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Erscheinungsort: Wien
8730 W 80 U Verlagspostamt: 1090 Wien
Rudolf Wimmer
Strategische Konsequenzen aus der Internet-Revolution
Hubert Lobnig
Netzwerk – was Sie wirklich investieren sollten!
Klaus Doppler
Flexibel sein! – Auf Biegen und Brechen?
Der vorliegende Hernsteiner greift eine Frage auf, die derzeit heftig und kontrovers diskutiert wird: die Frage,
welche Auswirkungen das Internet und die im Zuge der Internetrevolution entstandene, so genannte New
Economy auf die Gestalt der Unternehmen hat und haben wird.
Schon im einleitenden Artikel von Stefan Doblhofer und Thomas Böhm wird deutlich, dass die Gleichsetzung
des Begriffs New Economy mit dem Bereich Internet und der damit verbundenen Informationstechnologie zu
kurz greift, da sich die unter diesem Label vereinten Firmen bei genauer Betrachtung weniger durch die Bran-
che oder ein bestimmtes Arbeitsfeld charakterisieren als durch Gemeinsamkeiten wie einen neuen Dres-
scode, starkes Wachstum, rasantes Tempo, Lifestyleorientierung, Strukturarmut und die daraus folgenden
Verhaltensmuster. Diese erfordern eine andere, sehr herausfordernde Art der Führung.
Rudolf Wimmer formuliert dann in seinem Beitrag acht Thesen zu der nicht minder interessanten Frage, wel-
che strategischen Konsequenzen das Internet auf den Bereich der sogenannten Old Economy haben wird.
Denn das Ungewöhnliche an der Internetrevolution ist, so Wimmer, dass sie alle überlebenswichtigen Pro-
zesse von Unternehmen gleichzeitig treffen kann: die Kernprozesse des unternehmensinternen Leistungsge-
schehens, die Beziehung zu den Lieferanten (d.h. das ganze Beschaffungswesen und die dazugehörige Logi-
stik) und natürlich auch die Art und Weise, wie ein Unternehmen bislang seine Kunden erreicht und bedient
hat.
Thomas Petersmann und Alexander Nicolai schildern anhand eines Fallbeispiels anschaulich die Schwierigkei-
ten, mit denen Internetunternehmen angesichts der auch in diesem Bereich immer mehr um sich greifenden
Fusionswelle konfrontiert sind. Sie zeigen auf, welche Akteure in diesem Prozess eine Rolle spielen, welche
Faktoren bei der schwierigen Integrationsaufgabe zu beachten sind und welche besonderen Risiken in den
Charakteristika der New Economy verborgen liegen.
Eng verbunden mit der Diskussion zukunftsweisender Organisationsformen ist der Begriff der Netzwerke.
Hubert Lobnig setzt sich in seinem Beitrag intensiv mit diesem Begriff auseinander, er beschreibt, was Netz-
werke ausmacht, wie und unter welchen Bedingungen sie funktionieren, wie man sie steuert und er skizziert
acht Erfolgsfaktoren zum erfolgreichen Management von Netzwerkorganisationen.
Klaus Doppler setzt sich kritisch mit einer weiteren »Tugend der Stunde« auseinander: der Flexibilität. Also
wirft er die Frage auf: Ist Flexibilität nun eine grundlegende Gesinnung, unerlässlich gegenwärtig sowohl für
Unternehmen als auch für Mitarbeiter? Eine Anforderung, die die eigene Entwicklung vorantreibt? Oder spielt
uns der Zeitgeist eine Wortmelodie vor, die zwar zeitgemäß klingt, aber im Prinzip verschleiert, was hinter
den Kulissen passiert? Ist Flexibilität lediglich ein Codewort für Zumutungen, die den Charakter verbiegen?
Adrian Holter, als Manager auf Zeit ein Wanderer zwischen den Welten der New und der Old Economy, gibt
im ersten Interview dann ein Einblick in die Veränderungen der Arbeitswelt, die mit den oben genannten Ent-
wicklungen einher gehen. Christoph Brunmayr, Geschäftsführer der Firma »Men on the Moon«, schließt im
zweiten Interview den Bogen durch die Schilderung seines »atmenden Unternehmens«, in dem die im ein-
führenden Artikel genannten Chrakteristika wie rasantes Tempo, Lifestyleorientierung, Strukturarmut und
daraus folgenden Verhaltensmuster heute schon Realität sind.
Hernsteiner Thema
Thomas Böhm, Stefan Doblhofer
04 Wonderful world, beautiful people
Rudolf Wimmer
10 Strategische Konsequenzen aus der Internet-Revolution
Hubert Lobnig
16 Netzwerk – was Sie wirklich investieren sollten!
21 Klaus Doppler
Flexibel sein! – auf Biegen und Brechen?
Hernsteiner Aktuell
30 trans.form.a©tion:
überzeugend beraten in extremen Situationen
Mr. Stone
36 mr. stone and his business
Wonderful world, beautiful people
Thomas Böhm, Stefan Doblhofer
Zeigt uns die New Economy wirklich, wie wir in Zukunft führen und geführt
werden? Zunächst untersuchen wir, was die »New Economy« überhaupt
charakterisiert. Danach fragen wir nach der Zukunft von Führung – und
von Unternehmen überhaupt.
4 Wollen Sie eine Führungskraft eines New-Economy-Unternehmens mit allen Unternehmen in diesen Segmenten. Traditionelle Unterneh-
nachhaltig verstören? Dann sagen Sie ihr, dass ihr Unternehmen ganz men, die sich auch mit Internet beschäftigen, zum Beispiel eine Bank,
normal ist, dass es denselben Schwierigkeiten und Herausforderungen die modernste Internetbanking-Software entwickelt, würde niemand
gegenüber steht wie andere Unternehmen auch, und dass es diesen mit als Unternehmen der New Economy bezeichnen. Es sei denn, die Bank
denselben Strategien begegnet – und dass z.B. Manager eines Stahl- gründet eine Tochter, die sich vollkommen vom Image und vor allem
konzerns in ihrem Unternehmen hervorragende Führungsarbeit leisten von der Kultur der Bank löst und die eine eigene entsprechende Kultur
könnten. aufbaut. So gesehen kann man den Begriff der New Economy nicht an
Branchen oder Arbeitsfeldern festmachen.
Schließlich galt bis vor kurzem als ausgemacht: In der New Economy Die Gemeinsamkeiten, die einen gemeinsamen Überbegriff wie New
gelten andere, neue Gesetze. Die jungen Kreativen haben uns vom Kra- Economy rechtfertigen, finden wir auf einer ganz anderen Ebene. Da
wattenzwang befreit. Gründlichkeit, Termintreue, Verlässlichkeit, all das sind z.B. ein neuer Dresscode, starkes Wachstum, rasantes Tempo, Life-
wurden verhandelbare Größen gegenüber den Chancen der neuen styleorientierung, Strukturarmut und die daraus folgenden Verhaltens-
Technologien. Kein Schweinezyklus bremste die Wachstumsraten. Ge- muster. Die Gemeinschaft basiert nicht auf Themen, sondern auf kultu-
winne, für die gestandene Manager in traditionellen Branchen jahrelang rellen Eigenheiten und gemeinsamen Problemen, die aus den oben
schufteten, machten die whiz kidz in einem guten Monat. Gleichzeitig geschilderten Situationen resultieren. Und sie basiert darauf, dass diese
glaubten immer mehr Kommentatoren daran, dass die Arbeitsweise Eigenschaften oft stark ideologisiert sind.
und die Führungsmodelle der New Economy ein klares Bild abgäben,
wie unsere Arbeitswelt in Zukunft aussehen würde. Das Internet und die • Ohne Geschichte, ohne Vorbilder und ohne Einschränkungen
Telekommunikationstechnologie würde unsere Arbeitswelt stärker ver-
ändern als die Erfindung des Telefons, der doppelten Buchführung oder Unternehmen der Old Economy haben meist ein sehr umfangreiches
gar des Rads. Set an typischen Normen, Strukturen und Mustern. Dadurch bewegen
sich die Mitarbeiter auf ausgetretenen Pfaden, aus denen sie oft kaum
Die New Economy? Was soll das sein? herauskommen, wodurch sie in ihrer Kreativität und Entfaltung beengt
sind. Andererseits können derartige Muster auch Hilfen sein. Man muss
Das langsame Zerfließen der internet bubble auf den Weltmärkten seit nicht alles neu erfinden, kann auf Erprobtes zurückgreifen.
Anfang dieses Jahres erlaubt es uns jetzt, ein Stück Distanz zu dieser Eu- Die meisten Unternehmen, die das Etikett »New Economy« verdienen,
phorie zu gewinnen und zu ergründen, was an den Unternehmen der sind Unternehmen, die relativ jung sind und keine lange (kulturelle) Ge-
New Economy bleibend »anders« sein wird. Darüber hinaus können wir schichte haben. Und wenn sie von älteren Unternehmen abstammen,
erforschen, was von dem, was derzeit in den Neuen Firmen sichtbar lösen sie sich zumeist gründlich von ihren »Müttern« ab. Auch die mei-
wird, in ähnlicher Form auch auf andere Unternehmen zukommt – und sten Mitarbeiter sind jung und haben noch keine Erfahrungen in ande-
welche Phänomene auch in Zukunft auf einige besondere Branchen be- ren Branchen gesammelt. Dadurch haben sie keine Vorbilder, denen sie
schränkt bleiben werden. In diesem Artikel können wir dazu nur einige folgen müssen, und dadurch finden sie oft ihre eigenen Wege, die so in
beispielhafte Überlegungen anstellen – das Gesamtbild ist umfangrei- der Wirtschaft bisher nicht vorgekommen sind. Eine eigene Dynamik
cher und komplexer. entsteht.
• Die New Economy ist eine Kulturgemeinschaft, keine Branche • Das hat noch niemand gemacht! Die Mystik des Neuen.
Die New Economy wird meistens mit dem Internet-Bereich gleichge- Nichts hebt das Klima und die Unternehmenskulturen der neuen Firmen
setzt, teilweise mit der Informationstechnologie, manchmal auch mit stärker ab als das Bewusstsein Dinge zu tun, die vorher noch nicht ge-
bestimmten Bereichen der Telekommunikation. Allerdings auch nicht macht wurden, gedacht wurden, erreicht worden sind. Dies hat
Besonders auffällig ist in diesem Rahmen der Umgang mit Zeit. Schnel- Es ist vielfach darauf hingewiesen worden, dass Unternehmen der New
ligkeit ist zum selbstverständlichen Markenzeichen der Branchen der Economy oft eine bemerkenswert kohärente Unternehmenskultur
New Economy geworden. Mit dem Versprechen der Schnelligkeit treten haben. Dieser Beobachtung schließen wir uns an. So sehr auf autonome
diese Unternehmen dem Markt gegenüber, die Forderung der Schnel- Gestaltung der eigenen Arbeit Wert gelegt wird, so klar gelten auch be-
ligkeit überträgt sich meist auch auf interne Abläufe und auf Prozesse, stimmte Regeln – wie z.B. der Vorrang für Schnelligkeit (vgl. oben)
wo Tempo gar nicht gefordert wäre. Dabei ist es akzeptabler als in an- u.v.a. Wie kommt es dazu, dass eine hohe Autonomie so oft Platz neben
deren Unternehmen, dass nicht mehr geschieht, was für eine gewisse einer hohen Kulturkohärenz hat?
Zeit liegen geblieben ist. Mit einem achselzuckenden Verweis auf den Einfache soziologische Rahmenbedingungen tragen zu einer gewissen
Zeitdruck übergehen die Akteure Dinge, die fix vereinbart gewesen sein Geschlossenheit bei. Meist handelt es sich bei den Mitarbeitern um eine
mögen, die dann aber nicht realisiert wurden – »schnell oder gar nicht« Gruppe mit ähnlichem Bildungsniveau und geringen Altersunterschie-
ist hier oft die Devise. den. Die oft langen Arbeitszeiten tragen dazu bei, dass auch ein großer
Menschen, die ihren Sinn daraus schöpfen, »voraus« zu sein, kann Teil der persönlichen Beziehungen ihren Platz unter Kollegen findet.
Schnelligkeit alles bedeuten - vor allem auch Sicherheit geben, dass sie Wir glauben aber, dass die Gründe für die Stärke der Unternehmenskul-
in einem Wettbewerb, der zunehmend ein Wettlauf ist, »voraus« blei- turen eher in den oben aufgeführten Faktoren liegen. Das gemeinsame
ben werden. Bewusstsein, an einem privilegierten Ort dem Gros der Menschen »vor-
aus« in die Zukunft zu sehen und diese zu gestalten, verbindet wahr-
scheinlich mehr als alles andere.
Real-Time-Feedback
6 Wie geht das weiter? herumtragen, treten mit einem anderen Der Zwang zur Schnelligkeit einerseits und die
Selbstbewusstsein auf als ihre früheren Kolle- Akkumulation spezialisierten Wissens bei den
Die oben zusammengetragenen Charakteristi- gen. Sie kennen den Wert, den sie für das Un- Mitarbeitern andererseits bringen Unterneh-
ken zeigen, dass die Erfahrung der Neuen Fir- ternehmen repräsentieren, und sie kennen die men beim Wechsel eines Angestellten in eine
men nicht ohne weiteres auf andere Branchen Kosten und den Zeitverlust, den ihre Kündi- schwierige Lage. Nicht umsonst wird es für
übertragbar ist: Die aufgeführten Faktoren – gung bedeuten würde. Schließlich kennen sie viele Führungskräfte zu einer zentralen Her-
die Jugend der Mitarbeiter, das extreme oft auch die Branche und die Mitbewerber, die ausforderung, ihre Leute im Unternehmen zu
Wachstum, der technologische Vorsprung u.a. ihnen einen Umstieg leicht machen würden. halten. Welche Auswirkungen diese Aufgabe
– können nicht beliebig oft zusammentreffen. Mitarbeiter werden also anspruchsvoller, und auf andere Führungssituationen hat, kann
Trotzdem sehen wir in den Neuen Firmen zwei sie können es sich leisten. Neben der finanziel- man ahnen.
große Trends, die – in z.T. abgeschwächter len Abgeltung muss heute auch die Herausfor-
Form – schon heute und in naher Zukunft tief derung stimmen, die persönliche Entwicklung Wozu in die Zukunft schauen?
greifende Auswirkungen weit über die New gewährleistet sein. Mitarbeiter spüren, wenn
Economy haben oder haben werden: sie auf der Stelle treten, und fordern die In vielen Branchen sind Führungskräfte noch
• Wissen wird immer stärker zum zentralen Chance ein, Neues und Interessanteres zu tun. heute in der glücklichen Lage, die wesentli-
Produktionsmittel, und die Wissen- Immer seltener werden unter den Jüngeren die chen Entwicklungen ihres Umfeld zu über-
produzierenden Mitarbeiter werden Vertreter jenes Typs Mitarbeiter, der sich jahre- schauen – oder dies zumindest mehr zu tun als
immer anspruchsvoller lang mit der sprichwörtlichen Karotte vor der ihre Mitarbeiter. Regelmäßige Marktstudien,
• Die Zukunft wird immer schlechter Nase motivieren ließ. Eine differenzierte Le- Kundenbefragungen und der Austausch mit
vorhersehbar. bensplanung, die häufige Wechsel von Inter- externen Beratern geben diesen Führungs-
Mit den Auswirkungen dieser Trends wollen essenschwerpunkten einschließt und gele- kräften einen Informationsvorsprung, der
wir uns nun auseinandersetzen. gentliche Wechsel des Unternehmens nicht ihnen hilft, sich wenigstens die nahe Zukunft
ausschließt, ist an die Stelle linearer Karriere- ihres Unternehmens auszumalen. Das wird es
• Die Neuen Mitarbeiter der Knowledge wege getreten. Dafür nehmen es viele – früher auch in Zukunft noch geben – aber in immer
Economy undenkbar – in Kauf, finanziell oder in der Ver- mehr Branchen wird auch schon die nahe Zu-
Jonas Ridderstrale und Kjell A. Nordström be- antwortung woanders wieder ein Stück weiter kunft ein Buch mit sieben Siegeln sein. Hier
schreiben in ihrem Buch »Funky Business« ein- »unten« neu zu beginnen. sind oft Mitarbeiter am klarsichtigsten, die zu
drucksvoll die Bedeutung, die das Produkti- Das Glaubensbekenntnis, Mitarbeiter seien die einer bestimmten Zeit mit der richtigen Tech-
onsmittel Wissen bereits heute einnimmt. Sie Schlüsselressource eines Unternehmens, be- nologie zu hantieren begonnen haben. Unter-
empfehlen zu prüfen, »ob es wehtut, wenn Sie kommt heute eine ganz andere Färbung: In nehmen, die es schaffen, auch solchen Mitar-
sich ihren Wettbewerbsvorteil auf die Zehen vielen Unternehmen werden Mitarbeiter zum beitern immer wieder zuzuhören, haben eine
fallen lassen. Ist dies der Fall, sollten Sie sich zentralen Engpass! »Wir haben nicht das Pro- größere Chance, die nächsten Innovations-
über Innovationen Gedanken machen. Denn blem, Aufträge aus dem Markt zu erhalten«, schübe aktiv mitgestalten zu können.
alles, was wehtut, besteht aus zuviel Material erklärte uns eine Führungskraft aus einer In- Nicht nur die technologische, auch die Wett-
und zu wenig Wissen.«1 ternet-Agentur. »Wir haben vielmehr das Pro- bewerbsseite vieler Branchen wird zuneh-
Mitarbeiter, denen bewusst ist, dass sie ihr blem, wie wir alle Aufträge bearbeiten – näm- mend unübersichtlicher. Vor allem im Wachs-
wichtigstes Produktionsmittel ständig mit sich lich mit welchen Leuten.« tumssektor der gehobenen Dienstleistungen
1 J o n a s R i d d e r s t r a l e , K j e l l A . N o r d s t r ö m :
Funky Business – Wie kluge Köpfe das Kapital zum Tanzen bringen, Financial Times Prentice Hall 1999, S. 29
wird es immer schneller möglich, bestehende Prozesse mit einigen we- Markt geboten hätte. Traditionell verteidigt man diese Vorgangsweise
nigen neuen Ideen zu verbinden und damit entscheidende Vorteile zu mit dem Hinweis, dass es meist besser ist, eine suboptimale Entschei-
schaffen. Das Forum Internet ermöglicht es wiederum oft den Mitarbei- dung als gar keine Entscheidung zu treffen und damit ziellos einmal die-
tern, die Performance und Angebote einzelner Mitbewerber viel ge- ser, einmal jener Gelegenheit hinterher zu laufen. Viele Beispiele haben
nauer zu verfolgen, als dies den Führungskräften möglich wäre. diese Argumentation eindrucksvoll untermauert. Aber ist nicht in
Wenn die Zukunft so wenig Planbares enthält, warum verzichtet man einem Umfeld, in dem neue Erkenntnisse fast täglich die Chancen und 7
dann nicht überhaupt auf Planung? Viele Unternehmen der New Eco- Risiken der Zukunft neu gewichten, das Gegenteil wahr? Kann es sich
nomy gehen diesen Weg, manche bewusst und konsequent, noch mehr hier nicht durchaus lohnen, immer wieder neuen Ideen nachzugehen,
gehen ihn einfach de facto. An die Stelle der Unternehmensziele treten ohne sich strategische Fesseln anzulegen?
dann vielleicht langfristig gedachte Unternehmensvisionen oder ein- Wie auch immer: In vielen der Neuen Firmen klafft eine »Strategie-
fach das Gefühl, an einem großartigen, privilegierten Ort zu stehen und Lücke«, wenigstens was Strategien betrifft, die nach innen ins Unter-
die Zukunft auf sich zukommen zu lassen. nehmen hineinwirken und z.B. in operative Ziele umgelegt werden
könnten. Darum und aufgrund des hohen Drucks vom Markt sind die
Die Zukunft von Führung mittleren Führungskräfte damit beschäftigt, »Firefighting« zu betreiben
bzw. ihren Teams zu ermöglichen, möglichst unbehelligt vom Chaos
Führungskräfte werden in der Zukunft noch stärker als heute um das immer neuer, widersprüchlicher Anforderungen, ihrer Arbeit nachzuge-
»big picture« bemüht sein. Aber dieses Gesamtbild muss viele Facetten hen. Dieses Gesamtbild wird in Zukunft wahrscheinlich auf immer mehr
und Details integrieren können. Als Führungskraft werden sich jene (auch »traditionelle«) Firmen zutreffen, die nicht ein besonderes Augen-
qualifizieren, die in ständiger Kommunikation – innerhalb und außer- merk auf ihre Führungspraxis und -instrumente legen.
halb des Unternehmens – lernfähig bleiben. Sie müssen die Kraft haben,
ihre Mitarbeiter zu laufender Weiterarbeit an den strategischen Stoß- Die »Strategielücke«
richtungen des Unternehmens zu bewegen – trotz der ständigen Revi-
sionen, die unvermeidlich werden.
Wer viele Unternehmen der New Economy betrachtet, dem fällt auf:
Starke Visionen bestimmen die Unternehmensführung und ihren Auf-
tritt nach außen; strategische Planung und Ausrichtung gehören dage-
gen meist nicht zu den Stärken. Viele geben an, für strategische Pla-
nung einfach nicht die Zeit zu haben. Andere stellen ihre Strategien so
oft und so tief greifend um, dass sie jede Steuerungswirksamkeit verlie- • Hierarchie? Heterarchie? Hyperlinks?
ren und »Strategie« zum running gag der Mitarbeiter wird. Strategiear-
beit reduziert sich in vielen Fällen auf Mergers & Acquisitions, also die Viele Internet-Unternehmen sind stolz darauf, »keine Hierarchien« zu
Frage, welches Unternehmen man kaufen oder mit welchem man fusio- haben, und Andy Law, der Gründer der englischen Internet-Agentur St.
nieren sollte. Luke’s, erklärte jüngst in einem Interview2: »Niemand berichtet an mich
Die New Economy steht einem Grundproblem der Unternehmensstra- [oder meinen Mitgründer]. Tatsächlich berichten wir an die anderen.«
tegie überhaupt gegenüber – nur in krasserer Form: Um die Energien Viele Mitarbeiter der Neuen Firmen bezeichnen eben dieses Fehlen von
und Ressourcen der Unternehmen zu bündeln und zu fokussieren Führung als einen wesentlichen Faktor ihrer Zufriedenheit und Motiva-
schließt die Strategie bestimmte Optionen aktiv aus – und geht damit tion. Ist »die Führungskraft« überhaupt ein Auslaufmodell, oder in Zu-
möglicherweise an den interessantesten Gelegenheiten vorbei, die der kunft eine Erscheinung ganz bestimmter traditioneller Branchen?
2 vgl. das Interview mit Andy Law im Harvard Business Review Sept/Oct 2000
3 J o n a s R i d d e r s t r a l e , K j e l l A . N o r d s t r ö m :
Funky Business, Wie kluge Köpfe das Kapital zum Tanzen bringen, Financial Times Prentice Hall 1999, S. 165
4 vgl. www.cluetrain.org, Manifesto, These 50. Zum Cluetrain Manifesto vgl. weiter unten
5 J o n a s R i d d e r s t r a l e , K j e l l A . N o r d s t r ö m :
Funky Business, Wie kluge Köpfe das Kapital zum Tanzen bringen, Financial Times Prentice Hall 1999, S. 143
6 Aporie: griechisch: a: nicht, poros: Weg, Brücke., also Widersprüchen, die sich widersprechen, obwohl beide wahr sind und ohne einander nicht existieren können.
vgl. Gerhard Schwarz: Konfliktmanagement. Gabler, Wiesbaden 1990, Seite 158
7 I m S i n n e v o n D a v i d B o h m :
Der Dialog. Das offene Gespräch am Ende der Diskussionen. Klett-Cotta, Stuttgart 1998, vor allem Seite 32-46
8 vgl. www.cluetrain.org
9 Vergleich: Reinhart Nagel, Margit Oswald, Rudolf Wimmer: Das Mitarbeitergespräch als Führungsinstrument. Klett-Cotta 1999
10 Vergleich: Peter M. Senge et al: Das Fieldbook zur fünften Disziplin. Klett-Cotta 1996, Seite 405ff
Die dynamische Wachstumsentwicklung der New Economy schafft nicht nur ein
gewaltiges Chancenpotential für all jene Firmen und Startups, die sich unmittel-
bar in diesem Segment bewegen. Die Internet-Revolution zieht auch für einen
Großteil der Unternehmen in der sogenannten Old Economy erhebliche Konse-
quenzen mit sich. In den allermeisten Branchen werden zur Zeit gerade die
Bedingungen für den geschäftlichen Erfolg und Misserfolg neu definiert.
10 Wir befinden uns am Beginn eines gesellschaftlichen Umbruchs, der natürlich jene Firmen dran, die in beiden Dimensionen (dem Geschäft
wichtige Eckpfeiler wirtschaftlichen Handelns zum Einsturz bringen mit den jeweiligen Gütern und Dienstleistungen wie jenem mit den da-
wird. Solche Zeiten erzwingen ein Überprüfen der eigenen strategi- zugehörigen Informationen) Spitze sind. Solche »Sowohl-als-auch-Stra-
schen Grundannahmen, die bislang die Unternehmensentwicklung ge- tegien« sind allerdings sehr voraussetzungsvoll, weil sie es vielfach not-
steuert haben. Dazu im Folgenden in aller Kürze einige Thesen, die auf wendig machen, die eigenen Grundüberzeugungen bezogen auf das
dem Buch von Evans, Wurster: »Web Attack. Strategien für die Internet- bisherige Geschäft radikal in Frage zu stellen.
Revolution«1 beruhen.
These 2: Entscheidungsprobleme der neuen Art
These 1: Neuverknüpfung von Güter- und Informationsströmen
Das Ungewöhnliche an der Internetrevolution ist, dass sie alle überle-
Jedes Geschäft, gleichgültig ob es um die Herstellung und den Verkauf benswichtigen Prozesse von Unternehmen gleichzeitig treffen kann: die
von Produkten oder um das Bereitstellen von Dienstleistungen geht, Kernprozesse des unternehmensinternen Leistungsgeschehens (wie die
beruht auf einer engen Verknüpfung von Güter- und Informationsströ- administrativen Unterstützungsprozesse), die Beziehung zu den Liefe-
men. Dies gilt sowohl für die Prozesse innerhalb eines Unternehmens als ranten (d.h. das ganze Beschaffungswesen und die dazugehörige Logi-
auch für das Verhältnis desselben zu seinen Lieferanten und Kunden. stik) und letztlich natürlich auch die Art und Weise, wie ein Unterneh-
Damit die zwischen den einzelnen Gliedern der Wertschöpfungskette men bislang seine Kunden erreicht und bedient hat. Am
stattfindenden »Transaktionen« gelingen können, bedarf es eines mehr eindrucksvollsten geht zur Zeit im Geschäft zwischen Unternehmen die
oder weniger aufwendigen Informations- und Kommunikationsgesche- Post ab. Laut einer Studie der Boston Consulting Group von August
hens, für das bislang in einer ganz bestimmten Weise Sorge getragen 2000 wächst das B2B-E-Commerce in Deutschland jährlich mit 34 % und
worden ist (z.B. durch einen eigenen Verkaufsapparat oder durch eine wird in drei Jahren bereits 14 % des gesamten Beschaffungsvolumens er-
Vertreterorganisation oder durch Franchaisinglösungen etc., etc.). reichen (ca. 450 Milliarden Euro). Man wird deshalb sehr genau die
Diese traditionell enge Verschmelzung von Güter- und Informations- Funktionsweise der neu entstehenden elektronischen Marktplätze, Ein-
strömen in der Realisierung von Geschäften ist zur Zeit an vielen Stellen kaufsplattfomen, Katalogsysteme und Auktionen studieren müssen,
in Auflösung begriffen. Die neu entstehenden E-Commerce-Lösungen um herauszufinden, welche dieser Lösungen sich für welches Beschaf-
(in Richtung Kunden sowohl im Bereich B2B als auch zunehmend im fungsproblem eignet. Mit dem Bedeutungszuwachs dieser Themen ent-
B2C) senken die Transaktionskosten in einem derart radikalen Ausmaß stehen für Unternehmen Entscheidungsprobleme ganz neuer Art, die
und schaffen durch eine nie dagewesene Transparenz ganz neue Bedin- auf Grund der zugrundeliegenden Komplexität und Ungewissheit ganz
gungen für die Preisfindung, dass im Erfinden, Implementieren und Ser- ungewöhnliche Risiken entstehen lassen. Dieser Umstand wird zweifels-
vicieren solcher Lösungen ein ungeheures Wertschöpfungspotential ohne einen neuen Beratungsbedarf stimulieren, zu dessen Befriedigung
steckt, an dessen Hebung viele Unternehmen zur Zeit mit großem es darauf ankommen wird, komplexes Know-how über IT-Architekturen
Nachdruck arbeiten. mit Strategiewissen über die aktuelle Marktdynamik zu verknüpfen.
Damit werden in bestimmten Feldern IT- und Strategieberatung noch
Die Internetrevolution lässt in großem Stil neue Unternehmen entste- näher zusammenrücken.
hen, die sich auf die Bewältigung der allen Geschäftsprozessen zugrun-
deliegenden Informations- und Kommunikationsaufwendungen kon- These 3: Neukonfiguration der Wertschöpfungskette
zentrieren. Damit ist ein Prozess in Gang gekommen, der die
geschäftlichen Spielregeln in vielen Branchen zunehmend auf den Kopf Das Auseinanderbrechen der Güter- und Informationsprozesse eröffnet
zu stellen beginnt. Unternehmen müssen sich daher strategisch sehr die Chance, den bisherigen organisatorischen Zusammenhang zwi-
genau überlegen, für welche der genannten Ströme sie ihre Kernkom- schen den Gliedern der Wertschöpfungskette völlig neu zu konfigurie-
petenzen ausprägen und weiterentwickeln wollen. Am besten sind ren (auf diesen Umstand bezieht sich das neue Modewort von der »de-
1 P h . E v a n s , T h . S . W u r s t e r : Web Attack. Strategien für die Internet-Revolution, Hanser Verlag, München 2000
12 Nach den großen internationalen Zusammenschlüssen klassischer Indu- auf 23 Milliarden Euro ansteigen. Später, nach Einführung des UMTS-
strieunternehmen hat das Fusionsfieber nunmehr auch die so genannte Standards, wird noch einmal mit einem deutlichen Wachstumsschub
New Economy erfasst. Internet-Startups, Unternehmensgründungen, gerechnet. Bereits 2003 sollen mehr Menschen mit dem Handy auf das
die vor allem auf dem World Wide Web (WWW) basieren, sind zuneh- Internet zugreifen können als mit dem stationären PC. Auf diesen Pro-
mend Gegenstand von Zusammenschlüssen und Übernahmen, og. gnosen basiert die Geschäftsidee der im Durchschnitt 33 Jahre alten Un-
Mergers & Acquisitions (M&A). Allein zwischen 1998 und 1999 hat sich ternehmer. Ihre Kunden können sich durch wenige Eingaben im Display
die Summe, die für »Webmergers«, für M&A von Internet-Startups, aus- des Handys eine günstige Flugverbindung suchen und eine verbindliche
gegeben wurde, versiebenfacht.1 Eine weitere Beschleunigung der Fusi- Buchung vornehmen. Zusatzinformationen über Verspätungen, An-
ons- und Übernahmedynamik in diesem Bereich wird vorhergesagt.2 schlussflüge oder das Wetter am Zielort gehören zu dem Dienstlei-
Die bisherigen Erfahrungen bei Industrieunternehmen aller Größenord- stungsangebot. Die Firma heißt Wap-Travel.com und erzielt ihre Erlöse
nungen zeigen, wie überaus schwierig die Zusammenführung vormals über Provisionen auf die vermittelten Flugtickets.
unabhängiger Unternehmen sein kann. Nicht zuletzt die von der Uni- Den Business Plan haben die drei Gründer am 20. November 1999 fer-
versität Witten/Herdecke ermittelte Quote von 60% gescheiterten tiggestellt. Sie verschicken ihn an eine Reihe von Risikokapitalgebern, so
M&A-Transaktionen gibt davon Zeugnis.3 Zwar sind die Bedingungen genannter Venture Capitalists (VCs). Bergmann, Heuringhausen und
bei den jungen Startups vollkommen andere, doch auch hier ist der Luig werden in den folgenden Wochen zu einigen Gesprächen eingela-
M&A-Prozess eine große Herausforderung. den, um ihre Geschäftsidee zu präsentieren. Dank des überzeugenden
Am Beispiel der gescheiterten Fusion von Wap-Travel.com mit Smart- beruflichen Hintergrunds des Management-Teams finden sie schließlich
flight.com wird illustriert, welche Akteure den M&A-Prozess in der In- als Finanzier das Unternehmen Trendventure, das ihnen 9 Mio. DM zur
ternetökononomie beeinflussen und welche Risiken der Prozess birgt. Verfügung stellt. Als Gegenleistung sichert sich der VC einen 20-%-An-
Der Fall ist fiktiv, basiert aber auf den praktischen Erfahrungen verschie- teil von Wap-Travel.com. Der Business Plan sieht vor, dass bis Ende 2000
dener Unternehmenszusammenschlüsse in der Internetökonomie. Flugtickets im Wert von 800 000 DM bei einer Provison von 4% vermit-
telt werden. 2001 soll der vermittelte Umsatz auf 9 000 000 DM stei-
Gründung von Wap-Travel.com gen, und 2003 wird bei einer nochmaligen Verfünfachung des Umsat-
zes der Break-Even erwartet. Dann soll das Initial Public Offering (IPO),
Am 14. September 1999 entschließen sich Christoph Bergmann, Stefan der Börsengang, anstehen. Geht die Rechung auf, sind die drei Gründer
Heuringhausen und Thorsten Luig, ein eigenes Unternehmen zu grün- nach dem IPO Millionäre, und das Kapital der VCs wird seinen Wert ver-
den. Bergmann und Heuringhausen geben dafür ihren Job bei einer in- zehnfachen.
ternational führenden Unternehmensberatung auf. Luig, ein Schul-
freund Bergmanns, kommt von einer großen Fluggesellschaft. Die Rückschläge
Geschäftsidee: Fluginformationen und -buchungen über Internet und
Mobiltelefon. Insbesondere die Chancen, die durch die Mobilfunk-An- Wap-Travel.com bezieht am 7. Januar 2000 die Geschäftsräume in
wendung entstehen, haben das Unternehmer-Trio zum Gründen be- einem Gewerbegebiet bei München. Schnell werden 15 Mitarbeiter ein-
wegt. Sie sind damit im so genannten Mobile-Commerce tätig, dem gestellt, darunter Programmierer, Call-Center-Agenten, Produktmana-
elektronischen Handel mit dem Handy. Beim M-Commerce erhält der ger und Key-Account-Manager. Die meisten von ihnen werden über per-
Nutzer über das Handy Zugang zum Internet und kann dort Transaktio- sönliche Kontakte der Gründer angeworben.
nen vornehmen. Ersten Marktforschungen zufolge soll das Umsatzvolu- Am 20. Februar ist die erste Version der Vermittlungssoftware einsatz-
men mit steigender technischer Leistungfähigkeit bis 2002 europaweit bereit, mit einer großen Kampagne wird Wap-Travel.com in den Markt
5 P r i c e W a t e r h o u s e C o o p e r s ; Das Internetsegment des Neuen Marktes – Chance oder Risiko?, Frankfurt a.M., 2000
6 K P M G / E c o n o m i s t I n t e l l i g e n c e U n i t ; The eBusiness value chain: Winning Strategies in seven global industries,
London/ New York/ Honkong, 2000
Die jungen Internet-Unternehmen zeichnen sich durch schlanke Eine weitere wichtige Integrationsaufgabe liegt im Personalmanage-
Führungsstrukturen aus, die niedrige Kosten und schnelle Entschei- ment. Ohnehin scheitert jedes zweite Startup an dieser Herausforde-
dungsprozesse ermöglichen. Das Fehlen von Stäben und die knappe rung.8 Kommt es zu einem Unternehmenszusammenschluss, steigen
Management-Besetzung kann jedoch hemmend wirken. Häufig fehlen die Anforderungen ans Management noch einmal beträchtlich. So müs-
schon in der Vorbereitungsphase qualifizierte Führungskräfte, die sen etwa die Modelle für die Mitarbeiterbeteiligung angepasst werden.
neben dem operativen Geschäft beispielsweise für die Bewertung von Häufig ist eine Vielzahl von Mitarbeitern in die Entscheidungsprozesse
Akquisitionsprojekten zur Verfügung stehen. Die Folge sind zeitliche eingebunden. Das partizipative Vorgehen kann ein entschlossenes Vor-
Verzögerungen und unzureichende Arbeitsergebnisse. In der Internet- gehen verhindern. Durch die geringe Führungerfahrung der jungen Ma-
Ökonomie, wo Geschwindigkeit der kritische Erfolgsfaktor ist, stellt dies nagement-Teams – der Altersdurchschnitt beträgt in Deutschland 32
einen erheblichen Wettbewerbsnachteil dar. Erfolgreiche M&A-Transak- Jahre – steigt die Misserfolgsquote.9
tionen, das zeigen empirische Studien, werden zügig abgewickelt.7
Durch die Internetökonomie wird eine Vielzahl neuer rechtlicher Fragen
Die technische Integration der IT-Systeme der beteiligten Unternehmen aufgeworfen, die für Webmergers relevant sind. Sie kreisen beispiels-
ist im Prinzip immer möglich. Kritisch ist auch hier allein der Zeitfaktor. weise um Software-Lizenzen, Zugangs- und Nutzungsrechte für Daten-
Die Integration gleicht dem Wechsel eines Motors bei laufender Fahrt. banken, Domainnamen, Verknüpfung mit der Internetpräsenz von Part-
Das neue Unternehmen kann es sich nicht leisten, seinen wichtigsten – nerunternehmen oder markenrechtliche Aspekte.
manchmal einzigen – Vertriebskanal zu blockieren. Mittelfristig können
aber die angestrebten Synergien nur dann gehoben werden, wenn man Fazit
sich auf eine IT-Plattform einigt. Die Geschäftsmodelle bei dem hier in-
teressierenden Unternehmenstyp basieren auf den technischen Mög- In den nächsten Jahren werden Webmergers einen rasanten Bedeu-
lichkeiten des Internet. Die Integration der IT-Plattformen kann mit der tungszuwachs erfahren. Fälle wie der von Wap-Travel.com machen
Modifikation des Geschäftsmodells einhergehen. In diesem Fall ist die deutlich, welche Risiken der M&A-Prozess in der Internetökonomie
technische Integration mit der strategischen Neuausrichtung des Un- birgt. M&As bei Internet-Startups sind nicht allein durch Faktoren moti-
ternehmens eng verknüpft. viert, die unmittelbar mit der Unternehmensleistung in Verbindung ste-
Die infrastrukturelle Integration bereitet meist keine Probleme. Die be- hen. Aus dem Interessengeflecht der Stakeholder erwächst eine Dyna-
teiligten Unternehmen sind jung. Die organisationalen Routinen, die mik zu Gunsten von Unternehmenszusammenschlüssen. Für eine
sich um Managementsysteme, Rechnungswesen und operative Arbeits- erfolgreiche Umsetzung einer M&A-Transaktion müssen diese Interes-
prozesse ranken, sind noch nicht zementiert. Erschwert wird die Inte- sen im Auge behalten werden. Bei der Integrationaufgabe zählen die
gration allerdings deutlich, wenn dauerhaft zwei Unternehmensstand- Etablierung einer gemeinsamen technischen Plattform, die Schaffung
orte beibehalten werden sollen, auch wenn dies technisch durch die eines neuen »Entrepreneurial Spirit«, der Erhalt des Humankapitals
Möglichkeiten von Intranets lösbar wäre. sowie das Umschiffen der juristischen Klippen zu den wichtigsten Auf-
gaben.
Wer sich nicht vernetzt, hat schon verloren! Wer sich einfach so vernetzt, hat
schon manches verloren – dazu aber später! 1
16 Wer das E-Mail nicht nutzt, wer die Möglichkeiten des Internet nicht auf- Warum reden alle von Netzwerk?
greift, wer zu wenig in die Pflege seines Beziehungsnetzwerkes inve-
stiert, wer seine Geschäftspartner sträflich vernachlässigt, der dürfte im Für die wachsende Bedeutung von Netzwerken in der Welt der Unter-
Wettbewerb um die richtigen Beziehungen und Partnerschaften immer nehmen und Organisationen werden drei Gründe angeführt:
mehr den Kürzeren ziehen. Unsere Gesellschaft entwickelt sich zur 1. Das Potential neuer Technologien ermöglicht nicht nur neuartige
Netzwerkgesellschaft – ein Prinzip, das im Privaten ebenso zutrifft wie und schnellere Kommmunikation, es stellt auch traditionelle
im Geschäft. Je höher Expertise und Verantwortung, desto mehr be- Organisationsstrukturen in Frage.
deutet Netzwerken das Verfließen der Grenzen von privat und Job. Mit 2. Die Zunahme der »Knowledge Worker« hat zur Folge, dass unter-
wem tauschen Sie sich wirklich über Wesentliches aus? Wesentlicher nehmensübergreifende professionelle Netze eine starke Bedeutung
Austausch erfolgt zwischen Personen des Vertrauens. Und das ist einer für Experten bekommen.
der Knackpunkte. Vertrauen ist eine Kette gehaltener Versprechen und 3. Die wachsende Internationalisierung und Globalisierung der Märkte
Vereinbarungen, das Ergebnis von »Tauschhandel«, die insgesamt als führt zur Aufgabe allzu konzentrierter Standortorientierungen von
gelungen bilanziert werden.2 Unternehmen und zur Dezentralisierung in kleine, autonome und
So gesehen entwickeln wir uns zu einer Gesellschaft der Netzwerke, und verantwortliche Einheiten.
hier gilt eine eherne Regel: Nur wer in Netzwerke investiert, wird etwas
herausbekommen – wobei die Währungen vielfältig sein können: Wis- Für unsere Frage soll an dieser Stelle eine Unterscheidung angeboten
sen, Produkte, Beziehungen, Macht, ökonomisches Kapital. Oder aber: werden, die zumindest vier Dimensionen von Netzwerk-Aktivitäten ein-
Netzwerke, in die nichts investiert wird, werden nicht überleben – sie führt (siehe Abb. 1. rechte Seite).
waren eben nicht die richtigen. Über den Nutzen von Netzwerken spre-
chen alle, über die Investitionen hört man wenig. Flops gibt’s immer Organisationsinterne Netzwerke werden gegründet, um die Begren-
öfter, erfolgreiche Netzwerke arbeiten leise, aber solider als man glaubt. zungen der Hierarchie und bestehender Ablaufstrukturen partiell zu
Netzwerke funktionieren nicht allein mit gutem Willen. überwinden. Insbesondere im Wissensmanagement hat sich gezeigt,
dass betriebsinterne bereichs- und funktionsübergreifende Netzwerke
1. Die Hauptbotschaften gleich zu Beginn: schneller und zielorientierter in der Lage sind, bestehendes Wissen ab-
zurufen und neues zu entwickeln, als wenn man sich an formale Abläufe
• Ein Netzwerk existiert nur so lange die Beteiligten etwas lernen oder (temporäre) Projektstrukturen hält.
können oder beitragen wollen. Ein Beispiel aus der Versicherungsbranche:
• Das Engagement in ein Netzwerk bedeutet eine Investition: in die Ausgangsprobleme: Versicherungsprodukte werden in mehreren Län-
Entwicklung von tragfähigen Zielen und Visionen, in die Erstellung dern parallel erstellt, es bleibt dem Zufall überlassen, ob man es erfährt.
von Entscheidungsprozessen, den Aufbau von Arbeitsbeziehungen Statistiken und Marktdaten bleiben in einer Abteilung oder einem Land
und die Etablierung einer gemeinsamen Netzwerkkultur. Zudem und werden nicht im Konzern genutzt, Erfahrungen von Verkäufern
erfordern Netzwerke meist Beziehungspflege. werden nicht systematisch an die Produktion weitergegeben. Diese Dia-
• Der Einsatz neuer Informationstechnologien fördert Kommunika- gnose hat die Führung eines europäischen Versicherungskonzerns dazu
tion und Kooperation in Netzwerken. Er kann die personale und genutzt, ein europäisches Wissensnetzwerks aufzubauen, an dem Ex-
direkte Kommunikation an einem Ort allerdings nicht ersetzen. perten der Produktentwicklung (auch externe), Repräsentanten der
• Gleichzeitig muss in einem Netzwerk immer auch die eigene Organi- Zentrale, Personen aus dem Marketing und Vertreter der Ländercompa-
sation mitgedacht werden: Verlaufen die Entwicklungen noch ent- nies teilnehmen. Das Wissensnetzwerk wird von der Marketingabtei-
lang der Strategie der »Heimorganisation«? Wie werden sie mich mit lung eines Landes koordiniert und setzt Aktivitäten auf der Ebene des
diesem Entscheidungsergebnis »zu Hause« aufnehmen? »harten« und »weichen« Netzwerkens.
1 In diesen Beitrag gehen Erfahrungen aus eigener Projektmanagerarbeit in organisationsübergreifenden europäischen Netzwerken ein, weiters aus beratender Arbeit in der
Wirtschaft, der Forschung und Entwicklung, dem Krankenhausbereich und der Regionalpolitik.
2 S i m o n F r i t z & C / O / N / E / C / T / A ( 1 9 9 8 ) : Radikale Marktwirtschaft. Grundlagen des systemischen Managements. Heidelberg:
Verlag Carl-Auer-Systeme
Gleich zu Beginn der Arbeit hat sich gezeigt, Wert, und die Herausforderung eines solchen mitglieder an Prozessen der strategischen und 17
daß das Wissensnetzwerk sehr auf die Selbst- Netzwerkes wäre das Gelingen einer erfolgrei- strukturellen Gestaltung beteiligen, dass Pro-
ändigkeit und Eigeninitiative der Akteure an- chen Partnerschaft. Wie solche Netzwerkpart- zesse nicht einfach von »außen« aufgesetzt
gewiesen ist. Der Auftrag von außen konnte nerschaften gestaltet, entwickelt und beglei- werden können. Da der Aufwand für die Mitar-
nur die Rahmenideen und -bedingungen fest- tet werden können, darauf konzentrieren wir beit in einem Netzwerk nicht unterschätzt
legen, eine hinreichende Klarheit mußte erst uns nun in weiterer Folge. werden sollte, sollte die Entscheidung, sich
im Netzwerk erarbeitet werden. Die Rahmen- einem Netzwerk anzuschließen, gründlich
bedingung der je eigenen Organisation (das Partnerschaftliche Steuerung überlegt werden (siehe Abb. 2.).
Arbeitspensum) muß jeder selbst mitdenken,
die Steuerung (was genau sollen wir tun?) er- Netzwerkorganisationen zeichnen sich durch Auf der Ebene der Beziehungen sind die Mit-
folgt im hohen Ausmaß als Selbststeuerung. eine relativ geringe zentrale Steuerung und glieder bzw. Mitgliedsorganisationen »lose ge-
Eine ungewohnte Situation für die Netzwerk- gleichzeitig eine hohe Autonomie und Selbst- koppelt«, gehören dem Netzwerk freiwillig an,
mitglieder, aber auch für das Unternehmen. verantwortung der einzelnen Teile aus4. Dem- und wenn die Balance des Gebens und Neh-
entsprechend erscheinen Steuerungsmuster mens nicht mehr stimmt, so wird die Netz-
Im Unterschied dazu sind organisationsüber- der klassischen Hierarchie wie Vorgaben top werkpartnerschaft beendet. In vielen dieser
greifende Netzwerke ein soziales System von down, oder Anweisungen was bis wann zu tun Netzwerke existiert eine horizontale Form von
im Kern autonomen Organisationen, die ihre ist, wenig aussichtsreich. Die Herausforderung Entscheidungen: Die Mitglieder sind hierar-
Energien bündeln um ein Ziel zu erreichen, dabei lautet: partnerschaftliche Steuerung. chisch gleich positioniert, es gibt zwischen
dass niemand von ihnen alleine erreichen Damit wären wir bei einem weiteren Investiti- ihnen keine Über- und Unterordnungs-Bezie-
kann. Die Beteiligung an einem solchen Netz- onsthema angelangt: Partnerschaftliche hungen, Entscheidungen erfolgen meist im
werk hätte dann für jeden Partner einen Mehr- Steuerung bedeutet, dass sich alle Netzwerk- Kompromiss oder im Konsens.
• eine umfassende, über einen punktuellen Anlass hinausgehende • man die anstehenden Aufgaben wahrscheinlich auch selbst lösen
Kooperation mit anderen Unternehmen bzw. Organisationen ansteht. kann,
Typische Beispiele etwa: Software, Hardware und Vermarkter in der • man die andere Organisation nur punktuell braucht, was sich auch in
Telekomindustrie, Rechtsanwälte, Strategie-Berater, Graphiker und einer weniger komplexen Vertragslösung umsetzen lässt.
Venture-Capital-Geber für Start-up-Firmen. • der Eigennutzen des Unternehmens eine offene und breite
• Kooperationen zwischen Unternehmen, Öffentlicher Hand und Kommunikation mit externen Partner nicht erlaubt,
Non-profit-Einrichtungen, die die Gründung von Initiativen ermögli- • in den beteiligten Organisationen lange und komplexe
chen sollen: z.B. Business Cluster, regionale Entwicklungsgesell- Entscheidungswege existieren, sodass notwendige Entscheidungen
schaften, Private-public -Partnerschaften. für die Netzwerkarbeit blockiert werden,
• eine Verbesserung des eigenen Geschäfts durch losere Verbindungen • die Unternehmenskultur stark hierarchisch geprägt ist,
mit MitarbeiterInnen erfolgen soll: z.B: Franchising-Konzepte im • man ohnehin schon genau weiß, in welche Richtung es gehen soll,
Vertrieb von Produkten und Technologien, Beraternetzwerke etc. • der Eigenzeitlichkeit des Netzwerks (bzw. der Netzwerkpflege)
• die gemeinsame Nutzung von Infrastruktureinrichtungen Synergien keine Zeit eingeräumt werden kann.
ermöglicht und Einsparungen lukrieren kann: z.B. im Bereich von
EDV-Lösungen, der Gebäudenutzung, der Personalentwicklung.
3 H a s t i n g s C . ( 1 9 9 6 ) : The New Organization. Growing the Culture of Organizational Networking. London ...: McGraw-Hill2
4 W i m m e r R u d o l f ( 1 9 9 7 ) : Von der Hierarchie zum internen Netzwerk. Hernsteiner 2, 14-20
18 Denn es gilt: werden im Netzwerk Entscheidungen getroffen, die gegen Lernen (umfassende Problemanalyse, Veränderung von Überzeugun-
die eigene Strategie laufen, so kann man relativ leicht aussteigen, denn gen) benötigen einen eher geringen Aufwand an technologischer Un-
man ist im Kern ja eine autonome Organisation. terstützung, aber ein Mehr an »soft networking« (Abb. 3). Allerdings för-
dert die Technologie die Routinisierung von ehemals komplexen
Aufgabenstellungen (und schafft damit neue Möglichkeiten für weitere
Technologie und Gespräche in Netzwerken komplexe Tätigkeiten).
Die Kommunikation in und für Netzwerke wird entscheidend durch die Wer kennt das nicht: eine übervolle Agenda mit vielen unwesentlichen
neuen Technologien mitgeprägt. Sie ermöglichen zeitversetzte, aber Themen, schlecht vorbereitete Tagesordnungen, Unklarheiten von Ent-
auch Real-time-Kommunikation unabhängig von Ort und Zeit. Sie er- scheidungspunkten, Präsentationen als Folienschlachten etc. Zur Ver-
möglichen aber auch die Verarbeitung und den Transfer umfassender schärfung stellen Sie sich ein Arbeitstreffen zu einem Joint-venture vor:
Informationen und in begrenztem Ausmaß auch Interaktionen. Die Sie kennen die Repräsentanten der anderen Organisationspartner gar
Möglichkeiten der technologischen Unterstützung in der Netzwerk- nicht, diese sind wiederum vom Zweck des Treffens unvollständig infor-
kommunikation sollten allerdings auch realistisch eingeschätzt werden, miert, andere maßgebliche Personen können gar nicht dabei sein und
denn eine GAU-Gefahr für Netzwerke liegt darin, dass zwar viele Infor- müssen vor allen Entscheidungen mit dem Mobiltelefon einbezogen
mationen ausgetauscht, aber nicht in gemeinsamen Prozessen aufgear- werden ...
beitet werden. Damit wird folgenschweren Missverständnissen nach
dem Motto »Das wurde doch nie besprochen!« oder »Das wurde doch Der Wert des »soft networking«, der personalen Kommunikation in
klar gesagt!« der Teppich ausgelegt. Meetings, Konferenzen und Task Forces zur Steuerung des Netzwerkes,
zum Austausch von Erfahrungen und zum Abgleichen der weiteren Vor-
Technologische Unterstützung ist dort wichtig, wo es um die Unter- gangsweise kann kaum überschätzt werden. Auch hier muss deutlich
stützung von Routinearbeit und um die Umwandlung komplexer Tätig- gemacht werden, dass Investionen nötig sind: Diese Inszenierungen
keiten in Routinearbeit geht, wie etwa das Versenden von Berichten, die sind meist mit erheblichen Ressourcen für Anreisewege und Zeit für
Dokumentation von Meetings, das Einholen von Rückmeldungen, ein- Meetings verbunden, weshalb es besonders wichtig ist, diese Events
zelne Aufgaben im Controlling etc. Das Internet (»hard networking«) produktiv zu gestalten. Neben der sachlich-inhaltlichen Kommunika-
kann in Netzwerken in der Vorbereitung und Nachbereitung von Mee- tion haben in Netzwerktreffen aber auch kreative und nicht-sprachliche
tings genutzt werden, in E-Mail-Gruppen können Netzwerkmitglieder Kommmunikationsformen eine wichtige Bedeutung, tragen sie doch
laufend informieren und um Support anfragen, und auch globale Pla- entscheidend zur Bildung von tragfähigen Arbeitsbeziehungen und zur
nung und Abstimmung im Projektmanagement ist bereits möglich – Kulturentwicklung bei. Insbesondere offene Räume, Zeiten ohne enge
die Kooperationsbeziehungen können sich auch im virtuellen Raum und begrenzende Agenda ermöglichen die Entwicklung professioneller
weiterentwickeln. An Investitionen sind hier Infrastruktur (Computer- Beziehungen und Netzwerk-Partnerschaften, die für eine lebendige Ent-
netzwerke etc.), Instrumente und Medien wie Internet, Intranetze, wicklung eines Netzwerkes unerlässlich sind. Eine attraktives Pro-
Chatrooms und spezielle Software zu bedenken. gramm und eine gute Abstimmung zwischen Arbeitseinheiten und
Möglichkeiten, sich auch informell zu treffen und auszutauschen, ist
Der Sinn der Automation verringert sich allerdings, wenn die Komple- deshalb ein Schlüsselfaktor für die erfolgreiche Netzwerkarbeit.
xität der Aufgabenstellungen im Netzwerk steigt. Hoch komplexe Auf-
gaben wie Visions- und Strategientwicklung, Reaktion auf unvorherge- In den letzten Jahren wurden von Beratern verstärkt Kompetenzen und
sehene Events und Krisenmanagement, Konfliktlösung, aber auch Qualifikationen entwickelt, die ein erfolgreiches »Conferencing« maß-
geblich unterstützen können: die Entwicklung von Konferenzdesigns,
5 H o m a n P e g g y & To m D e v a n e ( E d s . ) ( 1 9 9 9 ) :The Change Handbook. Group Methods for Shaping the Future.
San Francisco: Berrett-Koehler Publishers, Inc.
6 H e i n e c k e H . J . ( 1 9 9 7 ) : Netzwerke – Chancen und Risiken von Unternehmensbündnissen. Hernsteiner 2, 1997, 21–24
7 A r g y r i s C h r i s u n d D o n a l d S c h o n ( 1 9 9 6 ) : Organizational Learning II: Theory, Method and Practice. Reading,
MA: Addison-Wesley
20 •Förderung von Verhaltensmustern und -abläufen, die ein Lernen un- 8. Vorher planen
terstützen (statt: »Warum schon wieder reflektieren«) Erfolgreiche Netzwerkpartnerschaften müssen – wenn sie in der Um-
•Entwicklung von Lernelementen in alle Aktivitäten des Netzwerkes setzungsphase sind – einige Schritte durchlaufen. Sollten Sie sich in der
(statt: »dazu haben wir ja kommendes Jahr die Auswertungssitzung«) Vorbereitung einer Kooperation befinden, gehen Sie die folgenden acht
Stufen gedanklich durch:
7. Kultur der Partnerschaftlichkeit entwickeln
Ein entscheidender Erfolgsfaktor für gelingende Partnerschaften liegt in 1) Fragestellung/Aufgabe festlegen:
der Organisationskultur. Der auf individueller Ebene geforderten Ko- Was ist die Aufgabe? Worum geht es in diesem Kooperationsprojekt?
operationsfähigkeit (meist Teamfähigkeit genannt) entsprechen auf der
Netzwerkebene Faktoren der Organisationskultur. Um als Organisation 2) Die Kooperationspartner formulieren ihre Zielsetzung an der
indem traditionelle von partnerschaftlichen Mustern abgelöst werden Welches Ziel verfolgen wir mit dem Projekt?
(Abb 4.).
3) Wie schätzen wir den Kooperationsgewinn auf den Ebenen ein?
Kosten, Qualität (fachliche Qualität, Kundennutzen) – für uns,
Da solche Kulturmuster, wenn sie nachhaltig wirksam sein sollen, nicht
die Kooperationspartner und die Kunden
singulär und partiell etabliert werden können, ist zu erwarten, daß sie
auch auf Bereiche, Abteilungen und Teams ausstrahlen, die nicht direkt 4) Welche Probleme in der Kooperation können wir (vorab) sehen?
in die Netzwerkarbeit einbezogen sind. (sachlich, emotional, kulturell, technisch?)
Veränderungen und Flexibilität gelten als die Tugenden der Stunde. Ist Flexibi-
lität nun eine Anforderung, die die eigene Entwicklung vorantreibt, oder eher ein
Codewort für Zumutungen, die den Charakter verbiegen? Ein kurzer Essay.
Flexible Strategien, flexible Organisationen, flexible Menschen – Flexibi- Genau hier greift Flexibilität im Sinne Sennets meiner Meinung nach zu 21
lität ist das Gebot der Stunde, der siamesische Zwilling von Verände- kurz. Sein Beispiel mit dem Baum finde ich entlarvend. Denn ein Mensch
rung. Nur wer flexibel ist, kann in Zeiten des Wandels überleben. Jeder ist eben kein Baum, er muss nicht am selben Platz bleiben, und er muss
muss bereit sein, mehrmals im Leben seinen Beruf oder Job – und auch nicht nur Äpfel liefern. Er ist nicht festgelegt. Identität heißt: Ich muss
den Wohnort zu wechseln. Veränderung und Flexibilität sind die Tugen- mich selbst definieren, ich muss ein Gefühl bekommen – wer bin ich
den der Stunde – fordern die einen. Flexibilität bedeute Ausbeutung, denn, was mache ich denn, was kann ich denn? Ich muss mich und mei-
diene in erster Linie der Wirtschaft, bedeute für die Betroffenen den nen Sinn definieren. Immer wieder. Identität ist aber nicht nur das Be-
Verlust von Orientierung, Verlust von Heimat, Verlust sinnvoller Lebens- ständige. Wir reduzieren Identität fahrlässigerweise häufig auf das, was
gestaltung – Flexibilität zerstöre die Identität, mahnen die anderen. bleibt, auf Gravierungen – die Bewegung selbst definieren wir aber
Was stimmt denn nun? Ist Flexibilität eine grundlegende Gesinnung, nicht als Identität. Da sagen wir, das ist jetzt die Anpassung.
unerlässlich gegenwärtig sowohl für Unternehmen als auch für Mitar-
beiter? Eine Anforderung, die die eigene Entwicklung vorantreibt und Identität als Selbstdefinition
stimuliert? Oder simuliert sie dies alles nur? Spielt uns der Zeitgeist eine
Wortmelodie vor, die zwar zeitgemäß klingt, aber im Prinzip verschlei- Das eine Konzept ist das des Wesenskerns, das andere wäre Identität als
ert, was hinter den Kulissen passiert? Ist Flexibilität lediglich ein Code- ständige Selbstdefinition: Ich kann mich als Mensch immer wieder
wort für Zumutungen, die den Charakter verbiegen? gleich definieren – oder eben auch anders. Identität in Form des We-
senskerns ist sozusagen natürlicherweise vergangenheitsorientiert. Vor
Identität als Wesenskern einem solchen Hintergrund wird der Flexibilität ein enger Rahmen ge-
setzt: Identität oder Charakter fungiert als fester Bezugspunkt, um den
Richard Sennett, der New Yorker Soziologe, erinnert an die ursprüngli- herum nur ein begrenzter Raum für Bewegung möglich ist. Wird dieser
che Ableitung des Wortes flexibel aus der Beobachtung der Natur: Ein durchbrochen, droht Entwurzelung. Könnte es aber nicht eine anders
Baum kann sich zwar im Wind biegen, kehrt dann aber zu seiner ur- definierte Form von Flexibilität geben? Zum Beispiel Flexibilität als prin-
sprünglichen Gestalt zurück. Flexibilität bezeichnet die Fähigkeit des zipiell offene Entdeckungsreise, wo sowohl Zielpunkt als auch die Art
Baumes zum Nachgeben ebenso wie jene, sich zu erholen, sowohl die des Erreichens jeweils neu zu entscheiden sind? Wo gilt, dass jede Ent-
Prüfung als auch die Wiederherstellung seiner Form. Im Idealfall sollte deckung neuer Möglichkeiten, gleich welcher Natur, zwingt, sich mit
menschliches Verhalten die gleiche Dehnfestigkeit haben, sich wech- diesen neuen Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Nicht nur die Mög-
selnden Umständen anpassen, ohne von ihnen gebrochen zu werden. lichkeit der Wahl, sondern Zwang zur Wahl. Das trifft neue Möglichkei-
Flexibilität dient hier als Gegenbegriff zu Starre und Leblosigkeit. Diese ten aus dem Bereich der Naturwissenschaften, der technischen Fertig-
Ableitung macht zugleich ein mögliches Kernproblem deutlich: Iden- keiten und der medizinisch-psychologischen Dimensionen. Wo kein
tität wird als etwas definiert, was bereits vorhanden ist, was geworden durch welche Religion auch immer gesicherter Rahmen gesetzt wird, in-
ist, was zumindest eine innere Gestalt hat, sich innerhalb einer vorpro- nerhalb dessen man sich nur begrenzt flexibel zu verhalten bräuchte.
grammierten Leitlinie entwickelt.
Aber ist dem wirklich so? Eine alte These der Entwicklungspsychologen Identität oder Entwurzelung?
und Soziologen vertritt in etwa folgendes Bild: Die ersten Erfahrungs-
schichten werden als die »normalen« gesehen, und darauf schichten wir Zwang zur Beweglichkeit und immer neue Suche nach neuer Orientie-
in späteren Jahren dann auf. Und je älter etwas ist, je früher es war, um rung, inklusive Suche nach neuen Wurzeln? Jetzt könnte man die Klage
so mehr gilt es als das Normale. Das wird dann zum »natürlichen« Cha- der Entwurzelung zum Vorwurf der Haltlosigkeit steigern. Während
rakter. Du bist so, du warst schon immer so. Wir nehmen es als das Ge- Entwurzelung immerhin noch die Prämisse oder gar das Postulat einer
setzte. Wurzel impliziert, zu der man irgendwann zurückfinden könnte, auf
Wo sehen Sie den Konnex zwischen Management auf Zeit und neuen Or- setzt, noch gestützt durch Entlohnungssysteme wie stock options. Ei- 23
ganisationsformen? gentlich bündeln sich dort ein Rudel von Unternehmern mit einem Leit-
hammel.
Zum einen haben die klassischen Organisationen in den letzten Jahren
die Hierarchien verknappt, und zum anderen werden immer mehr Auf- Das bringt aber wieder andere Probleme. Z.B. bei mehreren kleinen Unter-
gaben, die für die Organisation wichtig sind, in Form von Projektorgani- nehmen, die in kurzer Zeit zu einem Mittelbetrieb zusammenfusioniert
sationen erledigt, die nur auf Zeit bestehen, bis das Projektziel erfüllt ist, werden. Sechs ehemalige Eigentümer finden sich plötzlich in einem 100-
dann lösen sie sich wieder auf. Personen-Unternehmen wieder, können aber nicht mehr alle Geschäftsfüh-
rer sein.
Projektarbeit ist doch nichts Neues
Es passiert dann irgendwann eine Rollenklärung. Ab einer gewissen
Nein, natürlich nicht, aber es werden für immer mehr Aufgaben nicht Größe muss man dann entscheiden: Geht jemand auf eine Gesellschaf-
mehr wie früher komplette Organisationen mit Abteilungen und Hierar- terposition zurück, wer wird operativer Geschäftsführer, geht jemand in
chien aufgebaut, sondern nur eine schlanke Projektorganisation, die die zweite Linie, oder es kann auch sein, dass jemand mehrere Jobs
nur ihr Ziel im Visier hat und die eigentlich schön langsam die klassische gleichzeitig hat: Noch eine bestimmte Funktion in dem fusionierten Un-
Linienorganisation ersetzt. Und das geht einher mit einer Veränderung ternehmen wahrnimmt und daneben noch etwas anderes, neues
auf der Ebene der Personen, die in solch ein Projektteam hineingehen: macht. Auch das gibt es. Jobnomaden, die in mehreren Unternehmen in
Kommen die von innen oder von außen? Hier gibt es zunehmend mehr verantwortlicher Position unterwegs sind.
Offenheit, dass die auch von außen kommen. Also Experten und Ma-
nagementkapazitäten auf Zeit. Wie gut geht das?
Was ist nun wirklich new an der new economy? Viele der diskutierten Pro- Wenn man mehrere Jobs hat, wo ich eine klare Zielvereinbarung habe
bleme sind doch typische Probleme von Pionierunternehmen, oder? Der Be- und keine klassische Arbeitsplatzbeschreibung, habe ich auch sehr viel
darf nach Strukturen, nach klaren Abläufen, der Mangel an Management- Freiheit, selbst meine Zeit einzuteilen. In der Woche 1 arbeite ich im Un-
kapazität. ternehmen A, in der Woche 2 im Unternehmen B.
Ja klar, bestimmte Dinge braucht jedes Unternehmen ab einer be- Kommen die Leute dann nicht auch zwischendurch mit Fragen und Ab-
stimmten Größe. Da ist noch nichts Neues. Was sich verändert hat, ist stimmungsbedarf?
die Bindung der Mitarbeiter ans Unternehmen. Es gibt eine andere Loya-
lität, die durchschnittliche Verweildauer ist am Sinken. Was ich bei den Das kann schon sein, aber man merkt schnell, wer wieviel Kapazität
Start-ups erlebe, ist, dass es einen pfiffigen Techniker gibt mit einer braucht und wie man daher seine Zeit einteilen muss, um mit beiden
guten Idee, aber wenig Ahnung von den kaufmännischen Dingen oder Zielvereinbarungen zurecht zu kommen. Dann bekommt z.B. in der
vom Vertrieb. Da fangt es dann schnell zu knirschen an. Wo ich schon Woche 2 das Unternehmen A drei Tage, das Unternehmen B 2 Tage.
einen Unterschied sehe ist, dass die new economy sich beim Einkauf ex-
terner Managementleistung leichter tut, weil hier die Barrieren, die es Welche Anforderungen stellt das an die Organisation?
bei den Old-Economy-Unternehmen gibt, nicht existieren. Es entspricht
auch mehr der hier üblichen Arbeitsweise, immer wieder temporär mit Ich glaube, dass man die oft informell stattfindenden Prozesse, Ideen,
Experten zu kooperieren. Gerade bei der new economy wird so etwas Gedankenaustausch und Kommunikation, die man früher als keinen
wie eine unternehmerische Haltung viel eher erwartet und vorausge- Dienstweg bezeichnet hat, in diesen neu organisierten Unternehmen
der new economy viel besser organisieren und strukturieren muss.
Also einerseits das Bild des eher klassischen, hierarchisch organisierten Un-
ternehmens, das sich in den letzten Jahren zunehmend dynamisiert hat.
Andererseits das Bild kleiner, schnell wachsender Unternehmen, die entwe-
der auch den klassischen Weg gehen, größer werden, Strukturen aufbauen,
sozusagen von der Pionierphase in die Organisationsphase kommen, oder
aber tendentiell in temporären Verhältnissen arbeiten, sich für ein be-
stimmtes Projekt, ein bestimmtes Produkt, einen bestimmten Markt Ar-
beitsgruppen bilden und das temporär in dieser Struktur abwickeln, es aber
vielleicht schon in kurzer Zeit wieder anders machen oder ganz fallen las-
sen, je nach neu auftretenden Marktchancen. Funktioniert das, denn das
braucht ja einen unheimlichen Management- und Koordinationsaufwand?
26 Wer ist die Firma »Men on the Moon«? Ressourcen orientieren müssten und nicht, so wie jetzt, immer die ge-
eignetsten Teams für Kunden zusammenstellen. Es gilt aber hier immer
Eigentlich entstand die Basis unseres Unternehmens noch in der old das »One-Face-to-Customer«-Prinzip, das heißt, Men on the Moon tritt
economy. »Men on the Moon« entstand als Division der Premedia, in allen Phasen eines Projektes als Ansprechpartner gegenüber dem Kli-
einem Full-Service-Dienstleister, der Verlage und klassisch werbende enten auf.
Kunden in den Bereichen Datenmanagement, PrePress und Media-Con-
sulting betreut. Zuerst gab es die Gründung einer Unit innerhalb der Findet man immer die Externen, die man gerade braucht?
Premedia, so eine Art NewMedia-Department. Das hat sich zuerst in-
tern einige Jahre gut entwickelt, dann wurde Men on the Moon hier in Grundsätzlich ist es so, dass wir mit allen Partnern, mit denen wir arbei-
Wien als eigenständige Division gegründet. ten, immer Resourcen eingeplant haben, die für uns zur Verfügung ste-
hen. D.h. es gibt einen Puffer, der für uns reserviert ist. Wir wissen rela-
Wir haben derzeit acht Mitarbeiter, die unser »Core-Team« bilden, rund- tiv genau, wie viele Projekte im Monat wir mit externen Partnern
herum verfügen wir über einen großen Pool von externen Partnern. Das abwickeln, um Subteile der Projekte erarbeiten zu lassen, und das ist bei
sind großteils langjährige Partner, mit denen wir in einer Art »atmender den Partnern eingeplant. Außerdem haben wir für bestimmte Aufgaben
Organisation« zusammenarbeiten. Der zentrale Fokus von Men on the immer eine Anzahl von 4–5 alternierenden Personen oder Teams, auf
Moon ist sowohl klassische Werbung, Markenentwicklung, Kampa- die wir zurückgreifen können. Natürlich geht es darum, im Idealfall
gnenkonzeption, bis hin zu unserem eigentlichen Core-Business, dem immer den zu nehmen, der für das jeweiligen Projekt die höchste Quali-
Cross-Media-Consulting. Im Vordergrund steht hier immer ein stark fikation und Expertise besitzt, und da helfen diese Pufferregelungen.
konzeptionsorientierter Ansatz, wir sehen uns als »Informationsarchi- Das Prinzip ist ja nichts Neues, das machen andere auch.
tekten« und versuchen bei jedem Projekt einen medienadäquaten Zu- Die großen Player haben eben im Haus viele Ressourcen zur Verfügung.
gang zur Aufgabenstellung zu finden. Das hat Vor- und Nachteile. Wenn ich alles im Haus habe, mußss ich
mich darauf verlassen, dass meine Mannschaft das Geforderte auch
Was sind die Aufgaben dieses Kernteams? immer kann. Das ist oft der Haken bei der Sache, weil ich immer auf die
vorhandene Kompetenz angewiesen bin und die Leute auch beschäfti-
Intern passiert vor allem die Konzeption und das daraus resultierende gen muss.
Projektmanagement. Wir stellen dann für das jeweilige Projekt einen
Pool an relevanten Personen unter den externen Partner zusammen, Haben diese Super-Profis denn immer Zeit?
der mit Beginn des Projektes auch in einer vertraglichen Vereinbarung
zusammengeht, teilweise auch Inhouse bei uns arbeitet und nach Been- Wir arbeiten ja nicht vorwiegend mit Einzelkämpfern, sondern mit an-
digung des Projektes wieder auseinandergeht. Das sind Leute aus den deren Unternehmen. Die haben selbst wieder 20–30 Leute in ihrer Ent-
verschiedensten Disziplinen, wie Art Direction, Creative Direction, Gra- wicklungsmannschaft sitzen. Da gibt es monatliche Gespräche über an-
phik, New-Media-Consulting, Screen- und Interfacedesign, Datenbank- stehende Projekte, wo geklärt wird: Habt ihr das schon gemacht, was ist
entwickler oder Content-Developer. da eure Kompetenz, habt ihr da Leute frei, die das machen können? Wir
arbeiten nur in wenigen Bereichen mit Einzelpersonen zusammen. Nur
Wir haben intern ausführlich diskutiert, ob wir Personal aufstocken sol- da, wo die Spezialisierung sehr, sehr hoch ist.
len oder mit einem Pool an Externen arbeiten und uns dann für Zweite-
res entschieden, weil die Anforderungen bei jedem Projekt sehr, sehr Wie ist nun die Rollenteilung zwischen internen und externen Mitarbeitern?
unterschiedlich sind, und es kann nicht Sinn der Sache sein, für jeden
dieser Tasks spezialisierte Units inhouse zu beschäftigen – vor allem hin- Die oberste Instanz ist das Projektmanagement, das bei uns sitzt und
sichtlich der Tatsache, dass wir uns dann eigentlich an unseren eigenen die immer überprüft, dass der Ablauf und der Informationsfluss funktio-
Aber auch die Teambildung bei Projektteams dauert seine Zeit. Speziell bei Die Basiskonzeption kommt ja immer von uns, das ist unabdingbar not-
Leuten, die sehr einzelkämpferisch unterwegs sind. Wie bekommt man das wendig, damit es ein »Men on the Moon«-Produkt ist. Wenn diese Kern-
in kurzer Zeit gebacken? kompetenz wie Basiskonzeption, Begleitung und Projektcoaching im
Haus ist, dann funktioniert das. Ansonsten wird das ein Me-too-Pro-
Ich glaube, zwei Dinge machen das aus. Zum einen versuchen wir – das dukt.
klingt jetzt vielleicht ein wenig strange – einen eigenen »Spirit« zu er-
zeugen. Indem wir uns mit diesen Leuten ganz intensiv auf einer nicht Wo sind die Schwierigkeiten solch eines Systems?
nur unternehmerischen Basis auseinandersetzen – die ist sozusagen die
Grundvoraussetzung, damit wir überhaupt miteinander arbeiten kön- Das eine ist der zuverlässige Zugriff auf alle Phasen, die den Arbeitsfluss
nen – sondern indem wir einen partnerschaftlichen Boden herstellen, anbelangen. Weil Externe genauso wie Interne Termine verbocken. Da
damit es für diese Partner auch angenehm und vorteilhaft ist, mit uns zu steht und fällt alles mit der Qualität des Projektmanagements. Andere
arbeiten. Das sind ganz simple Dinge, sehr viele Treffen, sehr viel Kom- Probleme sind sicherlich die Fairness der Partner, nachdem viel auf Ver-
munikations- und Informationsaustausch und das Gefühl, dass das trauen aufbaut. Z.B. die Frage des Kundenschutzes. Es gibt natürlich
Ganze nicht eben nur auf einer geschäftlichen Ebene passiert. Dass das Verträge, die mit jedem Partner zu Projektbeginn ausgearbeitet wer-
eine Community ist, dass diese Partner auch wirklich Vorteile haben, den, wo auch dezidiert formuliert ist, wie das abzulaufen hat.
mit uns zu arbeiten. Das ist einerseits der Zugriff aufeinander, wo sie Probleme sind auch dahingehend zu erwarten, dass man genauso wie
sich gegenseitig unterstützen und weiterhelfen, Knowledge-Sharing bei Internen irgendwann einmal mit knappen Resourcen konfrontiert
betreiben, voneinander profitieren können. Das ist auch irgendwie das, ist. Das können technologische Anforderungen sein, oder Probleme in
was uns ausmacht. Da passiert eben auch viel im zwischenmenschlichen der Herangehensweise, wo der Kunde zuerst nur sehr vage definiert hat,
Bereich. was er will. Dann kommen im Lauf des Projektes ständig neue Features
dazu, dadurch dauert das Projekt doppelt so lange, und plötzlich ist bei
Wie erzeugt man so einen Spirit? einzelnen Partnern keine Zeit mehr da. Wenn es um technische Dinge
geht, ist daher das Um und Auf, dass die Dokumentation so upto date
Das hat viel damit zu tun, dass man auf die Bedürfnisse der Leute ein- ist, dass notfalls jemand anderer weiterarbeiten kann. Wenn es um krea-
geht. Beispielsweise sind Datenbankentwickler – natürlich pauschaliert tive Dinge geht, dann hat man schlicht und einfach Pech, das kann man
– meistens relativ rational denkende und sehr strukturierte Leute. Sie so einfach ja nicht übergeben.
sind ein eigenes Völkchen, und sie haben meist nicht die Möglichkeit,
sich mit den so genannten Kreativen auszutauschen oder auch ihre Sor-
30 Wo sich in Unternehmen »sehr rasch sehr viel verändert« – also dort, wo Die Hernstein-Berater machten auch auf den veränderten Kontext auf-
Transformation stattfindet –, dort greifen die traditionellen Werkzeuge merksam: Im Transformationsprozess macht die klassische Trennung
von Beratung und Organisationsentwicklung immer weniger. Das war von Personal- und Organisationsentwicklung immer weniger Sinn.
eine der zentralen Botschaften von trans.form.a«tion – dem Event, in Wichtig ist es, die ständige Verschiebung zwischen den Kräftefeldern
dem sich die Wiener Schule der Organisationsberatung im Rahmen der Unternehmensstrategie, -struktur und -kultur im Auge zu behalten und
Expo 2000 am 28. September in Hannover präsentierte. den Anforderungen aus allen dreien gerecht zu werden (vgl. Abbil-
dung).
Damit hatten die Wiener Berater ein Thema gewählt, mit dem sie sich
derzeit selbst auseinandersetzen – und in dem noch viele Fragen offen
sind. Denn einfach ist es nicht, Mergers & Acquisitions, Spin-offs oder
radikale Wachstumsprozesse zu begleiten. Dennoch brachte die Veran-
staltung eine Fülle von Einsichten, die vielen Teilnehmern weiterhalfen.
So war das Echo der über 130 deutschen Personalmanager, Personal-
entwickler und Berater ausgesprochen positiv.
Am 14. September 2000 war es soweit: Das 1. Hernstein-Kundenfest Führungsmannschaft im Unternehmen qualifiziert werden soll. Typi- 31
ging an einem wunderschönen Spätsommerabend in Schloss Hernstein sche Beispiele für derartige Kooperationen seien zum Beispiel Strategie-
über die Bühne. Über 180 Manager aus der Wirtschaft mit ihren Partne- entwicklungs-Projekte mit anschließender Umsetzung und einem par-
rInnen kamen, um sich aus erster Hand über das neue Leistungspro- allel laufenden Qualifzierungsprogramm für Manager.
gramm des Instituts zu informieren.
Für all jene Gäste, die bei der Kurzvorstellung des Hernstein-Leistungs-
Begrüßt wurden alle Teilnehmer persönlich vom Hernstein-Team und – angebotes »Gusto« auf mehr bekommen hatten, folgte eine Runde von
dem Schlossrahmen gemäß – von dem bekannten Barden »Rudi von Präsentationen einzelner Produkte und persönlicher Informationen in
Lockenhaus«. Der Künstler unterhielt die versammelte Runde im ersten gemütlichen »Plauderzimmern« des Schlosses.
Teil des Abends mit erstaunlicher Wort-Virtuosität, in dem er die Pro-
fession der Manager sarkastisch in Reimform beschrieb und immer wie- Nach dem kulinarischen Teil markierte der musikalische Teil den offiziel-
der das Publikum und das Schloss in seine Spontan-Reime miteinbezog. len Schlusspunkt der Veranstaltung. Gestaltet wurde dieser von Con-
stantin Schenk und Tamara Trojani, die mit einem Potpourrie aus der
Derart schmunzelnd auf den offiziellen Teil des Abend eingestimmt, Welt der Tenöre verblüfften. Für alle Musik- und Tanzliebhaber klang der
fand auch die nachfolgende Präsentation über das Institut allgemeine Abend allerdings erst nach einigen Stunden aus.
Beachtung. Die Leiterin von Hernstein, Frau Dr. Katharina Fischer-Lede-
nice, spannte eine kurzen, aber prägnanten Bogen von den Wurzeln des
Instituts, den damals revolutionären Gruppendynamik-Trainings, über
eine aktuelle Einschätzung des Marktes für Managemententwicklung
bis hin zum heutigen Leistungsangebot von Hernstein. Dabei wurde
deutlich, dass das Institut in den beiden letzten Jahren einen deutlichen
Wachstums- und Innovationsschub erlebt hat.
Inhaltlicher Aufbau des Lehrgangs Dieser Lehrgang bietet angehenden Führungskräften die Möglichkeit,
Der Lehrgang besteht aus vier dreitägigen Seminarblöcken zu den The- bereits vor deren Sprung ins »kalte Wasser« auf umfassende Weise Er-
menfeldern fahrungen und Kompetenzen für die Führungsrolle aufzubauen. Der
• Führung und Management Übergang vom Mitarbeiter zur Führungskraft wird dadurch entschärft.
u.a. Einstieg in die Führungsrolle, Motivation von Mitarbeitern, Die neue Führungskraft kann sich früher ihren eigentlichen Führungs-
Führungsstile, Delegation agenden zuwenden, da bereits im Vorfeld von einem Mehr an Know-
• Teamkompetenz und Projektmanagement how und Sicherheit für die entsprechende Funktion ausgegangen wer-
u.a. Führen von Teams, Teambuilding, Projektarbeit, den kann.
Projektmanagementinstrumente
• Zeit- und Konfliktmanagement
Zeitplanung, -planungscontrolling, Konfliktdiagnose,
Konfliktlösungsstrategien, Deeskalation
• Neue Trends in der Unternehmensentwicklung
u.a. Unternehmensstrategien, Auswirkung von E-Commerce auf
Unternehmen, Personalentwicklung als Führungsaufgabe
Talentierte Köpfe sind die Produktivkraft der Zukunft. Der beschleu- New Economy – der Begriff ist zum Synonym für den Wirtschafts-
nigte Wandel erfordert im Business vernetztes und »wildes« Denken. boom in den USA und für Phänomene wie blühende Konjunktur und
Künftig werden nur Unternehmen überleben, die sich in kreative und sinkende Arbeitslosigkeit geworden. Europa hinkt den USA in dieser
unkonventionelle Denkfabriken verwandeln. Ein freches Plädoyer für Entwicklung sicher um einige Jahre hinterher. Doch gerade diese
die Funky Inc. des 21. Jahrhunderts – absolut kultverdächtig! Verzögerung könnte zum großen Vorteil werden: Es besteht die hi-
Autoren: Jonas Ridderstrale, Kjell A. Nordström
storische Chance, an einer New Economy europäischer Prägung
Verlag: Financial Times Prentice Hall, 252 Seiten, 2000, ATS 343,–, ISBN = 3827270014 aktiv mitzuwirken, Arbeit neu zu denken und den Wandel konstruk-
Auch als Hörbuch erhältlich: ATS 130,–, ISBN = 3827270243 tiv zu gestalten.
Dazu gibt es 15 »Funky Karten« zur New Economy um ATS 76,–, ISBN = 3827270251
Autoren: Dagmar Deckstein, Peter Felixberger
Verlag: Campus, 222 Seiten, 2000, ATS 364,–, ISBN = 3593365618
WEB ATTACK
DIGITAL CAPITALISM
Strategien für die Internet-Revolution Networking The Global Market System
Die Internet-Ökonomie verlangt: Stellt alle Strukturen von Entwick- Dan Schiller provides a sober and compelling view of the democra-
lung über Marketing bis zu Logistik auf den Prüfstand. Und dann: tic potential of the Internet. Drawing on trade and business reports,
Werdet schneller! Wer das beherzigt, für den wird der Web Attack zu Schiller demonstrates how the Internet, because it has been closely
einer echten Chance. Dieses Buch zeigt unübertroffen gut, wie die linked with capitalism, the communication requirements of large cor-
Internet-Revolution die Welt der Unternehmen verändert. porations, and neoliberal regulatory policies, exacerbates social in-
Autoren: Philip Evans, Thomas S. Wurster equality.
Verlag: Hanser, 219 Seiten, 2000, ATS 437,–, ISBN = 3446213481
Autor: Dan Schiller
Verlag: MIT Press, 294 Seiten, 2000, ATS 265,–, ISBN = 0262692333
MANAGEMENT 21C
Führung, globales Business und Organisation im 21. Jahrhundert
Michaela Unteregger trat in den letzten Jahren als Leiterin von PR und
Marketing an die Öffentlichkeit – und hatte doch schon als Frau Gratz
eine langjährige Vorerfahrung als Assistentin der Institutsleitung. Ihre
Energie war schon bis dahin aufgefallen; dennoch waren wir alle ver-
blüfft, mit welcher Durchschlagskraft sie daran ging, das Institut im
unübersichtlichen Weiterbildungsmarkt neu zu positionieren. Neben
ihrem Organisationstalent besitzt sie ein gnadenloses Verhandlungsge-
schick und eine Gabe, die erst kürzlich im Trainingsgeschäft (unzurei-
chend) als »power communications« bezeichnet wurde. Sie wechselt die
Branche, bleibt aber bei PR und Marketing. Vielleicht hören Sie ja wieder
Michaela Kanov-Spangl
einmal von ihr?
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