufgeführt, resultiert. Die umfangreiche Literatur beim Autor.

Der Weg nach vorn –


Die Überwindung der Krise 60
Der ZAEN jenseits der üblichen Jahre
Begrenzungen

Jubiläum in Freudenstadt
121. ZAEN-Kongress
14. bis 18.9.2011

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