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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................... III
Abkürzungsverzeichnis .........................................................................................................VII
Abbildungsverzeichnis ..........................................................................................................XII
1 Einleitung .......................................................................................................................... 1
Begrifflichkeiten .......................................................................................................... 5
2.5.3 Russland-Embargo........................................................................................... 36
Zwischenfazit ............................................................................................................ 45
Zwischenfazit ............................................................................................................ 85
7.2.3 Beurteilung der Verflechtung zwischen Politik und Wirtschaft. ..................... 220
7.2.4 Beurteilung der Interaktion zwischen der EU- und nationaler Ebene ........... 222
Abkürzungsverzeichnis
AbsFondsG Absatzfondsgesetz
AGEA Agenzia per le erogazioni in agricoltura (aus dem Italienischen: Agentur für
die Agrarzahlungen)
AHK Auslandskammer
AMP Auslandsmesseprogramm
BIP Bruttoinlandsprodukt
BVG Bundesverfassungsgericht
BWS Bruttowertschöpfung
CNN Consiglio Nationale del Notariato (aus dem Italienischen: Nationalrat der
Notare)
EG Europäische Gemeinschaft
e. V. eingetragener Verein
EU Europäische Union
IX
GG Grundgesetz
GTAI mbH Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und
Standortmarketing mbH
HORECA Hotel/Restaurant/Catering
ICE Instituto nationale per il commercio estero (aus dem Italienischen: Nationales
Institut für Außenhandel)
LEH Lebensmitteleinzelhandel
Max. maximal
NGO Nichtregierungsorganisation
NRW Nordrhein-Westfalen
PR Public Relations
QS Qualitätssicherung
SOPEXA Societe pour lèxpansion des ventes des produits agricoles et alimentares
(aus dem Französischen: Gesellschaft für die Absatzförderung der
Lebensmittel und Agrarprodukte)
UN Vereinte Nationen
ZMP Zentrale Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und
Ernährungswirtschaft GmbH
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 9: Struktur der Ernährungsindustrie und der Exporte nach Branchen ............ 36
Abbildung 32: Top Agrarexportprodukte in den Niederlanden 2013-2015, in Mrd. Euro. 176
Abbildung 33: Entwicklung der staatlichen Exportförderung in den Niederlanden .......... 177
Abbildung 36: Aufwendungen für AMA-Marketing Leistungen nach Bereichen .............. 193
Abbildung 37: Beihilfen- und Exportwerte der EU-Länder im prozentuellen Vergleich ... 210
XIV
Tabellenverzeichnis
Tabelle 12: Anzahl der Zuwendungs- und Auftragsprojekte im BMEL 2010-2014 ...... 138
Tabelle 19: Notifizierte Beihilfen der EU-Staaten 2010-2014, in Mio. Euro ................. 209
1 Einleitung
Die Produktion und der Handel mit Agrarprodukten und Lebensmitteln sind wichtige
Wirtschaftszweige der Europäischen Union. Die EU zählt zusammen mit den USA heute zu
den weltweit größten Exporteuren von Agrarerzeugnissen mit einem Anteil von rund 18 % an
den Ausfuhren. Mit 289.000 Unternehmen und mit einem Anteil von 15 % am Gesamtumsatz
im verarbeitenden Gewerbe gehört die Ernährungsindustrie zu den bedeutendsten Sektoren
der europäischen Wirtschaft,1 wobei hier noch ein beträchtliches Entwicklungspotenzial
besteht.
Die Integration der Märkte in der EU, die zunehmende Globalisierung des Handels sowie
schnelle Änderungen der Marktstruktur bringen neue Herausforderungen mit sich, indem sie
einen erhöhten Wettbewerbsdruck auf die Unternehmen ausüben. Die aktuelle
Agrarmarktsituation in der EU, vor dem Hintergrund einer zunehmenden Spezialisierung und
Differenzierung, sowie der steigende Preisdruck zeigen, dass der langfristige und nachhaltige
Erfolg der Agrar- und Lebensmittelproduzenten zunehmend vom Export abhängt.
Für europäische Unternehmen besteht die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung von
der Europäischen Kommission für die Kampagnen zur Absatzförderung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse. In der Regel erhalten professionelle Erzeugerorganisationen, wie
Branchenverbände, eine entsprechende Unterstützung. Zwischen 2000 und 2012 hat die EU
552 Absatzförderungsprogramme mitfinanziert.2 Zu den Absatzförderungsmaßnahmen
gehören u. a. Werbekampagnen, Fördermaßnahmen am Verkaufsort, PR-Kampagnen sowie
die Teilnahme an Ausstellungen und Messen. Die EU-Absatzförderungsprogramme werden
dreiseitig finanziert und verwaltet (Branchenverbände, Mitgliedsstaaten und Europäische
Kommission).3
Eine andere Möglichkeit der Exportförderung basiert auf privater Wirtschaftsinitiative und wird
durch private Organisationen und Unternehmensnetzwerke, evtl. mit staatlicher Unterstützung,
in unterschiedlichem Ausmaß durchgeführt. Eine dritte Alternative stellt die rein staatliche
Exportförderung dar. Die staatlichen Einrichtungen beantragen zur praktischen Umsetzung
des Vorhabens meistens Durchführungsgesellschaften wie Werbe- und Marketingagenturen.
Dementsprechend entstehen bei der Exportförderung sehr enge Verflechtungen zwischen
Wirtschaft und Politik, die aus den staatlichen Organisationen, privaten
Unternehmensnetzwerken und Marketingagenturen sowie europäischen Einrichtungen
bestehen, was zu einem Kohärenzmangel führen kann. Hinzu kommt, dass die jeweiligen
Rollen der Akteure der Exportförderung bei der Antragstellung, Begleitung und Kontrolle der
Projekte nicht klar definiert sind, was häufig zu Doppelarbeit sowie langwierigen
Antragsverfahren führt. Als Folge des hohen Verwaltungsaufwands bei den staatlichen und
EU-finanzierten Programmen werden die Fördermittel lediglich in geringem Maße abgerufen.
Die Hauptziele dieser Arbeit bestehen in der Untersuchung und im umfassenden Vergleich der
staatlichen und privaten Exportförderungsstrukturen in den EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf
ihre institutionelle Ausgestaltung, Finanzierungstrukturen, inhaltliche Ausrichtung der
Maßnahmen sowie auf die Effektivität und die Wirksamkeit der Exportförderungsprogramme.
Eine weitere Aufgabe dieser Arbeit ist, auf der Basis vom Systemvergleich und unter
Berücksichtigung der rechtlichen Rahmen der europäischen Exportförderungspolitik mögliche
Verbesserungspotenziale der Förderungspolitik zu identifizieren und die sich aus diesen
Erkenntnissen ergebenden Handlungsempfehlungen für die Exportförderung abzuleiten. Die
Verbesserungspotenziale eröffnen für die exportierenden Unternehmen durch die Optimierung
der Exportförderungssysteme und durch die Steigerung der Effizienz der Fördermaßnahmen
entsprechend bessere Geschäftschancen bei der Geschäftsanbahnung im Ausland. Eine
kritische Würdigung des deutschen Exportförderungssystems ermöglicht es dabei, alle
wesentlichen Aspekte der aktuellen Entwicklung der europäischen Förderungspolitik sowie die
praktischen Bedürfnisse des Systems zu erkennen und die möglichen Maßnahmen zur
weiteren Ergebnisverbesserung im Exportförderungsbereich aufzuzeigen.
Zunächst wird im Rahmen dieser Zielsetzung auf die individuellen Begrifflichkeiten der Agrar-
und Ernährungswirtschaft eingegangen und die wirtschaftliche Bedeutung des Agrar- und
Lebensmittelhandels für die EU aufgezeigt. Dabei wird ein kritischer Blick auf die aktuelle
Agrarhandelspolitik der EU geworfen. Anschließend wird auf die gegenwärtige Exportlage der
Bundesrepublik Deutschlands in der Lebensmittelbranche näher eingegangen.
Als theoretische Grundlage der vorliegenden Arbeit dient die Institutionenökonomik. Nach der
allgemeinen theoretischen Begriffserklärung der Exportförderung werden die wesentlichen
theoretischen Ansätze der Institutionenökonomik im Hinblick auf die Absatzförderung
vorgestellt. Neben einer Beschreibung von Handlungs-, Entscheidungs- und Anreizstrukturen
unterschiedlicher Akteure der Exportförderung wird auch auf die Ausgestaltung der
Transaktionsbeziehungen bei den Absatzförderungsmaßnahmen aus Sicht der Prinzipal-
Agent-Theorie eingegangen. Das Kapitel endet mit einer Gegenüberstellung der privaten und
staatlichen Organisationsstrukturen der Exportförderung in Deutschland.
Einleitung 3
Diese wissenschaftliche Arbeit entstand während meiner Tätigkeit bei der German Meat
GmbH, einer Exportförderungsorganisation der deutschen Fleischwirtschaft. Im Rahmen
meiner Tätigkeit durfte ich die praktische Seite der Exportförderung in Deutschland
kennenlernen sowie bei der Umsetzung von Fördermaßnahmen mitwirken.
Agrar- und Ernährungswirtschaft: Theoretische Ansätze und aktuelle Entwicklungen 4
Ziel des nachfolgenden Kapitels ist es, die Agrar- und Ernährungswirtschaft als ganzes und
einheitliches System darzustellen und die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Sektoren für
die EU zu analysieren. Dazu werden zunächst relevante Begriffe und Konzepte der
Ernährungswirtschaft beschrieben. Zwischen den Unternehmen aus der Agrar- und
Ernährungswirtschaft zeigen sich zahlreiche Verflechtungen und Abhängigkeiten, welche in
der Wertschöpfungskette Ernährung schematisch dargestellt werden (Kapitel 2.1). Die
Besonderheiten des Agrarsektors werden nachfolgend im Kapitel 2.2 aufgelistet. Danach
werden die Statistikdaten der Agrar- und Ernährungsproduktion in der EU (Kapitel 2.3) sowie
deren Exportzahlen erläutert (Kapitel 2.4.1) und Teilsektoren analysiert (Kapitel 2.4.2). Kapitel
2.4.3 befasst sich danach mit den kritischen Überlegungen pro und contra einer erweiterten
Exportentwicklung im Agrarbereich und analysiert die politische und unternehmerische
Verantwortung in Bezug auf eine steigende Agrarproduktion sowie die Zusammenhänge
zwischen dem Strukturwandel in der Landwirtschaft und negativen Auswirkungen des
europäischen Agrarhandels auf die Entwicklungsländer. Die aktuellen Markttendenzen eines
der größten Lebensmittelhersteller in der EU, - Deutschlands, - bieten eine Aussicht auf
langfristig niedrige Marktpreise und steigenden Konkurrenzdruck (Kapitel 2.5.1). Dabei zeigt
sich hier besonders die Bedeutung von Lebensmittelexporten, auf welche im Kapitel 2.5.2
näher eingegangen wird. Kapitel 2.5.3 beschreibt nachfolgend die wirtschaftlichen
Konsequenzen des russischen Embargos für die europäischen Agrar- und
Lebensmittelproduzenten. Zurzeit befinden sich mehrere landwirtschaftliche Produzenten in
der EU in schwieriger wirtschaftlicher Lage und erzielen sehr geringe Erträge für ihre
Produktion. Neben der Exportsteigerung bieten Bioprodukte oder eine Kombination aus beiden
Strategien eine Lösung für die Erzeuger. Kapitel 2.5.4 untersucht somit das Phänomen der
letzten Jahrzehnte im Agrarbereich – dem ökologischen Landbau. Im Kapitel 2.6 wird die
begriffliche Klärung zur Exportförderungspolitik sowie die wichtigsten Maßnahmen der
europäischen Absatzförderungspolitik erläutert. Daran anschließend folgt eine kurze
Zusammenfassung (Kapitel 2.7.).
Bei den Statistiken und Agrarproduktionswerten sind Abweichungen gegenüber Daten des
Statistischen Bundesamtes aufgrund unterschiedlicher Datenbasis und
Währungsumrechnungen möglich.
4 Vgl. European Food and Drink Industry [2015], S.1; vgl. dazu auch Die Landwirtschaft der EU im Überblick
[2013], S. 1.
Agrar- und Ernährungswirtschaft: Theoretische Ansätze und aktuelle Entwicklungen 5
Begrifflichkeiten
Die Agrar- und Ernährungswirtschaft umfasst alle Wirtschaftsbereiche, die sich mit der
Produktion und dem Handel von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, pflanzlichen und
tierischen Produkten und Rohstoffen sowie verarbeiteten landwirtschaftlichen Waren
befassen. Dementsprechend gehören, neben den landwirtschaftlichen Produzenten, auch die
Verarbeitungsbetriebe zu den Agrar- und Ernährungswirtschaften. Die gesamte
Ernährungskette schließt in diesem Fall alle Stufen der Lebensmittelproduktion und -verkauf,
vom Produzenten über die Verarbeiter und Händler bis zum Lebensmitteleinzelhandel, ein.
Das ganze System wird auch häufig als Agribusiness bezeichnet (Zusammensetzung der
englischen Worte „agriculture“ und „business“). Das erste Mal wurde dieser Begriff 1955 auf
der Boston Conference for Distribution von John H. Davis verwendet. In der darauffolgenden
Veröffentlichung definiert er, zusammen mit Goldberg Agribusiness, als die Summe aller
Prozesse, die zur Herstellung und Distribution landwirtschaftlicher Güter ausgeführt werden.5
Zurek setzte den Begriff Agribusiness mit „Agrarkomplex“ und „Nahrungswirtschaft“ beinahe
gleich. Dabei versuchte er die Begriffe unter folgenden Gesichtspunkten zu differenzieren:
• „Nahrungswirtschaft“ weist auf die Funktion des Systems innerhalb der Volkswirtschaft hin
und betont dahingehend die Einheitlichkeit der Nahrungsmittelherstellung;
• „Agrarkomplex“ bezieht sich auf die hohe Heterogenität der Wirtschaftsbereiche innerhalb
von dem Sektor. Der Begriff Agrarkomplex wird erst durch die Zusammenfassung der
ökonomischen Zusammenhänge der einzelnen Wirtschaftsbereiche definiert. Die
Landwirtschaft wird dabei als zentrales Element des Sektors bezeichnet;6
• „Sektorale Verflechtung des Agrarkomplexes“ findet nach Zurek über den ganzen Weg
statt, über den die landwirtschaftlichen Güter vom Erzeuger zum Verbraucher gelangen.7
Er übernahm somit den Begriff des Agrarkomplexes von Zurek, setzte aber den Agrarkomplex
nicht mit dem Agribusiness gleich.
Nach Rieping werden heute zwei unterschiedliche Ansätze zum Begriff „Agribusiness“
benutzt. Sie werden als „enge Definition“ und „weite Definition“ bezeichnet. 9
Die „enge Definition“ ist ein von Schäkel verwendeter Begriff, der die Landwirtschaft nicht in
das Konzept Agribusiness einschließt, aber die vor- und nachgelagerten Branchen umfasst.
Die „weite Definition“ bezieht sich auf den Begriff von Davis und Goldberg und umfasst den
gesamten Agrarsektor, wobei alle Branchen der Wertschöpfungskette miteinbezogen werden.
Die Kette fängt mit den landwirtschaftlichen Arbeiten an, geht über die landwirtschaftliche
Produktion bis hin zur Verarbeitung mit begleitenden Dienstleistungen und schließt mit dem
Kauf vom Endverbraucher ab. 10
Strecker geht noch ein Stuck weiter und beschreibt Agribusiness als System, das alle indirekt
und direkt an der Produktion und am Absatz von den Lebensmitteln beteiligten Prozessen
umfasst.11 Des Weiteren benutzt er als erster den Begriff „Food Supply Chain“, auf Deutsch
„Wertschöpfungskette Ernährung“.
Abbildung 1 zeigt das Gesamtsystem der Wertschöpfungskette Ernährung und die Verbindung
zwischen den einzelnen Elementen.
Betriebsmittelhersteller:
Landtechnik, Tierfutter,
Pflanzenschutz, Düngemittel…
Betriebsmittelgroßhandel
(Landgroßhandel)
Export/Import
Landwirtschaftliche Betriebe
D
I
E
N
Sammel- und S
Aufbereitungsgroßhandel T
L
E
I
Ernährungsindustrie S
Fleisch- und Milchprodukte, T
Getränke, Öle und Fette, Back- U
Ernährungshandwerk und Teigwaren, Obst & Gemüse N
Bäcker, Metzger, etc. etc. G
E
N
Lebensmittelgroßhandel
Lebensmitteleinzelhandel HORECA
Supermarktketten Hotels, Gastronomie, Catering
Endverbraucher
Zum System der Wertschöpfungskette Ernährung gehören nach Strecker ebenfalls alle an der
Produktion sowie dem Absatz von Lebensmitteln beteiligten Parteien, u. a. auch die
Betriebsmittelhersteller, die Futtermittel, Saatgut, Düngemittel sowie Maschinen und Geräte
liefern.
Durch die Unternehmen der Ernährungsindustrie erfolgt die Verarbeitung von Agrarprodukten,
d. h. von Rohstoffen pflanzlichen, tierischen und mineralischen Ursprungs werden durch
Hinzufügen von Sach- und Dienstleistungen die gefertigten Lebensmittelprodukte wie Fleisch-
und Milchprodukte, Backwaren, Getränke, Öle und Fette erstellt. Der Verarbeitungsprozess
wird dabei in folgende Schritte aufgegliedert:
Über den Betriebsmittelgroßhandel wird gesprochen, wenn die zur Produktion gehörenden
Waren, wie Landtechnik und Tierfutter an die landwirtschaftlichen Betriebe in großen Mengen
verkauft werden.
In der vorliegenden Arbeit wird unter dem Begriff Agribusiness die Definition von Strecker
verstanden. Gleichzeitig soll im Rahmen dieser Arbeit auf den Agrar- und Lebensmittelexport
sowie auf die damit verbundenen Dienstleistungen eingegangen werden, welche einen
bedeutenden Bestandteil vom Agribusiness darstellen.
Der Lebensmittelmarkt ist durch folgende Besonderheiten gekennzeichnet, welche auf die
materiellen Güter in der Regel nicht zutreffen (siehe Abbildung 2). Um eine erfolgreiche
Absatzstrategie zu erstellen, ist es wichtig diese Merkmale zu berücksichtigen.
Regulierung
durch die EU-
Agrarmarkt-
politik
Angebot-
Marktsättigung
schwankungen
Landwirtschafts-
und
Ernährungsindustrie
hohe
steigender Lebensmittel-
Preisdruck sicherheits-
anforderungen
Typisch für die Agrarmärkte ist die staatliche Agrarmarktpolitik, die in der EU die Regulierung
von den Mengen und Preisen auf die Agrarproduktion durch Quoten, Importeinschränkungen
und umfangreiche Subventionen übernimmt. Damit werden vielfältige politische und
agrarpolitische Ziele (Einkommen von Landwirten, Ernährungssicherheit, Absatzförderung
etc.) verfolgt. Die Mengen und Preise lassen sich durch die Marktordnungen regulieren, deren
Hauptfunktion darin besteht, den EU-Binnenmarkt vom Weltmarkt mit seinen zum Teil viel
niedrigeren Preisen zu schützen. Eine Mengenkontrolle erfolgt dabei vor allem über die
jeweiligen Quotensysteme. Die nationalen Produktionsquoten für wichtige Agrarprodukte wie
Milch,16 Zuckerrüben, Baumwolle etc. beinhalten Produktionsrechte für den Agrarproduzenten.
Wenn dieser so viel produziert, wie ihm an Produktionsrechten zustehen würde, bekommt er
einen staatlich zugesicherten Preis, der erheblich über dem Weltmarktpreis liegt. Gleichzeitig
werden innerhalb der EU die Preise für eingeführte Agrarprodukte künstlich hochgehalten
durch solche Instrumente, wie Steuerungselemente und Einfuhrkontingente. Die EU
unterstützte bis vor kurzem auch die europäischen Exporteure in vielen Branchen, in dem sie
die Differenz zwischen dem EU- und dem Weltmarktpreis zahlte (Exporterstattung).
Neben den direkten Mengeneingriffen auf den Binnenmarkt (Intervention) werden auch indirekt
wirkende Beihilfen eingesetzt. Hierbei handelt es sich um Erzeugerbeihilfen,
Verarbeiterbeihilfen, Beihilfen für die Absatzförderung und die private Lagerhaltung. Zur
Absatzförderung gehört die Finanzierung der regionalen oder sektoralen Vermarktung von
Agrarprodukten und Lebensmitteln.17
Die andere Besonderheit des Agrarmarktes ist die nicht proportionale Angebotsentwicklung
der Agrarproduktion im Vergleich zur Nachfrage. Technischer Fortschritt durch
produktionstechnische und organisatorische Verbesserung des Produktionsprozesses führt
hier zu einer entsprechenden Angebotserweiterung. So bleibt die Nachfragesteigerung auf
Agrarprodukte in der Regel hinter der Angebotserhöhung zurück. 18 Um die Folgen des
erhöhten Angebots zu beseitigen wird eine staatlich preisstützende Politik angewandt.
Angebotsschwankungen entstehen auch aufgrund der saisonalen und klimatischen
Bedingungen, was vor allem pflanzliche Erzeugnisse sowie Weinbau betrifft.
Die anderen Besonderheiten der Agrarmarkterzeugnisse sind die hohen Anforderungen an die
Lebensmittelsicherheit. Die Lebensmittel sollten zum Verzehr geeignet sein und keinen
gesundheitlichen Schaden hervorrufen. Eine kurze Haltbarkeit im Vergleich zu materiellen
Gütern, gesonderte Lagertemperaturen, erhöhtes Risiko vom Lebensmittelverderb durch
Mikroorganismen und Bakterien fördern hier entsprechende Kontrollen von Lebensmitteln.
Demzufolge gibt es zahlreiche Kontrollmaßnahmen um die Lebensmittelsicherheit sowie die
Einhaltung der hygienischen Anforderungen bei der Produktion sicherzustellen. Seit dem
1. Januar 2006 finden in allen EU-Mitgliedsstaaten EU-Verordnungen zur Lebensmittelhygiene
direkte Anwendung, die die bisherige nationale Verordnung abgelöst haben:
Die Zuständigkeit für die amtliche Lebensmittelüberwachung sowie das Veterinärwesen liegt
in den europäischen Ländern bei den entsprechenden Ministerien. In Deutschland beschäftigt
sich mit den Angelegenheiten des gesundheitlichen Verbraucherschutzes auf Bundesebene
das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Das BVL untersteht
dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).19
Neben den staatlichen Institutionen und Behörden existieren in der EU viele private
Einrichtungen, die in regelmäßigen Abständen prüfen, ob alle Sicherheitsanforderungen bei
der Lebensmittelproduktion erfüllt werden und verteilen entsprechende Siegel oder Zertifikate.
Dazu gehören u. a. die Verbraucherverbände, die Stiftung Warentest, Ökotest. In Deutschland
vergibt die QS Qualität und Sicherheit GmbH mit dem Sitz in Bonn das QS-Prüfzeichen an die
frischen Lebensmittel wie Fleisch, Wurst, Obst, Gemüse und Kartoffeln. Voraussetzung ist die
stufenübergreifende Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen, sowie teilweise auch
darüberhinausgehender Kriterien. Das Unternehmen wird von fünf Verbänden aus der Land-
und Ernährungswirtschaft getragen.
Für die Verbraucher stellte die Lebensmittelindustrie schon immer einen wichtigen Sektor dar.
Durchschnittlich geben europäische Haushalte ca. 15 % ihres gesamten Einkommens für
Lebensmittel aus. Somit stehen die Ausgaben für Getränke und Nahrungsmittel auf dem
zweiten Platz nach den Ausgaben für Wohnung, Wasser und Strom,21 was allerdings im
Vergleich zu den Entwicklungsländern ein sehr viel geringerer Anteil ist und als die
vorangeschrittene Marktsättigung gekennzeichnet werden kann. Die europäischen
Verbraucher sind mit dem Angebot in den Supermärkten also eher verwöhnt, wobei das
physiologische Aufnahmevermögen des Menschen für Lebensmittelprodukte beschränkt ist.
Ein hoher Sättigungsgrad kann bei Lebensmitteln somit zu einer Nachfrageverschiebung
zwischen den jeweiligen Produkten führen. Folglich wird der Wettbewerb stimuliert und es
entstehen neue verarbeitende Produkte an der Stelle der alten. So entwickelt sich der
Wettbewerbsdruck zwischen den europäischen Produzenten maßgeblich stärker als auf den
Märkten, wo der Pro-Kopf-Konsum der Lebensmittel noch zunimmt.22
Weltweit ist die EU der größte Nahrungsmittel- und Getränkeproduzent. Agribusiness ist somit
einer der Kernsegmente der europäischen Wirtschaft. Die vier wichtigsten Elemente der
Wertschöpfungskettestruktur der EU in Zahlen sind nachfolgend in Tabelle 1 abgebildet:
Nach der Herstellung von Metallerzeugnissen ist die Ernährungsmittelindustrie der größte
Sektor des Verarbeitenden Gewerbes in der EU-Wirtschaft, mit einem Gesamtumsatz von
1062 Mrd. Euro.26 Der wirtschaftliche Anteil der Lebensmittelbranche liegt in diesem
Zusammenhang für viele europäische Staaten bei mehr als 15 % des gesamten Gewerbes.27
Auch die europäische Landwirtschaft übt einen großen Einfluss auf die gesamte
Ernährungskette mit einem Umsatz von 409 Mrd. Euro und mehr als 12 Mio. Unternehmen,
aus. Die agrarwirtschaftliche Fläche in der EU-28 hat einen Anteil von ca. 40 % der gesamten
Landfläche und umfasst 176 Mio. ha.28 Mit diesen Parametern hat die Landwirtschaft einen
starken Einfluss auf die Umwelt, darunter direkte Auswirkungen auf Boden, Wasser und Luft.
Die europäische Agrarpolitik gehört zu den wichtigsten Aufgabefeldern der EU-Politik. Sie wird
auf der EU-Ebene von den Regierungen der Mitgliedstaaten beschlossen und aus dem
Gemeinschaftshaushalt der EU finanziert. Die gemeinsame Agrarpolitik ist somit der einzige
komplett gemeinschaftlich finanzierte Politikbereich. Mit den über die gemeinsame Agrarpolitik
bereitgestellten Mitteln werden sowohl die Landwirte als auch die ländlichen Regionen
gefördert. Agrarwirtschaft hat einen Anteil von rund 40 % des EU-Haushalts und betrug im
Jahr 2014 einschließlich der Nachtragshaushalte 140,4 Mrd. Euro, was 2,8 % weniger ist, als
im Jahr 2013. Laut der Statistik des europäischen Agrarhaushalts zahlt jeder EU-Bürger
durchschnittlich 32 Cent am Tag für die europäische Agrarpolitik. 29
23 Datenbank 2012.
24 Datenbank 2010.
25 Datenbank 2010.
26 Vgl. European Food and Drink Industry [2015], S. 12.
27 Abweichungen in den Statistikdaten in diesem Kapitel basieren auf unterschiedlichen Formen der
Datenerhebungsverfahren und unterschiedlichen Jahren der Datenbefassung.
28 Vgl. Eurostat Agriculture Forestry and Fishery Statistics [2015], S. 36; vgl. dazu auch DBV Situationsbericht
2014/2015, S. 81.
29 Vgl. DBV Situationsbericht 2014/2015, S. 85-87.
Agrar- und Ernährungswirtschaft: Theoretische Ansätze und aktuelle Entwicklungen 13
Der Beitrag der Land- und Forstwirtschaft zur volkswirtschaftlichen Bruttowertschöpfung lag
2013 in den europäischen Ländern insgesamt bei 1,7 %. Am größten ist der landwirtschaftliche
Anteil in Rumänien mit 6,4 %. Die deutsche Landwirtschaft trägt hier mit 0,9 % zur
gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung bei, Frankreich und Italien haben Anteile von
jeweils 1,8 % und 2,1 %.30
Tabelle 2 zeigt den Wert der landwirtschaftlichen Erzeugung innerhalb der EU sowie die
Anteile tierischer und pflanzlicher Erzeugnisse an der gesamten landwirtschaftlichen
Produktion im Jahr 2014.
EU 392 281 52 13 21 43 25 16 5
Belgien 8 009 40 5 24 59 40 17 1
Bulgarien 3 819 65 29 9 28 12 13 6
Tschechien 4 771 59 25 8 38 17 20 2
Dänemark 10 465 32 11 8 63 36 19 5
Deutschland 51 032 47 13 11 49 24 23 4
Estland 838 43 20 9 52 18 30 5
Irland 7 387 25 4 5 70 41 28 6
Griechenland 9 699 69 8 39 27 14 11 4
Spanien 41 103 60 8 35 39 29 8 1
Frankreich 70 584 56 14 13 38 23 14 6
Kroatien 2 388 62 25 12 34 20 10 4
Italien 48 350 55 9 28 34 21 11 11
Zypern 699 52 3 39 48 28 16 0
Lettland 1 080 50 23 10 47 15 24 3
Litauen 2 445 60 33 5 38 15 18 2
Luxemburg 413 47 6 3 52 23 28 1
Ungarn 7 558 60 32 13 36 24 8 5
Malta 120 41 0 37 59 37 17 0
Niederlande 26 752 48 1 41 42 20 19 10
Österreich 6 626 43 11 13 52 29 19 5
Polen 22 562 47 18 17 51 29 18 2
Portugal 6 492 56 4 35 42 27 12 2
Rumänien 15 486 73 25 29 26 13 7 1
Slowenien 1 155 50 8 17 48 25 18 2
Slowakei 2 136 55 29 10 39 18 15 6
Finnland 3 980 38 15 18 60 23 30 3
Schweden 5 758 46 13 13 48 23 21 6
Ver. 30 575 38 15 15 58 36 18 4
Königreich
EU 392 281 52 13 21 43 25 16 5
Frankreich zählt zu den größten Agrarproduzenten in der EU-28 mit einem Gesamtwert der
Agrarproduktion von 70,6 Mrd. Euro, gefolgt von Deutschland mit 51 Mrd. Euro und Italien mit
48,4 Mrd. Euro. Rumänien zeigt den höchsten Anteil an pflanzlicher Erzeugung (73 %) und
Irland an tierischer Erzeugung (70 %). In folgenden Ländern verteilte sich die
landwirtschaftliche Erzeugung ungefähr gleichmäßig auf eine pflanzliche und tierische
Produktion: Deutschland (47 % pflanzliche und 49 % tierische Erzeugung), Slowenien (jeweils
50 % und 48 %) und Schweden (jeweils 46 % und 48 %).
Dabei produziert Frankreich mit 67,3 Mio. Tonnen 22 % der gesamten Getreidevorräte in der
EU, gefolgt von Deutschland mit 47,8 Mio. Tonnen (16 % der Gesamterzeugung) und Polen
(28,5 Mio. Tonnen oder 9 % der Gesamterzeugung). Italien ist der führende
Tomatenproduzent (5,2 Mio. Tonnen oder 35 % der Tomatenproduktion in der EU), gefolgt von
Spanien (3,8 Mio. Tonnen bzw. 25 % der Gesamtproduktion) und Portugal (1,2 Mio. Tonnen
bzw. 8 % der Gesamtproduktion). Von dem am meisten produzierten Obst in der EU – Äpfel
– wurden in 2013 fast 12 Mio. Tonnen in der EU produziert, 26 % stammten dabei aus Polen,
18 % aus Italien und 17 % aus Frankreich.
Was die tierische Erzeugung angeht, so ist Deutschland führend bei der
Schweinefleischproduktion (5,5 Mio. Tonnen oder 25 % der EU-Gesamterzeugung) und bei
der Kuhmilchproduktion (31,3 Mio. Tonnen bzw. 20 % der EU-Gesamterzeugung). Frankreich
ist hingegen der größte Rindfleisch- und Geflügelfleischproduzent (1,4 und 1,7 Mio. Tonnen). 31
Am europäischen Arbeitsmarkt ist die Bedeutung vom Agribusiness ebenfalls sehr groß. Die
Beschäftigung in der Ernährungswirtschaft hat einen Anteil von etwa 15 % am gesamten
Verarbeitenden Gewerbe. Die Getränke- und Ernährungsindustrie beschäftigt 4,3 Mio.
Menschen in ca. 289.000 Unternehmen. 30 % von den Erwerbstätigen sind niedrig qualifiziert
(gegenüber 21 % in den anderen Wirtschaftsbereichen). Der Sektor beschäftigt im
Durchschnitt mehr Frauen im Vergleich zur Industrie (43 % gegen 30 %).32 Die gesamte
Beschäftigungsstruktur in der EU ist in nachfolgender Abbildung 3 dargestellt:
1. Andere
8%
12% Metalindustrie
55%
Maschinen und Anlagen
15%
Automobilindustrie
Betrachtet man die Zahl der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft, so platziert sich der
Agrarsektor unter den Top 3 für mehrere EU-Staaten.
Agribusiness charakterisiert sich in diesem Kontext durch seine hohe Anzahl von kleinen und
mittleren Unternehmen. 99 % der Unternehmen in der Ernährungswirtschaft stellen die KMU
dar. Sie beschäftigen 2,9 Mio. Arbeitnehmer (63,3 % der Gesamtarbeitnehmerzahl) und tragen
ca. 50 % von dem gesamten Umsatz bei.34
Produkten und Lebensmitteln, gefolgt von den USA, Brasilien, China und Kanada. Tabelle 3
zeigt die Anteile der wichtigsten Exportnationen im Weltagrarhandel in den Jahren 2005 und
2014 nach Ländern sortiert.
Die EU-28 hatte im Jahr 2014 mit 577,1 Mrd. US-Dollar 39 % Anteil am weltweiten Handel.
Davon entfielen 28,5 % (423 Mrd. US-Dollar) auf den Handel innerhalb des Binnenmarktes.35
Im Jahr 2005 lag der Anteil der EU-27 bei mehr als 46 % am Gesamtwelthandel. Demzufolge
hat die EU in den letzten 9 Jahren 7,5 % Anteil am Weltagrarhandel verloren. Positive
Tendenzen bei der Exportentwicklung zeigten hingegen USA (+1 %), Brasilien (+0,84 %),
China (+0,66 %), Indien (+1,15 %) und Indonesien (+0,93 %). Insgesamt hat sich der
Exportwert vom Agrarhandel weltweit beinahe verdoppelt, von 682,77 Mrd. US-Dollar auf im
Jahr 2005 1486,28 Mrd. US-Dollar in 2014.
Die wichtigsten Handelspartner der EU für den Lebensmittelexport in 2014 waren die USA mit
einem Gesamtexportwert von 14.466 Mio. Euro, gefolgt von Russland mit 6335 Mio. Euro,
China mit 5583 Mio. Euro, Schweiz mit 5304 Mio. Euro und Japan mit 4607 Mio. Euro
Lebensmittelexportwert. Die meisten Getränke und Lebensmittel wurden in die EU aus
Brasilien (6706 Mio. Euro Importwert), USA (4.853 Mio. Euro) und Argentinien (4341 Mio.
Euro) importiert.36
Betrachtet man alle Länder separat, so sehen die Anteile der wichtigsten
Lebensmittelexporteure wie folgt aus (Abbildung 4):
5.84% Deutschland
5%
2.94% Frankreich
6.25%
Niederlande
2.13%
45.09% Italien
2.47%
Ver. Königreich
Indien
10.03% USA
Kanada
Brasilien
China
Argentinien
3.33% Indien
Indonesien
5.30… Sonstige
2.38% 2.47% 2.50% 4.27%
Deutschland, Frankreich, Niederlande und Italien gehören zu den Top-10 der wichtigsten
Weltagrar- und Lebensmittelexporteure. Dabei sind die Niederlande die führende europäische
Exportnation mit 92.845 Mio. US-Dollar Gesamtexportwert im Jahr 2014 bei den Land- und
Ernährungswirtschaftsgütern, gefolgt von Deutschland (86.827 Mio. US-Dollar
Gesamtexportwert), Frankreich (74.287 Mio. US-Dollar) und Italien (43.756 Mio. US-Dollar).
Das Vereinigte Königreich nimmt Platz 12 im Weltagrarhandelsranking und Platz 5 in Europa
mit 32.255 Mio. US-Dollar Exportwert im Jahr 2014.
Die einzelnen Ausfuhrdaten von den besonders relevanten für diese Arbeit europäischen
Ländern sind in Tabelle 4 dargestellt.
Agrar- und Ernährungswirtschaft: Theoretische Ansätze und aktuelle Entwicklungen 18
Die Ausfuhrkategorien sind dabei nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Gütern der
Ernährungsindustrie aufgeteilt. Der Durchschnittswert der Ausfuhren ist für den späteren
Verlauf dieser Arbeit wichtig. Die Exportstruktur der einzelnen Länder wird dahingehend in
Kapitel 6 ausführlicher beschrieben.
25000
20000
15000
10000
5000
2012 2014
Dabei lässt sich feststellen, dass die Fleischwarenexporte etwas zurückgegangen sind
(10.857 Mio. Euro in 2014 gegenüber 11.249 Mio. Euro in 2012). Die Milchbranche hat ihren
Exportanteil dagegen von 9.488 Mio. Euro im Jahr 2012 auf 11.047 Mio. Euro in 2012
vergrößert. Eine aussagefähige Erhöhung der Exportwerte war hier auch bei sonstigen
Nahrungsmitteln (wie z. B. Süßwaren, Tee, Kaffee) zu sehen. Andere Teilsektoren der
europäischen Lebensmittelexporte haben keine bedeutenden Veränderungen in den letzten 3
Jahren gezeigt.
2.4.3 Kritik
Der internationale Handel mit Agrarprodukten wird häufig kritisch betrachtet. Gründe dafür
sind: industrielle Massentierhaltung und Pflanzenzüchtung, zu starke Profitorientierung von
Industrienationen, Ausbeutung von Billigarbeitskräften, Umweltverschmutzung und viele
andere Aspekte. Die Befürworter des Agrarhandels sprechen dagegen über die
wirtschaftlichen Vorteile beim Austausch von Agrargütern. Diesen Austausch einzuschränken,
würde bedeuten, die hungernde Bevölkerung aus den Entwicklungsländern zu benachteiligen
sowie die europäischen Konsumenten, denen zurzeit ein vielfältiges und preiswürdiges
Angebot für Lebensmittel zur Verfügung steht, einzuschränken. Die Debatte pro und kontra
Agrar- und Ernährungswirtschaft: Theoretische Ansätze und aktuelle Entwicklungen 21
Weltagrarhandel bleibt nach wie vor ein spannendes Thema für die Ernährung- und
Wirtschaftswissenschaftler.
Der Agrar- und Lebensmittelhandel existiert schon seit Jahrhunderten und begann, ähnlich wie
auch der Handel mit anderen Gütern, mit dem lokalen Austausch, der sich später ausbreitete.
Schon das römische Reich hat Getreide aus Ägypten und Nordafrika gekauft. Im Mittelalter
wurden bereits Gewürze, wie z. B. Pfeffer, nach Europa exportiert. 39
Heute wird die Welt durch fließende Handelsströme mit Nahrungsmitteln geprägt. 2014
betrugen die Agrar- und Nahrungsmittelexporte weltweit fast 1500 Mrd. US-Dollar. Vor allem
profitieren die Verbraucher davon, die exportierten Waren aus der ganzen Welt kaufen zu
können. Der internationale Lebensmittelhandel nimmt kontinuierlich zu und der
durchschnittliche europäische Konsument kann sich nicht mehr an die Zeiten erinnern wo es
noch starke Handelsbarrieren gab. Industrialisierte Landwirtschaft, ein gut entwickeltes
Logistiksystem und zahlreiche Technologiefortschritte ermöglichen es vielen Verbrauchern
weltweit, Produkte aus weitliegenden Ländern in lokalen Supermärkten zu kaufen.
Die Geschichte zeigt, dass die Entwicklung des internationalen Agrarhandels in der Welt durch
einen großen Bevölkerungseinstieg stimuliert worden ist. Die Bevölkerung weltweit hat in den
letzten 50 Jahren erheblich zugenommen. Im Jahre 1960 lebten nur 3 Mrd. Menschen auf der
Erde, 50 Jahren später gab es schon 7 Mrd. Menschen auf unserem Planeten. Momentan
wächst die Bevölkerung jedes Jahr um ca. 80 Mio. Menschen. Wenn die Geburtenrate so hoch
bleibt, werden im Jahr 2050 11 Mrd. Menschen auf der Erde leben. Um die Menschheit
reichhaltig ernähren zu können, müssen hier mehr Lebensmittel produziert werden.
Insbesondere in den Entwicklungsländern nimmt die Bevölkerungszahl jährlich sehr stark zu.
Grade dort gibt es ein großes Problem mit der Essenversorgung. Die wirksamsten Mittel gegen
den Hunger bleiben weltweit die Ausweitung der landwirtschaftlichen Fläche sowie die
Lebensmittelexportsteigerung.
Als weiterer, häufig historisch bedingter Grund für die Entwicklung des internationalen Handels
und vor allem für das Unterschreiben der Handelsabkommen zwischen den Ländern, kann die
internationale Sicherheit genannt werden. Zwar wird sie als umfassendes globales
Gemeinschaftsprojekt gesehen, doch die Ansichten über die Umsetzung differieren teilweise
in unterschiedlichen Punkten und erschweren/begünstigen manche Kooperationen. In
welchem Umfang sie reguliert wird hängt allerdings von der Form der Handelskooperation ab.
Eine tiefe Handelsintegration (Zollunion oder Gemeinsamer Markt) beinhaltet den Aufbau von
gemeinsamen supranationalen Institutionen und trägt somit auch zur Schaffung einer
Verhandlungsbasis als Reaktion auf Streitigkeiten und zwischenstaatliche Konflikte bei,
während eine flache Vereinbarung (Freihandelsabkommen) nur eine schwache institutionelle
Integration erfordert und somit kaum Auswirkungen auf internationale Sicherheitsfragen hat.
Umgekehrt können auch die zwischenstaatlichen Streitigkeiten Anreize für die Schaffung von
Handelsabkommen und die Entwicklung der zwischenstaatlichen Handelsbeziehungen
reduzieren.40
Die andere Auswirkung vom Agrarhandel ist es, dass der Austausch von landwirtschaftlichen
Rohstoffen und Lebensmitteln viele Länder zu einem Wohlstandsgewinn führt. Der
internationale Austausch ermöglicht die Arbeitsteilung mit dem Ziel sich auf die Produktion von
Gütern zu konzentrieren, in der das jeweilige Land bessere Ergebnisse erzielt. Die
produzierenden Länder können von den Economies of Scales Effekten profitieren. So können
die fixen Produktionskosten pro hergestellte Ware mit steigender Produktionsmenge reduziert
werden, was zu Kostenersparnissen für die Länder, die diese Ware herstellen, führt. 41 Auf
diese Weise kann die Gesamtproduktion kooperierender Länder gesteigert werden.
Deutschland als drittgrößter Lebensmittelexporteur und als zweitgrößter Agrarimporteur
Europas ist ein gutes Beispiel für die Nutzung arbeitsteiliger Prozesse. Europäische Länder
mit ihrer hohen Kaufkraft stellen demzufolge einen guten Absatzmarkt für die
Entwicklungsländer dar, die hauptsächlich Agrarrohstoffe exportieren.
Zahlreiche Studien haben zudem nachgewiesen, dass Export- und -Importaktivitäten zu einer
Konkurrenzkompetenz der Unternehmen auf dem Innenmarkt beitragen. Die Firmen, die ins
Ausland verkaufen, sind in der Regel auch erfolgreich auf dem einheimischen Markt und
zeigen bessere Ergebnisse in den Bereichen Verkauf, Qualitätsmanagement und HR-
Management als ihre weniger aktiven Konkurrenten im Ausland. 42 Die internationalen
Erfahrungen, die mit unterschiedlichen Kundenbedürfnissen gemacht werden, können zur
Verbesserung des Produkt- oder Dienstleistungsangebots genutzt werden.43
Zudem haben einige empirische Studien gezeigt, dass die exportierenden Unternehmen in der
Regel höhere Löhne an ihre Arbeitnehmer zahlen. Dazu gibt es zwei Erklärungstheorien: Auf
der einen Seite können die exportierenden Unternehmen mehr Mitarbeiter mit höherer
Qualifikation bei sich beschäftigen, als die nichtexportierenden. In diesem Fall entspricht das
Gehalt des Arbeitnehmers dessen Fähigkeiten und Qualifikation – der so genannte Skill
Composition Effekt.44 Auf der anderen Seite könnte der Rent-Sharing-Effekt sowie die
Instabilität auf dem Arbeitsmarkt dazu führen, dass die exportierenden Firmen höhere Löhne
an gleich qualifizierte Mitarbeiter im Vergleich zu den nichtexportierenden Firmen zahlen. Der
Rent-Sharing Effekt entsteht dann, wenn die exportierenden Unternehmen gleichzeitig andere
positive Effekte erzeugen, darunter Gewinne und ökonomische Rente, die eine gemeinsame
Nutzung vorsehen und entsprechend zwischen allen Beteiligten aufgeteilt werden.45
Das Phänomen des Rent-Sharings erklärt einen Großteil der Industrielohndifferenzen.
Doch die rasche Entwicklung des Weltagrarhandels bringt auch viele Nachteile mit sich, da im
internationalen Handel verschiedenste Interessenlagen aufeinandertreffen. Viele Staaten
wollen in diesem Zusammenhang mehr Agrarhandel betreiben und neue Märkte erschließen,
gleichzeitig aber ihre eigene Agrarwirtschaft gegen Importe schützen. So entstehen
Handelsbarrieren in Form von Zollbeschränkungen, Subventionen für die eigene Produktion
oder als nicht-tarifären Handelsbeschränkungen bezeichnete Anträge, Lizenzen,
diskriminierende Veterinär-, Umwelt- und Sicherheitsvorschriften für jeweilige Branchen oder
Länder.46 Bspw. können auch die hohen Qualitätsstandards der Industrienationen Einfuhren
aus anderen Ländern verhindern. Nach den aktuellen WTO-Regeln haben viele arme Länder
nicht das gleiche Recht wie die EU, welche Schutzzölle erheben darf. Nur 22 arme Länder
haben zurzeit das Recht von der Schutzklausel des WTO-Agrarabkommens Gebrauch zu
machen und vor den manchmal unnötigen ausländischen Importen von Gütern und
Dienstleistungen die eigene Wirtschaft zu schützen. 47
Als Hauptgegenargument gegen internationalen Handel aus Sicht des importierenden Landes
wird das Infant-Industry-Argument genannt, das davon ausgeht, dass es sehr schwierig sei
eine eigene gut funktionierende Wirtschaftsstruktur zu bilden, wenn diese von Anfang an mit
starker ausländischer Konkurrenz koexistieren muss. Zu hoch sind in dem Fall die
Produktions- sowie Personalkosten aufgrund der mangelnden Erfahrung der Mitarbeiter. 48
Demzufolge müssten unterentwickelte Länder eine Chance haben, ihr Wachstumspotenzial zu
entwickeln, bevor sie sich für den freien Wettbewerbsmarkt öffnen. So müssten die am
wenigsten entwickelten Länder (Least Developed Coutries - LDCs) - und die
Entwicklungsländer in der Regel größere Übergangsfristen und Anspruch auf eine besondere
und differenzierte Behandlung bei dem Beitritt zur WTO haben, was in der Realität nicht immer
der Fall ist.
Obwohl das Infant-Industry-Argument in der Wirtschaftstheorie sehr verbreitet ist, haben die
längeren Übergangsfristen für die LDCs in der Praxis einen Nachteil: Wenn sich der befristete
Schutz „junger“ Industrien dem Ende nähert, wird der Druck, die protektionistischen
Maßnahmen aus Eigeninteresse der Politiker zu verlängern, sehr stark sein. Es besteht somit
das Risiko, dass sich die Infant-Industrie allmählich in eine „geriatrische“ protektionistische
Lobby verwandelt. 49
Die Entwicklungschancen eines Landes werden zwar positiv mit den Effekten der
Arbeitsteilung beeinflusst, aber gleichzeitig auch gefährdet, wenn eine notwendige
Spezialisierung zur Bildung von stark ausgeprägten einseitigen Produktionssystemen führt. So
kann eine starke Abhängigkeit von der Preisentwicklung einer bestimmten Warengruppe auf
den Auslandsmärkten entstehen. Beispiele dafür sind afrikanische oder lateinamerikanische
Länder, deren Ausfuhr größtenteils aus Kaffee oder Baumwolle besteht. Die Weltmarktpreise
von solchen Waren und dementsprechend die Erlöse dieser Länder hängen normalerweise
von Ernteschwankungen sowie von der Marktkonjunktur in den Industrieländern ab.
Das andere Argument gegen den Welthandel ist die Auswirkung der Importe auf die
Arbeitsplätze im Inland. Dies findet vor allem statt, wenn es sich um Produkte handelt, die
einen relativen Preisnachteil haben. Die Herstellung von solchen Waren im Inland und
dementsprechend die Beschäftigung in dieser Branche gehen in dem Fall zurück. Das
Theorem der komparativen Kosten behauptet jedoch, dass die freigesetzten
Produktionsfaktoren in die Produktion umgeleitet werden können, bei der das Land
komparative Vorteile aufweist. In der Realität erscheinen die damit verbundenen Umstellungen
allerdings für die Betroffenen problematisch. Die Unternehmen müssen hohe Kosten für die
Umstrukturierung des Produktionsprozesses tragen. Die dort beschäftigten Mitarbeiter
verlieren häufig ihren Arbeitsplatz oder müssen eine Umschulung machen. Oft unterstützt der
Staat den Strukturwandel mit Hilfe von Subventionen sowie sozialer Hilfe für
betroffene Arbeitnehmer. Doch aus langfristiger Sicht bestehen auch hier wirtschaftliche
Nachteile für das betroffene Land. So fließen volkswirtschaftliche Ressourcen, die auch zu
anderen Zwecken, wie z. B. der Forschung und Entwicklung dienen könnten, in die
Umstrukturierung der Betriebe. 51
in den letzten 1,5 Jahren erreicht. 53 Auch bei der Schweinefleisch- und Milchproduktion ist der
Selbstversorgungsgrad Russlands während der Embargozeit wesentlich gestiegen. Im ersten
Halbjahr 2016 wurden insgesamt 6,2 Mio. Tonnen Fleisch in Lebendgewicht produziert, was
einem Anstieg von 6 % gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres entspricht. 54
Besonders stark wird die EU-Agrarpolitik wegen der billigen Massenproduktion von
Agrarrohstoffen kritisiert. Agrarsubventionen in Milliardenhöhe in der EU haben die
Weltmarktpreise stark beeinflusst. In die armen Länder wurden infolgedessen viele billige
Agrarprodukte verkauft. Die Kritiken behaupten, dass dieses Ereignis die Entwicklung der
Landwirtschaft der armen Länder und ihrer ländlichen Räume erheblich beeinträchtigt hätte.
Die Unterentwicklung der Agrarstrukturen hätte sich dadurch nur verstärkt. 55
Für die GAP-Strategie 2014-2020 ist insgesamt ein Betrag von 362.787 Mio. Euro geplant,
wobei 277.851 Mio. Euro für Direktzahlungen und marktbezogene Ausgaben (Säule 1) und
84.936 Mio. Euro für die ländliche Entwicklung (Säule 2) vorgesehen sind. 56 Die neue GAP
zeigt somit den Politikwechselkurs von der Unterstützung der Erzeugung zur Stützung von
Erzeugern und von Umweltaspekten. Direktzahlungen haben das Ziel die europäische
Ernährungsindustrie wettbewerbsfähig zu machen. Sie ermöglichen den europäischen
Landwirtschaftsunternehmen ihre Produkte zu den Preisen, teilweise unterhalb der
Produktionskosten zu verkaufen. Die Neugestaltung des GAP-Subventionssystems in
Direktzahlungen hat zwar in einigen Branchen in der EU die Produktionsanreize gesenkt,
gleichzeitig aber zur Überproduktion von Schweinefleisch, Geflügelfleisch und Milch
beigetragen.57 Kritisch betrachtet wird dabei auch die Verteilung der Direktzahlungen auf
relativ wenige großflächige Betriebe. Die europäische Politik profitiert davon, wenn die
Betriebe noch mehr Agrarstoffe zu günstigen Preisen produzieren, deswegen werden häufig
die leistungsstarken Betriebe gefördert und nicht die KMU.
Die Exportsubventionen wurden zwar zum größten Teil in der EU abgeschafft, allerdings
unterstützt jetzt die EU mit Hilfe von Direktzahlungen indirekt die Produktion und Verkauf von
Überschüssen. Die Liberalisierung des Agrarmarktes in der EU (Abschaffung der Milchquote)
führte ebenfalls zu sinkenden Erzeugerpreisen. So können die Überschüsse auch ohne
Exportsubventionen auf dem internationalen Markt verkauft werden. Ohne indirekt
subventionierte Überschüsse und aktive Exportpolitik wären die Weltmarktpreise für die
Agrarprodukte deutlich höher. So wird auch den Direktzahlungen die handelsverzerrende
Wirkung zugeschrieben. Besonders stark profitieren davon große Betriebe der Milch- und
Fleischbranche. Die Unternehmen aus der Fleischindustrie machen ihre Gewinne mit der
Absetzung von stark nachgefragten Bestandteilen in großer Menge, die Restprodukte werden
zu sehr niedrigen Preisen verkauft, mit denen die Länder mit weniger entwickelter
Produktionsstruktur nicht konkurrieren können. Der Vorwurf an die EU lautet, dass auch bi-
und multilaterale Handelsabkommen und der Zollabbau für europäische Agrarprodukte
zwischen der EU und den Entwicklungsländern, arme Länder zu einer unnötigen Öffnung ihrer
Märkte für europäische Güter zwingt, um dort weiterhin massenhaft die billigen Agrarprodukte
abzusetzen. Die Entsorgung wäre in diesem Fall teurer. 58 Europäische Billigimporte verhindern
wiederum, dass die einheimische Milch- oder Fleischproduktion weiterentwickelt werden kann.
So würde auch die vollständige Öffnung der Agrarmärkte in den AKP-Staaten Armut und
Ungerechtigkeit nicht bekämpfen, sondern verschärfen. Vom verbesserten Zugang zum
europäischen Markt, der den armen Ländern versprochen wurde, würden größtenteils nur
große exportorientierte Unternehmen der AKP-Gruppe profitieren.
Die EU findet die Rechtfertigung ihrer Agrarpolitik in der Tatsache, dass die Zahl der
Hungernden weltweit kontinuierlich steigt. Die Kritiker behaupten jedoch, dass viel
wahrscheinlicher als Nahrungsmittelknappheit in Anbetracht einer wachsenden
Weltbevölkerung die Überschreitung der ökologischen Tragfähigkeit auf unserem Planeten
erscheint. Spezialisten halten es heute durchaus für möglich, dass der Weltbevölkerung im
Jahr 2050 ausreichend Ernährungsmittel zur Verfügung stehen werden. 59 Nach Schätzungen
der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN könnte die Nachfrage nach
Lebensmitteln bis 2050 um 70 % steigen. Wenn die regionale Produktion in den
Entwicklungsländern sich weiterentwickelt, wird im Zeitraum 2000 bis 2030 der Importbedarf
der armen Länder bei Nahrungsmitteln voraussichtlich nur um das Zweifache steigen. 60
Das Potenzial zur Entwicklung der Produktion in den armen Ländern wird als sehr hoch
eingeschätzt. Die Unterstützung von den USA und der EU könnte theoretisch eine Steigerung
der Produktion mit dem Aufbau der standörtlichen Produktionskapazitäten und der
Vertriebskanäle in Entwicklungsländern verschaffen sowie die Abhängigkeit von den
Industrieländern in Bezug auf Agrarprodukte senken. Die Investitionen in die ökologische
Landwirtschaft in den Entwicklungsländern sind in der langfristigen Perspektive als sehr positiv
einzuschätzen. Sie führen zu einer Qualitätssteigerung der Agrarproduktion in armen Ländern
und weisen somit eine hohe Mitteleinsatzeffizienz auf. 61 Um im Kampf gegen den Hunger
tatsächliche Ereignisse zu erzielen, müsste die EU insgesamt ca. 18 Mrd. US-Dollar jährlich in
Entwicklungshilfe investieren, um die Produktion, ökologischen Landbau und die Infrastruktur
in den armen Ländern weiter zu entwickeln. 62 Diese Summe stellt weniger als ein Drittel des
jährlichen EU-Agrarhaushalts dar, der größtenteils für die Förderung der Agrarproduktion nur
in der EU dient.
Gleichzeitig trägt die europäische Agrarpolitik zum Verlust der Artenvielfalt, zur Überdünnung
der Gewässer, zur Bodenerosion, zur Emission von Klimagasen sowie zur Verbreitung der
nicht artgerechten Massentierhaltung bei. Mit zunehmender Ressourcenverknappung sowie
wachsenden Nebeneffekten der Massenproduktion hat die Verflechtung der Agrarwirtschaft
und der Umweltverschmutzung erheblich zugenommen. Darüber hinaus entsteht eine
Tendenz zur Vergrößerung von Landwirtschaftsunternehmen und entsprechender Zunahme
von schädlichen Auswirkungen. Die Kleinbauern können meistens dem starken
58 Vgl. Reichert, T./Spielmans, S./Mengel, C./Frein. M./Lanje. K [2009], S. 4f.; vgl. dazu auch Wiggertale, M.
[2011], S. 5.
59 Vgl. Wiggertale, M. [2011], S. 4.
60 Vgl. How to Feed the World in 2050 [2009], S. 4.
61 Vgl. Organic Agriculture and Food Security in Africa [2008], S. 4.
62 Vgl. Wiggertale, M. [2011], S. 4.
Agrar- und Ernährungswirtschaft: Theoretische Ansätze und aktuelle Entwicklungen 27
Die Ersparnisse, die durch die Einsetzung der Gentechnik oder tierquälerische
Massentierhaltung und -zucht erreicht werden, gehen zu Lasten der Verbraucher. Bei der
Verarbeitung von Lebensmitteln werden immer mehr minderwertigere Inhaltsstoffe in der
industrielleren Massenproduktion eingesetzt. 63
Ein wichtiges Thema, das oft im Zusammenhang mit der industriellen Landwirtschaft erwähnt
wird ist der Klimawandel. Laut Greenpeace stammen bis zu einem Drittel der Treibhausgase
aus der Landwirtschaft. Massentierhaltung, Urwalddrohungen sowie Heruntererwirtschaftung
von Boden sollen erheblich zum Ausstoß von Treibgasen beitragen. 64
Die Auswahl der explizit auf die Verbindung zwischen dem internationalen Handel und den
Klimawandel bezogenen Literatur ist relativ groß und basiert meistens auf zwei
Meinungsgruppen: Die erste Gruppe konzentriert sich auf die direkten Auswirkungen des
internationalen Handels, wie die Höhe der Kohlendioxid-Emissionen, die durch internationale
Transporte verursacht wird.65 Dabei spielt das folgende Erkenntnis eine wichtige Rolle: Obwohl
sich der internationale Transport negativ auf die Umwelt auswirkt, sind die damit verbundenen
Wohlstandskonsequenzen weniger bedeutend als die Gewinne aus dem internationalen
Handel. Die zweite Meinungsgruppe fokussiert sich auf die „Carbon Leakage“ Frage. Die Idee
dahinter ist, dass, wenn nur ein Teil der Länder Steuern für die Kohlendioxid-Emissionen
bezahlt, die Höhe der Emissionen von anderen, nichtbesteuerten Ländern zunehmen wird.66
Im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems bekommen Industrieanlagen, die einem
erheblichen Risiko der Verlagerung von Kohlendioxid-Emissionen ausgesetzt sind, eine
Sonderbehandlung, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, bspw. einen höheren Anteil
kostenloser Zertifikate für Kohlendioxid-Emissionen.
Donaldson, Costinot und Smith haben in ihrer Studie die Auswirkungen vom Klimawandel auf
die Agrarproduktion untersucht. Bei einem sehr breiten Datumspektrum, mit den Informationen
über die Produktivität von 1,7 Mio. Feldern sowohl vor als auch nach dem Klimawandel von
jeweils 10 verschiedenen Agrarkulturen, sind sie zum Ergebnis gekommen, dass sich die
Auswirkungen des Klimawandels auf diese Agrarmärkte auf 0,26 % Reduzierung der globalen
BIP belaufen.67 Da der Gesamtwert der Produktion von diesen Agrarkulturen ca. 1,8 % des
weltweiten BIP darstellt, entspricht dies etwa einem Sechstel des gesamten Erntewertes.
Während die tarifären Handelanpassungen kaum eine Rolle bei dem BIP-Verlust spielen,
mildert der Weltagrarhandel laut den Experten mithilfe der weiteren Entwicklung der
komparativen Vorteile die negativen Auswirkungen des Klimawandels. 68
Fest steht, dass der Agrarhandel einen großen Einfluss auf die Wirtschaft und den Wohlstand
ausübt. Ohne Agrarexporte wird die Auswahl der Verbraucher viel geringer und die Preise für
die Lebensmittel höher. Auch die Hunger- und Unterernährungsprobleme sprechen für die
weitere Entwicklung des Agrarhandels. Derzeit leiden etwa 800 Mio. Menschen unter Hunger
und noch nicht überall wo dieses Problem entsteht, kann alles produziert werden, was zur
Versorgung der Bevölkerung erforderlich ist. 69 Andererseits, je mehr die Agrarproduktion und
der Handel mit Nahrungsmitteln aus kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen gelenkt wird,
desto schwieriger wird es die Arten, Landschaften und das Klima zu bewahren. Aus diesem
Grunde besteht die Meinung, dass die industrielle Landwirtschaft dem Nachhaltigkeitsprinzip
wiederspräche.
Bei der Debatte pro und kontra Weltagrarhandel während der Deutschen Landwirtschafts-
Gesellschaft (DLG)-Wintertagung, sprach der Präsident der DLG, Carl-Albrecht Bartmer von
der Unerlässlichkeit vom internationalen Agrarhandel in einer arbeitsteiligen Gesellschaft von
heute. Den globalen Agrarhandel sieht Bartmer „nicht als Ursache für Hunger und ungerechte
Verteilung, sondern als Teil der Lösung dieser gravierenden Probleme. Investitionen in
Wissen, Infrastruktur und Rechtsstaatlichkeit sind für eine ausreichende
Lebensmittelproduktion ebenso wichtig wie der freie Marktzugang“ 70. Die gravierenden
Auswirkungen der Agrarwirtschaft auf die Umwelt lassen sich allerdings reduzieren, wenn nach
nachhaltigeren Produktionssystemen gesucht wird. Der erste Schritt in diese Richtung war die
Abschaffung der Subventionen und die Förderung der ökologischen Landwirtschaft.
Dabei geht es nicht nur darum, die GAP so zu modifizieren, dass die europäischen Landwirte
finanziell nicht mehr unterstützt werden. Bei der heutigen Zielsetzung der internationalen
Agrarpolitik besteht eine große Herausforderung das Gleichgewicht zwischen der
Unterstützung globaler Umwelt-, Tierschutz- und Entwicklungspolitik sowie der Vertretung der
Interessen der europäischen Landwirte zu finden (siehe Abbildung 6). Insbesondere vor dem
Hintergrund der Klimakrise braucht Europa eine Agrarpolitik, die soziale Verantwortung
gegenüber armen Ländern übernimmt, ihren Beitrag zum Klimaschutz leistet, Artenvielfalt
bewahrt, tierqualirische Viehhaltung verbietet und die wirtschaftliche Existenz der Kleinbauern
und KMU sichert. Die europäischen Staaten werden größere Kapazitäten für eine
sektorenübergreifende Koordination und Unterstützung für den privaten Sektor benötigen. Die
Stärkung des Einflusses der privaten Netzwerke auf globale Akteure des Weltagrarhandels
beweist die Notwendigkeit auch die Erzeugernetzwerke in diese Entscheidungen
miteinzubeziehen.
Ziele der
Agrarpolitik
Das gesamte Agribusiness erbrachte 2014 eine Bruttowertschöpfung von 159,5 Mrd. Euro.
Gemessen an der volkswirtschaftlichen Bruttowertschöpfung betrug der Anteil des
Agribusiness ca. 6,1 % (0,1 % weniger als im 2013 und 0,2 % weniger als im Jahr 2012). Der
Produktionswert vom Agribusiness in Deutschland betrug dabei rund 433 Mrd. Euro oder 8 %
des gesamtwirtschaftlichen Produktionswertes. 71
Dabei ist die Ernährungsbranche in Deutschland als wesentlicher Teil des nachgelagerten
Wirtschaftsbereiches mit 559.760 Beschäftigten in 5.828 Unternehmen der drittgrößte
Arbeitgeber im Verarbeitenden Gewerbe. Den größten Anteil am Gesamtumsatz weisen in
Deutschland Fleisch- und Milchprodukte sowie Backwaren auf.72
Allerdings war das Jahr 2014 nicht so erfolgreich wie das Vorjahr für die deutschen
Lebensmittelproduzenten. Wie man Tabelle 6 entnehmen kann, sank der Umsatz von 175,2
Mrd. Euro auf 172,2 Mrd. Euro. Betrachtet man die reale Umsatzentwicklung, ging der
Branchenumsatz weiter um 1,4 % zurück. Die Exportzahlen blieben mit 2 % Wachstum positiv,
reichen jedoch nicht um den Umsatzverlust im Inland auszugleichen. Der wichtigste
Absatzmarkt bleibt der Binnenmarkt (43,1 Mrd. Euro Umsatz gegen 11,2 Mrd. in nicht EU
Ländern).
Von 2011 bis einschließlich 2013 sind die Verkaufspreise durchschnittlich um 4 % jährlich
gestiegen. 2014 sind die Lebensmittelpreise hingegen leicht gesunken. Betrachtet man die
Zahl der deutschen Betriebe im Ernährungsbereich, stellt man fest, dass diese innerhalb der
letzten 2 Jahre um 152 Unternehmen zurückgegangen sind. Bemerkenswert ist, dass
ungeachtet dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation die Zahl der Beschäftigten im
Lebensmittelbereich um 4460 Erwerbstätige gestiegen ist. Dieses Phänomen kann mit der
Tendenz zur Betriebsvergrößerung erklärt werden.
Was die Umsatzanteile der deutschen Lebensmittelindustrie nach Branchen angeht, bildet die
Fleisch- und Milchproduktion die wichtigsten Teile des gesamten Lebensmittelsektors, mit
entsprechend 23,3 % und 15,4 % der Anteile der Gesamtproduktion, gefolgt von Backwaren
(9,2 %) und Süßwaren (8,4 %).74
Ein sinkender Umsatz im Inland hängt eng mit den aktuellen Entwicklungen des deutschen
Lebensmittelmarktes zusammen. Wichtigste Trends für den Innenmarkt in den letzten Jahren
sind das steigende Bewusstsein der Verbraucher sowie die aggressive Preispolitik des LEH.
Die Qualitätsfragen beschäftigen die Verbraucher immer mehr. „Die Verbraucher kaufen
seltener und weniger, aber hochwertiger. Dabei gibt der deutsche Durchschnittshaushalt rund
340 Euro im Monat für Lebensmittel aus. Besonders die steigende Zahl der 1-Personen-
Haushalte, mehr als 21 % seit 2000, befördert den Trend zu einem immer bedürfnis- und
bedarfsgerechteren Lebensmittelangebot“, so Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der
Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) auf der BVE-
Jahrespressekonferenz 2014 in Berlin.75 Seiner Meinung nach sollen sich die
Lebensmittelproduzenten auf höhere Anforderungen an Nahrungsmittelqualität und
gleichzeitig auf eine generelle Nachfragesenkung in Deutschland einstellen. Laut der BVE
wächst die Lebensmittelbranche bei der aktuellen Marktsituation wegen der Steigerung der
Exporte.
Ein weiteres Merkmal der deutschen Ernährungsindustrie ist der steigende Preiswettbewerb
im deutschen LEH. Die deutschen Supermärkte treten hier in direkte Konkurrenz mit den
Discountern in Preis- und Qualitätsfragen, was eine durchschnittliche Preissenkung der
Nahrungsmittel bedeutet. Ein nahezu identischer Preis von Lebensmitteln in den deutschen
Supermärkten und Discountern deutet auf den extremen Preiskampf zwischen in der
Lebensmittelbranche hin.
2014 sanken die Lebensmittelpreise im Inland um 0,3 %. Der Druck auf die Erträge der
Lebensmittelproduzenten steigt somit weiter an und hat direkte Auswirkungen auf die Zukunft
der deutschen Ernährungswirtschaft. Aufgrund der hohen Anforderungen der Konsumenten
können sich die deutschen Hersteller nur durch Qualität und Produktionsinnovationen
erfolgreich auf dem Innenmarkt durchsetzen. Somit steigt der Bedarf von Fachkräften und
zwingt die Unternehmen sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren. 76 Die Investitions- und
Finanzierungsmöglichkeiten in der Lebensmittelbranche sind aber relativ begrenzt.
Des Weiteren macht die zunehmende Regulierung in der Lebensmittelbranche die zukünftige
Entwicklung des Marktes nicht einfach für die Hersteller. Die steigende Produktregulierung
erhöht die Produktionskosten, weil die Firmen verpflichtet sind jede neue gesetzliche Änderung
einer Produktvorgabe im gesamten Herstellungsprozess umzusetzen. Die
Ernährungsindustrie in der EU ist stark reguliert und dennoch sind die nationalen
Anforderungen in Deutschland manchmal noch strenger als die europäischen
Mindestvorgaben. 77
Mehr und mehr Landwirte erzielen auf dem einheimischen Markt so geringe Preise, dass sie
darüber kein ausreichendes Einkommen mehr erwirtschaften können. Hohe
Produktionskosten, steigende Ansprüche der Verbraucher, wachsende Lohnkosten und eine
gleichzeitige Preissenkung im deutschen LEH sowie weitere branchenspezifische
Belastungen fordern den Sektor zu neuen Lösungen heraus. Somit wächst die Bedeutung des
Exportgeschäfts als neuen Wachstumstreiber für die deutschen Getränke- und
Nahrungsproduzenten. 78 Neben dem Export bietet auch die Herstellung der Bio-Produkte den
Landwirten und Lebensmittelherstellern die Möglichkeit langfristig mehr Gewinn zu erzielen.
Die Exportquote der deutschen Ernährungsindustrie lag 2014 bei 32 % mit einem
Rekordausfuhrwert von 54,4 Mrd. Euro. 80 % davon wurden in andere EU-Staaten exportiert.81
Auch die Drittlandmärkte werden immer wichtiger für die deutschen Getränke- und
Nahrungsmittelproduzenten. Bei Betrachtung der Warenströme in einem Liniendiagramm,
werden die wichtigen Tendenzen der Entwicklung der deutschen Ernährungsindustrie deutlich
(siehe Abbildung 7). Im Jahr 2004 lag der Produktionswert der deutschen Ernährungsindustrie
bei 131,8 Mrd. Euro, wovon 21 % auf den Export entfallen. Der Importwert lag 2004 bei 29,2
Mrd. Euro. 2014 stieg der Umsatz um ca. 25 % im Vergleich zu 2004 und der Exportwert
hingegen verdoppelte sich (27,7 Mrd. Euro im 2004 und 54,4 Mrd. Euro im 2014). Um ca. 36 %
stiegen in diesem Zusammenhang auch die Importe und betragen im Jahr 2014 47,2 Mrd.
Euro gegenüber 29,2 Mrd. Euro im Jahr 2004. Die Branche exportiert somit mehr Lebensmittel
und Getränke, als sie importiert.
200
150
100
50
0
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Vereinigtes Königreich und Österreich.82 Allerdings behindern dort das weitere Wachstum,
ähnlich wie in Deutschland, solche aktuellen Entwicklungen wie steigende Anforderungen von
Verbrauchern, ein zunehmender Preiswettbewerb im LEH sowie entsprechend hohe
Qualitätsstandards.
Abbildung 8 zeigt die wichtigsten Exportmärkte für Deutschland im prozentuellen Anteil. Aus
dem Nicht-EU Raum bezeichnet sich der Warenhandel der Schweiz (36,7 % von der
Gesamtausfuhr in Nicht-EU Staaten) und Norwegen (13,5 %) als durchaus lukrativ. Die
anderen wichtigen Absatzmärkte für Deutschland außerhalb der EU sind die USA, China und
Russland,83 gefolgt von Kanada (11,8 % Anteil an der Ausfuhr nach Amerika), Brasilien (5,1 %)
und Südkorea (10,2 % Anteil vom Gesamtexport nach Asien). Besonders hohe
Wachstumsraten sind zudem in den Schwellenländern Ost- und Südostasiens sowie in den
arabischen Staaten zu verzeichnen. Deutlich weniger Bedeutung haben für die deutsche
Exportindustrie Afrika (1,8 % an der Gesamtausfuhr) und Ozeanien (0,6 % im Jahr 2014).
16.5
11.7 Niederlande
60.1 11.7 Frankreich
Italien
Sonstige Länder
5.1 13.7
USA
11.8 Kanada
69.4 Brasilien
Sonstige Länder
23.8 Schweiz
36.7
Russland
13.5
Norwegen
26
Sonstige Länder
33.5 Сhina
Südkorea
68.5 10.2 Japan
7.8
Sonstige Länder
25
20
15
10
2.5.3 Russland-Embargo
Die aktuellen politischen Entwicklungen in der Ost-Ukraine hatten zur Folge, dass der Export
von europäischen Agrarprodukten nach Russland seit August 2014 gestoppt worden ist. Dabei
war Russland ein sehr wichtiger Absatzmarkt für die deutsche Agrarwirtschaft. Betroffen sind
in diesem Kontext folgende Produktkategorien: Fleisch und Fleischprodukte,
Milcherzeugnisse, Obst und Gemüse sowie einige Lebensmittelzubereitungen und Getränke.
Dieses Ereignis hatte sofort direkte Auswirkungen auf das deutsche Exportgeschäft. Einzelne
Branchen und Unternehmen haben hier erhebliche Verluste eingefahren. Nach Einschätzung
der DBV seien die indirekten Wirkungen des Embargos besonders belastend für den EU-
Binnenmarkt. Mengen, die bisher nach Russland exportiert wurden, überstürzen den EU-
Binnenmarkt und bauen einen zusätzlichen Preisdruck auf. Insgesamt rechnet der
Agrar- und Ernährungswirtschaft: Theoretische Ansätze und aktuelle Entwicklungen 37
Bauernverband mit wirtschaftlichen Verlusten von mindestens 600 bis 800 Mio. Euro in der
deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft. Das Ausfuhrverbot bedeutet für den deutschen
Schweinefleischproduzenten, der durchschnittlich im Jahr 4.000 Schweine verkaufte einen
jährlichen Verlust von 32.000 Euro.84
Durchschnittlich sind die Milchverkaufspreise für die EU-Produzenten im Laufe des letzten
Jahres um etwa 10 Cent/kg gesunken. Am tiefsten war die Senkung der Preise mit etwa 20
Cents/kg in den baltischen Staaten zu sehen, deren Milchexporte stark auf Russland
ausgerichtet waren. Der EU-Agrarkommissar Phil Hogan hat das Überangebot an Milch mit
2 % bezeichnet. Dazu hat die Steigerung der Produktion in wichtigen Erzeugerländern
beigetragen: In der EU stieg sie im Jahr 2014 um 4,5 %, auch die USA, Neuseeland und
Australien haben ihre Produktionskapazitäten in den letzten Jahren vergrößert. 85
Für die europäische Milchwirtschaft kam diese Entwicklung jedoch zu einem sehr ungünstigen
Zeitpunkt. Ende März hat die EU die Milchquoten-Regelung abgeschafft, die aus der «alten»
EU-Agrarpolitik kommt. So gab es früher Höchstmengen für Lieferungen an die Molkereien
und wenn diese überschritten wurden, mussten die Erzeuger eine Strafzahlung leisten. Die
Auflösung des Quotensystems entspricht der neuen EU-Agrarpolitik, in der die Bauern
unabhängig von der Produktion zur Einkommensstützung und als Entschädigung für die
Bodenbewirtschaftung Direktzahlungen empfangen. Über die Produktionsmengen durften die
Landwirte jetzt selbst entscheiden. Die Freigabe der Produktion sollte nach Meinung der
Agrarexperten in langfristiger Perspektive mehr Exporte wegen einer steigenden globalen
Nachfrage ermöglichen. Kurzfristig und in Verbindung mit dem Embargo in Russland hat diese
Änderung zur Krise in der Branche geführt.86
Als Reaktion auf die Krise hat die EU in den Sektoren Obst und Gemüse sowie Milch am
Anfang 2016 einige Hilfemaßnahmen ergriffen und ein dreiteiliges Rettungspaket ins Leben
gerufen. Die EU-Agrarminister hatten sich am 7. September 2015 auf Hilfeauszahlungen in
Höhe von insgesamt 500 Mio. Euro geeignet, die faktisch aber aus den von den Bauern
aufgebrachten Mitteln aus der Superabgabe bezahlt werden. 87 Ebenfalls wurde den
Mitgliedstaaten erlaubt, einen Teil der fälligen EU-Direktzahlungen an die Landwirte vorzeitig
auszuzahlen. Darüber hinaus wurden für die Milchwirtschaft Aufkäufe (Interventionskäufe) von
Butter und Magermilchpulver sowie Subventionen für die private Lagerhaltung eingerichtet. So
sollten die Produkte vom Markt genommen werden, um sie dann später zu verkaufen.
Das Hilfepaket wurde von Bauern in vielen Ländern stark kritisiert. Einige EU-Länder wie
Spanien, Frankreich und Italien forderten zudem eine Erhöhung des Interventionspreises, der
derzeit bei 21 Cents/kg liegt. Der EU-Agrarkommissar hat diese Idee jedoch abgelehnt, weil
dies seiner Meinung nach die Marktorientierung schädige und den Produzenten Anreiz gäbe,
Produkte in die Intervention zu geben, statt neue Märkte zu erschließen. 88 Das europäische
Hilfspaket musste außerdem mit nationalen Maßnahmen ergänzt werden.
Für die deutsche Agrarwirtschaft standen nach diesem Kommissionspaket 70 Mio. Euro sowie
30 Mio. für absatzfördernde Maßnahmen zur Verfügung. Diese Hilfsmaßnahmen reichen
allerdings nicht aus um die Krisenfolgen zu lindern, so dass aktuell über ein erneutes EU-
Hilfspaket diskutiert wird. Die Initiative wird hier vor allem von Deutschland und Frankreich
ergriffen. Beide Länder einigen sich vor allem darauf, dass die private Lagerhaltung und die
Intervention weiter gestärkt werden sollen. Auch die Unterstützung des Agrarexportes etwa
mit Exportkrediten und mit anderen absatzfördernden Maßnahmen weiterhin voranzutreiben.89
Frankreich plädiert dazu „für die Einführung von Maßnahmen für eine freiwillige
Mengenbeschränkung von Milcherzeugern und Molkereien ergänzt durch eine finanzielle
Unterstützung der EU zu stimmen, um einen wirksamen Preisanstieg zur Steuerung
der Milchmenge zu ermöglichen“90. Das BMEL äußert sich in Fragen Mengenbeschränkung
viel vorsichtiger und spricht in diesem Zusammenhang über die zeitlich befristete
Mengenregulierung: „Im Einklang mit den Europäischen Verträgen und der gemeinsamen
Marktorganisation soll die Kommission den landwirtschaftlichen Erzeugerorganisationen,
Branchenverbänden und anderen Marktbeteiligten, z. B. Genossenschaften oder
Molkereiunternehmen, zeitlich befristet erlauben, freiwillige Vereinbarungen über eine
Begrenzung oder Verringerung der vermarkteten Mengen zu treffen“ 91.
Die letzten Exportzahlen zeigen allerdings, dass die deutsche Lebensmittelindustrie den
russischen Markt zum Teil ersetzen konnte. Das Drittlandexportgeschäft im 2015 könnte im
Vergleich zum Vorjahr sogar um 2,2 % wachsen. Allerdings erschwert das russische Embargo,
die Nachfragesenkung in China sowie weitere Hindernisse, wie unsichere Wechselkurse und
unterschiedliche Einfuhranforderungen, weiteres Wachstum der deutschen Getränke- und
Nahrungsmittelindustrie und trägt zur weiteren Senkung der Marktpreise vor allem in den
Milch- und Fleischbranchen und als Folge zum Gewinnverlust und zur verstärkten Konkurrenz
zwischen den europäischen Erzeugern bei.
Der Erfolg der Bio-Produkte liegt vor allem an den EU-Förderungen sowie an den gut
implementierten Agrarmarketingmaßnahmen, die zusammen von den Unternehmen und dem
Staat entwickelt wurden. Der ökologische Landbau wurde seit den 1920er Jahren des
neunzehnten Jahrhunderts von privaten Organisationen entwickelt, in Deutschland vertreten,
u. a. durch Demeter. In den 30er Jahren gründete Hans Müller den organisch biologischen
Landbau in der Schweiz, welcher zu einer Weiterentwicklung der Ökoproduktion führte.
Staatliche Förderung sowie massenhafte Verbreitung bekommt der Ökolandbau aber erst in
den 1990er Jahren.
Der Grund für die staatliche Förderung des ökologischen Anbaus lag in der gemeinsamen
Zielsetzung der Öko-Produktion und Agrarpolitik Ende der 1980er Jahre in Fragen
Umweltschutz, Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz. Die europäische Verordnung
2092/91 für ökologischen Landbau und Kennzeichnung und die Verordnung 1804/99 für
tierische Produkte schafften die ersten rechtlichen Grundlagen für das Bio-
Produktionswachstum.94
Mit dem Bio-Siegel können Produkte und Lebensmittel gekennzeichnet werden, „die nach den
EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau produziert und kontrolliert wurden.
Diese EU-weit gültigen Rechtsvorschriften garantieren einheitliche Mindeststandards für den
ökologischen Landbau.“ 95 Wichtigste Voraussetzung für die Nutzung des Bio-Siegels ist, dass
die Lebensmittel nicht bestrahlt werden und ohne Einsatz von gentechnisch veränderten
Organismen oder synthetischer Pflanzenschutzmittel erzeugt werden. Das Bio-Siegel steht
somit für ökologische Produktion und artgerechte Tierhaltung. Lebensmittel, die mit dem Bio-
Siegel gekennzeichnet sind, müssen durch das Kontrollverfahren einer zugelassenen Öko-
Kontrollstelle bestätigt werden. Die Nutzung des Bio-Siegels ist dabei freiwillig und kostenlos.
Der deutsche ökologische Landbau hat sich stark nach dem Amtsantritt von Renate Künast
als Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) 96 im Jahre 2001
entwickelt. Der Auslösung für diese Entwicklung diente die sogenannte BSE-Krise. Die bovine
spongiforme Enzephalopathie (BSE– auch Rinderwahnsinn genannt) - ist eine Erkrankung des
Nervensystems, die bei Rindern auftritt. 97 Insgesamt wurden 406 BSE-Fälle in Deutschland
bestätigt. Weltweit erkrankten 190.000 Rinder an BSE, davon 98 % im Vereinigten
Königreich.98 Rinder infizierten sich mit BSE wegen damals in der Massentierhaltung
verbreitetem Futterherstellungsverfahren. Acht Tage nach dem positiven Testergebnis an BSE
galt in Deutschland das Verbot der Fütterung von Tiermehl an Rinder, die diese Erkrankung
verursacht haben sollte. Wenige Tage später trat das Gesetz europaweit in Kraft. 99
Bis Ende 2010 wurden in Deutschland über 20 Mio. deutsche Rinder auf BSE getestet, was
pro Jahr bis 150 Mio. Euro gekostet hat, 406 Tiere – zwei Tausendstel Promille von der
Gesamtzahl - waren infiziert. 100 Ob das auf die Präventionsmaßnahme vom
Bundesministerium zurückzuführen ist oder BSE in Deutschland gar nicht stattgefunden hat –
die Meinung wurde in der deutschen Presse ungefähr 10 Jahre später publiziert, – ist heute
schwer einzuschätzen.
Kurz nach den BSE-Skandalen kündigte die deutsche Ministerin eine Neuausrichtung der
deutschen Agrarpolitik an. Die ökologische Landwirtschaft in Deutschland wurde staatlich
gefördert und ein staatliches Bio-Siegel wurde eingeführt. Zu Zeiten von Renate Künast wurde
auch das Agrarinvestitionsförderungsprogramm geändert, zu dessen Schwerpunkten
gehörten die Förderung von Investitionen der artgerechten Tierhaltung, Diversifizierung
landwirtschaftlicher Einkommensquellen und die biologische Landwirtschaft. 101
Ab dem Zeitpunkt nahm der Markt für Bio-Produkte in Deutschland kontinuierlich zu. Das
ambitiöse Ziel der deutschen Ministerin die Ausweitung des Ökolandbaus auf einen Marktanteil
von 20 % bis zum Jahr 2010 wurde zwar nicht erfüllt aber die jährlich steigenden Umsätze,
wachsende Nachfragen, die Ausbreitung der Bio-Reformhäuser und Bio-Handelsmarken in
den deutschen LEH-Ketten sprechen für sich. Die Zahl der ökologisch produzierenden
Betriebe lag im Jahr 2014 bei 23.398, was 8,2 % der Agrarbetriebe in ganz Deutschland
entspricht. Derzeit gehört 1.047.633 ha Fläche dem Ökolandbau in der Bundesrepublik (6,3 %
der Gesamtagrarfläche).102
Auch die GAP sollte in Zukunft noch ökologischer und nachhaltiger werden, wodurch der
Ökolandbau noch stärker gefördert werden würde. Die Ziele der neuen GAP-Reform sind die
Bekämpfung des Klimawandels und die Erhaltung der Artenvielfalt – dafür werden von 2014
bis 2020 über 100 Mrd. Euro in die ländlichen Räume Europas investiert.
Ab 2015 müssen alle Mitgliedstaaten 30 % ihrer Direktzahlungen von der EU zur Finanzierung
nachhaltiger landwirtschaftlicher Verfahren verwenden, die die Umwelt verschönern sollen:
Anbaudiversifizierung, Erhaltung von Dauergrünland und Erhaltung von im Umweltinteresse
genutzten Flächen (zunächst 5 %, ab 2018 7 %) oder Maßnahmen, welche denselben
positiven Effekt auf die Umwelt haben. Mindestens 30 % der Haushalte für die ländliche
Entwicklung müssen ab jetzt für Umweltschutzmaßnahmen, Unterstützung für ökologische
Neben der EU- und staatlichen Förderungen beeinflusst das steigende Bewusstsein der
Verbraucher und deren ändernde Präferenzen bei der Lebensmittelauswahl die Entwicklung
der Bio-Branche. Im Jahr 2013 war Deutschland mit 7,55 Mrd. Euro Umsatz der größte Markt
für Bio-Lebensmittel in Europa. 105
Kliebisch sprach schon im Jahre 2003 vom wirtschaftlichen Erfolg des Ökolandbaus.
Entscheidend seien, seiner Meinung nach, die Absatzmengen in Verbindung mit dem
Vermarktungsweg. Besonders erfolgreich seien in dieser Hinsicht die Marktfruchtbetriebe
aufgrund relativ hoher Preisaufschläge.106
Nach der BSE-Krise verbreiteten sich die Kenntnisse über den Ökolandbau in die
Öffentlichkeit. Gleichzeitig entstand ein starker Informations- und Beratungsbedarf der
landwirtschaftlichen Betriebe sowie der jeweiligen Verbraucher. Die Aufgabe den
Beratungsbedarf zu decken haben die Ökolandbauverbände übernommen. Auch der Staat hat
die Marketingmaßnahmen für den Ökolandbau stark gefördert (Bundesprogramm
ökologischer Landbau vom BMELV).
Die LEH-Akteure reagierten schnell auf die steigende Popularität der ökologischen Produktion
und gründeten ihre eigenen Bio-Handelsmarken. EDEKA startete ihre „Bio-Wertkost“ Linie,
Tengelmann - „Biokostkind“, REWE - „Füllhorn“, Real - „Grünes Land“, Aldi Süd - „Bio Smiley“,
Lidl gründete „Bioness“. Das Sortiment, Vielfalt an Marken, Vermarktungskonzepte,
Beratungs- und Servicekompetenz haben sich in den letzten 10 Jahren im Bio-Segment
deutlich verbessert. Die Preisabstände zu den konventionellen Lebensmitteln sind zwar immer
noch groß aber von vielen Verbrauchern inzwischen als akzeptabel anerkannt.
Heute bieten die Bio-Lebensmittelproduzenten ein vielfaltiges Angebot von frischen und
tierischen Produkten an, was früher aufgrund der logistischen Probleme sowie der großen
Preisspanne zu den konventionellen Erzeugnissen nicht möglich war. Dieser Erfolg liegt nicht
zuletzt an den Förderungsmaßnahmen sowie den ausreichenden Informationen und
„Aufklärung“ auf Verbraucherebene, welche in den letzten Jahren Schritt für Schritt erfolgreich
umgesetzt wurden.
Zusammengefasst, lässt sich der Erfolg von Bio-Produktion in den letzten Jahrzehnten zum
einen auf die staatlichen marktunterstützenden Instrumente wie Flächenprämien,
Tierhaltungsprämien und Subventionen für den Öko-Landbau in der EU, sowie das
Das Potenzial der Absatzmöglichkeiten von Öko-Lebensmitteln ist jedoch bei weitem nicht
ausgeschöpft. Durch die BSE-Krise und darauffolgende aktive Förderkampagnen wurde der
Anfang zum Bio-Produktionswachstum in westlichen europäischen Staaten gelegt. Ein
wertvoller Einsatz von der EU-Politik auf allen Marktstufen vom Bio-Landbau mit der
Anwendung von den verschiedenen Marketinginstrumenten spielte bei der Ausbreitung der
Öko-Betriebe nicht zuletzt eine Rolle. Das Ertragsniveau der Öko-Betriebe ist auch dank der
Wirtschaftskooperationen wie Vermarktungspartnerschaften und Verbandsnetzwerken in den
letzten Jahren bei den europäischen Bauern gestiegen. Somit stellt eine weitere Entfaltung der
ökologischen landwirtschaftlichen Produktion weiterhin eine Herausforderung für Europa dar.
Agrar- und Ernährungswirtschaft: Theoretische Ansätze und aktuelle Entwicklungen 43
Dessauer versteht unter dem Begriff Exportförderung alle Maßnahmen zur Gestaltung des
Außenhandels.107 Diese Definition erfasst zwar den generellen Sinn der
Exportförderungsmaßnahmen, erklärt jedoch nicht den Unterschied zwischen den allgemeinen
Instrumenten, die zur Verbesserung Handelsabwicklung führen und den speziellen, auf den
Export ausgerichteten Maßnahmen.
Henzler bezeichnet mit dem Begriff Ausfuhrförderung die Gesamtheit aller Maßnahmen, die
von dritter Seite unternommen werden um die Exportpolitik dabei zu unterstützen,
Beziehungen zu ausländischen Absatzmärkten herzustellen, die Exportaufträge zu erhalten
und sie durchzuführen. 108 Dabei werden die politischen Maßnahmen ausgeschlossen, die
keine gezielte Absicht haben Exporte zu unterstützen, aber in der Praxis dazu führen, die
Beziehungen zu anderen Märkten zu verstärken und dadurch die Exportgeschäfte zu
intensivieren. Häufig sind das bspw. indirekte staatliche Exportförderungsmaßnahmen, die der
Staat aber nicht akzentuieren vermag.
Basierend auf der Definition von Henzler beschreibt Wilitzki als Ausfuhrförderung jede
Maßnahme, die den einzelnen Unternehmen eine Möglichkeit zum Wachstum des
Exportumsatzes bietet. 109 Voraussetzung dafür ist, dass die Unternehmen im Exportgeschäft
bereits tätig sind. Erwähnt wird zudem die Beschränkung auf solche Maßnahmen, die als
spezielle Hilfe anzusehen sind, wie Kredit- und Finanzierungshilfe oder Marketinginstrumente
wie Teilnahme an Messen. Nach Wilitzki werden diese Maßnahmen durch das zusätzliche
Risiko vom Auslandgeschäft im Vergleich zum Innenhandel sowie die kulturell bedingten
Unterschiede der Exportgeschäftsabwicklung im Ausland begründet. Ausgeschlossen bleiben
steuerliche Vereinbarungen, politische Delegationsreisen und die Maßnahmen zum Ausbau
des Logistiknetzwerkes sowie Transporteinrichtungen.
Glastetter geht hier ein Stuck weiter und bezeichnet als Exportförderung alle staatlichen
Maßnahmen, die über die Verringerung des Exportpreises oder sonstiger damit verbundenen
Kosten ermöglichen, die Ausfuhrmenge und den Ausfuhrwert zu steigern. 110 Gemeint sind
damit nur staatliche Maßnahmen, die größtenteils auf Produktkosten im Exportgeschäft
bezogen sind.
Tuchtfeld differenziert als erster neben den staatlichen auch die privaten
Marketingmaßnahmen im Rahmen der Exportförderung. Unter dem Begriff Exportförderung
bezeichnet er alle Maßnahmen, die zur Verbesserung der Exportchancen der Dienstleistungen
und Waren beitragen. 111 Dementsprechend wird die Definition Exportförderung um die
Maßnahmen von privaten Assoziationen, Netzwerken, Verbänden und sonstigen
Einrichtungen erweitert.
Nach Engelhard enthält Exportförderung „alle Aktivitäten, Instrumente und Maßnahmen, die
der mengen- bzw. erlösmäßigen Erhöhung des Exportvolumens oder der Transformation
nichtexportierender in exportierende Unternehmen dienen“. 112 Er definiert dabei folgende
Einschränkungen:
In der vorliegenden Arbeit wird die Definition der Exportförderung von Engelhard verwendet.
Bei den Durchführungseinrichtungen handelt es sich sowohl um die staatlichen Institutionen
(Ministerien) als auch um die halbstaatlichen und privaten Einrichtungen wie Handelskammer,
Fachverbände und Exportförderungsorganisationen.
Politisches Umfeld
(Behörden,
Bundes- und
Landesregierun-
gen, Botschaften)
Veterinäramte
Allegemeine
und
Öffentlichkeit
Lebensmittel-
(Bevölkerung,
überwachungs-
Endverbraucher)
organe
Exportförderung
Medien
Kunden (Importeure, (Fachpresse,
Verarbeitungs- Rundfunk, TV)
betriebe, LEH)
Zwischenfazit
Im Verlauf der letzten Jahrzehnte hat die Bedeutung des Agrar- und Lebensmittelsektors in
der EU erheblich zugenommen. Mittlerweile macht die Ernährungswirtschaft ca. 15 % des
Agrar- und Ernährungswirtschaft: Theoretische Ansätze und aktuelle Entwicklungen 46
Gesamtumsatzes des Verarbeitenden Gewerbes der EU aus. Darüber hinaus spielt die
Wertschöpfungskette Ernährung eine wichtige Rolle bei der Sicherung der Arbeitsplätze in der
EU: insbesondere in den ländlichen Regionen sichert die Agrar- und Ernährungsindustrie
langfristig Arbeitsplätze.
Der Blick auf die aktuellen Entwicklungen des europäischen Lebensmittelmarktes, zeigt eine
hohe Bereitschaft der Landwirte und Lebensmittelproduzenten, mehr im Bereich
Verkaufsförderung im Ausland zu investieren. In Zeiten stagnierender Märkte in Europa wächst
die Bedeutung der Agrarexporte vor allem in die Drittländer. Für die EU-Länder mit sehr gut
entwickelter Agrar- und Ernährungsindustrie ist es wirtschaftlich am sinnvollsten die Waren mit
möglichst hoher Wertschöpfung zu exportieren.
Zurzeit wird in Europa über die möglichen Lösungen und Hilfspakete für die Bauern diskutiert.
Eine wichtige Strategie für die Krisenbewältigung auf dem europäischen Agrarmarkt ist unter
anderem die Absatzförderung von europäischen Agrargütern. Gleichzeitig wächst die Kritik an
der Lebensmittelindustrie und Agrarhandel wegen zunehmender Umwelteinflüsse und
protektionistischer Marktmaßnahmen der EU-Länder. Bei dem aktuellen
Bevölkerungswachstum von jährlich rund 80 Mio. Menschen und 800 Mio. Menschen, die unter
Hunger und Unterernährung leiden, entsteht allerdings der Bedarf einer schnellen und
ausreichenden Lebensmittelversorgung und dementsprechend effizienten Handelsmodellen
der wichtigsten Exportnationen und Zulieferer der Agrarindustrie. Langfristige
Die Ansätze der Neuen Institutionenökonomik richten in erster Linie ihr Augenmerk auf den
Vertrag. Um die Wirkung der Vertragsbeziehungen auf die Handlung der verschiedenen
Akteure der Agrarexportförderung zu verstehen, ist es nötig, die grundlegenden Theorien und
Modelle des Ansatzes der Institutionenökonomik zu untersuchen und die Anreiz- und
Handlungsstrukturen der öffentlichen und privaten Akteure der Exportförderung aus der
Sichtweise der Neuen Institutionenökonomik zu analysieren.
Institutionenökonomische Ansätze
Smith hat schon im 1776 in seinem Buch über die Ursachen des Wohlstandes der Nationen
beschrieben, dass die Arbeitsteilung und die Spezialisierung zu großen
Produktivitätssteigerungen führen. 115 Arbeitsteilung und Spezialisierung erfordern allerdings
Abstimmung und einen Austausch zwischen den beteiligten Parteien. Im Mittelpunkt der
Spezialisierung steht das Problem der menschlichen Kooperation. Die Kooperation ermöglicht
den Unternehmen, die Gewinne zu realisieren, die durch den Tausch entstanden sind. Die
Entstehung der Institutionen, die wirtschaftliche Regelungen für die komplexen
Tauschmechanismen schaffen, ist somit ein wichtiges Instrument zur Verminderung der
Unsicherheit bei den diversen ökonomischen Prozessen.
Unter Institutionen versteht North „jegliche Art von Beschränkung, die Menschen zur
Gestaltung menschlicher Interaktion ersinnen“. 116 Nach Erlei ist eine Institution ein Vertrag
oder ein Vertragssystem sowie eine Regel oder ein Regelsystem, jeweils inkl. der
Durchsetzungsmechanismen, durch den oder die das Handeln der Menschen kanalisiert wird.
Die Institutionen bilden somit den Rahmen individuellen Verhaltens. 117
In der Literatur werden die Institutionen als wichtiger Bestimmungsfaktor für den nachhaltigen
wirtschaftlichen Wohlstand der Nation bezeichnet. 118 Es wird unterstellt, dass die Institutionen
eine maßgebliche Rolle bei der Reduzierung der Transaktionskosten sowie bei der Bildung
von geeigneten Anreizsystemen spielen, die langfristiges Wirtschaftswachstum gewährleisten
und die ökonomische Entwicklung des Landes vorantreiben. 119 Die Institutionen bestimmen
außerdem die Spielregeln auf dem Markt und beeinflussen somit die Höhe von Erträgen und
Zinsen aus diversen ökonomischen, politischen und sozialen Aktivitäten, wie z. B.
Innovationen und/oder Investitionen in verschiedenen Bereichen. 120 Solche ökonomischen
Institutionen, wie das Banksystem und die Verfügungsrechtestrukturen, haben Auswirkungen
sowohl auf die Investitionen der Gesellschaft in Humankapital, Sachkapital und Technologie
als auch auf die Organisation der industriellen Produktionsprozesse. 121 Dabei können die
großen ökonomischen Umwälzungen, wie die Wirtschaftskrisen, wiederum die Institutionen
sowie die gesamte politische Ökonomie des Landes maßgeblich beeinflussen. 122
Die Institutionen werden meistens als Konsequenz von solchen Entscheidungen, die von
inländischen politischen Akteuren getroffen werden und durch eine Reihe von innenpolitischen
Faktoren geprägt sind, bezeichnet. Antras und Padro i Miguel sowie Aidt und Albornhoz
behaupten jedoch, dass auch externe Faktoren wie internationaler Handel und internationale
Investitionen eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung der Institutionen spielen.123 Die
europäischen Institutionen, die die Grundlage für die Entscheidungsprozesse in den EU-
Der Begriff Organisation ist dem Begriff Institution nah verwandt. Auch eine Organisation
beinhaltet Regeln und Regelsysteme, umfasst aber auch die personellen Dimensionen von
Institutionen und wird als „personifizierte Kehrseite der Institution“ 124 bezeichnet.125
Die Neue Institutionenökonomik untersucht die Institutionen mit dem Ziel, deren Struktur,
Effizienz und Wandel zu erklären. Dazu gibt es drei verschiedene Ansätze: die
Transaktionskostentheorie, die Theorie der Verfügungsrechte, und die Agenturtheorie, die auf
folgenden Prinzipien des menschlichen Verhalten basieren: individuelle Nutzenmaximierung,
Opportunismus und begrenzte Rationalität. 126
Die individuelle Nutzenmaximierung erklärt das Verhalten des Individuums aus der
Perspektive des einzelnen Akteurs. Demzufolge haben alle Akteure eigene klardefinierten
Ziele (Nutzenfunktionen) und streben danach, diesen Nutzen zu maximieren. 127 Die
Handlungskonsequenzen des Akteurs können auch aus der Sicht eines externen Beobachters
analysiert werden. Dabei wird festgestellt, dass Akteure einen relativen Nutzenvorteil erzielen,
indem sie ihre Ziele unter Ausnutzung von einseitigen Abhängigkeitsverhältnissen oder
mangelnden Sanktionsmöglichkeiten bei der Verletzung der Regeln zum Schaden anderer
Akteure verfolgen.128
Im Zusammenhang mit der individuellen Nutzenmaximierung der Akteure wird über eine
weitere Verhaltensannahme gesprochen, nämlich über Opportunismus. Opportunismus stellt
ein Verhaltensmodell dar, wonach die Akteure versuchen, ihren eigenen Nutzen zu
maximieren, indem sie ihre Präferenzen verschweigen und relevante Informationen und Daten
verfälschen.129
Rationalität wird häufig als Grundannahme verwendet, um das Denken und Verhalten
von Akteuren zu begründen. Im Idealfall hat der einzelne Akteur unbegrenztes Wissen über
seine Umwelt sowie unbegrenzte kognitive Fähigkeiten, die Informationen zu verarbeiten.
Unter diesen Voraussetzungen wird das Verhalten des Individuums rational. Bei einem
Entscheidungsproblem wird jene Handlungsalternative gewählt, die den größten Nutzen für
den jeweiligen Akteur bringt.130 Simon hat einen Ansatz entwickelt, der darauf basiert, dass
menschliches Handeln maßgeblich von der objektiven Rationalität abweichen kann, weil die
Informationen und das Wissen über die Umwelt im realen Leben häufig eingeschränkt sind.
Um menschliches Handeln in einer sich ständig ändernden Umgebung vorauszuberechnen,
ist es nicht nur nötig, die Ziele eines Individuums, sondern auch die Art und Weise zu kennen,
wie das Individuum sein Handeln an seine Umwelt anpasst. Die Konsequenzen der
Verhaltensoptionen lassen sich nicht immer genau voraussagen. 131 So können sich die
Darüber hinaus betont die Literatur der politischen Ökonomie die Bedeutung politischer
Institutionen bei der Gestaltung der politischen Entscheidungsprozesse. Besondere
Bedeutung wird unterschiedlichen Interessengruppen, z. B. Vertretern von bestimmten
Industriebranchen, geschenkt. Es ist daher zu prüfen, ob sich die Interessengruppen legitim
organisieren und ob sie illegale Methoden wie Korruption überwinden können, um Einfluss auf
die Regierungspolitik ausüben zu können. Es ist wichtig zu verstehen, wie stark dies von den
politischen Institutionen abhängt. 135
Campos und Giovannoni untersuchen in ihrer Studie die Beziehung zwischen Lobbyismus,
Korruption und politischen Institutionen und stellen fest, dass Lobbying ein wirksames
Instrument zur politischen Korruptionsbekämpfung ist. Sie schätzen, dass die
Wahrscheinlichkeit der Einflussnahme auf die Regierungspolitik (marginale Auswirkung beim
Mittelwert) bei Unternehmen, die Mitglieder von Lobbygruppen sind, 16 % höher ist als bei
Unternehmen, die nicht Mitglieder von Lobbygruppen sind. 136 Dabei wurde angenommen, dass
Unternehmen in reichen und demokratischen Ländern mehr auf Lobbying und weniger auf
Korruption setzen und dass Unternehmen im ausländischen Besitz mehr Lobbying betreiben
und weniger korrupt sind als inländische Unternehmen. In Bezug auf die Größe und das Alter
der Unternehmen gibt es zwei Vermutungen. Auf der einen Seite sollten sich kleinere und
jüngere, weniger etablierte Firmen weniger auf Lobbying verlassen, weil sie nicht über die
Ressourcen verfügen oder nicht die Zeit haben, Verbindungen zum politischen Establishment
herzustellen. Auf der anderen Seite ist es höchstwahrscheinlich, dass diese Firmen aufgrund
dieser Nachteile einer Lobbygruppe beitreten, die diese kompensieren würde. 137 Bei der
Ausarbeitung vorhandener Unternehmensdaten wurde nicht zwischen den Unternehmen, die
indirekt (durch einen Fachverband) Lobbyarbeit betreiben, und Unternehmen, die direkt
Lobbyarbeit leisten, unterschieden. Somit werden die Fachverbände zu den indirekten
Lobbygruppen gezählt.
Als Beispiel für die Theorie der Verfügungsrechte dient ein großes Grundstück in guter Lage,
das ohne Bebauungsrecht sofort an Wert verliert.140 Klar definierte Verfügungsrechte sind eine
Voraussetzung für ökonomisches Wachstum des Staates durch Investitionen. Ohne definierte
Verfügungsrechte besteht in der Wirtschaft kein Anreiz für Investitionen, weil es nicht klar ist,
ob ein Nutzen aus diesen Investitionen gezogen werden kann.
Die Verfügungsrechteverteilung ist von den externen Effekten abhängig. Wenn neue, bisher
unbekannte Ereignisse auftreten, geraten die Wirtschaftssubjekte unter einen erheblichen
Anpassungsdruck, der zusätzliche Kosten verursacht. Wenn die Verfügungsrechte gut im
System impliziert sind, kann nicht nur der Staat, sondern kann auch der Markt auf neu
auftretende externe Ereignisse schnell reagieren.
Die Theorie der Verfügungsrechte gibt einen wichtigen Anstoß für die Entwicklung der
Transaktionskosten- und der Agenturtheorie, die im Folgendem beschrieben werden.
3.1.2 Transaktionskostentheorie
Die Kosten der Bestimmung, Übertragung und Durchsetzung der Verfügungsrechte werden
als Transaktionskosten definiert. Dabei lassen sich Ex-Ante-Transaktionskosten (Kosten, die
bis zur Transaktion entstehen: Kosten für Informationen über mögliche Geschäftspartner,
Preise und Eigenschaften der Güter oder Dienstleistungen) und Ex-post-Transaktionskosten
(Kosten, die nach dem Vertragsabschluss entstehen: Kosten für die Durchsetzung des
Vertragsinhalts und dessen Überwachung sowie für die Anpassungsmaßnahmen an
Änderungen) unterscheiden. 141
Wenn die Akteure alles über Güter, deren Qualität und Preise, über Verfahrens-,
Organisationsaufwand und Verlässlichkeit der Kontrahenten wissen würden, dann gäbe es
weder Koordinations- noch Kontrollprobleme. Im Idealfall wird versucht, vollständige und
komplexe Verträge bei jeder Transaktion zu schließen, die alle relevanten Informationen
umfassen, was aber eine komplizierte und aus transaktionskostentheoretischer Perspektive
kostenaufwendige Aufgabe darstellt. 143 Aufgrund hoher Informations- und Transaktionskosten
sowie begrenzter Rationalität der Akteure sind die Verträge häufig unvollständig. Es wird
hauptsächlich zwischen zwei Vertragsarten unterschieden:
3.1.3 Agenturtheorie
Die Agenturtheorie oder Prinzipal-Agent-Theorie, ähnlich wie die Transaktionskostentheorie,
basiert auf dem Konzept der Nutzenmaximierung und bezieht die Faktoren unvollständige
Informationen und Unsicherheit bei der Entscheidungsfindung mit ein. 147 Während die
Transaktionskostentheorie die Transaktionen und Austauschbeziehungen im Allgemeinen
Der Prinzipal beauftragt den Agenten, die Aufgabe mit maximalem Nutzenniveau für den
Prinzipal zu erledigen. Jedoch kann der Prinzipal die Handlungen und die Qualitäten seines
Agenten aufgrund asymmetrischer Informationen nur subjektiv einschätzen. Demgegenüber
hat der Agent einen Informationsvorsprung, den er zuungunsten des Prinzipals ausnutzen
kann, wenn dies in seinen eigenen Interessen liegt. Je größer die Interessenunterschiede der
beteiligten Akteure sind und je weniger der Prinzipal über den Agenten weiß, desto mehr wird
der Prinzipal durch institutionelle Regelungen anstreben, dass der Agent seine Leistung
ordnungsgemäß erbringt.149
beauftragt
Nutzen- Nutzen-
Prinzipal Agent
maximierung maximierung
leistet
Im Falle symmetrischer Informationen wären der Tausch und die Abstimmung zwischen
Prinzipal und Agenten kostenlos, was zur besten Lösung führen würde. Wenn von
asymmetrischen Informationen ausgegangen wird und die Informationsmängel nicht korrigiert
werden können, wird eine drittbeste Lösung erreicht. Ziel der meisten Austauschbeziehungen
ist es daher, unter Berücksichtigung der gegebenen Informationsmängel und der
Interessensunterschiede eine zweitbeste Lösung zu finden.150 Hierfür müssen
jedoch Agenturkosten aufgebracht werden, die aus vier Komponenten bestehen:
Die Kernannahme der Prinzipal-Agent-Theorie ist daher, dass der Agent seinen
Informationsvorsprung gegen den Prinzipal opportunistisch ausnutzen kann. Ausgehend von
einer Situation mit Informationsasymmetrie entstehen drei Agenturprobleme: Adverse
Selection, Moral Hazard und Hold up.152
Adverse Selection oder Fehlauswahl der Vertragspartner entsteht in der Phase vor dem
Vertragsabschluss, wenn der Transaktionsmarkt nur über eine eingeschränkte
Informationsfunktion verfügt und die Preise sehr stark pauschaliert sind. Der Anbieter mit sehr
guter Warenqualität wird dadurch häufig benachteiligt, da der Prinzipal über kein fundiertes
Wissen über den Wert der angebotenen Ware verfügt. Es besteht daher die Gefahr, dass
aufgrund der Informationsmängel der Anbieter der Waren mit schlechterer Qualität und mit
ähnlichem Preis ausgewählt wird. Die Gründe für die falsche Auswahl des Vertragspartners
werden als hidden characteristics153 oder versteckte Mängel bezeichnet. 154 Das Risiko kann
mithilfe unterschiedlicher Maßnahmen, wie Screening-Maßnahmen des Prinzipals, Signalling-
Maßnahmen des Agenten oder sogenannten Selfselection-Wettbewerbsmaßnahmen
(differenzierte Verträge) minimiert werden. Unter signalling oder unter signalisierenden
Maßnahmen wird verstanden, dass der Agent durch Offenbarung seiner verborgenen
Charakteristiken, z. B. von Zeugnissen und Referenzen, einen höheren Preis für seine
Leistungen zu erzielen versucht. Der Agent trägt selbst die Kosten für das Signal. Im Falle
einer teuren Fachausbildung wird der Agent die Kosten für das Studium tragen. Die Kosten für
Screening-Maßnahmen werden dagegen vom Prinzipal übernommen. Solche Maßnahmen
sind auf die Optimierung des Auswahlverfahrens gerichtet, bspw. durch Assessment-Center,
Durchführung von Tests und Interviews. Bei selfselection oder Selbstwahlschemata handelt
sich um Verfahren, bei denen der Prinzipal dem Agenten unterschiedliche Verträge vorlegt
und die Risikolast und der Ertragsanteil des Agenten variieren. Der Agent wählt den für ihn
passenden Vertrag aus und zeigt somit, wie leistungsbereit er ist. Die Kosten für selfselection
werden vom Prinzipal getragen. 155
Das Moral-Hazard-Problem bezieht sich dagegen auf die Phase nach dem Vertragsabschluss.
Der Prinzipal kann nur das Gesamtergebnis beurteilen und somit die Handlungen des Agenten
nicht beobachten. Dabei kommt neben dem Verhaltensrisiko des Agenten ein exogenes Risiko
hinzu. Der Prinzipal kann jedoch zwischen diesen beiden Einflusseinheiten nicht
unterscheiden und wird daher die erbrachte Leistung nicht objektiv bewerten. Der Agent kann
also nichtüberschaubare Handlungsfreiräume nutzen, um den Prinzipal zu täuschen. Dieses
Problem wird auch als hidden action oder als versteckte Handlungen während des
Darüber hinaus verfügt der Agent über einen Informationsvorsprung hinsichtlich der
Leistungszusammenhänge, die der Prinzipal nicht kennt oder nicht verstehen kann. Die
Informationsbeschaffung für den Prinzipal ist sehr aufwendig. So kann der Agent diesen
Informationsvorsprung nutzen, um den Prinzipal zu täuschen. In der Fachliteratur wird dieses
Problem hidden information oder versteckte Information genannt. Das Moral-Hazard-Problem
kann durch anreizorientierte Informations-, Koordinations- und Kontrollsysteme gelöst werden.
Hold-up-Probleme entstehen, wenn ein Vertragspartner mit Absicht der anderen Partei
schadet und dieses Verhalten beobachtet werden kann. Der Agent lockt den Prinzipal in eine
Falle und handelt willentlich unfair gegenüber dem Prinzipal. Der Prinzipal kann aus dem
Vertragsverhältnis nicht so einfach aussteigen, weil ihm dafür Kosten entstehen. Er wird das
Geld verlieren, das er beim Vertragsabschluss mit dem Agenten investiert hat. In der
englischsprachigen Literatur wird das als hidden intentions (versteckte Ziele) genannt.158 Die
Lösung dieser Situation konzentriert sich auf die Hinweise zur Eindämmung des
Agentenbetrugs durch die Autoritätssysteme. Da es zu einem potenziell schädigenden
Verhalten auch ohne Absicht kommen kann, bspw. im Falle einer Fehlinterpretation der
Leistungsbeschreibung, stellen die ausführliche Kommunikation und Spezifizierung des
Vertrags Problemlösungsmöglichkeiten für das Hold-up-Problem dar. Darüber hinaus werden
anreizorientierte Koordinationsinstrumente verwendet, um das Nichterfüllen des
Leistungsversprechens zu verhindern.159
Zur Lösung der Probleme und zur Reduzierung deren Folgen werden dem Prinzipal folgende
Maßnahmen in Abhängigkeit von den Problemtypen empfohlen: Nutzung umfangreicher
Auswahlverfahren, Aufbau von zusätzlichen Kontrollen, Einrichtung von Sanktionssystemen,
Verbesserung des Informationssystems, Schaffung eines effizienten Anreizsystems, das die
Möglichkeit der Zielabweichung des Agenten verringert (wie das Anreizsystem auf der Basis
von Gewinnbeteiligung).160 Die Grundprobleme der Agenturtheorie, deren Ursachen,
Interpretationen sowie Lösungsansätze werden in Tabelle 7 zusammengefasst.
156 Vgl. Spremann, K. [1990], S. 571 ., vgl. dazu auch Schreyögg, G. [2003], S. 2.
157 Vgl. Saam, N.J. [2002], S. 35.
158 Vgl. Spremann, K. [1990], S. 568; vgl. dazu auch Schreyögg, G. [2003], S.2; vgl. dazu auch Saam, N.J.
[2002], S. 29.
159 Vgl. Spremann, K. [1990], S. 570.
160 Vgl. Schreyögg, G. [2003], S. 2.
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 57
161 Handlungsspielraum, der Agent dem Prinzipal bei der Ressourcennutzung überlässt.
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 58
Eine begrenzte Rationalität bei den Exportförderungsaktivitäten zeigt sich bei der Auswahl der
Leistungserbringer. Der Auftraggeber, bspw. das Landwirtschaftsministerium, beauftragt die
Agentur zur Erbringung einer Leistung im Ausland, wo es die Spezifik des Marktes nicht kennt.
Der Auftraggeber kann aufgrund seiner mangelnden Kenntnisse oder Informationsasymmetrie
über dieses Land die Arbeit der Auslandsagentur nicht rational beurteilen.
Als Beispiel für Opportunismus gilt ein Verhalten des Agenten, wenn z. B. die Agentur im
Gastland einen Dolmetscherdienst, den sie persönlich kennt, mit dem Projekt beauftragt, auch
wenn dieser nicht die bestmögliche Alternative ist. Dabei wird das Ziel des Auftraggebers –
professionelles Dolmetschen – für den Auftragnehmer zweitrangig. Im Vordergrund stehen
persönliche Interessen.
Die Theorie der Verfügungsrechte wird in der vorliegenden Arbeit im Zusammenhang mit den
rechtlichen Regelungen zur Exportförderung für die Mitgliedstaaten wie dem AEU-Vertrag und
der De-minimis-Regelung beleuchtet, die sich mit der Verteilung und Gestaltung von
Verfügungsrechten im Rahmen der Absatzförderung beschäftigen. Die Kernannahmen des
AEU-Vertrags, die als Bezugsrahmen für die gesamte europäische Förderungspolitik gelten,
werden im Kapitel 5 ausführlich beschrieben.
Die Komplexität der Verträge bei der Exportförderung hängt von der Auftragsart ab. Für die
Organisation einer Messe können mehr Einzelheiten im Vertrag (Standlage, Standgröße,
Einrichtungsauswahl) als für die Organisation einer Kontaktveranstaltung mit potenziellen
Kunden enthalten sein. Der Erfolg einer Messeteilnahme wird durch die Qualität und Quantität
der Messebesucher bestimmt, was nur subjektiv eingeschätzt werden kann und worüber sich
der Auftragnehmer aufgrund vorhandener Informationsasymmetrien nur begrenzt erkundigen
kann. Im zweiten Fall spielt die Subjektivität bei der Einschätzung des Eventerfolgs eine noch
größere Rolle. Aus Sicht des Auftragnehmers ist die Veranstaltung dann erfolgreich, wenn
genügend Teilnehmer und Pressevertreter anwesend sind (Selbstwerbung der Agentur), das
Programm des Events abwechslungsreich ist und der Veranstaltungsort allen Anforderungen
des Auftraggebers entspricht. Aus Sicht des Auftraggebers steht die Zahl der
Geschäftskontakte zwischen den Teilnehmern während der Veranstaltung im Vordergrund.
Solche Einzelheiten stehen normalerweise nicht im Vertrag, sondern werden erst nach
mündlicher Absprache bekannt. Dabei gewinnt die Führung von Vertragsverhandlungen und
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 59
die Spezifizierung des Vertrags sowie die Entwicklung von Sanktionen im Falle der
Nichterfüllung des Vertrags an Bedeutung.
Die theoretischen Grundprinzipien der Prinzipal-Agent-Beziehungen lassen sich auch auf die
Exportförderung anwenden. Dabei ist eine Vielzahl an möglichen Prinzipal-Agent-
Beziehungen zu berücksichtigen. Im Falle einer staatlichen Exportförderung beauftragen
Unternehmen der Ernährungsbranche (Prinzipal) den Staat (Agent) mit der Erbringung einer
bestimmten Leistung, bspw. der Organisation der Delegationsreise ins Ausland. Auf dieser
Ebene sind beide Seiten interessiert, die Transaktionskosten möglichst niedrig zu halten. Der
Staat führt eine öffentliche Ausschreibung durch und beauftragt eine Agentur mit Sitz in
Deutschland mit der Projektdurchführung. Diese Agentur wiederum beauftragt jemanden vor
Ort, um Informationen über den lokalen Markt zu sammeln (siehe Abbildung 12). Durch die
Vielzahl der Akteure erhöhen sich auch die Risiken der Agenturprobleme wie Adverse
Selection, Moral Hazard und Hold up.
Agentur vor
Unternehmen Staat Agentur
Ort
Die staatlichen Organisationen haben häufig keine Informationen über die Branchen- und
Landespezifika des Projektorganisationsprozesses und verfügen nur über begrenzte
Informationen über die Qualifikation der Agentur. Die öffentliche Ausschreibung dient in
diesem Fall zur Lösung des Adverse-selection-Problems. Die Kosten der
Informationsbeschaffung trägt der Staat selbst. Das Risiko von hidden action erhöht sich
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 60
dagegen auf der Ebene Prinzipal-Agent-Beziehungen. Die lokale Agentur hat mehr
Handlungsspielraum für die eigene Nutzenmaximierung und aufgrund der geringen Anzahl der
Aufträge weniger Motivation zur Leistungserbringung. Da die Kontrollmöglichkeiten der
Dienstleistungserbringung im Ausland sehr eingeschränkt sind, gewinnt dort die Schaffung
passender Anreizstrukturen sowie die Einrichtung eines Sanktionssystems an Bedeutung.
Das Hold-up-Problem entsteht z. B. dann, wenn die Partneragentur vor Ort durch den
unberechenbaren Einfluss von exogenen Faktoren über einen großen Handlungsspielraum
zur Ausgestaltung der Veranstaltung verfügt und dies für eigene Zwecke nutzt. Den Interessen
des primären Auftraggebers, nämlich der Unternehmen, wird häufig keine hohe Priorität
eingeräumt, da der Vertrag nicht direkt zwischen dem Leistungserbringer und dem eigentlichen
Auftraggeber abgeschlossen wird. Es ist also kaum nachweisbar, dass die Leistung nicht den
exakten Vorstellungen des Auftraggebers entspricht. Der Agenturbetrug kann durch die
Autoritätssysteme (öffentliche Institutionen des jeweiligen Landes) sowie durch die
anreizorientierten Koordinationsinstrumente verhindert werden.
beauftragt
Agentur vor
Unternehmen
Ort
leistet
Beim Vergleich von staatlicher und privater Exportförderung basierend auf den Prinzipal-
Agent-Beziehungen sind folgende Merkmale besonders zu erwähnen: Die private
Exportförderung weist einfachere Beziehungskonstellation auf und ist durch mehr Transparenz
und Übersichtlichkeit sowie durch den viel niedrigeren Verwaltungsaufwand gekennzeichnet.
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 61
In vielen Fällen muss nur ein einziger Vertrag über die Leistungserbringung unterzeichnet
werden. Die Transaktionskosten sind entsprechend gering, die Koordinationsmechanismen
sind einfacher zu implementieren. Auf der anderen Seite bleiben, ähnlich wie bei staatlicher
Exportförderung, adverse selection, Moral Hazard und Hold-up-Probleme, wenn auch in
geringerem Maße, bestehen. Die private Exportförderung bietet außerdem wenig
Spielraum für die Ausgestaltung der Anreizsysteme. Durch die fehlende staatliche Ebene in
der Transaktionskette wird die Autorität des Projektkoordinators von anderen Akteuren
weniger anerkannt. Generell versuchen die privaten Exportförderungsorganisationen, die
Ausgaben für das Projekt selbst zu kontrollieren. Bei der Gewährung von staatlichen
Zuschusses muss die Organisation ausführlich über die Projektausgaben an die zuständige
Behörde berichten. Bei einer Selbstfinanzierung der Leistung wird ein kurzer Bericht über die
Ausgaben an die Mitglieder der Organisation vorgelegt. Die Finanzierungsstruktur der privaten
Exportförderungsorganisation ist meistens für ihre Mitglieder transparent. Die Organisation der
Exportförderungsaktivitäten ist nicht gewinnorientiert. 162 Diese Tatsachen reduzieren
wesentlich die Wahrscheinlichkeit eines opportunistischen Verhaltens innerhalb der
Organisation.
Der Schwerpunkt der Tätigkeit, sowohl bei staatlicher als auch bei privater Exportförderung,
liegt im Ausland, meistens auf den neuen Märkten, wo die Informationsasymmetrien und
Moral-Hazard-Probleme am häufigsten auftreten. In diesem Fall lohnt es sich für den Prinzipal,
das Geld in den Adverse-selection-Prozess zu investieren. Der Prinzipal kann diverse
Informationen wie Referenzen und Zertifikate über den Agenten sammeln sowie Daten, die
externe Faktoren beeinflussen wie Konjunkturdaten und Marktanalysen. Solche Maßnahmen
verursachen Kosten für den Prinzipal, die Messkosten genannt werden. Für den Prinzipal lohnt
es sich nicht, die Messkosten auf zu hohem Niveau zu halten, sonst werden die Projektkosten
insgesamt zu teuer. Das Auswahlverfahren besteht in der Regel aus Internetrecherche, dem
Sammeln von Referenzen sowie Preis- und Leistungsvergleichen. Insbesondere auf der Basis
von persönlichen Empfehlungen durch Netzwerkmitglieder und Partnerorganisationen der
privaten Exportförderung werden häufig die Aufträge vergeben. Dabei spielt ein Kriterium wie
die Agenturgröße eher eine zweitrangige Rolle. Die endgültige Auswahl erfolgt im Rahmen
telefonischer oder persönlicher Interviews. Eine wichtige Voraussetzung bei
Exportförderungsprojekten sind die Sprachkenntnisse, neben den lokalen Sprachen müssen
die projektverantwortlichen Mitarbeiter gut Englisch oder Deutsch beherrschen.
Aufgrund einer engen Vernetzung und starker Spezialisierung ist die Auswahl an
Partneragenturen im Gastland in der Regel relativ klein. Der häufigste Partner für
Exportförderungsprojekte im Agrarbereich im Ausland ist die Auslandshandelskammer (AHK).
Bei staatlicher Exportförderung muss zwischen Anreizsystemen für Agenturen mit Sitz im
Inland und für Agenturen im Ausland unterschieden werden. Im ersten Fall wird ein System
mit langfristiger Wirkung bevorzugt. Im zweiten Fall wird der kurzfristige Transaktionserfolg
und nicht eine kontinuierliche Kooperation honoriert. Wenn mehrere Vertragsparteien
vorhanden sind, erscheint langfristig eine effiziente Leistungserbringung vom
Anreizsystem her am ehesten gegeben, wenn die Auftragnehmer nicht separat auf eigene
Rechnung, sondern mit einem gemeinsamen Budget arbeiten und hierfür eine Pauschale
bekommen. Die Koordination aller Aktivitäten sowie die Budgetplanung im Rahmen eines
Projektes könnte dann von der Agentur im Inland übernommen werden, um die
Endabrechnung mit dem Prinzipal möglichst transparent und nachvollziehbar zu gestalten.
Des Weiteren müssen Anreizsysteme mit langfristigem Charakter implementiert werden, die
an die Erreichung von Erfolgszielen gekoppelt sind. Hier sind solche Anreizinstrumente zu
schaffen, von denen auch die individuellen Akteure Gebrauch machen können, wie
Weiterbildungsangebote (AHK-Ausbildung) und flexible Arbeitsverhältnisse. 163 Ein wichtiger
Anreiz für den Agenten bildet die Wiedereinsatzbarkeit. Nach einer erfolgreichen
Messeteilnahme besteht die Möglichkeit für den Messeveranstalter, jährlich eine Ausstellung
im Ausland für den Prinzipal zu organisieren oder langfristig an mehreren Projekten
mitzuarbeiten. Durch mehrmalige Aufträge eröffnen sich bessere
Vertragsgestaltungsmöglichkeiten. Der Leistungsaufwand des Agenten kann bei mehrfachen
Einsätzen viel präziser geschätzt werden, die Risikokosten nehmen somit ab. 164 Eine
wiederholte Auftragsvergabe trägt außerdem zur Bildung der Reputation des Agenten bei. 165
Unter Reputation wird eine Art „Vertrauensvorschuss“ verstanden, den der Prinzipal und Agent
einander erteilen. Wenn ein Akteur durch opportunistisches Handel seine Reputation verliert,
so wird nicht nur sein Reputationskapital ruiniert, sondern es werden auch daraus folgende
ökonomische Vorteile zerstört. 166 Wenn ein Akteur dagegen seine Reputation höher einschätzt
als das Resultat eines opportunistischen Verhaltens gegenüber anderen Akteuren, wird er mit
seinem Reputationskapital bei der Vertragsunterschreibung sowie bei der Auswahl möglicher
Vertragspartner einen Vorteil erzielen. Gerade bei der Arbeit mit staatlichen Organisationen
wird der Reputation der Partneragenturen eine große Bedeutung beigemessen. Es liegt im
langfristigen Interesse der Agenten, eine eigene Reputation sorgfältig aufzubauen und zu
schützen. Schlechte Reputation, die vor allem auf Rechtsstreitigkeiten und behördlichen
Ermittlungen basiert, hat negative Folgen für Organisationen. Entdecktes Fehlverhalten zieht
vor allem finanzielle Konsequenzen nach sich. Mangelnde Glaubwürdigkeit der Organisation
begrenzt zudem die Möglichkeit an politischen Lösungen teilzunehmen. Des Weiteren können
die anderen Unternehmen „Reputationssanktionen“ verwenden um einen potenziellen
Wettbewerber auf dem Markt zu delegitimieren, indem sie Reputation und soziale Normen als
Eintrittsbarrieren für den Markt benutzen. Diese Folgen schaffen nach Parella genügend
Anreize für Organisationen, ihr Verhalten zu ändern. 167
Die Reputation kann von den Agenten auch genutzt werden, um höhere Einnahmen zu
erzielen. Da der Prinzipal das Verhalten eines Agenten mit einer guten Reputation häufig
antizipiert und bereit ist, eine maximale Entlohnung für dessen Leistung zu bezahlen, kann der
Agent nach Vertragsabschluss theoretisch die Leistung nur mit Mindestqualität erbringen. Für
einen neuen Marktteilnehmer gilt diese Regel nicht, weil ein solcher seine Reputation noch
163 Der zweite Aspekt gewinnt vor allem bei den weitentfernten ausländischen Märkten an Bedeutung.
164 Vgl. Erlei, M./Leschke, M./Sauerland, D. [2007], S. 168f.
165 Vgl. Erlei, M./Leschke, M./Sauerland, D. [2007], S. 169.
166 Vgl. Erlei, M./Leschke, M./Sauerland, D. [2007], S. 252.
167 Vgl. Parella, K. [2017], S. 62.
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 63
aufbauen muss. Die Markteintrittszeit des Agenten ist somit meistens mit Verlusten
verbunden.168 Aus praktischer Sicht ist es deswegen sinnvoll, Transaktionspartner nicht nur
auf der Basis seines Reputationskapitals auszuwählen.
Ein anderer Punkt ist das Mehraufgaben-Prinzip. In der Praxis erfüllt ein Agent nicht nur eine,
sondern mehrere Aufgaben für einen Prinzipal gleichzeitig. 169 Es gehört zum Aufgabenbereich
eines Messeveranstalters, nicht nur den Messestand bereitzustellen, sondern auch das
Fachpublikum einzuladen und für die Messe zu werben. Der Output des Agenten weist somit
mehrere Leistungsdimensionen auf. Dies erfordert mehr Anreize vonseiten des Agenten und
beinhaltet somit auch mehr Risiken für beide Parteien. Eine Aufgabe kann besser erfüllt
werden als eine andere, das Gesamtergebnis hängt aber in der Regel von allen
Aufgabeerfüllungen ab. Um eine Verschärfung des Agenturproblems zu vermeiden, sollten
Anreize für verschiedene Aufgaben erstellt werden. Wichtig ist dabei, dass diese Anreize
ausgewogen sind. Sonst besteht die Gefahr, dass der Agent einen Teil seiner Aufgaben
zugunsten der Aufgaben vernachlässigt, die sein Einkommen stärker beeinflussen. 170 Ein
Beispiel dafür bildet der Messeveranstalter, der die Einrichtung des Standes in den
Vordergrund stellt und nicht die Qualität des Messepublikums, weil der erste Punkt im Vertrag
vorgesehen ist. Für den Prinzipal sind aber beide Parameter von gleicher Bedeutung. In
diesem Fall gewinnt die Spezifizierung des Vertrags an Bedeutung. Der Prinzipal kann auch
eine potenzielle Wiedereinsetzbarkeit des Agenten signalisieren, indem er das langfristige
Interesse an der Messeteilnahme im Falle ausreichender Fachbesucherzahl zeigt.
Die Agenturtheorie besagt, dass, wenn der Prinzipal ein Angebot an Agenten ohne
Leistungsanreize unterbreitet, wird dieser nur mit minimaler Anstrengung arbeiten. Wird die
Entlohnung beim gewünschten Ergebnis nur minimal erhöht, so werden die Anstrengungen
des Agenten spürbar steigen. So wäre ein Verzicht auf Leistungsanreize aus Sicht des
Prinzipals nicht sinnvoll. 171 Beispielsweise könnte der Prinzipal einen Festpreis für die
Veranstaltungsorganisation und einen Bonus ab einer bestimmten Teilnehmeranzahl
bezahlen.172
Ein anderer wichtiger Aspekt bei Prinzipal-Agent-Beziehungen ist die Teamarbeit. Hinsichtlich
des Projektergebnisses sind alle Teammitglieder in der Rolle eines Agenten. 173 Dabei ist es
nicht immer möglich, die individuellen Beiträge zum Gesamtergebnis vonseiten des Prinzipals
voneinander zu trennen. Die Agenten können einen zu geringen Einsatz leisten, sich
gegenseitig schaden und die Entlohnung des gesamten Teams riskieren. 174 Da bei einer
mangelhaften Leistung eines Mitgliedes das Gesamtergebnis leidet, besteht der Anreiz des
Teams darin, die Leistung mit optimal verteilten Aufgaben zu erbringen.
Ein anderes Problem ergibt sich, wenn mehrere Prinzipale einen einzigen Agenten
beauftragen. Dies wird am Beispiel der EU-Förderprogramme demonstriert. Zwei oder sogar
mehr Länder beauftragen eine Agentur, einen gemeinsamen Stand auf einer Messe im
Ausland zu organisieren. Neben den Koordinationsproblemen kann Wettbewerb zwischen den
Auftraggebern entstehen. 175 Die Messeausteller können versuchen, den Messeveranstalter
dazu zu bewegen, ihnen bessere Platzierung zu geben. Das „Common-agency“-Problem ist
einer der Gründe, weshalb einige EU-Länder an den EU-Förderungsaktivitäten nicht so aktiv
teilnehmen.
Auf der Basis der bisherigen Überlegungen können verschiedene Akteure der Exportförderung
als Elemente eines institutionenökonomischen Modells identifiziert werden. Nach der
allgemeinen wirtschaftstheoretischen Begründung der Neuen Institutionenökonomik und der
Analyse der Agenturprobleme der Exportförderung werden im Folgenden die
Organisationsstrukturen der wichtigsten Akteure des Systems der deutschen
Agrarexportförderung aus der Sicht der Institutionenökonomik untersucht. Auf der Ebene der
Organisationsformen der Akteure wird in dieser Arbeit zwischen den privaten und staatlichen
Akteuren unterschieden. 176 Eine besondere Aufmerksamkeit wird den Handlungs- und
Anreizstrukturen sowie den Entscheidungsverfahren der Akteure geschenkt. Darüber hinaus
werden die Arbeitsschwerpunkte der einzelnen Akteure erläutert.
Angesichts der Interessenvielfalt im internationalen Handel lautet eine der zentralen Fragen
der Exportförderungspolitik: Welche wirtschaftlichen Tätigkeiten sollen durch den privaten und
welche durch den staatlichen Sektor initiiert werden?177 Generell gilt, dass verschiedene
Koordinationsmechanismen für unterschiedliche Aufgaben geeignet sind. Bardhan behauptet
z. B., dass der Markt effiziente Wertschöpfungsprozesse und individuelle differenzierende
Geschäftsmodelle am besten honorieren kann. Wenn aber die Verfügungsrechte nicht so klar
definiert sind und es viele strategischen Komplementaritäten bei den langfristigen
Investitionsentscheidungen gibt, scheitert der Markt, die Koordinationsfunktion zu
übernehmen. Der Staat kann dagegen in der Entwicklungsphase eines Landes, wenn
individuelles Handel nicht mehr effizient ist, die Führung übernehmen und den Individuen
selektive Anreize Individuen anbieten, um sie zu einer Kooperation zu bewegen und die Krise
zu überwinden.178
Evans und Rauch schlagen einen Mittelweg vor und behaupten, dass der Staat das
Wirtschaftswachstum und die Entwicklung des Landes explizit vorantreiben kann, indem er in
die wirtschaftlichen Prozesse eingreift und dadurch als Unternehmer agiert. 179 Einige
wirtschaftliche Studien beschreiben Situationen, wo der Staat als internationales Unternehmen
handelt und einen institutionellen Wandel auslöst.180 Wie von Battilana et al. angemerkt,
wurden allerdings die meisten empirischen Studien, die den Staat als Unternehmen
betrachten, bisher in weniger institutionalisierten und daher in durch höhere Unsicherheiten
geprägten Bereichen durchgeführt. Allerdings könnte in diesem Zusammenhang der geringe
Grad an Institutionalisierung auch "Chancen für strategisches Handeln" bieten. 181
Die Tatsache, dass die Aktivitäten auf weitentfernten Märkten im Ausland aufgrund räumlicher
Distanz, logistischer Schwierigkeiten, unterschiedlicher Währungen, mangelnder Information
176 Siehe dazu Erlei, M./Leschke, M./Sauerland, D. [2007], wonach die Hierarchie (Staat) und der Markt
(Unternehmen) als Grundtypen von Organisationsformen angesehen werden (S. 201).
177 Vgl. Schultes, N. [2003], S. 15.
178 Vgl. Bardhan, P. [2016], S. 886.
179 Vgl. Evans, P. and Rauch, J. E. [1999].
180 Vgl. Flynn, M. et al. [2014], S. 5.
181 Vgl. Battilana, J./Leca, B./Boxenbaum, E. [2009] S. 75.
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 66
und weiterer landspezifischer Unterschiede mit viel höheren Transaktionskosten als im Inland
verbunden sind und deswegen zusätzliche Unterstützung benötigen, rechtfertigt teilweise das
Konzept der staatlichen Exportförderung. Allerdings begrenzen einige Ökonomen die
Aufgaben des Staates auf den Informationsdefizitausgleich, der auf den Marktunterschieden
basiert.182 Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sollten die vom Staat bereitgestellten
Informationen einen allgemeinen Charakter haben.183 Außer der Informationsbeschaffung
bieten die Mitgliedstaaten der EU ein umfangreiches Angebot an Dienstleistungen für
Unternehmen an. Die gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen der EU sind
dabei zu beachten.184 Die privaten Maßnahmen der Exportförderung basieren dagegen auf
Initiativen der privaten Exportförderungsorganisationen und der Fachverbände, die die
Interessen der Agrar- und Lebensmittelproduzenten direkt vertreten. Innerhalb des
Exportförderungssystems stehen die beiden Akteursgruppen in einem Kompetenzwettbewerb
um den Ausbau ihrer Verfügungsrechte. 185
Die gemeinsamen Ziele im Rahmen Exportförderung schließen nicht aus, dass die Ziele
voneinander abweichen können. Die individuelle Nutzenfunktion der Akteure wird somit zum
Maßstab ihres Handelns.186 Die Probleme, die durch die Maximierung der individuellen
Nutzenfunktion entstehen, können mithilfe passender Anreizsysteme wesentlich reduziert
werden. Bei fehlenden oder mangelhaften Anreize besteht die Gefahr, dass sich die
Programme der Exportförderung nicht genug an den Bedürfnissen der Prinzipale
(Unternehmen) orientieren.
Somit gelten die Agrarexportförderung sowie generell die Außenwirtschaftsförderung als nicht
wahlbeeinflussendes Thema und unterliegt nicht dem politischen Wettbewerb. Dies reduziert
maßgeblich die Profilierungsmöglichkeiten der Politiker, die sich im Wesentlichen darauf
konzentrieren, die Exportförderung mit allen benötigten finanziellen und personellen
Ressourcen auszustatten192 sowie eigene Karrierechancen zu verbessern. Die
Exportförderungspolitik hat, anders als auf die Bürger, direkte Auswirkungen auf das Wohl der
Unternehmen. Dabei geht es den Unternehmen der Agrarbranche im Wesentlichen darum,
mittels Informationsaustausches zwischen dem Staat und der Wirtschaft eigene Interessen
durchzusetzen.
Außerdem vertritt das Bundesministerium für Finanzen (BMF) die finanziellen und
haushaltspolitischen Interessen Deutschlands und nimmt an allen wirtschaftlichen Themen der
Ausgestaltung und Weiterentwicklung der GAP teil. Darüber hinaus koordiniert das BMF die
16 deutschen Zahlstellen, um einen fehlerfreien Rechnungsabschluss gegenüber der EU-
Die weiteren staatlichen Akteure sind die Verwaltungen der einzelnen Regionen/Bundesländer
sowie die ausländischen Vertretungen der staatlichen Organisationen (Botschaften,
Auswärtiges Amt). Im Folgenden werden die Organisationsstrukturen der wichtigsten Akteure
der staatlichen Exportförderung in der Bundesrepublik Deutschland beschrieben.
3.3.1.1 BMEL
Das BMEL hat eine hierarchische Organisationsstruktur und wird von Bundesminister Christian
Schmidt geleitet. Der Bundesminister ist als Mitglied der Bundesregierung für die Ausrichtung
der deutschen Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik verantwortlich. Neben dem
Bundesminister leiten die parlamentarischen Staatssekretäre die Tätigkeit des Ministeriums.
Sie ermöglichen außerdem den Informationsaustausch zwischen Regierung und Parlament.
Die Staatssekretäre wurden durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundeskanzlerin
ernannt und vertreten den Minister im politischen Bereich, gegenüber dem Bundestag, dem
Bundesrat, in den Fraktionen sowie in bestimmten Fachbereichen. 194
Bundesminister
Parlamentarische
Staatssekretäre
Unterabteilung
Unterabteilung
Unterabteilungen Agrarmärkte Ernährungs-wirtschaft, Unterabteilungen
Export, Absatzförderung
Referat 421
Referate Referate Strategie und Referate
Koordinierung,
Bödenmarkt
Referat 422
Rechtsangelegenheiten,
Wettbewerbsrecht
Referat 423
Gemeinsame
Marktorganisation,
Ernährungswirtschaft
Referat 424
Absatzförderung
Qualitätspolitik
Referat 425
Messen
Der bedeutendste Entscheidungsprozess für das BMEL stellt die Festlegung der
Haushaltsmittel für die Exportförderung dar. Das BMEL ermittelt nach Abstimmung mit dem
zuständigen Referat und dem Haushaltsreferat den Mittelbedarf. Die für den Haushalt
verantwortlichen Akteure im Ministerium kontrollieren das Entscheidungsverfahren unter
Berücksichtigung der Mittelanforderungen der anderen Fachbereiche. Die Höhe der
bewilligten Mittel hängt direkt von der Höhe der im letzten Jahr vom Referat ausgebebenen
Mittel sowie der politischen Relevanz der Investitionen in diesen Wirtschaftsbereich ab.
Die Aufstellung des Haushaltsentwurfs erfolgt nach der Besprechung mit dem BMF. Dieser
Entwurf wird in der engen Zusammenarbeit mit den einschlägigen parlamentarischen
Gremien weiter ausgearbeitet. Am Ende entscheidet das BMF über die Höhe der finanziellen
Mittel für die Agrar- und Lebensmittelexportförderung. Das BMEL versucht im Rahmen der
Verhandlungen mit dem BMF, die Höhe der bewilligten Ressourcen zu beeinflussen, indem es
bei der Vorbereitung des Haushaltsplans die politische Bedeutung der Exportförderung zu
bekräftigen versucht. Im Gegensatz dazu tendiert der Haushaltsausschuss zur Verringerung
der Haushaltsausgaben. 195
Die Ministerien unterscheiden sich von anderen öffentlichen Einrichtungen darin, dass ihr
Handeln unter den Prämissen der Politik steht. 196
Die Anreize für die individuellen Akteure (Mitarbeiter des Ministeriums) sind unterschiedlicher
Art und beschränken sich im Wesentlichen auf vier Kategorien:
Die eigentlichen Aufraggeber des BMEL im Bereich der Agrarexportförderung sind die
Unternehmen. In der Praxis gibt es aber keine direkten Vertragsbeziehungen zwischen dem
BMEL und den Unternehmen der Agrarbranche. Vertragsbeziehungen des BMEL bestehen
dagegen mit der BLE und mit den verschiedenen Auftragnehmern des Ministeriums im
Rahmen der Exportförderungsprojekte wie mit der AHK, dem Ausstellungs- und
Messeausschuss der deutschen Wirtschaft (AUMA), verschiedenen Marketing- und PR-
Agenturen sowie mit den privaten Akteuren der Exportförderung im Falle einer staatlichen
Mittelzuwendung. Die Vertragsunterzeichnung erfolgt im Rahmen einer konkreten
Projektabwicklung und hat meistens einen temporären Charakter. Nach dem Projekt werden
die Ergebnisse von den teilnehmenden Unternehmen in Form eines mündlichen oder
schriftlichen Feedbacks erfasst. Zusätzlich erfolgt eine Kontrolle der Zweckmäßigkeit der
Ausgaben der öffentlichen Mittel.
3.3.1.2 BLE
Als Projektträger für die Projekte der Exportförderung im Auftrag des BMEL fungiert häufig die
BLE, die eine ähnliche Organisationsstruktur wie das BMEL hat. Die BLE beschäftigt rund
1350 Mitarbeiter an drei Standorten in Deutschland und wird vom Präsidenten geleitet. Die
Rolle der parlamentarischen Staatssekretäre übernimmt zum Teil der Vizepräsident. Zur BLE
gehören drei Stabsstellen, die für Controlling, IT-Revision und Presse verantwortlich sind und
direkt dem Präsidenten unterstellt sind. 201
Jede Abteilung ist jeweils in zwei Gruppen aufgeteilt, denen die Referate unterstehen. Das
Referat 512 (Abteilung „Agrarmarkt- und Außenhandelsregelung“) beschäftigt sich mit
Absatzfördermaßnahmen.
Im Auftrag des BMEL leitet und koordiniert die BLE unterschiedliche Projekte in den
Fachbereichen Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Als Projektträgerin sorgt
sie für eine planmäßige Durchführung und Betreuung der Absatzförderungsprojekte, die vom
BMEL finanziert werden. 203 Ähnlich wie das BMEL hat die BLE einen stark ausgeprägten
hierarchisch-administrativen Charakter bei der Entscheidungsfindung.
Die BLE erfüllt zudem die Funktion der zentralen Vergabestelle des BMEL für die öffentliche
Mittel (ZV-BMEL). Zu den Aufgaben der ZV-BMEL gehören „Erstellung der Vergabe- und
Die Bearbeitung der Vergabeverfahren erfolgt in Zweier- oder Dreier-Teams: Ein Mitarbeiter
im Team übernimmt die Hauptverantwortung für die Durchführung des Verfahrens, der
Teampartner prüft die Dokumente auf Fehler. Danach erfolgt eine weitere Prüfung der
Unterlagen durch die Sachgebiets- und Referatsleitung. Anschließend werden die Vertrags-
und Vergabeunterlagen durch das interne Rechtsreferat einer rechtlichen Würdigung
unterzogen; dies erfolgt in der Regel unmittelbar vor Veröffentlichung oder Versendung der
Vergabe- und Vertragsunterlagen an potenzielle Bieter. So wird das Risiko von juristischen
Fehlern und Unklarheiten im Vertrag wesentlich reduziert.205
Infolgedessen ergeben sich für die BLE primäre Vertragsbeziehungen zum BMEL sowie zu
den privaten Exportfördereinrichtungen, die die öffentlichen Fördermittel beantragen. Im
Beispiel der Prinzipal-Agent-Beziehung fungiert die BLE als Agent.
Die Verantwortung für die praktische Umsetzung der Exportförderungsprogramme sowie für
die administrative Bearbeitung der Anträge auf öffentliche Fördermittel seitens privater
Exportförderungsorganisationen liegt bei der BLE, währenddessen die Tätigkeit des BMEL
mehr auf konzeptionelle und strukturelle Arbeiten ausgerichtet ist.
3.3.1.3 Bundesländer
Infolge der föderalen Verfassungsordnung Deutschlands verfügen die Bundesländer über
autonome finanzielle und personelle Ressourcen, die sie auch für die Exportförderungszwecke
verwenden können. Die Finanzierung der Exportförderungsaktivitäten erfolgt dabei aus den
öffentlichen Haushalten der Länder. Die Zuständigkeit für die Verwendung der Haushaltsmittel
sowie für die Steuerung der Exportförderungsprogramme liegt bei den jeweiligen
Landwirtschaftsministerien. 206
Bei der Organisation und der Umsetzung von Projekten arbeiten diese Organisationen eng mit
der Regierung zusammen. Zu den zentralen Tätigkeitsfeldern der Exportförderung der
Bundesländer gehören Auslandsmesseförderung, Organisation von
Unternehmensdelegationen und Veranstaltungen sowie Firmenberatung und
Informationsbeschaffung. Ähnlich wie bei der Agrarexportförderung auf Bundesebene bilden
KMU die Hauptzielgruppe. Außerdem gehört zu den Schwerpunkten die Vermarktung des
Bundeslandes als attraktiver Standort für Investitionen, z. B. durch die Organisation der
Delegationsbesuche für potenzielle Investoren.
Im Gegensatz zur Absatzförderung auf Bundesebene konzentrieren sich die Bundesländer auf
die Verbesserung des Images der Agrar- und Lebensmittelindustrie in konkreten Regionen
sowie auf die Identitätsbildung einer regionalen Marke für Agrarprodukte und Lebensmittel.
Die Intensität der Maßnahmen ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Regionale
Markenidentifizierung bildet bspw. einen Schwerpunkt in Bayern. Nordrhein-Westfalen liegt
mehr Wert auf die Exportförderung der Fleischwirtschaft, einer typischerweise starken
Agrarbranche in der Region, und fördert überwiegend die Kooperation mit den
Exportförderungsorganisationen auf der Bundesebene.
Die Organisationsstruktur der Exportförderung in den Bundesländern ist wie bei den meisten
staatlichen Einrichtungen hierarchisch. Die Entscheidungsfindung ist somit ein hierarchisch-
administratives Verfahren. Die Organisationsstruktur der privatrechtlichen Akteure der
Exportförderung, die mit dem Ministerium des jeweiligen Bundeslandes kooperieren, weist
etwas mehr Flexibilität bei der Entscheidungsfindung auf. Die
Wirtschaftsförderungsgesellschaft tritt somit in der Rolle des Agenten auf. Aufgrund der
Vertragsbeziehungen mit den öffentlichen Einrichtungen, und um das Risiko von
opportunistischem Verhalten zu reduzieren, unterliegt das Handeln der
Wirtschaftsförderungsgesellschaften im Hinblick auf die Ressourcennutzung zu politischen
Zwecken einer strengen Kontrolle durch die zuständige Behörde.
Die GTAI entstand 2009 durch den Zusammenschluss der Invest in Germany GmbH und der
Bundesagentur für Außenwirtschaft (BfAI). Die Bundesrepublik Deutschland wird als
Alleingesellschafterin der GTAI durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
(BMWi) vertreten.208
Schwerpunktmäßig beschäftigt sich die GTAI mit der Informationsbeschaffung über relevante
Auslandsmärkte und gibt in diesem Kontext den deutschen Unternehmen die nötigen
Auskünfte über Chancen und Risiken auf allen bedeutenden Auslandsmärkten. Die GTAI
verfasst regelmäßig aktuelle Lageberichte und Analysen für 130 Länder und veröffentlicht
Geschäftsführung
Interne Revision
Trends &
Innovationscouting
Die GTAI ist in neun Abteilungen gegliedert, die sich jeweils spezifischen Aufgaben widmen
(siehe Abbildung 15). Die Hauptabteilungen sind in Unterabteilungen mit spezifischen Themen
aufgeteilt. Der Aufsichtsrat der GTAI, unter Vorsitz des Staatssekretärs im BMWi, besteht aus
sieben öffentlichen und sieben privatwirtschaftlichen Vertretern.212
Das Entscheidungsverfahren der Organisation an den Standorten Berlin und Bonn ist
hierarchisch-administrativ. Dabei unterscheidet sich die Organisationsstruktur an beiden
Standorten, deren Organisation durch die öffentliche Verwaltungseinrichtung geprägt ist, von
der Arbeitsorganisation der Korrespondenten vor Ort, die meistens als Wirtschaftsjournalisten
tätig sind. In der Perspektive der Prinzipal-Agent-Beziehung sind die
Auslandskorrespondenten die Agenten und die GTAI-Zentrale ist der Prinzipal. Die
Korrespondenten im Ausland verfügen über einen gewissen Spielraum und Flexibilität bei der
Berichterstattung, die organisatorische Verknüpfung mit der Zentrale ist wenig bemerkbar. Die
Korrespondenten sind in unterschiedlichen Ländern akkreditiert und werden nach den
Grundsätzen des Auswärtigen Dienstes vergütet.213 Die Karrieremöglichkeiten innerhalb der
GTAI sind für die Journalisten eher gering. So können die Selbstverwirklichung sowie die
Ausübung des journalistischen Berufs neben der Entlohnung als Anreize für die
Auslandskorrespondenten dienen.
In den Vertragsbeziehungen mit den Unternehmen befindet sich die GTAI in der Rolle des
Agenten. Die Unternehmen (repräsentiert durch die Unternehmensverbände) leiten die
Vorschläge mit den relevanten Berichtsthemen an die GTAI weiter. Die Finanzierung der
Leistungen erfolgt größtenteils aus öffentlichen Mitteln, deswegen basieren die Anreizsysteme
der Mitarbeiter der Verwaltung der GTAI auf ähnlichen Prinzipien wie die Anreizsysteme der
Mitarbeiter der Ministerien.
215 Der Unternehmenslobbyismus wird von den Unternehmensverbänden eher indirekt betrieben, im Gegensatz
zu den „direkten“ Lobbyisten in den Public-Affairs-Agenturen. Dennoch hat der Unternehmensverband das
Ziel, auf politische Prozesse einzuwirken (siehe dazu Wenzlaff, K. [2005], S. 6).
216 Vgl. Wenzlaff, K. [2005], S. 6.
217 Dazu gibt es starke land- und branchenspezifische Unterschiede, auf die im Kapitel 6 detaillierter eingegangen
wird.
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 77
Die Nähe zu den politischen Entscheidungsträgern und die Vertretung der Interessen der
Branche im politischen Umfeld ist strategisch so bedeutsam, dass die Unternehmen ihre
Verbandsvertretungen häufig in geografischer Nähe zu wichtigen Politikakteuren eröffnen.
Daher hatten viele deutsche Unternehmensverbände ihren Sitz in Bonn. Mit dem Umzug der
Regierung nach Berlin haben viele Unternehmensverbände ihren Hauptsitz nach Berlin
verlagert. Die Vertretungen der Branchenverbände und der Exportförderungsorganisationen
in Berlin sind vor allem an der Ausübung eines Einflusses auf den Gesetzgebungsprozess
sowie auf politische Entscheidungen interessiert. 218 Viele Lebensmittelverbände haben
dagegen nach wie vor ihren Sitz in Bonn, weil das BMEL und die BLE ihren Sitz in Bonn haben.
Zur Erhöhung der Kommunikationseffizienz und zum Aufbau einer systematischen
Zusammenarbeit befinden sich einige Exportförderungsorganisationen in unmittelbarer Nähe
zu den Branchenverbänden. 219
Der Globalisierungsprozess sowie die Internationalisierung des Handels setzen mehr Präsenz
der Lebensmittelindustrievertreter in der EU voraus. Die Verbände betreiben deswegen einen
Branchen-Lobbyismus auch auf der EU-Ebene. Vor dem Hintergrund der Übertragung vieler
Entscheidungskompetenzen von nationalstaatlicher Ebene auf die supranationale Ebene
gewinnt diese Funktion an Bedeutung. Für die Europäische Kommission sind die
Verbandsvertreter zentrale Ansprechpartner für Gesetzesinitiativen in den entsprechenden
Sektoren.
Der größte deutsche Verband mit Sitz in Brüssel ist der Bund für Lebensmittelrecht und
Lebensmittelkunde e. V. (BLL e. V). Er vertritt die Interessen der deutschen
Lebensmittelwirtschaft auf nationaler und internationaler Ebene. Der Verband spezialisiert sich
vor allem auf die lebensmittelrechtlichen und naturwissenschaftlichen Themen. Die
Mitgliederstruktur besteht aus rund 90 Verbänden, 270 Unternehmen und 190
Einzelmitgliedern.220 Die Zielgruppe sind größtenteils die KMU. Der BLL engagiert sich für
einheitliche Herstellungs- und Vermarktungsbedingungen für Lebensmittel im Binnenmarkt.
Themenfelder, mit denen sich der BLL in seiner Arbeit intensiv beschäftigt, sind u. a.
Lebensmittelhygiene, Lebensmittelüberwachung, Kennzeichnung, nährwert- und
gesundheitsbezogene Angaben, Zusatzstoffe, Gentechnik, Qualitätssicherung,
Nahrungsergänzungsmittel, Öko-Lebensmittel sowie Ernährung. Auf europäischer Ebene wirkt
der BLL im Rahmen des europäischen Industrieverbandes FoodDrinkEurope mit.221 Außer
dem BLL vertritt die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) die
Interessen der deutschen Ernährungsindustrie in Brüssel. Auch die BVE hat ihren Sitz in
218 So haben die Branchenverbände wie Bundesverband der deutschen Süßwarenindustrie und Verband der
Fleischwirtschaft ihren Sitz in Bonn, die GEFA dagegen in Berlin.
219 Wie German Sweets e. V. und Bundesverband der deutschen Süßwarenindustrie oder German Meat GmbH
und Verband der deutschen Fleischwirtschaft e. V., die ihre Sitze in den gleichen Gebäuden in Bonn haben.
220 Vgl. BLL [2017].
221 Vgl. BLL [2017].
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 78
Berlin, dort tritt sie in der Rolle als Ansprechpartner der nationalen Politik auf. Die Mitglieder
der BVE sind hauptsächlich die Fachverbände und Unternehmen aller wichtigen Branchen der
Ernährungsindustrie.222
German Sweets
Vorstand
BDSI e. V.
Behörde, Ministerien,
EU, Verbände Ca. 100
Mitgliedsunternehmen
Unternehmensinteressen beachtet, ist der Vorstand ermächtigt, alle Tätigkeiten des Vereins
zu bestimmen und zu kontrollieren. Die Programme von German Sweets im
Exportförderungsbereich orientieren sich daher stark an den Bedürfnissen der Unternehmen.
Die Finanzierung der Aktivitäten von Exportförderungsorganisationen erfolgt in der Regel über
die Mitgliedsbeiträge und, im Falle staatlicher Zuwendungen, teilweise durch das BMEL. Die
Vertragsbeziehungen entstehen zum einen intern mit den Mitgliedern, bei denen die
Geschäftsführung von German Sweets gegenüber den Unternehmen die Rolle des Agenten
übernimmt, zum anderen extern mit den Agenturen (AHK, Messegesellschaften etc.) bei der
Projektumsetzung, bei denen German Sweets die Funktion des Prinzipals einnimmt. Der
Anreiz für die Geschäftsführung der Exportförderungsorganisationen als Agenten besteht
hauptsächlich darin, die Exportförderungsleistungen gut zu erbringen, um die Mitgliedschaft in
der eigenen Organisation attraktiv zu machen. Durch eine hohe Mitgliedzahl wird eine hohe
Beitragssumme erzielt sowie mehr politischer Einfluss erreicht.
3.3.2.2 Auslandshandelskammer
Die AHK ist die Einrichtung der deutschen Außenwirtschaftsförderung mit 130 Standorten in
90 Ländern, die vom BMWi anteilig gefördert wird. Weitere Einnahmequellen sind die
Mitgliedsbeiträge sowie die Honorare für die Dienstleistungen. Das Netzwerk der AHK besteht
aus bilateralen Auslandshandelskammern, Delegationen und Repräsentanzen der Deutschen
Wirtschaft. Es unterstützt deutsche Unternehmen, die ihr Auslandsgeschäft aufbauen wollen.
Unter der Servicemarke „DEinternational“ bieten die AHK den deutschen und ausländischen
Unternehmen weltweit vergleichbare Dienstleistungen an. Die Honorare für die
Dienstleistungen sind von jeweiligen Marktpreisen abhängig und können sich von Land zu
Land unterscheiden. Die AHK gehört dementsprechend nicht zu den rein privatwirtschaftlichen
Akteuren, sondern zu den staatlich mitfinanzierten Einrichtungen der Wirtschaft. Die AHK hat
Mitgliedsorganisationen mit rund 45.000 Mitgliedsunternehmen weltweit.224 Die
Dachorganisation der AHK ist der Deutsche Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK).225
Die AHK wird häufig von den staatlichen oder privatrechtlichen Akteuren der Exportförderung
mit der Erfüllung diverser Aufgaben in den Auslandsmärkten beauftragt. Außerdem bietet die
AHK eine Reihe von eigenen Dienstleistungen den Unternehmen direkt an. Zu den
meistverbreiteten AHK-Leistungen gehören Investitionsberatung, Marktrecherche, Vermittlung
von Geschäftskontakten vor Ort, Informationsbeschaffung über Auslandsmärkte, Rechts-,
In der Abbildung 17 wird die Organisationsstruktur der AHK am Beispiel der AHK Bulgarien
dargestellt.
Vollversammlung
Kontrollkommission
Vorstand Fachausschüsse/Beiräte
Repräsentanz des
Freistaats Bayern
Geschäftsführung
Repräsentanz in Plovdiv
GTAI
226 Die IHK sind eigenverantwortliche öffentlich-rechtliche Körperschaften, die die Interessen aller
gewerbetreibenden Unternehmen im Inland gegenüber Kommunen, Landesregierungen sowie Öffentlichkeit
vertreten.
227 In den Repräsentanzen und Delegiertenbüros gibt es keine mitgliedschaftliche Organisationsstruktur.
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 81
auch Mitglieder der AHK werden. 228 Die Mitglieder der AHK werden durch den von ihnen
gewählten Vorstand vertreten und treffen die wichtigsten Entscheidungen bezüglich Strategie
und Zielsetzung der AHK auf der Vollversammlung. 229 Die Geschäftsführung koordiniert die
Projekttätigkeiten der AHK, der Delegationsbüros oder der Repräsentanzen und schließt für
die AHK alle Verträge ab. Der Aufbau der Abteilungsstrukturen liegt auch in der Kompetenz
der Geschäftsführung. Die Kontrolle über die Ausgaben gehört zu den Aufgaben der
Kontrollkommission des DIHK. Der DIHK schließt häufig den Vertrag mit dem Geschäftsführer
der AHK ab und übernimmt die Fort- und Weiterbildung der AHK-Mitarbeiter.230
In der AHK unterteilen sich die Prinzipal-Agent-Beziehungen in drei Kategorien. Als Erstes sind
die Beziehungen zwischen den Mitgliedern der AHK, die Dienstleistungen der AHK
wahrnehmen wollen (Prinzipal), und der Geschäftsführung (Agenten) zu erwähnen. Der Anreiz
für die AHK liegt, ähnlich wie bei den mitgliedschaftlich strukturierten
Exportförderungsorganisationen darin, möglichst viele Mitglieder zu akquirieren und
dementsprechend höhere Beitragssummen zu generieren. Die Mitglieder versuchen, die
Geschäftsführung zu kontrollieren, um das Risiko eines opportunistischen Verhaltens bei der
Leistungserbringung zu reduzieren.
Andere Vertragsbeziehungen entstehen zwischen dem DIHK als Prinzipal und der AHK als
Agenten. Die Vertragsbeziehungen zwischen dem DIHK und der AHK unterliegen einer
ständigen Kontrolle und Koordinierung. Der DIHK stellt der AHK die finanziellen und
personellen Ressourcen zur Verfügung und vertritt die Interessen der AHK im Inland, übt aber
zugleich die Kontrolle über die Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der öffentlichen
Ressourcennutzung aus.
Grundsätzlich bestehen die Vertragsbeziehungen der AHK aus Beziehungen mit den
verschiedenen Auftraggebern. Dies erhöht maßgeblich die Komplexität der
Entscheidungsfindungsstruktur der AHK. Entscheidungen, die die Beziehungen zum DIHK
betreffen, werden meistens mittels Verhandlungen getroffen. Durch Abstimmungen und
228 Vgl. Schultes, N. [2003], S. 131; vgl. dazu auch AHK [2017].
229 Vgl. Schultes, N. [2003], S. 137.
230 Vgl. Schultes, N. [2003], S. 135f.
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 82
Wahlen wird dagegen in den Gremien der AHK, z. B. in Vorstandssitzungen entschieden. 231
Außerdem spielt der Preismechanismus bei der Entscheidungsfindung bei einmaligen
Dienstleistungssaufträgen aus dem Ausland eine wichtige Rolle.
Die Anreize für die privaten Marketingagenturen oder Messegesellschaften im Ausland sind
meistens rein wirtschaftlicher Art. Hier gewinnt der Aufbau von effektiven Kontrollsystemen
vonseiten des Prinzipals an Bedeutung, weil dadurch die Projekteffizienz hinsichtlich Kosten,
Qualität und Laufzeit maßgeblich steigt. Kontroll- und Koordinierungsfunktionen gegenüber
privaten Marketingagenturen übernehmen in der Regel direkt die Projektleiter der jeweiligen
Exportförderungseinrichtung.
Die Organisation des Messestands im Ausland wird den Durchführungsgesellschaften vor Ort
übertragen, die häufig Tochterunternehmen der deutschen Messegesellschaften sind. Auf
dem Messestand, der im staatlichen Auftrag organisiert ist, erfüllt die Kontrollfunktion vor Ort
ein sogenannter Informant, häufig der Vertreter eines Branchenverbandes, der gleichzeitig die
Interessen der Branche und des Staates als Auftraggebers vertritt.
Im Fall der Zusammenarbeit mit dem Fachverband im Ausland dient als Anreiz für den
ausländischen Branchenverband nicht nur die Vergütung, sondern auch die gemeinsame
Veranstaltungsorganisation. Aus Sicht des Branchenverbands stellt die Veranstaltung mit den
potenziellen Partnern und Lieferanten aus Deutschland die Erbringung einer Leistung für die
eigenen Mitglieder dar. In diesem Fall werden die Aufgaben in der Regel zwischen beiden
Ländern aufgeteilt. Die deutsche Seite ist häufig für die Kontakte aus Deutschland und die
Bezahlung der Veranstaltung verantwortlich, während der Verband im Gastland die
einheimischen Unternehmen zur Veranstaltung einlädt und für die Veranstaltung vor Ort wirbt.
Diese Beziehungen enthalten somit ein bilaterales Anreizsystem, bei dem das Leistungsziel in
der Steigerung der Teilnehmerzahl und im Erfolg der geplanten Veranstaltung besteht. Dies
stellt ein Beispiel für einen effektiven Ressourceneinsatz und eine strategische Zielsetzung
dar. Die Vorteile einer solchen Zusammenarbeit werden häufig von den privaten
branchenspezifischen Exportförderungsorganisationen aus Deutschland genutzt.
Im Rahmen der Exportförderung ist die EU-Kommission ein supranationaler politischer Akteur,
der sowohl die Exportförderungspolitik der Mitgliedstaaten regelt als auch mit einem eigenen
Programm der Exportförderung die europäische Lebensmittelindustrie und Agrarwirtschaft
unterstützt. Die rechtlichen Grundlagen der EU-Exportförderung sowie die inhaltliche
Gestaltung des EU-Exportförderungsprogramms werden im Kapitel 5 beschrieben. Im
Folgenden wird auf die organisatorischen Besonderheiten der EU-Kommission eingegangen.
Die täglichen Aufgaben der Kommission werden von Angestellten ausgeführt (Juristen,
Wirtschaftswissenschaftler usw.), die in verschiedenen Abteilungen (Generaldirektionen)
arbeiten, die für jeweils einen bestimmten Politikbereich zuständig sind. Der Präsident legt die
politische Ausrichtung der EU-Kommission fest, anhand derer die Kommissare gemeinsam
strategische Ziele und das Jahresarbeitsprogramm ausarbeiten.237 Beschlüsse werden
gemeinsam gefasst, dabei sind auch Abstimmungen möglich. Bei den Abstimmungen wird mit
einfacher Mehrheit entschieden. Jedes Kommissionsmitglied verfügt über eine Stimme.
Kommissionsbeschlüsse werden meistens in Form von Legislativvorschlägen eingeführt.
Legislativvorschläge werden auf der wöchentlichen Sitzung der Kommissionsmitglieder
vorgelegt und sind damit amtlich. Danach werden sie dem Rat und dem Parlament zur
nächsten Etappe vom Legislativprozess übergeben.
Die Zuständigkeit für die Agrarexportförderung liegt aktuell bei Kommissar Phil Hogan und
damit bei der Abteilung Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Die Entscheidung über
Konzepte und Inhalte der Programme wird in Abstimmung mit den EU-Staaten gemäß der EU-
Verträge getroffen. Die Verwaltung der EU-Exportförderungsprogramme übernimmt seit 2016
die Exekutivagentur für Verbraucher, Gesundheit, Landwirtschaft und Lebensmittel (CHAFEA)
aus Luxemburg. Die Organisationsstruktur der CHAFEA ist in Abbildung 18 zu sehen.
In der Beziehung zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der EU-Regierung sind die
Mitgliedstaaten der Prinzipal und die EU-Kommission der Agent. Das Anreizsystem der EU
basiert auf dem Leistungsziel der EU-Absatzförderungspolitik, das in der Steigerung
europäischer Agrarexporte sowie in der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der
europäischen Lebensmittel liegt.
Zwischenfazit
Die Prinzipal-Agent-Theorie geht davon aus, dass die Individuen in ihrer Entscheidungsfindung
eingeschränkt sind, etwa durch eine asymmetrische Informationsverteilung. Wenn der
Auftraggeber die Qualifikation sowie die Handlung des Auftragnehmers messen könnte, wäre
es möglich, einen optimalen Vertrag mit dem bestmöglichen Lohn für die Anstrengung des
Auftragnehmers zu schließen, der die Agenturprobleme komplett lösen würde. 240 In der
Realität versucht der Prinzipal, den Vertrag so zu gestalten, dass er ihm seinen erwarteten
Gewinn maximiert, der Agent wiederum versucht, seinen eigenen Nutzen zu erhöhen, indem
er seine Anstrengung möglichst teuer einschätzt. 241
239 Als Beispiel kann hier Italien genannt werden, das häufig an den Förderprogrammen für die Produkte mit
geschützter Herkunftsbezeichnung teilnimmt.
240 Vgl. Erlei, M./Leschke, M./Sauerland, D. [2007], S. 113.
241 Vgl. Erlei, M./Leschke, M./Sauerland, D. [2007], S. 114.
242 Vgl. Saam, N.J. [2002], S. 31.
243 Vgl. Saam, N.J. [2002], S. 31.
Institutionenökonomische Betrachtung der Exportförderung 86
verlässlich gemessen werden. Deswegen wurden bisher Festlöhne in den meisten Verträgen
der Exportförderung bevorzugt. Die Ergebnisse der empirischen Forschung deuten aber
darauf hin, dass die Verträge, die auf der Mehraufgaben-Prinzipal-Agent-Theorie und auf
verschiedenen Anreizvariablen basieren, überraschend positive Ergebnisse erzielen
können.244 Aktuell sind die praktische Anwendung dieser Theorie und ihre Integration in
verschiedene Wirtschaftsbereiche von hoher Relevanz. Dies ist aber noch weiter zu
erforschen.
Im Bereich der Absatzförderung gibt es eine Vielzahl von institutionellen Akteuren. Die
wichtigsten Akteure sind staatliche Einrichtungen, private Exportförderungsorganisationen
sowie internationale Akteure (EU-Kommission). Aufgrund starker Verknüpfungen zwischen
allen Akteursgruppen ist in der Praxis ein relativ komplexes Transaktionssystem, das aus
mehreren vertraglichen Beziehungen besteht, entstanden. Es sind zwei grundlegende
Transaktionsbeziehungen zu unterscheiden: die Beziehungen, die innerhalb des staatlichen
Exportförderungssystems entstehen, und die Beziehungen, die durch Unternehmen initiiert
werden.245
Bei der privaten Exportförderung tragen die Unternehmen zwar selbst die Transaktionskosten
bei der Suche und Auswahl der Vertragspartner, gleichzeitig gibt es dabei mehr Anreize für
eine möglichst effiziente Verwendung der zur Verfügung stehenden Ressourcen als bei
staatlicher Exportförderung.246 Außerdem haben die privaten Exportförderungsorganisationen
mehr Kontroll- und Steuermöglichkeiten aufgrund der geringeren Anzahl der Beteiligten. Die
privaten Einrichtungen verfügen aber in der Regel über ein niedrigeres Budget und eine
geringere Öffentlichkeitswirkung als die öffentlichen Einrichtungen, was den Lohn und die
Anreizintensität der Agenten beeinflussen kann.
Je größer die Zahl der Ansprechpartner im Bereich der Exportförderung ist, desto höher sind
Verwaltungsaufwand und Entscheidungskosten der Unternehmen. Es besteht deswegen das
Interesse seitens der deutschen Unternehmen an einem zentralen Ansprechpartner für den
jeweiligen Bereich der Exportförderung. Die staatlichen und privaten Akteure der
Exportförderung müssen deshalb eine klare Aufteilung der Verfügungsrechte vorfinden.
Während auf der EU-Ebene für die Aufteilung der Verfügungsrechte der AEU-Vertrag sorgt,
sind die Kompetenzen und Funktionen unterschiedlicher Organisationen der Exportförderung
auf nationaler und regionaler Ebene der Mitgliedstaaten meistens nicht so klar aufgeteilt. Beide
Akteursgruppen mit öffentlicher oder privatrechtlicher Organisationsform haben ein Interesse,
die Transaktionskosten möglichst gering zu halten.
Der Konflikt zwischen staatlicher und privater Exportförderung in Deutschland, der sich auf die
Zuständigkeit für die Koordinierung der Exportförderungsaktivitäten bezieht, befindet sich
aktuell im Stadium fortgeschrittener Verhandlungen. Die Aufteilung der Verfügungsrechte ist
zwar immer noch nicht eindeutig, allerdings einigten sich die Vertreter der privaten und
staatlichen Exportförderung auf regelmäßige gemeinsame Treffen zur Kompetenzverteilung in
einem festgelegten Zeitraum. Außerdem erfüllen die privaten Akteure die Beratungsfunktion
für den Staat, indem sie den zuständigen Ministerien über den Stand der Bedürfnisse der
privaten Wirtschaft im Exportförderungsbereich informieren.
Die wichtigsten staatlichen Akteure der deutschen Agrarexportförderung sind das BMEL und
die BLE. Das BMF hat die Funktion, die Haushalts- und Personalressourcen der
Exportförderung zuzuteilen, tritt aber in den Transaktionsbeziehungen nicht auf. Die GTAI
erfüllt überwiegend die Informationsbeschaffungsfunktion und verfügt über keine hohe
Entscheidungskompetenz bei der Initiierung der Förderprojekte. Ein anderer Akteur der
deutschen staatlichen Agrarförderung sind die Bundesländer. Sie treten als autonome Akteure
mit eigenem Budget sowie eigenen Personalressourcen auf und führen Projekte durch, die
sich schwerpunktmäßig von denen der Bundesebene unterscheiden. Das Risiko der
Doppelförderung der gleichen Unternehmen durch Bundes- und Landesebene ist aufgrund der
De-minimis-Regelung relativ gering.
Die Entscheidungen werden von den Akteuren der Exportförderung auf unterschiedliche Art
und Weise getroffen. Bei den staatlichen Akteuren geschieht die Entscheidungsfindung mittels
des hierarchisch-administrativen Verfahrens, was durch das zentralistische System der
Zuständigkeitsbereiche erklärt werden kann. Die privaten Organisationen treffen die
Entscheidungen intern meistens auf Basis von Abstimmungen und Wahlen sowie durch
Verhandlungen. Gemeinsame Entscheidungen treffen die Vertreter der staatlichen und
privaten Organisationen in der Regel auf dem Verhandlungswege. Außerdem spielt der
Preismechanismus, vor allem bei privaten Projekten mit begrenzter Verfügbarkeit der
Ressourcen, eine Rolle.
In diesem Zusammenhang wird zunächst eine begriffliche Klärung der Kooperation und des
Netzwerks gegeben (Kapitel 4.1.1) und die Rahmenbedingungen sowie Gründe für die
Entstehung von Netzwerken aufgezeigt (Kapitel 4.1.2), welche zusätzliche Erklärungsgehalte
bei der Berücksichtigung von Netzwerkverbindungen im wirtschaftlichen Raum der EU haben.
Darüber hinaus werden theoretische Ansätze zur Erklärung von Netzwerken dargestellt,
welche die Auswirkungen der Netzwerke auf das Marktergebnis aus verschiedenen
Sichtweisen analysieren. Während die Transaktionskostentheorie die Netzwerke als
besondere Organisationsform bezeichnet, untersucht die Spieltheorie Verhandlungskonzepte
und Vertrauen zwischen den einzelnen Netzwerkakteuren. Kapitel 4.1.3 befasst sich mit den
Netzwerktypologien und den für diese Arbeit relevanten Kriterien zur Klassifizierung der
Netzwerke. Die Beschreibung der Netzwerke im Agrarsektor und deren Bedeutung für den
Wirtschaftsraum EU ist der Gegenstand des Kapitels 4.1.4. Die Erschließung und Bearbeitung
der ausländischen Märkte unterliegt zwar gleichen Prinzipien wie das Inlandmarketing, ist
jedoch durch große Herausforderungen geprägt. Im Kapitel 4.2 werden deswegen die
Besonderheiten des Marketingkonzepts im Ausland aufgezeigt. Anschließend wird im
Kapitel 4.3 auf die Organisationsformen des kooperativen Marketings eingegangen, da sie für
den weiteren Verlauf dieser Arbeit von Bedeutung sind.
4.1.1 Definitionen
Als betriebliche Kooperation bezeichnet man in diesem Zusammenhang „die
(unternehmerische) Zusammenarbeit mit dem Kennzeichnen der Harmonisierung oder
gemeinsamen Erfüllung von (betrieblichen) Aufgaben durch selbständige
250
Wirtschaftseinheiten.“
Ziel der Kooperation ist die Erwirtschaftung eines Kooperationserfolges, der durch die
Arbeitsteilung, die Vermeidung von Doppelaktivitäten und den Ressourcenaustausch erreicht
wird.251 Folglich werden strategische Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen
Marktteilnehmern, die von der Unternehmenskooperation ausgeschlossen sind, erzielt.
Netzwerke stellen eine Unterform der Kooperation dar, bei der mindestens drei Akteure
zusammenarbeiten und die ein erhebliches Maß an strategischer Flexibilität aufweist. 252
Der Begriff Netzwerke wurde früher überwiegend in sozialer Hinsicht verwendet und
charakterisierte nach Radcliffe-Brown (1940) „alle sozialen Beziehungen von Person zu
Person“.253 Erst seit Mitte der 1980er Jahre werden Netzwerkansätze auch aus der
betriebswirtschaftlichen Perspektive betrachtet und dabei „zunächst als ein Erklärungsmuster
für organisationale Aktivitäten, später als ein analytisches Werkzeug verstanden“ 254.
Ein Netzwerk beschreibt nach Sydow „die Kooperation in und/oder zwischen relativ
autonomen, gleichwohl in ein Netz von Beziehungen eingebundenen Organisationen bzw.
Unternehmungen (oder Organisationseinheiten).“ 255
ihre Aktivitäten ebenso wie ihre direkten und indirekten Beziehungen zur fokalen
Unternehmung – mit ein“256.
Spieltheoretische Ansätze zeigen konkrete Beispiele auf, in denen durch eine Kooperation
bessere Ergebnisse erzielt werden können als durch eine konkurrierende
Wettbewerbsstrategie. Demnach ändert sich der Nutzen einer Strategie für einen Spieler mit
der Strategiewahl seiner Gegenspieler. Im klassischen Gefangenendilemma ist die
gleichzeitige Einhaltung einer Kooperationsabsprache für beide Seiten optimal. Trotzdem
besteht ein Anreiz unilateral davon abzuweichen, da sich dadurch Mehrgewinne erzielen
lassen (vorausgesetzt, der Spielpartner hält sich an die Absprache). Da dieses Kalkül für jeden
Spielpartner gilt, ist die Gleichgewichtslösung ein beiderseitiges Abweichen. Trotz des
individuell rationalen Handelns kommt es also zu einem gesellschaftlich suboptimalen
Ergebnis. Das Resultat ändert sich, falls das Spiel unendlich oft wiederholt wird. 268 In diesem
Fall lohnt sich das individuelle Abweichen nicht mehr, da dieses Verhalten in nachfolgenden
Perioden sanktioniert werden kann. Die Verabredung einer Trigger-Strategie ist eine effektive
Methode der Sanktionierung: Solange sich alle Spieler an die Absprachen halten, wird auch in
der nächsten Runde kooperiert. Weicht jedoch ein Spieler ab, werden für alle nachfolgenden
Perioden die Gleichgewichtsstrategien der Teilspiele gewählt, d. h. die Kooperation bricht
zusammen. Da den Spielern dadurch die zukünftigen Gewinne entgehen, halten sie sich gleich
zu Beginn an die gesellschaftlich optimale Lösung. 269 Demzufolge wird in der Spieltheorie die
Vermeidung unnötiger Konflikte durch eigene Kooperation, Nachsichtigkeit und
Verständlichkeit des Anderen gefordert, solange der andere Spieler kooperiert. 270 Gleichzeitig
wird die Bedeutung von Vertrauen und Verhandlungsabsprachen zwischen den einzelnen
Netzwerkakteuren betont.
einer eigenen Organisation und die eigenständige Durchführung der Markttransaktionen oft
höhere Transaktionskosten als eine Kooperation. 273 Damit stellt die Kooperation häufig eine
optimale Organisationsform für die Marktteilnehmer dar.
4.1.3 Netzwerktypologien
In der Literatur gibt es viele Parameter und Kriterien zu Klassifizierung von Netzwerken.
Netzwerke können nach zahlreichen Kriterien voneinander unterschieden werden, bspw. nach
der Führungsstruktur, der Zeitperspektive, der Transaktionskostenform oder der Anzahl der
Partner.275 In der Tabelle 8 werden die meist verbreiteten Typisierungsmöglichkeiten
zusammengefasst.
Besonders verbreitet sind die Typisierungen, die auf folgenden Kriterien basieren:
Steuerungsform (hierarchisch/heterarchisch), Komplexität (einfache/komplexe Netzwerke), Art
der Führung und regionale Angehörigkeit (strategisch/regional) und Stellung des Partners in
der Wertschöpfungskette (vertikal/horizontal). Im Folgenden werden die für diese Arbeit
relevanten Netzwerksformen näher betrachtet und definiert.
Mit Blick auf die Steuerungsform wird davon ausgegangen, dass die Unternehmensnetzwerke
nicht nur heterarchische, sondern auch hierarchische Strukturen haben können. Beispiele
dafür sind die pyramidenförmig organisierte Automobilindustrie oder japanische Netzwerke
Kooperatives Marketing in der Exportförderung 95
Die Komplexität eines Netzwerkes charakterisiert sich durch die Art, Anzahl und Dichte der
Bindungen. Dabei lassen sich bilaterale und trilaterale Bindungen unterscheiden (siehe
Abbildung 19). Bei der bilateralen Bindung koordinieren sich die beiden Partner direkt
miteinander und reagieren unmittelbar auf das Verhalten des anderen. 278 Mit der Teilnahme
eines weiteren Akteurs erhöht sich die Beziehungskomplexität. Es entsteht die trilaterale
Bindung (drei Verbindungen zwischen drei Akteuren), die sowohl Koalitionen und indirekte
Beziehungen als auch asymmetrische Informations- und Machtbeziehungen möglich macht.279
Kennzeichen eines Netzwerkes ist nach Kutschker die Summe aller indirekten und direkten
Beziehungen, die deutlich mehr Handlungsmöglichkeiten eröffnet als die einzelnen direkten
Beziehungen.280
Netzwerke bestehen aus einer Menge von Knoten, die durch Linien (Kanten) miteinander
verbunden sind. 281 Die Knoten können einzelne Personen, Unternehmen, Länder oder
Ereignisse darstellen. Die Verbindungen bzw. Kanten zwischen den Knoten stellen eine
beliebige Beziehung dar. So können sie einen Ressourcenaustausch, geschlossene Verträge,
thematische Verbundenheit usw. symbolisieren282. Steht ein bestimmter Knoten im Mittelpunkt
der Analyse, wird er als Ego und seine Nachbarn als Alteri bezeichnet.283
Einfache Netzwerke nutzen dabei nur einen Teil der zwischen den Akteuren möglichen
Beziehungen und sind oft sternförmig. Ein zentraler Akteur koordiniert und kontrolliert dabei
mehrere Beziehungen zwischen den Kooperationspartnern. Als Beispiel eines einfachen
Netzwerks kann der Aufbau eines Franchise-Systems284 genannt werden.285
A B A B
C
Bilaterale Bindungen Trilaterale Bindungen
C
E
C D
B
A D
F B A
E
F
Einfache Netzwerke Komplexe Netzwerke
Abbildung 19: Klassifikation unterschiedlicher Kooperationen nach der Anzahl der Bindungen
Quelle: In Anlehnung an Morschett, D. [2003], S. 400
Unter strategischen Netzwerken versteht Sydow die Unternehmensnetzwerke, die von einem
oder mehreren fokalen Unternehmen strategisch geführt werden. 287 Das fokale Unternehmen
liefert Strategien und Technologien sowie die Ausgestaltung der Netzwerkorganisation für die
anderen am Netzwerk beteiligten Unternehmen aus eigener Unternehmung und übernimmt
somit die Führung des Netzwerkes. Nach Sydow bestehen strategische Netzwerke meistens
aus Unternehmen verschiedener Größe, wobei sie häufig von Großunternehmen geführt
werden.288 Strategische Unternehmensnetzwerke sind oft international und langfristig
orientiert.
Regionale Netzwerke (Cluster) umfassen KMU und zeichnen sich durch eine räumliche
Agglomeration aus. Der Begriff Unternehmenscluster wird definiert als geografische
Konzentrationen von miteinander vernetzten Unternehmen, die entweder miteinander in einer
Verbindung innerhalb der Wertschöpfungskette stehen oder zu einem ähnlichen
Wirtschaftszweig gehören. Hierzu zählen auch andere für den Wettbewerb relevante
Organisationseinheiten wie Schulen, Forschungsinstitute und spezialisierte Dienstleister. Die
Entstehung der Netzwerke in der Region wird häufig staatlich gefördert.289 Nach Porter können
bedeutende Wettbewerbsvorteile wie Fähigkeiten, Wissen und Innovation in räumlicher Nähe
besser aufgebaut werden und deshalb die Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen im
internationalen Umfeld positiv beeinflussen. 290
In der oben dargestellten Typologie liegt der Schwerpunkt der Beschreibung vor allem auf
solchen Kriterien wie Komplexität (hier unterscheidet man zwischen den einfachen und
komplexen Netzwerken) und Art der Führung des Netzwerkes (strategische, regionale
Netzwerke). In einfachen strategischen Netzwerken übernimmt das fokale Unternehmen die
strategische Führung des Netzwerkes. Diese strategische Führung durch das fokale
Unternehmen bezieht sich vor allem auf seine deutliche Einflussnahme bei der Bestimmung
der gemeinsamen Ziele und Strategien sowie auf die Struktur und Intensität der Beziehungen
innerhalb des Netzwerkes. Somit bestimmt das fokale Unternehmen die Grundsätze der
Netzwerkzusammenarbeit und spielt eine zentrale Rolle im Management von
Netzwerkbeziehungen. Strategische Netzwerke sind in der Regel langfristig orientiert. Je
langfristiger eine Kooperation angelegt ist, desto vielfältiger sind die Bereiche, auf die sie sich
erstreckt, und desto höher ist ihre gesamtwirtschaftliche Bedeutung. 291
Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt auf dem komplexen strategischen Netzwerk mit der
Führung durch ein oder mehrere fokale Unternehmen.
Die genannten Tendenzen fördern die Entstehung von Netzwerken, in deren Rahmen
Lebensmittel produziert und verkauft werden. Dies erfordert ein hohes Maß an Vertrauen
zwischen den jeweiligen Partnern und setzt eine klare strategische Entscheidung voraus.
Damit stehen den Unternehmen gleichzeitig zwei Herausforderungen gegenüber: eine
systematische Entwicklung der Produktion zu gewährleisten und gleichzeitig erfolgreich mit
den Netzwerkpartnern zu kooperieren. Eine andere Besonderheit der Kooperationen im
Ernährungsbereich ist die langfristige Zusammenarbeit, was in den anderen Sektoren oft
konkurrenzbedingt erschwert sein kann.
Vertikale Netzwerke entstehen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette Ernährung. Dabei
entsteht die Bindung häufig schon auf den vorgelagerten Stufen, wo z. B. die Rohwaren an die
Die besondere Bedeutung der Absatzkanäle macht heutzutage die Beziehungen zwischen
dem Hersteller und Handel besonders wichtig. Der Lebensmitteleinzelhandel sucht das
Sortiment aus und verkauft es an die jeweiligen Endkunden. Die Produzenten als auch die
Supermarkteinkäufer sind an einer stabilen Partnerschaft interessiert. Dementsprechend ist
die Vernetzung von Unternehmen und die Zusammenarbeit auf allen Stufen der
Nahrungsmittelindustrie – von der Landwirtschaft über die Verarbeitung und Verpackung bis
zum Lebensmitteleinzelhandel besonders wichtig.
Andere wichtige Netzwerke im Agrarbereich sind die Verbände, die Interessen bestimmter
Erzeugergruppen oder Branchen vertreten. Einzelne Verbände sind branchenübergreifend
organisiert und vertreten somit die Ernährungsindustrie und/oder die Landwirtschaft des
jeweiligen europäischen Staates oder der Region. Neben der Öffentlichkeitsarbeit und
verkaufsfördernder Tätigkeiten sind solche Fachverbände auch häufig in den Lobby-
Aktivitäten involviert und vertreten somit die Interessen der Branche auf der politischen Ebene.
Die andere Aufgabe solcher Organisationen ist es wiederum, die Anpassung der Mitglieder an
den Wandel der gesetzlichen, sozialen und technischen Rahmenbedingungen zu
erleichtern.292
Verarbeitung Lebensmitteleinzelhandel
•Bundesverband der deutschen •Handelsvereinigung der
Fleischwarenindustrie e.V. Marktwirtschaft e.V.
Des Weiteren kann der Bedarf neue Märkte zu erschließen und die Exportmenge zu erhöhen
als Grund für die Entstehung der jeweiligen Netzwerke genannt werden. Um Zugang zu den
neuen Märkten kostengünstiger zu gestalten, schließen sich Unternehmen häufig für eine
Gemeinschaftsplattform auf den Messen im Ausland zusammen und vermarkten ihre Waren
gemeinsam (regional, land- und produktspezifisch). Zur Organisation solcher Aktivitäten im
Ausland dienen unterschiedliche Exportfördereinrichtungen und Organisationen, die sowohl
privat als auch staatlich finanziert werden. Die Organisation der
Die Unternehmen versuchen, mittels des Informationsaustauschs und der Einflussnahme auf
politische Entscheidungen eigene Interessen im Bereich der Exportförderung umsetzen. Die
Durchsetzung der Interessen kann aber nicht auf dem für alle zugänglichen Informationsfeld
erfolgen, dies geschieht meistens in eng geknüpften Netzwerken, die aus
Unternehmensvertretern, Journalisten, Politikern und Mitarbeitern der Ministerien bestehen. In
solchen Netzwerken werden Informationen über bestimmte Fragen ausgetauscht sowie
politische Entscheidungen überlegt, abgestimmt und legitimiert. 296 Vorteile solcher Netzwerke
sind Themen-Flexibilität, Vertrautheit und wenig Bürokratie bei den Entscheidungsprozessen.
Als Mitglied eines solchen Netzwerks profitiert ein Unternehmens- oder Verbandsvertreter,
indem er sich direkt zu den wichtigen Themen der Branche äußern kann sowie an dem
Entscheidungsfindungsprozess teilnehmen kann. Mitarbeiter der Ministerien profitieren vom
Netzwerk dann, wenn sie die geplante Gesetzgebung mit den Wirtschaftsvertretern
besprechen können, um sicherzustellen, dass die Verordnungen in der Praxis anwendbar sind.
So tragen beide Gruppen dazu bei, das Risiko schlechter Entscheidungen zu reduzieren. Sie
fördern somit den offenen Austausch von ehrlichen Informationen, wodurch das Netzwerk für
alle Akteure an Wert gewinnt.297 Die Pressevertreter informieren sich mittels der
Netzwerktreffen über anstehende Entscheidungen, sodass auf Basis der internen
Informationen eine kompetente Berichterstattung möglich wird.
Auslandsmarketing
Der Marketingansatz im Ausland unterliegt zwar den gleichen Prinzipien wie das
Inlandmarketing, aber ist durch interkulturelle und länderspezifische Besonderheiten geprägt.
Im Folgenden wird versucht die Besonderheiten des Auslandsmarketingansatzes zu erfassen.
Auslandsmarketing nach Altmann ist „über die Grenzen des Binnenmarktes hinaus auf
Auslandsmärkte bzw. Auslandsengagement ausgerichtetes Marketing. Auslandsmarketing
beschreibt eine mit den Inlandsaktivitäten koordinierte Anwendung des Marketings im Rahmen
der in unterschiedlichen Arten und Formen möglichen Betätigung auf Auslandsmärkten“ 298.
• Die Vermarktung der Agrarprodukte und Lebensmittel ist in der Regel durch das
Herkunftslandimage stark beeinflusst, demzufolge sind die Marketingmaßnahmen der
Produzenten aus dem gleichen Land häufig durch ein ähnliches oder sogar ein
gemeinsames Marketingkonzept charakterisiert.
Die Erschließung der ausländischen Märkte ist somit tendenziell mit einem höheren
finanziellen Aufwand verbunden, was für die KMU-ausgeprägten Agrar- und
Lebensmittelsektoren ein erhebliches Problem darstellen kann. Diese Charakteristiken
sprechen für die Unternehmenskooperationen im Bereich der Lebensmittelvermarktung im
Ausland.
So ein Kooperationsmodel zeigt die positiven Auswirkungen auf den Gesamtumsatz der
Unternehmensgruppe, der im Laufe der Zeit deutlich gestiegen ist.
produktüber Zwangs-
privat abgaben/
greifend/ national
(Netzwerke, Inland
generische freiwillige
Verbände)
Werbung Abgaben
staatlich privat/
produktspe-
(Ministerien, regional Ausland
zifisch staatlich
EU-Projekte)
Das Verhältnis von generischer und produktspezifischer Werbung hat sich im Laufe der Zeit
deutlich verändert. Zur Zeit der Gründung der CMA war die generische Werbung auf den
deutschen und internationalen Märkten sehr verbreitet. Mit der Zeit hat sich die
Markenwerbung der Unternehmen stark entwickelt, während das Budget für
Gemeinschaftswerbung nicht mehr weiter gestiegen ist. Zwischen 1986 und 1995 verringerte
sich der Anteil der Gemeinschaftswerbemaßnahmen an den gesamten Werbeausgaben bei
Fleisch von 56 % auf 28 % und bei Milch von 25 % auf 9 %.306 Der Grund dafür waren die
Konfliktinteressen der Produzenten und der agrarpolitischen Exportförderungsorganisationen.
Die Effizienz der Maßnahmen generischer Werbung aufgrund des breiten Spektrums der
beworbenen Produkte konnte nicht immer nachgewiesen werden. Die neue europäische
Agrarförderungspolitik, die ab 2015 etwas mehr Flexibilität bei der Angabe von Marken und
Ursprung der Waren bietet, spricht auch für eine relativ niedrige Effizienz der generischen
Maßnahmen in der EU. Auch Strecker beschreibt den positiven Effekt der generischen
Werbung als umstritten. 307
Ein weiteres Kriterium zur Analyse der Exportförderungsaktivitäten ist die geografische
Struktur des Gemeinschaftsmarketings. Die Exportförderungsmaßnahmen können sowohl auf
regionaler Ebene als auch auf nationaler Ebene organisiert und verwaltet werden. In der Regel
spielt bei dieser Unterteilung das politische System des jeweiligen Landes eine wichtige Rolle.
Bei der föderalistischeren Organisationsform unternimmt gewöhnlich die regionale Ebene
mehr Initiativen im Exportförderungsbereich. In stark zentralisierten Staaten (allerdings mit
Ausnahmen) wird das Gemeinschaftsmarketing vorwiegend auf nationaler Ebene ausgeübt.
Bei dem Vermarktungsgebiet des Marketings wird zwischen den Maßnahmen, die nur auf den
Inlandsmarkt ausgerichtet sind und den Maßnahmen, die auf die Auslandsmärkte abzielen
unterschieden. Die meisten für diese Arbeit relevanten Aktivitäten zielen auf die
Auslandsmärkte ab. Es gibt auch viele Absatzförderungsorganisationen, die sich auf beiden
Feldern spezialisiert haben, wie z. B. die französische SOPEXA.
Die oben aufgeführten Kriterien werden im weiteren Verlauf der Arbeit für die Klassifizierung
der europäischen Exportförderungssysteme benutzt.
Ziel des folgenden Kapitels ist es, die Struktur, Funktionsweise und die rechtlichen Grundlagen
der EU-Politik darzustellen, auf denen die europäische Agrarförderung basiert. Dazu wird
zunächst eine theoretische Definition zum Verständnis der Systemgrundlagen der
Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sowie zu der Finanzierungs- und Ausgabenstruktur der
Agrarpolitik gegeben (Kapitel 5.1.1) und die neue Reform der GAP analysiert (Kapitel 5.1.2).
Nachfolgend werden die Verordnungen der EU untersucht, die die Grundlagen europäischer
Förderungsprogramme darstellen, darunter auch der AEU-Vertrag (Kapitel 5.2.1). Hier wären
die De-minimis Regelung (Kapitel 5.2.2) und die Gruppenfreistellungsverordnung (Kapitel
5.2.3) zu erwähnen. Weiterhin werden auch die aktuellen Änderungen der europäischen
Gesetzgebung in Betracht gezogen sowie die Grundlagen der neuen Absatzförderungspolitik
dargestellt (Kapitel 5.3.1) und die Unterschiede der alten Förderungspolitik zur aktuellen Politik
aufgezeigt (Kapitel 5.3.2). Im Kapitel 5.3.3 werden die kritischen Punkte der letzten Reform
der Exportförderungspolitik in der EU erfasst.
Gemeinsame Agrarpolitik
Über 77 % der Grundfläche der EU ist entweder landwirtschaftliche Nutzfläche (47 %) oder
Wald (30 %) und kann damit als ländlicher Raum bezeichnet werden. Ca. 12 Mio. Landwirte,
die in diesem ländlichen Raum wohnen, stellen einen großen Anteil der Bewohner Europas
dar. Die Landwirtschaft und die Ernährungswirtschaft produzieren zusammen 6 % des
europäischen BIP und sichern 7 % aller Arbeitsplätze in der EU.309 Somit wird die Bedeutung
der GAP, die es schon seit 1962 gibt, als sehr hoch eingeschätzt. Sie soll einen geeigneten
Lebensstandard für die Landwirte sowie eine sichere Lebensmittelversorgung zu
angemessenen Preisen für die Verbraucher garantieren.
Um die Strategie „Europa 2020“ 310 zu unterstützen hat die Europäische Kommission
entschieden die Reform der GAP durchzuführen, damit auch im Bereich Landwirtschaft eine
nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen, Dynamik in ländlichen Gebieten sowie auch die
Wachstums- und Beschäftigungsmöglichkeiten verbessert werden können. Um diese Ziele zu
erreichen ist die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft
notwendig. Eine wirksame gemeinsame Absatzförderungspolitik, die die vorhandenen
exportorientierten Instrumente verbessert, vereinfacht und kohärenter zu gestalten vermag, ist
in dem Fall unerlässlich. Hierzu wird eine neu strukturierte Absatzförderungspolitik in der EU
angestrebt, die unterschiedliche Konzepte für den Binnenmarkt und Drittländer umfasst.
Die GAP befasst sich hauptsächlich mit den folgenden Themen: Direktzahlungen,
Marktmaßnahmen, ländliche Entwicklung, Umwelt, Bioenergie, Klimaschutz, ökologischer
Landbau, Qualitätspolitik, Biotechnologie, Absatzförderung, Waldressourcen, staatliche
Beihilfen, Forschung und Innovation, Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz,
Pflanzenschutz sowie EU-Schulprogramme.
Darüber hinaus beschäftigt sich die GAP mit den Handelsabkommen der Drittländer, u. a. mit
den Entwicklungsländern. Bilaterale Abkommen mit zahlreichen Drittländern ermöglichen
niedrige Zölle auf Nahrungsmittelimporte und können somit den Export fördern. Die EU ist
zudem ein wichtiger Akteur in der WTO. Die Europäische Kommission handelt im Namen der
28 Mitgliedstaaten als eine Einheit bei den WTO Verhandlungen.
Des Weiteren reguliert die EU die Export- und Importbeschränkungen der Lebensmittel.
Quantitative Exportbeschränkungen können aufgrund einer Schutzmaßnahme entstehen.
Exportbeschränkungen bestehen in der Regel aus politischen, Sicherheits- und
Gesundheitsgründen. In der EU bestehen viele Regelungen, die die Ein- und Ausfuhr von
gefährlichen Substanzen und Lebensmitteln reglementieren. Verordnung 304/2003 beschreibt
bspw. die Regeln für die Ausfuhr und Einfuhr gefährlicher Chemikalien und Pestizide in der
EU. Das Ziel der Verordnung 304/2003 ist es auch dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen
310 Europa 2020 ist die neue Wachstumsstrategie der EU zur Erreichung einer nachhaltigen und integrativen
Wirtschaft. Die soll den Mitgliedsstaaten helfen um hohes Maß an Beschäftigung, Produktivität und sozialem
Zusammenhalt zu erreichen und betrifft 5 Bereichen: Beschäftigung, Innovation, Bildung, soziale Integration
und Klima/Energie.
311 Vgl. Die Europäische Union erklärt: Landwirtschaft [2014], S. 7.
Exportförderung in der EU: Struktur und rechtliche Grundlagen 108
der Verordnung 1272/2008 (früher Richtlinie 67/548/EWG und 1999/45/EG) in Bezug auf die
Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung von Chemikalien eingehalten werden. 312
Zur Finanzierung der GAP veranlasst die EU einen für sieben Jahre im Voraus festgelegten
Haushalt. Die Marktstützungsmaßnahmen und Einkommensbeihilfen werden ausschließlich
aus dem EU-Haushalt finanziert. Die Entwicklung des ländlichen Raums entsteht dagegen aus
mehrjähriger Programmplanung und wird teilweise von den Mitgliedstaaten kofinanziert. Die
Ausgaben der GAP beanspruchen fast 40 % des EU-Haushalts. Der EU-Haushalt wird vor
allem durch Zölle, Abgaben, Verbrauchssteuereinnahmen, Einnahmen aus der
Mehrwertsteuer und Einnahmen auf Grundlage des BIP der europäischen Länder
zusammengestellt.313
Die GAP kostet jeden EU-Bürger durchschnittlich ca. 32 Eurocents pro Tag. 314 Deutschland ist
der größte Netto-Zahler für den Agrarhaushalt in der EU und Polen gehört zu den größten
Netto-Empfängern. Für 2014 entsprechend dem Jahresbericht vom Bauerverband hatte
Deutschland 15,5 Mrd. Euro weniger aus dem EU-Haushalt bekommen als es eingezahlt hat.
Polen hatte dagegen 13,7 Mrd. Euro Überschuss bei den Agrareinnahmen und -Ausgaben.315
Die Agrarpolitik hat sich im Laufe der Jahre stark verändert. Der Anteil der Agrarausgaben im
EU-Haushalt ist dabei in den letzten Jahren stark zurückgegangen – von fast 70 % in den
siebziger Jahren auf rund 38 % heute. Das wurde einerseits durch die Erweiterung des
Tätigkeitsbereichs der EU verursacht, andererseits durch die Kosteneinsparungen infolge von
zahlreichen Reformen. Seit 2004 hat die EU dreizehn neue Mitgliedstaaten aufgenommen, die
Agrarausgaben wurden aber nicht erhöht.316 Der EU-Agrarhaushalt für das Jahr 2014 wird
nachfolgend in Abbildung 22 näher dargestellt:
4,806
Direktzahlungen
Lagerhaltung und
11,190 Exporterstattung
Ländliche Entwicklung
10
Sonstiges
40,579
Insgesamt wurden 56.585 Mrd. Euro im Jahr 2014 für die Agrarpolitik verwendet. Wie
Abbildung 13 zu entnehmen ist, waren der größte Teil der Ausgaben Direktzahlungen. Die
Exporterstattung spielte im Jahr 2014 kaum noch eine Rolle. Im Jahr 1993 betrugen dagegen
die Exporterstattungen über 10 Mrd. Euro und machten zusammen mit der Lagerhaltung fast
90 % der EU-Ausgaben aus. Heute hat sich das zwar geändert, aber die europäische
Landwirtschaft ist vielmehr von den Direktzahlungen abhängig geworden.
Die EU-Agrarbudgetstruktur für 2016 wird ähnlich wie die im Jahr 2014 ausgebaut:
voraussichtlich 73 % der EU-Agrarausgaben sind für die Direktzahlungen vorgesehen, 21 %
für die ländliche Entwicklung, 5 % für die Agrarmarktausgaben.317
Die Ausgaben der GAP werden aus zwei Fonds finanziert, die Teil des Gesamthaushaltsplans
der EU sind. Die Finanzierung der GAP ist mit der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Rates
über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik geregelt. Der Europäische Garantiefonds
für die Landwirtschaft (EGFL) finanziert dabei die Direktzahlungen sowie Maßnahmen zur
Stützung der Agrarmärkte, wie z. B. private und öffentliche Lagerhaltung, Informations- und
Absatzförderungsmaßnahmen für Agrarerzeugnisse und Schulmilch- und
Schulobstprogramme. Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
ländlichen Raums (ELER) unterstützt die Förderprogramme, die mit den Finanzmitteln der
Mitgliedstaaten kofinanziert werden. Innerstaatlich sind in Deutschland die Bundesländer für
die ELER-Programme und deren Finanzierung zuständig. Das nationale Förderkonzept
Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK)
leistet in Deutschland einen wesentlichen Beitrag zur Förderung des ländlichen Raums.318
Die Zuweisung der Finanzmittel für die GAP erfolgt in einer geteilten Mittelverwaltung. Die
Durchführung der GAP und damit alle verbundenen Zahlungen liegen in dem
Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten. Die von den europäischen Zahlstellen
abgewickelten Zahlungen erstattet die Kommission den Mitgliedstaaten nachträglich:
die EGFL-Ausgaben monatlich und die Ausgaben aus dem ELER vierteljährlich. Nach
Abschluss des Haushaltsjahres (Mitte Oktober) müssen die Mitgliedstaaten eine
Abschlussrechnung stellen. Die Kommission prüft alle aufgelisteten Ausgaben. Allerdings
erkennt die Kommission nur solche Zahlungen an, die in Übereinstimmung mit dem
Gemeinschaftsrecht geleistet wurden. Im Falle der Nichtanerkennung der Ausgaben muss der
Mitgliedstaat die Kosten selbst übernehmen. 320
Die EU darf kein Haushaltsdefizit aufweisen und kann nur so viel Geld ausgeben, wie sie
empfängt. 80 % der EU-Mittel werden von nationalen oder regionalen Regierungen verbraucht.
317 Vgl. DBV Situationsbericht 2015/2016, S. 99; vgl. dazu auch Ragonnaud, G. [2016].
318 Vgl. Bundesministerium für Finanzen [2016].
319 Vgl. DBV Situationsbericht 2015/2016, S. 102.
320 Vgl. Bundesministerium für Finanzen [2016].
Exportförderung in der EU: Struktur und rechtliche Grundlagen 110
Ebenso werden die meisten der EU finanzierten Projekte von den Mitgliedstaaten ausgewählt
und betreut. Dementsprechend sind die wichtigsten Akteure der GAP die jeweiligen
Regierungen der Mitgliedstaaten.
Bei der Ausarbeitung ihrer Entwürfe arbeitet die Europäische Kommission mit allen
Interessenvertretern in den Beratungsgruppen zusammen. Anschießend entscheidet der Rat
der Landwirtschaftsminister der 28 EU-Länder, gemeinsam mit dem europäischen Parlament
über die Vorschläge der Kommission. Die praktische Durchführung der Maßnahmen der GAP
liegt dabei in der Verantwortung von den Mitgliedstaaten. Zu den Ausgaben des
Rechnungshofes der EU gehört die Kontrolle der individuellen Ausgaben.
Das Europäische Parlament fungiert bei allen Verordnungen als Mitgesetzgeber. Das
Parlament kontrolliert die Ausarbeitung der betreffenden gemeinsamen Marktorganisation und
delegierten Rechtsakten durch die Kommission und kann auch Einwände in Hinsicht auf die
Rechtsakte erheben. Bei einigen Gesetzen ist die Rolle vom Europäischen Parlament
besonders bedeutsam. Beispiele dafür sind: Aufnahme von Käse mit geschützter
Herkunftsangabe in die Liste der für die private Lagerhaltung förderfähigen Erzeugnisse,
Erhöhung der Obergrenze für Finanzhilfen der EU für Erzeugerorganisationen oder Verbände
im Obst- und Gemüsesektor oder Aufrechterhaltung der Erteilung von Genehmigungen für den
Weinanbau nach dem Ende der Pflanzungsrechtsregelung. 321
Alle Beteiligten an der GAP haben unterschiedliche Interessen bei der Entwicklung und der
praktischen Umsetzung der europäischen Agrarpolitik. Die europäische Kommission versucht
die Agrarausgaben vollkommen zu legitimieren, damit sie auch die Bevölkerung mitträgt. Die
häufigsten Anliegen der europäischen Bürger sind sichere und billige Lebensmittel. Die
Mitgliedstaaten streben nicht nur die Zahlungen in den EU-Haushalt an, sondern wollen
mindestens so viel finanzielle Mittel von der EU bekommen, wie sie einzahlen. Die großen
Bauern- und Industrieverbände wünschen noch mehr Unterstützung für die nationale
Landwirtschaft, um sich am weltweiten Wettbewerb noch intensiver beteiligen zu können.
Dabei werden hauptsächlich große Landwirtschaftsunternehmen als profitabel angesehen.
Alternative Verbände und NGOs (z. B. Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft,
entwicklungspolitische Organisationen, Umweltverbände) sorgen sich dabei um die
Umweltauswirkungen der europäischen Landwirtschaft und weiteren negativen Effekte vom
Agrarhandel, die eingeschränkt werden müssen. Sie fördern hauptsächlich die Umsetzung von
Umwelt- und Tierschutzmaßnahmen, sowie den weltweiten Schutz der Familienbetriebe.322
Alle Interessenlagen bei der Maßnahmenentwicklung zu berücksichtigen stellt für die EU eine
große Herausforderung dar.
Die wichtigsten Punkte bei der neuen GAP-Strategie werden in Tabelle 9 zusammengefasst.
Die GAP besteht aus zwei Säulen: Direktzahlungen und marktbezogene Ausgaben sowie die
Förderung der ländlichen Entwicklung. Die Kernpunkte der GAP-Reform betreffen zunächst
die Direktzahlungen der Landwirte. Durch die GAP-Reform wird die einheitliche
Betriebsprämie durch eine Kombination von Basisprämie zu den Prämien mit
Förderschwerpunkten entwickelt. Darüber hinaus soll bis 2019 eine Angleichung der
Direktzahlungen in allen EU-Mitgliedstaaten auf ein Mindestniveau von 196 Euro/ha erfolgen.
Die EU-Mitgliedstaaten können ab jetzt einen Teil der Direktzahlungen national ausgestalten
und Umverteilungsprämien, sowie Maßnahmen zur Förderung von Kleinlandwirten und
naturbedingt benachteiligter Gebiete beschließen. Des Weiteren wurde ein sogenannter
Junglandwirtzuschlag eingeführt (44 Euro/ha).
Für die GAP-Strategie 2014-2020 ist insgesamt ein Betrag von 362.787 Mio. Euro vorgesehen,
wobei 277.851 Mio. Euro für die erste Säule - nämlich Direktzahlungen und marktbezogene
Exportförderung in der EU: Struktur und rechtliche Grundlagen 112
Ausgaben und 84.936 Mio. Euro für die ländliche Entwicklung oder die zweite Säule der GAP
geplant sind.323
5.1.3 EU-Absatzförderung
Die Absatzförderung gehört zu den Hauptpolitikfeldern der GAP. Die Kommission unterstützt
mit den finanziellen Mitteln aus dem EU-Haushalt Exportförderungsmaßnahmen der
Mitgliedstaaten für die Agrar- und Ernährungsgüter. Besonders stark wird eine enge
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei gemeinsamen Aktionen zugunsten der
europäischen Exporte (gemeinsamer Auftritt auf internationalen Messen, B2B-
Veranstaltungen, Konferenzen und Seminaren) gefördert. Die Maßnahmen werden meistens
durch die Kooperation mit Wirtschaftsverbänden und den nationalen
Exportförderungsorganisationen organisiert und von der europäischen Kommission
genehmigt. In der Regel konzentrieren sich die Aktivitäten auf eine Reihe von Zielländern, wie
bspw. aktuell auf China, Japan, die Länder der Association of Southeast Asian Nations
(ASEAN) sowie osteuropäische Länder. 324
Zu den Zielen der Kommission gehört auch die Verbesserung des Zugangs für europäische
Unternehmen zu den Märkten anderer Länder, was die Errichtung und Entwicklung von
Datenbanken und die Verbreitung von Informationen über Handelshemmnisse, Studien über
die Implementierung der Verpflichtungen der internationalen Handelsabkommen in anderen
Ländern sowie die Informationsbroschüren über die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte
dieser Handelshindernisse umfasst. Das weitere Ziel besteht darin, die Zusammenarbeit mit
industrialisierten Staaten und Ländern mit hohem Einkommen, einschließlich Japan und den
USA zu verbessern. Dies gilt insbesondere in den folgenden Bereichen: Entwicklung bilateraler
Handelsbeziehungen, Investitionen und Wirtschaftskooperationen; Förderung des Dialogs
zwischen den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Akteuren und
Nichtregierungsorganisationen in der EU und den Partnerländern sowie die Förderung und
Entwicklung von Ausbildungsprogrammen.325 Die Europäische Kommission hat eine laufende
Bestandsaufnahme der tarifären und nicht-tarifären Handelshemmnisse für Waren und
Dienstleistungen und die Fortschritte bei derer Beseitigung in Form einer interaktiven
elektronischen Datenbank zusammengefasst und diese im Internet für die Unternehmen
zugänglich gemacht.
Im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat
die EU die Leitlinien für die Bereitstellung der öffentlich unterstützten Exportkredite
(Verordnung 1233/2011, zuletzt geändert durch die Verordnung 2016/155), erfasst. Diese
Richtlinien regulieren die Zinssätze für Exportkredite für bestimmte Länder. In Bezug auf die
Exportkreditversicherung für Geschäfte mit mittel- und langfristiger Abdeckung zielt die
Europäische Kommission darauf ab, die verschiedenen öffentlichen Systeme für eine
Versicherung solcher Art zu harmonisieren, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den
Unternehmen in der EU zu verhindern. Dabei werden die gemeinsamen Grundsätze
festgelegt, die von Exportkreditversicherern zu beachten sind und die Bestandteile der
Abdeckung (Deckungsumfang, Schadensursachen, Haftungsausschlüsse und die
Entschädigung der Ansprüche), Prämien, länderbezogenen Deckungspolitik und
Notifizierungsverfahren beschreiben.
In Abbildung 23 ist die Struktur der Absatzförderungsprogramme in der EU in den Jahren 2007-
2014 dargestellt. Das Jahr 2011 war als das erfolgreichste Jahr für die europäische
Absatzförderung, was die Zahl der genehmigten Programme angeht. Nach einem Rückgang
im Jahr 2012 ist die Tendenz zur Intensivierung der Absatzförderungsmaßnahmen in den
darauffolgenden Jahren zu erkennen.
Binnenmarktprogramme Drittlandprogramme
6% Bio
16% Fleisch
6%
Oliven/Olivenöl
6%
10% Gartenbau
10%
Das neue Jahresarbeitsprogramm für 2016 wurde am 13. Oktober 2015 angenommen.
Insgesamt werden 111 Mio. Euro für die EU-Kofinanzierung ausgewählter
Förderprogramme innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren zur Verfügung stehen, davon die
Hälfte aus dem EU-Haushalt. Finanziert werden können verschiedene Arten von
Absatzförderungskampagnen, die für die EU-Erzeugnisse werben, insbesondere wenn sie
folgende Themen betreffen: Qualität, Lebensmittelsicherheit und Hygiene, Nährwert,
Kennzeichnung, Tierschutz oder umweltschonende Produktionsverfahren.327 Priorität haben
dabei zum einen Absatzförderungsprogramme mit dem Zielmarkt aus einer ausgewählten
Liste von Drittländern mit dem höchsten Wachstumspotenzial und zum anderen die Milch- und
Schweinefleischsektoren aufgrund ihrer aktuellen schwierigen Lage. Allein für die Milch- und
Schweinefleischabsatzförderung werden dabei 30 Mio. Euro zugewiesen. Diese
Zweckbindung hat einen Vorteil: Milch- und Schweinefleischkampagnen stehen nicht mehr mit
Projekten für andere Sektoren in Konkurrenz um die Finanzierung.
Das Arbeitsprogramm wird Anfang 2016 umgesetzt durch die Veröffentlichung der
Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen für die Einzelland- und
Mehrländerprogramme (siehe Kapitel 5.3).
Zuständig für die Durchführung der Absatzförderungspolitik gemäß VO (EU) Nr. 1144/2014
sind die Behörden in den Mitgliedstaaten. In Deutschland übernimmt diese Funktion die BLE.
5.2.1 AEU-Vertrag
Die rechtlichen Systemgrundlagen für die Absatzförderung auf nationaler Ebene in der EU
bildet der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag). Der Vertrag
übernahm die Funktion des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-
Vertrages) aus dem Jahre 2002328 und trat am 01.12.2009 in Kraft. Am 26.10.2012 wurde der
AEU-Vertrag zuletzt geändert. Abschnitt 2 des AEU-Vertrages umfasst die Regelungen über
die staatlichen Beihilfen. Artikel 87 und 88 des EG-Vertrages wurden durch die Artikel 107 und
108 des AEU-Vertrages ersetzt.
Nach Artikel 107 Abs. 1 sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen „gleich
welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige
den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar,
soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“. 329
Als Beihilfen werden „öffentliche Zuwendungen bzw. Subventionen bezeichnet, die für das
empfangende Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen,
welche eine solche Zuwendung nicht erhalten, bedeuten“ 330. Nach einem Urteil des EUGH ist
die Beihilfe an sich schon eine Wettbewerbsverzerrung. 331 In De-minimis-Regelung
(siehe Kapitel 5.2.2.), wird das Beihilfe-Verbot mit der Bezeichnung „spürbare“
Wettbewerbsverzerrung konkretisiert.
Zu staatlichen Mitteln zählen außer der Vergabe von Geldern auch zinsverbilligte Darlehen,
Bürgschaften, Erlass oder Vergünstigungen von Steuern oder ähnlichen Zahlungen von Bund,
Land oder auch von privaten Unternehmen, die vom Staat mit der Erhebung von Beiträgen
beauftragt worden sind.
Wettbewerbsverfälschende Auswirkungen kommen vor, wenn sich durch die Beihilfe die
Verhältnisse der Marktakteure zueinander so ändern, dass der Zuwendungsempfänger
gegenüber anderen Marktteilnehmern eine deutlich bessere Marktposition erreicht. Dadurch
entsteht allerdings der Wiederspruch zur Definition und zum Zweck der Beihilfe.
Demzufolge sind direkte oder indirekte Zuschüsse aus staatlichen Mitteln der europäischen
Staaten an Unternehmen, halbstaatlichen Einrichtungen und Unternehmensnetzwerken
328 Die Änderung des EG-Vertrages in den EAU-Vertrag ist darauf zurückzuführen, dass mit dem Vertrag vom
1.12.2009 die Europäische Gemeinschaft aufgelöst wurde und ihre Funktionen von der EU übernommen
wurden.
329 AEU-Vertrag [2012], Artikel 107, Abs. 2, S. C 326/91.
330 Vgl. Allgemeines Merkblatt zur Beihilfe [2009], S. 1.
331 EUGH C-325/00, [2002].
332 Vgl. State Aid Control [2012].
Exportförderung in der EU: Struktur und rechtliche Grundlagen 117
verboten, wenn diese die Produktion der anderen Länder des europäischen Binnenmarkts
diskriminieren und somit den Binnenmarkthandel beeinträchtigen. Hier gelten allerdings
Ausnahmen, welche in Artikel 107 des AEU-Vertrages aufgelistet sind.
• Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher „wenn sie ohne Diskriminierung nach
der Herkunft der Waren gewährt werden“333;
• Beihilfen zur Beseitigung von/durch Naturkatastrophen oder ähnlichen Ereignissen
verursachte Schäden;
• Beihilfen zum Ausgleich der wirtschaftlichen, durch die Teilung von Deutschland
verursachten Nachteile innerhalb der betroffenen Gebiete der Bundesrepublik
Deutschland.
Weiter heißt es in Artikel 107 des AEU-Vertrages, dass die Beschreibung für Beihilfen folgt,
sofern dies mit dem Binnenmarkt als vereinbar angesehen werden kann, also durch den Rat
der Europäischen Union oder der EU-Kommission entsprechend geprüft werden muss:
Nach Artikel 108 des AEU-Vertrages ist die Kommission verpflichtet die Beihilferegelungen der
Mitgliedstaaten zu überprüfen. Bei Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem EU-Recht wird die
Aussetzung der Beihilfe binnen einer von der Kommission bestimmten Frist aufgefordert. Wird
die Beihilfe innerhalb der genannten Frist nicht aufgehoben, so kann die Kommission den
EuGH anrufen. Auf Antrag kann der Rat allerdings auch Ausnahmen zu den in Artikel 107
genannten Kriterien beschließen, wenn „außergewöhnliche Umstände einen solchen
Beschluss rechtfertigen“ 335 .
Generell erfordert das europäische Rechtsystem, dass jede Beihilfe durch die EU-Kommission
genehmigt wird. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit ohne das gesonderte
Anmeldeverfahren eine Beihilfe zu erhalten. Dieser Vorgang wird als De-minimis-Regelung
bezeichnet und kann für die Zuwendungen angewendet werden, die sich in bestimmten
finanziellen Grenzen befinden.
5.2.2 De-minimis-Regelung
Die Verordnung Nr. 1407/2013 der Europäischen Kommission vom 18. Dezember 2013
(vorher Nr. 1998/2006 vom 15. Dezember 2006) über die Anwendung des Artikels 107 und
108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen soll
nationalstaatliche Zuwendungen, deren kumulierten Wert 200.000 Euro innerhalb von drei
Jahren nicht überschreitet, nach dem EG/AEU Vertrag regeln. Die Voraussetzung für den
Erhalt von Zuwendungen ist die ausgeschlossene und spürbare Wettbewerbsverzerrung im
Handel zwischen Mitgliedstaaten.
Zuwendungen dürfen nicht an Unternehmen der Fischerei, Aquakultur oder Unternehmen, die
primär landwirtschaftliche Erzeugnisse herstellen, gewährt werden. Für diese Bereiche wurde
eine gesonderte De-minimis-Verordnung beschlossen - Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 und
Verordnung (EG) Nr. 875/2007. Der Höchstbeitrag für die Agrar-De-minimis-Beihilfen beträgt
entsprechend dieser Verordnungen 15.000 Euro, für die Fischerei 30.000 Euro.
Verordnung (EU) Nr. 360/2012 der Kommission vom 25. April 2012 über die Anwendung der
Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-
minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemein wirtschaftlichem
Interesse (DAWI) erbringen, regeln sogenannte DAWI-De-minimis-Beihilfen. Der
Höchstbetrag von DAWI-De-minimis-Beihilfen beträgt 500.000 Euro innerhalb des laufenden
und der vergangenen zwei Kalenderjahre. Der allgemeine De-minimis-Höchstbetrag und der
DAWI-De-minimis-Höchstbetrag dürfen nicht addiert werden.337
Im Folgenden werden wichtige Änderungen bei der neuen De-minimis-Verordnung aus dem
Jahr 2013 beschrieben.
Der Begriff des Unternehmens wurde durch die EU-Kommission klarer definiert: Das
Unternehmen bezeichnet im Bereich der Wettbewerbsvorschriften des AEUV „jede eine
wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer
Finanzierung. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat festgestellt, dass alle Einheiten,
die (rechtlich oder de facto) von ein und derselben Einheit kontrolliert werden, als ein einziges
Unternehmen angesehen werden sollten.“ 339
• ein Unternehmen hält die Mehrheit der Stimmrechte der Mitglieder oder Gesellschafter
eines anderen Unternehmens;
• ein Unternehmen ist berechtigt, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsapparates
eines anderen Unternehmens zu bestellen oder abzuberufen;
• ein Unternehmen kann gemäß einem, mit einem anderen Unternehmen
geschlossenen Vertrag oder einer anderen Vereinbarung einen starken Einfluss auf
dieses Unternehmen ausüben;
• ein Unternehmen, das Mitglied oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens ist,
übt, gemäß einem Vertrag oder einer Vereinbarung, die Kontrolle über die Mehrheit
der Stimmrechte von dessen Gesellschaftern aus. 341
Mit diesen Kriterien sollte gewährleistet werden, dass eine Unternehmensgruppe für die
Anwendung der Zuwendung als ein einziges Unternehmen angesehen wird. Auch die
Unternehmen, die über Mutter- und Tochtergesellschaften oder andere Firmenfilialen
verbunden sind, werden als „ein einziges Unternehmen“ angesehen. De-minimis-Beihilfen an
Unternehmen derselbe Gruppe oder Konzerns werden damit in die Berechnung des
Gesamtbetrags bestehender De-minimis-Beihilfen einbezogen.
Der Höchstbetrag von 200.000 Euro in drei Kalenderjahren wurde in der neuen De-minimis-
Regelung nicht erhöht. Die Kumulierungsvorschriften wurden auch unverändert beibehalten
(siehe Abbildung 25):
Die neue EU-Verordnung Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung
der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der
Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ersetzt
Verordnung Nr. 800/2008) ordnet bestimmte Gruppen von Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt
vereinbar sind. Im Vergleich zu alten Regelungen der AGVO können die Mitgliedstaaten ab
dem 1. Juli 2014 mehr Beihilfemaßnahmen und höhere Beihilfebeträge gewähren, ohne diese
vorher bei der Kommission zur Genehmigung anmelden zu müssen. Dies bedeutet für die
Mitgliedstaaten und lokale Behörden eine erhebliche Reduktion des bürokratischen Aufwands
und für die Beihilfeempfänger mehr Rechtssicherheit.
Die AGVO findet grundsätzlich eine Förderung auf einer breiten Ebene von Tätigkeitsfeldern,
wie u. a. die Regelungen zu Regionalbeihilfen, Beihilfen für KMU, Risikofinanzierungsbeihilfen,
Umweltschutzbeihilfen sowie Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation.
Artikel 6 der Verordnung Nr. 651/2014 weist darauf hin, dass die Verordnung nur für die
Beihilfen mit dem Anreizeffekt angewendet werden kann. Ein Anreizeffekt liegt bei Beihilfen
dann vor, wenn der Beihilfeempfänger einen schriftlichen Antrag vor Beginn der Arbeiten für
das Vorhaben gestellt hat. 344
Unter Beginn der Arbeiten für das Vorhaben ist entweder der Beginn von Projektarbeiten oder
die erste rechtsverbindliche Verpflichtung zur Bestellung von Ausrüstung oder eine ähnliche
Verpflichtung zu verstehen.
Die Mitgliedstaaten sind ab dem 01.07.2016 verpflichtet, auf einer Internetseite Informationen
über jede individuelle Einzelbeihilfe über 500.000 Euro bereitzustellen.
Die für die Ernährungswirtschaft relevanten Beihilfearten der AGVO und deren wesentliche
Voraussetzungen sind in Artikel 18 zu KMU-Beihilfen für die Inanspruchnahme von
Beratungsdiensten und Artikel 19 zu KMU-Beihilfen für die Teilnahme an den Messen in der
Verordnung Nr. 651/2014 beschrieben (früher Artikel 26 und 27 der Verordnung Nr. 800/2008).
Die Teilnahme an Messen kann ebenfalls finanziert werden, sofern die Beihilfeintensität 50 %
nicht übersteigt. Beihilfefähig sind gemäß Artikel 19 „die Kosten für Miete, Aufbau und Betrieb
eines Stands bei Teilnahme eines Unternehmens an einer bestimmten Messe oder
Ausstellung“.348
Dabei gilt nach Artikel 6 ein Höchstbetrag von 2 Mio. Euro für die Inanspruchnahme von
Beratungsdiensten pro Unternehmen und Vorhaben und 2 Mio. Euro für die Teilnahme an
Messe pro Unternehmen und Vorhaben. 349
Die Absatzförderungsmaßnahme muss das Ziel haben, „die Öffentlichkeit über die Merkmale
der landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu informieren (z. B. durch die Veranstaltung von
Wettbewerben, die Teilnahme an Messen und PR-Maßnahmen, die Verbreitung
wissenschaftlicher Erkenntnisse, die Veröffentlichung von Sachinformationen) oder
Marktteilnehmer bzw. Verbraucher durch Werbekampagnen zum Kauf des betreffenden
landwirtschaftlichen Erzeugnisses anzuregen“.350
Die Beihilfeintensität liegt im Binnenmarkt gemäß Abs. 467 bei bis zu 100 % mit Ausnahme
von Kosten von auf Verbraucher zugeschnittene Werbekampagnen in den Medien oder im
Lebensmitteleinzelhandel sowie für Werbematerialien, die direkt an die Verbraucher verteilt
werden und somit zu 50 % förderfähig sind. Die Kosten für Werbekampagnen generischer Art
kann bis zu 100 % erstattet werden.
Für Drittländer erklärt die Kommission Beihilfen für Werbung nicht als vereinbar: wenn sie für
bestimmte Unternehmen oder Handelsmarken geleistet werden und wenn bei den
Werbemaßnahmen die Gefahr besteht, dass sie den Verkauf der Produkte aus anderen EU-
Ländern gefährden oder diese Produkte abwerten.
Bis Dezember 2015 hatte die EU für gemeinschaftliche Aktivitäten der Absatzförderung der
europäischen Agrarerzeugnisse mithilfe der EG-Verordnungen 3/2008 und 501/2008 die
exportunterstützenden Maßnahmen in Mitgliedstaaten und in Drittländern reguliert. Diese
beinhalteten allerdings relativ strenge Anforderungen in Bezug auf Herkunftsland,
Markennamen, inhaltliche Ausgestattung der Werbekampagnen sowie Antragsverfahren.
Nicht zuletzt aus diesen Gründen wurden die EU-Fördermittel im Laufe der letzten 5 Jahren
nicht ausreichend abgerufen. Im Dezember 2011 entschied die Kommission über die
Überarbeitung der Absatzförderungspolitik in der EU.
Zur Finanzierung wird das bisherige EU-Budget für Absatzförderung von derzeit 60 Mio. Euro
jährlich schrittweise bis 2020 auf 200 Mio. Euro erhöht.
Am 22. Oktober 2014 wurde die Verordnung Nr. 1144/2014 über Informations- und
Absatzförderungsmaßnahmen für Agrarerzeugnisse im Binnenmarkt und in Drittländern
(ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 3/2008) veranlasst.
Im Binnenmarkt muss die Ursprungsangabe nach der Hauptaussage der Kampagne folgen. In
den Drittländern darf die Ursprungsangabe sogar der Hauptaussage gleichgestellt werden.
Die Sichtbarkeit der Markennamen ist bei Produktpräsentationen und -Verkostungen sowie auf
Werbematerialien in angemessener Form zulässig (5 % von der Gesamtwerbefläche) und soll
von der Kommission nach Artikel 4 Abs. 1 geregelt werden.
Im Zeitraum von 2001 bis 2011 wurden nur 30 % der Mittel für auf Drittlandmärkte
ausgerichtete Förderungsmaßnahmen abgerufen. Von dem Hintergrund, dass diese Märkte
ein großes Wachstumspotenzial darstellen, will die Kommission das Antragsverfahren
erleichtern und den Kofinanzierungssatz auf 80 % der Ausgaben bei Programmen in
Drittländern erhöhen. Die Möglichkeit der Zuschüsse durch den jeweiligen Mitgliedstaat von
bis zu 30 % soll komplett entfallen.
Diese wesentlich höheren Fördersätze sollen die Realisierung von Projekten auch ohne eine
nationale Kofinanzierung ermöglichen.
Die Mehrländerprogramme sind die Maßnahmen, die von Organisationen aus verschiedenen
Mitgliedstaaten gemeinsam eingerichtet werden. Als Beispiel für ein Multiländerkonzept wird
von der Kommission ein gemeinsamer Werbeauftritt von bayerischen, österreichischen und
Südtiroler Käseherstellern erbracht. Als Einzellandprogramme sind entsprechend Aktivitäten
bezeichnet, die nur von einem Mitgliedstaat organisiert werden.
Laut Kommission seien zu viele schlechte Anträge von den nationalen Behörden genehmigt
worden, auch dies sei ein Grund für die angestrebte Vereinfachung. Experten der BLE
betonten in diesem Zusammenhang, dass die von der BLE geprüften Anträge aus Deutschland
keinen Grund zu Beanstandungen von der Seite der Kommission lieferten. Dies spricht für die
hohe Qualität der Anträge aus Deutschland, so dass zu erwarten ist, dass diese in der Zukunft
ebenfalls keine Probleme haben werden.
Bei Einzellandprogrammen prüft die Kommission die Anträge und leitet diese dann zur
Durchführung an die entsprechenden Behörden in den Mitgliedstaaten weiter. Bei
Mehrländerprogrammen sollen die Anträge ebenfalls direkt an die Kommission gehen. Nach
deren Prüfung wird die Durchführung an die in Luxemburg ansässige CHAFEA Agentur
übergeben.
Die Mitgliedstaaten werden eine aktivere Rolle bei der Beratung und Unterstützung der
Antragsteller haben. Nach Aussagen der BLE, wird sich diese Rolle der nationalen Behörden
vor allem in individuellerer Beratung für die Antragsteller niederschlagen.
Ein anderer wichtiger Punkt ist die Erweiterung der Arten einer begünstigten Organisation.
Früher durften nur die professionellen Branchen- oder Dachverbände, die jeweilige Branche
oder Wirtschaftszweige repräsentieren und den Antrag auf EU-Fördergelder stellen. Ab dem
1.01.2016 sollte dies auch für andere Organisationen oder Unternehmensnetzwerke möglich
sein an dem Programm teilzunehmen, was vor allem zutrifft auf:
• Organisationen der Agrar- und Ernährungswirtschaft, deren Ziel die Bereitstellung von
Informationen bei Agrarerzeugnissen sowie eine Förderung von Agrarprodukten ist.
Diese sollen im Rahmen des jeweiligen Mitgliedstaates einen öffentlichen Auftrag
erhalten und seit mindestens zwei Jahren dort ansässig sein.
Die Verordnung ist am 1.12.2015 in Kraft getreten, damit die Programme mit Start vom
01.01.2016 gelten können.
Zudem will die EU künftig auf die Qualitätserzeugnisse und die Produkte mit geschützten
Ursprungsbezeichnungen setzen. Laut der Kommission entfielen heutzutage ca. zwei Drittel
der EU-Agrarexporte auf verarbeitete Qualitätsprodukte. 354 Auch die bis jetzt fehlende
Möglichkeit zur Ursprungs- und Markenangaben soll in der Zukunft realisierbar sein, was
wiederum die Wiederkennung von europäischen Produkten erleichtern soll.
Das Ziel das Antragsverfahren transparenter und einfacher zu gestalten soll mithilfe des
Entfallens der Vorauswahl von Projekten durch nationale Behörden realisiert werden. Auch
der nationale Kofinanzierungsanteil wird wegfallen, was früher bis zu 30 % vom
Projektvorhaben betrug. Die wichtigsten Punkte der beiden Verordnungen im Vergleich
werden in Tabelle 10 systematisch dargestellt.
Produktgruppen Liste vom Anhang I zum AEU Vertrag - Anhang I zum AEU Vertrag, exkl.
Tabak,
Ursprungs- und Generische Werbung Mehr Flexibilität bei der Angabe von
Markenangabe Marken und Ursprung
Finanzierung Bis 2013: 61 Mio. Euro Bis ca. 200 Mio. Euro pro Jahr
1. Die Werbung hat einen stark ausgeprägten generischen Charakter. Die Produktmarken
können nur einen Platzanteil bis zu 5 % der Gesamtfläche haben und werden
gleichzeitig mindestens zu fünft abgebildet. Somit erscheint die Werbekampagne wenig
attraktiv für die Unternehmen, die die Werbemaßnahmen zum Teil selber finanzieren
müssen.
2. Das Antragsverfahren aufgrund des Schwerpunkts auf Mehrländerprogramme im
Drittland erscheint als ziemlich aufwendig, weil die europäischen Länder und
Durchführungsorganisationen erst einmal alle Aktionen miteinander abstimmen
müssen. Das beansprucht viel Zeit und garantiert zudem noch keine EU-Förderung
(die Aktion kann auch abgelehnt werden).
3. Das Antragsverfahren für die neuen EU-Programme soll in diesem Kontext vereinfacht
werden und nur über die CHAFEA erfolgen. Die Kontrolle über die Ausgaben bleibt hier
jedoch sehr streng geregelt. Damit steigt gleichzeitig die Verantwortung beim
Antragsteller (Erzeugerorganisationen oder Verbände). Wenn im Nachhinein ein
Fehler bei den Ausgaben oder der Antragstellung entdeckt wird, wird eine Strafzahlung
von 100 % veranlasst (zusätzlich zu den fehlerhaften Kostenberechnungen). Somit
entsteht ein hohes Risiko für kleine Verbände und private Organisationen, die in der
Regel nur über ein kleines Budget verfügen.
4. Das Antragsverfahren bleibt trotz aller Neurungen doch relativ stark bürokratisiert, auch
auf nationaler Ebene. Potenzielle Antragsteller müssen zeitlich weit im Voraus in
Vorleistung gehen und ganz erhebliche Vorfinanzierung der Projekte leisten. Bei der
Teilnahme von mehreren Ländern ist empfehlenswert mit der Projektplanung fast ein
Dreivierteiljahr im Voraus zu beginnen, was auch zusätzliche Personal- und
Managementkosten verursacht.
Zusammengefasst bezeichnen die Experten trotz aller Änderungen der EU-Politik eine aktive
Beteiligung zumindest was die deutsche Beteiligung an den europäischen Förderprogrammen
angeht, als sehr zweifelhaft. Der generische Charakter der Maßnahmen, lange
Antragsvorbereitungszeiten sowie das erhöhte Haftungsrisiko machen die Teilnahme an den
EU-Programmen für viele europäische Unternehmen und Verbände nach Einschätzung der
Experten der Exportförderungsbranche (siehe Anhang) wenig attraktiv. Somit bleiben die
Erfolgsaussichten der neuen EU-Kampagnen eher umstritten.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 130
Absatzförderung der Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse in den jeweiligen Ländern zum Ziel
hatten. Dafür wurden über 400 veröffentlichte Dokumente des Generalsekretariats der
Europäischen Union untersucht. Auf der Grundlange dieser Daten wurde ein monetärer
Vergleich zur Vervollständigung der Ländervergleichsanalyse durchgeführt. Aufbauend auf
diesen Erkenntnissen wurden die finanzielle Auswirkungen der Exportförderungsprogramme
auf die exportierenden Länder ermittelt. Anschließend folgt ein kurzes Fazit des
Ländervergleiches (Kapitel 6.11).
Aufgrund der unterschiedlichen Struktur der Exportförderung ist nicht immer ein hoher
Transparenzgrad über die verfügbaren Ressourcen und die unterschiedlichen Währungen
gegeben, sodass der aktuelle Stand der Exportförderung in den jeweiligen Ländern von den
dargestellten Ergebnissen minimal abweichen kann.
Die Grundlage zur CMA-Finanzierung bildete der Absatzfond. Dieser erhob von den
Landwirtschafts- und Ernährungsmittelproduzenten - so wie Molkereien, Schlachtereien,
Großhändlern, Brauerbetrieben, Weinwinzern, Mühlenbetrieben, Zuckerfabriken,
Eierpackstellen usw. - Beiträge, die sich im Durchschnitt auf 0,4 % des Warenwertes
beliefen.357 Außerdem hatte die CMA Einnahmen aus den EU-Fördermitteln und aus den
Kooperationen mit Dritten, wie z. B. bei den Messeauftritten im Ausland. Seit 1981 finanzierte
sich der Absatzfonds allein aus Pflichtbeiträgen.
Außer die CMA wurde 1972 die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der
Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft GmbH (ZMP) ins Leben gerufen, die für die Aufführung
der Transparenz zuständig sein sollte und zusammen mit der CMA Empfänger von den
Zahlungen war.358
Ziel der CMA war es „den Absatz und die Verwertung von Erzeugnissen der deutschen Land-
und Ernährungswirtschaft durch Erschließung und Pflege von Märkten im In- und Ausland (...)
zentral zu fördern“.359 Seit 1972 war die CMA in der Qualitätsprüfung und -kontrolle engagiert
und beteiligte sich seit 2001 am QS-Siegel, welches in dem Jahr als Prüfzeichen der
Lebensmittelindustrie eingeführt wurde. Die Erzeugungskontrolle führte die QS Qualität und
Sicherheit GmbH ein, welcher ein Zusammenschluss von Lebensmittelindustrieverbänden und
Unternehmen mit Sitz in Bonn, war. Zu den Gesellschaftern bei der QS zählen u. a. Deutscher
Bauernverband e. V. und Deutscher Raiffeisenverband e. V. (siehe dazu Abbildung 20).
Die CMA hatte jährlich ein Budget von ca. 100 Mio. Euro zur Verfügung. Das Geld sollte
ausschließlich für die Absatzförderungsmaßnahmen, die dabei den deutschen, europäischen
und die Drittländer- Märkte umfassten, verwendet werden.
Die CMA hatte, neben 150 Beschäftigten in Bonn, 13 Auslandsbüros in den wichtigsten
Zielmärkten, u. a. in den USA, Russland und China.
Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Jahr 2002 (EuGH, Rechtssache C-325)
durfte die CMA nicht mehr das Herkunftsland von den Lebensmitteln in der Werbung angeben,
so wurden die Produkte aus anderen europäischen Ländern, laut dem EuGH, benachteiligt.360
Danach konnte der Slogan „Markenqualität aus deutschen Ländern“ und viele andere
Marketingmaßnahmen nicht mehr eingesetzt werden. Somit wurde das Ziel der Förderung der
CMA in Frage gestellt.
Die Werbemaßnahmen wurden von einigen Branchenakteuren als unwirksam und misslungen
bezeichnet.361 Auch die Zwangsbeiträge wurden mit der Zeit immer stärker kritisiert. Gegen
das Prinzip der Erhebung der Zwangsabgabe haben die Bauern mehrmals geklagt. Am 3.
Februar 2009 verkündigte das Bundesverfassungsgericht das Urteil zur Vereinbarkeit des
§ 10 Abs. Nr. 2, 7 und 8 AbsFondsG mit den § 1 und § 2 des Grundgesetzes zugunsten der
Kläger. Somit hat das deutsche Verfassungsgericht anerkannt, dass das zwangsweise
durchgeführte Abgabesystem wie das des Absatzfondgesetztes der Erhebung einer Steuer
gleichgestellt wurde, nach § 105 GG Aufgabe des Bundes war, wodurch eine Vereinbarkeit
mit den § 105 und § 110 GG nicht erreicht werden konnte.
Auch der Gruppennutzen, der zu den wichtigsten Zielen der CMA Maßnahmen zählte, konnte
nicht nachgewiesen werden. Mögliche positive Effekte sowie wirtschaftspolitische Ziele der
CMA-Maßnahmen reichten für einen nachweisbaren Gruppennutzten zur Rechtfertigung der
Finanzierung solcher Maßnahmen nicht aus. So wurde der AbsFondsG rückwirkend seit dem
1. Juli 2002 mit dem Grundgesetz für unvereinbar und nichtig erklärt. 362
Zur Kontrolle der Auflösung der CMA und darauffolgender Liquidation wurde das „Gesetz zur
Auflösung und Abwicklung der Anstalt Absatzförderungsfonds der deutschen Land- und
Ernährungswirtschaft“ verabschiedet. Die CMA mbH wurde zum 30. April 2015 komplett
liquidiert, die ZMP GmbH bereits zum 31. Dezember 2014. 363
Insgesamt wurden die Beiträge in Höhe von rund 117,4 Mio. Euro an die ehemaligen
Beitragszahler zurückerstattet. Dabei haben Molkereien ca. 64,2 Mio. Euro zurückbekommen,
Schlachtereien 20,3 Mio. Euro, Eierpackstellen 9,2 Mio. Euro und Mühlenbetriebe 6,5 Mio.
Euro. Insgesamt, nach der Berechnung von Grünen-Fraktion, wurden seit 2002 von den
landwirtschaftlichen Betrieben ungefähr 600 Mio. Euro verfassungswidrig eingenommen.364
Mit der Abwicklung der CMA ist eine Organisation aufgelöst worden, deren Tätigkeiten und
Finanzierung höchst umstritten waren. Obwohl die Arbeit der CMA unter Agrar- und
Lebensmittelproduzenten nicht immer als effektiv angesehen wurde und die Einnahmen als
rechtswidrig anerkannt wurden, hat die CMA den Grundstein für die Agrarexportförderung in
Deutschland gelegt. Zudem wurde in Zeiten der CMA das Konzept des Agrarmarketings in
Deutschland entwickelt, welches auf Image und Vermarktung von deutschen Agrarprodukten
weltweit großen Einfluss hatte. Zum Zeitpunkt der Entstehung der CMA wurde Deutschland
schon als führende Exportnation für die industriellen Güter angesehen, brauchte aber gut
strukturierte Marketingansätze im Agrarbereich.
Der Präsident des Bauernverbandes Gerd Sonnleitner, der auch im Aussichtsrat der CMA war,
äußerte sich nach der Auflösung der CMA: „Wir sind davon überzeugt, dass wir weiterhin eine
Absatzförderung brauchen. Jetzt müssen wir überlegen wie wir die finanzieren“ und setzte mit
dem Gedanken fort, dass es in Zukunft freiwillige Beiträge aus der Landwirtschaft, der Industrie
und der Politik geben soll. 365
362 Vgl. Bundesverfassungsgericht [2009]; vgl. dazu auch Abgabe an den Absatzfonds der Land- und
Ernährungswirtschaft mit dem Grundgesetzt nicht vereinbar [2009].
363 Vgl. Agrarmarketing: ZMP und CMA aufgelöst [2015]; vgl. dazu auch CMA und ZMP sind endgültig
abgewickelt [2015].
364 Vgl. Agrarmarketing: ZMP und CMA aufgelöst [2015].
365 Vgl. Amann, S. [2009].
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 134
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 366 hatte die Absicht, die Funktion der
zentralen Plattform zur Organisation und Kontrolle der agrarexportfördernden Aktivitäten zu
übernehmen. Der Exportbeauftragte und parlamentarische Staatsekretär im Ministerium, Gerd
Müller äußerte sich dazu: „Wir (BMELV) wollen für das Jahr 2009 und 2010 zum einen einige
der wichtigsten Messebeteiligungen der CMA weiterführen, zum anderen den Haushaltsansatz
aufstocken und eine Personalverstärkung in den wichtigsten Wachstumsmärkten wie China,
Asien und Indien vornehmen. Die enormen Wachstumschancen im Agrarexport müssen wir
nutzen. (...) Ich bin zuversichtlich, dass die Wirtschaft die jetzige Situation zu einer
Neupositionierung nutzt.“ 367
Im September 2010 legte das BMELV ein eigenes Exportförderprogramm auf, das sich vor
allem an die KMU richtete. Als Ziel des Förderungsprogramms wurde die Erschließung von
neuen Märkten, eine Verbesserung des Absatzpotenzials im Ausland und eine Vergrößerung
der Zahl der exportierenden Unternehmen sowie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
genannt.368 Die Lebensmittelhersteller sollten dabei durch solche Instrumente wie
Marktstudien, Schulungen, Markterkundungsreisen und andere imagefördernde Maßnahmen
vom Ministerium unterstützt werden.
So bewilligte der Ausschuss des BMELV einen Plan mit 15,5 Mio. Euro zur Absatzförderung,
den das BMELV unter dem Titel 545 01-539369 „Konferenzen, Tagungen, Messen und
Ausstellungen“ und unter dem Titel 68703-549370 „Maßnahmen zur Verstärkung der
Außenhandelsbeziehungen im Agrar- und Ernährungsbereich“ in den deutschen Haushaltplan
einstellte.371
Der Anteil für Messen wurde ab 2010 jährlich mit 7,5 Mio. Euro finanziert, zusätzlich waren 2
Mio. Euro für die Organisation von Tagungen und Konferenzen eingeplant. Die Maßnahmen
zur Verstärkung der Außenhandelsbeziehungen hatten im Jahr 2010 ein Budget von 6 Mio.
Euro pro Jahr. Im Falle der Mittelüberschreitung wurde die Übertragbarkeit der Mittel zwischen
den beiden genannten Maßnahmenrichtungen vermerkt. Die sogenannte „gegenseitige
Deckungsfähigkeit“ ist allerdings im Jahr 2013 weggefallen. Die Mittel wurden auf Basis der
De-minimis und Gruppenfreistellungsverordnung verteilt. 372
366 Seit 2013 die Zuständigkeit für Teile des Verbraucherschutzes vom BMEL an das Bundesministerium der
Justiz und für Verbraucherschutz übergegangen.
367 Pressemitteilung Nr. 062 [2009].
368 Vgl. Programm des BMEL [2014].
369 Seit 2014 Titel F 545 01-522.
370 Seit 2014 Titel 687 01.
371 Vgl. Bundeshaushalt Gesamtplan 2010, Einzelplan 10, S. 14ff.
372 Vgl. Bundeshaushalt Gesamtplan 2010, Einzelplan 10, S. 18.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 135
Wie Tabelle 11 zu entnehmen ist, ist die Finanzierung der Außenhandelsbeziehungen auf 3
Mio. Euro im Jahr 2013 gesunken. Das hat den Grund, dass die Mittel in den vorigen Jahren
nicht bis zum Ende abgerufen wurden. Das lag teilweise an den Förderbedingungen, die nicht
immer von der Unternehmensseite erfüllbar waren sowie auch an dem relativ niedrigen
Bekanntheitsgrad des neuen BMEL-Programmes.
Der Titel „Konferenzen, Tagungen, Messen und Ausstellungen“ ist für die Jahre 2015 und 2016
mit jeweils 11,90 Mio. Euro und 14,4 Mio. Euro pro Jahr ausgestattet. Für das Jahr 2016 hat
das BMEL das Messeprogramm mit zusätzlichen 2 Mio. Euro aufgestockt. Davon sollen
weltweit im Jahre 2015 insgesamt 26 Messebeteiligungen und im Jahre 2016 insgesamt 29
Messebeteiligungen finanziert werden. 373
Das Auslandsmesseprogramm (AMP) des BMEL stellt eine gute Möglichkeit für die Firmen
dar, für einen kurzen Zeitraum Kontakte im Ausland zu knüpfen oder aufzufrischen. Eine
gemeinschaftliche Teilnahme an Messen im Ausland ist eine der am meisten genutzten
Services der Förderorganisationen. Die Kosten für die Messeteilnahme im Ausland sind in der
Regel relativ hoch für die eigenständige Teilnahme der KMU. In diesem Fall ist die finanzielle
Unterstützung des Ministeriums als sehr hilfreich angesehen. Die Firmen zahlen den
niedrigeren Preis pro m 2 der Ausstellungsfläche auf dem Gemeinschaftsstand des BMEL, die
in der Regel in den internationalen Hallen liegt, sowie können weitere kostenlose
Dienstleistungen in Anspruch nehmen. In der Regel steht die Lounge der deutschen
Beteiligung den teilnehmenden Firmen während der Messezeit zur Verfügung, wo die
Firmenvertreter ihre Kundengespräche führen können sowie heiße und kalte Getränke und
Snacks bekommen. Die Firmenvertreter haben jeden Tag Gelegenheit, ein Mittagessen in
Buffetform einzunehmen. Darüber hinaus finden häufig messebegleitende Maßnahmen auf
den Gemeinschaftsständen statt, bspw. Networking-Abendempfang des BMEL und der
Deutschen Botschaft. Zudem steht während der gesamten Messelaufzeit den teilnehmenden
Firmen für alle fachlichen Fragen die vom BMEL beauftragte Auskunftsperson (Informant) zur
Verfügung. Außerdem wird ein extra BMEL Messekatalog mit den Firmeninformationen über
alle deutschen Teilnehmer erstellt und an die Fachbesucher verteilt. Die Reisekosten (Flug,
Unterkunft, Verpflegung) tragen Teilnehmer selbst.
Der Titel F 545 01-522 (später 686 02-523 “Zuschüsse für zentrale
Informationsveranstaltungen, internationale Begegnungen, und nichtwissenschaftliche
internationale Tagungen” im deutschen Bundeshaushalt hatte im oben betrachteten Zeitraum
durchschnittlich 1,1 Mio. Euro jährlich für den Zuwendungsbereich zur Verfügung, die
hauptsächlich für die Finanzierung Projekte aus der privaten Wirtschaft verwendet wurden.
Nach der Bundestagswahl 2013 wurde das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz in Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft" umbenannt
und die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung als Projektträger für die
exportfördernden Maßnahmen engagiert. Zu den Tätigkeiten von der BLE gehören:
Im Folgenden wird auf den Ablauf und die Definition der einzelnen Maßnahmen zur
Verbesserung der Außenhandelsbeziehungen im Ausland näher eingegangen.
Markterkundungsreisen
Eine Markterkundungsreise ist „eine mehrtätige Informationsreise für Vertreter von mindestens
acht bis max. fünfzehn Unternehmen, die sich über einen bestimmten Auslandsmarkt, die
Markt- und Marketingbedingungen sowie ihre konkreten Marktchancen informieren wollen“. 374
Teilnehmer solcher Reisen sind meistens Unternehmen, die noch nicht aktiv auf dem
ausgewählten ausländischen Markt vertreten sind. Die Markterkundungsreisen können einen
Besuch des ausländischen Produktionsbetriebes (Schlachterei, Molkerei etc.) beinhalten mit
dem Ziel, den Zielmarkt zu erforschen und/oder eine Präsentationsveranstaltung mit den
lokalen Fachleuten/Unternehmen aus dem konkreten landwirtschaftlichen Gebiet sowie mit
politischen Akteuren vor Ort (Agrarministerium, Botschaft, Wirtschaftsvereinigung), zu
gewährleisten. Auf der Veranstaltung werden die Informationen über die aktuelle Marktlage
von den lokalen Experten vorgetragen. Die Markterkundungsreisen können dazu auch die
Besuche bei Groß- und Einzelhändlern und Store-Checks beinhalten. Vor und nach der
Veranstaltung wird eine zielgruppenspezifische Marktstudie erstellt, wo die Teilnehm er die
gesamten Informationen über die Besonderheiten des Auslandsmarktes und die Export-
/Importzahlen abrufen können. Die Kontaktdaten der wichtigsten Marktakteure aus der
Branche werden im Nachhinein zusammengefasst und an die Teilnehmer weitergeleitet. So
bekommen die Unternehmen nach der Reise direkte Kontakte aus der Wirtschaft.
Es wird De-minimis-Beihilfe nach der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 für die Kosten von
Organisation und Durchführung der Reise gewährt. Die Reisekosten (Flug, Unterkunft,
Verpflegung) tragen die Teilnehmer selbst. 375
Informationsveranstaltungen
Geschäftsreisen
Eine Geschäftsreise ist laut dem BMEL „eine mehrtägige Geschäftsanbahnungsreise für
Vertreter von mindestens vier bis maximal acht Unternehmen, die sich bereits über einen
bestimmten Auslandsmarkt umfassend informiert und dort konkrete Chancen für Ihre Produkte
ermittelt haben“. 377 Teilnehmen können Vertreter von Unternehmen sein, die auf dem Zielmarkt
noch nicht aktiv sind oder den Markt schon kennen aber dort neue Produkte präsentieren
möchten. Geschäftsreisen beinhalten in der Regel eine Präsentationveranstaltung mit
deutschen und lokalen Fachexperten, die die Organisation von persönlichen Gesprächen mit
den potenziellen Kunden und Geschäftspartnern, die Erstellung einer branchenspezifischen
Marktstudie sowie die Kontaktliste von potenziellen Abnehmern organisieren. Die Reise und
Übernachtungskosten werden von den Teilnehmern getragen. Die restlichen Kosten werden
nach einer De-minimis-Beihilfe nach der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 übernommen. 378
Kontaktbörsen
Kontaktbörsen unterstützen in der Regel einen gezielten Kontaktaustausch mit den Kunden,
Geschäftspartnern und Importeuren. Sie beinhalten die Kontaktvermittlung mit den
ausländischen Kunden sowie den Austausch von Marktinformationen zwischen Deutschland
und dem Zielmarkt. Es wird eine De-minimis-Beihilfe nach der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013
der Organisation und Durchführung der Kontaktbörse gestattet. 379
Imagefördernde Maßnahmen
Maßnahmen im Ausland
Markterkundungsreisen 3 5 6 3 1 18
Geschäftsreisen 6 10 13 16 8 53
Informationsveranstaltungen im 7 4 11
Ausland
Kontaktbörsen 2 3 3 8
Wirtschaftsdelegationsreisen 1 1
Begleitende Maßnahmen
Einkäuferreisen 2 2
Schulungen im Ausland 0
Feldtage, 2 2
Maschinenvorführungen und
Tierschauen
EU- 0
Absatzförderungsmaßnahmen
Gesamt 35 53 60 41 24 213
Im Zeitraum vom 1.09.2010 bis zum 30.06.2014 wurden insgesamt 213 imagefördernde
Maßnahmen vom BMEL durchgeführt. Die Verteilung der Aktivitäten über die Jahre wurden in
Tabelle 12 näher verdeutlicht.381
Wie man Tabelle 12 entnehmen kann, stellen die Geschäftsreisen nach der Anzahl
durchgeführten Maßnahmen den wichtigsten Bereich des Exportförderungsprogramms dar,
gefolgt von imagefördernden Maßnahmen und Markterkundungsreisen. In dem gleichen
Zeitraum wurden 14 Markterkundungsreisen, 7 Geschäftsreisen, 2
Informationsveranstaltungen sowie eine Kontaktbörse, wahrscheinlich aufgrund nicht
genügender Teilnehmerzahl, abgesagt. 382 Die Maßnahmen Schulungen im Ausland sowie EU-
Exportförderungsprojekte sind in diesem Zeitraum nicht durchgeführt worden.
Das BMEL benutzt das Kombinationsprinzip aus zwei Förderungsstrategien, nämlich, die
Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen, die auch Fachverbände und private
Exportförderungsorganisationen beantragen können, sowie die Auftragsvergabe bzw.
Zuweisung durch das BMEL. Der Zuwendungsbereich steht allen sinnvollen
Projektvorschlägen aus der Wirtschaft zur Verfügung, die bestimmte Voraussetzungen
erfüllen. Die Zuweisungen unterstützen währenddessen Maßnahmen, die im ausdrücklichen
Interesse des Bundes liegen, wie z. B. Organisation von Behördenreisen. 383 Somit wird die
Flexibilität bei der Maßnahmengestaltung garantiert sowie eine Möglichkeit für die private
Wirtschaft gegeben eigene Maßnahmen mit der Finanzierungsförderung umzusetzen.
Das BMEL ist somit zuständig für die Erarbeitung des Konzeptes des eigenen
Förderprogrammes und gilt als Entscheidungsträger bei der Vergabe der
Zuwendungsfördermittel. Die Projektförderung der privaten Initiativen erfolgt nur als
Teilfinanzierung der Maßnahme und erstattet bis zu 50 % der zuwendungsfähigen
Gesamtausgaben.
• Die Gesamtausgaben für das Projekt müssen mindestens 10.000 Euro betragen.
• Das Projekt sollte den Zielen des Förderprogramms entsprechen und vom
Fördergeldempfänger zentral koordiniert sein.
• Es sollte eine genaue Beschreibung und Begründung des Vorhabens erfolgen.
• Das Ziel des Vorhabens sollte im Bundesinteresse liegen.
• Es darf nicht mit der Durchführung vom Projekt vor der Antragstellung begonnen
worden sein. Die Kosten, die vor der Zuwendungsbewilligung entstanden sind, sind
nicht förderfähig.
• Es sollte über die Verwendung der Fördermittel nachgewiesen werden können.
• Es darf nicht mit anderen öffentlichen Mitteln gefördert werden.
• Zuschüsse können nicht von einzelnen Unternehmen und Zusammenschlüssen von
weniger als 5 Unternehmen verwendet werden. Zuwendungsempfänger kann eine
381 Die Projekte wurden entsprechend deren Laufzeit zu den Kalenderjahren zugeordnet. Bei den Werten in
Klammern handelt es sich um Projekte mit der Laufzeit über mehrere Kalenderjahre. In solchen Fällen wurden
die Projekte entsprechend ihres Laufzeitbeginnes zugeordnet.
382 Vgl. Becker, C./Leopold, E./Galich, A. [2015], S. 25f.
383 Vgl. Becker, C./Leopold, E./Galich, A. [2015], S. 31.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 140
Antragsteller BMEL/BLE
Förderempfehlung an das
BMEL
ggf. Ergänzungen zum Projekt
Im Inland:
Im Ausland:
• Markterkundungsreisen;
• Geschäftsreisen;
• Imagefördernde Maßnahmen zur Marktsicherung und zur Marktausbau;
• Informationsveranstaltungen;
• Erstellung von Druckmaterialien und Internetpräsentationen;
• Kontaktbörsen.
• Multiplikatorenreisen (die Reisen für Journalisten und Politiker aus dem Zielland nach
Deutschland mit dem Ziel Betriebsbesichtigung, Messebesuch usw.);
• Behördenreisen (Veterinärreisen nach Deutschland mit dem Ziel Audit deutscher
Betriebe);
• Schulungen im Ausland;
• Fachkongresse, Tagungen und Seminare;
• Feldtage, Maschinenvorführungen und Tierschauen im Ausland.
Im Zeitraum vom 1.09.2010 bis zum 30.06.2014 wurden 109 Projekte im Zuwendungsbereich
durchgeführt und 104 Projekte im Auftragsbereich. Betrachtet man die Förderhöhe der
Projekte, so wurde in diesem Zeitraum 1,663 Mio. Euro für die Zuwendungsprojekte
ausgegeben und 4,787 Mio. Euro für die BMEL Auftragsprojekte. 385 Bei fast identischer Zahl
der Zuwendungs- und Auftragsprojekte lässt sich feststellen, dass die durchschnittlichen
Kosten der Auftragsprojekte ca. 1,5 Mal höher sind als die für die Zuwendungsprojekte. 386
Nach der CMA-Auflösung parallel zu dem Ministeriumansatz wurden Ideen von den einzelnen
Verbänden und Wirtschaftsvertretern aus der Ernährungsbranche ausgearbeitet. So hat der
Verband der Fleischwirtschaft e. V. (VDF) mit Sitz in Bonn eine Exportförderungsagentur
„German Meat“ im Juli 2009 mitgegründet. 387 Auch andere Branchen zeigten Initiative zum
Aufbau eines privaten Exportförderungsnetzwerkes.
Die Export-Union für Milchprodukte ist der Fachverband der deutschen Exportmolkereien
sowie Händler für Milch und Milcherzeugnisse mit rund 80 Unternehmen aus Deutschland und
angrenzenden EU-Ländern mit Sitz in Berlin. Der Verband wurde 1968 gegründet und steht
seitdem ihren Mitgliedern bei Fragen zu Veterinärangelegenheiten, Registrierungsverfahren
für Drittlandexporte sowie Zollfragen zur Verfügung. 388
Im 2014 hat die German Meat GmbH zusammen mit der Export-Union für Milchprodukte und
der Milchindustrie-Verband eine gemeinsame Repräsentanz in Peking eröffnet um die
notwendige Kommunikation zwischen Exporteur, Importeur und Importbehörden
sicherzustellen und so die Marktöffnung für die Milch- und Fleischprodukte in China zu
unterstützen.
Seit 1970 ist die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen für Obst und Gemüse
(BVEO) der Ansprechpartner u.a. bei den Veterinär- und Exportangelegenheiten der Branche.
Nach Schätzungen der BVEO belief sich der Umsatz der Unternehmen der
genossenschaftlichen Obst-, Gemüse- und Gartenbauwirtschaft im Jahr 2014 auf 3,3 Mrd.
Euro. Dabei wird im Jahresbericht 2014 des BVEO als vorrangiges Ziel bezeichnet, neue
Märkte zu erschließen. Hier müssen „politische Institutionen und Wirtschaft noch enger Hand
in Hand arbeiten“ 389. BVEO arbeitet sehr eng mit dem BMEL beim Abbau phytosanitärer
Handelshemmnisse zusammen.
In der Bierbranche gibt es zwei Ansprechpartner im Bereich Exportfragen. Der Verband der
Ausfuhr Brauereien des Nord-, West- und Südwestdeutschlands e. V. sowie der Bayerische
Brauerbund e. V. Die Verbände vertreten die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber nationalen
und EU-Institutionen sowie gegenüber Regierungs- und Verwaltungsorganen in Drittländern,
erstellen Marktstudien und Newsletters, beraten die Unternehmen bei Export- und
Rechtsfragen.
der CMA noch steuerähnliche Abgaben zur Förderung von Absatzaktivitäten. Nach dem
Weingesetz dürfen einzelne Bundesländer zusätzliche Abgaben erheben. 390
Der Verband Deutscher Mühlen (VDM), aus dessen Kreisen auch der Kläger der CMA stammt,
hat auch die Absatzförderungsaktivitäten selbst in die Hand übernommen. Die
Absatzförderung wurde jedoch in der Branche aufgrund überwiegend regionaler Absetzung
von Brot und Backwaren scharf kritisiert. Auch bei Mehl hatten die absatzfördernden
Aktivitäten eine eher negative Auswirkung, da sie die Rohstoffbasis hierzulande schmälerte,
was den Preis vom Getreide anschließend teurer machte.391
Im Jahr 2009 wurde die German Export Association for Food and Agriproducts GEFA e. V. mit
Sitz in Berlin gegründet, die sich als branchenübergreifender Ansprechpartner für Politik und
Wirtschaft in Exportfragen positioniert hat. Zu den wichtigen Aufgabefeldern der GEFA gehört
auch die Organisation und Betreuung von:
• Unternehmensreisen,
• Exportseminaren,
• Verkaufsförderungen (Promotion von den „Deutschen Wochen“ in der LEH im
Ausland),
• „Listungsgesprächen“ (Einladung der Vertreter der ausländischen LEH zum
persönlichen Treffen mit potenziellen deutschen Lieferanten),
• gemeinsamen Messeauftritten im Ausland,
• Schulungen,
• Organisation von Treffen zwischen den Vertretern der Politik und Industrie,
• Erstellung von Marktstudien.
Die neue Organisation sollte zielgerichtete, unmittelbar auf die Unternehmen zugeschnittene
Dienstleistungen erbringen sowie die Kommunikationsplattform zwischen Politik, Wirtschaft
und Exportländern bilden. Gleichzeitig sollte eine hohe Transparenz des Mitteleinsatzes
gewährleistet werden. Durch branchenübergreifende Kooperation im In- und Ausland und den
Fördermitteleinsatz vom BMEL bei einigen Projekten werden die Netzwerkvorteile genutzt und
die Projektkosten für die Teilnehmer reduziert. Getragen wird die GEFA von den
privatwirtschaftlichen Organisationen, in denen sich exportorientierte Unternehmen
zusammengeschlossen haben. Dazu zählen die Produktbereiche Landtechnik, Pflanzenzucht,
Tierzucht, Fleisch und Fleischwaren, Bier, Milch und Süßwaren. 392
Fördermitglieder
Lebensmittelindustrie Landwirtschaft
Fleisch und Milch und Süßwaren Bier Obst und Sonstige Maschinen- Pflanzen Tier-
Fleisch- Milch- Gemüse bau -züchter haltung
erzeugnisse produkte
German Meat Export-Union German Verband der Bundesvereini Food Made Verband Bundesv German
GmbH für Sweets e.V. Ausfuhrbraue gung der in Germany Deutscher erband Livestock
Milchprodukt reien Nord-, Erzeugerorgani e.V. Maschinen- Deutsch e.V.
www.german- e e.V. www.germans West- und sationen Obst und er
meat.org weets.de Südwestdeuts und Gemüse www.fmig- Anlagen- Pflanzen- www.ger
www.milchind online.de bau e.V. züchter man-
chlands e.V.
ustrie.de e.V. livestock.
www.vdma. de
Bayerischer Bundesverban
org www.bdp
Brauerbund d der obst-,
e.V. gemüse- und -
online.or
kartoffelverarb
g
www.germanb eitenden
reewers.com Industrie
www.bayerisch
bier.de www.bveo.de
www.bogk.org
Seit der Gründung von beiden Verbänden haben sich das Bundesministerium und die
wichtigsten Akteure der Agrarbranche dazu geäußert nur einen Ansprechpartner für die
Agrarexportförderung seitens der Lebensmittelindustrie haben zu wollen. 393 Die „Food - Made
393 Vgl. Food Made in Germany als eigenständige Säule in der GEFA [2010].
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 145
in Germany e.V.“ wurde im 2010 als eigenständige Säule bei der GEFA eingetragen. Somit
wurde die Abstimmung über die gemeinsame Vertretung der deutschen
Agrarexportförderungspolitik zwischen den beiden Verbänden erreicht.
Zu den weiteren Einrichtungen mit dem Ziel Exportförderung gehören die AHK (siehe Kapitel
3.3.2.2) und die durch das Bundeswirtschaftsministerium geförderte GTAI (siehe Kapitel
3.3.1.4). Diese Organisationen können auch von den Durchführungsgesellschaften des
Exportförderungsprojektes beauftragt werden um vor Ort bei der Umsetzung der Maßnahmen
zu unterstützen.
6.1.3 Zusammenfassung
Nach den Zeiten der CMA, mit seinen steuerähnlichen Abgaben und stark ausgeprägtem
zentralisierten Exportförderungssystem mit den vorwiegend generischen Werbemaßnahmen,
musste sich das System der deutschen Exportförderung neu finden. Von der staatlichen Seite
hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Exportförderungsfunktion
übernommen. Derzeit wird das Exportförderungsprogramm vom BMEL zur Verbesserung der
Außenhandelsbeziehungen mit einem Budget von 3 Mio. Euro pro Jahr finanziert und richtet
sich vor allem an kleine und mittelständische Unternehmen. Das Auslandsmesseprogramm
des BMEL ist eine weitere wichtige Säule der staatlichen Förderungspolitik. Das Ministerium
finanziert derzeit die offizielle Beteiligung an ausgewählten Messen im Ausland mit einem
Budget von 7,3 Mio. Euro pro Jahr (2016)394. Im Vergleich zur Finanzierung der
Exportförderung zu CMA-Zeiten (mehr als 100 Mio. Euro Gesamtbudget pro Jahr) ist diese
Summe relativ klein. Auch im Vergleich mit den anderen europäischen Nationen befindet sich
das finanzielle Unterstützungsniveau in Deutschland auf eher mittlerem Niveau. Allerdings
zeigte die im Jahr 2014 durchgeführte Evaluierung des BMEL-Exportförderungsprogramms
einen hohen Grad zur Erfüllung der Unternehmensanforderungen bei der
Maßnahmenumsetzung.
Neben der staatlichen Struktur hat sich auch die private Richtung der Exportförderung in
Deutschland in den letzten Jahren entwickelt. Die GEFA, die im 2009 gegründet wurde, ist ein
zentraler branchenübergreifender Ansprechpartner in Fragen der Exportförderung von
privatwirtschaftlicher Seite, die die Exportinteressen der deutschen Agrar- und
Ernährungsindustrieunternehmen vertritt. Die Mitglieder der GEFA sind u. a. die
Branchenverbände der Ernährungsindustrie, die folgende Produktgruppen vertreten: Fleisch
und Fleischwaren, Milch und Milchprodukte, Bier, Süßwaren, Obst und Gemüse. Diese
Branchenorganisationen führen in der Regel auch eigene exportfördernde Tätigkeiten.
Die Kommunikation zwischen der privaten und staatlichen Förderung in Deutschland hat sich
mit der Zeit verbessert. Die Fachverbände konzentrieren sich häufig auf Länder und/oder
Projekte, die im Jahresprogramm des BMEL nicht vorhanden sind. Dies betrifft bspw. die
Markterkundungsreisen, die nach der Evaluierung des Programms zur Förderung der
Exportaktivitäten der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft zu den wichtigsten
Maßnahmen im Exportförderungsbereich gehören. Hier bieten die German Meat GmbH und
die GEFA die Länderziele an, die für die spezifischen Branchen eine besondere Bedeutung
haben aber nicht im Jahresprogramm des BMEL berücksichtigt sind. Somit hat Deutschland
zurzeit ein vielfältiges Angebot an Absatzförderungsorganisationen und Maßnahmen, sowohl
im staatlichen als auch im privaten Bereich und stellt immer noch gutes Entwicklungspotenzial
für die weiteren strategischen Schritte in diesem Feld dar.
Exportförderung in Frankreich
Die Produktion von Nahrungsmitteln und Getränken hat einen Anteil von rund 20 % an der
industriellen Wertschöpfung des Landes. Mit ca. 500.000 Mitarbeitern ist dieser Sektor auch
der bedeutendste Arbeitgeber des Landes. Der Anteil der Agrarexporte am Gesamthandel in
Frankreich beträgt 12,74 %. Die Branche ist somit der zweitwichtigste Wirtschaftszweig des
Landes nach der Luftfahrttechnik. 395
395 Vgl. Welthandel 2004-2014, vgl. dazu auch France Diplomatie [2015].
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 147
Der Anteil der französischen Güter der Land- und Ernährungswirtschaft am weltweiten
Agrarexport lag 2014 laut WTO bei 5 %. Insgesamt hat Frankreich die
Ernährungsindustriegüter mit dem Wert 74,3 Mrd. US-Dollar im Jahr 2014 exportiert. Somit
liegt Frankreich an der fünften Stelle von den Top-Agrarexporteuren nach den USA, den
Niederlanden, Deutschland und Brasilien weltweit. 396 Dabei bleiben 70 % aller Agrarexporte
im Binnenmarkt, 13 % gehen nach Asien und 9 % nach Amerika.
Mit 13,5 Mrd. Euro Exportwert sind Weine, alkoholhaltige Getränke und Champagner die am
meisten exportierten Produkte, gefolgt von Milch- und Milchprodukten (7 Mrd. Euro) und
Fleisch- und Fleischprodukten (4,6 Mrd. Euro).397 Der prozentuelle Anteil von den
exportierenden Unternehmen ist in Frankreich relativ hoch, jede fünfte Firma aus der
Lebensmittel- und Agrarindustrie ist im Exportgeschäft aktiv.
Allerdings zeigen die letzten Ereignisse bei der Entwicklung der Landwirtschaftspreise keine
positiven Auswirkungen auf die französische Landwirtschaft. Das Agrareinkommen in
Frankreich während der letzten zehn Jahre weist Zeichen einer Stagnierung für die
französische Landwirtschaft auf. Die Probleme laut der Landwirtschaftsexperten, seien vor
allem struktureller Natur. 398 Der französische Agrarminister Stéphane Le Foll hat im Sommer
2015 darauf hingewiesen, dass rund 10 % aller in der Viehhaltung tätigen Betriebe oder rund
22.000 bis 25.000 Farmen vom Bankrott bedroht seien. Deshalb seien 40.000 Arbeitsplätze
gefährdet. Besonders schlecht sei die Lage vor allem bei Schweinezüchtern, denn die
Schlachtpreise sind nach dem Russland Embargo stark eingebrochen. 399 Auch die
Milchproduzenten leiden zunehmend unter den niedrigen EU-Preisen. Dabei bezieht die
französische Landwirtschaft insgesamt immer noch deutlich mehr produktionsgebundene
Subventionen als Deutschland, nämlich 9,88 Mrd. Euro gegenüber 6,8 Mrd. Euro (im Jahr
2013).400
Die Probleme in der französischen Landwirtschaft sind unter anderem darauf zurückzuführen,
dass der Sektor stark durch kleine Unternehmen ausgeprägt ist. Insgesamt sind 11.000
Unternehmen in der französischen Agrarbranche tätig, der Anteil der KMU stellt dabei fast
98 % aller Unternehmen dar. Diese werden sowohl von dem im europäischen Agrarmarkt
erhöhten Konkurrenzdruck, als auch von den in Frankreich besonders teuren Umweltnormen
und Sozialregelungen (wie hohem Mindestlohn bis hin zur 35-Stunden-Woche) überfordert.
Die Zahl der Bauernhöfe hat sich in Frankreich während der letzten Jahrzehnte erheblich
reduziert. Allerdings weniger als in Deutschland und anderen nordeuropäischen Ländern, wo
die Unternehmenskonzentration stärker ausgeprägt ist und die Automatisierung der Betriebe
deutlich intensiver getrieben wurde. 401
Ein großer Unterschied zu der deutschen Exportförderung liegt in Frankreich darin, dass die
Agentur gleichzeitig für die Exportfragen von allen wichtigen Industriebranchen zuständig ist.
Business France ist außerdem bei der Förderung der internationalen Investitionen in
Frankreich aktiv und sollte Frankreich als attraktiven Investitionsstandort auf dem
internationalen Feld positionieren.
Die Agentur ist sehr gut mit öffentlichen und privaten Einrichtungen vernetzt. Business France
arbeitet eng mit den französischen Industrie- und Handelskammern zusammen. Die
ausländischen Vertretungen von Business France sind den französischen Botschaften
zugehörig.405
In Deutschland wird Business France durch die Wirtschafts- und Handelsabteilung Business
France in Düsseldorf vertreten. Die Abteilung in Düsseldorf unterstützt französische
Unternehmen, die ihre Produkte auf dem deutschen Markt vertreiben wollen. Mit 40
Mitarbeitern ist die Handelsdelegation in 4 Branchenabteilungen gegliedert und bietet Firmen
Informationen über die wirtschaftlichen, rechtlichen und wettbewerbsrelevanten
Rahmenbedingungen in Deutschland an. Hinzu kommt auch die Beratung von Unternehmen
bei der Entwicklung ihrer Exportstrategie. Insgesamt organisiert Business France
600 Aktivitäten pro Jahr für ca. 10.000 KMU.406
Für die Exportförderung im Agrarbereich ist die Abteilung Agrarprodukte und Lebensmittel
zuständig, die laut dem Business-France Internetauftritt, folgende Bereiche betreut:
SOPEXA ist im Jahr 1961 als produktübergreifende Gesellschaft zur Förderung von
landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit dem Fokus auf Marketing und Kommunikation
entstanden. In den 90er Jahren wurde SOPEXA sowohl staatlich als auch durch
steuerähnliche Abgaben (automatisch generiert auf der Basis von der Unternehmensgröße)
finanziert. 17 % der Gesamtmittel stammen aus den Aufträgen des französischen
Landwirtschaftsministeriums. Der erste staatliche Auftrag wurde im Jahr 2007 für die Laufzeit
von 2008 bis 2012 mit jährlich 15 Mio. Euro Fördermittel vergeben. Seit Oktober 2007 ist
SOPEXA als rein private Aktionsgesellschaft registriert mit insgesamt 32 Gesellschaftern, u. a.
Fachverbände.408
Das Förderungsbudget der nationalen und internationalen Märkte im Jahre 1995 betrug ca.
122 Mio. US-Dollar, einschließlich 44,2 Mio. US-Dollar für die Exportförderung. Über 70 % der
SOPEXA Exportfördermittel waren dabei an die EU-Länder ausgerichtet, darunter 25 % in
Deutschland und 20 % für das Vereinigte Königreich (dieser Prozentsatz spiegelte die Zahlen
der Lebensmittelexporte in die EU-Länder). Weitere wichtige Märkte waren die USA (9 %) und
Japan (11 %). Die wichtigsten Produkte, die gefördert wurden, waren Obst, Gemüse, Wein
und Käse.409
Insgesamt ist SOPEXA zurzeit weltweit mit 26 Büros und 280 Mitarbeitern vertreten. Die
Hauptdienstleistungen, die die Agentur ihren Kunden aus der Ernährungsbranche anbietet
sind:
SOPEXA verfolgt zugleich das Ziel der Absatzsteigerung im französischen Markt und ist somit
keine reine exportorientierte Organisation. Ca. 80 % der Umsätze von SOPEXA werden im
Ausland erwirtschaftet, 20 % im Inland.
Zurzeit befasst sich SOPEXA u. a. mit den Exportpromotionsaktionen, die mit öffentlichen
Mitteln finanziert werden, so befindet sich die private Agentur im indirekten Wettbewerb mit
Business France. Seit 2015 berichtet die französische Presse über die mögliche Änderung
dieser Exportförderungstätigkeit von SOPEXA. So sollte SOPEXA die Funktionen von
Business France – die Projekte mit der staatlichen Exportförderung - nicht mehr duplizieren.411
Die französischen Agrarexporte mit öffentlichen Fördermitteln sollten zukünftig mithilfe nur
einer Organisation koordiniert werden. Eine entsprechende Änderung (evtl. auch die
Namensänderung von SOPEXA) sollte bald vorgenommen werden.
SOPEXA besitzt außerdem die Trademark „SIAL“414 und plant 2016-2017 eine Fusion mit dem
Compexposium, Europas führenden Messeveranstalter. Die Kapitalzufuhr von dem
Messeveranstalter sollte SOPEXA viele Aktivitäten im Ausland ermöglichen und das
Kontodefizit decken.
6.2.4 Zusammenfassung
Die französische Exportförderung ist vielfältig und bietet unterschiedliche informative und
marketingorientierte Dienstleistungen sowie finanzielle Unterstützung den französischen
Unternehmen in vielen Ländern an. Diese Dienstleistungen sind größtenteils von einer
staatlichen und einer privaten Organisation angeboten, die über viele Standorte im Ausland
verfügen. Der Fokus der Maßnahmen der beiden Organisationen liegt bei der Zielgruppe der
KMU.
In der letzten Zeit wird in Frankreich eine deutliche Tendenz zur Errichtung nur einer offiziellen
staatlichen Dachorganisation für den Export sichtbar. Man beobachtet den Fusionsprozess
von Netzwerken, die mit öffentlichen Fördergeldern gearbeitet haben (IFA und Ubifrance). In
der Zukunft sollte nur Business France Ansprechpartner für Förderprojekte mit den öffentlichen
Fördermitteln sein. SOPEXA wird diese Funktion zukünftig abschaffen. Business France und
SOPEXA hatten zwar nicht die identischen Aufgaben, aber im Förderungsbereich mit den
öffentlichen Geldern waren ihre Ziele manchmal deckungsgleich. Die oben beschriebenen
Verschmelzungen sollen zur Vereinfachung des Verwaltungsapparates im Exportbereich und
gleichzeitig zur Effizienzsteigerung des Fördersystems in Frankreich führen. Ein weiteres
Merkmal der Exportförderung in Frankreich – die Organisationsstruktur auf nationaler Ebene
mit den vorwiegend produktübergreifenden Maßnahmen. SOPEXA ist auch im Inlandmarkt
aktiv, während Business France den Fokus auf rein exportorientierte Maßnahmen legt. Das
französische Exportförderungssystem wird durch zahlreiche Verbindungen zwischen
staatlichem Verwaltungsapparat, Teilnehmern aus der Wirtschaft sowie
Messedurchführungsgesellschaften charakterisiert.
Exportförderung in Belgien
Auch im Export zeigt der belgische Agrar- und Lebensmittelhandel in den letzten Jahren
ziemlich gute Ergebnisse. Der belgische Handel außerhalb der EU-Mitgliedstaaten stieg für
die letzten 14 Jahre um 133,4 %, während die Binnenmarktexporte um 79,2 % wuchsen. Der
Gesamtwert der belgischen Exporte Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft lag im Jahr
2014 bei 94,4 Mrd. Euro. Zwischen 2000 und 2014 erhöhte sich der Agrarexport in Belgien um
86,1%. Diese Bilanz ist besser als in Frankreich (54,1 %), aber niedriger als in Deutschland
(145,5 %). Die gesamten Agrarexporte aus der Eurozone sind für den gleichen Zeitraum um
104,6 % gewachsen.416 Belgien gehört somit zu den TOP-10 Exporteuren weltweit innerhalb
von Agrarprodukten.
Belgiens wichtigste Handelspartner außerhalb der EU, sind die Vereinigten Staaten, Russland
und Algerien.417 Die Struktur der Schlüsselsektoren des belgischen Lebensmittelexportes ist
in Abbildung 29 dargestellt:
Laut der Studie von dem Federal Public Service (FPS) Economy ist der Obst- und
Gemüsesektor mit 18,8 % der führende Sektor im belgischen Export. Fleisch und
Fleischerzeugnisse haben einen Anteil von 14,9 %, Milchprodukte - 11,4 %, Schokolade,
Zucker und andere Lebensmittel haben einen Anteil von 22,3 % am Gesamtexport.418
Solche Ergebnisse seien dank der staatlichen finanziellen Unterstützung erzielt werden, so
Willy Borsus, Föderalminister für den Mittelstand, Selbstständige, KMU, Landwirtschaft und
soziale Integration. Ab 2016 können zusätzliche 1,47 Mio. Euro verwendet werden, um die
Lebensmittelexporte zu stärken. 419 Wie die belgische Exportförderung organisiert ist wird im
Folgenden beschrieben.
Die jeweiligen Agenturen sind sehr gut miteinander vernetzt und haben ca. 90 Vertretungen
im Ausland, die für alle wichtigen Exportbranchen zuständig sind.
Die FIT, AWEX und BIE bieten den belgischen Unternehmen folgende Leistungen an:
• Informationelle Hilfe bei der Erschließung neuer Märkte (Erstellung von den
Infomaterialien und Marktstudien);
• Erarbeitung der Exportstrategie;
• Organisation von Geschäftsreisen;
• Teilnahme an Messen im Ausland (Gemeinschaftsstände);
• Organisation von B2B-Kontaktbörsen und Kontaktsuche nach den richtigen
Ansprechpartnern für Export im jeweiligen Markt;
• Internetpräsenz auf vielen internationalen exportbezogenen Webseiten;
• Fortbildungsaktivitäten (Sprachintensivkurse, Schulungen für Mitarbeiter);
• Suche von ausländischen Investoren.
Auf der regionalen Ebene sind die Hauptakteure für die Exportförderung der KMU Delcredere,
Government Export Credit (Finexpo) und Belgian Foreign Trade Agency.
Delcredere oder auf Holländisch Ducroire ist eine staatliche Kreditversicherungsgruppe, die
bereits 1921 gegründet wurde. Ihre Aufgabe ist es, den Unternehmen und Banken
mittelfristigen und langfristigen Handelskreditversicherungsschutz gegen politische und
wirtschaftliche Risiken vor allem für die risikoreichen Exportmärkte zu geben. Delcredere hat
eine 27 Mrd. Euro Versicherungskapazität. 420
Finexpo ist ein staatlicher Beratungsausschuss, der dem Ministerium für Auswärtige
Angelegenheiten unterliegt. Der Ausschuss besteht aus Vertretern der Ministerien für
Auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel, Entwicklungszusammenarbeit, Finanzen,
Wirtschaft und den Haushalt, sowie aus den Repräsentanten von der Delcredere Gruppe und
den regionalen Verwaltungen. Finexpo ist für die Verteilung der öffentlichen Beihilfen an die
belgischen Unternehmen und Banken für das Exportgeschäft zuständig.421
Belgian Foreign Trade Agency (BFTA) zusammen mit dem Föderalen Öffentlichen Dienst für
auswärtige Angelegenheiten (FPS Foreign Affairs), Außenhandel und
Entwicklungszusammenarbeit, unterstützt direkt die Regionen im Bereich
Außenwirtschaftsförderung. Finanziert wird die Agentur zu mehr als 50 % aus dem föderalen
Budget, die restliche Finanzierung kommt von den jeweiligen Regionen. Die Agentur
organisiert auf Anfrage von Regionen oder ausländischen Importeuren die unterschiedlichen
Exportförderungsaktivitäten und bietet zudem eine Plattform an, wo regionales Know-how,
internationale Politik und Handelsexperten der föderalen Ebene zusammenkommen.
Finanziert werden die meisten internationalen Projekte durch folgende Beteiligten: AWEX, FIT,
BIE, BFTA und FPS Foreign Affairs sowie durch private Sponsoren.
Botschaften
Belgian
Foreign FSP
Foreign
Trade
Affairs
Agency
Export-
Finexpo förderung in Delcredere
Belgien
Brussel
AWEX
Invest and
Wallonien
Export
Flanders
Invest and
Trade
75 % der zur Verfügung stehenden Mittel wird für die Absatzförderung auf dem heimischen
Markt verwendet. Für 2016 plant VLAM 22,9 Mio. Euro für die Absatzförderungsmaßnahmen.
Das ist 950.000 weniger als das Budget vom Jahr 2015. Mit 4,9 Mio. Euro wird VLAM durch
die flämische Regierung finanziert. 3,75 Mio. Euro davon werden dabei für die laufenden
Betriebskosten und 973.500 Euro für die produktübergreifenden Werbemaßnahmen
zugeteilt.423 Die restliche Finanzierung besteht größtenteils aus Pflichtbeiträgen von den
Lebensmittelproduzenten. Es gibt zudem noch Werbekampagnen, die mit freiwilligen
Beiträgen von den Unternehmen finanziert werden, wie z. B. Kampagnen für frisches Obst und
Gemüse oder Bierwerbung.
Belgien nimmt häufig an den EU-Förderprogrammen teil. Für 2016 wird der gesamte Anteil der
EU-Kofinanzierung für 1,7 Mio. Euro geschätzt. Das ist etwa 200.000 weniger als im Jahr
2015.424 Mit den erhöhten Kofinanzierungssätzen von der EU ist das Interesse am EU-
Programm in Belgien gestiegen, insbesondere in solchen Sektoren wie Bio-Produkte, Milch-
und Fleischerzeugnisse, Obst und Gemüse.
6.3.4 Zusammenfassung
Die belgische Exportförderung setzt sich aus staatlichem und unternehmerischem
Engagement zusammen, wobei die finanzielle Unterstützung größtenteils vom Staat geleistet
wird. Die private Initiative VLAM, Flanderns Agrarmarketingbüro stellt sich als eine
dachübergreifende Organisation dar, die nur im Agrarbereich tätig ist, während die staatlichen
Organisationen alle Exportbranchen unterstützen.
Die staatliche Exportförderung in Belgien wird hauptsächlich von den Regionen verwaltet mit
einer Handelsagentur pro Region: AWEX (Wallonien), BRI (Brüssel) und FIT (Flandern) mit
jeweils eigener Abteilung für Agrarwirtschaft. Die drei Regionalregierungen bestimmen somit
die Außenhandelsprioritäten und beauftragen die BFTA, FPS Foreign Affairs und Delcredere
mit der Exportförderung. Diese besteht in der Regel aus einer Vielfalt an unterstützenden
Dienstleistungen, beispielweise Informationen, Organisation, Beratung, Kreditabsicherung und
finanzielle Unterstützung. Die staatliche Förderung konzentriert sich hauptsächlich auf die
Absatzförderungsmaßnahmen im Ausland.
Pfund (26,5 Mrd. Euro) und 127.000 Mitarbeiter. 427 Die Exportzahlen sowie die wichtigsten
Exportsektoren für das Vereinigte Königreich sind in Tabelle 13 aufgezeichnet:
Gemäß Angaben der „Food and Drink Federation“ sind die Lebensmittelausfuhren des Landes
in der ersten Jahreshälfte des vergangenen Jahres gegenüber gleicher Periode im Jahr 2014
um 5,3 % auf 6 Mrd. Pfund zurückgegangen. Die Getreide- und Backwarenausfuhren sind
dabei im Vergleich zum Jahr 2014 um 10 % gestiegen. Die wichtigsten Importländer für
britische Produkte sind Irland, Frankreich, die USA, Spanien und Deutschland.
UKTI arbeitet im Auftrag sowohl des britischen Außenministeriums (Foreign & Commonwealth
Office) als auch des britischen Wirtschaftsministeriums (Department for Business, Enterprise
and Regulatory Reform). Für die Projekte nutzt UK Trade & Investment eigene
Finanzierungsbasis, darüber hinaus stehen Mittel aus beiden Ministerien zur Verfügung. Einige
Projekte werden auch durch private Wirtschaft finanziert. So ist die Teilnahme an den
Exportförderungsaktivitäten von UKTI für die Unternehmen zum Teil kostenpflichtig. Insgesamt
sind ca. 2500 Mitarbeiter weltweit für UKTI tätig.
Die FDEA finanziert sich durch die Mitgliedsbeiträge von Unternehmen aus der
Ernährungsbranche und ist sehr stark mit UKTI bei der internationalen Projektabwicklung
verbunden.
Die andere private Organisation der britischen Exportförderung ist Agricultural and Horticultural
Development Board (AHDB). AHDB war früher eine staatliche Organisation, die im Jahr 2008
privatisiert wurde. AHDB ist ein von Landwirten und Züchtern finanziertes Gremium, das mit
dem Ziel der Verbesserung der Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der britischen
Landwirtschaft ins Leben gerufen wurde. AHDB besteht aus sechs Abteilungen, die etwa 75 %
der gesamten landwirtschaftlichen Produktion im Vereinigten Königreich darstellen:
• Schweinefleisch in England,
• Milch in Großbritannien,
• Rind und Lammfleisch in England,
• Gartenbau in Großbritannien,
• Getreide und Pflanzenöle im Vereinigten Königreich,
• Kartoffeln in Großbritannien.
AHDB wird durch monatlich steuerähnliche Abgaben von den Unternehmen finanziert, die
Unternehmen aus der Fleischwirtschaft pro Kopf für jedes geschlachtete oder lebend
exportierte Tier zahlen. Dabei unterscheiden sich die Zahler-Kategorien zwischen Erzeuger,
Schlachter oder reiner Exporteure.
AHDB erstellt jährlich einen Dreijahresplan mit Strategien, geplanten Aktivitäten, Zielen sowie
mit Finanzierungsplänen. Die Geschäftsführung von AHDB trifft sich sechsmal pro Jahr zum
Meinungsaustausch, Kontrolle der aktuellen Entwicklung und Strategieauswahl für die
Zukunft.432
Des Weiteren bietet AHDB Marktstudien und Informationen für die Unternehmen an und
entwickelt unterschiedliche sowohl exportorientierte als auch inländische Marketingaktivitäten.
Darüber hinaus beschäftigt sich AHDB mit Kommunikation von bestimmten Themen im
Zusammen mit den Firmenabgaben und staatlichen Zuschüssen verfügt AHDB über jährliche
Einnahmen von mehr als 60 Mio. Pfund und beschäftigt dabei 490 Personen (380 davon sind
durch die Mitgliedsbeiträge finanziert). 434 Die finanzielle Prognose über die
Gesamtnettoeinnahmen von Unternehmen für 2016/17 beläuft sich dabei auf rund
57 Mio. Pfund. Diese Summe wird mit Zuschüssen und kommerziellen Einnahmen ergänzt (ca.
8,9 Mio. Pfund). Die Brancheneinnahmeprognose für 2016/17 für den Sektor Rindfleisch und
Lamm ist dabei 15,5 Mio. Pfund, Getreide und Ölsaaten 11,7 Mio. Pfund, Milch und
Milchprodukte 7,3 Mio. Pfund, Gartenbau 7,4 Mio. Pfund, Schweinefleisch 9,1 Mio. Pfund,
Kartoffeln 5,8 Mio. Pfund. Die Abgaben sind für die sektoralen Aufgaben zweckgebunden und
können nicht für andere Sektoren genutzt werden.
6.4.4 Zusammenfassung
Das Exportförderungssystem vom Vereinigten Königreich charakterisiert sich durch die etwas
geringere Anzahl der Akteure im Vergleich zu Frankreich oder Belgien. UK Trade and
Investment und AHDB sind die wichtigsten Organisationen im Gemeinschaftsmarketingfeld.
Das andere wichtige Merkmal vom Exportförderungssystem im Vereinigten Königreich ist das
parafiskalische Abgabesystem bei der privaten Exportförderung. Die Firmenjahresabgaben
sind dabei relativ hoch und machen die Exportförderungspolitik des Vereinigten Königreichs
zu einer der teuersten in Europa. Dabei bestehen wesentliche Unterschiede in inhaltlicher
Ausrichtung der Maßnahmen zwischen AHDB und der deutschen ehemaligen CMA Agentur.
Das britische Exportförderungssystem ist im Gegensatz zum deutschen parafiskalischen
Abgabesystem produktspezifisch und fördert mehr produktivitätssteigernde Maßnahmen.
Die private Exportförderung im Agrarbereich im Vereinigten Königreich ist explizit auf die
Förderung von Agrarprodukten spezialisiert und dabei in sechs Branchen aufgeteilt. AHDB ist
dabei die Dachorganisation der wichtigen Agrar- und Lebensmittelsektoren, die sich durch
Unternehmenszwangsabgaben, abhängig von der Unternehmensgröße, sowie staatlichen
Zuschüssen finanzieren lässt. Die Werbemaßnahmen von AHDB beziehen sich sowohl auf
den Innenmarkt als auch auf die ausländischen Märkte. Die Absatzförderungsmaßnahmen im
Vereinigten Königreich sind größtenteils auf nationaler Ebene organisiert.
Exportförderung in Spanien
Die Ausdehnung der Exporte aus den anderen Mittelmeerländern auf die traditionellen
spanischen Absatzmärkte wie Deutschland und Frankreich sowie die Wirtschaftskrise im Jahr
2008 verlangte von Spanien eine schnelle Reaktion auf die verschlechterte Marktsituation. Da
die Nachfrage im eigenen Land stark sank, suchten sich viele Hersteller neue Märkte – und
dies mithilfe der neuen Exportförderungspolitik.
Die Exporte der spanischen Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie (ohne Agrarprodukte wie
Obst und Gemüse) haben 2014 das sechste Jahr in Folge dank der neuen
Exportförderungspolitik einen neuen Rekord erreicht. Sie erreichten nach Angaben des
spanischen Branchenverbandes Federacion Española de Industrias de Alimentación y
Bebidas (FIAB) den Wert von 24 Mrd. Euro. Intensiv zentralisierte Werbemaßnahmen, eine
gute Absatzorganisation und eine ausgewogene Preis-Qualität-Politik waren dabei die
wirksamsten Instrumente um eine der führenden Marktpositionen bei den Top 10
Agrarexportnationen zu erreichen und deren Aufrechterhaltung zu gewährleisten. An der
gesamten Warenausfuhr Spaniens hat der Lebensmittelsektor einen Anteil von ca. 15 %.
Eine der Hauptcharakteristiken für den spanischen Lebensmittelmarkt ist eine große
Fragmentierung des verarbeitenden Sektors. Von den 30.000 Betrieben der spanischen
Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie sind laut FIAB mehr als 90 % KMU. Bei den meisten
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 162
handelt es sich um kleine Betriebe mit weniger als 10 Angestellten. Mehr als 500 Mitarbeiter
haben nur 59 Unternehmen der Branche.436
Wichtigster Absatzmarkt bleibt für die spanischen Produzenten die EU. Besonders starke
Beziehungen bestehen hier zum Vereinigten Königreich, Deutschland, Frankreich und
Portugal. Außerhalb der EU wachsen die Exporte besonders schnell nach Japan. Als Folge
des Russland Embargos sind die Exporte nach Russland wesentlich zurückgegangen.437
Rückschläge gab es in den letzten Jahren auch in den Schwellenländern – in Südafrika
(-25 %), China (-6 %), Brasilien (-8 %) und Mexiko (-4 %).
Trotzdem bleiben die Handelsbilanzen und Exportzahlen für Agrar- und Lebensmittelprodukte
in Spanien seit einigen Jahren positiv. Die spanische Lebensmittelindustrie hatte im Jahr 2014
Umsatz von mehr als 93 Mrd. Euro, beschäftigte 378.824 Personen in 28.343 Unternehmen
und exportierte Güter mit einem Gesamtwert von 24 Mrd. Euro (6 % mehr als im vorigen Jahr).
Insgesamt sind 12.400 Unternehmen im Exportgeschäft tätig. 438 Die traditionellen Exportgüter
aus Spanien sind: Olivenöl, Wein, Fleisch sowie Obst und Gemüse.
Mit einer Wein- und Mostproduktion von geschätzten 50,6 Mio. hl ist Spanien nach
Informationen des Spanischen Weinmarkt-Observatoriums im Jahr 2013 zum größten
Weinhersteller der Welt aufgestiegen. Der Wein war auch an der Spitze der Liste von den am
meisten im Ausland gefragten verarbeiteten Nahrungsmittel mit einem Rekordexportwert von
2,6 Mrd. Euro, vor Schweinefleisch (2,4 Mrd. Euro) und Olivenöl (fast 2,0 Mrd. Euro). Danach
folgen Fisch, Fruchtsäfte, Backwaren und Spirituosen.439 Außerdem gehört Spanien zu den
weltweit größten Exporteuren von Zitrusfrüchten, Obst und Gemüse. Diese Produkte machen
40 % des gesamten spanischen Lebensmittelexports aus.440
ICEX soll zur Internationalisierung der spanischen Unternehmen beitragen und hat das Ziel,
die Wettbewerbsfähigkeit der spanischen Wirtschaft zu erhöhen sowie ausländische
Investitionen in Spanien durchzusetzen. ICEX hat ihren Hauptsitz in Madrid und verfügt über
ein Netzwerk von 31 Vertretungen in spanischen Regionen sowie fast 100 Wirtschafts- und
Handelsagenturen im Ausland. Dazu hat ICEX 22 sogenannte Businesszentren im Ausland,
die den spanischen Unternehmen beim Exportgeschäft vor Ort helfen sollen. Insgesamt sind
mehr als 1000 Spezialisten für ICEX weltweit tätig.441
Finanziert werden die meisten Maßnahmen vom Staat. ICEX erstellt jährlich neue Ziele, die
dann später im Jahresreport mit den Jahresergebnissen verglichen werden. Für die Jahre
2014 bis 2015 wurden fünf Hauptziele ausgewählt, die in Tabelle 14 dargestellt werden:
ICEX führt eine sehr aktive und intensive branchenübergreifende Tätigkeit. Besonders aktiv
sind sie auf den Fachmessen im Ausland. Der Staat bietet den Firmen einen Stand zu sehr
günstigen Konditionen an und garantiert somit die Messepräsenz von vielen spanischen
Unternehmen auf internationalen Businessplattformen. Im Jahr 2014 hat ICEX spanische
Pavillons auf 13 Messen in 7 Ländern und 7 Gemeinschaftsstände in 6 weiteren Ländern im
Lebensmittelsektor organisiert.443
Eine andere wichtige Initiative von ICEX ist Ventana Global, eine schnelle und einfache
Informationsplattform, die alle Programme und Dienstleistungen umfasst, die die spanische
nationale Regierung zur Unterstützung der Internationalisierung der spanischen Unternehmen
bietet. So wird der Zugang zu den staatlichen Förderprogrammen und internationalen Messen
und Kontaktveranstaltungen vereinfacht.
Weitere Organisationen, die den Handel ins Ausland unterstützen sind Compañía Española
de Seguros de Crédito a la Exportación (CESCE) - Europas viertgrößte
Krediversicherungsgruppe; La Compañía Española de Financiación del Desarrolloie
(COFIDES); The National Innovation Company (ENISA); Unified Centre for Foreign Trade
Consultancy (CAUCE) Official Credit Institut (ICO); The Centre for the Development of
Industrial Technology (CDTI) und das Staatssekretariat für Handel, das dem Ministerium für
Wirtschaft und Wettbewerb untersteht.
CESCE ist Europas viertgrößte Versicherungsgruppe, die sich ursprünglich auf die
Exportkreditversicherung spezialisiert hat. CESCE hat ein breites Spektrum an
Risikodeckungsleistungen und ist in 11 Ländern vertreten. 2014 wurde die CESCE Gruppe
privatisiert.444
COFIDES ist eine öffentliche Einrichtung, gegründet 1988, zum Zweck, Finanzmittel auf mittel-
und langfristige Basis für private Investitionsvorhaben von spanischen Unternehmen im
Ausland verfügbar zu machen. COFIDES nutzt zum einen eigene Finanzierungsquellen für die
jeweiligen Projekte in Schwellenländern und zum anderen das Geld vom Staat, welches dazu
dienlich ist, die staatlichen Fonds FIEX und FONPYME zu bedingen.445 COFIDES funktioniert
prinzipiell als eine Aktiengesellschaft und ergänzt die Finanzierung von Projekten der privaten
Unternehmen. Die Finanzierungsbeträge pro Projekt variieren dabei zwischen 75.000 Euro
und 30 Mio. Euro.
Die spanische Agrarwirtschaft zeigt außerdem eine sehr ausgeprägte Internetpräsenz. Die
Webseiten, wie z. B. www.winesfromspain.es, foodswinesfromspain.com,
www.spainbusiness.de, www.pixofspain.com liefern zahlreiche Informationen über die
spanische Agrar- und Lebensmittelindustrie und sollen dazu dienen, die Kontakte zwischen
spanischen Produzenten und ausländischen Abnehmern herzustellen. Für Fachleute im
Lebensmittelbereich (Importeure, Händler, Journalisten) werden dort Neuigkeiten über alle
Aktivitäten, Messen, Verkostungen, Statistiken und weitere aktuelle Informationen angeboten.
Ebenfalls bieten die Internetseiten den Verbrauchern eine Chance Ihre Kenntnisse über Wein
und Lebensmittelprodukte aus Spanien auszuweiten und geben weitreichende Informationen
zu Spanien allgemein sowie zu den einzelnen Regionen und Weinanbaugebieten.
Assoziation von Mehl- und Grießproduzenten AFHSE ist eine nationale private Non-Profit-
Unternehmensorganisation, die die Getreidebranchen von Spanien zusammenbringt. Diese
Branche umfasst insgesamt 148 Produzenten in Spanien, von denen 85 % auf freiwilliger
Basis in der AFHSE Mitglied sind. Eines der Hauptziele der AFHSE ist die Vertretung der
spanischen Mehlindustrie auf regionaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene,
allerdings geht es bei der Tätigkeit mehr um die sektoralen Entwicklungen und technisch-
politischen Regelungen.
Die Nationale Vereinigung von Ölproduzenten AFOEX ist eine professionelle unabhängige
Organisation, die diesen Sektor im In- und Ausland präsentiert. Ihre Hauptaufgabe ist es, die
Interessen von Ölunternehmen u. a. auf der europäischen Ebene zu verteidigen. Die Tätigkeit
ist dabei vermehrt auf Lobby-Arbeit ausgerichtet.
Auch die spanische Süßwaren Assoziation Produlce soll die gemeinsamen Interessen der
Branche gegenüber verschiedenen Institutionen und Organisationen in wichtigen
europäischen und nationalen Zusammenkommen vertreten, ist jedoch im Bereich
Exportförderung nicht so aktiv.
Conxemar, der spanische Verband der Großhändler, Importeure, Hersteller und Exporteure
von Fischprodukten und Aquakultur ist etwas mehr auf den ausländischen Märkten aktiv und
Die spanische Exportassoziation für Mandeln und Haselnüsse ALMENDRAVE fungiert als
Vermittler zwischen den öffentlichen Institutionen und den Exporteuren und sollte neben den
administrativen Tätigkeiten auch die Aktivitäten im Ausland für die Nussbranche zusammen
mit dem ICEX koordinieren.
Darüber hinaus sind in Spanien viele regionale sowohl private als auch staatliche
Einrichtungen (beispielweise aus Regionen Murcia, Katalonien, Salamanca) in den
Absatzförderungsmaßnahmen involviert. Manchmal treten die Regionen auch auf den
internationalen Wein- und Lebensmittelmessen selbständig auf. Deren Tätigkeit ist im
Vergleich zu der Funktion des ICEX Instituts mehr auf die imagefördernden Maßnahmen der
regionalen Produkte sowie auf Stärkung ländlicher Räume ausgerichtet.
6.5.4 Zusammenfassung
Nach der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 hat die spanische Regierung mit dem intensiven
Internationalisierungsprogramm begonnen und viele positive Ergebnisse erzielt. Die meisten
Auslandsaktivitäten werden dabei vom Außenhandelsinstitut ICEX organisiert. ICEX
untersteht dem Ministerium für Wirtschaft und Wettbewerb und betreibt
branchenübergreifende absatzfördernde Aktivitäten. Die Exportförderung wird zentral
verwaltet und größtenteils staatlich finanziert. Die meisten Projekte sind exportorientiert und
dienen zur Konsolidierung von spanischen KMU auf den ausländischen Märkten. Die
Exportförderung wird in viele Branchen aufgeteilt, wobei das Agribusiness aufgrund seiner
großen Bedeutung der Agrarexporte für Spanien einen relativ großen Teil aller Aktivitäten
darstellt. ICEX kooperiert bei der Maßnahmenumsetzung mit vielen öffentlichen sowie privaten
Einrichtungen.
Die privaten Verbände heben dagegen den politischen Aspekt der Branche oder Regionalität
hervor und sind eher als ergänzende Angebote zu den ICEX Initiativen zu bewerten.
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass das ICEX Institut die zentrale Politik für
spanische Unternehmen im Bereich der Exportförderung vertritt. Laut der spanischen
Ministerin für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt, Isabel García Tejerina, wird der
spanischer Staat das Internationalisierungsprogramm im Lebensmittelbereich weiter
fortsetzten. Das nächste Finanzierungsprogramm für die KMU im Agrarsektor wäre mit dem
Gesamtfinanzierungsvolumen in Höhe von 1,5 Mio. Euro der spanischen Regierung bereits
genehmigt.446
446 Vgl. Spain: Food, one of the most export-oriented sectors [2015].
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 169
Exportförderung in Italien
2015 erreichten die Ausfuhren von italienischen Agrarprodukten einen Rekordwert von knapp
37 Mrd. Euro (1,7 Mrd. mehr als im Vorjahr), was der Landwirtschaftsminister Maurizio Martina
der EXPO in Mailand448 verdankt, wo es den italienischen Produzenten gelungen ist mehr als
50.000 Gespräche mit potenziellen Abnehmern zu führen, sowie dem
Internationalisierungsplan, den Italien vor einigen Jahren ins Leben gerufen hat. Das Ziel der
italienischen Regierung ist es, bis 2020 den Exportwert auf 50 Mrd. Euro im Bereich der
Agrarwirtschaft zu erhöhen. Deutschland ist dabei der wichtigste Handelspartner für Italien mit
einem Gesamtimportwert von 6,5 Mrd. Euro. Die ganze EU-Zone hat im Jahr 2015 aus Italien
Agrarprodukte im Wert von 24 Mrd. Euro importiert (+6,1 % im Vergleich zum Jahr 2014). Die
Vereinigten Staaten und China haben auch einen starken Zuwachs gezeigt mit jeweils 3,6 Mrd.
Euro (+20 %) und 0,5 Mrd. Euro (+23 %).449
Trotz insgesamt sinkender Konsumausgaben legen die Italiener viel Wert auf
Qualitätsprodukte. Eine der Stärken der Marke „Made in Italy" sind die EU-zertifizierten
Produkte DOP und IGP (g.U. und g.g.A.). Insgesamt sind 273 Produkte aus Italien mit diesem
europäischen Gütesiegel anerkannt. Auch im Zusammenhang mit der EXPO in Mailand im
Jahr 2015 haben die italienischen Qualitätslebensmittel an Bedeutung gewonnen. Dort hat das
italienische Landwirtschaftsministerium eine Kampagne mit dem Motto „The extraordinary
Italian taste" vorgestellt. Dieses Motto steht für originale italienische Lebensmittel und soll die
italienische Lebensmittelindustrie bei der Vermarktung der Lebensmittel im Ausland
unterstützen.
Abbildung 31 zeigt die italienische Exportstatistik im Agrarbereich für Jahre 2010 bis 2015:
Agrarexporte in Italien
40
35
30 34 37
30 31 33
25
20 27
15
10
5
0
2010 2011 2012 2013 2014 2015
Seit 2010 sind die italienischen Agrarexporte kontinuierlich gewachsen. Solche positiven
Tendenzen verbinden die Experten paradoxerweise auch mit der Schwäche der
Volkswirtschaft, langwierigen Krisen auf dem Arbeitsmarkt und eine Senkung der Kaufkraft der
Bevölkerung. Als Folge dieser negativen Entwicklungen sank die Nahrungsmittelnachfrage im
Land. Insbesondere im Hinblick auf die relativ kurze Haltbarkeit von Lebensmitteln im
Vergleich zu den anderen Warengruppen bestand hier ein erhöhter Bedarf zur Ausfuhr von
Produkten ins Ausland.
Eine Entspannung zwischen der EU und Moskau könnte durch eine schrittweise Lockerung
des russischen Importverbots einen wichtigen Beitrag für die italienische Agrarwirtschaft
leisten. Italien appellierte schon an die Europäische Kommission und wollte sich für die
Auflösung der Sanktionen für Russland einsetzen. Russlands Embargo hat zur maßgeblichen
Senkung der Preise in der Milch- und Fleischwirtschaft und dementsprechend zu tiefen Krisen
in diesen Branchen geführt hat. Der italienische Landwirtschaftsminister Maurizio Martina hat
im Februar 2016 auf weitere Hilfe von der EU-Regierung für den Milchsektor angefragt,
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 171
nämlich eine Verdoppelung der De-minimis für den Milchsektor für die nächsten drei Jahre.
Laut der Studie der Agricoltura-Europe Direct Veneto Organisation, müssen viele
Milchproduzenten ihre Produkte für den Preis verkaufen, der nicht mal die Produktionskosten
decken konnte.450
Diese Gründe machen es für manche italienische KMU möglich, Gewinn fast nur mit Hilfe des
Exports zu erzielen. Unter Berücksichtigung der oben genannten Faktoren gewinnen die
Maßnahmen zur Absatzförderung und zur Erschließung neuer Märkte für die italienische
Regierung immer mehr an Bedeutung.
Neben dem Hauptsitz in Rom, arbeitet ICE weltweit mit einem großen Netzwerk von
Handelsbüros, italienischen Botschaften und Konsulaten sowie mit den lokalen Behörden und
regionalen Unternehmensnetzwerken zusammen.
ICE bietet eine breite Palette von Dienstleistungen an, die italienischen und ausländischen
Unternehmen helfen sollte, miteinander in Kontakt zu treten:
Auch im Bereich Humankapital sollte das ICE Institut, laut offizieller Webseite, sehr aktiv sein.
ICE bildet ausländische Wirtschaftsfachleute für italienische Firmen durch spezielle
Trainingsprogramme in der Zentrale in Rom aus. In Kooperation mit internationalen
Organisationen, wie United National Conference on Trade and Development (UNCTAD),
WTO, General Agreement on Tarifs and Trade (GATT), International Trade Center (ITC) und
der EU bildet ICE die Führungskräfte im öffentlichen und privaten Sektor aus Osteuropa und
den Entwicklungsländern weiter. Hierfür werden spezielle Kurse in Marketing, Exportförderung
und industrieller Zusammenarbeit angeboten. Das Institut organisiert außerdem Seminare und
Konferenzen über den internationalen Handel und zu verschiedenen Marketingthemen. ICE
arbeitet eng mit den Regionen, Handelskammern, Industrie-, Landwirtschaft- und
Wirtschaftsverbänden und anderen öffentlichen und privaten Akteuren zusammen und hat 81
Vertretungen in 67 Ländern.
Eine weitere Aufgabe des ICE Instituts ist die Suche nach Investitionen in die italienische
Wirtschaft. "Unsere Herausforderung besteht darin, 20 Mrd. Euro von ausländischen
Direktinvestitionen jährlich zu gewinnen [...]- und damit zur Erhöhung der Beschäftigung
beizutragen" 452, erklärte der stellvertretende Minister für Wirtschaftsentwicklung Calenda auf
dem World Investment Conference im Juni 2015. Während der Pressekonferenz wurde "Doing
Business in Italien - Investment Guide 2015" vorgestellt, die ersten Informationen zum Thema
sollten unter www.investinitaly.com abrufbar sein. Diese Initiative ist im Rahmen der
Zusammenarbeit von ICE und dem Nationalrat der Notare (CNN) entstanden in der
Kooperation mit den Ministerien für wirtschaftliche Entwicklung, Außen- und Internationale
Zusammenarbeit, Wirtschaft und Finanzen, Arbeit und Sozialpolitik und Bildung. Diese
Internetquelle sollte zukünftig Auskunft über die verschiedenen Rechtsformen der italienischen
Unternehmen, Vertragsbeziehungen für Angestellte und Steuern geben. Die Partnerschaft
zwischen ICE und dem CNN ist die erste derartige Initiative, die die Unterstützung der
italienischen Unternehmen auf den internationalen Führungsmärkten sowie den
ausländischen interessierten Unternehmen im rechtlichen Format bietet. So versucht die
italienische Regierung die Investitionen in Italien und die Internationalisierung der italienischen
Unternehmen indirekt zu stimulieren. CNN verfügt über ein Netzwerk in 86 Ländern. 453
Die italienischen Regionen fördern meistens die Beteiligung von KMU auf Messen und
Veranstaltungen in unterschiedlichem Maße sowie übernehmen auch die administrativen
Funktionen für ihre Durchführung. Die Firmen müssen einen Antrag auf Teilnahme an den
Präsidenten des Regionalrates der zuständigen Region stellen, nach der Formatvorlage, die
in der Regel jährlich festgelegt wird. Die meisten Initiativen werden von dem italienischen Staat
Die anderen privaten Organisationen, die im Ausland aktiv sind sowie die EU-Fördergelder
beantragen können, sind die sogenannten Konsortien, - regionale Unternehmensnetzwerke,
die das Ziel haben die Bewahrung, den Schutz und die Förderung der Ursprungsbezeichnung
von bestimmten Produkten zu garantieren,455 wie bspw. Konsortium für Parmaschinken,
Prosecco DOC, Prosecco DOCG, Chianti, Obst und Gemüse.
Da die generischen Werbemaßnahmen den Konsortien inhaltlich passen, beantragen sie für
die Messeteilnahme im Ausland häufig die Fördergelder der EU über die Agentur für die
Agrarzahlungen AGEA. AGEA ist die offizielle Einrichtung und ist zuständig für die Verteilung
von Hilfen, Stipendien, Auszeichnungen, Fördergeldern; für die Verbesserung der Qualität
landwirtschaftlicher Erzeugnisse; für die europäischen Hilfsprogramme sowie für die
wirtschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Ländern. 457 In diesem Zusammenhang
unterstützt AGEA die Exportförderungsaktivitäten, die von den Konsortien oder den
Fachverbänden organisiert und durchgeführt werden und die Bereitstellung der Fördergelder
gewährleisten, wie die Projekte mit Lebensmitteln geschützter Ursprungsbezeichnung.
Ein weiteres italienisches Netzwerk für die Förderung der KMU-Aktivitäten ist RetImpresa. Mit
insgesamt 68 Mitgliedern, darunter 43 Vereine, 9 regionale Einrichtungen und 5 Verbände,
verfolgt RetImpresa folgende Ziele:
Darüber hinaus kooperiert RetImpresa mit dem ICE Institut und hilft den Unternehmen bei der
Bewerbung um öffentliche Aufträge.
6.6.4 Zusammenfassung
Das italienische Exportförderungssystem bietet hauptsächlich Marketing-Dienstleistungen
sowie finanzielle Unterstützung für italienische Lebensmittel- und Agrarproduzenten an und ist
auf generische Werbemaßnahmen für KMU spezialisiert. Die staatliche Exportförderung in
Italien ist ähnlich wie in Spanien aufgebaut. Die Auslandsaktivitäten werden von dem
Außenhandelsinstitut ICE abgewickelt. Die Exportförderung wird dabei zentral verwaltet und
staatlich finanziert. Die Maßnahmen vom ICE Institut sind nur auf ausländische Märkte
bezogen. Darüber hinaus fördern die einzelnen italienischen Regionen die Präsentation von
ihren Produkten auf ausländischen Fachmessen und Events.
456 Vgl. Consorzio Prosciutto di Parma [2016], vgl. dazu auch Consorzio Prosecco Superiore DOCG [2016]; vgl.
dazu auch Italien: Neues Konsortium „Origine Group“ gegründet [2015].
457 Vgl. AGEA [2013].
458 Vgl. RetiImpresa [2016].
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 175
Auf landwirtschaftliche Exporte entfielen im Jahr 2015 18,8 % aller niederländischen Exporte,
die einen Wert von 438 Mrd. Euro erreicht haben. Im Jahr 2015 haben die niederländischen
Exporte von landwirtschaftlichen Produkten wieder einen neuen Rekord erreicht. Die
Gesamtausfuhren von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln lagen im Jahr 2015 bei 82,4 Mrd.
Euro. Im Vergleich zu 2014 gab es hier eine Steigerung von 700 Mio. Euro (knapp 1 %). Dabei
wachsen die niederländischen Exporte jedes Jahr kontinuierlich vor allem mithilfe von
Forschung und Innovation. In den Niederlanden gibt es einen relativ hohen Anteil von
innovativen Betrieben. Die vier größten Pflanzensamenproduzenten haben dort ihren Sitz.
Weiterhin sind die Niederlande führend im Bereich der Herstellung und Anwendung von
Melkrobotern.
Der niederländische Agrarhandel ist vor allem auf die Länder innerhalb der EU ausgerichtet.
Die 27 EU-Länder haben zusammen einen Anteil von ca. 80 % am niederländischen
Agrarexport. Im Binnenmarkt ist Deutschland weiterhin der wichtigste Handelspartner für die
Niederlande. Das hat auch der niederländische Landwirtschaftsminister, Martijn van Dam, auf
der Grünen Woche, der internationalen Landwirtschaftsmesse in Berlin im Januar 2016
nochmal betont.460 Fast 25 % des niederländischen Agrarexports gehen dabei nach
16
14
12
10
8
6
4
2
0
Obst und Gemüse Zierpflanzenprodukte Fleisch und Milch und
Fleischprodukte Milchprodukte
Dabei ist ein weiteres Wachstum des Obst- und Gemüsesektors mit 14,7 Mrd. Euro Exportwert
im Jahr 2015 zu beobachten. Fleisch- und Milchprodukte haben allerdings einen kleinen
Rückgang vom Exportanteil im 2015 zu verzeichnen, was durchaus vom Russland Embargo
abhängig ist (jeweils 7,7 und 7,2 Mrd. Euro Exportwert im Jahr 2015 gegenüber jeweils 8 und
7,7 Mrd. Euro im Jahr 2014).
In den vergangenen Jahren haben die Niederlande auch mehrere neue Märkte erschlossen.
Im Jahr 2015 waren die Niederlande der einzige EU-Mitgliedstaat mit dem Zugang zum US-
Markt für Eiprodukte, so wie Protein-Pulver. Darüber hinaus haben sich die Niederlande etwa
9 Mio. Euro von Zwiebeln nach Indonesien und Panama im Jahr 2015 exportiert. Ende letzten
Jahres erhielten auch die niederländischen Apfel- und Birnenerzeuger Zugang zum
vietnamesischen Markt. Es wird erwartet, dass Ausfuhren von Obst innerhalb von fünf Jahren
um rund 7,5 Mio. Euro pro Jahr wachsen werden. Der südafrikanische Markt für Geflügelfleisch
ist für die Niederlande ebenfalls wieder geöffnet. Der Export dieses Produktes liegt zurzeit bei
1 Mio. Euro pro Woche.461
Solche positiven Entwicklungen und Zahlen sind durch die geografische Lage begünstigt.
Rotterdam ist der drittgrößte Seehafen der Welt und dient als zentraler Handelspunkt Europas,
der für die massiven Export- und Importwarenströme geeignet ist. Eine weitere Ursache der
steigenden Exportzahlen ist die Exportförderungspolitik der Niederlande. Die wichtigsten
Prinzipien der niederländischen Exportförderung sind im folgenden Kapitel beschrieben.
461 Vgl. More Agricultural Products Sold throughout the World [2016].
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 177
Dank der zahlreichen Fusionen (mit Senternovem, Patentamt und Dienst Regelingen) kann
die RVO Agentur ein noch breiteres Spektrum an Dienstleistungen als bisher anbieten. Die
Kernaufgabe bleibt die Unterstützung von holländischen Unternehmen auf ausländischen
Märkten. Dazu kommen Finanzverwaltung und die Verteilung von öffentlichen Fördergeldern
sowie die Patentregistrierung in den Niederlanden. Darüber hinaus schenkt RVO NL die
Aufmerksamkeit auch den Aktivitäten im privaten Sektor in Schwellen- und
Entwicklungsländern und entwickelt spezielle Programme zur Unterstützung des öffentlichen
Sektors in den Schwellenländen.
Durch sein internationales Netzwerk, Websites und Datenbanken, kooperiert RVO NL auch
mit den niederländischen diplomatischen Missionen und den Business Support Offices. So ist
die RVO NL in der Lage den Firmen nützliche Businesskontakte zur Verfügung zu stellen.
RVO NL liefert zudem aktuelle Information über die gesetzlichen Grundlagen des
internationalen Handels und Marktinformationen über relevante Märkte an Unternehmen.
RVO NL fördert in diesem Zusammenhang Betriebe im Bereich der Nachhaltigkeit und
Innovation (früher Aufgabe von Senternovem) und erstellt Subventionspläne für Wirtschaft und
Landwirtschaft.462
6.7.3 Productschappen
Für annähernd jede Branche in den Niederlanden gab es bis 2014 ein öffentliches Marketing
Board (Productschap), welches dafür zuständig war, bestimmte Aufgaben für die jeweilige
Branche zu erledigen und diese sowohl im Inland als auch im Ausland zu repräsentieren. Der
Ursprung des in den 1950er Jahren geschaffenen Marketing-Boards, lag in der Idee der
Zusammenarbeit zwischen dem Staat und der Wirtschaft sowie zwischen den Unternehmen
der jeweiligen Branche. Dabei hatte jeder Sektor das Recht zu entscheiden, ob er einen
Verband gründet. 463 Productschap hatte das Recht steuerähnliche Abgaben von Unternehmen
zu erheben, die Ende 2014 jedoch wieder abgeschafft worden sind. Die weiteren
Finanzierungsquellen für die Productschappen, neben den steuerähnlichen Pflichtabgaben,
die in der Regel nach dem Umsatz der Unternehmen berechnet wurden, waren die öffentlichen
Gelder für die Durchführung von hoheitlichen Aufgaben.
Die Productschappen standen unter der Aufsicht des jeweils zuständigen Ministeriums und
des Sozialwirtschaftlichen Rats. Die wichtigsten Aufgaben der Productschappen waren:
Im Jahr 2010 erreichten die Gesamtausgaben der Productschappen rund 216 Mio. Euro, die
etwa zu 70 % durch Zwangsabgaben gedeckt wurden. Im Jahr 2010 lag die Gesamtabgabe
bei 149 Mio. Euro und die durchschnittliche jährliche Abgabe bei ca. 445 Euro pro Betrieb. In
den nachfolgenden Jahren erreichte der Gesamtetat der Productschappen durchschnittlich
260 Mio. Euro pro Jahr.
Manche Productschappen haben sich mit der praktischen Umsetzung der Gesetzgebung der
zentralen niederländischen Regierung beschäftigt. Für diese Mitverwaltungsaufgaben haben
die Verbände die entsprechende Vergütung von der niederländischen Regierung erhalten. Die
Finanzkontrolle der Tätigkeit von den Productschappen und ihrer Mittelverwendung hat das
SER (Sozialwirtschaftlicher Rat) durchgeführt.
Somit wurde das parafiskalische Abgabesystem ungefähr 5 Jahre später als in Deutschland
auch in den Niederlanden abgeschafft.
6.7.4 Zusammenfassung
Das niederländische Exportförderungssystem befindet sich derzeit in der
Umstrukturierungsphase. Die niederländischen Agrar- und Lebensmittelexporte zeigen jedes
Jahr bessere Ergebnisse. Der Grund dafür lag eventuell an dem produktspezifischen
parafiskalischen Exportförderungssystem in den Niederlanden. Das Pflichtabgabesystem für
die Finanzierung der Absatzförderung ist in den Niederlanden jedoch allmählich veraltet und
wurde aufgrund starker Kritik seitens der privaten Wirtschaft im Jahr 2014, zusammen mit den
niederländischen Marketing Boards – Productschappen, abgeschafft. Diese
Systemumstrukturierung hatte das Ziel, mehr Kompetenzen auf die staatliche RVO NL
Agentur, die eine Abteilung des Wirtschaftsministeriums ist, zu übertragen und somit das
Exportförderungssystem zu zentralisieren. Das weitere Ziel der Umstrukturierung bestand
darin, die Ausgaben des Gemeinschaftsmarketings besser kontrollieren zu können. Die
Mittelverwendung wird aktuell viel transparenter gestaltet. Die privaten Werbemaßnahmen
sind produktspezifisch und beziehen sich sowohl auf den Innenmarkt als auch auf die
ausländischen Märkte. Die weitere Entwicklung des privaten branchenspezifischen
Exportförderungssystems in den Niederlanden konnte aufgrund des Zeitpunkts der Abgabe
der vorliegenden Arbeit nicht detailliert analysiert werden.
Agrarexportförderung in Dänemark
ökologischen Anbau und bis 2020 sollen es bis zu 15 % werden.465 Der Gesamtwert der
landwirtschaftlichen Erzeugnisse in Dänemark betrug im Jahr 2014 10,5 Mrd. Euro. Somit
gehört Dänemark zu den Top 10 Agrarproduzenten in Europa, was für ein Land mit nur 5,5 Mio.
Einwohnern ein bedeutsames Ergebnis darstellt. Im Jahr 2014 waren in Dänemark rund 2,3 %
der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft tätig.
Ein anderes Merkmal der dänischen Wirtschaft ist die sehr starke Exportorientierung. Die
Hauptausfuhrprodukte sind dabei Maschinen und Geräte (75 %) sowie landwirtschaftliche
Produkte (15 %).
Die Anlagen der dänischen Milchbauern gehören zu den größten und modernsten in Europa.
Mehr als die Hälfte der Kühe leben in neuen losen Gehäusesystemen. Arla Foods,
Genossenschaft von dänischen und schwedischen Milchbauern ist die größte Molkereigruppe
Europas. Die Arla Gruppe produziert mehr als 90 % der dänischen und zwei Drittel der
schwedischen Milchprodukte. Der größte Absatzmarkt für dänische Milchprodukte ist der
Binnenmarkt. Die Milchprodukte, insbesondere Käse, haltbare Milch und Butter machen mehr
als 20 % aller exportierten dänischen Agrarerzeugnisse aus. Der Wert aller dänischen
Milchexporte beträgt ca. 1,8 Mrd. Euro pro Jahr. 467
Im Jahr 2014 lagen die Agrarprodukte bei einem Gesamtwert von 28 Mrd. dänischen Kronen
(3,75 Mrd. Euro) in die Bundesrepublik Deutschland. 468 Wie in Abbildung 34 zu sehen ist, ist
der andere wichtiger Handelspartner Dänemarks das Nachbarland Schweden mit 10 % aller
Agrarexporte. China und das Vereinigte Königreich folgen mit jeweils 11 % und 8 %. Bis zum
russischen Embargo gingen ca. 4 % aller Agrarexporte nach Russland.
4%
4% Sonstige
4% Deutschland
4% 34% Schweden
China
8% Vereinigtes Königreich
Polen
Russland
11%
Norwegen
Italien
10% 18% Japan
Nach den Daten des Dachverbandes der dänischen Agrar- und Ernährungswirtschaft, lagen
die Exporte des Bereichs „Land- und Ernährungswirtschaft“ im Jahr 2014 mit insgesamt
151 Mrd. dänischen Kronen (20,3 Mrd. Euro) um 5 Mrd. dänische Kronen (671 Mio. Euro)
oder 3,2 % unter den Werten des vorangegangenen Jahres. Als Hauptgrund der sinkenden
Exporte wurde das russische Embargo genannt, was insbesondere im dänischen
Schweinesektor spürbare Folgen hinterlassen hat. 469
Dänemark versucht momentan, wie jedes andere europäische Land, einen besseren Ansatz
für die Eröffnung neuer Märkte zu entwickeln. Ebenso ist es wichtig für das Land, optimale
Handelskonditionen für die traditionellen Märkte wie Deutschland, Schweden und
Großbritannien zu gewährleisten. Dänemarks Agrarstruktur, geprägt von KMU, ist stark von
den globalen wirtschaftlichen Handelsbeziehungen, dem Zugang zu den Wachstumsmärkten
und somit auch von den Absatzförderungsmaßnahmen abhängig.
Ausgehend von der aktuellen wirtschaftlichen Lage innerhalb der EU und dem verschärften
Wettbewerbsdruck auf die globalen Märkte, veranlasste die dänische Regierung im Jahr 2014
eine neue Exportstrategie, die auf den Empfehlungen der dänischen Kommission der
Produktivität basiert ist. Diese ziemlich ehrgeizige Strategie umfasst 9 Maßnahmen mit
insgesamt 40 dazugehörigen Initiativen:
470 Die exportierenden KMU werden mit dem Einkauf von minimalen Anteilen der Aktien von den ausländischen
Investoren unterstützt.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 184
Diese Strategie wurde auf der Internetseite des dänischen Ministeriums für Auswärtige
Angelegenheiten veröffentlicht und sollte in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft
umgesetzt werden.
Das Hauptorgan der dänischen staatlichen Exportförderung ist der Handelsrat. Der Handelsrat
ist eine staatliche Export- und Investitionsförderungsorganisation, die dem Ministerium für
Auswärtige Angelegenheiten von Dänemark untersteht. Die Tätigkeit vom Handelsrat umfasst
alle staatlichen Aktivitäten, die dänische Exporte und ausländische Investitionen in Dänemark
fördern. Im Jahr 2012 hatte der Handelsrat ca. 75 Mitarbeiter in Dänemark und 230 Mitarbeiter
im Ausland, die insgesamt bei mehr als 100 Botschaften, Generalkonsulaten und
Handelskommissionen tätig waren. Die Organisation konzentriert sich auf die Beratung von
dänischen Unternehmen in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Export,
Marketingstrategie sowie allen wichtigen Fragen hinsichtlich internationaler Aktivitäten.472
Für die Exportförderung oder Delegationsreisen kann der Handelsrat eine Kofinanzierung bis
zu 50 % der genehmigten Projektkosten den Unternehmen anbieten. Eine Delegationsreise
kann maximal mit 350.000 dänischen Kronen (ca. 47.000 Euro) mitfinanziert werden. Die
Beihilfe muss mindestens 50 % der genehmigten Projektkosten beitragen. Voraussetzungen
471 Vgl. Denmark Government Strategy On Export Promotion and Economic Diplomacy [2014], S. 8ff.
472 Vgl. Denmark Government Strategy On Export Promotion and Economic Diplomacy [2014], S. 9f.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 185
Bei der Danida Wirtschaftsdelegationen kann der Handelsrat bis zu 75 % der genehmigten
Projektkosten erstatten. Die Danida Wirtschaftsdelegation unterstützt hier vor allem eine
Entwicklungsförderung, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und die Schaffung von
Arbeitsplätzen in Entwicklungsländern. 473
Einen wesentlichen Beitrag zur Differenzierung der Leistungen sowie zur Steigerung der
Qualität der Handelsratstätigkeit hat die Einführung der zusätzlichen entgeltlichen Leistungen
geleistet. Der dänische Handelsrat hat derzeit einen Selbstfinanzierungsgrad von etwa 25 %.
Es besteht jedoch die Notwendigkeit einer zusätzlichen finanziellen Unterstützung sowie einer
einheitlichen Verwaltung des Zahlungssystems in der gesamten Organisation und im
Außendienst. Zur Unterstützung der Aktivitäten im Ausland hat der Handelsrat einen Festpreis
pro Beratungsstunde eingeführt, der momentan 935 dänische Kronen beträgt (ca. 125 Euro).
Somit strebt das staatliche Reformprogramm der Exportförderung in Dänemark zu mehr
Qualität bei der Erbringung der Dienstleistungen, Differenzierung der Services sowie zentrale
Koordinierung aller Abteilungen sowohl im Inland als auch im Ausland.
Der dänische Landwirtschafts- und Ernährungsrat ist eine private Dachorganisation, die die
Interessen der dänischen Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie vertritt und aus dänischen
473 Vgl. Denmark Government Strategy On Export Promotion and Economic Diplomacy [2014], S. 24f.
474 Vgl. Denmark Government Strategy On Export Promotion and Economic Diplomacy [2014], S. 24f.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 186
Federation of
Danish cooperative
Slaughterhouses
Danish Bacon and
Meat Council
Private Meat
Organisation
Royal Danish
Agricultural Society
Agricultural (49
Mitglieder)
Cooperative
Committee
Agriculture & Food
Council
Agricultural
Societies
Danish Agricultural
Council (51.000
Mitglieder)
Danish Family
Danish Pig
Producers
• Lobbyarbeit;
• Implementierung von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen mit Bezug auf
Lebensmittelsicherheit und Veterinärfragen, Tiergesundheit, Tierschutz, Umwelt und
Energie;
• Hilfe bei den Fachfragen in den Bereichen: Forschung und Innovation, Handel und
GAP, Tierschutz, Umwelt, Industriepolitik und Regulierungsrahmen;
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 187
• Marktinformationen;
• gemeinsame Messeauftritte;
• sonstige Dienstleistungen für ihre Mitglieder. 475
Die Organisationsstruktur des Landwirtschafts- und Ernährungsrates besteht aus zwei Säulen:
einem primärsektoralen Vorstand, der die Interessen der Landwirte vertritt und einem
Unternehmensvorstand, der für den Unternehmensanteil zuständig ist. Die beiden
Verwaltungsorgane sind eng miteinander verbunden und teilen sich die Verantwortung für
Verordnungen, Bilanzen, Finanzkonten und Gesamtstrategien.
Die Mitgliedschaft erfolgt über die Mitgliedschaft in den Verbänden und Assoziationen. Die
Verbände sind zuständig für die Kontakte mit den lokalen Behörden und anderen
Einrichtungen, verschiedene Aktivitäten und professionelle Beratung. Die Mitglieder der
regionalen Verbände repräsentieren dabei den Primärsektor. Insgesamt besteht der Anteil des
Primärsektors aus 29 Genossenschaftsverbänden und 11 Familienunternehmensverbänden
und 2 Vereinigungen. Die Finanzierung erfolgt dabei auf Basis von Mitgliederbeiträgen der
jeweiligen Verbände.
Die Mitglieder von Unternehmensseite sind von 160 Unternehmen vertreten, welche aus den
folgenden Bereichen kommen: Schweineschlachtung und -Zerlegung, Milchsektor,
Rindfleischproduktion, Geflügelindustrie, Zusatzstoffe, Verarbeitungsindustrie, Zutaten, Saat,
Fischereiindustrie, Obst und Gemüsesektor, Handelsunternehmen, Arbeitgeberverbände,
Banken, Versicherungen. Zu den sonstigen Mitgliedern des Landwirtschafts- und
Ernährungsrates zählen 18 Fachverbände und Agrarnetzwerke. Die jeweiligen Fachverbände
finanzieren sich durch steuerähnliche Unternehmensabgaben, abhängig von der
Produktionsart und Unternehmensgröße.
Die dänische Food & Drink Föderation ist eine unabhängige Unternehmensorganisation. Als
ein Teil des Verbandes der dänischen Industrie 476 vertritt die Food & Drink Föderation 227
Unternehmen aus der Lebensmittel- und Getränkeherstellungsindustrie. 477 Die Mitgliedschaft
ist freiwillig, die Mitgliedschaftsbeiträge sind von der Unternehmensgröße abhängig. Food &
Drinks zielt u. a. darauf ab, den Wissensaustausch zwischen Forschung und Wirtschaft zu
stärken. Darüber hinaus betreibt Food & Drink viele exportfördernde Aktivitäten wie:
• Messebeteiligungen im Ausland,
• Organisation von Markterkundungsreisen und Informationsveranstaltungen,
• Durchführung von Konferenzen, Seminaren und Diskussionsrunden zu den
Exportfragen,
• Erstellung der Exportstrategie und individuelle Beratung zur Geschäftsentwicklung auf
dem Zielmarkt,
• Verbindung zu einem großen Industrienetzwerk im In- und Ausland,
• Hilfe und Beratung bei Exportfragen und Dokumentation sowie zu Projekt- und
Exportfinanzierung,
• Beratung zur Teilnahme an Förderprojekten vom Ministerium für auswärtige
Angelegenheiten,
• Marktinformationen.
Zudem beschäftigt sich die Food & Drink Föderation mit der Öffentlichkeitsarbeit und erstellt
die Statistiken und Analysen zum dänischen Ernährungssektor.
Insgesamt 8 % aller Lebensmittel, die in Dänemark verkauft werden, sind biologisch angebaut.
Somit befindet sich Dänemark auf dem ersten Platz im Ranking der bedeutendsten Bio-
Agrarmärkte weltweit.478 Dementsprechend gewinnt die organische Exportförderung in
Dänemark immer mehr an Bedeutung.
Der Organic Denmark Verband vertritt die dänische organische Landwirtschaft- und
Lebensmittelindustrie mit ca. 180 Mitgliedsunternehmen sowohl auf dem Innenmarkt – Organic
Denmark pflegt gute Partnerbeziehungen zu den Einzelhandelsketten,- als auch auf den
Auslandsmärkten. Organic Denmark unterstützt KMU sowie den einzelnen Händlern bei der
Entwicklung der Marketing-Strategie, Erweiterung der Bio-Produktpalette sowie
Marketingmaßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit.479 Außerdem organisiert Organic Denmark
Pressetouren für die ausländischen Journalisten inkl. Besuche dänischer Landwirte sowie
gemeinsame Messeauftritte organischer Lebensmittelproduzenten. Auf den größten Messen
wie Anuga in Deutschland hat Organic Denmark normalerweise einen Gemeinschaftsstand
zusammen mit dem Landwirtschaft- und Ernährungsrat. Darüber hinaus fördert Organic
Denmark die Projekte des ökologischen Landbaus in den Entwicklungsländern.
6.8.4 Zusammenfassung
Zusammenfasst ist die dänische Landwirtschaft sehr stark exportorientiert. Die
Exportförderung wird in Dänemark sowohl von der staatlichen als aus von der privaten Seite
aktiv betrieben. Die staatliche Exportförderung wird vom Handelsrat übernommen, der die
produktübergreifende Absatzförderung auf nationaler Ebene überwiegend auf den
ausländischen Märkten betreibt. Die Struktur der staatlichen Exportförderung wurde in den
letzten Jahren stark geändert und strebt nach einer Differenzierung des
Dienstleistungsangebots, nach mehr Aktivitäten auf den Wachstumsmärkten sowie nach
zentraler Koordinierung aller Abteilungen. Der Handelsrat hat vor kurzem die entgeltlichen
Leistungen für die Beratungsaktivitäten eingeführt und weist aktuell einen
Selbstfinanzierungsgrad von 25 % auf.
vertritt. Der Landwirtschafts- und Ernährungsrat besteht aus den Fachverbanden und betreibt
ein parafiskalisches Finanzierungssystem. Organic Denmark fördert den Absatz von
organischen Landbauern in Dänemark. Im Rahmen der Exportförderungsprojekte kooperieren
diese drei Organisationen häufig miteinander. Die Organisationsstruktur der privaten
Exportförderung ist national, die Maßnahmen sind überwiegend produktspezifisch organisiert.
Vermarktungsgebiete sind der Inland- und Auslandsmarkt.
Exportförderung in Österreich
In den letzten Jahren hat sich der ökologische Anbau in Österreich stark entwickelt, gegenüber
dem Jahr 2014 sind die biologisch bewirtschafteten Flächen im Jahr 2015 um 30.000 ha
gewachsen und betragen zurzeit 550.000 ha. Damit werden 20 % der Agrarfläche biologisch
bewirtschaftet.480
Die letzten wirtschaftlichen Entwicklungen sehen für Österreich allerdings nicht so positiv aus.
Im Jahr 2014 lag der gesamte landwirtschaftliche Produktionswert in Österreich bei etwa
6,6 Mrd. Euro, wovon etwa 52 % auf die tierische und 43 % auf die pflanzliche Erzeugung
entfielen.481 Dieses Ergebnis – trotz gestiegener Erntemengen und höherer Milchproduktion –
war das dritte Jahr in Folge rückläufig, wie die Statistik Austria berichtet. Hauptgründe dafür
sind Preiseinbußen für pflanzliche Erzeugung und für Schweine und Rinder, wetterbedingte
niedrigere Erträge im Weinbau sowie nicht genügende Agrarförderungen. Der
durchschnittliche Lohn in der Landwirtschaft sank gegenüber dem Jahr 2013 im Durchschnitt
um 2,4 %, nach einem Rückgang um 10,4 % im Vorjahr.482
Der österreichische Außenhandel mit Agrarprodukten und Lebensmitteln ist dagegen in den
letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Wie Tabelle 15 zu entnehmen ist, waren die
Ausfuhren im Jahr 2015 9,97 Mrd. Euro und die Importe 11,21 Mrd. Euro wert. Somit sind die
landwirtschaftlichen Exporte um etwa 4 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die letzten 6
Jahre ist ein beständiges Wachstum sowohl bei den Einfuhren als auch bei den Ausfuhren zu
beobachten. Generell importiert Österreich mehr landwirtschaftliche Erzeugnisse als es
exportiert. Der wichtigste Handelspartner bleibt dabei der Binnenmarkt. Sein Anteil an den
Agrarexporten betrug im Jahr 2015 76,3 %, im Jahr 2014 76,7 %.
Import Export
Insgesamt geht fast ein Drittel der Agrarexporte Österreichs nach Deutschland. Damit ist
Deutschland der größte Handelspartner für die österreichische Lebensmittelbranche. Italien
nimmt hier mit fast 1,3 Mrd. Euro den zweiten Platz der Importwerte ein. Die wichtigsten
Produkte für den italienischen Markt sind dabei Käse und Butter. Ungarn ist der drittwichtigste
Importeur mit dem Einfuhrwert von ca. 0,3 Mrd. Euro. Von Drittländern ist die USA der
Hauptimporteur vor allem im Bereich alkoholfreie Getränke und Käse, gefolgt von China und
Russland.483
Die wichtigsten österreichischen Exportprodukte laut dem AMA Verband sind Fleisch und
Fleischerzeugnisse, Milch und Milchprodukte (insbesondere Käse) sowie Getränke. Nach
einem leichten Rückgang der Rindfleischexporte 2014 haben die österreichischen
Rindfleischlieferanten im Jahr 2015 fast 10 % mehr als im Vorjahr exportiert. 42.220 Tonnen
Rindfleisch gingen dabei nach Deutschland. 484 Von Käse wurde ca. 60.000 Tonnen im Wert
von 289 Mio. Euro im Jahr 2015 nach Deutschland geliefert. Auch Obst und Gemüse stellen
eine erfolgreiche Exportkategorie im österreichischen Agrarhandel dar und haben fast 10 %
Anteil am gesamten Agrarexport.
Ein anderes wichtiges Exportprodukt für Österreich ist Wein. Im Jahr 2014 ist der Exportumsatz
um 6 Mio. Euro gestiegen und stellte damit einen Umsatzrekord von 145 Mio. Euro dar. Die
Hauptabnehmer sind die USA und Deutschland. Auch der Schweizer Markt entwickelt sich
schnell und so kaufte die Schweiz im Jahr 2015 10 % mehr österreichischen Wein als im
Vorjahr. Neben den Nachbarländern Deutschland und Schweiz wachsen die Importmärkte für
den österreichischen Wein auch in den Niederlanden, Belgien, Dänemark, Schweden,
Norwegen und dem Vereinigten Königreich. 485
Österreichs im Jahre 1995 gegründet mit der Hauptaufgabe, den Absatz landwirtschaftlicher
Erzeugnisse, vorzugsweise für die Bereiche Fleisch und Fleischwaren, Eier und Geflügel,
Milch und Milchprodukte, Obst, Gemüse sowie Bio-Erzeugnisse im In- und Ausland zu fördern.
AMA-Marketing ist die Tochter einer staatlichen Organisation, Marktordnungsstelle AMA und
wird deswegen in dieser Arbeit der staatlichen Exportförderung zugeordnet. AMA betreibt
produktübergreifende Absatzförderung durch den Einsatz von klassischer Werbung,
Verkaufsförderung und PR.
Tabelle 16 zeigt einen Vergleich der erhobenen Beiträge von der Marktordnungsstelle im Jahr
2013 mit den erhobenen Beiträgen in 2014.
Im Jahr 2014 haben die AMA-Gesamteinnahmen in Höhe von 21,28 Mio. Euro erreicht,
einschließlich 3,16 Mio. Euro, die auf die österreichische Wein Marketing GmbH entfallen sind.
Die Summe aller Einnahmen lag im Jahr 2014 bei 230.000 Euro weniger als im Vorjahr. Die
größten Beiträge wurden dabei von den Milchproduzenten erhoben (8,9 Mio. Euro im Jahr
2013 und 9,1 Mio. Euro im Jahr 2014), sowie vom Fleischsektor (insgesamt 6,9 Mio. Euro im
Jahr 2014 und 7 Mio. Euro im Jahr 2013). Dabei sind die Einnahmen des Rindfleisch- und
Schweinefleischsektors durchschnittlich gesunken, während die Milchbeiträge um 211.000
Euro gestiegen sind. Insgesamt waren die Einnahmen für die AMA-Marketing Tätigkeit um
83.000 Euro und für Wein Marketing um 143.000 Euro niedriger als im Jahr 2014.
Darüber hinaus erwirtschaftete die AMA-Marketing GesmbH den Umsatz aus der Abwicklung
von Qualitätsprogrammen, Einnahmen aus Lizenzgebühren, Kontrollkosten und
Konventionalstrafen. Hinzu kommen Einnahmen für die entgeltlichen Leistungen für die
Teilnahme an der Messe und Promotion-Events, die von AMA-Marketing organisiert wurden,
sowie für den Verkauf von Produkten aus dem Web-Shop. Die Summe aus den sonstigen
Einnahmen betrug 2013 fast 3 Mio. Euro.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 193
Die wichtigsten Maßnahmen von AMA-Marketing sind neben der Qualitätskontrolle die
Erstellung von Printmedien und Werbung, die Organisation von B2B-Veranstaltungen,
Öffentlichkeitsarbeit, Marktforschung, Radio,- TV- und Internetwerbung, als auch die
Teilnahme an Messen im Ausland.
Abbildung 36 zeigt hier den prozentuellen Anteil der Aufwendungen für qualitätssichernde
Maßnahmen und Marketingmaßnahmen der AMA-Marketing im Jahr 2013.
2%
Print
2% 8%
18% Kooperationen (Events,
Werkverträge)
7%
Veranstaltungen
6%
Werbematerial
14%
Dabei wird der größte Budgetanteil für die Printmedien verwendet, gefolgt von den Ausgaben
für die Events und Veranstaltungen und dazugehörige Werbematerialien. Auch TV- und Radio-
Werbung haben einen bedeutenden Anteil von 10 % an den Gesamtausgaben. Die
Internetwerbung nimmt hingegen nur 2 % und damit den letzten Platz der Ausgabeliste ein.
Auf regionaler Ebene existieren in den Ländern Tirol, Vorarlberg und Salzburg auch regionale
Absatzförderungsorganisationen. Diese sind vom jeweiligen Bundesland finanziert und haben
ein viel kleineres Budget als AMA-Marketing.
Mitarbeitern auf Landes- und Bundesebene. Die Mitgliedschaft ist freiwillig und kostenpflichtig.
Im Bereich Marketing ist die BIO Austria Marketing GmbH, eine 100-prozentige Tochter des
Verbandes BIO Austria aktiv. Die Tochterfirma wurde 2011 gegründet. Seitdem vergibt sie das
BIO Austria Markenzeichen und unterstützt die Produzenten des biologischen Landbaus am
österreichischen und internationalen Bio-Markt.487 BIO Austria hilft u. a. bei der Findung der
Marktpartner im Lebensmittelhandel, Molkereien, Gastro-Märkten und präsentiert
Mitgliedsbetriebe in unterschiedlichen Medien, wie landwirtschaftliche Medien,
Regionalmedien, TV. Bio Austria unterstützt die Landbauer sowohl aus dem Inland als auch
aus dem Ausland in folgenden Bereichen: Rind-, Schwein-, Geflügel-, Schafhaltung und -
Produktion, Imker, Ackerbau, Grünlandbetriebe, Gemüsebetriebe, Kartoffel- und Obstbau.
Neben dem Bio-Verband gibt es in Österreich als Teile der Wirtschaftskammer Österreich, den
Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie und den Verband der
Fleischwarenindustrie. Diese Verbände vertreten die gemeinsamen Interessen der
österreichischen Lebensmitteilindustrie bzw. Fleischwarenindustrie und sollten ihre Mitglieder
bei der Öffentlichkeitsarbeit sowie in allen wirtschaftsrelevanten politischen Bereichen
unterstützen. Außerdem ist der Verband der Fleischwarenindustrie ein
Kollektivvertragspartner gegenüber den Fachgewerkschaften.
6.9.4 Zusammenfassung
Zusammengefasst hat die Exportförderung in Österreich eine überwiegend staatliche
Verwaltungsstruktur. AMA-Marketing finanziert größtenteils generische Werbemaßnahmen
sowie die Verleihung von Gütesiegeln, die für gute Qualität, eine nachvollziehbare Herkunft
und unabhängige Kontrolle stehen. Österreich ist eines der wenigen Länder, das immer noch
ein staatliches parafiskalisches Abgabesystem aufweist, was allerdings sehr transparent und
nach Äquivalenzprinzip gestaltet ist. Die Finanzmittel werden für diejenigen Branchen
verwendet, aus der sie stammen. In den Jahresberichten von AMA-Marketing sind die
ausführlichen Informationen über die Mittelverwendung zu finden, die allen zugänglich sind.
Der Zwangsbeitrag der Erzeuger für die Finanzierung der Absatzfördermaßnahmen beträgt
etwa 0,3 % des landwirtschaftlichen Produktionswertes. Dadurch können ca. 21 Mio. Euro
jährlich generiert werden. Die staatlichen Zuschüsse machen in diesem Zusammenhang einen
relativ geringen Anteil von etwa 5 % der Gesamteinnahmen von AMA-Marketing aus. In der
Weinbranche ist die Weinmarketing GmbH aktiv, die ebenso ein parafiskalisches Abgabe- und
Finanzierungssystem betreibt. Daneben existiert auch noch eine regionale Absatzförderung
durch einzelne Bundesländer. Etwa 80 % der Mittel für die Absatzförderung werden für
inländische Aktivitäten und ca. 20 % für Maßnahmen von Projekten im Ausland verwendet. Im
Bereich der Exportförderung konzentrierten sich die Marketingaktivitäten vornehmlich auf
Deutschland, Italien, die osteuropäischen Nachbarländer sowie einige weitere Länder.
Ländervergleich
Die Ähnlichkeiten der Förderinstitutionen kann dadurch erklärt werden, dass die
exportierenden KMU in Europa ähnliche Bedürfnisse bei der Exporttätigkeit aufweisen. Die
größten Probleme beim Export, insbesondere in der Anfangsphase sind: schlechte Kenntnisse
des Auslandsmarktes, fehlende Geschäftskontakte vor Ort sowie kleines Marketingbudget für
eigenständige Marketingkampagnen. Dementsprechend sind primäre Ziele der
Exportförderungsorganisationen die Evaluierung des Auslandsmarktes und Bereitstellung von
Marktinformationen sowie finanzielle und/oder organisatorische Unterstützung bei der
Markterschließung. Das Marketingkonzept für die Auslandsmärkte sollte auch praktische
Elemente, wie die Entwicklung der Beziehungen zu potenziellen Importeuren oder zu anderen
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 196
Lieferkanälen im Ausland sowie eine Anpassung der Werbemaßnahmen an die Spezifik des
ausländischen Marktes beinhalten.
Die größten Unterschiede zwischen den Förderungsstrukturen bestehen in der Regel in der
Finanzierungsform (Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge) der jeweiligen Organisation sowie
in deren Größe und vorherrschende Organisationsform (staatlich oder privat). Die
Organisationen mit dem parafiskalischen Abgabesystem verfügen über ein jährliches festes
Budget und dementsprechend über den Handlungsspielraum bei der Maßnahmenumsetzung.
Die Zwangsabgaben werden allerdings aufgrund häufig intransparenter Mittelverwendung
oder -verteilung zunehmend kritisiert. Mehr und mehr Länder verzichten allmählich auf die
Pflichtbeiträge. Die rein staatlichen Akteure der Exportförderung weisen grundsätzlich mehr
finanzielle Mittel für die absatzfördernden Maßnahmen auf, als die privaten
Exportförderungsorganisationen und Fachverbände. Die organisatorischen und inhaltlichen
Maßnahmenorganisationen sowie die Kontrolle über die projektbezogenen Ausgaben liegt
dabei im Verantwortungsbereich des Staates.
Spanien Produktspezifisch AFHSE, Conxemar National und In- und Ausland Freiwillige Beiträge
privat regional
Italien Produktspezifisch Unione Italiana Vini, National und In- und Ausland Freiwillige Beiträge
privat Konsortiums regional
Nieder- Produktübergreifend RVO National Ausland Staatlich
lande
staatlich
Nieder- Produktspezifisch ZuvelNL, OVONED, National In- und Ausland Teilweise
lande PIUMNED (früher parafiskalisch
privat Productschappen) (Productschappen)
Dänemark Überwiegend Handelsrat National Ausland Staatlich und
staatlich produktübergreifend entgeltliche
Leistungen
Dänemark Überwiegend Agriculture & Food National In- und Ausland Parafiskalisch
privat produktspezifisch Council
Österreich Überwiegend AMA-Marketing National In- und Ausland Parafiskalisch
staatlich produktübergreifend
Österreich Produktspezifisch Verband der National Überwiegend Freiwillige Beiträge
privat Fleischwarenindustrie Inland
Die französische SOPEXA, das belgische VLAM Büro, das italienische ICE Institut, das
spanische ICEX Institut, die niederländische RVO NL Agentur, die österreichische AMA-
Marketing GesmbH sowie die deutschen GEFA und das BMEL betreiben eine
produktübergreifende Absatzförderung.
Eine produktspezifische Absatzförderung hingegen
zeigt sich bei dem britischen AHDB, den niederländischen Productschappen sowie bei den
dänischen, österreichischen und italienischen privaten Exportförderungsorganisationen.
Die regionalen Strukturen bei der Exportförderung sind mehr verbreitet in Spanien, Italien und
Belgien. Alle diese Länder sind entsprechend durch starke regionale Gliederung der
politischen Institutionen gekennzeichnet. Die anderen Länder bevorzugen die nationale und
teilweise stark zentralisierte Verwaltung der Exportförderungseinrichtungen.
Was die Finanzierungsart angeht, so sind in den letzten Jahren im europäischen Raum starke
Veränderungen zu beobachten. Die Finanzierungsart kann anhand von Freiwilligkeit zur
Mittelaufbringung unterschieden werden. In vielen Ländern ist die Entrichtung der
Mitgliedsbeiträge gesetzlich auf der Zwangsbasis geregelt. Die Folgen davon sind ein
größeres Budget für die Marketingaktionen, mehr Handlungsspielraum bei der Ausrichtung der
Marketingaktivitäten aber auch tendenziell sinkende Bereitschaft der Unternehmen sich an den
Ausgaben des Gemeinschaftsmarketings zu beteiligen und in einzelnen Fällen sogar
gerichtliche Klagen von der Unternehmensseite. Die parafiskalischen Abgabesysteme
unterlagen in der letzten Periode vielen Änderungen und wurden teilweise maßgeblich
modifiziert.
In Deutschland wurde das parafiskalische Abgabesystem seit der Auflösung der CMA im Jahr
2009 abgeschafft. Nur die Weinfonds finanzieren sich aus steuerähnlichen Abgaben. Die
Weinbranche hat in Deutschland aber keinen hohen Exportanteil und wird deswegen in dieser
Arbeit als nicht repräsentativ für das Gesamtexportförderungssystem angesehen. Im
Vereinigten Königreich werden die parafiskalischen Abgaben zwar immer noch erhoben aber
AHDB wurde im Jahr 2008 von halbstaatlicher in eine rein privatwirtschaftliche
Durchführungsgesellschaft umgewandelt. In den Niederlanden wurden im 2014 wegen
ähnlicher Klagen gegen das parafiskalische Abgabensystem, so wie gegen die CMA in
Deutschland, die parafiskalischen Abgaben auch größtenteils abgeschafft. Dabei haben die
Maßnahmen der Productschappen in den Niederlanden sowie des AHDB im Vereinigten
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 199
In Belgien finanziert sich das VLAM nur zu ca. 50 % aus den Zwangsabgaben. Die
österreichische AMA-Marketing GesmbH sowie die dänische Agriculture & Food Council
betreiben ebenfalls das parafiskalische Abgabesystem. Dabei stellt der dänische Agriculture
& Food Council eine private Initiative dar. Die AMA-Marketing GesmbH ist eine
Tochtergesellschaft der staatlichen Institution AMA, die für die Erhebung die Pflichtbeiträge
von den Unternehmen zuständig ist. Die Mittelverwendung von den Jahresbeiträgen ist sehr
transparent dargestellt und auf der Webseite von AMA-Marketing einzusehen. Die Finanzmittel
in Österreich sollten außerdem für die Branche verwendet werden, aus der sie herkommen.
Es lässt sich somit feststellen, dass das parafiskalische Abgabesystem trotz zahlreicher Kritik
in den europäischen Staaten immer noch verbreitet ist und unter Erfüllung bestimmter
Bedingungen - des Äquivalenz- und des transparenten Haushaltsprinzips, - durchaus positive
Eigenschaften aufweisen kann.
Darüber hinaus unterscheidet sich die Finanzierungsart der Exportförderung nach staatlicher
und privater Finanzierung der Maßnahmen. Agra-Europe stellte in ihrer Studie beim Vergleich
der verschiedenen Gemeinschaftsmarketingsysteme fest, dass in den Ländern mit einer
kleinstrukturierten Landwirtschaft der Staat die meisten Gemeinschaftsmarketingkosten
übernimmt.488 Diese Eigenschaft ist vor allem in den südeuropäischen Ländern wie Italien und
Spanien zu beobachten. Die Exportförderungsstrukturen in Deutschland sind dagegen
größtenteils auf die freiwilligen Beiträge aus der Wirtschaft angewiesen.
In folgender Tabelle sind die notifizierten Beihilfen für Deutschland, Spanien, Italien,
Niederlande, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Dänemark, Österreich und Belgien erfasst,
die einen Bezug auf Absatzförderung, Werbemaßnahmen für Agrarprodukte sowie
Finanzierung der Tätigkeit von den absatzfördernden Strukturen und
Unternehmensverbänden haben. Dabei wird zwischen der Absatzförderung im In- und Ausland
in der Regel nicht unterschieden, da der Exportbezug jeder einzelnen Beihilfe auf Basis der
Kommissionserlasse leider nicht ermittelt werden kann. So werden nur die Gesamtwerte der
Beihilfen erfasst.491
Die untersuchten Beihilfen wurden wie folgt kategorisiert: Name/Code der Beihilfe, Ziel der
Beihilfe, parafiskalische Abgabe (ja/nein), Summe der Finanzierung, Gültigkeit,
Beihilfeintensität und Ausgaben im Jahr 2014.
489 Da es grundsätzlich ein Verbot für Beihilfevergabe in der EU gilt, müssen alle geplanten beihilferelevanten
Maßnahmen von den Mitgliedstaaten förmlich angemeldet ("notifiziert") und von der EU-Kommission
genehmigt werden.
490 Die Forstwirtschaft wurde bei dieser Auswertung nicht berücksichtigt.
491 In einigen Fällen wird ein separater zusätzlicher Anteil im Beihilfebudget für den zusätzlichen Zweck der
Mittelnutzung in den Beihilfen ausgewiesen, z. B. in der Beihilfe N 145/2007 werden als Hauptfördersumme
716 Mio. Euro ausgewiesen, und zusätzlich 97,15 Mio. Euro für die Verwaltungskosten. Diese
Zusatzfinanzierung wird in der folgenden Tabelle nicht mitberücksichtigt.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 201
DEUTSCHLAND
N 477/2007
FRANKREICH
492
Parafiskalische Abgabe.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 202
BELGIEN
VEREINIGTES KÖNIGREICH
SPANIEN
NIEDERLANDE
DÄNEMARK
ÖSTERREICH
Wie Tabelle 18 zu entnehmen ist, werden die meisten Beihilfen für den betrachteten Zeitraum
für folgende Länder notifiziert: Deutschland, Vereinigtes Königreich, Spanien, Italien und
Frankreich (im Durchschnitt jeweils 11 Beihilfen pro Land). Belgien, Niederlande, Dänemark
und Österreich haben dagegen deutlich weniger Beihilfen für diesen Zeitraum erhalten. Dabei
erhoben Frankreich, Vereinigtes Königreich, Dänemark, Österreich, Belgien und die
Niederlande parafiskalische Abgaben von den Unternehmen. Die parafiskalische
Abgabenerhebung erfolgt in der Regel in jeder Branche separat mit teilweise unterschiedlichen
Fördersätzen. Die damit erhobenen Mittel werden nach dem Notifizierungsverfahren für die
Finanzierung der absatzfördernden Maßnahmen für die jeweiligen Branchen verwendet. Die
zu Verfügung stehenden Finanzierungsmittel können die absatzfördernderen Aktivitäten bis zu
100 % (Beihilfeintensität) finanzieren.
Nach der Abschaffung der CMA erhebt Deutschland keine parafiskalischen Abgaben mehr.
Dabei entfallen 12 Mio. Euro jährlich auf eine steuerähnliche Einnahme in der Weinbranche
durch den deutschen Weinfonds (SA 37689 und N 477/2007).
Ein anderes gemischtes Abgabesystem demonstriert Belgien: in der Beihilfe SA 32265 der
Wallonischen Region werden 50 % der Beiträge parafiskalisch von den Unternehmen erhoben
und die anderen 50 % durch staatlichen Zuschuss. Die Beihilfeintensität beträgt dabei 80 %
der Gesamtkosten.
Bei den nicht parafiskalisch erhobenen Beihilfen ist die Beihilfeintensität recht unterschiedlich.
Hier werden vorwiegend Maßnahmen auf dem Binnenmarkt zum 50 %-Satz finanziert und
Maßnahmen in Drittlandmärkten zu 80 %. Bei einigen Beihilfen erfolgen zudem zusätzliche
Erläuterungen für die Mittelverwendung, so wie bei der Beihilfe N 671/2007 und 311/2007, wo
generische Werbemaßnahmen bis 100 % gefördert werden können. In Spanien liegt die
Förderintensität meistens unter dem 50 %-Satz, was zum Teil auf den regionalen strukturell-
fördernden Charakter der Beihilfe zurückzuführen ist. Das nationale Fördersystem (ICEX) ist
im Auslandsmarketing viel präsenter als die regionalen Strukturen dargestellt und verfügt
entsprechend über mehr eigene finanzielle Mittel.
Der finanzielle Umfang der notifizierten Beihilfen in betrachteten Ländern im Zeitraum 2010 bis
2014 wird in nachfolgender Tabelle 19 als Durchschnitt pro Jahr dargestellt:493
493 Beihilfe, die zur Mitte des Jahres beginnen und ca. bis zur Mitte des Jahres gelten werden bspw. so
berechnet: 50 % Finanzierung das erste Jahr, 100 % das zweite Jahr, 50 % das dritte Jahr.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 209
Belgien 5 5 5 3
Der Beihilfeansatz ist bei den neun Ländern sehr unterschiedlich ausgeprägt. Das Vereinigte
Königreich weist mit fast 222 Mio. Euro die höchste durchschnittliche Summe der notifizierten
Beihilfen auf. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das britische AHDB die steuerähnlichen
Abgaben auf ein sehr breites Branchenspektrum angehoben hat. Auch Dänemark, Frankreich
und Italien weisen durchschnittlich den größeren jährlichen Beihilfenwert (von 60 bis 81 Mio.
Euro) als die anderen Länder auf. Während Dänemark und Frankreich ein parafiskalisches
Finanzierungssystem betreiben, erhebt Italien keine Pflichtbeiträge von den Unternehmen.
Das macht Italien zum Land mit dem höchsten genehmigten Beihilfenwert zwischen den EU-
Ländern, die kein parafiskalisches Abgabesystem haben.
Zu der dritten Gruppe, mit dem durchschnittlichen Beihilfenwert von 10 bis 21 Mio. Euro pro
Jahr gehören folgende Länder: Deutschland, Niederlande, Österreich, Dänemark und
Spanien. Die Niederlande, die Nummer eins bei dem europäischen Exportranking, notifizierte
durchschnittlich in den Jahren 2010 bis 2014 20,5 Mio. Euro pro Jahr. Die deutschen und
spanischen Durchschnittswerte liegen jeweils bei etwa 16 und 11 Mio. Euro jährlich, was für
so exportstarke Länder als relativ geringe Summe erscheint (12 Mio. Euro davon werden für
die deutschen Weinfonds notifiziert). Österreich weist dagegen mit fast 20 Mio. Euro jährlich,
trotz einer relativ kleinen Landwirtschaftsstruktur, eine ziemlich hohe Summe an notifizierten
Beihilfen auf. Die Zwangsabgaben für die AMA-Marketing Aktivitäten bilden dabei den größten
Teil der genehmigten Beihilfe. Die Liste schließt Belgien mit durchschnittlich 3 Mio. Euro
Beihilfenwert pro Jahr ab.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 210
Ausgehend von der Tabelle 18 und der Tabelle 4 aus dem Kapitel 2.4.1 wird anhand der
Durchschnittswerte der Beihilfen und der Lebensmittelexporte für den Zeitraum 2010 bis 2014
eine Grafik dargestellt, auf der das prozentuale Verhältnis zwischen den Exportwerten und der
Beihilfenhöhe in den oben betrachteten Ländern zu sehen ist (Abbildung 37):
Beihilfen Exporte
3%
3%
5% 3%
13% 12% 1% 19%
3%
20%
10%
17%
37% 9%
18% 9%
11%
7%
Deutschland Frankreich
Belgien Vereinigtes Königreich
Spanien Italien
Niederlande Dänemark
Österreich
Dabei ist deutlich erkennbar, wie viel die Mitgliedstaaten in die Absatzförderung im
prozentualen Vergleich investieren und wie groß dabei ihr Output ist.494 Das Vereinigte
Königreich hat in den vergangenen 5 Jahren einen relativ hohen Beihilfenwert für die
Absatzförderung notifiziert bekommen, dabei blieben die Exportwerte verhältnismäßig niedrig
(37 % gegen 7 %). Den Niederlanden gelingt im Gegenteil dazu schon seit Jahren, trotz der
niedrigen Beihilfezuschüsse von etwa 3 % des Gesamtwertes, die Spitzenposition bei der
Agrargüterausfuhr zu verteidigen. Auch in Deutschland, Nummer zwei im europäischen
Exportranking, ist der durchschnittliche Wert der notifizierten Beihilfen nach dem Jahr 2010
relativ gering. Den größten Anteil bilden hier nach wie vor die Weinfonds. Vor der Auflösung
der CMA lag der jährliche Beihilfenbetrag in Deutschland bei mehr als 100 Mio. Euro. Belgien
weist in diesem Kontext den niedrigsten Beihilfenwert pro Jahr auf und hat einen
vergleichsweise deutlich größeren Exportanteil als das Vereinigte Königreich, Österreich und
Dänemark, welche vielmehr notifizierte Beihilfen für den untersuchten Zeitraum aufweisen. Die
südeuropäischen Staaten wie Spanien und Italien zeigen hingegen höhere Beihilfenwerte im
494 Die Beihilfen stellen in der Regel viel niedrigen Wert als Exporte dar, deshalb war es nicht möglich auf einer
Grafik die beiden Kategorien bildlich im äquivalenten monetären Vergleich darzustellen. Die beiden Grafiken
sind deswegen im prozentuellen Vergleich dargestellt. 100 % sind jeweils der Gesamtwert der Beihilfen und
der Gesamtexportwert der Länder.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 211
prozentualen Vergleich (jeweils 10 % und 18 %) als der Output (9 % und 11 %).495 Frankreich
gehört hier zur Ländergruppe mit der effektivsten Absatzförderungspolitik, wo der
durchschnittliche Exportwert einen höheren prozentualen Anteil als Beihilfenwert aufweist
(11 % und 17 %).
Ausgehend von den oben dargestellten Grafiken lässt sich feststellen, dass die Höhe der
eingesetzten Beihilfen nicht immer direkten Einfluss auf den Exportertrag hat. Viele Länder mit
relativ hohen Exportumsätzen weisen niedrigere Werte bei den notifizierten Beihilfen auf, als
die Länder, die vergleichsmäßig wenig exportieren. Allerdings ist es genau aus diesem Grund
wichtig, die nicht so erfolgreichen Agrarexportsysteme finanziell zu unterstützen.
Das Ergebnis des Mitteleinsatzes bei der Exportförderung zeigt sich in der Regel nach 1-2
Jahren nach der Durchführung der jeweiligen Maßnahmen. Die Maßnahmenentwicklung und
-umsetzung nimmt viel Zeit in Anspruch. Deswegen wäre in diesem Fall ein direkter In- und
Output Jahresvergleich nicht relevant gewesen. Außerdem spielen noch weitere Kriterien wie
die landwirtschaftlichen Produktionsvolumen, die Produktionskosten, das Gesamtimage eines
Landes sowie der internationale Bekanntheitsgrad der Betriebe eine maßgebende Rolle für
die Effizienzbewertung der Agrarexportförderungspolitik, da jedes Land unterschiedliche
Voraussetzungen für den Agrarexport aufweist. Ebenso beeinflussen die sogenannten De-
minimis Zuschüsse, die einen wesentlichen Teil der Exportförderungspolitik darstellen und in
diesem Kapitel aufgrund der nicht zugänglichen Daten nicht betrachtet werden, das
Gesamtbild des Exportförderungsvergleichs. Die Betrachtung von all diesen Komponenten,
die sehr komplex und sehr schwer zu erfassen sind, gibt eine viel präzisere Effizienzbewertung
vom Mitteleinsatz bei den Absatzförderungsmaßnahmen. In der vorliegenden Arbeit wird
dennoch versucht, mithilfe der verfügbaren Daten und Statistiken einen Überblick über die
Kernelemente der Exportförderungssysteme in die wichtigsten Agrarexportländer Europas
möglichst umfangreich zu analysieren.
Zwischenfazit
495 Spanien hat in letzten Jahren viele Beihilfen für die regionale Absatzförderung beantragt, so dass es nicht
immer direkten Einfluss auf den Exportwert hatte.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 212
Eine weitere Kategorisierung liegt in der Finanzierungsart: In vielen Länder wie Österreich,
Belgien, Vereinigtem Königreich, Dänemark und Frankreich werden die Zwangsabgaben von
den Unternehmen erhoben. Die anderen Länder verwenden dagegen staatliche
Finanzierungsmittel sowie freiwillige Unternehmensbeiträge für die Absatzförderungszwecke.
Dabei ist eine deutliche Tendenz zur Abschaffung der Zwangsabgaben in den europäischen
Ländern in den letzten Jahren zu beobachten. Das parafiskalische Abgabesystem kann jedoch
unter Gewährleistung des Äquivalenzprinzips und des transparenten Haushaltsprinzips bei der
Maßnahmenumsetzung auch langfristig erfolgreich funktionieren, wie man am Beispiel von
Österreich und Vereinigtem Königreich sehen kann.
Nach der Analyse der Exportförderungspolitik in neun europäischen Ländern sind zwei
Ergebnisse doch sehr bemerkenswert: Einerseits lässt sich eine steigende Tendenz zur
Zentralisierung der exportfördernden Aktivitäten mit der Stärkung des staatlichen Anteils an
der Gesamtexportförderung erkennen. Solch eine Tendenz ist vor allem in Ländern wie den
Niederlanden, Spanien, Italien, dem Vereinigten Königreich und Frankreich deutlich zu sehen.
Der Vorteil dieses Models ist, dass die staatliche Regelung und Kontrolle die Unternehmen
entlastet, weil die Kosten und auch die Verwaltungsaufgaben der privaten
Lebensmittelindustrienetzwerke und Produzenten größtenteils auf den Staat übertragen
werden. Andererseits besteht das System der Absatzförderung aus sehr engen
Verflechtungen zwischen den privaten und staatlichen Einrichtungen und Netzwerken.
Besonders kompliziert sind private und staatliche Organisationen im Vereinigten Königreich
und Belgien auseinander zu dividieren. Dieses Phänomen ist damit zu erklären, dass die
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 213
Bei der Betrachtung der Vergleichsanalyse weisen die Niederlande, Deutschland und Belgien
Gemeinsamkeiten in folgenden Punkten auf: Alle drei Länder haben sowohl private als auch
staatliche gut etablierte Exportförderungsstrukturen, die produktübergreifende und
produktspezifische Absatzförderung im gleichen Ausmaß repräsentieren. Die privaten
Organisationen sind dabei in Belgien und in den Niederlanden auch auf dem inländischen
Markt aktiv, während sich die staatlichen Einrichtungen in diesen Ländern nur auf die
Exportförderungsaktivitäten konzentrieren. In Deutschland sind die Maßnahmen sowohl
privater als auch staatlicher Einrichtungen schwerpunktmäßig auf die Exportmärkte
ausgerichtet. In Deutschland und in den Niederlanden sind die Exportförderungsaktivitäten auf
nationaler Ebene verwaltet, während in Belgien die regionalen Strukturen überwiegen. In
Belgien und in den Niederlanden ist die Finanzierungsart 496 durch ein parafiskalisches
Abgabesystem geprägt, während in Deutschland die Finanzierung der Maßnahmen durch die
staatliche Unterstützung sowie durch freiwillige Beiträge aus der privaten Wirtschaft erfolgt.
Das macht das deutsche Exportförderungssystem zum effektivsten von den Ländern, die kein
parafiskalisches Abgabesystem betreiben.
496 Für die Zeitperiode, die für diese Auswertung relevant ist.
Agrarexportförderungssysteme in den europäischen Ländern im Vergleich 214
Bei dieser Vergleichsanalyse werden allerdings weitere Faktoren, wie die Produktionskosten,
die Gesamtentwicklung der Landwirtschaft und der Ernährungsindustrie sowie die anderen
Voraussetzungen für den Export nicht berücksichtigt. Deutschland ist das
bevölkerungsreichste Land in der EU mit einer sehr gut entwickelten Wertschöpfungskette im
Bereich Ernährung. Die Niederlande haben eine sehr günstige für den Export geografische
Lage sowie ein hohes Niveau an technologischen Entwicklungen innerhalb der Landwirtschaft.
Die Bedeutung der Landwirtschaft in Belgien ist regional abhängig und wird heutzutage in
zunehmendem Maße durch Vergrößerung, Diversifizierung, Modernisierung und Ausweitung
gekennzeichnet. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung aufgrund der schwierigen
Datenerfassung aller Systemelemente beziehen sich allerdings nur auf messbare und
vergleichbare Komponenten.
Evaluierung des Exportförderungssystems in Deutschland 215
Aufgrund der hohen Komplexität der Exportförderungspolitik in der EU wurden in den vorigen
Kapiteln mehrere Ansätze verwendet um die wichtigsten Bestandteile der
Agrarabsatzförderung möglichst vollständig zu evaluieren. Der Ländervergleich, welcher auf
Basis der Gemeinschaftsmarketingkriterien durchgeführt wurde, sowie der Vergleich der
finanziellen Unterstützung der Exportförderung in den Mitgliedstaaten wird im folgenden
Kapitel durch die systematische Beurteilung der Agrarabsatzförderungspolitik anhand der
Interviews mit den Experten aus dem Exportförderungsbereich in Deutschland ergänzt.
Dazu werden zunächst die theoretischen Grundlagen zum Begriff des Experteninterviews
erläutert (Kapitel 7.1). Darauffolgend wird ein Überblick über die wesentlichen Bestandteile der
Evaluierung der Experteninterviews gegeben und die Ergebnisse der Experteninterviews
zusammen mit den vorliegenden Untersuchungen der Exportförderungspolitik evaluiert
(Kapitel 7.2). In einem weiteren Schritt wird - aufbauend auf den erarbeiteten theoretischen
und praktischen Erkenntnissen - werden die praktischen Handlungsempfehlungen und
Verbesserungsvorschläge zusammengefasst (Kapitel 7.3).
Experteninterview Definition
Im Brockhaus wird der Begriff Interview wie folgt definiert: „Eine gezielte Befragung von
Personen (Informanten) durch einen Interviewer zur Ermittlung allgemein sachlicher oder
personenbezogener Informationen“497.
Reumann erwähnt dagegen eine andere Funktion des Interviews, er bezeichnet das Interview
als „nicht nur eine Darstellungsform, sondern auch eine Methode des Recherchierens“498.
Demzufolge ist das erste Ziel des Interviews die Informationsbeschaffung. Interviews werden
deswegen in der Praxis häufig als eine Recherche-Methode angewandt, wenn es um sehr
komplexe Fragen geht499 oder wenn es an weiteren Informationsquellen mangelt.
Ein Experteninterview unterscheidet sich vom einfachen Interview darin, dass hier vielmehr
über das Objekt des eigentlichen Interesses geht: den Experten. Die Definition des Experten
beinhaltet die lateinische Sprachwurzel „expertus: erprobt, bewährt“, was von einem Verb
herkommt, nämlich „experiri: prüfen, ausprobieren“. Der Experte ist also jemand, der über
praktisches Wissen verfügt und/oder als Sachverständiger oder Fachmann charakterisiert
werden kann. Der Expertenbegriff stellt den Wissensaspekt in den Vordergrund.500
Bogner, Littig und Menz verstehen unter Experten Personen, „die sich – ausgehend von einem
spezifischen Praxis- oder Erfahrungswissen, auf einen klar begrenzbaren Problemkreis
beziehen – die Möglichkeit geschaffen haben, mit ihren Deutungen das konkrete
Handlungsfeld sinnhaft und handlungsleitend für Andere zu strukturieren.“501
Durch die Experteninterviews können die praktischen Folgen eines Ereignisses besonders
genau aufgezeigt werden, z. B. um Beschlüsse in der Politik in Frage zu stellen sowie
alternative Handlungspläne zu bereits getroffenen Entscheidungen zu finden.502
In der vorliegenden Arbeit werden die Experten aus der Exportförderung in Deutschland mit
dem Ziel befragt, sowohl theoretische Fragen zur Untersuchung der Exportförderung zu
beantworten als auch das praxiswirksame Wissen zu teilen. Dabei wurde explizit nach ihren
Handlungsorientierungen, ihrer Erfahrung und ihren Einschätzungen der deutschen
Exportförderungspolitik gefragt um die praktische Wirksamkeit der Arbeit zu erhöhen. Die
Experteninterviews wurden dabei nicht als einzige Erhebungsmethode angewandt, sondern
übernehmen eher eine ergänzende Funktion. So werden wichtige Begründungen und
Zusammenhänge des Exportförderungssystems und deren Funktion mithilfe von
Experteninterviews vollständiger erarbeitet und evaluiert.
Da es für die Auswertung von Experteninterviews noch kein kanonisiertes Verfahren gibt,503
wird in der vorliegenden Arbeit versucht alle Antworten der Experten zu analysieren und
miteinander zu vergleichen. Meuser und Nagel verstehen unter dem zentralen Ziel der
Auswertungsstrategie, das „Überindividuell-Gemeinsame“ aus den Interviews zu finden und
zu untersuchen.504 So wird auch hier versucht, gemeinsam geteilte Inhalte und Meinungen
zum Thema Exportförderungspolitik von den Fachexperten aus staatlichen Einrichtungen und
privaten Organisationen zusammenzufassen sowie die Unterschiede und kontroverse
Anhaltspunkte aufzuführen.
Zunächst wird ein Überblick über die wesentlichen Bestandteile der Evaluierung gegeben.
Die Evaluation wird in fünf Untersuchungsbestandteile gegliedert, die den Rahmen für die
Analyse der Exportförderung bilden:
1. Wirksamkeit der Exportförderung. Hier wird die Erreichung der Ziele der
Exportförderungspolitik in Deutschland bewertet sowie die Verteilungseffekte zwischen
den Unternehmen verschiedener Größen analysiert. Ebenso wird geprüft, ob die
Strategie der Exportförderung die Wünsche und Bedürfnisse der gesamten Wirtschaft
sowie anderer Akteure berücksichtigt.
2. Ökonomische Effizienz der Exportförderung. Hier wird das Verhältnis von eingesetzten
Mitteln zu erzielten Wirkungen untersucht.
3. Beurteilung der Verflechtung von Politik und Wirtschaft. Hier werden die Ergebnisse
der Zusammenarbeit vom BMEL und privaten Exportförderungsstrukturen evaluiert
und geprüft, inwieweit Potenziale für die Kooperation zwischen staatlicher und privater
Ebene genutzt werden.
4. Beurteilung der Interaktion der EU- und der nationalen Ebene der Mitgliedstaaten. Hier
wird die neue europäische Exportförderungsstrategie aus Sicht der deutschen
Experten evaluiert und die möglichen Gründe für die nicht so aktive Teilnahme
Deutschlands an den EU-Förderungsaktivitäten genannt.
5. Wirkung auf Nachhaltigkeit der Landwirtschaft. Hier werden die Meinungen der Experte
zum Thema Landwirtschaft, Agrarhandel und Nachhaltigkeit präsentiert.
Danach wird geprüft, ob bei der Umsetzung der Aktivitäten Potenziale für die
Effizienzsteigerung vorhanden sind. Es werden zudem die konkreten Handlungsempfehlungen
erfasst.
Zu den messbaren Kriterien der Wirksamkeit und der Zielerreichung des deutschen staatlichen
Exportförderungsprogramms gehören entsprechend die positiven Wirkungen, welche durch
die Maßnahmen des Auslandsförderprogramms aufgetreten sind, wie z. B. die Zahl der
Anbahnung neuer Geschäfte im Ausland nach der Teilnahme an entsprechenden
Informationsveranstaltungen. Bei der Zielerreichungsanalyse durch die Evaluierung des
Programms zur Förderung der Exportaktivitäten der deutschen Agrar- und
Ernährungswirtschaft, die im Auftrag von der BLE erstellt wurde, waren die aufgetretenen
Effekte, die durch die Inanspruchnahme von Maßnahmen des Exportförderungsprogramms
entstanden sind, im Mittelpunkt der Untersuchung. Als zentraler Indikator der Zielerreichung
wurden die Geschäftsanbahnungen und -abschlüsse, die durch das Exportförderprogramm
erzielt wurden, verwendet.506 Die Ergebnisse der Umfrage im Rahmen der Evaluierung des
Programms haben gezeigt, dass:
Die Ergebnisse der Evaluierung haben gezeigt, dass das staatliche Exportprogramm des
BMEL seit seiner Einführung im Jahr 2010 gut implementiert ist und einen relativ hohen Grad
zur Zielerreichung aufweist. Das Programm existierte während Evaluierung erst seit 4 Jahren,
weshalb die Analyse der Erreichung der langfristigen Ziele, wie Schaffung der neuen
Arbeitsplätze im Agrarbereich oder Umsatzsteigerung der Agrarunternehmen, nicht
durchführbar war. Die kurzfristigen Ziele, wie der hohe prozentuelle Anteil der Anbahnung der
Geschäfte während der Aktivitäten oder Verbesserung des Informationsstands der
exportierenden Unternehmen in Deutschland, wurden erreicht. Somit wurden auch die
Der Vertreter des BMEL hat im Interview die Zielerreichung ebenfalls als sehr hoch
eingeschätzt. Ein Verbesserungspotenzial besteht hier vor allem bei der Erhöhung des
Bekanntheitsgrads des BMEL Programms bei den exportorientierten Unternehmen und
entsprechend in der Steigerung der Teilnahmezahl an den exportfördernden Aktivitäten.
Die befragten Experten aus der privaten Wirtschaft sind im Wesentlichen davon überzeugt,
dass auch die privaten Exportförderungsorganisationen der Agrar- und Ernährungsindustrie
ihre Ziele größtenteils erreicht haben. Die GEFA hat die geplante konsequente Gliederung und
Finanzierung ihrer Projekte nach Fachbereichen in der Praxis umgesetzt. Auch die bei dem
parafiskalischen Abgabesystem fehlende Mitbestimmung und Äquivalenz haben die privaten
Organisationen der Exportförderung in Deutschland mittlerweile erreicht. Die aktuellen
Exportförderungsaktionen werden von den Marktteilnehmern selbst entschieden und
größtenteils auch verwaltet. Ein Kritikpunkt seitens der privaten Wirtschaft besteht darin, dass
einige gewünschte Wirtschaftsaktivitäten, wie Listungsgespräche, Promotionsaktionen und
einige Messebeteiligungen noch nicht förderfähig durch den Staat sind.
Was die Verteilungseffekte angeht, sind sich alle Fachexperten einig, dass am meisten die
KMU von den Agrarexportförderungsmaßnahmen profitieren. Viele KMU könnten sich die
Teilnahme an den Messen oder an Aktivitäten im Ausland ohne finanzielle und/oder
organisatorische Unterstützung von den Exportförderungsorganisationen gar nicht leisten. Die
Ergebnisse der Umfrage der Evaluierung des Exportförderprogramms haben gezeigt, dass
von ca. 6000 exportrelevanten Unternehmen aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft in
Deutschland mit den Unternehmen, die Maßnahmen des BMEL-Exportförderprogramms in
Anspruch genommen haben, ergibt sich eine Ausschöpfungsquote von etwa 8,5 %.509 Was die
Unternehmensgröße anbelangt, so zeigte die Evaluierung, dass die KMU am meisten die
Services des Programms genutzt haben und, dementsprechend, davon profitiert haben. 510 Die
kleinen Unternehmen können auch indirekt davon profitieren, wenn ein großes Unternehmen
aus derselben Branche mit sehr hohem internationalen Bekanntheitsgrad an der
Messeteilnahme am gleichen Gemeinschaftsstand ausstellt. Die großen Firmen haben einen
Anziehungseffekt auf die Messebesucher und die kleineren Nachbaraussteller können hier die
Möglichkeit nutzen, auf sich aufmerksam zu machen. Sicherlich ziehen auch die
umsatzstärkeren Unternehmen aus der Teilnahme an gemeinschaftlichen Marketingaktivitäten
Vorteile.511 Laut der Expertenmeinung können alle Unternehmen der Branche von den
Exportförderungsaktivitäten in der Hinsicht profitieren, dass das Image des ganzen Landes bei
den internationalen Marketingkampagnen verbessert wird. Auch der Staat erzielt hier aus
langfristiger Perspektive gewisse Vorteile: so werden die Unternehmen mehr Arbeitsplätze in
ländlichen Räumen schaffen und ihre Steuerkraft sichern. Die Verbraucher können insofern
profitieren, dass sie mehr Auswahl an den im Ausland hergestellten Lebensmitteln zu
wettbewerbsfähigen Preisen in den Supermärkten haben.
Der monetäre Beihilfevergleich hat gezeigt (siehe Kapitel 6.10.2), dass Deutschland sich im
Vergleich mit den anderen europäischen Ländern hinsichtlich der Fördersätze eher im
mittelmäßigen Bereich befindet. Gleichzeitig weist das Land eine relativ hohe ökonomische
Effizienz der Exportförderungsmaßnahmen auf. Die Experten haben die ökonomische
Effizienz der Förderpolitik in Deutschland trotz eher geringer staatlicher Finanzierung ebenso
insgesamt als sehr hoch eingeschätzt. Die Experten aus der privaten Wirtschaft vertreten
allerdings die Meinung, dass die ökonomische Effizienz der Maßnahmen besonders hoch ist,
wo der Anteil der privaten Wirtschaft bei der Gestaltung der Aktivitäten mindestens 50 %
beträgt. Die Aufgabe des Staates ist es in diesem Fall, die Unternehmen mit den Fördermitteln
so zu unterstützen, dass eigene Mittel der Unternehmen in die Verbesserung der
Produktionsprozesse fließen können und nicht in die Exportförderungsaktivitäten.
Die Kritiker der staatlichen Programme behaupten jedoch, dass das gleiche Projekt
mehr Vorbereitungszeit, Organisationsaufwand und finanzielle Mittel in Anspruch nimmt, wenn
es ausschließlich von der staatlichen Seite organisiert wird. Das kann dadurch erklärt werden,
dass die öffentlichen Einrichtungen weniger praktische Erfahrung in den Exportfragen als die
Unternehmen haben und deswegen nicht alle Bedürfnisse der Wirtschaft sofort erkennen
können. Staatliche Organisationen verfügen über mehr finanzielle Mittel als die privaten
Unternehmensverbände und beantragen meistens für die Maßnahmenumsetzung eine
Durchführungsgesellschaft, während die privaten Organisationen die Aktionen häufig selbst
organisieren müssen. Das spiegelt sich vor allem in einem Rückgang von Transaktionskosten
der privaten Wirtschaft wieder sowie in einem besseren Schutz vor opportunistischem
Verhalten der beteiligten Akteure.
Ein anderer Kritikpunkt für die öffentlichen Einrichtungen ist der häufige Ansatz der
generischen Werbung und als Folge, eine schlecht nachzuweisende Effektivität der
Werbemaßnahmen. Laut den Experten ist ein universaler Werbungsansatz bei allen Branchen
weniger effizient als der branchenspezifische Ansatz. Die Firmen aus unterschiedlichen
Sektoren der Agrarwirtschaft haben häufig verschiedene Bedürfnisse bei der Exportförderung.
Beispielsweise weisen die Weinindustrie und die Milchbranche sehr unterschiedliche
Produktlebenszyklen und Lieferbedingungen auf. Zudem werden häufig unterschiedliche
Zielgruppen bei den Marketingaktivitäten der beiden Sektoren angesprochen. Die
branchenspezifischen Veranstaltungen haben meistens die gleiche Zielgruppe und sind in der
Regel fokus- und zielgruppeorientierter.
Bei der näheren Betrachtung der Komplexität aller Aspekte kann jedoch behauptet werden,
dass die beiden Richtungen der Exportförderungspolitik eine wichtige Rolle bei der
Exportförderung in Deutschland spielen und vor allem kooperierend sehr viel erreichen
können. Zu den Verantwortungsgebieten von staatlichen Stellen gehören außer
Absatzförderungsaktivitäten die Maßnahmen zur Sicherung des Marktzugangs, wie
Vereinbarung zu Veterinärzertifikaten, phytosanitären Zeugnissen sowie Unterstützung beim
Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse. Die private Wirtschaft kann den zuständigen
Behörden die Exportzielmärkte signalisieren und den Weg für die Politik bei der Ausrichtung
der Maßnahmen angeben. Sowohl Vertreter privater Wirtschaft als auch Vertreter des
Ministeriums haben zudem erwähnt, dass die Kontaktstellen für die deutschen Unternehmen
in den wichtigsten Zielmärkten zurzeit fehlen. Andere europäische Länder, wie auch früher die
CMA, haben zahlreiche Vertretungen im Ausland, was die Organisation von Maßnahmen vor
Ort erleichtert sowie den Komplexitätsgrad der Prinzipal-Agent-Beziehungen wesentlich
reduziert. Eine gemeinsame Gründung solcher Kontaktstellen für die deutsche Wirtschaft im
Ausland stellt ein weiteres beachtliches Kooperationspotential für die privaten und staatlichen
Organisationen dar.
Die meisten Experten waren sich auch während der Interviews einig, dass die Kommunikation
und die Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Organisationen und privaten
Fördereinrichtungen in Deutschland mittlerweile gut funktioniert. Alle Beteiligten führen offene
Gespräche und besprechen während regelmäßiger gemeinsamer Projektsitzungen die
Projektvorschläge der Wirtschaft. Es wurde ein Kritikpunkt im Interview mit den privaten
Branchevertretern erwähnt, was die Antragstellung, Abwicklung und Abrechnung über die
Durchführungsstelle BLE der vom Staat kofinanzierten Projekte angeht. Dies erfordert einen
hohen administrativen Aufwand, was in diesem Zusammenhang ein entscheidendes
Kontraargument für die privaten Organisationen gegen die Antragstellung beim
Zuwendungsbereich im BMEL darstellen könnte. Die weiteren Anmerkungen waren
angesichts gewünschter höherer Flexibilität bei der Ausgestaltung der Maßnahmen sowie der
Höhe der Fördersätze vertreten. Gewünscht von der privaten Seite sind auch die Förderungen
Evaluierung des Exportförderungssystems in Deutschland 222
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die staatlichen und die privaten
Exportförderungsstrukturen der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Deutschland einen hohen
Verflechtungsgrad im Bereich der Exportförderungsmaßnahmen aufweisen.
7.2.4 Beurteilung der Interaktion zwischen der EU- und nationaler Ebene
Bei den Fragen zur Interaktion zwischen der EU und den Mitgliedstaaten waren die Aussagen
der Experten sowohl aus privaten Organisationen als auch vom Ministerium eher
zurückhaltend. Die Interaktion zwischen der EU und der nationalen Ebene der Mitgliedstaaten
bei der Exportförderungspolitik funktioniert vor allem bei der Überwindung der nichttarifären
Handelshemmnisse mit Drittländern gut. Auch bei den Veterinär- und Inspektionsreisen
arbeitet die EU eng mit den Mitgliedstaaten zusammen. Was die Interaktion bezüglich
nationaler Agrarexportförderungsaktivitäten der Mitgliedstaaten angeht, ist sie kaum
wahrnehmbar. Die Vertreter der Agrarförderungsorganisationen müssen allerdings die
Bestimmungen des Beihilferechts bei der Durchführung der Aktivitäten beachten.
Das andere Interaktionsfeld, wo das Potenzial für eine enge Zusammenarbeit zwischen der
EU-Regierung und Mitgliedstaaten sehr hoch ist, ist das EU-Exportförderungsprogramm.
Die Erwartungen der Experten an das neue EU-Programm, was Ende 2015 in Kraft getreten
ist, bleiben allerdings, trotz zahlreicher Änderungen, unverändert gering. Die Gründe für die
nicht so aktive Teilnahme Deutschlands an den von der EU geförderten Aktivitäten sind laut
den Experten folgende:
1. Generischer Charakter der Maßnahmen. Die fehlende Markenpräsenz ist für viele
Firmen ein entscheidendes Kriterium für die Nicht-Teilnahme an den Aktivitäten. Bei
Mehrländer-Programmen wird zudem das Herkunftsland zu dezent akzentuiert. Die
geschützten Herkunftsbezeichnungen sind dagegen erlaubt, was aber eher für die
südeuropäischen Länder relevant ist, die bereits den Ursprung der Erzeugnisse im
Namen tragen und international bekannt sind.
2. Teilweise sehr aufwendige Antragsverfahren. Insbesondere im Falle der Mehrländer-
Programme steigt der Vorbereitungsaufwand bei begrenzten Erfolgsaussichten (50 %
von Ablehnungen laut der EU-Kommission). Dazu sollten die Firmen noch mit dem
nationalen Ausschreibungsverfahren als Vorauswahl rechnen, was in der Regel 6
Monate dauert.
Evaluierung des Exportförderungssystems in Deutschland 223
Auch die veränderten Verbrauchsgewohnheiten in Europa werden als Ursache für die
Exportentwicklung genannt. Die Importe von Lebensmitteln spielen eine wichtige Rolle, vor
allem aus Sicht der europäischen Verbraucher. Sie sind an die abwechslungsreiche
Ernährung, die aus Produkten aus verschiedenen Ländern und Kontinenten besteht, schon
lange gewohnt.
Dazu kommt, dass die europäischen Länder, darunter Deutschland, sehr gute
Voraussetzungen für die Nahrungsmittelerzeugung aufweisen: gutes Klima, ertragreichen
Boden, gut entwickelte Technik und Know-how. Bei einer wachsenden Bevölkerung trägt
Evaluierung des Exportförderungssystems in Deutschland 224
Zusammengefasst, vertreten die Experten die Meinung, dass der steigende Agrarhandel eher
positive Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit und eine stabilisierende Wirkung auf die
Marktentwicklung hat und so zu einer Verringerung des Hungers in der Welt beiträgt, sowie
die Vielfalt des Angebots an Lebensmitteln für die Verbraucher ermöglicht. Zudem unterstützt
der Agrarabsatzförderung in gewissen Maßen die Nachhaltigkeit, weil die Agrarprodukte dort
angebaut werden, wo die besten Bedingungen dafür geboten werden.
Die Exportförderung spielt eine sehr wichtige Rolle für den internationalen Agrarhandel. Die
deutsche Exportförderung ist durch eine Vielzahl an Akteuren gekennzeichnet, die
unterschiedliche Organisationsformen, Anreizstrukturen und Entscheidungsverfahren haben
und koordiniert werden müssen. Die Koordination der verschiedenen Akteure erfolgt in
Deutschland durch das Instrument der gegenseitigen Information. 515 Im Rahmen von
gemeinsamen Treffen werden die Kompetenzen und Zuständigkeiten für bestimmte
Auslandsmärkte und Förderungsprojekte zwischen dem Ministerium und den Vertretern der
privaten Förderorganisationen aufgeteilt. Dabei entsteht ein Bedarf der privaten Akteure nach
staatlichem Kapital und ein Bedarf der staatlichen Organisationen nach einer
Beratungsunterstützung durch die Wirtschaft. Dies fördert Tendenzen zu öffentlich-privaten
Kooperationen und Netzwerken, die am Beispiel des Zuwendungsbereichs des BMEL
beobachtet werden.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die traditionelle Trennung von Hierarchie und
Markt mittlerweile weniger strikt verläuft.516 Als Folge kann der Wechsel der Organisationsform
relevanter Akteure der Exportförderung in Europa von staatlichen zu privatrechtlichen genannt
werden. Die Motive für die Änderung der Organisationsformen liegen sowohl in der
Verbesserung der internen Kontrollmechanismen und in der Erhöhung der Transparenz über
die Mittelverwendung als auch in der nachhaltigen Stärkung der Interessensvertretung von
Unternehmen bei der Maßnahmenumsetzung. Privatisierung bedeutet für die
Förderorganisationen Steuerung durch die mitgliedschaftlich strukturierten
517
Unternehmensorganisationen und Änderung des Entscheidungsverfahrens von
hierarchisch-administrativ zur Entscheidungsfindung durch Abstimmungen. Außerdem werden
die Förderaktivitäten vermehrt über den Preismechanismus koordiniert.
Die staatlichen oder staatlich geförderten Unternehmen haben auf der einen Seite häufig den
Vorteil eines vereinfachten Zugangs zu den finanziellen Mittel sowie Kreditmöglichkeiten und
können dementsprechend ihre Aktivitäten etwas langfristiger planen. Auf der anderen Seite
hängt ihr Überleben häufig von den Beziehungen zu den zentralen politischen Akteuren und
derer Unterstützung ab.518 Die allgemeinen Fragen zur relativen Effizienz der Erbringung der
öffentlichen Leistung durch den privaten oder staatlichen Sektor werden ausreichend in der
wirtschaftlichen Literatur diskutiert. Die meisten empirischen Studien zeigen, dass die privaten
Firmen häufig einen höheren Wirkungsgrad erreichen, während die privatisierten öffentlichen
Einrichtungen gemischte Ergebnisse aufweisen. Acemoglu und Robinson betonen die
politischen Konsequenzen der Privatisierung der öffentlichen Einrichtungen. Effiziente, gut
gemeinte Privatisierungsprogramme können allerdings manchmal alte Miet- und politische
Verhältnisse zerstören und in einigen Fällen sogar kontraproduktiv werden.519 Die Funktionen
und Anreizsysteme der öffentlichen Einrichtungen können für die Durchführung durch den
privaten Sektor zu komplex werden. Auch die Transaktions- und Verwaltungskosten sind für
die privaten Unternehmen manchmal zu hoch. 520
Die Befürworter der privaten Organisationsstrukturen behaupten, dass die Vertreter der
privaten Wirtschaft im Rahmen der Exportförderung über eine stark ausgeprägte
Anreizstruktur verfügen, die einen effizienten Ressourceneinsatz voraussetzt. Sie können
somit ein bedarfsorientiertes Angebot mit einer flexiblen Gestaltung der Aktivitäten den
Unternehmen bieten. Die staatliche Organisationsform bietet dagegen aufgrund der größeren
finanziellen Ressourcen sowie von mehr Öffentlichkeitswirksamkeit bei der
Maßnahmenumsetzung mehr Handlungsspielraum.
Fest steht, dass jedes Land eine Vielfalt an institutionellen Regelungen benötigt, um mit den
unterschiedlichen Marktsituationen und Entwicklungsphasen der Wirtschaft
zurechtzukommen. Es besteht außerdem ein Bedarf nach weiteren empirischen
Untersuchungen, um den Zusammenhang zwischen den politischen Institutionen und den
ökonomischen Ergebnissen zu verstehen und einen besseren Einblick in bestimmte
institutionelle Kombinationen und innenpolitische Rahmenbedingungen der Agrarbranche zu
erhalten.
Die wichtigsten staatlichen Akteure der deutschen Exportförderung sind das BMEL und die
BLE, von der privaten die Branchenexportförderungsorganisationen. Direkte
Vertragsbeziehungen zwischen den Unternehmen und den Exportförderungsakteuren
bestehen nicht, was in einigen Fällen zu einer unzureichenden Einbeziehung der
Privatwirtschaft in die Entscheidungsprozesse auf der politischen Ebene führt. Die Interessen
der Unternehmen werden allerdings über private Akteure – die jeweiligen mitgliedschaftlich
organisierten Branchenverbände – vertreten. Bei der Entscheidungsfindung auf
supranationaler Ebene vertreten die Dachorganisationen die Interessen der deutschen
Unternehmen, was die vertragliche Distanz zu den Unternehmen erhöht. 521
Aus Sicht der praktischen Auswertung der Exportförderung wurde die Zusammenarbeit
zwischen den staatlichen und privaten Akteuren von den Experten insgesamt als konstruktiv
eingeschätzt, auch wenn die Antragsverfahren für staatliche Fördermittel etwas zügiger
ausgestaltet werden könnten. Die Diskussionen zwischen dem Ministerium und den privaten
Unternehmensnetzwerken über die gemeinsamen Projekte und Maßnahmen sowie über die
Kompetenzaufteilung im Exportförderungsbereich erfolgen in regelmäßigen Abständen. Die
Entscheidungsfindung im Rahmen gemeinsamer Besprechungen von privaten und
öffentlichen Netzwerkmitgliedern erfolgt durch Verhandlungen.
Hier ist zu erwähnen, dass eine zu starke Verbindung zwischen den staatlichen und privaten
Akteuren der Exportförderung nicht nur eine Verbesserung der Effizienz der Exportförderung,
sondern auch ein erhöhtes Risiko für Korruption zur Folge hat. Budäus und Grüb beschreiben
diese Tendenz folgendermaßen: „Je starker Vertrauen und wechselseitige Abhängigkeiten
privater und öffentlicher Partner vorliegen, verbunden mit fehlender oder unzulänglicher
öffentlicher Kontrolle, desto stärker wächst die Gefahr und Tendenz zur Korruption“.522 In
diesem Zusammenhang sollte der Status quo im Rahmen der gemeinsamen
Maßnahmenplanungen beibehalten werden.
Der Grad der Zielerreichung und der Wirksamkeit des staatlichen Exportförderungssystems in
Deutschland sowohl von den Experten als auch von den Unternehmen im Bericht „Evaluierung
des Programms zur Förderung der Exportaktivitäten der deutschen Agrar- und
Ernährungswirtschaft“ als sehr hoch eingestuft. Laut der Evaluierung des
Exportförderprogramms waren zwei Leistungen für die Erreichung der Ziele der
Exportförderungspolitik sehr bedeutsam: Zum einen hat das Exportförderungsprogramm zur
Steigerung der Bekanntheit der deutschen Produkte im Ausland wesentlich beigetragen, zum
anderen konnten mehr als 43 % der deutschen Unternehmen, die daran teilgenommen haben,
ein Geschäft anbahnen bzw. abschließen.
In Anbetracht der Tatsache, dass Deutschland nach der CMA-Auflösung im Jahr 2009 das
Exportförderungssystem komplett neu aufbauen musste, sind die Exportförderungsstrukturen
im Agrar- und Ernährungsbereich, trotz eines bestehenden Optimierungspotenzials, gut
Über das neue EU-Exportförderungsprogramm ist die Meinung der Experten jedoch etwas
differenzierter. Die Hauptgründe dafür sind eine fehlende Markenpräsenz bei den
Werbekampagnen, ein hoher administrativer Aufwand bei der Antragstellung sowie ein
erhöhtes Haftungsrisiko. Es bestehen für die EU-Akteure nur unzureichende Anreize, die
Bedürfnisse der Lebensmittelunternehmen in der EU aus praktischer Sicht zu analysieren und
das Exportförderungsprogramm an deren Bedürfnisse anzupassen. Das
Exportförderungsangebot wird außerdem unabhängig von den Anforderungen einzelner
Mitgliedstaaten konzipiert.
Praktische Handlungsempfehlungen
1. Die vorhandene Struktur der Exportförderung kann grundsätzlich beibehalten und
weiterentwickelt werden. Der relativ hohe Zielerreichungsgrad, die gute
Zusammenarbeit zwischen der Politik und Wirtschaft, die Wirksamkeit der
Maßnahmen sowie die Spitzenposition Deutschlands bei der Vergleichsanalyse der
europäischen Exportförderungssysteme (siehe Kapitel 6) weisen auf eine hohe
Effizienz des aktuellen Exportförderungssystems in Deutschland hin.
2. Die Antragstellung und die Abrechnung der Projekte der privaten Wirtschaft im
Zuwendungsbereich des BMEL könnte vereinfacht und verkürzt werden. Die
Vertreter der privaten Wirtschaft sind zurzeit mit einem relativ hohen
administrativen Aufwand bei der Antragstellung konfrontiert. Vonseiten der privaten
Wirtschaft wird auch eine höhere Flexibilität bei der Maßnahmengestaltung im
Zuwendungsbereich gewünscht. Weiterhin wird eine Beschleunigung der
Förderverfahren erhofft. Lange Bearbeitungszeiten beeinflussen die Zahl der
Anträge der privaten Wirtschaft sowie die Höhe nicht abgerufener Mittel negativ.
3. Das Spektrum der möglichen Maßnahmen im Zuwendungsbereich könnte breiter
sein. Besonders relevant sind für die Unternehmen zurzeit die Kofinanzierung von
absatzfördernden Aktionen in den Supermärkten („Deutsche Wochen“ im Ausland),
sowie die Förderung sogenannter Listungsgespräche, wobei Einkäufer aus den
ausländischen Supermarktketten gezielt zu den Treffen mit den deutschen
Produktherstellern eingeladen werden.
Evaluierung des Exportförderungssystems in Deutschland 228
523 Die Repräsentanz der Fleischwirtschaft und Milchindustrie in Peking wird vom
Bundeslandwirtschaftsministerium kofinanziert.
Evaluierung des Exportförderungssystems in Deutschland 229
Ausbildungsalternativen angeboten werden. Zum Teil wird diese Lücke mit dem
BMEL-Mentoring-Programm und vonseiten der privaten Wirtschaft mit dem
Exportmanagement eines IHK-Zertifikatslehrgangs, der in Kooperation mit der
German Meat GmbH, Export-Union für Milchprodukte e. V., German Sweets e. V.,
GEFA e. V. und IHK Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein entstanden ist,
bereits geschlossen. Es besteht allerdings ein weiterer Angebotsbedarf in diesem
Feld.
12. An der praktischen Maßnahmenplanung und -umsetzung von staatlicher Seite
sollten sich auch Unternehmensverbände sowie Unternehmen aktiv beteiligen. Die
staatliche Exportförderung wird häufig dafür kritisiert, dass sich die Maßnahmen
nicht genug an den Interessen der Unternehmen orientieren. Zum Teil betrifft diese
Aussage auch die praktischen Aspekte der Maßnahmenumsetzung wie die Termin-
und Reisedauerplanung und die Zielgruppenauswahl für die Veranstaltungen auf
dem Zielmarkt. Die Unternehmen wünschen sich größtenteils ein sehr kompaktes
und intensives Programm und haben eine genaue Vorstellung von den potenziellen
Kunden vor Ort. Die Unternehmensverbände können deswegen das
Reiseprogramm häufig effektiver gestalten als die Mitarbeiter der staatlichen
Organisationen. Nach jeder Maßnahmendurchführung sollte ein Feedback mit
Verbesserungsvorschlägen für die Aktivitäten sowohl von der Privatwirtschaft als
auch von den staatlichen Einrichtungen in schriftlicher Form (evtl. in einem
standardisierten Umfrageformat) eingereicht werden. So könnte eine
kontinuierliche Evaluation der Maßnahmen erfolgen, die zur Reduzierung des
Risikos von opportunistischem Verhalten während der Maßnahmenumsetzung
sowie zur Verbesserung des Programms beitragen könnte.
13. Die Exportförderungsprogramme sollten sich auf die wichtigsten Maßnahmen für
die Wirtschaft konzentrieren. Die Evaluierung des Förderprogramms des BMEL hat
gezeigt, dass die Maßnahmen mit der höchsten prozentualen Teilnahmequote die
Geschäftsreisen sind. Unter den Maßnahmen der privaten Wirtschaft sind vor allem
die Kontaktveranstaltungen auf dem Zielmarkt sowie die Messebesuche im
Ausland sehr gefragt. Aktivitäten, bei denen die Firmenvertreter persönlich mit den
potenziellen Kunden/Importeuren sprechen können, gewinnen somit an Bedeutung.
Die anderen Maßnahmen wie Marktstudien, Schulungen und Seminare sollten eher
einen begleitenden Charakter haben. Somit sollte der Schwerpunkt auf einer
Qualitäts- und nicht auf einer Quantitätsverbesserung der Maßnahmen gelegt
werden.
14. Die Treffen zwischen den Wirtschafts- und Politikvertretern sollten zukünftig öfter
und regelmäßiger stattfinden. Beide Seiten haben sie als besonders wichtig und
effektiv eingeschätzt. Der Kreis der teilnehmenden Unternehmensverbände konnte
vergrößert werden, um diesen Dialog um weitere Interessengruppen zu erweitern.
15. Die privaten Exportförderungseinrichtungen sollten nach weiteren
Finanzierungsmöglichkeiten suchen. Deutschland erweist sich als ein Land mit
Evaluierung des Exportförderungssystems in Deutschland 231
8 Schlussbetrachtung
Vor dem Hintergrund der Bewältigung eines verschärften Wettbewerbs und einer gestiegenen
Komplexität des internationalen Agrar- und Lebensmittelmarktes als zentrale
Herausforderungen für die europäischen Agrar- und Lebensmittelproduzenten war die
Entwicklung verschiedener Exportförderungssysteme der Ausgangspunkt für die Dissertation.
Das Ziel war der Vergleich der Exportförderungssysteme in den neun europäischen
Agrarexportnationen Frankreich, Belgien, Niederlande, Spanien, Italien, Österreich,
Vereinigtes Königreich, Dänemark und Deutschland sowie die systematische Würdigung eines
erfolgreichen Exportförderungssystems in Bezug auf folgende Kriterien: Wirksamkeit,
ökonomische Effizienz, Wirkung auf Nachhaltigkeit, Interaktion auf der EU- und
Mitgliedstaatenebene sowie die Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft. Eine weitere
Aufgabe dieser Arbeit war, auf der Basis des Vergleichs der europäischen
Exportförderungssysteme sowie der Analyse der rechtlichen Grundlagen der EU-
Exportförderungspolitik, die Kluft zwischen dem praktischen Handlungsbedarf und der
bestehenden Exportförderungspolitik im Binnenmarkt zu erfassen und praktische
Handlungsempfehlungen für die Exportförderung zu entwickeln.
Dazu wurden zunächst die Begriffe „Wertschöpfungskette Ernährung“, Agribusiness sowie die
Besonderheiten des Agrarmarktes vorgestellt. Die theoretische Untersuchung dieser
Themenfelder wies zahlreiche Verflechtungen und Abhängigkeiten zwischen allen Akteuren
der Wertschöpfungskette Ernährung und der Agrarpolitik auf. Die aktuellen
Agrarmarkttendenzen zeigen langfristig niedrige Marktpreise und steigenden
Konkurrenzdruck. Dabei wird die Bedeutung der Agrar- und Lebensmittelexporte deutlich.
Damit die europäischen KMU Zugang zu den ausländischen Märkten erhalten, wurden viele
sowohl staatliche als auch private gemeinschaftliche Exportförderungsinitiativen entwickelt,
die eine Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Unternehmen und
Exportförderungseinrichtungen voraussetzen. Die Zweckmäßigkeit solcher Kooperationen
ergibt sich durch die zahlreichen wirtschaftlichen Vorteile der Netzwerke, wie etwa Kosten- und
Zeitvorteile, Qualitätssteigerung sowie den Wettbewerbsvorsprung der
Netzwerkunternehmen.
Voraussetzung für den Vergleich der Exportpolitiken der EU-Staaten war die Entwicklung von
ganzheitlichen Kriterien, in die die Exportförderungssysteme der Mitgliedstaaten eingeordnet
werden können, sodass die Systeme vergleichbar werden. Als Grundlage des
Systemvergleichs, der verschiedene Strategien und Managementansätze verbindet, wurden
die Kriterien des Gemeinschaftsmarketings und der Institutionenökonomik herangezogen.
Anhand dieser Kriterien konnten die geografische Ausrichtung der Maßnahmen, die
Organisationsform, inhaltliche Organisationsschwerpunkte, die Produktabdeckung der
Aktivitäten sowie die Finanzierungsstrukturen der Exportförderungspolitik in neun
europäischen Mitgliedstaaten miteinander verglichen werden.
Die Systemuntersuchung zeigt, dass es eine sehr große Anzahl an verschiedenen staatlichen
und privatrechtlichen absatzfördernden Organisationen in der EU gibt. Die staatlichen
Organisationen beschäftigen sich neben der Exportförderung mit der Abschaffung von
Handelshemmnissen und verfügen in der Regel über mehr finanzielle Mittel für die
Exportförderungsmaßnahmen. Die privaten Organisationen sind dafür mehr praxisorientiert
und kostenbewusst. Sie werden häufig von den exportierenden Unternehmensnetzwerken
verwaltet und erfüllen eine wichtige komplementäre Funktion. In Spanien, Italien und
Österreich dominiert die staatliche Struktur. In den anderen Ländern kommen beide
Strukturarten in etwa gleich häufig vor.
Grundsätzlich neigt die Mehrheit der EU-Staaten zur Zentralisierung der exportfördernden
Aktivitäten durch die Stärkung des staatlichen Anteils an der Gesamtexportförderung. Der
Vorteil dieses Modells ist, dass die staatliche Finanzierung und Kontrolle die Unternehmen
entlastet, weil die Kosten und die Verwaltungsaufgaben bei den Exportförderungsaktivitäten
größtenteils auf den Staat übertragen werden. Der Nachteil ist, dass der Staat zum wichtigsten
Entscheidungsträger der Exportförderung wird und dass die private Wirtschaft nicht so viel
Einfluss auf die praktische Umsetzung der Fördermaßnahmen hat. In der Regel übernimmt
der Staat mehr Gemeinschaftsmarketingkosten in den Ländern mit einer kleinstrukturierten
Agrarbranche sowie in den südeuropäischen Staaten Spanien und Italien. Die deutsche
Exportförderung ist im relativ hohen Maße auf die freiwilligen Anträge aus der Wirtschaft
angewiesen.
Ausgehend von diesem Vergleich kann eine Tendenz zum starken Ausbau der
Exportförderungsstrukturen in allen oben betrachteten Ländern erkennbar werden. In den
Globalisierungszeiten kann dieses Ereignis sowohl als positiv, wie auch negativ betrachtet
werden. Einerseits wird hier die Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen Länder und der
europäischen Wirtschaft insgesamt verstärkt. Andererseits besteht die Gefahr einer starken
Konkurrenz zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Agrarexportförderungspolitik, was
einen höheren Mitteleinsatz und administrativen Aufwand seitens der Mitgliedstaaten erfordert.
524 In den Niederlanden wurde das parafiskalische System erst 2015 abgeschafft. Die Ergebnisse der
Vergleichsanalyse in dieser Arbeit basieren deswegen auf den Daten des niederländischen
Zwangsabgabensystems.
Schlussbetrachtung 236
Anhang
Interview mit Holger Hübner, Geschäftsführer der GEFA e. V. (German Export
Food Association for Food and Agriproducts e. V.)
1. 7 Jahre nach der CMA-Auflösung und seit der GEFA Gründung. Welche Ihrer
damaligen Hoffnungen haben sich realisiert? Welche Erwartungen haben sich
dagegen nicht erfüllt?
Holger Hübner: Realisiert wurde die branchenbezogene Ausrichtung der GEFA, das heißt die
konsequente Gliederung und Finanzierung nach Fachbereichen. Das bedeutet, dass
branchenbezogene Aktivitäten der GEFA (z. B. für Obst und Gemüse) auch zu 100 % durch
den zuständigen Fachbereich finanziert werden.
Nicht im gewünschten Maße erfüllt haben sich die Erwartungen an die Exportförderungspolitik
des zuständigen BMEL. Die Exportförderprojekte erfordern hinsichtlich der Antragstellung,
Abwicklung und Abrechnung über die Durchführungsstelle BLE einen sehr hohen
Administrationsaufwand, den zahlreiche Mitglieder eher scheuen.
Ebenfalls hätten wir erwartet, dass die von der Wirtschaft gewünschten Aktivitäten, wie
Listungsgespräche, Promotionsaktionen und/oder Messebeteiligungen außerhalb des
Auslandsmesseprogramms des BMEL förderfähig gewesen wären. Das ist leider nicht der Fall.
2. Deutschland ist eine der weltweit führenden Nationen im Bereich Agrar- und
Lebensmittelexport, welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach dabei die Exportförderung?
Holger Hübner: Die Exportförderung spielt schon eine sehr wichtige unterstützende Rolle, vor
allem für die Hauptzielgruppe der kleinen und mittelständischen Unternehmen der deutschen
Agrar- und Ernährungswirtschaft. Allerdings bewegt sich die deutsche Exportförderung im EU-
Vergleich auf einem kleineren bis mittleren Niveau. Die Hauptleistung wird also aktuell von den
exportierenden Unternehmen selber erbracht.
3. Wie eng sollte die Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den privatwirtschaftlichen
Initiativen bei der Exportförderung sein und wie zufrieden sind Sie mit der aktuellen
Exportförderungspolitik vom BMEL? Wo könnte die Politik die Unternehmen mehr
unterstützen?
Holger Hübner: Der Staat sollte grundsätzlich die Bereiche fördern, die von den KMU alleine
nicht umgesetzt werden können. Unsere KMU sind vor allem in strukturschwachen Regionen
angesiedelt und sichern dort Arbeitsplätze, zu einem sehr hohen Prozentanteil übrigens für
Frauen. Sehr gut in diesem Sinne ist aktuell die Unterstützung des BMEL von
Unternehmerreisen, wie Markterkundungsreisen, Geschäftsreisen und
Informationsveranstaltungen mit Kontaktbörsen sowie bei Marktstudien.
Die Förderung fehlt aktuell bei der Umsetzung von Listungsgesprächen, bei
Promotionsaktionen und bei Auslandsmessebeteiligungen außerhalb des
Auslandsmesseprogramms des BMEL. Darüber hinaus werden Kontaktstellen für die
deutschen exportorientierten Agrar- und Ernährungswirtschaften in den wichtigsten
Anhang 239
Exportzielmärkten (10-12) sehr schmerzlich vermisst. Die Referenten des BMEL können diese
Funktion so nicht wahrnehmen, da sie sehr viele politische Aufgaben umzusetzen haben.
Holger Hübner: Private Exportförderungsinitiativen können den Förderbedarf aus Sicht der
Wirtschaft, und hier vor allem den Bedarf seitens der KMU, aufzeigen und somit verdeutlichen,
welche Exportbestrebungen die Unternehmen alleine im Wettbewerbsumfeld der
ausländischen Mitbewerber nicht umsetzen können bzw. wo sie Unterstützung benötigen.
Somit können die zuständigen Exportorganisationen diesen Bedarf signalisieren und die Politik
bei ihrer Ausrichtung beraten. Alles Weitere liegt in der Verantwortung der Politik.
Staatliche Stellen sind darüber hinaus insbesondere für die Sicherung des Marktzugangs
erforderlich, als bei der Vereinbarung zu Veterinärzertifikaten, phytosanitären Zeugnissen und
beim Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse. Das kann die Wirtschaft nicht leisten und
zunächst müssen Handelsbarrieren beseitigt werden, damit Exportaktivitäten überhaupt
stattfinden können. Die Wirtschaft kann hier dem zuständigen Ministerium Schwerpunkte für
die relevanten Exportzielmärkte vorgeben und dieses natürlich bei der Umsetzung
unterstützen.
Holger Hübner: Die Erwartungshaltung an das neue Programm ist trotz begrüßenswerter
Änderungen unverändert gering. Die Gründe für die aktuell sehr geringe Inanspruchnahme
aus Deutschland sind:
Die Kernaussage aller Aktivitäten muss die europäische Botschaft und/oder die Aussagen zu
geschützten Herkunftsbezeichnungen oder zu besonderen gesundheitlichen Vorzügen sein.
Handelsmarken können dagegen nur mit einem Platzanteil bis zu 5% einbezogen werden,
wenn gleichzeitig mindestens fünf abgebildet werden. Damit erscheinen die abgebildeten
Handelsmarken (gewollt) im Umfeld aller Werbeaussagen deutlich unterrepräsentiert.
Damit erscheint die kommunikative Herausstellung vor allem für generische Aussagen oder
für Schutzverbände geeignet, die bereits den Ursprung der Erzeugnisse im Namen tragen,
selbst international bekannt sind und die über ihre Schutzmarke über eine Alleinstellung für
eine Gruppe von Herstellern am Markt verfügen (Parmaschinken).
2. Antragsverfahren, da sind folgende Punkte wichtig:
• mehr-Länder-Programme im Drittland als Schwerpunkt der neuen Politik genannt;
• ein starkes Auswahlverfahren mit „mindestens 50 % Ablehnungen“ geplant (heute
nochmals ausdrücklich betont);
• Bewertung der Anträge durch externe Experten, Ranking der eingegangenen Anträge
ohne die (frühere) Möglichkeit, der Nachbesserung der Programme.
Anhang 240
Für die Antragstellung sind somit hohe Vorleistungen (ein hohes Abstimmungs-Procedere bei
Mehr-Länder-Programmen) erforderlich und das mit begrenzten Erfolgsaussichten.
3. Nationale Ausschreibungsvorgaben
Die nationalen Ausschreibungsvorgaben gelten für Antragsteller weiter. Bei einem großen
Maßnahmenvolumen wird für deutsche Antragsteller schnell die Grenze für EU-weite
Ausschreibungen überschritten (207.000 Euro). Laut BLE ist für ein derartiges Verfahren mit
einer Dauer von circa sechs Monaten zu rechnen.
Seit dem 04. Februar 2016 sind die Antragsunterlagen verfügbar, am 18.03.2016 erfolgte die
Vorstellung und Erläuterung der Antragstellung in Brüssel. Somit war der Antragstermin zum
28.04.2016 bei Verpflichtung zur EU-weiten Ausschreibung nicht mehr zu schaffen.
Das Antragsverfahren soll vereinfacht werden und nur noch über die CHAFEA gehen und nicht
mehr so detailliert wie bisher erfolgen. Damit steigt gleichzeitig die Verantwortung beim
Antragsteller (Vorschlagende Organisation). Werden Maßnahmen im Nachhinein von der
Kommission nicht anerkannt, wird eine Strafzahlung von 100 % veranlasst.
Bei einer fiktiven Kampagne über 1 Mio. Euro werden bspw. 100.000 Euro nicht anerkannt.
Somit würden deren Rückzahlung plus 100.000 Euro Strafzahlung eingefordert, also 200.000
Euro. Das ist ein hohes Risiko für kleinere Vereine und die eher kleineren Schutzverbände in
Deutschland.
Potenzielle Antragsteller müssen somit zeitlich weit im Voraus in Vorleistung und damit in eine
ganz erhebliche Vorfinanzierung gehen. Muss z. B. eine EU-weite Ausschreibung erfolgen, ist
mit der Entwicklung des Kommunikationskonzeptes praktisch ein Dreivierteljahr vorher zu
beginnen. Das führt zu folgenden Ergebnissen:
• plant z. B. ein Schutzverband eine selbst vorschlagende Organisation zu sein,
muss sie ganz erheblich in das personelle Know-how und finanziell investieren;
• wird geplant eine dritte vorschlagende Organisation zu beauftragen, entstehen
größere finanzielle Aufwände;
• bei der durchführenden Stelle (Agentur) muss weit im Voraus in Vorleistung
gegangen werden und im Falle der Nicht-Genehmigung natürlich honoriert werden.
6. Die Agrarwirtschaft wird zunehmend aufgrund schlechter Auswirkungen auf die Umwelt
kritisiert. Auch die aktive europäische Agrarexportpolitik steht bei NGOs häufig in der
Kritik. Welche Argumente halten Sie den Kritikern entgegen?
Holger Hübner: Zunächst einmal gehen die Landwirte mit ihrem Boden und mit ihren Tieren
sehr verantwortungsvoll um. Dabei halten sie sich an die geltenden gesetzlichen
Rahmenbedingungen.
Oftmals wird der falsche Eindruck erweckt, man könne mit früheren Kleinststrukturen
bäuerlichen Wirtschaftens eine idyllische Landwirtschaft umsetzen. Dem ist nicht so. Heute
stellen sich die Landwirte nach dem Abbau der EU-Subventionen ebenso dem Markt wie alle
Anhang 241
7. Nun zur aktuellen Situation auf dem europäischen Agrarmarkt: Das Russlandembargo,
der Preisabsturz in der Milch- und Fleischwirtschaftsbranche. Was werden Sie dem
wachsenden ökonomischen und innenpolitischen Druck in der Agrarpolitik in den
Krisenzeiten entgegenhalten?
Holger Hübner: Die exportorientierte Wirtschaft hat, zusammen mit dem zuständigen BMEL,
ein Paket für geförderte und rein wirtschaftsfinanzierte Exportaktivitäten für 2017
verabschiedet. Dieses konzentriert sich verstärkt auf attraktive Drittlandmärkte.
Diversifizierung der Exporte in Drittlandmärkte ist mehr denn ja das aktuelle Gebot der Stunde.
8. Wie zufrieden sind Sie mit der finanziellen Unterstützung der Exportförderung in
Deutschland und wie würden Sie die ökonomische Effizienz der Agrarexportförderung
beurteilen?
Holger Hübner: Die Exportförderung leistet einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der
exportorientierten Unternehmen. Die finanzielle Größenordnung und die Fördersätze sind
jedoch im europäischen Vergleich eher Mittelmaß.
Die ökonomische Effizienz beurteile ich immer bei den Aktivitäten sehr gut, wo die Wirtschaft
einen mindestens fünfzigprozentigen Anteil trägt.
9. Wer profitiert am meisten von den Effekten der Exportförderung? Kann man von
politischer Legitimität der Exportförderungspolitik sprechen?
Holger Hübner: Am meisten profitieren KMU. Darüber hinaus kann man sagen, dass auch
das Image von „Made in Germany“ durch einen großen Strauß an Aktivitäten weiter sehr positiv
aufgeladen wird, was wiederum allen deutschen Unternehmen zugutekommt.
10. Ein Blick in die Zukunft: wie schätzen Sie die Perspektive der deutschen
Ernährungsbranche im Hinblick auf den Export in den nächsten 5-10 Jahren ein?
Welche Maßnahmen seitens der Exportförderungspolitik müssen getroffen werden, um
die Spitzenposition im Export weiter zu behalten?
Holger Hübner: Die deutsche Ernährungsbranche wird auch in den kommenden Jahren ihren
Spitzenplatz unter den führenden Export- und Importnationen behaupten. Sie ist mit sehr gut
ausgebildeten Mitarbeitern, einer auf Innovationen und neue Technologien ausgerichteten,
aber auf wichtigen traditionellen und regionalen Rezepturen basierenden sowie auf hohe
Qualitäts- und Sicherheitsstandards sowie auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Produktpolitik für
die Zukunft sehr gut aufgestellt.
Dabei müssen wir uns noch stärker auf neue zukünftige Wachstumsmärkte der Welt, wie z. B.
in Afrika, Asien und Südamerika konzentrieren, ohne die heimischen und die bereits
bestehenden Absatzmärkte aus dem Auge zu verlieren. Im Vordergrund aller Aktivitäten steht
dabei die Intensivierung des Abbaus tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse, durch die
Politik. Ohne einen freien Marktzugang kann die Wirtschaft ihre Exportbemühungen kaum
ausdehnen.
Anhang 242
Interview mit Dr. Hermann Josef Schlöder, Leiter des Referates 424
"Absatzförderung, Qualitätspolitik", Ministerialrat, Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
1. Herr Dr. Schlöder, im September 2010 wurde das Programm zur Förderung der
Exportaktivitäten der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft vom BMEL ins Leben
gerufen. Wie würden Sie die Zielerreichung des Programms insgesamt beurteilen?
Was könnte man noch verbessern?
Dr. Hermann Schlöder: Nach gewissen Schwierigkeiten haben wir eine ziemlich gute
Zielerreichung geschaffen, besonders im Hinblick auf die Beteiligung von KMU erreicht. Was
wir noch verbessern könnten ist der Bekanntheitsgrad des Programms, weil viele
Unternehmen unser Angebot noch nicht kennen.
2. Deutschland ist eine der führenden Agrarexportnationen weltweit, welche Rolle spielt
dabei die Exportförderungspolitik? Welche sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten
Maßnahmen der heutigen Agrarexportförderung?
Dr. Hermann Schlöder: Wir sind Nummer 3 beim Agrarexport und auch Nummer 3 beim
Agrarimport. Der Agrarexport ist in den letzten Jahren ständig gewachsen - auf etwa 68,5 Mrd.
Euro Umsatz geschätzt - und die Exportförderungspolitik spielt dabei eine große Rolle - da
komme ich auch auf die erste Frage zurück, - insbesondere für die KMU. Wir müssen viele
KMU bei Exportbemühungen unterstützen, sie mit dem Export vertraut machen, damit sie
dauerhaft überleben können. Ein wichtiger Punkt ist, dass sich viele Unternehmen in ländlichen
Räumen befinden und dass sie die Wirtschaftskraft auch im ländlichen Raum erhalten können.
Ohne unsere Förderung (und das haben auch die Evaluiere festgestellt525) würden viele von
diesen Unternehmen das nicht schaffen. Eine zentrale Maßnahme wäre die Information über
andere Auslandsmärkte, sehr umfassender Art und zwar einmal allgemein durch Marktstudien
und Seminare sowie auch individuell durch die Möglichkeit der Teilnahme an den
Unternehmerreisen und die gezielte Vermittlung von Ansprechpartnern. Häufig führen diese
Treffen auch zu direkten Vertragsabschlüssen. Was wir jetzt auch zusammen mit einem
Exportfachverband eingeführt haben, ist das Coaching oder Mentoring Programm wo die
Unternehmen auf den Exportmarkt vorbereitet werden. Das ist eine relativ neue Maßnahme
und das war auch eine Empfehlung von Evaluier.
3. Welche Systeme der anderen EU-Nationen sind aus Ihrer Sicht erfolgreich in der
Exportförderung und warum?
Dr. Hermann Schlöder: Ich stelle fest, dass andere EU-Nationen gewisse Aktionen
durchführen, die wir nicht machen, die ich aber auch nicht für besonders sinnvoll halte (z. B.
sehr teure Verkaufsförderaktionen oder plakative und sehr aufwendige
Imageveranstaltungen). Deutschland versucht ähnliche Aktivitäten im kleineren Rahmen zu
gestalten, was ich mit unseren Fachverbänden abstimme. Unsere Maßnahmen sind aber noch
525 Somit wird die „Evaluierung des Programms zur Förderung der Exportaktivitäten der deutschen Agrar- und
Ernährungswirtschaft“ von Dr. C. Becker, E. Leopold, Dr. A. Galich, angefertigt im Auftrag vom BMEL,
gemeint.
Anhang 243
nicht so in die Tiefe etabliert, wie wir das gerne hätten.526 Aber ich beobachte immer die
Tätigkeiten unseres Wirtschaftsministeriums und stelle fest: wir bewegen uns auch in die
richtige Richtung. Ein anderer wichtiger Punkt für uns ist die Messeförderung: Das
Auslandsmesseprogramm ist hier eine wichtige Säule, welche dieses Jahr auch finanziell
aufgestockt wurde (vom 5,3 Mio. Euro auf 7,3 Mio. Euro).
4. Wie eng sollte die Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den privatwirtschaftlichen
Initiativen bei der Exportförderung sein und wie zufrieden sind Sie mit der Tätigkeit des
Zuwendungsbereichs des BMEL zurzeit?
Dr. Hermann Schlöder: Die Zusammenarbeit sehe ich als sehr gut an. Wir haben sehr offene
Diskussion mit der Wirtschaft, auch über die Möglichkeiten oder die Projekte, die wir gerne
umsetzen würden, es jedoch aus rechtlichen Gründen nicht machen können. Wir befinden uns
in einem sehr engen, fast permanenten Gespräch mit der Wirtschaft. Man kann die
Kommunikation natürlich immer noch intensiver gestalten, aber inzwischen ist die
Zusammenarbeit wirklich sehr eng. Die Tätigkeit des Zuwendungsbereichs kann ich
inzwischen auch als sehr gut einschätzen. Aber da hoffe ich, dass wir in diesem Bereich die
Kenntnisse über das System so vertiefen und verbessern, dass der Zuwendungsbereich sich
noch erweitert. Da zählt auch das Engagement der Wirtschaftsverbände mit, das hoffentlich
mit der Zeit größer wird. Nächstes Jahr haben wir ein paar größere Projekte, da scheint jetzt
also auch eine größere Dynamik reinzukommen.
Dr. Hermann Schlöder: Die EU hat zwei Elemente: zum einen die Exportförderung und zum
anderen die Informationen, die sich mehr auf den Binnenmarkt richten. Meine Erwartungen
sind in dem Falle jedoch sehr gering, was unsere Teilnahme an dem neuen EU-Programm
angeht. Dies liegt daran, dass das EU-Programm nach wie vor äußerst bürokratisch ist, sehr
hohe Hürden aufweist und von der Ausgestaltung her einen sehr generischen Charakter hat,
den wir eigentlich versuchen zu vermeiden. Als Hemmschwelle erscheint die fast komplett
fehlende Markenpräsenz bei den Aktionen. Die Unternehmen fragen sich natürlich: warum
sollte ich den Teil der Leistungen bezahlen, wenn ich hauptsächlich für die EU werbe. Ein
anderer wichtiger Punkt, was vielleicht auch ein deutsches Spezifikum ist, dass die
Unternehmen sehr vorsichtig bei der Haftungsübernahme sind. Wenn bei einer sehr präzisen
Prüfung von Ausgaben ein Fehler festgestellt wird, dann werden Riesenbeträge
zurückgefordert. Bei den anderen Mitgliedstaaten springt z. B. manchmal der Staat bei den
Rückförderungen ein. Deutschland stellt dieses Jahr drei Anträge, ob sie beschieden werden,
wissen wir erst im Oktober. Aber ich weiß, dass andere Mitgliedstaaten deutlich höhere
Förderaktivitäten angemeldet haben. Ob da ihre Erwartungen erfüllt werden, ist noch unklar.
Es gibt die Mitgliedstaaten, die nach wie vor eine ähnliche Absatzförderungsstruktur wie früher
bei der CMA haben. Wo auch eine institutionelle finanzielle Unterstützung entsprechend so
ausgestaltet ist, dass die Unternehmen viel leichter aktiv werden können, als in Deutschland,
mit freiwilliger Kofinanzierung von Projekten. In solchen Ländern können die Unternehmen
relativ kurzfristig entscheiden, ob sie das Geld für ein bestimmtes Projekt der EU geben oder
nicht. Da ist es sicherlich von der Institutionsstruktur etwas einfacher. Ein parafiskalisches
Abgabesystem ist in diesem Fall hilfreich. Es gibt auch in Deutschland Überlegungen, ob wir
auch in der Milchbranche eine ähnliche Branchenorganisation aufbauen, aber da sind wir noch
in der Anfangsphase unserer Überlegungen.
6. Wie würden Sie in diesem Zusammenhang die Interaktion zwischen der EU-Politik und
den Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene im Bereich Agrarexportförderung beurteilen?
Dr. Hermann Schlöder: Ich habe was unsere Exportagrarförderung und auch das
Messeprogramm angeht praktisch keine Interaktion. Wir haben Interaktionen bei der
Überwindung der nichttarifären Handelshemmnisse (Veterinärfragen, bilaterale
Vereinbarungen). Bei der Organisation der EU-Delegationsreisen kommunizieren wir auch eng
miteinander, wenn z. B. Herr Hogan527 mit der Wirtschaftsdelegation EU in bestimmten
Märkten unterwegs ist. Solche Reisen werden auch von der deutschen Repräsentanz
begleitet.
Bei der Agrarexportförderung müssen wir natürlich die Bestimmungen des EU-Beihilferechts
beachten, damit es nicht irgendwann zu einer Rückförderung an die Unternehmen oder die
Verbände kommt. Deswegen machen wir auch viele Projekte auf De-minimis Basis. Andere
Projekte, wie Marktstudien, die ins Internet gestellt werden, gelten nicht als
wettbewerbsverzerrend, weil alle Zugriff darauf haben.
Dr. Hermann Schlöder: Die ganzen Zusammenhänge werden bei dieser Frage oft übersehen.
Man sieht häufig im Agrarexport einen Anreiz die Produktion zu steigern, wo dann wirkliche
negative Umwelteinflüsse als Folge eintreten. In Wirklichkeit ist es aber so, dass der Export
eine Folge der gestiegenen Produktion ist, die aber aus ganz anderen Erwägungen gestiegen
ist, nämlich aus betriebswirtschaftlichen Kostenvorteilen. Der Export tritt hier als ein wichtiger
Absatzbereich ein. Und es gibt noch einen wichtigen Aspekt, den man gar nicht oft genug
betonen kann: Im Bereich Fleisch steigt zwar nicht die insgesamte Nachfrage, jedoch die
Nachfrage nach bestimmten Teilstücken sich immer stärker ausprägt. Die Produzenten
versuchen z. B. das Hänchenbrustfilet oder magere Schweinefleischstücke in ausreichender
Menge zu produzieren. Die anderen Teilstücke, die nicht zu stark oder gar nicht nachgefragt
werden, können sie nicht vernichten. Das wissen Sie auch aus Ihrer Tätigkeit, dass in anderen
Weltregionen diese Teilstücke eine Spitzenwertschätzung genießen. Das ist also eine Folge
erstens von der Produktion, zweitens von den veränderten Verbrauchsgewohnheiten. Um die
negative Umweltwirkung zu verhindern, muss man mit der Verbesserung von
Produktionsprozessen anfangen. Deutschland wird aber auch noch künftig exportieren
müssen aus einen oder anderen genannten Gründen.
8. Wie zufrieden sind Sie mit der finanziellen Unterstützung der Exportförderungspolitik in
Deutschland? Wie würden Sie die ökonomische Effizienz der Exportförderungspolitik
beurteilen?
Dr. Hermann Schlöder: Ich muss zufrieden sein, weil bis jetzt die finanziellen Mittel beim
Exportförderungsprogramm BMEL nicht ganz abgerufen wurden. Bei dem Messeprogramm,
wo die Mittel ganz abgerufen wurden, sind sie aufgestockt worden. Im Vergleich zu den
anderen Mitgliedstaaten scheint mir dies in dem Zusammenhang nicht besonders effizient zu
sein. An den Absatzfördermaßnahmen sehe ich auch, dass sehr viel Geld verschwendet wird.
Wir können bspw. auf den Spitzenkoch auf der Messe verzichten, hat das keinen Einfluss auf
den Export.
Nicht bis zum Ende abgerufene Mittel können in diesem Zusammenhang auch mit dem
fehlenden Bekanntheitsgrad des Programms zusammenhängen (Frage eins). Es kann auch
weitere Gründe geben: Manchmal ist das Veterinärabkommen noch nicht fertig und man
benötigt für diesen Absatzmarkt noch keine Absatzfördermaßnahmen für Fleisch
durchzuführen, wenn es noch kein Veterinärzertifikat gibt. Die ökonomische Effizienz der
Exportförderungspolitik, wenn ich sie rein an der Exportentwicklung messe, ist sehr hoch. Ich
bin mir jedoch sicher, dass wir auch ohne Exportförderung, vielleicht nicht so erfolgreich wären,
aber durchaus auch erfolgreich. Wir können damit den Preis nicht beeinflussen, aber der Preis
ist nach wie vor ein ganz zentrales Kriterium für die Wettbewerbsfähigkeit von Produkten.
9. Wer profitiert am meisten Ihrer Meinung nach von den Effekten der Exportförderung?
Kann man von politischer Legitimität der Exportförderungspolitik sprechen?
Dr. Hermann Schlöder: Ich würde sagen am meisten profitieren die KMU. Ich höre oft nach
unseren Projekten das Feedback der Verkaufsmanager, dass es eine wichtige Maßnahme für
sie war und dass sie diese ohne uns gar nicht in dem Maße hätten umsetzen können. Dieses
Feedback bringt uns außerordentlich weiter. Aber wir schließen auch die größeren
Unternehmen nicht aus. Das hat auch ein Grund, was z. B. die Europäische Kommission völlig
falsch einschätzt. Wenn Deutschland einen großen bekannten Namen mit auf einer
Unternehmerreise hat, die dort ihre Erfahrung und ihren Namen einbringen, dann hat das
automatisch einen Effekt auf die kleineren. Die großen Firmen sind international bekannt, was
wiederrum einen Anziehungseffekt auf die Kunden hat. Wenn Tönnies oder VION an der
Informationsveranstaltung teilnehmen, dann denken potentielle Importeure, dass auch die
anderen Firmen interessant sind.
Verbraucher profitieren meistens nicht von der Exportförderung. Sie können vielleicht indirekt
profitieren, dass sie dadurch die Produkte etwas günstiger kaufen können. Und der Staat
profitiert, wenn Unternehmen ihre Nachhaltigkeit und ihre Existenz sichern können. Das sind
gleichzeitig auch die Steuerzahler, die dadurch Arbeitsplätze und Wohlstand sichern und
Steuerkraft in ländlichen Räumen darstellen. Ich kann da keine direkte Gegenrechnung
machen. Aber die Tendenz geht schon dahin, auch mittel- und langfristig. Politische Legitimität
– im Moment haben wir den Beschluss des deutschen Bundestages über 3 Mio. Euro für ein
Exportprogramm und 7,3 Mio. Euro für ein Auslandsmesseprogramm für das Jahr 2016. Das
Anhang 246
ist im Haushalt beschlossen und ganz gezielt auch auf die Förderungsmaßnahmen
ausgerichtet. Damit ist die politische Legitimität aus meiner Sicht gegeben.
2. Deutschland ist führend in Europa im Bereich Schweinefleischexporte und Nr. 3 bei der
Rindfleischausfuhr, welche Rolle spielt dabei Ihrer Meinung nach die Exportförderung?
Steffen Reiter: Die Exportförderung hat eine wichtige Bündelungsfunktion für die
Unternehmen der Branche. Mit ihrer Hilfe können Türen geöffnet werden und geeignete
Plattformen zur Geschäftsanbahnung geschaffen werden. Selbstverständlich sind
Exporterfolge aber nur dann möglich, wenn die Unternehmen fit für den Weltmarkt sind und
wettbewerbsfähige Produkte anbieten können.
3. Welche Systeme der anderen EU-Nationen sind aus Ihrer Sicht erfolgreich bei der
Exportförderungspolitik und warum?
Steffen Reiter: Entscheidend ist, dass die Exportförderung eng von den am Markt agierenden
Unternehmen mitbestimmt wird. Dann lassen sich auch geringe Mittel effizient nutzen.
Systeme, in denen Geld vorhanden ist, das zum Jahresende nach Möglichkeit ausgegeben
sein sollte, produzieren regelmäßig Aktivitäten mit fragwürdigem Nutzen. Ein gewisser Mangel
bewirkt automatisch eine Konzentration auf zielführende und akzeptierte Aktivitäten zur
Exportförderung.
4. Wie eng sollte die Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den privatwirtschaftlichen
Initiativen bei der Exportförderung sein und wie zufrieden sind Sie mit der aktuellen
Exportförderungspolitik vom BMEL? Wo könnte die Politik die Unternehmen mehr
unterstützen?
Steffen Reiter: Die Exportförderungspolitik des BMEL wird eng mit der Wirtschaft abgestimmt.
Die Vertreter der Wirtschaft können Ihre Projektvorschläge einmal pro Jahr bei BMEL
einreichen und im Rahmen einer großen Projektsitzung vorstellen. Allerdings könnten durch
höhere Flexibilität bei der Ausgestaltung der Projekte und der Höhe der Fördersätze sowie
durch die Beschleunigung und Vereinfachung von Förderverfahren Vorbehalte abgebaut
werden.
Steffen Reiter: Die Exportförderprojekte sind auf die Wirtschaft ausgerichtet und dienen der
Kontaktaufnahme und Geschäftsplattform. Dort wo jedoch staatliches Handeln unabdingbar
ist, z. B. bei der Verhandlung von Veterinärabkommen kann die Wirtschaft nur Ihre eigenen
Vorstellungen einbringen. Verhandelt und entschieden werden diese zwischenstaatlich.
Steffen Reiter: Die EU sollte Herkunft und Hersteller einen breiteren Raum einräumen.
Selbstverständlich sollen die Maßnahmen mit der EU-Botschaft dabei als zentraler Kern
ausgestaltet werden. Wer jedoch die aktuelle Praxis z. B. von Messen kennt, der kann
erkennen, welche Umwege die Antragsteller machen, um trotz der aktuell restriktiven
Regelungen, die nationale Botschaft zu vermitteln. Da wird dann z. B. ein EU geförderter Stand
von einem Firmengemeinschaftsstand umschlossen, der Nation und Hersteller als erste
Botschaft trägt. Firmen und Marken verkaufen am Ende die Produkte auf den Weltmärkten.
Dies sollte auch die EU Exportförderpolitik künftig in angemessener Weise berücksichtigen.
7. Die Agrarwirtschaft wird zunehmend aufgrund schlechter Auswirkungen auf die Umwelt
kritisiert. Auch die aktive europäische Agrarexportpolitik steht bei NGOs häufig in der
Kritik. Welche Argumente halten Sie den Kritikern entgegen?
Steffen Reiter: Der steigende Agrarhandel wirkt nachhaltig und stabilisiert die
Ernährungssicherheit auf der Welt und gleichzeitig ermöglicht er auch die Vielfalt unseres
Angebots an Lebensmitteln weiter auszubauen. Die EU ist heute einer der größten
Nettoimporteure an Lebensmitteln. Viele dieser Importe kommen aus Entwicklungs- und
Schwellenländern. Das Millenniumsziel der Halbierung des Hungers in der Welt ist knapp
verfehlt worden. Zu Beginn der 1990er Jahre litten etwa eine Milliarde Menschen an Hunger.
Obwohl die Bevölkerung in den Entwicklungsländern bis heute um 1,7 Mrd. Menschen
gestiegen ist, hungern heute weniger Menschen als vor etwa 25 Jahren. Es ist also gelungen
eine erheblich größere Zahl von Menschen zu ernähren als dies zuvor möglich war.
Handelsmöglichkeiten, Innovationen und Produktivitätssteigerungen sind wesentliche
Schlüssel dazu.
Steffen Reiter: Wir haben unsere Aktivitäten der Exportförderung umgehend der neuen
Situation angepasst und andere Länder in den Fokus unserer Aktivitäten genommen, um die
entfallenen Liefermöglichkeiten nach Russland zumindest teilweise zu kompensieren. Zu
nennen sind z. B. Philippinen aber auch Georgien und Moldawien, wo wir Plattformen für die
Geschäftsanbahnung geschaffen haben.
Anhang 248
9. Wie zufrieden sind Sie mit der finanziellen Unterstützung der Exportförderungspolitik in
Deutschland und wie würden Sie die ökonomische Effizienz der Exportförderungspolitik
beurteilen?
Steffen Reiter: Die ökonomische Effizienz ist dort besonders hoch, wo sich die Wirtschaft
direkt an den Maßnahmen beteiligt. Die Förderung ist im Vergleich zu vielen Wettbewerbern
eher gering.
10. Wer profitiert am meisten von den Effekten der Exportförderung? Kann man von
politischer Legitimität der Exportförderungspolitik sprechen?
Steffen Reiter: Deutschland ist heute auf den Export von Agrarprodukten angewiesen. Eine
große Zahl von Arbeitsplätzen, insbesondere in ländlichen Räumen, wird vom Export getragen.
Gleichzeitig ist das Agribusiness stark in Ketten organisiert. Die Exportförderung kommt somit
dieser gesamten Kette zugute, ebenso wie Exportprobleme, siehe Russland, der gesamten
Kette schaden und so auch die Kosten beim Staat steigen lassen.
11. Ein Blick in die Zukunft: wie schätzen Sie die Perspektive der deutschen
Fleischindustrie in Hinblick auf den Export in den nächsten 5-10 Jahren ein? Welche
Maßnahmen seitens Exportförderungspolitik muss man ergreifen, um die
Spitzenposition weiter zu behalten?
Steffen Reiter: Die deutsche Fleischexportwirtschaft wird auch künftig eine Spitzenposition im
Export einnehmen. Die vielfältigen und modernen Betriebe sind die Basis dafür. Vom
kleinbetrieblichen Anbieter eines Spezialsortiments, über mittelständische Unternehmen bis
zum international agierenden Konzern bietet Deutschland ein breites Spektrum an Partnern.
Produktionsweise und -strukturen wurden dabei ständig weiterentwickelt und befinden sich auf
einem hohen professionellen Niveau hinsichtlich Tiergenetik, Tiergesundheit,
Produktionstechnik, Qualitätssicherung und Hygiene. In Deutschland arbeiten alle
Produktionsstufen eng zusammen. Landwirtschaft, Forschungs- und
Weiterbildungseinrichtungen sowie Schlacht- und Zerlegebetriebe tauschen ihre Erkenntnisse
aus Wissenschaft und der Praxis untereinander aus. Dies sichert eine schnelle Umsetzung der
Anforderungen der Absatzmärkte in Zucht, Mast und Haltung der Tiere.
Wichtigster Schritt zur Sicherung der bisherigen Erfolge sind verstärkte Bemühungen, um auf
attraktiven Absatzmärkten z. B. in Asien Marktzugänge für Rind-, Schweine- und
Geflügelfleisch sowie Wurstwaren zu schaffen.
Interview mit Dr. Carsten Bernoth, Geschäftsführer von German Sweets e.V.
1. Mit einem Exportanteil von rund 50 % ist die Süßwarenbranche sehr stark
exportorientiert. Welche Rolle spielt dabei aus Ihrer Sicht die Exportförderung?
Dr. Carsten Bernoth: Die öffentliche Exportförderung ist gerade im Bereich der
Messebeteiligungen sehr wichtig. Dabei ist aber zu beachten, dass die Förderhöhe und der
Förderumfang in anderen Mitgliedstaaten der EU und Ländern von Mitbewerbern wesentlich
höher sind. Insofern gleicht die Exportförderung ein wenig die jeweiligen
Wettbewerbsverzerrungen aus. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die politische
Anhang 249
Exportförderung, also der Umstand, dass die Politik und ihre Akteure die Bedeutung des
Exports auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland erkennen. Die hohe Exportquote
unserer Branche ist aber vor allem dem Umstand geschuldet, dass sich die Unternehmen sehr
früh mit der Herausforderung Export befasst haben.
Dr. Carsten Bernoth: Natürlich könnten die Förderungen höher ausfallen und die
administrativen Anforderungen vereinfacht werden. Wichtig ist aber, dass die Politik dafür
eintritt, dass Märkte offen bleiben, sich etwa nicht durch nationale Regelungen abschotten,
und die administrativen Voraussetzungen für Exporte von deutscher Seite gegeben sind. Vor
allen Dingen der Informationsfluss könnte verbessert werden.
3. Wie eng sollte die Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den privatwirtschaftlichen
Initiativen bei den Exportförderungsinitiativen sein und wie zufrieden sind Sie mit der
aktuellen Exportförderungspolitik vom BMEL? Wo könnte die Politik die Unternehmen
noch mehr unterstützen?
4. Welche Systeme der anderen europäischen Nationen sind aus Ihrer Sicht nach
erfolgreich bei der Exportförderungspolitik und warum?
Dr. Carsten Bernoth: Der Erfolg kann nicht daran bemessen werden, wie hoch die
Exportquoten sind. Der wesentliche Faktor ist, inwiefern die Fördermittel die Unternehmen so
entlasten, dass eigene Mittel in die Unternehmen, etwa in die Verbesserung der
Produktionsprozesse, fließen können. Das System der Schweiz ist in unserem Sektor ein
Vorbild, da die Schweiz darauf achtet, dass bei Freihandelsabkommen die administrativen
Voraussetzungen für den Export so erleichtert werden, dass die Unternehmen keine Bürokratie
aufbauen müssen. In der Europäischen Union und Deutschland ist dies nicht der Fall. Hier
müssen die Unternehmen verstärkt in die Exportverwaltung investieren.
Dr. Carsten Bernoth: Hieran haben wir keine Erwartungen. Das Programm ist nicht für
Marken und Hersteller geeignet. Die Antragstellung belastet durch den administrativen und
haftungsrelevanten Aufwand. Das Förderprogramm verkennt, dass im Bereich der
Lebensmittel die Vielfalt der europäischen Genussregionen die Stärke ist. Da die
Kommunikation aber vor allem auf die EU-Herkunft ausgerichtet ist, wird dieser wesentliche,
Anhang 250
auch historische Faktor ausgeblendet. Zudem ist es verkehrt, dass in einem Binnenmarkt die
EU-Absatzförderung Produkte aus einem Mitgliedsstaat in einem anderen bewirbt.
6. In diesem Zusammenhang: wie würden Sie die Interaktion zwischen der EU-Politik und
den Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene im Bereich Agrarexportförderung beurteilen?
Dr. Carsten Bernoth: Hier agieren alle Beteiligten im Großen und Ganzen nebeneinander
her.
Dr. Carsten Bernoth: In unserer Branche ist das derzeit nicht der Fall. Aber grundsätzlich gilt:
Nur wer am Agrarhandel teilnimmt, kann auch außerhalb des eigenen Wirkungskreises seine
Vorstellungen von Nachhaltigkeit einbringen. Zudem unterstützt der Handel im Kern die
Nachhaltigkeit, denn Produkte werden – zumindest in der Theorie – dort angebaut, wo die
besten klimatischen Bedingungen herrschen. Hierdurch werden die Ressourcen in den
anderen Gebieten geschont. Für Deutschland hat der Export zudem eine wichtige Funktion
zur Stützung des ländlichen Raums.
8. Wie zufrieden sind Sie mit der finanziellen Unterstützung der Exportförderungspolitik in
Deutschland und wie beurteilen Sie die ökonomische Effizienz der
Agrarexportförderung insgesamt?
Dr. Carsten Bernoth: Aus meiner Sicht fließt viel Fördergeld in die Verwaltung der
Exportförderprojekte, weniger in die vertriebliche Anschubhilfe für die Unternehmen. Hier sind
enorme Reibungsverluste vorhanden.
9. Wer profitiert am meisten Ihrer Meinung nach von den Effekten der Exportförderung?
Dr. Carsten Bernoth: Wenn alles richtig funktioniert, letztendlich der Staat. Denn die
Unternehmen können weiterhin in Deutschland produzieren, investieren, Steuern zahlen,
Arbeitsplätze schaffen und die hohen Standards einhalten. Zunächst einmal profitiert natürlich
das Unternehmen unabhängig von seiner Größe.
10. Ein Blick in die Zukunft: wie schätzen Sie die Perspektive der deutschen
Süßwarenbranche in Hinblick auf Export in den nächsten 5-10 Jahren ein? Welche
Maßnahmen seitens Exportförderungspolitik muss man ergreifen um die
Spitzenposition weiter zu behalten?
11. Nun zur aktuellen Situation auf dem europäischen Süßwarenmarkt: Die Abschwächung
der Nachfrage in einigen europäischen Nachbarländern und die Rubelkrise in
Russland. Was werden Sie dem wachsenden ökonomischen und innenpolitischen
Druck in der Süßwarenbranche in den Krisenzeiten entgegenhalten?
Dr. Carsten Bernoth: Die Entwicklung ist nicht einheitlich. Von den Krisen werden einzelne
Hersteller nicht aber die Branche insgesamt betroffen (zum jetzigen Zeitpunkt), da es häufig
möglich ist, Ersatzmärkte zu finden. Der Druck auf die Branche kommt weniger von außen als
von innen, etwa durch die weitere Verschärfung des Wettbewerbs und der
Verdrängungseffekte im deutschen Handel. Zudem dürfte der Konzentrationsprozess
weitergehen, auch bedingt durch Nachfolgefragen. Hierauf kann eine Exportorganisation nicht
reagieren. Die einzige Möglichkeit besteht darin, Potentiale im Export aufzuzeigen und den
Mitgliedsunternehmen nutzbar zu machen, um zumindest den ökonomischen Druck auf dem
Heimatmarkt abzumildern.
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