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Josef Reding

Mädchen, pfeif auf deinen Prinzen (1974)

Es kommt kein Prinz, der dich erlöst,


wenn du die Jahre blöd verdöst,
wenn du den Verstand nicht übst,
das Denken stets auf morgen schiebst.

Es kommt kein Prinz, der dich umfängt,


von nun an deine Schritte lenkt.
Befrei dich selbst vom Dauerschlaf,
sonst bleibst du nur ein armes Schaf.

Es kommt kein Prinz mit einem Kuss,


macht nicht mit deinen Sorgen Schluss;
es bringt dich auch kein Königssohn,
vom Kochtopf auf den Herrscherthron.

Du kannst dir selbst dein Leben bauen,


musst allen deinen Kräften trauen.
Mach noch heute den Versuch
und pfeif auf den Prinzen im Märchenbuch!

Heinrich Heine (1832)

Das Fräulein stand am Meere


Und seufzet lang und bang,
Es rühret sie so sehre
Der Sonnenuntergang.

Mein Fräulein! Sein Sie munter,


Das ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
und kehret von hinten zurück.
Detlev von Liliencron

Einen Sommer lang (1909)

Zwischen Roggenfeld und Hecken


Führt ein schmaler Gang;
Süßes, seliges Verstecken
Einen Sommer lang.

Wenn wir uns von ferne sehen,


Zögert sie den Schritt,
Rupft ein Hälmchen sich im Gehen,
Nimmt ein Blättchen mit.

Hat mit Ähren sich das Mieder


Unschuldig geschmückt,
Sich den Hut verlegen nieder
In die Stirn gerückt.

Finster kommt sie langsam näher,


Färbt sich rot wie Mohn,
Doch ich bin ein feiner Späher,
Kenn die Schelmin schon.

Noch ein Blick in Weg und Weite,


Ruhig liegt die Welt,
Und es hat an ihre Seite
Mich der Sturm gesellt.

Zwischen Roggenfeld und Hecken


Führt ein schmaler Gang,
süßes, seliges Verstecken
Einen Sommer lang.

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