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STAUFEN. Studie 25 Jahre Lean Management 2016 de - DE
STAUFEN. Studie 25 Jahre Lean Management 2016 de - DE
Staufen AG
und des Instituts
PTW der Technischen
Universität Darmstadt
10 17
Prof. Dr.-Ing. Joachim Metternich Dr. Michael Ballé
DIE SCHLANKE PRODUKTION BLEIBT AUCH KÜNFTIG LEAN MANAGEMENT:
DAS FÜHRENDE SYSTEM DIE FÜHRUNGSKRAFT ALS LEHRER UND LERNENDER
18
Dr. Jeffrey K. Liker
TOYOTA IST WEITERHIN DER MASSSTAB FÜR
LEAN MANAGEMENT
20
Dr. Marcus Chao
CHINESISCHE UNTERNEHMEN: MIT LEAN MANAGEMENT
DIE HERAUSFORDERUNGEN MEISTERN
22
Bill Costantino
MIT TOYOTA KATA EINE KULTUR DER PERMANENTEN
INNOVATION SCHAFFEN
3 4
24 64
25 JAHRE LEAN MANAGEMENT – AUSBLICK
WO STEHT DIE DEUTSCHE INDUSTRIE HEUTE?
66
26 LEAN MANAGEMENT
TIMELINE: 25 JAHRE LEAN MANAGEMENT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH
28
3.1 AKTUELLER STATUS QUO
32
3.2 WORAUF LEAN MANAGEMENT EINFLUSS HAT
36
3.3 AUTOMOBILINDUSTRIE PROFITIERT AM STÄRKSTEN
38
3.4 FOKUSSIERUNG VOR ALLEM AUF DIE PRODUKTION
44
3.5 PROZESSVERBESSERUNGEN HABEN VORRANG
48
3.6 NACHHOLBEDARF BEI DER FÜHRUNGSLEISTUNG
50
3.7 SHOPFLOOR MANAGEMENT WIRD OFT FALSCH VERSTANDEN
56
3.8 LEAN MANAGEMENT UND INDUSTRIE 4.0
58
3.9 MIT LEAN MANAGEMENT AUF DEM WEG ZUR LOSGRÖSSE 1
60
3.10 WACHSTUMS- UND ERTRAGSZIELE ALS TREIBER VON
LEAN MANAGEMENT
1 6
Editorial
1.347
teilgenommen, davon
2/3
aus Deutschland.
DIE
SCHLANKE
PRODUKTION
BLEIBT
AUCH
KÜNFTIG
DAS
FÜHRENDE
SYSTEM
Deutliche Verbesserungen von Qualität, Produktivität und Beständen waren die Fol-
ge. Dennoch, das eigentliche Ziel von Lean wurde so nicht erreicht: eine schlanke,
lernende Organisation zu verankern, in der Prozesse und Mitarbeiter gleichermaßen
entwickelt werden. Die Verbesserungen waren getrieben durch das Management
und umgesetzt mit Hilfe interner und externer Beraterteams. Auf die Frage nach der
Verankerung eines echten kontinuierlichen Verbesserungsprozesses suchen Unterneh-
men noch heute Antworten, wie die vorliegende Panelstudie zeigt.
1 13 13
2
„Lean Management ist kein ‚lästiges Übel‘,
es ist der Beginn, etwas zu verbessern.
Die nachhaltige Umsetzung beginnt in der
Strategie und der konsequenten Verfolgung
des Managements.“
Christian Schneider,
Leiter Serienfertigung Stanz- und Umformtechnik /
Leiter Werkzeugservice, voestalpine AG
2 15
2 16
LEAN
MANAGEMENT IST
AKTUELLER
DENN
JE
Prof. Daniel T. Jones,
Gründer Lean Enterprise Academy,
Mitautor von „The Machine That
Changed the World”
Auch wenn dies auf den ersten Blick nicht immer erkennbar Fest steht: Software- und Hardwarewelt nähern sich immer
ist: Lean Management trägt dazu bei, Industriearbeitsplätze zu stärker an. Und wenig überraschend ist dabei: Um die eige-
sichern – auch in Deutschland. Es macht Unternehmen wettbe- ne Leistungsfähigkeit zu erhöhen, setzt die Softwareentwick-
werbsfähiger. Jobs müssen vor allem diejenigen abbauen, die lung nun ebenfalls auf die Methoden des Lean Managements.
im harten internationalen Konkurrenzkampf ins Hintertreffen Die Herausforderung besteht darin, die Aktivitäten der Soft-
geraten. wareentwickler in jede Facette des Unternehmens zu integrie-
ren, statt im stillen Kämmerlein Lösungen erarbeiten zu lassen,
TOYOTA BLEIBT EIN STARKES VORBILD die dann von anderen genutzt werden müssen.
Lean Management ist heute aktueller denn je. Es unterscheidet FÜHRUNGSKRÄFTE MÜSSEN VOR ORT UNTER-
sich von allen anderen modernen Managementmethoden. Und STÜTZUNG LEISTEN
Toyota bleibt dabei ein beeindruckendes Referenzmodell. Der
Automobilhersteller entwickelt das Lean-Denken immer noch Wie auch die Lean Management Studie der Staufen AG zeigt,
weiter, hinterfragt existierende Methoden und Technologien. setzen sehr viele deutsche Industrieunternehmen auf Lean,
Die Aussage „Es geht nicht“ ist für die Japaner nur eine schwa- doch es bleibt noch Verbesserungspotenzial. Zahlreiche Un-
che Entschuldigung dafür, es nicht härter versucht zu haben. ternehmen benutzen zwar Lean Werkzeuge und -Methoden,
Hinzu kommt: Lean zielt darauf ab, die gesamte Belegschaft um die schlanke Produktion zu etablieren. Doch wenn dann
am Lernprozess zu beteiligen. Es geht allerdings hier nicht da- die Puffer und Sicherheitsnetze entfernt werden, brauchen Un-
rum, wie es bei vielen anderen Managementansätzen der Fall ternehmen ein Managementsystem, das jederzeit schnell auf
ist, sich auf ein paar ausgewiesene Experten zu verlassen, die die unausweichlich auftretenden Betriebsstörungen reagiert.
bessere Systeme designen, in denen dann andere arbeiten – Und das lässt sich nur erreichen, wenn die Beschäftigten in der
sondern die Mitarbeiter sollen die wissenschaftlichen Metho- Fertigung Probleme bei den Wurzeln packen, selbst Lösungen
den für den täglichen Verbesserungsprozess konkret selbst suchen und finden.
umsetzen.
2 18
Erforderlich hierfür sind Führungskräfte, die mehr Zeit darauf Würde ich das Buch „The Machine That Changed the World“
verwenden, Arbeitskräfte vor Ort zu unterstützen. Sie müssen heute wieder so schreiben? Ich würde darauf aufbauen und die
ihre Mitarbeiter befähigen, ihre Arbeit und Prozesse permanent Ideen des Lean Learning und Lean Thinking miteinander kom-
selbst zu verbessern. Das ändert die Arbeitsweise des Manage- binieren. Und ich würde über die Produktion hinausblicken. Be-
ments mindestens ebenso stark wie die der Produktionsmitar- sonders beeindruckend ist ja zu beobachten, wie sich der Lean
beiter. Viele deutsche Manager fühlen sich aber immer noch Gedanke derzeit von der produzierenden Industrie auf andere
wohler im Büro bei der Datenauswertung als vor Ort im Werk. Bereiche ausdehnt – eine Entwicklung, die sich beispielsweise
in Großbritannien sehr deutlich zeigt, und zwar vom Einzelhan-
LEAN MANAGEMENT BLEIBT AKTUELL del über den Bausektor bis hin zu Dienstleistungen, Behörden
und Gesundheitswesen. Lean Management bleibt also auch in
Mein Fazit: Die schlanke Produktion zielt nicht nur darauf ab, Zukunft spannend.
existierende Anlagen und Prozesse zu optimieren. Es geht viel-
mehr darum, das Wissen über die Grenzen der derzeitigen
Prozesse in Verbindung mit technischen Möglichkeiten und die
Rückmeldung der Nutzer wahrzunehmen und zu verarbeiten.
Mit anderen Worten: Bei Lean geht es um das Beschleunigen
von dynamischen Verbesserungen.
2 19
LEAN DIE
FÜHRUNGSKRAFT
MANAGEMENT: ALS
LEHRER
UND
LERNENDER
TOYOTA
IST
WEITERHIN
DER
MASSSTAB
Dr. Jeffrey K. Liker, Professor of Industrial and Operations Engineering, University of Michigan
2 21
FÜR
LEAN
MANAGEMENT
Die dem Toyota-Produktionssystem und Toyota investiert permanent viel Geld in sich manipuliert zu wissen, um gewissen
der damit einhergehenden Führungskul- die Fort- und Weiterbildung von Men- Standards gerecht zu werden. Deutsche
tur zugrunde liegenden Prinzipien haben schen sowie in die Entwicklung der Un- hingegen besitzen eine große Zuversicht
sich in den vergangenen 60 Jahren nicht ternehmenskultur. Diese Anstrengungen und agieren damit oft sehr erfolgreich. Sie
verändert. Spezifische Aspekte der tech- stehen exemplarisch für die Lean Prin- denken sehr mechanisch und bevorzugen
nischen Lösungen von Toyota und der zipien, wie auch ich sie vermittle. Ganz klare Roadmaps und Lösungen als Basis.
dortigen Kultur erfahren jedoch immer wichtig dabei jedoch: Die Orientierung Standards sind etwas Natürliches. Der Be-
wieder einen Wandel. Auf kultureller an der Toyota-Methode heißt nicht, sie griff „Bürokratie“ wurde am deutlichsten
Ebene hat Akio Toyoda zum Beispiel sehr eins zu eins zu kopieren. Vielmehr sollten von Max Weber definiert, einem deut-
viel unternommen, um den langsamen Unternehmen bei der Einführung von schen Soziologen. In manchen Dingen
und ruhigen Entscheidungsfindungs- Lean Rücksicht nehmen auf ihre ganz ei- sind Deutsche wie Amerikaner. In man-
prozess des japanischen Autobauers mit gene Kultur und die Gegebenheiten im chen Dingen, wie dem Akzeptieren von
den schnellen Prozessen des Westens zu Betrieb. Standards, aber wie Japaner. Aber auch
kombinieren. Er hat hart daran gearbei- Deutsche können ihren ganz eigenen,
tet, einen Grad regionaler Eigenständig- TROTZ ALLER UNTERSCHIEDE starren Denkansatz haben. Technologie
keit zu schaffen. Denn Toyota soll ja nicht ERGEBEN SICH GLEICHE ist als Antwort etwas sehr Selbstverständ-
eine japanische Firma mit Geschäften im HERAUSFORDERUNGEN liches in Deutschland. Genauso wie die
Ausland sein, sondern ein echtes globa- Interpretation von Lean als Toolkit zur me-
les Unternehmen. Damit verbunden sind Und es gilt, auch auf nationale Prägun- chanischen Veränderung von Prozessen.
erhebliche kulturelle und fortlaufende gen Rücksicht zu nehmen. Amerika ist
Veränderungen. das individualistischste Land der Welt, Der Vergleich zwischen den Ländern
entsprechend groß sind die Widerstände zeigt: Lean muss auch von Land zu Land
AUF DIE EIGENE KULTUR gegen die eher kollektivistischen Prin- unterschiedlich gelebt werden. Dennoch
RÜCKSICHT NEHMEN zipien der Toyota-Methode – beispiels- stehen alle vor der gleichen Herausforde-
weise wenn es darum geht, die eige- rung: Die Welt ist komplex und unvor-
Um es klar zu sagen: Auch heute noch nen Interessen zum Wohl der größeren hersehbar. Wir müssen daher durch Vor-
ist Toyota der Maßstab für Lean Manage- Gemeinschaft unterzuordnen. Amerika stöße und Experimente ergründen, wie
ment. Was ich damit meine, ist, dass ist außerdem ein Land, das mit großem wir den fortwährenden, auf uns zukom-
das Unternehmen das beste bekannte Selbstvertrauen eine Geschichte der er- menden Herausforderungen begegnen
Beispiel für eine tiefgreifende Unterneh- folgreichen Rebellion gegen den Sta- können. Menschen sind das wertvollste
menskultur darstellt, welche die Prin- tus quo aufweist, während die Japaner Mittel, sich an die schnell verändernde
zipien der Mitarbeiterachtung und der eher von Zurückhaltung und Demut ge- Welt anzupassen. Deshalb müssen wir
kontinuierlichen Verbesserung vereint. prägt sind. Amerikaner mögen es nicht, sie pflegen und fortbilden.
2 22
CHINESISCHE
UNTERNEHMEN: MIT
LEAN
MANAGEMENT
DIE
HERAUSFORDERUNGEN
MEISTERN
Dr. Marcus Chao,
President, Lean Enterprise China
2 23
Das rasante wirtschaftliche Wachstum der vergangenen drei Jahrzehnte in China hat einen neuen Meilenstein in der
Geschichte der Weltwirtschaft gesetzt. Während dieser Zeit haben die meisten chinesischen Firmen Energie und Res-
sourcen für die Herstellung von Produkten und Services genutzt, um Wohlstand zu schaffen. Allerdings haben dabei
nur ein paar wenige Firmen Qualität, Produktivität und Service in den Vordergrund gestellt. Und die, die es taten,
waren meist ausländische Unternehmen. Insbesondere sie nutzen Lean Management bereits und hinterlassen ihren
Fußabdruck in China in Form von klar spezifizierten Anforderungen und Anleitungen ihrer Muttergesellschaften.
Heute müssen sich staatliche und private Ihre Lenker haben Energie, Unternehmer- AUF EIGENE STÄRKEN UND
Unternehmen zahlreichen Herausforde- geist und den Willen, sich an neuen Ide- SCHWÄCHEN ACHTEN
rungen stellen – wie beispielsweise dem en zu versuchen. Entsprechend werden
globalen und heimischen wirtschaftli- sie als treibende Kräfte Chinas nächsten Derzeit stehen die Firmen in China –
chen Abschwung, steigenden Arbeits- wirtschaftlichen Sprungs gesehen. Die genau wie Unternehmen aller anderen
kosten, instabilen Währungen und strik- aktuelle Entwicklung der Internettech- Länder – vor großen Veränderungen, be-
teren Anforderungen an Umwelt und nologie verschafft vielen chinesischen dingt auch durch den Aufbruch hin zur
Sicherheit. Unternehmen große Wachstumschan- Smart Factory. Das Industrie-4.0-Konzept
Die Unternehmensführer sind gezwun- cen. Sie sind bereit sich zu verändern wurde von Deutschen aufgrund spezifi-
gen, dafür Lösungen zu finden. Mit Hilfe und zu lernen. Auch von deutschen Pro- scher sozialer und wirtschaftlicher Hin-
von Lean Thinking kann es ihnen gelin- duktionsfirmen, die seit Jahren weltweit tergründe entwickelt. Auch hier können
gen, diesen Problemen zu begegnen, führend sind. Das technische Design und chinesische Firmen von den Partnern aus
indem Prozessverbesserungen in Gang die Prozess- und Qualitätsdisziplin dienen Deutschland lernen. Nichtsdestotrotz
gesetzt werden und die Wettbewerbsfä- als Vorbild, ebenso aber auch die Kultur, müssen sie ebenso auf ihre eigenen Stär-
higkeit gestärkt wird. nach Exzellenz zu streben. ken und Schwächen achten.
VON AUSLÄNDISCHEN DIE EIGENE KULTURELLE Klar ist: Automation und Smart Manu-
UNTERNEHMEN LERNEN IDENTITÄT NICHT AUFGEBEN facturing basieren immer noch auf einer
stabilen Lean Arbeitsweise des „Flie-
Einige chinesische Staatsunternehmen Andererseits haben Chinesen eine tra- ßens“ und der „kontinuierlichen Ver-
hatten sich bereits in den frühen 80er Jah- ditionelle Kultur des Respektierens von besserung“. Es gilt daher für chinesische
ren bemüht, von Toyota zu lernen, es aber Älteren, der Sorge um andere und der Unternehmen, trotz neuer Technologien
nicht geschafft, Lean Management im kontinuierlichen Verbesserung. Viele chi- zu den Grundlagen zurückzufinden und
Tagesgeschäft umzusetzen. Die häufige nesische Wirtschaftsführer haben hart die Prozesse effektiv und effizient zu ge-
Rotation des Top-Managements und der dafür gearbeitet, das Konzept „Happi- stalten. Ich denke, Lean Management
zu große Fokus auf Leistung drängten die ness Enterprise„ in ihren eigenen Firmen bildet für chinesische Firmen die Grund-
Führungskräfte dazu, sich eher auf kurz- einzuführen. Wir würden uns wünschen, lage, ihre heutigen Herausforderungen
fristige Erfolge zu fokussieren anstatt auf dass auch deutsche Unternehmen die zu meistern.
eine langzeitige Nachhaltigkeit. Möglichkeiten dafür schaffen, traditio-
nelle chinesische Kultur und deutsche
Eine gute Ausgangslage haben heute vor Technologie zu vereinen. Auf diese Weise
allem die chinesischen Privatunterneh- könnten wir Verschwendung vermeiden
men; bei ihnen handelt es sich oft um und eine Kultur der kontinuierlichen Ver-
kleine und mittelständische Firmen. besserungen aufbauen.
2 24
MIT
TOYOTA
KATA EINE
WAS MEINT EIGENTLICH
TOYOTA KATA?
KULTUR Das Wort „Kata“ stammt aus dem
DER Kampfsport. Eine Kata ist eine
Im Management steht Kata für das regelmäßige Verbessern Unternehmen können starke Verbesserungen in den Bereichen
durch den Mitarbeiter, welcher durch seine Führungskraft im Produktivität, Durchlaufzeiten, Qualität, Kosten, Effektivität etc.
Sinne eines Mentors unterstützt wird. So werden dann Verbes- erzielen. Im Rahmen der Toyota-Kata-Praxis führt der Lernen-
serungsroutinen geschaffen, bei denen man sich schrittweise de kleine, aber schnell umzusetzende Experimente durch, um
einem definierten Zielzustand annähert. Ein konkretes Vorha- so an Wissen zu gewinnen und den Prozess systematisch über
ben könnte lauten: Halbierung der Fehlerrate pro Schicht. Mit die Zeit zu verändern. Im Idealfall führt der Mentee ein Experi-
sich wiederholenden „Plan, Do, Check, Act“ (PDCA)-Zyklen nä- ment pro Tag durch. Die pharmazeutische Fabrik von Merck in
hert man sich dann gemeinsam dem Ziel, bis es erreicht ist und Elkton, Virginia, schaffte es zum Beispiel, die Stillstandszeiten
ein neues formuliert werden kann. von 10.000 Sekunden pro Arbeitsschicht auf 100 Sekunden zu
reduzieren.
WAS IST NEU?
WARUM SOLLTEN INDUSTRIEUNTERNEHMEN
Der Toyota-Kata-Ansatz unterstreicht die Wichtigkeit von Rou- GENAU JETZT TOYOTA KATA EINFÜHREN?
tinen und zeigt Praxisübungen zur Verbesserung auf. In dieser
Art des Managements sind drei wichtige Rollen auszumachen: In den letzten 25 Jahren haben weltweit viele Unternehmen
der Lernende (Mentee), die Führungskraft (Coach) und sowie Lean Management implementiert, sehr oft durch den Einsatz
der zweite Coach. Die Rolle des zweiten Coaches übernimmt von Methoden wie Kanban, 5S, Rüstzeitoptimierung etc. In
im Veränderungsprozess am Anfang der externe Berater, spä- den vergangenen 10 bis 15 Jahren haben die Unternehmen re-
ter eine übergeordnete Führungskraft. Der Coach betreut den alisiert, dass es einen ganzheitlich ausgerichteten systemischen
Mentee mittels täglicher kurzer Gespräche. Dies bringt unab- Ansatz braucht, die verschiedenen Werkzeuge miteinander zu
hängige Problemlöser hervor, die in der Lage sind, ihre eigene vernetzen. Toyota Kata bringt dies nun auf einen höheren Level,
Kreativität, Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit bezüg- denn es erzwingt einen Paradigmenwechsel in der Unterneh-
lich neuer Unternehmensziele einzubringen. mens- und vor allem in der Führungskultur.
Manager und Führungskräfte besitzen mit Toyota Kata nun
WIE GELINGT ES KATA, EINE KULTUR DER eine Möglichkeit, ihre Vorarbeiter am Band zu coachen und sie
PERMANENTEN INNOVATION ZU SCHAFFEN? tagein und tagaus einen strukturierten Problemlösungsansatz
durchführen zu lassen. Toyota Kata stimuliert die Kreativität
Gegenwärtig ist es üblich, dass Verbesserungsanstrengungen und Innovationskraft der Mitarbeiter, um neue Lösungen hin-
mit großen Kaizen-Events und unter Einbindung von ausge- sichtlich neuer Herausforderungen zu generieren.
wiesenen Methodenexperten wie Six Sigma Black Belts usw.
stattfinden. Allerdings benötigen diese Workshops weitere
Folgeaktivitäten, die dann meistens doch nicht geschehen. Da
Verbesserungsideen oft auch noch außerhalb der Belegschaft
erarbeitet und ihr dann aufgezwungen werden, ist wenig Ent-
schlossenheit vorhanden, die Verbesserungen umzusetzen. Bei
Toyota Kata hingegen nehmen der Lernende und der Coach
Führungsaufgaben im direkten Arbeitsumfeld wahr: auf der
Shopfloor-Ebene beispielsweise ein Vorarbeiter oder Teamleiter
und sein Fertigungsleiter. Diese beiden sind eng mit den Prozes-
sen verbunden und haben ein starkes Interesse daran, dass die
Verbesserungen zum Erfolg führen.
3 26
Die Qualifizierung und Ausbildung von Lean Experten setzt sich durch
TIMELINE
Lean ist nicht mehr nur Sache der Experten, sondern wird in die
Handeln und Leben werden Unternehmen an die Spitze geführt
nagement Principles from the World‘s Greatest Manufacturer“
Bereiche übertragen
(JiT-) Konzept
Morgen
1900 1937 1945 1956 1991 1999 2003 2004 2005 2007 2010
Entwicklung und Implementierung einzelner Methoden und Werkzeuge Entwicklung / Implementierung von Wertschöpfungssystemen Entwicklung von Führungsleistung
Gestern
1. Überproduktion 1. Störungsfreiheit, Null-Fehler-Strategie Die wesentlichen Erfolgsfaktoren:
Heute
2. Bestände – Robuste Prozesse bilden die Grundlage für die drei anderen Merkmale
3. Produktion von Schlechtteilen, Ausschuss – Fehler werden sofort behoben 1. Führungsprinzip – Go & See, die Führungskraft kennt
4. „Overprocessing“ (im Arbeitsprozess selbst, – Ordnung und Sauberkeit bilden die Grundlage für robuste Prozesse
die Prozesse und Probleme vor Ort
nicht angemessene Methode) 2. Fluss
5. Transport – Im Idealfall besteht ein durchgängiger One-piece-flow von Rohmaterial zum Fertigprodukt 2. Führungsstil – Orientierung am Mentor-Mentee-Prinzip
6. Bewegung – Kontinuierlicher Fluss mit geringstmöglicher Weitergabemenge minimiert die Durchlaufzeit
3. Führungsinstrumente – Nutzung eines interaktiven Info-Centers
7. Wartezeit vom Mitarbeiter oder von Produkten 3. Rhythmus
25 Jahre
– Die geglättete und nivellierte Produktion orientiert sich an einem einheitlichen Rhythmus vor Ort mit zeitaktuellen Daten
– Der Kunde gibt den Takt vor 4. Führungsspanne – Reduzierung auf eine wirksame
– Standardisierte Arbeit vermeidet Verschwendung
Führungsspanne von acht bis zehn Mitarbeitern
4. Sog (ziehende Fertigung)
+++ – An den verbleibenden Schnittstellen wird das Pull-Prinzip eingerichtet
Ein Systemverständnis entwickelt sich / – Die Verantwortung für die Materialnachschubsteuerung wird weitestgehend
Lean Management
Prozesse werden ganzheitlich betrachtet / an die Herstellung übergeben
Produktionssysteme werden entwickelt und +++
eingeführt / Experten werden ausgebildet
Führungskräfte werden zu Lean
Vorreitern / Organisationen
– Die sieben Verschwendungsarten – indirekte Bereiche
implementieren Lean Management
+++
Es wird sich in den Methoden verloren / Isolierte 1. Selbstverursachte Überproduktion von Informationen
Methoden werden adaptiert und strategisch / Lean Leadership
Verbesserungen werden betrieben / Organisa- 2. Fremdverursachte Bestände von Informationen
eingeführt / Verbesserungen erkannt
tionen nehmen Systeme nur schlecht an / Die (elektronische oder physische Bestände) entwickelt sich
–
Verbesserungsverantwortung wird an Experten 3. Fehler und Nacharbeit (Produktion von ungenauen
–
delegiert oder Falschinformationen) Führungskräften fehlt häufig die Qualifizie-
Der Zusammenhang der Methoden ist
noch nicht gegenwärtig / Es besteht keine systema- 4. „Overprocessing“ (im Arbeitsprozess selbst, rung für umfassende Lean Entwicklungen /
tische Ausrichtung nicht angemessene Methode)
Die Herausforderungen der Zukunft müssen
5. Transport von Informationen
6. Bewegung / Laufwege im Büro angegangen werden
7. Wartezeit vom Mitarbeiter oder von Dokumenten
IHR PARTNER
AUF DEM WEG ZUR SPITZENLEISTUNG
3 30
Aktueller
Status quo
Und: Nahezu drei von zehn Unternehmen (28 Prozent) befinden sich noch
auf Stufe 1 und haben sich bisher ausschließlich darauf fokussiert, einen kon-
tinuierlichen Verbesserungsprozess einzuführen. Sie arbeiten dabei überwie-
gend mit Tools und Methoden des Lean Managements, erleben Lean aber
noch nicht als Kultur. 40 Prozent haben darüber hinaus bereits ihre gesamte
Wertschöpfung nach den Lean Prinzipien ausgerichtet (Stufe 2). Und bei 20
Prozent der befragten Führungskräfte folgen inzwischen auch die indirekten
Unternehmensbereiche den Lean Prinzipien. Der von der Unternehmensbe-
ratung Staufen AG entwickelte Lean Management Index für Deutschland
ergibt auf einer Skala von 0 bis 100 damit insgesamt 49 Punkte.
Lean-Management-Indizes:
Auswertung nach Branchen
Lean-Management-Indizes:
Auswertung nach Umsatz
Über 1 Mrd. Euro 500 Mio. – 1 Mrd. Euro 250 – 500 Mio. Euro 50 – 250 Mio. Euro
3 34
Worauf
Lean Management
Einfluss
hat
3.2 Lean Management beeinflusst nach Ansicht von mehr als 90
Prozent der Befragten die Produktivität und die Durchlaufzeit
positiv. Es verbessert damit insbesondere die internen Prozesse –
ein Ergebnis, über das wohl keiner erstaunt sein dürfte. Darü-
ber hinaus wirkt Lean Management erfolgreich auf die Wett-
bewerbsfähigkeit, ökonomische Kennzahlen oder die Kunden-
zufriedenheit.
55 Punkte Auffällig ist jedoch: Deutlich weniger spüren die
Manager die vorteilhaften Folgen des Lean Managements im
Hinblick auf die Innovationsfähigkeit ihrer Unternehmen. Auch
der Einfluss auf den Führungsstil ist bei vielen Firmen noch ver-
gleichsweise gering.
3 35
*Mittelwert.
0 – gar nicht
Eher positiv
1 – negativ
Positiv 2 – eher negativ
3 – eher positiv
4 – positiv
3 36
Stufe 1
Stufe 3 + 4
90%
Auf die Produktivität
99%
94%
Auf die Durchlaufzeit
98%
70%
Auf die Wettbewerbsfähigkeit
94%
72%
Auf den ökonomischen Erfolg
94%
67%
Auf die Kundenzufriedenheit
91%
65%
Auf die Unternehmenskultur
87%
62%
Auf den Führungsstil
82%
47%
Auf die Innovationsfähigkeit
77%
Die Ergebnisse zeigen ebenfalls: Lean Management ist insbe- Dies wird besonders deutlich bei den Ergebnissen zu den Aus-
sondere dann wirksam, wenn es vom mehrjährigen Projekt zur wirkungen auf die Innovationsfähigkeit. Sie zeigen: Je weiter
Kultur wird, die von den Firmen permanent und konsequent sich Lean Management im Unternehmen etabliert hat, desto
gelebt wird. Unternehmen, die die Lean Prinzipien bereits in ih- wandlungsfähiger ist die Firma am Markt, desto besser kann sie
ren indirekten Bereichen oder sogar umfassend in Strategie und sich also auf die veränderten Herausforderungen der Zukunft
Organisation etabliert haben, profitieren in allen relevanten Fel- einstellen. Diesen Zusammenhang haben viele Unternehmen
dern deutlich stärker als Betriebe, die gerade erst in einzelnen bisher noch nicht hinreichend erkannt, wie auch die Erfahrun-
Bereichen mit der Umsetzung begonnen haben. gen der Staufen AG aus der Praxis immer wieder zeigen.
3 38
Automobilindustrie
profitiert
am
stärksten
3.3 Die in Kapitel 3.1 ermittelten Lean Management Indizes für die
Automobil- und Elektroindustrie sowie den Maschinen- und
Anlagenbau zeigen, dass sich die Lean Kultur hier bislang am
stärksten etabliert hat. Dass diese drei Branchen ihre Art zu ar-
beiten dabei sehr erfolgreich verändert haben, erkennt auch
die Gesamtheit der Studienteilnehmer an. Denn auf die Fra-
ge, in welchen Branchen Lean Management bisher die größten
positiven Veränderungen bewirkt hat, gibt es eine eindeutige
Antwort: Mehr als neun von zehn Befragten nennen die Au-
tomobilindustrie, die sehr früh erkannt hat, dass es sich lohnt,
dem Beispiel Toyota zu folgen. Platz 2 belegt der Maschinen-
und Anlagenbau (71 Prozent) und Platz 3 die Elektroindustrie
(67 Prozent).
3 39
Dienstleister 14% 7%
Bauindustrie 6% 1%
Eher stark
Stark
Fokussierung
vor allem
auf die
Produktion
3.4 Noch immer fokussiert sich Lean Management
überwiegend auf die Produktion und
ergänzend noch auf produktionsnahe Bereiche
wie die Logistik und Instandhaltung.
Die restlichen Bereiche werden zu selten
miteinbezogen, wie die Studienergebnisse
belegen.
3 41
Dies gilt, wie in Kapitel 3.2 bereits beschrieben, auch für die
Forschung und Entwicklung. Gerade in diesem für die Indus-
trieunternehmen überlebenswichtigen Bereich hat sich Lean
Management erst bei einem sehr kleinen Teil der Unternehmen
(17 Prozent) überhaupt durchgesetzt. Das mag auch daran
liegen, dass Lean und kreatives Arbeiten an Innovationen auf
den ersten Blick wenig zueinanderpassen. Betrachtet man
Lean ausschließlich als Werkzeug, mag dies stimmen. Lean
ist aber weit mehr, nämlich ein Managementsystem, das ge-
rade auch Entwickler und Forscher in ihrer Arbeit unterstützt.
Es kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, immer kürzeren
Produktlebenszyklen erfolgreich zu begegnen.
3 42
Produktion 3,3
Logistik 2,8
Einkauf 1,8
Administration 1,7
Vertrieb 1,4
Produktion 3,6
Logistik 3,4
Einkauf 2,7
Administration 2,6
Vertrieb 2,3
* Mittelwert:
0 – überhaupt nicht
1 – wenig
2 – eher wenig
3 – eher stark
4 – stark
3 43
Die Unternehmen haben jedoch erkannt, welches Potenzi- Bei den bereits erfahrenen und fortgeschritteneren Unterneh-
al Lean Management auch in allen Bereichen außerhalb der men wird der Anteil den Prognosen der Befragten zufolge so-
Produktion bietet. Denn gefragt, wie sich Lean in zehn Jahren gar noch deutlich höher liegen. Und nach den bereits guten
in den Betrieben durchgesetzt haben wird, zeigt sich bereits ein Erfahrungen vieler Firmen mit Lean Management im Bereich
deutlich anderes Bild. Auch in Einkauf, Administration sowie Logistik wird es auch hier einen weiteren Schub geben – die
Forschung und Entwicklung wird die Mehrzahl der Industrie- Unternehmen prognostizieren einen Umsetzungsgrad von 90
unternehmen nach Einschätzung der Studienteilnehmer dann Prozent.
auf Lean Management setzen. Agieren also heute beispielsweise
nur 24 Prozent der Unternehmen im Einkauf „lean“, werden es
in zehn Jahren bereits 63 Prozent sein.
Heute
In 10 Jahren
Produktion Logistik
90% 69%
96% 90%
17% 14%
55% 46%
3 45
Einkauf Administration
24% 22%
63% 61%
Prozessverbesserungen
haben
Vorrang
3.5 Auf die Frage, wie die Unternehmen bei den einzelnen Lean
Management Methoden aufgestellt sind, schneiden Prozess-
optimierung und Verschwendungsreduzierung am besten ab
(Note 2,4). Dies entspricht dem typischen Alltag in deutschen
Betrieben: Geht es um die Umsetzung der Lean Prinzipien,
stehen die Prozesse stets an erster Stelle.
Durchschnittsnoten
0 1 2 3 4 5 6
3 48
3,2
Reduzierung der Durchlauf- und Rüstzeiten
2,0
Verbrauchssteuerung 3,3
(z.B. Kanban- oder Supermarktprinzip) 2,0
3,9
Wertstromorientierte Organisation
2,5
4,0
Varianten- und Komplexitätsmanagement
2,8
0 1 2 3 4 5 6
Stufe 3 Auch die indirekten Bereiche folgen bereits den Lean Prinzipien
Stufe 2 Die Wertschöpfung ist nach den wichtigsten Lean Prinzipien ausgerichtet
Nachholbedarf
bei der
Führungs-
leistung
3.6
Wie die Studie zeigt, zählt bereits gut jedes vierte Unternehmen
in Deutschland zu den Fortgeschrittenen in Sachen Lean Ma-
nagement. Die konsequente und umfassende Umsetzung – so
die ehrliche Selbsteinschätzung der Studienteilnehmer – kann
aber auch bei den „Lean Profis“ noch besser werden. Sehr deut-
lich wird dies beim Thema Führungsleistung, die gerade vor dem
Hintergrund der Digitalisierung immer wichtiger wird. Hinzu kommt: Das Verständnis und Wissen rund um das soge-
nannte Lean Leadership und dessen Bedeutung ist noch wenig
So bedeutet Lean Management nach wie vor für die überwie- ausgeprägt. Viele Führungskräfte tun sich daher schwer damit,
gende Zahl der befragten Manager (90 Prozent) vor allem eine ihre Führungsleistung richtig einzuschätzen. Das ist verständ-
Optimierung der Prozesse. Dies gilt auch für viele Unterneh- lich. Denn während Prozessverbesserungen für alle deutlich
men, bei denen sich Lean nach eigenen Angaben längst als Kul- sichtbar sind, gilt dies für die Führungsleistung eben nicht. Eine
tur in allen Bereichen weit etabliert hat. So wird in jeder zwei- gute Führung wirkt sich eher indirekt und langfristig aus, sie ist
ten Firma die Verbesserung der Führungsleistung im Rahmen nicht sofort greifbar.
von Lean Management zwar stets mitgedacht, fällt im betriebli-
chen Alltag bei der Umsetzung dann aber häufig hinten runter. Dennoch passen die Ergebnisse der Studie zu den generellen
Erfahrungen in der Praxis, wonach sich viele deutsche Un-
ternehmen beim Etablieren des Lean Managements bisher
schwerpunktmäßig auf ihre operativen Prozesse konzentriert
und weniger auf das Führungsverhalten. Hier gilt es, die Konse-
quenz bei der umfassenden Umsetzung von Lean Management
zu erhöhen – auch das ist eine originäre Führungsaufgabe.
3 51
Shopfloor Management
wird oft
falsch
verstanden
3.7 Die wirklich erfolgreichen Unternehmen haben längst erkannt,
dass sich Exzellenz nicht allein mit Prozessexzellenz, sondern
nur in Kombination mit Führungsexzellenz erreichen lässt. Dies
steht für ein Zusammenspiel von Führungsinstrumenten und
Führungsverhalten, direkt am Ort der Wertschöpfung. Und das
bedeutet zu einem ganz wesentlichen Teil einen nachhaltigen
Wandel des Führungsverhaltens auf allen Ebenen, von der Ge-
schäftsführung bis hin zum Teamleiter. Immer mehr Unterneh-
men führen daher Shopfloor Management ein. Beim Shopfloor
Management entwickelt sich die Führungskraft vom klassi-
schen Vorgesetzten zum Coach und Mentor. Auf unterstützen-
de Werkzeuge wie beispielsweise ein Info-Center mit Tafeln,
Kennzahlencharts und Produktionstagebüchern kann dabei
zwar nicht verzichtet werden.
3 53
Befragt, ob sich denn das Shopfloor Management in den Grund ist ein falsches Verständnis vom Shopfloor Management.
Betrieben bereits durchgesetzt habe, antwortete ein recht ho- Viele Manager haben sich bislang lediglich auf die Führungsin-
her Anteil von Unternehmen positiv. strumente konzentriert, ihr eigenes Verhalten aber nicht verän-
dert. Erst die nachhaltige Veränderung des Führungsverhaltens
Der detailliertere Blick relativiert sich dieser Anteil jedoch: Fast bewirkt jedoch eine Veränderung der Unternehmenskultur und
jeder zweite Studienteilnehmer (46 Prozent) hat die Erfahrung führt letztendlich zur Verbesserung der Ergebniskennzahlen.
gemacht, dass die Führungsleistung sich durch Shopfloor Oftmals erkennen die Unternehmen das erst, wenn sie an Best-
Management gar nicht oder nur wenig verbessert hat. Und ins- Practice-Beispielen sehen, was Shopfloor Management und
gesamt 38 Prozent der Manager kritisieren, die Kennzahlen in Lean Leadership im Firmenalltag tatsächlich bedeuten.
den Bereichen Ausbringung und Qualität seien durch Shopfloor
Management kaum beziehungsweise überhaupt nicht besser
geworden.
Shopfloor Management Boards und -Regelkommunikation sind der sichtbare Teil des Shopfloor Management (SFM),
der jedoch bei einem nachhaltig eingeführten SFM erst durch den unsichtbaren Teil erfolgreich ist
HARDWARE:
20% SFM-Boards
SFM-Regelkommunikation
Strukturen und
Prozesse
= sichtbar
80%
Lernen durch Einsicht
Fähigkeiten,
Go & See
Verhalten und
Feedback-Kultur
Einstellungen
Verbindlichkeit
= unsichtbar
KVP-Entwicklung
Führung durch Fragen
Umgang mit innerem Druck
Prozessbestätigung
Aktives Zuhören
Muda-Bewusstsein
3 54
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
10% 5% 7% 5%
13%
16%
26%
Verbesserung von
Verbesserung der
Kennzahlen in den
31% Führungsleistung durch
Bereichen Ausbringung
Shopfloor Management
und Qualität
41%
46%
Stufe 1
Stufe 3 + 4
Meist sind es die sogenannten weichen Faktoren, die eine ef- einzusetzen. Sie nehmen zwar an Seminaren und Trainings teil,
fektive Umsetzung von Shopfloor Management verhindern. So die Wirkung verpufft aber anschließend in der Praxis schnell
fühlt sich jeder zweite Befragte in seinem Führungsalltag nicht wieder. Erfahrungen zeigen, dass Führungskräfte am besten
ausreichend durch die Geschäftsleitung unterstützt und er- lernen, wenn sie über einen gewissen Zeitraum vor Ort im Be-
kennt bei sich eine zu geringe Problemlösungskompetenz. Der trieb begleitet werden. Erst auf diesem Weg lernen sie oft wirk-
Grund: Den Führungskräften wird oft nicht das nötige Know- lich, ihr Verhalten zu ändern und sich zu einer dauerhaft guten
how an die Hand gegeben, Shopfloor Management erfolgreich Führungspersönlichkeit zu entwickeln.
Mangelnde Unterstützung
51 37 12
der Führungskraft
Mangelnde
51 43 6
Problemlösungskompetenz
Stringente Einhaltung
30 54 16
der Regelkommunikation
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Lean Management
und
Industrie 4.0
3.8
Der Weg in die neue, smarte Fabrikwelt mit digitalisierten und In Kapitel 3.5 ist bereits beschrieben worden, wie die Unterneh-
vernetzten Prozessen ist ein evolutionärer – er setzt auf beste- men bei diesen Lean Management Methoden aufgestellt sind.
henden effizienten Produktionsstrukturen und Prozessen auf. Ein Vergleich der Ergebnisse mit den hier gezeigten gibt Auf-
Es geht bei Industrie 4.0 nicht darum, eine vollautomatisier- schluss darüber, wo die Unternehmen besser werden müssen,
te und IT-technisch überzüchtete Fabrik zu schaffen, sondern um den Übergang zur Industrie 4.0 erfolgreich zu bewältigen.
eine möglichst verschwendungsfreie, auf einem hohen Lean Nachholbedarf gibt es vor diesem Hintergrund bei fast allen
Standard stehende Fabrik aufzubauen und anschließend durch Methoden, insbesondere aber bei der wertstromorientierten Or-
Industrie-4.0-Bausteine weiterzuentwickeln. Die digitale ganisation und beim Varianten- und Komplexitätsmanagement.
Transformation vom Anfang bis zum Ende der Wertschöp-
fungskette kann dabei nur durch produktionsübergreifendes
Denken gelingen.
20% 10% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
6% 5%
13%
33%
Ja
Eher ja
Eher nein
43% Nein
Weiß nicht
Ja
Stufe 1 30% 41% 17% 5% 7%
Eher ja
Eher nein
Stufe 3 + 4 41% 39% 10% 6% 4%
Nein
Weiß nicht
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Stufe 3 Auch die indirekten Bereiche folgen bereits den Lean Prinzipien
Wachstums- und
Ertragsziele als Treiber
von Lean
Management
3.10
Was motiviert die Unternehmen, Lean Management stärker
einzusetzen beziehungsweise weiterzuentwickeln? Es zeigt
sich: Hauptgrund sind weiterhin die durch das Tagesgeschäft
getriebenen eigenen Wachstums- und Ertragsziele (80 Prozent).
Auf den Plätzen 2 und 3 folgen – weit abgeschlagen – der Mar-
gendruck und der Wettbewerb aus dem Ausland mit 48 bezie-
hungsweise 46 Prozent.
Margendruck 48%
Kunden 35%
Mehrfachnennungen möglich
84%
Wachstums- und Ertragsziele
81%
52%
Margendruck
42%
45%
Wettbewerb (Ausland)
50%
43%
Wettbewerb (Inland)
43%
24%
Kunden
39%
27%
Neue Technologien (z.B. Industrie 4.0)
22%
10%
Politik (z.B. höhere Lohnnebenkosten)
12%
Mehrfachnennungen möglich
3 65
Ausblick
Lean Management ist längst weit mehr als ein Werkzeugkasten,
aus dem sich Unternehmen bei Bedarf bedienen können. Es ist ein
Managementsystem, bei dem es heute insbesondere darum geht,
über alle Bereiche eine lernende Organisation aufzubauen, um per-
manente Verbesserungen zu erzielen. So sehen es auch die meis-
ten deutschen Industrieunternehmen. Sie haben realisiert, dass ein
guter Teil ihrer Erfolge auf dem Weltmarkt unter anderem darauf
zurückzuführen ist, in allen Bereichen effizient und effektiv zu ar-
beiten. Und dass sie diesen Weg beim Übergang zu Industrie 4.0
und Digitalisierung konsequent weiterverfolgen müssen.
4
84 Prozent der Manager sind davon überzeugt, dass Lean Ma-
nagement per definitionem eine kontinuierliche Aufgabe ist, sein
Potenzial zur Steigerung von Effizienz und Effektivität also nicht
irgendwann an eine Grenze stößt.
3%
Grenze ist bereits erreicht
84%
Weiß nicht
Lean Management
im internationalen
Vergleich
4
Muda, Mura und Muri – schon die Begriff-
lichkeiten der Lean Welt weisen auf deren
Ursprung hin: Japan. Maßgeblich geprägt
wurden die Methoden des Lean Manage-
ments seit Mitte des 20. Jahrhunderts bei
dem Automobilhersteller Toyota.
Mittelwerte*
3,3
2,9
2,1
1,7 1,6
1,4 1,3
1,0
* Mittelwert:
0 – weiß nicht
1 – geringe Verbreitung
2 – eher geringe Verbreitung
3 – eher hohe Verbreitung
4 – hohe Verbreitung
4 72
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