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Rückbau, Verwertung und Entsorgung

im Bauwesen
Anja Rosen

Eine echte zirkuläre Wertschöpfung im Bau­ Abfallrecht


wesen ist allgemeines Ziel unter den Akteuren Das Abfallrecht ist in Deutschland auf ver­
in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Oftmals schiedenen Ebenen in diversen Gesetzen,
kursieren auch Meldungen, wonach die Kreis­ Richtlinien und Verordnungen geregelt, die in
laufwirtschaft im Bausektor bereits gängige Bezug auf das Bauwesen relevantesten zeigt
Praxis sei. Dabei werden Begrifflichkeiten häu­ Abb. A 2.1.
fig pauschal und ungenau verwendet. Trotz
bestehender rechtlicher Regelungen findet ein Abfallrahmenrichtlinie und Kreislaufwirtschafts­
Recycling auf hohem Qualitätsniveau bislang gesetz
nicht statt. Übergeordnet gilt in EU-Mitgliedsstaaten die
Dieses Kapitel informiert deshalb über die aktu­ europäische Abfallrahmenrichtlinie, in der wich­
elle Rechtsgrundlage, beleuchtet derzeitige tige Begriffe wie beispielsweise die Abgren­
Verwertungsquoten und stellt Zusam­menhänge zung zwischen Abfall und Nebenprodukten
zwischen Gesetzeslage, Recyclingpraxis und sowie das Ende der Abfalleigenschaft definiert
angewandten Rückbauverfahren her. sind [3]. Letzteres ist erreicht, wenn durch ein
Verwertungsverfahren der Abfall wieder zum
nachgefragten und zweckbestimmten Produkt
Rechtliche Hintergründe wird. Für bestimmte Abfallströme kann die EU-
Kommission konkrete Regelungen erlassen.
In dem 2016 vom Bundestag beschlossenen Für mineralische Bau- und Abbruch­abfälle z. B.
Ressourceneffizienzprogramm ProgRess II ist sind in der neuen Verordnung zur Einführung
das Ziel definiert, die Gesamtrohstoffproduk­ einer Ersatzbaustoffverordnung [4] die Voraus­
tivität Deutschlands bis 2030 im Vergleich zu setzungen zum Ende der Abfalleigenschaft
2010 um 30 % zu steigern. Hierzu wurde die festgeschrieben. Demnach können nur Recy­
Bundesregierung aufgefordert, eine Reihe von clingbaustoffe (RC-Baustoffe) der Klasse 1
Maßnahmen zu ergreifen, zu denen auch die (RC1) wieder zum Produkt werden, womit
Förderung der Kreislaufwirtschaft auf Basis strenge Anforderungen an die Schadstofffrei­
gesetzlicher Regelungen gehört sowie die heit verbunden sind (siehe »Rechtliche Res­
­Ausweitung des Anwendungsbereichs der EU- triktionen«, S. 17f.).
Ökodesignrichtlinie und der Produktverant­ Die Abfallrahmenrichtlinie legt außerdem eine
wortung als Instrumente zur Vermeidung von fünfstufige Hierarchie für den Umgang mit
Abfällen [1]. Abfällen fest (Abb. A 2.3). Auf nationaler Ebene
wurde die EU-Richtlinie im deutschen Kreislauf­
Bauproduktenverordnung wirtschaftsgesetz (KrWG) umgesetzt [5].
In der EU-Bauproduktenverordnung (EU-
BauPVO) vom März 2011 sind Grundanforde­ Abfallverzeichnisverordnung
rungen an Bauwerke und wesentliche Merk­ Die Einordnung von Abfällen nach Herkunft
male von Bauprodukten festgelegt. Demnach­ und Gefährlichkeit ist in der Abfallverzeichnis­
muss ein Bauwerk »derart entworfen, errich­ verordnung (AV V) geregelt [6]. Ein für jede
tet und abgerissen werden, dass die natürli­ Abfallart im Abfallverzeichnis definierter sechs­
chen Ressourcen nachhaltig genutzt werden«. stelliger Schlüssel bildet die Grundlage für
Insbesondere müssen »das Bauwerk, seine deren Verwertungs- oder Entsorgungsweg,
Baustoffe und -teile nach dem Abriss wieder­ nach dem auch die jährlichen Abfallstatisti­
verwendet oder recycelt werden können« ken erstellt werden (siehe »Eine statistische
und »für das Bauwerk müssen umweltver­ Betrachtung«, S. 19f.). Kennzahlen von gefähr­
trägliche Rohstoffe und Sekundärbaustoffe lichen Abfällen sind mit einem Stern gekenn­
A 2.1 Ebenen des Abfallrechts mit Relevanz für Rück­ ­verwendet werden« [2]. Anforderungen an zeichnet (Abb. A 2.2).
bau und Recycling im Bauwesen
A 2.2 Einordnung von Bau- und Abbruchabfällen nach
Qualitäten oder Quantitäten des Recyclings
Abfallverzeichnis (beispielhafter Auszug) stellt die Bauproduktenverordnung aktuell
A 2.3 Abfallhierarchie nach Abfallrahmenrichtlinie jedoch nicht.

16
Rückbau, Verwertung und Entsorgung im Bauwesen

Abfall­
europäische Ebene
rahmen­
richtlinie

Kreislauf­
wirtschaftsgesetz

Abfallverzeichnisverordnung
Deponieverordnung Bundesebene
Entwurf: Ersatzbaustoffverordung
Altholzverordnung
Bioabfallverordnung
Gewerbeabfallverordnung
Landesabfallgesetze Landesebene
LAGA M 20 – Regelwerk der Länderarbeits­gemeinschaft Abfall
kommunale
Abfallsatzungen der Kreise und kreisfreien Städte
Ebene
A 2.1
Gewerbeabfallverordnung
Zu den wichtigsten Regelwerken in Bezug auf Schlüssel Abfallbezeichnung nach Abfallverzeichnis
die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen gehört 17 Bau- und Abbruchabfälle (inkl. Aushub von verunreinigten Standorten)
neben der Altholzverordnung (siehe »Stoffliche
Verwertung von Holz – Altholz«, S. 65) die 17 01 Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik
Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV). Mit dem 17 01 01 Beton
Ziel der Anpassung an die EU-Abfallhierarchie 17 01 02 Ziegel
wurde die GewAbfV im April 2017 novelliert [7].
17 01 03 Fliesen und Keramik
Seit August 2017 sind Bau- und Abbruchab­
fälle im Wesentlichen in folgende Fraktionen zu 17 01 06 * Gemische oder getrennte Fraktionen von Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik, die gefährliche Stoffe
trennen und nach Maßgabe des KrWG vorran­ enthalten
gig zur Wiederverwendung vorzubereiten oder 17 01 07 Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 01 06 fallen
dem Recycling zuzuführen: 17 02 Holz, Glas und Kunststoff
• Glas
17 02 01 Holz
• Kunststoffe
•  Metalle, einschließlich Legierungen ...
• Holz 17 03 Bitumengemische, Kohlenteer und teerhaltige Produkte
• Dämmmaterialien
17 04 Metalle (einschließlich Legierungen)
• Bitumengemische
• Baustoffe auf Gipsbasis 17 05 Boden (einschließlich Aushub von verunreinigten Standorten), Steine und Baggergut
• Beton 17 06 Dämmmaterial und asbesthaltige Baustoffe
• Ziegel
17 08 Baustoffe auf Gipsbasis
• Fliesen und Keramik
17 09 sonstige Bau- und Abbruchabfälle
Die Verordnung beinhaltet sowohl Dokumenta­ * gefährliche Abfälle
A 2.2
tionspflichten als auch Ausnahmeregelungen,
z. B. wegen fehlender technischer Möglichkeit
oder wirtschaftlicher Unzumutbarkeit.
Vermeidung
Rechtliche Restriktionen Maßnahmen zur Verringerung von Abfallmengen, schädlichen Auswirkungen auf
Für nicht gefährliche Bau- und Abbruchabfälle Umwelt und Gesundheit oder Schadstoffgehalten
werden auf europäischer und nationaler Ebene geht vor
Maßnahmen zum Erreichen einer Verwertungs­
quote von 70 Masseprozent bis zum Jahr 2020 Wiederverwendung
gesetzlich gefordert, allerdings ohne weitere von Erzeugnissen oder Bestandteilen für denselben Zweck in Bezug auf die ursprüngliche Bestimmung
Qualitätsanforderungen an die Verwertung.
geht vor
Solange diese Ziele eher schwach formuliert
sind, werden auch die Hersteller ihre Produkt­ Recycling
verantwortung nach § 23 KrWG nur auf niedri­ Aufbereitung von Abfällen zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen für den
gem Niveau erfüllen. ursprünglichen Zweck oder andere Zwecke
Der bevorzugte Einsatz von bereits recycelten
geht vor
und recyclingfähigen Produkten bei öffentli­
chen Bauvorhaben könnte ein Impulsgeber für sonstige Verwertung
die Kreislaufwirtschaft sein. Auch wenn dies­ insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung
bezüglich laut § 45 KrWG eine Prüfpflicht der
zuständigen Behörden besteht, wurde dieser geht vor
bisher praktisch nicht nachgegangen – wohl
Beseitigung
auch aufgrund rechtlicher Unsicherheiten: Das Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn Stoffe oder Energie als
Vergaberecht schreibt zum einen produkt­ Nebenfolge zurückgewonnen werden
neutrale Ausschreibungen vor, zum anderen
A 2.3

17
Abfallaufkommen gesamt in Deutschland 2014 in Mio t

50,6 Bau- und Abbruchabfälle

59,5 Siedlungsabfälle

401 Mio. t
209,5 Abfälle aus Gewinnung und Behandlung von
‡ Bau- und Abbruchabfälle
Bodenschätzen
30,2 ‡ Siedlungsabfälle
‡ Abfälle aus Gewinnung und Behandlung
Übrige Abfälle
(insbesondere von Bodenschätzen
aus Produktion und Gewerbe)
51,1 ‡ übrige Abfälle (insbesondere aus
Produktion und Gewerbe)
Abfälle aus Abfallbehandlungsanlagen
‡ Abfälle aus Abfallbehandlungsanlagen

Bau- und Abbruchabfälle in Deutschland 2014 in Mio t. A 2.4

0,7 haben Bund und Länder mehr als zehn Jahre


Boden, Steine und
‡  Baggergut
Boden, Steine und Baggergut an der im Mai 2017 verabschiedeten Mantel­
3,9
0,7 ‡ 
Beton, Ziegel, Beton, und
Fliesen Ziegel, Fliesen und Keramik
Keramik verordnung gearbeitet. Diese soll mit der Ein­
0,7 ‡ Holz 1)
0,1 7,3 Holz 1 führung der Ersatzbaustoffverordnung und
‡ Glas  1)

0,3 Glas 1 ‡ Kunststoff  1) der Novellierung der Bundesbodenschutz- und


3,1 16,5
Kunststoff 1 ‡ Glas, Kunststoff und Holz, als gefährliche Altlastenverordnung sowie der Änderung der
Abfälle 1) Deponie- und der Gewerbeabfallverordnung
Glas, Kunststoff und Holz, als gefährliche
‡ Bitumengemische, Abfälle
Kohlenteer
1
und teerhalti­ verschärfte Anforderungen an den Boden-
Bitumengemische,ge Produkte
Kohlenteer und teerhaltige Produkte
209,5 Mio. t ‡ Metalle, einschließlich Legierungen und
und Grundwasserschutz mit den Forderungen
Metalle, einschließlich 1)Legierungen und Kabel 1 der Kreislaufwirtschaft in Einklang bringen [8].
55,3 Kabel
121,1
Dämmmaterial ‡ und
Dämmmaterial
asbesthaltigeundBaustoffe
asbesthaltige
1 Baustoffe 1) Ziel der Ersatzbaustoffverordnung ist es, die
‡ Baustoffe1 auf Gipsbasis 1) Anforderungen an die Herstellung und den
Baustoffe auf Gipsbasis
‡ sonstige, einschließlich gemischte Bau-
Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in tech­
Sonstige, einschließlich gemischte Bau-
und Abbruchabfälle  1) u. Abbruchabfälle 1
nische Bauwerke bundesweit einheitlich zu
1
ohne Verbringung
1) 
ohneins Ausland, dains
Verbringung nicht statistisch
Ausland, erfasst
da nicht regeln und mit einer rechtsverbindlichen Güte­
statistisch erfasst überwachung die Akzeptanz von Recyclingbau­
Verbleib der ungefährlichen Bau- und Abbruchabfälle in Deutschland 2014 [Mio. t] A 2.5 stoffen (RC-Baustoffe) zu stärken. Allerdings
0,1 % Recycling Boden und Steine 12,1 umfasst die Verordnung nicht die Verwendung
1,7%     [Mio. t]
0,2 % inkl. Downcycling Straßenaufbruch 12,8 12,1 von RC-Baustoffen im Hochbau. Bisher sind
Recycling inkl. ‡ Boden und Steine
0,1 % 33,5 %
Downcycling Bauschutt
‡ Straßenaufbruch 42,5 12,8 Anforderungen an die stoffliche Verwertung von
0,1 % 33,5 % Baustellenabfälle
‡ Bauschutt 0,2 42,5 mineralischen Abfällen in der sogenannten Mit­
6,0 %
8,4 %
6,3 %
‡ BBauabfälle
austellenabfälle  0,2
auf Gipsbasis 0,0 teilung 20 der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall
‡ Bauabfälle auf Gipsbasis   0,0 (LAGA M  20) [9] formuliert – auch hier mit Fokus
7,0 % Sonstige Boden und Steine 89,5
Sonstige
Verwertung ‡ Boden und Steine
Straßenaufbruch 0,5 89,5
auf die Verwertung im Tiefbau (Abb. A 2.9).
0,2 % 4,3 % Verwertung
56,0 % ‡ SBauschutt
traßenaufbruch  0,5 8,7
21,0 % 56,0 % ‡ BBaustellenabfälle
auschutt  8,7 Rückbaurecht
202 Mio. t 14,2
‡ Baustellenabfälle
Bauabfälle auf Gipsbasis 0,2 14,2 Im allgemeinen Baurecht, insbesondere im
‡  Bauabfälle auf Gipsbasis   0,2
Bauordnungsrecht der Länder (Landesbauord­
Beseitigung Boden und Steine 16,9
Beseitigung ‡  Boden und Steine nungen) sowie in der Vergabe und Vertragsord­
0,1 % 10,5 % Straßenaufbruch 0,3 16,9
10,5 % ‡ Straßenaufbruch  0,3 nung für Bauleistungen (VOB), ist nicht nur das
44,3 % Bauschutt 3,4
‡ Bauschutt  3,4
Baustellenabfälle 0,2
Bauen, sondern auch das Rückbauen geregelt.
‡ Baustellenabfälle  0,2 Daneben existieren Normen und Richtlinien,
Bauabfälle auf
‡  Bauabfälle auf Gipsbasis  
Gipsbasis 0,4 0,4
die speziell für den Rückbau bzw. Abbruch
RC-Baustoffverwendung in Deutschland 2010 in Mio. Tonnen A 2.6 von Gebäuden verfasst sind. Hierzu gehören:
•  DIN 18 007 Abbrucharbeiten [10]
• ATV DIN 18 459 Abbruch- und Rückbau­
0,8 % arbeiten [11]
• VDI-Richtlinie 6210 Blatt 1 Abbruch von
6,9 %
­baulichen und technischen Anlagen
Straßenbau
16,1 % Die rechtlichen Anforderungen an den Rückbau
Erdbau
beziehen sich in diesen Normen hinsichtlich der
65,2 Mio. t Asphalt Separierung von Abbruchmaterialien zur weite­
ren Verwertung auf das auf S. 16 dargestellte
53,8 % Gesteinskörnung für Beton Abfallrecht. Solange dort allerdings keine erhöh­
‡ Straßenbau ten Anforderungen an die Qualität der Verwert­
22,4 % sonstige Zwecke
‡ Erdbau
‡ Asphalt
barkeit gestellt sind, wird auch der Abbruch
‡  Gesteinskörnung für Beton den hohen Ansprüchen im Sinne des selek­
‡  sonstige Zwecke tiven Rückbaus (siehe S. 20) nur im Einzelfall
gerecht ­werden.
A 2.7

18
Rückbau, Verwertung und Entsorgung im Bauwesen

Herstellung natürlicher Gesteinskörnung Betonherstellung


Herstellung rezyklierter Gesteinskörnung Zementherstellung

Beton C30/37
Kiesabbau
RC-Beton C30/37 (25% Betongranulat)
A 2.4 Abfallaufkommen gesamt in Deutschland 2014
in Mio. t Beton C30/37
Landnutzung
A 2.5 Bau- und Abbruchabfälle in Deutschland 2014 RC-Beton C30/37 (25% Betongranulat)
in Mio t
A 2.6 Verbleib der ungefährlichen Bau- und Abbruch­
abfälle in Deutschland 2014 in Mio. t Beton C30/37
Treibhauseffekt
A 2.7 RC-Baustoffverwendung in Deutschland 2010 RC-Beton C30/37 (25% Betongranulat)
in Mio. t
A 2.8 Wirkungsabschätzung für Konstruktionsbetone, Beton C30/37 Energie-
RC-Beton mit erhöhtem Zementanteil, Relation RC-Beton C30/37 (25% Betongranulat) ressourcen
in %
A 2.9 Einbauklassen nach LAGA M 20 (Länderarbeits­
gemeinschaft Abfall) 0% 25 % 50% 75% 100 %
A 2.8
Abfallaufkommen und Verwertungsquoten mit recycelten Gesteinskörnungen abiotische Rückbau- und Abbruchverfahren
Rohstoffe (Kies, Sand) einsparen lassen, Ener­
Deutschland gilt allgemein als Recycling-­ gieverbrauch und Treibhausgase aber mögli­ Dem Rückbau bzw. Abbruch kommt hinsicht­
Weltmeister. Bei genauer Betrachtung trügt cherweise steigen können, wenn aufgrund lich der Verwertungsmöglichkeiten eine Schlüs­
der Schein jedoch – auch im Bauwesen. eines höheren Hohlraumgehalts (bedingt durch selfunktion zu, denn je selektiver der Rückbau
den Einsatz von gebrochenem Korn) mehr bzw. Abbruch erfolgt, desto sortenreiner lassen
Eine statistische Betrachtung Zement für die Herstellung des Betons einge­ sich die verbauten Materialien zurückgewinnen
Rund 52 % aller Abfälle in Deutschland sind setzt wird (Abb. A 2.8) [14]. und desto einfacher die Qualitätsanforderun­
dem Bausektor zuzuordnen. Im Jahr 2014 Bau- und Abbruchabfälle aus Holz, Glas, gen an die Rezyklate erfüllen. Die Verfahren
betrug das Gesamtabfallaufkommen 401 Mio. t, Kunststoff und Metall sowie Dämmstoffe und und die eingesetzten Techniken spielen dabei
wovon rund 210 Mio. t auf  Bau- und Abbruch­ Baumischabfälle sind im Monitoring der Kreis­ eine große Rolle. Folgende Abbruchverfahren
abfälle entfielen (Abb. A 2.4). Die in der Gesetz­ laufwirtschaft Bau zu den sogenannten Bau­ sind üblich [15].
gebung geforderte Verwertungsquote von 70 % stellenabfällen zusammengefasst. Das Recy­
(siehe »Rechtliche Restriktionen«, S. 17f.) wird cling dieser Fraktionen ist jedoch bisher amt­ Nach dem Umfang
in Deutschland – rein statistisch betrachtet – lich nicht erfasst und so wurden die Verwer­ Je nachdem, ob ein Bauwerk vollständig oder
bereits erfüllt. Von 202 Mio. t nicht gefährlicher tungsquoten auf Basis weiterer Quel­len für nur teilweise abgebrochen oder zurückgebaut
Bau- und Abbruchabfälle wurden 2014 insge­ diese Publikation recherchiert (siehe »Recy­ werden soll, entstehen unterschiedliche Anfor­
samt 89,5 % verwertet (Abb. A 2.6) [12]. Diese clingpotenziale von Baustoffen«, S. 58ff.). derungen und Aufwendungen.
Quote beinhaltet jedoch laut Gesetz auch die
nachrangige sonstige stoffliche Verwertung,
worunter insbesondere die Verfüllung z. B. von
Bauschutt und Bodenabfällen in Gruben des
Tagebaus zählt. Nur die energetische Verwer­ Herkunft Beschaffenheit Standortbedingungen
Art des Einbaus
der Abfälle der Abfälle Einbau
tung wird in der Quote nicht angerechnet.
Der größte Anteil der Abfälle entfällt auf die
schweren mineralischen Baustoffe. Die Initiative
Einbauklassen
Kreislaufwirtschaft Bau veröffentlicht seit 2006
im zweijährigen Turnus Statistiken über mine­
ralische Bauabfälle. Im Jahr 2014 lag die Recy­
Z0 Z1 Z2 Z3 Z4 Z5
clingquote des Bauschutts, der den weitaus
größten Anteil der Abbruchabfälle aus dem
Hochbau (ohne Boden und Steine) ausmacht,
bei 77,8 % [13]. Hierbei handelt es sich jedoch
nicht um echtes Recycling, sondern um soge­ Verwertung Einlagerung in Deponien / Beseitigung
nanntes Downcycling, also um eine Verwer­
tung mit einem geringeren Leistungsspektrum
Einbau­klasse Einbau­klasse Einbau­klasse
gegenüber dem Ausgangsmaterial: Der Bau­ DK I DK II DK III DK IV
0 1 2
schutt wird gebrochen, zu Recycling-Gesteins­
körnung aufbereitet und vorwiegend im Stra­
ßenbau verwendet (Abb. A 2.7). einge­ oberirdische
schränkter Deponie
Doch selbst bei dem sehr geringen, hochwertig einge­
Einbau mit für nicht
verwendeten Anteil in der Betonherstellung ist uneinge­
schränkter
definierten ­gefährliche
der Stoffkreislauf nicht geschlossen, da aus ­offener oberirdische Deponie für
schränkter technischen und gefähr­ Untertage­
­Einbau ­ bfälle, die die jeweiligen
A
gebrochenem Beton ohne erneuten Zusatz von Einbau
(wasser­
Sicherungs­
Zuordnungskriterien
liche Abfälle, deponie für
Zement kein neuer Beton hergestellt werden maßnahmen die die Zuord­ gefährliche
durchlässig) nach Anhang 3 Nr. 2 DepV
(wasserun­ nungskriteri­ Abfälle
kann (siehe »Betone«, S. 70). In der Zement­ durchlässig)
­einhalten
en nach An­
produktion liegt aber das wesentliche Problem, hang 3 Nr. 2
weil diese maßgeblich zu den Umweltbelastun­ DepV
gen durch Beton beiträgt. Schweizer Studien oberirdische Deponie DK 0 für Inertabfälle einhalten
zu Ökobilanzen von Beton zeigen, dass sich
A 2.9

19
A 2.10
Teil- und Komplettabbruch Trennung erfolgt entweder nachträglich (manu­ v­ orwiegend bei historischen Bauteilen oder
Werden Bauwerksabschnitte, -anlagen oder ell oder maschinell) oder die Abbruchmasse -materialien üblich und mit Blick auf den
deren Teile unter Erhaltung der Standsicherheit wird komplett als Baumischabfall entsorgt. Auf­ Ressourcen­schutz konkurrenzlos, da alle
der verbleibenden Bauwerksteile abgebrochen, grund der damit verbundenen hohen Entsor­ ­ehemals zur Herstellung eingesetzten Roh­
handelt es sich um einen Teilabbruch. Die rest­ gungskosten findet der konventionelle Abbruch stoffe einschließlich der Energie erhalten
lose Beseitigung einer baulichen Anlage wird heute nur noch bei kleinen Objekten mit wenig ­bleiben. Die Bauteile werden in umgekehrter
als Komplett- oder Totalabbruch bezeichnet. unterschiedlichen Materialien Anwendung. Montagereihenfolge sorgfältig demontiert,
um sie unbeschädigt an anderer Stelle wieder­
Entkernung Selektiver Abbruch zuverwenden.
Unter Entkernung versteht man den Rückbau Der selektive Abbruch ist nach Informationen
bis auf den Rohbau. Dabei werden Bauteile des Deutschen Abbruchverbands (DA) derzeit Nach der Verfahrenstechnik/Verfahrensweise
ausgebaut, die keinen Einfluss auf die Stand­ das häufigste Verfahren für den Komplettab­ Noch bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts
sicherheit haben (z. B. leichte Trennwände, bruch von Bauwerken [16]. Die anfallenden erfolgte der Rückbau – genau wie der Hochbau
Fenster, Türen oder technische Anlagen). Die Materialien werden dabei vor, während oder – vorwiegend in Handarbeit mit relativ einfa­
Entkernung findet entweder vor dem Abbruch nach dem Abbruch selektiert (Abb. A 2.10). chen mechanischen Werkzeugen. Zweck des
statt oder kann auch einer umfassenden Sanie­ Rückbaus war meist die Wiederverwendung
rung vorausgehen, bei der das Tragwerk erhal­ Selektiver Rückbau oder -verwertung der Materialien. Heute hinge­
ten bleibt und weitergenutzt wird. Beim selektiven Rückbau werden die unter­ gen ist der Abbruch ein hochtechnisiertes und
schiedlichen Materialien vor dem Abbruch der energieintensives Gewerk. Dabei wird das
Nach der Separierung Tragkonstruktion hochgradig sortenrein zurück- Bauwerk in erster Linie beseitigt, um die Fläche
Die Separierung von Wertstoffen bereits auf bzw. ausgebaut (Abb. A 2.11). Neben der wiederzunutzen.
der Rückbaustelle ist der erste Schritt zum Demontage bietet dieses Verfahren die besten
Recy­cling. In der Reihenfolge des Arbeits­ Voraussetzungen für eine optimale Verwertung Manuelle Verfahren
aufwands lassen sich von gering bis hoch der Abbruchabfälle. Manuelle Verfahren kommen heute hauptsäch­
­folgende Verfahren unterscheiden. lich bei der Entkernung zur Anwendung. Der
Demontage zur Verschrottung/Verwertung personalintensive Handabbruch beschränkt
Konventioneller Abbruch Dieses Verfahren kommt vorwiegend bei Stahl­ sich meist auf ein begleitendes Verfahren in
Der konventionelle Abbruch ist die gröbste Art konstruktionen zum Einsatz, die zurückgebaut Bereichen, in denen Bauwerksteile erschütte­
der Beseitigung von Bauwerken. Dabei wird bzw. demontiert und anschließend zum Zweck rungsarm zu entfernen sind oder Maschinen
das Gebäude ohne vorherige Entkernung oder der Verschrottung zerlegt werden. z. B. aufgrund der Deckentragfähigkeit nicht
begleitende Separierung von Abfällen abge­ einsetzbar sind. In Bezug auf die Verwertung
brochen, sodass es zwangsläufig zu einer Ver­ Demontage zur Wiederverwendung lassen sich bei manuellen Verfahren Wertstoffe
mischung der Abbruchmaterialien kommt. Ihre Die Demontage zur Wiederverwendung ist am besten selektieren.

a b c d e f A 2.11

20
Rückbau, Verwertung und Entsorgung im Bauwesen

Maschinelle Verfahren Eignung von Abbruchverfahren Konstruktion Bauteil Baustoff


Die Abbruchtechnik hat sich in den letzten für den selektiven Rückbau
30 Jahren mit zunehmender Komplexität der von Gebäuden
Abbruchaufgaben kontinuierlich verändert und

mehrgeschossige Wandkonstruktionen
mehrgeschossige Skelettkonstruktion
an die gestiegenen Anforderungen hinsicht­
lich Gebäudehöhen, Massen und geforderter

Fundamente/Gründungskörper
Schnelligkeit angepasst. Die Gerätetechnik des

hochlegierter Stahl und Guss

Dämm- und Ausbaumaterial


Gewerks Abbruch ist arbeitstechnisch sehr effi­

Flach- und Hallenbauten


zient, gehört aber auch zu den investitions- und

turmartige Bauwerke
energieintensivsten des Bausektors. Am häu­

unbewehrter Beton
Unterzüge/Binder

Nichteisenmetalle
figsten findet der Hydraulikbagger mit diversen

bewehrter Beton
Decken/Sohlen
Anbaukomponenten wie Auslegern und Schnell­

Kunststoffe
Mauerwerk
wechselsystemen Anwendung (Abb. A 2.10).

Stützen
Dächer

Wände
Vor allem im Gebäudeinneren kommen zuneh­

Stahl
Holz
mend sogenannte Abbruchroboter zum Ein­ Verfahren
satz, d. h. ferngesteuerte Abbruchmaschinen,
die den Vorteil größerer Arbeitssicherheit bieten Abgreifen ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡

und emissionsfrei mit Strom funktionieren.


Einschlagen ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡
DIN 18 007 definiert und erläutert verschiedene
Verfahrensweisen. In Anlehnung an Anhang A Eindrücken ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡
dieser Norm vergleicht Abb. A 2.12 diese nach
ihrer Eignung für den selektiven Rückbau hin­ Einziehen ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡
sichtlich Konstruktion, vorhandener Bauteile und
Materialität. Die aufgeführten Verfahren können Stemmen ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡

dabei einzeln oder kombiniert erfolgen [17].


Pressschneiden ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡

Scherschneiden ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡
Aufwand für Rückbau und Abbruch
Demontieren ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡
Da der Bauherr meist kein großes Interesse am
Verbleib der Abbruchmassen hat – er haftet als Sprengen ‡ ‡ ‡ bauteilunabhängig ‡ ‡ ‡
Erstbesitzer und -erzeuger der Abfälle lediglich
für deren ordnungsgemäße Entsorgung, nicht Bohren
aber für die Qualität der Verwertung – ist die Bestandteil anderer Verfahren  / vorbereitende Maßnahmen
Wahl des Abbruchverfahrens in der Regel dem Sägen
Abbruchunternehmer überlassen. Eine Aus­
Fräsen ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡
nahme stellen genehmigungs­pflichtige Aspekte
wie z. B. Sprengungen dar. DIN 18 007 weist Schleifen
konstruktions­
‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡
abhängig
jedoch darauf hin, dass es im Einzelfall auf­
grund umwelttechnischer sowie wirtschaftlicher Schneiden, thermisch ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡
Aspekte und unter Berücksichtigung von Fol­
‡ besonders geeignet  
‡  geeignet  
‡  geeignet nach Entkernung
gegewerken erforderlich sein kann, ein Verfah­ A 2.12
ren vorzugeben.
In der Praxis richten sich die angewandten
­Verfahren neben objektiven Bedingungen wie
dem Abbruchobjekt selbst (Konstruktion, Bau­
weise, Materialien, Abbruchhöhen etc.) und A 2.10 selektiver Abbruch mittels Abbruchzange d Rückbau Estrich
A 2.11 selektiver Rückbau am Beispiel eines Fußboden­ e Rückbau Trittschalldämmung
den Baustellenbedingungen (angrenzende aufbaus f sortenreine Entsorgung
Bauwerke, Medienversorgung etc.) vor allem a Entfernen Oberboden A 2.12 Eignung von Abbruchverfahren mit Fokus auf dem
nach wirtschaftlichen Aspekten. b, c Einschneiden Estrich selektiven Rückbau in Anlehnung an DIN 18 007

21
65 000
Abbruch- und Rückbaukosten [€]

Entsorgungskosten hoch
Personalkosten hoch

60 000
Entsorgungskosten gering
Personalkosten hoch
55 000

A 2.13 Einfluss von Entsorgungskosten und Personal­


50 000 kosten auf die Abbruch- bzw. Rückbaukosten
anhand von vier Modellrechnungen für ein
Entsorgungskosten hoch Wohngebäude in Massivbauweise (Baujahr
45 000 Personalkosten gering 1856) mit 4200 m3 Brutto-Rauminhalt (BRI)
A 2.14 Materiallager des Gebäudebestands in Deutsch­
Entsorgungskosten gering land 2010 in Mio. t nach Materialgruppen
Personalkosten gering A 2.15 Hochrechnungen zu Materialströmen des Bau­
40 000 wesens
konventioneller selektiver Rückbau / A 2.16 Entsorgungssicherheit über Deponiekapazitäten
Abbruch Abbruch Demontage in Deutschland
A 2.13
Die Wirtschaftlichkeit ist dabei abhängig von: vitäten im Jahr 2010 Hochrechnungen und unge­löst, wie sich aus dem Zementstein wieder
• Rückbau-/Demontagekosten Sensitivitätsstudien für die Massenströme der reaktiver Zement gewinnen lässt.
-  Personalaufwand (Anzahl und Qualifikation) Jahre 2030 und 2050 durchgeführt. Nach dem Solange kein echtes Recycling von Beton und
- Geräte-/Maschineneinsatz (Art und Menge, Massenstrommodell waren die Input-Ströme für anderen mineralischen Baustoffen praktikabel
Betriebsstoffe) Neubau und Sanierung in 2010 mit 121 Mio. t ist, besteht bei diesen ressourcen- und emis­
  - Material (Sicherungsmaßnahmen, Schutz­ dreimal so groß wie die rückbaubedingten Out­ sionsintensiven Materialien nur die Möglichkeit,
ausrüstung) put-Ströme. Aufgrund der prognostizierten die Nachhaltigkeitsprinzipien der Effizienz und
• Entsorgungskosten Bevölkerungsentwicklung wird vermutlich ab Suffizienz zu verfolgen. Die Konstruktionsbei­
dem Jahr 2030 eine Trendwende einsetzen. spiele im »Detailkatalog« (S. 135ff.) konzen­
Betrachtet man das Verhältnis der Rückbau- Demnach könnten im Jahr 2050 die Massen trieren sich deshalb auf Bauweisen, die heute
zu den Entsorgungskosten differenziert nach des Rückbaus diejenigen des Neubaus und schon eine Recyclingfähigkeit auf hohem
konventionellem Abbruch und selektivem Rück­ der Sanierung um das 1,5-fache übersteigen, Qualitäts­niveau gewährleisten.
bau wird deutlich, dass vor allem die Ausga­ wenn die Zunahme leer stehender Gebäude­ Die heutigen Abbruchtechniken sind aus wirt­
ben für Personal eine höhere Relevanz für die brachen moderat bleiben soll (Abb. A 2.15). schaftlichen Gründen in erster Linie auf Schnel­
Gesamtkosten haben als die Ausgaben für Zu einer der wichtigsten Kernaussagen der ligkeit und geringen Personaleinsatz ausgerich­
die Entsorgung (Abb. A 2.13) [18]. Dies erklärt, Studie gehört, dass der Rezyklateinsatz bei tet. Die strengeren Trennvorschriften der novel­
warum der verwertungsorientierte, aber per­ Bauprodukten im Hochbau unter optimisti­ lierten GewAbfV und tendenziell steigende Ent­
sonalintensive, selektive Rückbau nicht durch­ schen Annahmen veränderter Rahmenbedin­ sorgungskosten werden dazu führen, dass sich
gehend angewendet wird. gungen für die Kreislaufwirtschaft – auch unter der selektive Rückbau weiter durchsetzt. Für
Die Kalkulation im Rückbau und Abbruch Berücksichtigung theoretischer technischer heutige Neubauvorhaben bedeutet dies, dass
basiert meist auf Erfahrungswerten des Unter­ Obergrenzen – von derzeit durchschnittlich ca. eine leichte Trennbarkeit durch lösbare Verbin­
nehmers. Im Gegensatz zur Kostenermittlung 7 % auf 21 % in 2050 anwachsen könnte [19]. dungstechniken zukunftsweisend ist (siehe
im Hochbau existieren keine öffentlich verfüg­ »Lösbare Verbindungen und Kon­struktionen«,
baren Daten (z. B. dem Baukostenindex – BKI S. 42ff.).
vergleichbar). Die Kostenschätzung ist mit Fazit und Ausblick
­relativ großen Unsicherheiten belegt, weil viele
Parameter vorher nicht oder nur schwer erkenn­ Der Bausektor kann die in der Gesetzgebung
bar sind (z. B. bekleidete Bauteile). Fehlende geforderten Verwertungsquoten derzeit nur
Informationen über verbaute Materialien führen­ auf niedrigem Qualitätsniveau erfüllen und
oft zu sehr groben Schätzungen der Rückbau- ist von einer echten Kreislaufwirtschaft mit
und Entsorgungskosten anhand des Brutto­ geschlossenen Stoffkreisläufen weit entfernt.
rauminhalts und/oder auf Basis eines durch­ Angesichts knapper werdender Ressourcen,
schnittlich errechneten Zeitaufwands nach zunehmender Abbruchtätigkeiten bei gleich­
­Flächengrößen. zeitig knapper werdenden Deponiekapazitä­
Anmerkungen:
Das Kapitel »Kostenvergleich konventionel­ ten (siehe »Begrenzte Deponiekapazitäten«, [1] Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus­
ler und recyclinggerechter Konstruktionen« S. 124 und Abb. A 2.16) sowie erhöhten An­­ ses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor­
(S. 120ff.) stellt die End-of-Life-Kosten für forderungen an Sekundärrohstoffe im Tiefbau, sicherheit (16. Ausschuss), Drucksache 18/9094,
­ausgewählte Konstruktionen vor. besteht dringender Handlungsbedarf, ge­­ 06.07.2016
[2] Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des europäischen
schlossene Stoffkreisläufe im Hochbau zu Parlaments und des Rats vom 9. März 2011 zur Fest­
generieren. Dies stellt insbesondere die Her­ legung harmonisierter Bedingungen für die
Entwicklung des anthropogenen Lagers steller mineralischer Baustoffe vor eine große ­Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung
Herausforderung. In der Forschung gibt es der Richtlinie 89/106/EWG des Rats
[3] Richtlinie 2008/98/EG des europäischen Parlaments
Der Gebäudebestand in Deutschland wächst bereits erste Ansätze. So könnte in naher
und des Rats vom 19.11.2008 über Abfälle und zur
seit dem Zweiten Weltkrieg kontinuierlich und Zukunft z. B. Beton mittels elektrodynamischer Aufhebung bestimmter Richtlinien
stellt mit geschätzten 15 Mrd. t ein enormes, Fragmentierung in Gesteinskörnung und Ze­­ [4] Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffver­
durch den Menschen verursachtes, anthro­ mentstein zerlegt werden: Mithilfe von ultra­ ordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz-
pogenes Rohstofflager dar (Abb. A 2.14). Um kurzen Hochspannungsimpulsen (Blitzen) und Altlastenverordnung und zur Änderung der
­Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverord­
das Recyclingpotenzial aus dem Gesamtge­ wird unter Wasser eine Druckwelle im Beton nung – Referentenentwurf des Bundesministeriums
bäudebestand zu ermitteln, haben Wissen­ erzeugt, die alle Bestandteile sortenrein von­ für ­Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit,
schaftler auf Basis der Bau- und Abbruchakti­ einander trennt [20]. Es bleibt jedoch vorerst 06.02.2017

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Rückbau, Verwertung und Entsorgung im Bauwesen

334 30 83 62 Beton
119 68
39 Ziegel
‡ Beton 296 898
‡ Ziegel 159 Kalksand
‡ Kalksandstein 10 Porenbet
‡ Porenbeton sonstige
‡ sonstige Mineralik (inkl. Bodenbelägen) Gipskarto
‡ Gipskarton, Gipswandbauplatten 6389 sonstige
‡ sonstige Gipsprodukte
Bau-/Kon
‡ Bau-  /Konstruktionsholz
3485 15 256 Mio t. sonstiges
‡ sonstiges Holz (inkl. Bodenbelägen)
‡ Flachglas Flachglas
‡ mineralische Dämmstoffe mineralis
‡ Kunststoffdämmstoffe Kunststof
‡ Kunststofffenster  /-türen
Kunststof
‡ sonstige Kunststoffe (inkl. Belägen, Leitungen) 1232
‡ Metalle (inkl. Leitungen) sonstige
179 1874
‡ sonstige Materialien (inkl. Leitungen, Belägen) Metalle (i
sonstige
A 2.14
  [5] Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und
­Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaf­ Mineralisches Sonstiges
tung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz –
KrWG), 24.02.2012 Output 2010
  [6] Verordnung über das Europäische Abfallverzeich­
nis (Abfallverzeichnis-Verordnung – AVV),
Input 2010
10.12.2001, zuletzt geändert durch Art. 2 der Ver­
ordnung vom 22.12.2016
  [7] Verordnung über die Bewirtschaftung von gewerb­ Output 2030
lichen Siedlungsabfällen und von bestimmten Bau-
und Abbruchabfällen (Gewerbeabfallverordnung –
Input 2030
GewAbfV), 18.04.2017
  [8] wie Anm. 4
  [9] Mitteilung der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall Output 2050
(LAGA) 20 – Anforderungen an die stoffliche Ver­
wertung von mineralischen Reststoffen /Abfällen –
Input 2050
Technische Regeln. Teil I: Allgemeiner Teil.
06.11.2003
[10] DIN 18 007:2000-05 Abbrucharbeiten – Begriffe, -150 -100 -50 Output 0 Input 50 100 150
Verfahren, Anwendungsbereiche. Mai 2000 Materialströme [Mio. t]
[11] DIN 18 459:2016-09 VOB Vergabe- und Vertrags­
A 2.15
ordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine
Technische Vertragsbedingungen für Bauleistun­
gen (ATV) – Abbruch- und Rückbauarbeiten
[12] Statistisches Bundesamt, Abfallbilanz 2014. Wies­
baden 2016
[13] eigene Berechnung nach: Mineralische Bauabfälle.
Monitoring 2014. Bericht zum Aufkommen und zum
Verbleib mineralischer Bauabfälle im Jahr 2014.
Hrsg. von der Initiative Kreislaufwirtschaft Bau, c/o
Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e. V.
Berlin 2017
[14] eigene Darstellung nach: Ökobilanzen rezyklierter
Gesteinskörnung für Beton. Forschungsbericht der
Holcim (Schweiz) AG in Zusammenarbeit mit dem
Institut für Bau und Umwelt (IBU) und der Hoch­
schule Rapperswil (HSR). Zürich 2010
[15] Dt. Abbruchverband e. V. (Hrsg.), Abbrucharbei­
ten, 3. Auflage. Köln 2015
[16] ebd.
[17]  wie Anm. 10
[18] Müller, Annette – Einfluss von Entsorgungs- und
­Personalkosten auf die Abbruch- bzw. Rückbau­
kosten, Datenbasis: Schultmann, Frank
[19] Deilmann, Clemens u. a.: Materialströme im Hoch­
bau. Zukunft Bauen – Forschung für die Praxis,
Bd. 6, Hrsg vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt-
und Raumforschung (BBSR). Berlin 2017
[20] Thome, Volker, Fraunhofer IBP, URL: https://
www.ibp.fraunhofer.de/de/Presse_und_Medien /
­Forschung_im_Fokus/Archiv/Blitz_im_Buero.html.
Stand 29.07.2017 Deponiebedarf
gedeckt

je dunkler die Einfärbung,


desto größer der regionale
Deponiebedarf, um die
zehnjährige Entsorgungs-
sicherheit nachzuweisen
A 2.16

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