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Leitfaden für Beschäftigte,

Arbeitgeber*innen und
Betriebsräte
Inhalt

3 Übersicht

4 1  Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

7 2 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz:


Zahlen und Fakten

11 3 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz:


Ursachen und Folgen

14 4 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz:


Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien

14 4.1 Betroffene

19 4.2 Arbeitgeber*innen

27 4.3 Betriebsrat

30 5  Good Practice

33 6 Verweise

34 7 Quellen

36 8 Anhang
Übersicht 3

Übersicht

Sexuelle Belästigung kommt in Betrieben in Der Leitfaden informiert über Rechte und Bera-
Deutschland immer wieder vor. Das kann schwere tungsmöglichkeiten und gibt Antworten auf die
Folgen für die Betroffenen haben und dem Unter- folgenden Fragen:


nehmen nachhaltig schaden. Erschreckend sind
die Ergebnisse einer Umfrage der Antidiskrimi- Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?
nierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2015. Die Welche Formen sexueller Belästigung gibt
Hälfte der befragten Beschäftigten gab an, am es? Was sagt das Allgemeine Gleichbehand-
Arbeitsplatz eine nach dem Allgemeinen Gleich- lungsgesetz?


behandlungsgesetz verbotene sexuelle Belästi-
gung selbst erlebt zu haben. Aber: Mehr als 80 Wer ist in Arbeitskontexten von sexueller
Prozent der Befragten wussten nicht, dass Arbeit- Belästigung betroffen? Wer belästigt?


geber*innen dazu verpflichtet sind, ihre Beschäf-
tigten aktiv vor sexueller Belästigung zu schützen. Welche Ursachen und Folgen hat sexuelle
Belästigung am Arbeitsplatz?


Dementsprechend wenige Präventions- und
Schutzmaßnahmen sind bekannt. Jede zweite Wie können Betroffene gegen sexuelle
Person hat angegeben, überhaupt keine Maßnah- Belästigung am Arbeitsplatz vorgehen? Was
men zu kennen, die im eigenen Unternehmen müssen sie beachten? Wo finden sie Hilfe
gegen sexuelle Belästigung ergriffen wurden. und Beratung?


Insgesamt fehlt es an Informationen über Maß-
nahmen zur Durchsetzung eines aktiven Schutzes Welche Schutzpflichten, Präventions- und
vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Sanktionsmöglichkeiten haben Arbeit-
geber*innen?


Der Leitfaden richtet sich deshalb an


Welche Aufgaben und Pflichten hat der
von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz Betriebsrat im Umgang mit sexueller Belästi-
Betroffene, gung am Arbeitsplatz?

— Arbeitgeber*innen,
— Wie sehen vorbildliche Schutzmaßnahmen


aus?
Personal- und Betriebsräte,

— Gleichstellungsbeauftragte und andere


Handlungsverantwortliche,

— Menschen, die sexuelle Belästigung beobach-


tet haben und

— Menschen, die sich allgemein über das Thema


sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz infor-
mieren möchten.
4 Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

1  Was ist sexuelle Belästigung


am Arbeitsplatz?
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) spricht von sexueller Belästigung, wenn

„[…] ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch


unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen,
sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuel-
len Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen
von pornografischen Darstellungen gehören, bezweckt oder be-
wirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbe-
sondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Ernied-
rigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes
Umfeld geschaffen wird.“ § 3 Abs. 4 AGG

Bei einer sexuellen Belästigung handelt es sich Rechte, um sich gegen sexuelle Belästigung zur
also um eine unerwünschte Verhaltensweise, Wehr zu setzen. Gleichzeitig bestimmt das AGG
die sexualisiert und geschlechtsbezogen ist.1 Das eine deutliche Schutzpflicht für Arbeitgeber*in-
können vor allem sexuelle Anspielungen oder nen.
unangemessene körperliche Berührungen sein.
Die Unerwünschtheit besteht aber auch dann, In den meisten Fällen sind Frauen von sexueller
wenn eine Person unter Druck gesetzt wurde, eine Belästigung betroffen. Das Gesetz verbietet sexu-
sexuelle Handlung zu erdulden oder zu erwidern. elle Belästigung aber grundsätzlich und schützt
Eine sexuelle Belästigung geht mit einer Wür- somit auch Männer, Trans*-Personen2 und inter-
deverletzung der belästigten Person einher. Das geschlechtliche Menschen sowie alle anderen
heißt, das Verhalten beleidigt, erniedrigt oder AGG-Merkmale.


beschämt die andere Person. Es geht dabei nicht
darum, ob die Würdeverletzung beabsichtigt ist, Sexuelle Belästigung ist durch Würdeverlet-
sondern um die Auswirkung auf die belästigte zung und Unerwünschtheit bestimmt.
Person. Sexuelle Belästigung ist also nicht aus-
schließlich sexuelle Gewalt, sondern bezieht sich
auf alle Formen solcher Belästigungen.
— Jede sexuelle Belästigung ist am Arbeitsplatz
verboten, egal ob die verursachende Person
die Belästigung beabsichtigt hat und die Be-
lästigung erkennbar abgelehnt wurde.
Das AGG verbietet sexuelle Belästigung insbeson-
dere in beruflichen Zusammenhängen (§ 2 Abs. 1
Nr. 1 – 4 AGG). Das Gesetz gibt Beschäftigten
Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz? 5

1.1  Formen sexueller Belästigung

Das Gesetz nennt einige Beispiele sexueller Beläs- Belästigung können drei Kategorien unterschie-
tigung wie etwa Bemerkungen sexuellen Inhalts den werden: verbale, nonverbale und physische
oder Aufforderungen zu sexuellen Handlungen. Belästigung.3
Es gibt noch einige weitere Formen. Bei sexueller

Art der sexuellen Beschreibung


Belästigung4

Verbal
—— Sexuell anzügliche Bemerkungen und Witze
Aufdringliche und beleidigende Kommentare über die Kleidung,

——
das Aussehen oder das Privatleben
Sexuell zweideutige Kommentare
Fragen mit sexuellem Inhalt, zum Beispiel zum Privatleben oder


zur Intimsphäre
Aufforderungen zu intimen oder sexuellen Handlungen,


zum Beispiel „Setz dich auf meinen Schoß!“
Sexualisierte oder unangemessene Einladungen zu einer Verabredung

Nonverbal
—— Aufdringliches oder einschüchterndes Starren oder anzügliche Blicke

——
Hinterherpfeifen
Unerwünschte E-Mails, SMS, Fotos oder Videos mit sexuellem Bezug
Unangemessene und aufdringliche Annäherungsversuche in sozialen

——
Netzwerken
Aufhängen oder Verbreiten pornografischen Materials
Unsittliches Entblößen

Physisch
— Jede unerwünschte Berührung (Tätscheln, Streicheln, Kneifen, Umarmen,


Küssen), auch wenn die Berührung scheinbar zufällig geschieht
Wiederholte körperliche Annäherung, wiederholtes Herandrängeln, wieder-


holt die übliche körperliche Distanz (ca. eine Armlänge) nicht wahren
Körperliche Gewalt sowie jede Form sexualisierter Übergriffe bis hin zu
Vergewaltigung

1.2  Flirt oder sexuelle Belästigung? Wo ist die Grenze?


Im Alltagsverständnis wird sexuelle Belästigung nen wird unterstellt, dass sie überempfindlich auf
oft mit physischer Gewalt gleichgesetzt. Sexuell einen Witz oder Flirtversuch reagieren. Ein Flirt
übergriffiges und belästigendes Verhalten beginnt zum Beispiel hat nichts mit sexueller Belästigung
aber viel früher, auch wenn viele Formen sexu- zu tun. Er ist auch am Arbeitsplatz nicht verboten.
eller Belästigung im Alltag nicht strafbar sind. Aber: Flirts entstehen in beiderseitigem Einver-
Vor allem verbale und nonverbale Belästigungen ständnis. Übergriffiges Verhalten geschieht ohne
werden immer wieder verharmlost. Den Betroffe- das Einverständnis der anderen Person.
6 Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

Das Verhalten ist damit grenzüberschreitend. Vor Beispiel aus der Rechtsprechung:
allem dann, wenn die betroffene Person Ableh-
nung signalisiert oder durch das Verhalten gede- Einem Produktmanager wird aufgrund mehrfa-
mütigt oder beschämt wird. Außerdem handelt cher verbaler sexueller Belästigung einer Kollegin
es sich um eine sexuelle Belästigung, wenn zum außerordentlich gekündigt. Der Mann klagt gegen
Beispiel einer*einem Beschäftigten berufliche die Kündigung. Die Begründung: Es habe sich seiner
Nachteile angedroht werden, falls sie*er sexuelle Meinung nach nicht um eine sexuelle Belästigung,
Handlungen verweigert. Oder wenn beispielsweise sondern um bloßes „Necken“ gehandelt.
einem*einer Mitabeiter*in berufliche Vorteile
dafür versprochen werden, dass er*sie sich auf Das Gericht weist die Klage ab. Es bestätigt, dass das
sexuelle Handlungen einlässt. Verhalten des Belästigers die Würde der Mitarbeite-
rin verletzt hat.

Flirt = sexuelle Belästigung? Der Mann hat bereits einige Jahre zuvor eine Ab-
Die Grenzen sind klar markiert! mahnung wegen sexueller Belästigung erhalten.


Er hatte einer Kollegin gezielt auf das Gesäß ge-
Unerwünschtheit schlagen. Das Gericht kommentierte diesbezüglich,

— Erniedrigung und Abwertung


dass der Angestellte schon für diesen Vorfall eine


Kündigung hätte erhalten können. Auch die langjäh-
Einseitigkeit rige Betriebszugehörigkeit des Mannes wirkte sich

— Grenzüberschreitung
nicht mildernd auf das Urteil aus.

—  ersprechen beruflicher Vorteile bei


V
sexuellem Entgegenkommen
Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil v. 09.06.2011 –
AZ: 2 AZR 323/10

—  ndrohen beruflicher Nachteile bei


A
Verweigerung

1.3  Was ist das Besondere am Schutz im AGG?


Das AGG verbietet jede Form der sexuellen Beläs- Das Gesetz schützt Beschäftigte über das Straf-
tigung am Arbeitsplatz. Deshalb sind in den und Zivilrecht hinaus. Denn: Sexuell belästigen-
meisten Fällen Arbeitgeber*innen verantwortlich, des Verhalten ist vor allem im Arbeitskontext
Maßnahmen gegen sexuell belästigendes Verhal- gravierend. Am Arbeitsplatz kann man der beläs-
ten zu ergreifen. Erst bei strafrechtlich relevanten tigenden Person nicht aus dem Weg gehen. Der
Formen von sexuellen Übergriffen wie etwa einer Arbeitsplatz muss deshalb für alle Beschäftigten
sexuellen Nötigung sind auch die Polizei oder die ein sicheres Umfeld sein.
Staatsanwaltschaft zuständig.
Der Schutz ist nicht auf das Büro, das Unterneh-
Anders als in anderen Lebensbereichen ist mensgebäude oder die Arbeitszeit beschränkt.
sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz immer Das Gesetz verbietet jede Form der sexuellen
verboten. Im Strafrecht ist dieser Schutz nicht so Belästigung, die innerhalb eines Arbeitsverhält-
umfassend. Zum Beispiel ist es im Alltag nicht nisses stattfindet. Dazu zählen: Dienstreisen,
verboten, einer Frau offensichtlich auf die Brüste Arbeitswege, Firmenfeiern, Betriebsausflüge,
zu starren, am Arbeitsplatz ist dieses Verhalten Pausen sowie SMS, E-Mails oder Anrufe.
aber eindeutig gesetzeswidrig.

! Jede Form der sexuellen Belästigung ist am


Arbeitsplatz verboten.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Zahlen und Fakten 7

2  Sexuelle Belästigung am
Arbeitsplatz: Zahlen und
Fakten
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz wird oft Viele Beschäftigte wissen nicht, dass jede Form
unterschätzt. Das zeigt eine repräsentative Um- der sexuellen Belästigung im Arbeitskontext
frage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes verboten ist. Das bedeutet, viele Betroffene
aus dem Jahr 2015. Fragt man Beschäftigte nach können sich auch nicht richtig zur Wehr setzen.
ihrem Verständnis von sexueller Belästigung, fällt Zum Beispiel weiß nur ein Fünftel der Beschäftig-
auf: Viele Formen sexueller Belästigung werden ten, dass Arbeitgeber*innen alle Angestellten vor
nur von rund zwei Dritteln der Befragten als sexueller Belästigung schützen müssen (§ 12 AGG).
solche verstanden (Abbildung 1).5 Konkrete Rechte wie das Leistungsverweigerungs-
recht (§ 13 AGG) oder das Maßregelungsverbot
(§ 16 AGG) sind ebenfalls kaum bekannt.6

Abbildung 1: Was verstehen Sie unter sexueller Belästigung?

Aufforderung zu unerwünschten sexuellen Handlungen 93


95
90

Explizite Aufforderungen wie „Setz dich auf meinen Schoß!“ 89


92
87

Unerwünschte Berührungen 75
84
75

Anzügliche Bemerkungen oder Witze 67


74
60

Anbringen aufreizender oder pornografischer Bilder 63


72
55

Unerwünschtes Anstarren 64
67
64

Gesamt Frauen Männer


8 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Zahlen und Fakten

2.1  Wer wird belästigt?


Grundsätzlich gilt: Jede Person kann Opfer sexu- ben oder Aussehen gestellt bekommen zu haben.
eller Belästigung werden. Das AGG schützt alle 19 Prozent haben am Arbeitsplatz unerwünschte
Menschen vor sexueller Belästigung am Arbeits- körperliche Annäherungen erlebt.9
platz.
Am häufigsten erleben Frauen sexuelle Beläs-
tigung durch Kolleg*innen auf der gleichen
Frauen Hierarchiestufe, aber auch durch Vorgesetzte
und Kund*innen (Abbildung 2).10
In der überwältigenden Mehrheit der bekannten
Fälle sind Frauen von sexueller Belästigung be- Eine repräsentative Untersuchung aus dem
troffen.7Das macht eine Untersuchung deutlich, in Jahr 2004 zur „Lebenssituation, Sicherheit und
der mehr als 700 Gerichtsurteile und -beschlüsse Gesundheit von Frauen“ im Auftrag des Bun-
ausgewertet wurden. In der Untersuchung wur- desministeriums für Familie, Senioren, Frauen
den alle gerichtlichen Entscheidungen zu sexuel- und Jugend (BMFSFJ) hat außerdem gezeigt,
len Übergriffen im Arbeitskontext berücksichtigt, dass bestimmte Gruppen besonders gefährdet
die zwischen den Jahren 1980 und 2014 zugäng- sind, sexuell belästigt zu werden.11 Dazu gehören
lich waren. Mit Ausnahme von 25 Fällen ging es beispielsweise junge Frauen. Andere Studien ver-
um die sexuelle Belästigung von Frauen.8 weisen darauf, dass außerdem Frauen in Ausbil-
dungsverhältnissen und Frauen, die in männlich
Die Beratungsanfragen der Antidiskriminierungs- dominierten Betrieben oder Bereichen arbeiten,
stelle des Bundes zeichnen ein ähnliches Bild: ebenfalls häufig von sexueller Belästigung betrof-
Neun von zehn Beratungsanfragen zum Thema fen sind.12
sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz stellten
Frauen.
Männer
Die Beschäftigtenumfrage der Antidiskriminie-
rungsstelle hat ergeben, dass 17 Prozent der be- Auch Männer können Opfer sexueller Belästi-
fragten Frauen nach eigener Einschätzung bereits gung am Arbeitsplatz sein. In der Umfrage der
sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt haben. Antidiskriminierungsstelle haben sieben Prozent
Fragt man konkret nach einzelnen Situationen, der befragten Männer angegeben, schon einmal
sind die Zahlen noch höher. Zum Beispiel haben am Arbeitsplatz sexuell belästigt worden zu sein.
22 Prozent der Frauen angegeben, unangemesse- Fragt man konkret nach einzelnen Situationen,
ne Fragen mit sexuellem Bezug zu ihrem Privatle- sind die Zahlen noch höher. Zum Beispiel haben

Abbildung 2: Von wem werden Frauen am Arbeitsplatz sexuell belästigt?

Von Kolleg*innen auf gleicher Hierarchiestufe 65

Von Kund*innen oder von Besucher*innen 36

Von Vorgesetzten auf höherer Hierarchiestufe 31

Von Kolleg*innen auf höherer Hierarchiestufe 31

Von Mitarbeiter*innen auf niedrigerer Hierarchiestufe 23

Von Kolleg*innen auf niedrigerer Hierarchiestufe 20 Mehrfachnennungen möglich


Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Zahlen und Fakten 9

19 Prozent der befragten Männer angegeben, un- besondere auch sexuelle Belästigung, wie zum
angemessene Fragen mit sexuellem Bezug gestellt Beispiel unangenehme Fragen zum Privatleben,
bekommen zu haben. Zwölf Prozent haben am Verbreitung sexueller Gerüchte oder sexuelle
Arbeitsplatz unerwünschte körperliche Annähe- Anspielungen eine Rolle spielen.16 An die
rungen erlebt. Insgesamt lassen die Umfrageer- Beratung der Antidiskriminierungsstelle wenden
gebnisse der Antidiskriminierungsstelle darauf sich zudem immer wieder lesbische Frauen, die
schließen, dass Männer im Gegensatz zu Frauen im Zusammenhang mit sexueller Belästigung
häufiger von leichteren und verbalen Formen von sogenannten Mehrfachdiskriminierungen
sexueller Belästigung betroffen sind.13 berichten.

Der Begriff Mehrfachdiskriminierung bezeich-


Trans* net eine Ungleichbehandlung aufgrund meh-
rerer Diskriminierungsmerkmale. In diesem Fall
Eine Studie der Agentur der Europäischen Union werden die betroffenen Personen also gleichzeitig
für Grundrechte (FRA) zeigt, dass Transgender-, aufgrund ihres Geschlechts und ihrer sexuellen
transsexuelle und transidente Menschen in allen Identität benachteiligt.
Lebensbereichen überdurchschnittlich von Dis-
kriminierung und Belästigung betroffen sind. Insgesamt gibt es nur wenige Daten zum Thema
Für Deutschland haben 33 Prozent angegeben, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Vor allem
dass sie in den vergangenen fünf Jahren kör- im Zusammenhang mit sexueller Identität,
perlich oder sexuell angegriffen oder bedroht Trans*, Inter* und Mehrfachdiskriminierung ist
wurden. Gleichzeitig geht aus zahlreichen Studien das problematisch. Hier ist nämlich von einer
hervor, dass Trans*-Personen insbesondere am erhöhten Betroffenheit auszugehen, die sich auch
Arbeitsplatz besonders häufig Diskriminierung in Präventions- und Beratungsangeboten spiegeln
und Belästigung erleben.14 sollte.

Es gibt keine Studie, die konkret sexuelle Belästi-


gung von Trans*-Personen am Arbeitsplatz unter- Beispiel aus der Rechtsprechung:
sucht. Aber: Vor dem Hintergrund der vorhanden
Daten ist zu vermuten, dass Trans*-Personen Eine gehörlose und stumme Arbeitnehmerin wird
besonders durch sexuelle Belästigung am Arbeits- in einem Secondhandgeschäft von ihrem Kollegen
platz gefährdet sind. gegen ihren Willen angefasst. Sein Verhalten ist sehr
zudringlich. Die Frau muss sich körperlich wehren,
um den Belästiger zurückzudrängen.
Homo- und bisexuelle
Menschen Der Leiter des Geschäfts beobachtet den Angestell-
ten zufällig bei der Tat und kündigt ihm fristlos.
In der Studie der Grundrechteagentur haben für Die Arbeitnehmerin teilt später mit, dass es sich bei
Deutschland 22 Prozent der lesbischen Frauen, dem Verhalten des Mitarbeiters um keine Einzeltat
21 Prozent der schwulen Männer, 17 Prozent der gehandelt hat. Der Angestellte klagt gegen die Kün-
bisexuellen Frauen und 14 Prozent der bisexuel- digung, doch das Arbeitsgericht weist die Klage mit
len Männer angegeben, dass sie in den vergange- dem Verweis auf die sexuelle Belästigung ab.
nen zwölf Monaten am Arbeitsplatz wegen ihrer
sexuellen Identität diskriminiert wurden.15 Das Gericht bewertet zu Lasten des Klägers, dass
er sich die Behinderung der Frau und die damit
Homo- und bisexuelle Menschen sind dabei verbundene verbale Wehrlosigkeit zunutze gemacht
häufig gefährdet, sexuell belästigt zu werden. Eine hat.
andere Studie zeigt in diesem Zusammenhang,
dass bei Diskriminierungserfahrungen von homo- ArbG Frankfurt/M., Urteil v. 11.02.2002 – AZ:
und bisexuellen Männern am Arbeitsplatz ins- 15 Ca 7402/01
10 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Zahlen und Fakten

Mehrfachdiskriminierung und sexuelle Belästigung

Beispiel 1: Behinderung unsicheren Arbeitsverhältnissen. Dazu kommt, dass


Beratungs- und Schutzangebote häufig nicht barrie-
Oft wird ausgenutzt, dass Menschen mit Behinde-
refrei sind und viele sie nicht nutzen können.
rungen eine geringe Fähigkeit zur Gegenwehr haben
oder ihnen diese unterstellt wird.17 Frauen mit Behin-
Beispiel 2: ethnische Herkunft
derung sind dabei in besonderem Maße von sexueller
Belästigung betroffen. Auch von Menschen mit Migrationshintergrund wird
oft vermutet, dass diese eine geringere Fähigkeit
Eine Studie des Bundesministeriums für Familie, zur Gegenwehr haben. Tatsächlich stellen auch hier
Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2012 hat verschiedene Studien eine überdurchschnittliche
gezeigt, dass zwischen 68 und 87 Prozent (abhängig Betroffenheit von sexualisierter Gewalt und sexueller
von der Art der Behinderung) der befragten Frauen Belästigung fest.20 Häufig befinden sich Menschen
mit Behinderung schon einmal sexuelle Belästigung mit Migrationshintergrund in prekären Arbeitssituati-
erlebt haben.18 13 bis 39 Prozent (abhängig von der onen. Das kann auch sie – trotz fehlender detaillierter
Art der Behinderung) der Befragten gaben an, am wissenschaftlicher Untersuchungen – in besonde-
Arbeitsplatz sexuell belästigt worden zu sein.19 Men- rem Maße zu Opfern von sexueller Belästigung am
schen mit Behinderung arbeiten außerdem häufig in Arbeitsplatz machen.

Abbildung 3: Sexuelle Belästigung – wer wird belästigt,


wer ist besonders gefährdet?

Männer-
Behinderung dominierte
Branche

Geschlecht
(insbeson- Junges Alter Homo- und
dere Frauen/ Bisexualität
Trans*)

Maßgeblicher Faktor
Migrations-
Ausbildung
hintergrund
Verstärkende Faktoren

2.2  Wer belästigt?


Sexuelle Belästigung von Frauen geht über- einzigen Fall, in dem eine Frau belästigt hat.22
wiegend von Männern aus. Aus der erwähnten Trotzdem belästigen nicht nur Männer. Belästi-
Umfrage der Antidiskriminierungsstelle geht gungen, bei denen Frauen Täterinnen sind, kom-
hervor, dass 81 Prozent der sexuellen Belästigung men durchaus vor.23 Auch Gruppenkonstellatio-
von Frauen durch Männer verübt wurde.21 Das nen sind denkbar. Sexuelle Belästigung kann von
bestätigt auch die bereits genannte Untersuchung einer Gruppe ausgehen und nur Einzelne betref-
deutscher Gerichtsentscheidungen zu sexueller fen. Umgekehrt kann auch eine einzelne Person
Belästigung am Arbeitsplatz. Dort gab es keinen mehrere Menschen gleichzeitig belästigen.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Ursachen und Folgen 11

3  Sexuelle Belästigung am
Arbeitsplatz: Ursachen und
Folgen

3.1  Was sind die Ursachen von sexueller Belästigung


am Arbeitsplatz?
Sexuelle Belästigung hat in erster Linie nichts mit Beispiele aus der Rechtsprechung:
Kontaktanbahnung oder Sexualität zu tun. Sie Sexuelle Belästigung als …
hat auch nichts mit der subjektiven Attraktivität
einer belästigten Person zu tun. Im Arbeits- … Machtdemonstration
kontext steht sie in der Regel im Zusammenhang
mit Machtausübung und Hierarchien.24 Vor — Der Vorstandsvorsitzende belästigt die
befristet Beschäftigte.25


allem zwei Ursachen beziehungsweise Absichten
können dabei unterschieden werden: Der Ausbildungsleiter belästigt die Auszu-
bildenden.26
Einerseits werden hierarchische Arbeitsbeziehun-
— Der Aufsichtsrat belästigt die Managerin.27


gen ausgenutzt, um sexuell zu belästigen und die
eigene Macht zu demonstrieren. Bereits beste- Der Angestellte belästigt die Praktikantin.28
hende Ungleichheiten werden dadurch gefestigt.
Sexuelle Belästigung ist aber oft auch ein Mittel, … Konkurrenz / Respektlosigkeit
mit dem zum Beispiel Konkurrenz ausgeschal-
tet oder die Autorität einer vorgesetzten Person — Der Arbeitskollege erzählt einen sexistischen
Witz, der Vergewaltigung verharmlost.


untergraben werden soll.
Der Angestellte fordert eine Kollegin auf,

! S exuelle Belästigung hat nichts mit


Kontaktanbahnung, Sex oder der Attraktivität
einer Person zu tun. —
einen Minirock zu tragen.29

Der Bauarbeiter drängt die Bauleiterin


gewaltsam in eine Ecke und fasst ihr an die
Brust.30

!  urch sexuelle Belästigung wird Macht


D
demonstriert, Konkurrenz ausgeübt oder
Respektlosigkeit zum Ausdruck gebracht.

3.2  Schuldumkehr
Sexuelle Belästigung wird im Job oft nicht als hang mit sexueller Belästigung kommt es deshalb
solche erkannt. An viele diskriminierende Verhal- immer wieder zu einer sogenannten Schuldum-
tensweisen, Begriffe oder Bemerkungen hat man kehr. Das bedeutet, die belästigte Person wird
sich im Alltag offenbar gewöhnt. Im Zusammen- beschuldigt, etwas missverstanden zu haben oder
12 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Ursachen und Folgen

den Vorfall zu ernst zu nehmen. Sexuelle Belästi- Beispiel aus der Beratung der Antidiskriminie-
gung wird dann fälschlicherweise als Flirtversuch rungsstelle:
verharmlost. Am Arbeitsplatz kann das so weit
gehen, dass der belästigten Person üble Nachrede Eine Frau wendet sich an die Beratung der Antidis-
oder Mobbing unterstellt wird. kriminierungsstelle, weil ihr mit einer Kündigung
gedroht wird. Sie hat sich an ihren Vorgesetzten
Für die Betroffenen wird sexuelle Belästigung gewandt, nachdem sie von zwei Kollegen unange-
dann zum doppelten Nachteil. Ihnen wird einer- messen angefasst worden ist. Statt der Beschwerde
seits vollkommen ungerechtfertigt eine Mit- nachzugehen, unterstellt der Vorgesetzte der Frau,
schuld zugesprochen. Andererseits wird ihnen dass sie lügt. Er hat sie deshalb aufgefordert, die
die Möglichkeit genommen, sexuelle Belästigung Anschuldigungen in einer Mail an alle Beschäftigten
als solche zu benennen. Damit werden belästigte zurückzunehmen. Sie weigert sich, die E-Mail zu
Personen davon abgebracht, sich zu wehren. Sie schreiben, weshalb ihr mit der Kündigung gedroht
werden ein zweites Mal zum Opfer.31 wird.

Sowohl für Betroffene als auch für Arbeitge- Im Beratungsgespräch berichtet die Frau von ihrer
ber*innen ist es wichtig zu wissen: Beschäftigte Wut und gleichzeitigen Verunsicherung. Eine Kün-
haben immer das Recht, sich gegen sexuelle digung kann sie finanziell nicht überbrücken. Die
Belästigung zu wehren. Die Verantwortung für Beraterin der Antidiskriminierungsstelle bietet der
belästigendes Verhalten tragen immer diejenigen, Betroffenen an, eine Stellungnahme des Unterneh-
die belästigen – niemals die Leidtragenden. mens anzufragen.

Die Frau lehnt das zunächst ab. Kurze Zeit später


wird sie freigestellt und dann gekündigt. Die Frau
wendet sich erneut an die Beratung. Die Beraterin
klärt sie auf, dass eine Stellungnahme nach der Kün-
digung nichts mehr bewirkt. Nach der Kündigung ist
es für die Betroffene nur noch möglich, eine Kün-
digungsschutzklage einzureichen. Die Klage muss
spätestens drei Wochen nach Erhalt der schriftli-
chen Kündigung eingereicht werden.

3.3  Wie wirkt sich sexuelle Belästigung auf die


Betroffenen und den Betrieb aus?
Sexuelle Belästigung wirkt sich sowohl auf die tigte Personen nicht trauen, sich zu beschweren,
physische als auch auf die psychische Gesundheit oder ihre Beschwerde nicht ernst genommen
von Betroffenen aus. Das kann von Angst, Scham wird. Das führt oft dazu, dass betroffene Personen
und Ekel bis hin zu Schlafstörungen und Depres- sich gezwungen sehen zu kündigen oder arbeits-
sionen reichen.32 Dabei kann zwischen kurzfris- unfähig werden.33
tigen und langfristigen Folgen unterschieden
werden. Sexuelle Belästigung hat aber nicht nur indivi-
duelle Folgen. Sexuelle Belästigung schadet dem
Sexuelle Belästigung kann dazu führen, dass die Betriebsklima insgesamt und kann die gesamte
Arbeitsmotivation von Betroffenen beeinträchtigt Belegschaft sowie den Ruf des Betriebs negativ
wird, sie unkonzentriert sind oder krank werden. beeinflussen.
Das ist vor allem dann der Fall, wenn sich beläs-
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Ursachen und Folgen 13

Psychische und physische Folgen von sexueller Belästigung

Kurzfristige Folgen Langfristige Folgen

—— Ärger und Aggression


—— Gefühl der Minderwertigkeit

—— ——
Schlaflosigkeit Verlust des Selbstvertrauens
Migräne Beziehungsschwierigkeiten

—— ——
Magenschmerzen Angstzustände
Verlegenheit und Scham Schlafstörungen

—— ——
Angst und Hilflosigkeit Konzentrationsschwierigkeiten
Schock und Ohnmacht Arbeitsunfähigkeit

— —
Schuld Depression
Ekel Panikattacken

! S exuelle Belästigung kann auf die Betroffenen


schwere Auswirkungen bis hin zur Arbeits-
unfähigkeit haben.

! S exuelle Belästigung kann sich negativ auf das


Betriebsklima und den Ruf des Unternehmens
auswirken.
14 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien

4  Sexuelle Belästigung am
Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten
und Handlungsstrategien

4.1  Betroffene
Jeder Mensch reagiert anders auf sexuelle Beläs- Beschwerderecht nach § 13 AGG
tigung. Jeder Vorfall von sexueller Belästigung
ist unterschiedlich. Deshalb gibt es keine Verhal- Alle Beschäftigten haben das Recht, im Betrieb
tenstipps, die immer anwendbar sind. Vor allem bei der zuständigen Stelle Beschwerde einzulegen,
am Arbeitsplatz herrscht viel Unsicherheit darü- wenn sie das Gefühl haben, nach dem AGG be-
ber, wie mit sexueller Belästigung umgegangen nachteiligt worden zu sein. Das gilt also auch für
werden soll. Viele Betroffene gehen nicht gegen sexuelle Belästigung. Die Beschwerdestelle muss
sie vor. Viele haben Angst, die Situation falsch im Betrieb bekannt gemacht werden (§ 12 Abs.
einzuschätzen oder durch eine Beschwerde 5 AGG). Die Beschwerdestelle muss sich mit der
Nachteile zu erfahren. Beschwerde auseinandersetzen, sie prüfen und die
betroffene Person über das Ergebnis der Prüfung
In der akuten Situation hilft es in vielen Fällen, informieren. Beschäftigten, die eine Beschwerde
der belästigenden Person deutlich zu machen, eingelegt haben, dürfen daraus keine Nachteile
dass man sich sexuell belästigt fühlt. Das geht entstehen. Abmahnungen oder Kündigungen
sowohl mündlich als auch schriftlich. Auch die wegen einer Beschwerde sind also verboten (§ 16
Ankündigung von Konsequenzen, falls das beläs- Abs. 1 AGG). Außerdem haben Beschäftigte den
tigende Verhalten nicht aufhört, ist legitim. Aber: Anspruch auf vorbeugende und unterbindende
Eine direkte und unmittelbare Reaktion ist nicht Schutzmaßnahmen durch Arbeitgeber*innen
immer möglich. Betroffene dürfen sich auch (§ 12 Abs. 1 – 4 AGG).
nachträglich beschweren.

4.1.1  Rechte von Betroffenen


!  ei Beschwerden gilt: Je früher die sexuelle
B
Belästigung gemeldet wird, desto besser. Für
die Beschwerden selbst gibt es keine Fristen.
Fristen sind aber dann zu berücksichtigen,
Das AGG sieht für Betroffene drei zentrale Rechte wenn betroffene Personen Ansprüche auf
vor: Schadensersatz oder Entschädigung geltend


machen wollen.
Beschwerderecht (§ 13 AGG)

— Leistungsverweigerungsrecht (§ 14 AGG)


!  ei sexueller Belästigung ist es für Betroffene
B

—  nspruch auf Entschädigung und Schadens-


A
ersatz (§ 15 AGG)
sinnvoll, jeden einzelnen Vorfall zu dokumentieren.

!  s kann sinnvoll sein, sich vertrauensvoll an


E
Kolleg*innen zu wenden. Hier ist jedoch eine
gewisse Vorsicht geboten. Die Verschwiegenheit
der Vertrauensperson ist eine wichtige Voraus-
setzung.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien 15

Ihre Beschwerde können Betroffene darüber


hinaus gemäß Betriebsverfassungsgesetz auch an
den Betriebsrat richten (§ 84 BetrVG). In man-
!  ür Beschäftigte ist nicht immer erkennbar, ob
F
eine Maßnahme ungeeignet ist. Im Zweifelsfall
müssen Beschäftigte die Rechtfertigung für die
chen Fällen ist die Beschwerdestelle ohnehin dort Leistungsverweigerung beweisen.
eingerichtet und keine gesonderte Stelle. In jedem

!
Fall müssen Arbeitgeber*innen dafür sorgen, dass
Sind die Voraussetzungen für eine Leistungs-
die sexuelle Belästigung in Zukunft unterbleibt.
verweigerung nicht gegeben, sind
Arbeitgeber*innen gegebenenfalls zu einer
Leistungsverweigerungsrecht Kündigung berechtigt.

nach § 14 AGG


Wenn Arbeitgeber*innen keine wirksamen !  eschäftigte sollten sich deshalb auf jeden Fall
B
juristisch beraten lassen, bevor sie die Arbeit
niederlegen.
Maßnahmen ergreifen, um die betroffene Person
zu schützen, kann man als „letztes Mittel“ der
Arbeit fern bleiben und weiterhin das volle Gehalt
verlangen, um weiteren sexuellen Belästigungen Ansprüche auf Schadensersatz
zu entgehen. Das gilt aber nur dann, wenn Arbeit- und Entschädigung nach § 15 AGG
geber*innen nichts zum Schutz vor sexueller
Belästigung unternehmen oder die Maßnahmen Von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz Betrof-
ungeeignet sind. In jedem Fall sollten Arbeitge- fene haben in einigen Fällen ihren Arbeitgeber*in-
ber*innen vor der Leistungsverweigerung schrift- nen gegenüber einen Anspruch auf Schadensersatz
lich und unter Angabe der Gründe informiert beziehungsweise Entschädigung. Das heißt zum
werden. Beispiel: Arzt- oder Therapiekosten, die wegen der

Sonderfälle und Schutzlücken I: Was passiert, wenn …

… die sexuelle Belästigung von Arbeitgeber*innen … die belästigte Person freiberuflich beschäftigt ist?
ausgeht?
Das AGG schützt freie Mitarbeiter*innen, Honorar-
Wenn die sexuelle Belästigung von der Geschäfts- kräfte oder Beschäftigte auf Werkvertragsbasis nicht
führung oder Inhaber*in der Firmen ausgeht, läuft der vor sexueller Belästigung während des Auftrags-
Rechtsschutz teilweise ins Leere. Arbeitgeber*innen verhältnisses. Das AGG schützt freiberufliche Beschäf-
werden sich nicht selbst sanktionieren. Betroffene tigte nur dann, wenn zum Beispiel ein*eine Auftrag-
Personen haben zwar weiterhin einen Schadens- geber*in sexuelle Handlungen zur Bedingung für die
ersatz- beziehungsweise Entschädigungsanspruch, Erteilung eines Auftrags macht.
mittelfristig bleibt der belästigten Person aber oft nur
die Kündigung, wenn eine weitere Zusammenarbeit Das bedeutet aber nicht, dass freiberuflich Beschäftig-
nicht möglich ist. te völlig schutzlos sind. Die zivil- und strafrechtlichen
Bestimmungen im Zusammenhang mit Beleidigung
… die sexuelle Belästigung von Ausbilder*innen beziehungsweise (sexueller) Nötigung gelten selbst-
ausgeht? verständlich trotzdem.

Auszubildende müssen genauso geschützt werden


Für freie Mitarbeiter*innen, die sich in einem arbeit-
wie alle anderen Beschäftigten. Verletzen Arbeitge-
nehmerähnlichen Verhältnis befinden (sogenannte
ber*innen ihre Schutzpflicht, kann je nach Betrieb die
feste freie Mitarbeiter*innen), gilt der AGG-Schutz
Gewerbeaufsicht oder die Berufskammer eingeschaltet
wie für alle anderen Beschäftigten.
werden. Dem Betrieb kann dann die Ausbildungseig-
nung aberkannt werden (vgl. § 33 Berufsausbildungs-
gesetz BBiG). Das gilt vor allem auch dann, wenn die
mit der Ausbildung betrauten Personen gleichzeitig
Arbeitgeber*innen sind.
16 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien

sexuellen Belästigung entstanden sind, müssen Beispiel aus der Beratung der Antidiskriminie-
übernommen werden (Schadensersatz). Auch ein rungsstelle:
Schmerzensgeld ist möglich (Entschädigung).
Hier sind die kurzen Fristen von zwei Monaten Eine Arbeitnehmerin wird über einen mehrmonati-
zu berücksichtigen. Arbeitgeber*innen haften gen Zeitraum von ihrem Kollegen sexuell belästigt.
für eine sexuelle Belästigung, wenn die sexuelle Sie spricht darüber mit ihrem Teamleiter. Daraufhin
Belästigung von einer Person ausgeht, die Arbeit- wird ein Gespräch zwischen dem Teamleiter, der
geber*innenfunktionen wahrnimmt oder Wei- Betroffenen und dem Belästiger eingeleitet. Das
sungsrecht hat: Vorgesetzte, Personalleitungen, Gespräch führt jedoch zu keinem Ergebnis. Die Frau
Geschäftsführung oder Vorstandsmitglieder. Bei informiert den Personalrat. Dessen Hinweis lautet,
sexueller Belästigung durch Kolleg*innen haften dass sie dem Kollegen ihre Ablehnung deutlicher
Arbeitgeber*innen nur, wenn sie keine Schutz- kundtun soll. Weiter unternimmt der Personalrat
maßnahmen ergriffen haben und es erneut zu nichts.
einem Vorfall kommt.
Da sie betriebsintern keine Handlungsmöglichkeiten

!  ie Ansprüche müssen innerhalb von zwei


D
Monaten schriftlich bei den Arbeitgeber*innen
geltend gemacht werden. Ihre Höhe muss einzeln
mehr sieht, meldet sich die Frau bei der Beratung
der Antidiskriminierungsstelle. Der Berater macht
ihr deutlich, dass es sich bei dem Verhalten ihres
beziffert werden. Dabei genügt eine ungefähre Kollegen um einen Verstoß gegen das AGG handelt.
Zahl. Die Frist gilt ab dem Zeitpunkt des Vorfalls. Außerdem erklärt der Berater, dass sowohl Team-
leiter als auch Personalrat falsch mit der Beschwer-

!  achdem die Ansprüche bei den Arbeit-


N de der Beschäftigten umgegangen sind. Weder
geber*innen geltend gemacht wurden, haben Gegenüberstellungen noch Schuldumkehr sind
Betroffene drei Monate Zeit, um die Ansprüche im Zusammenhang mit sexueller Belästigung am
beim Arbeitsgericht einzuklagen. Arbeitsplatz angemessen.

Der Berater rät der Frau, sich direkt bei ihrem


Arbeitgeber zu beschweren. Dieser hat die
4.1.2  Hilfe und Beratung gesetzliche Pflicht, ihrer Beschwerde nachzu-
gehen. Zur Unterstützung sollte sie außerdem
Es kann viel Energie kosten, gegen sexuelle Beläs- die Gleichstellungsbeauftragte hinzuziehen. Des
tigung am Arbeitsplatz vorzugehen. Aber: Sexuelle Weiteren wird ihr der Hinweis gegeben, sich
Belästigung zu erdulden und sich nicht zu weh- anwaltlich beraten zu lassen. Die Betroffene hat
ren, kann langfristig noch höhere gesundheitliche unter Umständen einen Anspruch auf Schadens-
und berufliche Kosten nach sich ziehen. Hilft eine ersatz oder Schmerzensgeld.
direkte Intervention nicht, sollten Betroffene
deshalb unbedingt eine Beschwerde in Betracht
ziehen. Juristischen Rat holen sich betroffene Personen
am besten schon, bevor die Beschwerde bei den
Grundsätzlich gibt es Stellen, die Betroffenen Arbeitgeber*innen eingereicht werden. Denn: Es
Hilfe und Unterstützung anbieten. Innerhalb des ist wichtig, dass sich Betroffene über mögliche
Betriebs sind das der Personal- oder Betriebsrat, Fallstricke bewusst sind. Kostenlose Erstberatung
Gleichstellungsbeauftragte, direkte Vorgesetz- bekommen sie zum Beispiel bei der Antidiskrimi-
te oder die Personalabteilung. Außerhalb des nierungsstelle des Bundes oder beim Hilfetelefon
Betriebs können Gewerkschaften, Anwält*in- Gewalt gegen Frauen. Dort werden Betroffene
nen, Frauenberatungsstellen oder die Antidis- außerdem über regionale Hilfs- und Beratungsan-
kriminierungsstelle des Bundes weiterhelfen. gebote in ihrer Nähe informiert und auf Wunsch
dorthin vermittelt.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien 17

Welche Aufgaben haben Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte im Belästigungsfall?

Im Belästigungsfall beraten und begleiten in den


meisten Fällen Gleichstellungs- und Frauenbeauf-
— Hinweise für die Beschwerde geben: zum Bei-
spiel Mobbingtagebuch führen, Arztbesuche
tragte die betroffene Person. Sie sollen ausschließlich als Beweismittel aufführen,
die Interessen der Betroffenen vertreten und sind
zur Verschwiegenheit verpflichtet. Konkret können
Gleichstellungsbeauftragte
— ermitteln, ob es weitere Betroffene gibt oder
jemand die Belästigung bezeugen kann (wegen
Verschwiegenheitspflicht nur in Rücksprache

— Betroffene dabei unterstützen, ihre Glaub-


würdigkeit zu stärken, —
mit der betroffenen Person),

präventive Maßnahmen und Verfahrens-


verbesserungen initiieren.

Was können Beschäftigte tun, wenn sie sexuelle Belästigung beobachten?

Auch für Beschäftigte, die sexuelle Belästigung am


Arbeitsplatz beobachten, ist ein Eingreifen nicht
— sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
thematisieren
immer einfach. Selbst wenn jemand nicht direkt von
— direkte Intervention während eines Vorfalls


der Belästigung betroffen ist: Es ist immer schwierig,
das Fehlverhalten anderer zu thematisieren. Dies Begleitung anbieten, wenn die belästigte
gilt gerade dann, wenn die sexuelle Belästigung von Person Beratung aufsucht
Vorgesetzten ausgeht. Aktives Einschreiten ist nicht
immer möglich. Man kann Betroffene aber auf ver- — Unterstützung anbieten, wenn sich die
betroffene Person zur Wehr setzt


schiedene Arten unterstützen:


als Zeug*innen zur Verfügung stehen
grundsätzliche Aufmerksamkeit gegenüber
belästigendem Verhalten Verschwiegenheit ist bei Kolleg*innen besonders

— Hilfe anbieten, wenn es Anzeichen für eine


sexuelle Belästigung gibt
wichtig. Sonst kann der belästigten Person üble
Nachrede unterstellt werden.

Hilfe- und Beratungstelefon der Antidiskriminie- Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen


rungsstelle des Bundes Rund um die Uhr. Bei Bedarf mit Dolmetscherin.
Montag – Freitag: 9 – 12 und 13 – 15 Uhr

Tel.: 030 185551865

Weitere Hilfs- und Beratungsangebote unter:


www.antidiskriminierungsstelle.de/beratungsstellen
18 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien

4.1.3  Nach der Beschwerde Grundsätzlich gilt: Nicht bei jeder Form der sexu-
ellen Belästigung ist eine Kündigung oder eine
Der Schutz von Betroffenen vor sexueller Beläs- Versetzung verhältnismäßig. Außerdem können
tigung am Arbeitsplatz ist leider nicht überall Kündigungen nicht immer fristlos ausgesprochen
selbstverständlich. Es passiert immer wieder, dass werden. Versetzungen müssen arbeitsorgani-
Beschwerden verharmlost werden oder sich sogar satorisch und räumlich möglich sein. In vielen
negativ auf die Belästigten auswirken. Das sollte Fällen muss die betroffene Person also weiter mit
Betroffene nicht davon abhalten, eine Beschwerde der belästigenden Person zusammenarbeiten. Ist
einzureichen. Es lohnt sich aber, sich über mög- sie hierzu psychisch nicht in der Lage, ist für die
liche Konsequenzen bewusst zu sein. betroffene Person oft der einzig gangbare Weg,
sich selbst in eine andere Abteilung versetzen zu
lassen.
Weitere Zusammenarbeit mit
der belästigenden Person
Nach einer Beschwerde besteht häufig der nach-
vollziehbare Wunsch, der belästigenden Person
im Arbeitsalltag nicht mehr zu begegnen. Bis zur
Klärung des Vorfalls sind Sanktionen oder Verset-
zungen aber unverhältnismäßig. Das kann vorü-
bergehend gelöst werden, indem die betroffene
Person freigestellt oder krankgeschrieben wird,
bis der Vorfall der sexuellen Belästigung aufge-
klärt ist. Allerdings besteht kein Rechtsanspruch
auf eine solche Freistellung.

Sonderfälle und Schutzlücken II: Was passiert, wenn …

… der belästigten Person üble Nachrede unterstellt in solchen Fällen kein Anspruch auf Weiterbeschäfti-
wird? gung. Den gibt es nur, wenn Arbeitgeber*innen nach-
weisbar eine Weiterbeschäftigung zugesagt haben
Der Vorwurf der üblen Nachrede kann eine Kündi-
oder andere eindeutige Indizien einen Zusammen-
gung wegen Störung des Betriebsfriedens zur Folge
hang zwischen Beschwerde und der Nichtverlänge-
haben. In diesem Fall muss die betroffene Person
rung des Arbeitsverhältnisses nahelegen. In solchen
innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutz-
Fällen sollten sich Betroffene auf jeden Fall juristisch
klage erheben. Im Zusammenhang mit sexueller
beraten lassen.
Belästigung sind solche Kündigungen in der Regel
unwirksam. Arbeitgeber*innen müssen in diesem Fall
… die belästigte Person nach der Beschwerde
nachweisen, dass die betroffene Person die Unwahr-
gemobbt wird?
heit gesagt hat. Das ist vor Gericht nur sehr schwer
nachzuweisen. Das Gleiche gilt für Unterlassungs- Betroffene berichten immer wieder, dass sie gemobbt
und Verleumdungsklagen seitens der belästigenden werden. Die Gründe dafür sind verschieden. Zum Bei-
Person. spiel kann es sein, dass die beschuldigte Person sich
wegen der Beschwerde an der betroffenen Person
… das Arbeitsverhältnis nicht verlängert wird? rächen will. Vor der Beschwerde kann Mobbing das
Ziel haben, die betroffene Person einzuschüchtern. In
Es kommt vor, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis
jedem Fall sind Arbeitgeber*innen auch in Mobbing-
der belästigten Person nicht verlängert wird. Ähnlich
fällen zum Schutz ihrer Beschäftigten verpflichtet.
wie bei der Kündigung wird hier die belästigte Person
Für Betroffene empfiehlt sich deshalb auch hier, die
fälschlicherweise beschuldigt. In der Regel besteht
Vorfälle zu dokumentieren.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien 19

4.2  Arbeitgeber*innen

4.2.1  Allgemeine Pflichten (einschließlich Orte und Zeiten der Anlaufstellen)


müssen allen Beschäftigten bekannt gemacht
werden. Die Information sollte mindestens über
Schutzpflicht einen Aushang oder eine E-Mail erfolgen. Die Be-
schwerdestelle ist verpflichtet, jeder Beschwerde
Nach dem AGG haben alle Arbeitgeber*innen nachzugehen. Sie ist auch verpflichtet, Arbeitge-
ihren Beschäftigten gegenüber eine Schutzpflicht ber*innen über jede Beschwerde zu informieren.
(§ 12 AGG). Demnach sind Arbeitgeber*innen dazu
verpflichtet, sexuelle Belästigung zu verhindern. Gleichzeitig gilt das Maßregelungsverbot
Das bedeutet einerseits, dass durch Information (§ 16 AGG): Beschäftigten, die eine Beschwer-
und Prävention sexuelle Belästigung verhindert de einreichen, dürfen dadurch keine Nachteile
wird. Andererseits muss nach einem Vorfall durch entstehen, unabhängig davon, ob die Beschwerde
Sanktionen und andere Maßnahmen der künf- begründet oder unbegründet ist.
tige Schutz der betroffenen Person gewährleistet
werden.

Beschwerdestelle und ! Die Beschwerdestelle muss allen Beschäftigten


bekannt gemacht werden.
Informationspflicht
Alle Arbeitgeber*innen sind verpflichtet, eine
Beschwerdestelle für betroffene Beschäftigte
! J eder Beschwerde muss nachgegangen werden.
Beschäftigten, die eine Beschwerde einreichen,
dürfen daraus keine Nachteile entstehen.
einzurichten. Die Stelle beziehungsweise Person

Einrichtung der Beschwerdestelle

Das AGG schreibt die Bestimmung einer Beschwer- funktionen eintreten. Denn: Die Beschwer-
destelle vor, um das Beschwerderecht von Beschäf- destelle übernimmt mit der Prüfung und
tigten zu gewährleisten. Arbeitgeber*innen können Ergebnismitteilung bei AGG-Beschwerden
eine konkrete Person als Beschwerdestelle benennen Arbeitgeber*innenfunktionen. Die Stelle muss
oder eine eigene Stelle einrichten. also nach eigenem Ermessen zum Beispiel
Akten einsehen oder Zeug*innen anhören
Die konkrete Ausgestaltung der Stelle und des können und sie muss objektiv handeln.)
Beschwerdeverfahrens werden grundsätzlich den
Arbeitgeber*innen überlassen. Bei der Einrichtung
sollten jedoch folgende Hinweise berücksichtigt
— Der Zugang zur Beschwerdestelle sollte
möglichst niedrigschwellig und vor allen
Dingen barrierefrei sein. Außerdem sollten
werden.
die Belange von Teilzeitbeschäftigten mit
einbezogen werden.


Hinweise zur Organisation:

— In der Praxis wird die Beschwerdestelle oft


beim Betriebsrat, bei Gleichstellungs- oder
Bei sexueller Belästigung sollte es möglich
sein, die Beschwerde bei einer Person des
eigenen Geschlechts vorbringen zu können.


bei Behindertenbeauftragten angesiedelt.
(Hier ist zu prüfen, dass keine persönlichen Die Mitglieder der Beschwerdestelle sollten
oder organisatorischen Interessenkonflikte das Vertrauen der Beschäftigten haben.
entstehen. Sie können zum Beispiel im
Zusammenhang mit Arbeitgeber*innen-
20 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien

4.2.2  Im Beschwerdefall:
Vorgehen und Erstgespräch !  rbeitgeber*innen müssen jede Beschwerde
A
ernst nehmen, prüfen und dafür sorgen, dass
belästigendes Verhalten aufhört.

!
Arbeitgeber*innen müssen bei einer Beschwerde
 ertraulichkeit ist eine wichtige Voraussetzung
V
auf jeden Fall handeln. Sexuelle Belästigung sollte
für den Umgang mit sexueller Belästigung.
nicht als Problem von Einzelpersonen, sondern
Gerüchte sollten unbedingt vermieden werden:
als Problem des gesamten Betriebs verstanden
zum Schutz der Betroffenen und zum Schutz
werden. Sie schadet dem Betriebsklima und der
des Betriebsklimas. Beschäftigte, die vertraulich
Produktivität der Beschäftigten. Ein geregeltes
befragt werden und trotzdem Informationen
Beschwerdeverfahren ist eine wichtige Vorausset-
weitergeben, können entsprechend sanktioniert
zung für einen verantwortungsvollen Umgang
werden.
mit Vorfällen von sexueller Belästigung.

Im Beschwerdefall stellt neben allgemeinen


Verfahrensregeln vor allem auch die praktische 4.2.3  Nach der Beschwerde:
Handhabe der Beschwerde eine Herausforderung Vorgehen und Personalgespräch
für Arbeitgeber*innen dar. Der Umgang und
die Prüfung einer Beschwerde sollten deshalb
praxisnah und detailliert geregelt beziehungs- Doppelrolle bei der
weise vorbereitet sein. Schutzpflicht
Grundsätzlich befinden sich Arbeitgeber*innen in
Das Erstgespräch einer Doppelrolle. Sie haben eine Schutz- und eine
Fürsorgepflicht gegenüber allen Beschäftigten.
Im Erstgespräch sollten Arbeitgeber*innen darauf Im Falle einer Beschwerde bedeutet das: Schützen
achten, den Vorfall so gut wie möglich zu erfas- Arbeitgeber*innen die betroffene Person nicht,
sen. Das Gespräch sollte transparent sein und machen sie sich schadenersatzpflichtig. Sind die
der betroffenen Person Sicherheit geben. Es ist Sanktionen gegenüber der belästigenden Person
sehr unwahrscheinlich, dass Menschen eine unverhältnismäßig, haften Arbeitgeber*innen
Beschwerde einreichen, nur um anderen zu scha- gegenüber diesen Beschäftigten.
den. Denn: Beschwerden über sexuelle Belästi-
gung kosten die Betroffenen viel Energie.

Allgemeine Hinweise zum Beschwerdeverfahren:

— Die Beschwerde muss von den Arbeitge-


ber*innen geprüft werden. Die Bearbeitung
— Das Ergebnis der Prüfung ist der beschwerde-
führenden Person mitzuteilen. Das Ergebnis
kann grundsätzlich an die Beschwerdestelle soll begründet werden, insbesondere bei einer
delegiert werden. Die Arbeitgeber*innen müs- Zurückweisung der Beschwerde.
sen aber trotzdem weiterhin die Möglichkeit
haben, selbst abschließend über den Sachver-
halt zu entscheiden.
— Das Ergebnis sollte innerhalb einer angemesse-
nen Zeit (zwei Wochen) mitgeteilt werden.


Die Vorgänge sollten dokumentiert, aber
Die Beschwerde muss mit sämtlichen Mitteln getrennt von den Personalakten aufbewahrt
aufgeklärt werden, die den Arbeitgeber*innen werden. Eine Beispielvorlage zur Dokumenta-
beziehungsweise der Beschwerdestelle zur tion einer Beschwerde sowie zur Mitteilung des
Verfügung stehen. Das heißt beispielsweise, Ergebnisses an die beschwerdeführende Per-
dass alle betroffenen Parteien angehört son befindet sich im Anhang dieser Broschüre.
werden sollen.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien 21

Anleitung für das Erstgespräch:


Wie sollen Personalverantwortliche mit einer Beschwerde zu sexueller Belästigung umgehen?

1. Zu Gesprächsbeginn: 3. Unterstützung zusichern:

— Die betroffene Person sollte ausreichend Zeit


haben, den Vorfall zu schildern.
— Signalisieren, dass der Vorfall ernst genommen
wird.

— Am Anfang wenige Fragen stellen und so


wenig wie möglich unterbrechen.
— Weiteren Gesprächstermin vereinbaren, um
nächste Schritte beziehungsweise Ergebnisse

— Für Notizen vorher die Erlaubnis einholen


beziehungsweise erklären, wofür sie benötigt

zu besprechen.

Nächste Schritte transparent machen: Welche


werden. Informationen bekommt die beschuldigte
Person? Welche Maßnahmen sind möglich
2. Im Gesprächsverlauf: und beabsichtigt?

— Vertraulichkeit thematisieren: Wie wird mit


der Beschwerde umgegangen? Wer muss
— Nur Maßnahmen zusichern, die eingehalten
werden können.


informiert werden?

Die eigene Rolle (Arbeitgeber*innen,


— Auf externe Unterstützung durch Beratungs-
stellen, Familie und Nahestehende, Ärzt*innen
Betriebsrat, Gleichstellungsbeauftragte) sollte und therapeutische Fachkräfte hinweisen.
verständlich erklärt werden.

— Den Vorfall so umfangreich wie möglich


erfassen.
4. Nach dem Gespräch:

— Alle Verfahrensschritte nur in Rücksprache mit

— Eigene Fragen und Nachfragen erklären.


Transparenz ist wichtig, damit nicht der

der betroffenen Person durchführen.

Die betroffene Person sollte in jedem Fall


Eindruck eines Verhörs und keine Missver- informiert werden, bevor die beschuldigte
ständnisse entstehen. Person mit den Vorwürfen konfrontiert wird.

— Deutlich machen, dass detaillierte Angaben


über Zeug*innen oder Gedächtnisprotokolle
— Insbesondere wenn Dritte einbezogen werden:
Einverständnis der betroffenen Person einholen.
wichtig sind.
— Gegenüberstellungen sind kein geeignetes Mit-
tel und sollten unbedingt vermieden werden.

In der Praxis kann das dazu führen, dass Arbeit-


geber*innen nichts tun, um keine Fehler zu
machen. Das ist rechtlich aber immer falsch.
! I m Beschwerdefall nichts zu tun, ist rechtlich
immer die falsche Entscheidung.

!
Um die Verhältnismäßigkeit von Sanktionen zu
 aßnahmen müssen die Situation der
M
gewährleisten, müssen Arbeitgeber*innen das
Betroffenen verbessern. Gleichzeitig müssen
mildeste Mittel ergreifen. Das heißt: Maßnahmen
Sanktionen angemessen sein.
und Sanktionen einleiten, die sexuelle Belästi-
gung beenden und eine gute Zusammenarbeit im
gesamten Betrieb sichern.
!  weifel an einer Beschwerde sind nur berechtigt,
Z
wenn die beschuldigte Person glaubhaft ihre
Unschuld vermittelt.
22 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien

Beispiel aus der Rechtsprechung: Das Personalgespräch


In einem Handelsbetrieb belästigt ein Lagerarbeiter Im akuten Belästigungsfall müssen Arbeitge-
mehrere Auszubildende. Mehrfach werden einzelne ber*innen dafür sorgen, dass die Benachteiligung
Frauen durch Anfassen, anzügliche Kommentare durch die belästigende Person aufhört. Gleich-
und Fragen zum Sexualleben belästigt. Die Betroffe- zeitig ist es wichtig, sich als Arbeitgeber*in ein
nen beschweren sich beim Betriebsrat. Dem Lager- vollständiges Bild zu machen. Der erste Schritt
arbeiter wird anschließend fristlos gekündigt. sollte deshalb immer ein Personalgespräch mit
der beschuldigten Person sein. So kann auch die
Der Belästiger klagt gegen die fristlose Kündigung. beschuldigte Person Stellung beziehen.
Außerdem schlägt er vor, statt als Lagerarbeiter als
Fahrer weiterhin beschäftigt zu werden. Das Gericht Das Personalgespräch dient der Klärung des
bestätigt jedoch die Entscheidung des Betriebs. Sachverhalts. Bestätigt sich die Beschwerde, sind
Angesichts der Schwere der wiederholten sexuellen entsprechende Maßnahmen und Sanktionen
Belästigung wirken sich weder Alter noch Betriebs- vorzunehmen. Bestreitet die beschuldigte Per-
zugehörigkeit des Mannes mildernd aus. Als Fahrer son den Vorwurf, ist die Situation komplizierter.
hätte der Mann außerdem immer noch Kontakt zu Können Arbeitgeber*innen nicht mit letzter
den Auszubildenden. Der Schutz der Auszubilden- Sicherheit sagen, wem sie glauben sollen, können
den wäre unzureichend. externe Ansprechpartner*innen hinzugezo-
gen werden: Konfliktberatungen, Frauen- und
Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen, Urteil v. Antidiskriminierungsberatungsstellen, psycholo-
27.02.2012 – AZ: 16 Sa 1357/11 gische und anwaltliche Beratung.

Anleitung für das Personalgespräch mit der beschuldigten Person:

1. Ziele des Personalgesprächs:

— Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz


thematisieren.
— Streitet die beschuldigte Person das belästi-
gende Verhalten ab, müssen Arbeitgeber*in-

— Konfrontation mit den Vorwürfen.


nen die Glaubhaftigkeit überprüfen. Dazu sind


bestimmte Dinge zu beachten:
Stellungnahme zu den Vorwürfen.
– Ist die beschuldigte Person von den Vor-
würfen überrascht?
2. Im Gesprächsverlauf:


– Nimmt die beschuldigte Person die Vorwürfe
Gesprächsrahmen klären: klare Positionierung ernst?
zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, Ver- – Ist der beschriebene Vorfall bekannt? Sind
deutlichung beziehungsweise Definition von die Reaktionen von Verharmlosung oder
sexueller Belästigung, rechtliche Dimensionen Schuldumkehr geprägt?
sexueller Belästigung.

— Konfrontation mit der Beschwerde, voll-


ständige Schilderung des Vorfalls.
4. Nach dem Gespräch:

— Gesprächsvermerk anlegen.

3. Die Reaktion der beschuldigten Person: — Der betroffenen Person mitteilen, dass das


Gespräch stattgefunden hat.
Gibt die beschuldigte Person die sexuelle Be-
lästigung zu, sind entsprechende Sanktionen zu
ergreifen (siehe Maßnahmen und Sanktionen).
— Gegebenenfalls externe Ansprechpersonen
hinzuziehen.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien 23

4.2.4  Maßnahmen und Sank- Grundsätzlich haben Arbeitgeber*innen ei-


tionen im Belästigungsfall nen eigenen Ermessensspielraum, mit welchen
Maßnahmen sie auf eine sexuelle Belästigung
reagieren.
Es gibt verschiedene Maßnahmen und Sanktio-
nen, mit denen Arbeitgeber*innen auf sexuelle Bei schweren Vorfällen reduziert sich dieser An-
Belästigung reagieren können. Diese Mittel sind spruch. Dann haben betroffene Beschäftigte unter
an unterschiedliche Bedingungen geknüpft. Das Umständen sogar einen Anspruch auf Kündigung
bedeutet, der Umgang mit sexueller Belästigung der belästigenden Person.34 Arbeitgeber*innen
hängt von der Schwere und der Nachweisbarkeit sollten deshalb die Schwere des Vorfalls und die
des Vorfalls ab. entsprechenden Maßnahmen sorgfältig prüfen
und bewerten.
Das AGG verlangt von Arbeitgeber*innen, dass sie
im Einzelfall geeignete, erforderliche und ange-
messene Maßnahmen ergreifen, damit betroffene
Beschäftigte in Zukunft vor sexueller Belästigung
geschützt sind. Es gibt mehrere Möglichkeiten,
mit sexueller Belästigung umzugehen: Präventi-
on, Ermahnung, Abmahnung, Umsetzung, Verset-
zung oder Kündigung (§ 12 Abs. 3 AGG).

Hinweise zur Bewertung einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz

Wie eine sexuelle Belästigung zu bewerten ist, hängt Fest steht: Hat das sexuell belästigende Verhalten
immer vom Einzelfall ab. Es gibt keine allgemein- die Grenze zur strafrechtlichen Relevanz überschrit-
gültigen Maßstäbe. Es liegt in der Verantwortung ten, ist sie immer als schwerer Verstoß zu bewerten.
der Arbeitgeber*innen, einen Vorfall angemessen zu
bewerten. Bei allen weiteren Fällen spielt der allgemeine
Kontext des Vorfalls eine wichtige Rolle:
Grundsätzlich kann aber zwischen der bloßen Fest- Handelt es sich um einen wiederholten oder einen
stellung, dass eine sexuelle Belästigung stattgefun- einmaligen Vorfall? Zeigt die belästigende Person
den hat, und der Bewertung des Vorfalls unterschie- Reue oder reagiert sie verharmlosend auf das eigene
den werden. Verhalten?

Die Feststellung einer sexuellen Belästigung ist im Insbesondere bei einer Kündigung: Wie lange arbei-
ersten Schritt unabhängig vom Kontext, vom Arbeits- tet die Person bereits für das Unternehmen? Hat die
umfeld oder von der Situation, in der sie stattgefun- Person eine Familie zu versorgen? Gibt es psychische
den hat. Im Beschwerdefall lautet die zentrale Frage oder körperliche Faktoren, die im Sinne eines Härte-
also zunächst: Hat die sexuelle Belästigung stattge- falls zu berücksichtigen sind?
funden oder nicht?

Erst im zweiten Schritt wird die sexuelle Belästigung


bewertet und entsprechend sanktioniert. Eine ein-
deutige Bemessungsgrundlage dafür gibt es jedoch
nicht.
24 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien

Bei einem konkreten Vorfall sind Prävention und Beispiel aus der Rechtsprechung:
Ermahnung die mildesten Mittel. Sie sind aber
nur dann geeignet, wenn die Darstellungen der Einem Krankenpflegehelfer wird wegen zweifacher
belästigten und der belästigenden Person glaub- sexueller Belästigung fristlos gekündigt. Er hat einer
haft, aber widersprüchlich sind. Eine Abmahnung Kollegin ein Foto mit pornografischem Inhalt auf
ist das mildeste Mittel, wenn die sexuelle Belästi- seinem Handy gezeigt. Eine andere Kollegin wurde
gung nachweislich stattgefunden hat. Grundsätz- massiv verbal von ihm belästigt. Die sexuelle Beläs-
lich entscheidet aber immer der Einzelfall. tigung der zweiten Kollegin fand außerhalb seiner
eigenen Arbeitszeit statt. Der Krankenpfleger hatte
aber alkoholisiert im Dienst angerufen.

Der Belästiger klagt gegen das Urteil. Das Gericht


entscheidet, dass die fristlose Kündigung unwirksam
ist. Stattdessen soll der Krankenpfleger fristgemäß
entlassen werden. Das Gericht begründet die Ent-
scheidung damit, dass der Pfleger die Kolleginnen
weder körperlich belästigt hat noch deren Vorge-
setzter ist.

Die eigentliche Kündigung ist jedoch rechtens, weil


Arbeitgeber*innen von ihren Beschäftigten einen
angemessenen Alkoholkonsum erwarten können.
Beschäftigte müssen also ihren Alkoholkonsum so
weit im Griff haben, dass er sich nicht negativ bezie-
hungsweise belästigend auf Kolleg*innen auswirkt.

Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein,


Urteil v. 04.03.2009 – AZ: 3 Sa 410/08

Maßnahme Bedeutung und Besonderheiten

Prävention Präventionsmaßnahmen sind Schulungen, Betriebsvereinbarungen oder


Aushänge zum Umgang mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.

— Prävention gehört zu den allgemeinen Schutzpflichten aller Arbeit-


geber*innen. Sie sollte in jedem Betrieb vorhanden sein.
Zur Prävention gehört auch, im Betrieb an das Verbot sexueller
Belästigung am Arbeitsplatz zu erinnern.

Ermahnung Die Ermahnung ist das mildeste Mittel, das sich direkt an die beschuldigte
Person richtet. Sie ist eine Rüge ohne Kündigungsandrohung.

— Rügen sind dann sinnvoll, wenn die beschuldigte Person sich zwei-
deutig verhalten hat. Das heißt, wenn ein bestimmtes Verhalten
tatsächlich nicht gewollt war, aber als sexuelle Belästigung gewertet
werden kann (zum Beispiel Komplimente, die nicht anzüglich, aber


unerwünscht sind).
Sie ist auch eine Erinnerung daran, dass sexuelle Belästigung im
Betrieb nicht geduldet wird.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien 25

Maßnahme Bedeutung und Besonderheiten

Abmahnung Eine Abmahnung beanstandet die sexuelle Belästigung. Sie berechtigt zu


einer Kündigung, wenn es ein weiteres Mal zu einer sexuellen Belästigung
kommt.

— Eine Abmahnung ist das mildeste Mittel, wenn die sexuelle Belästi-


gung nachweislich stattgefunden hat.
Sie ist dann angemessen, wenn die beschuldigte Person nicht damit
rechnen musste, dass ihr Verhalten mit einer Kündigung sanktioniert
werden kann. Das ist vor allem der Fall, wenn noch keine Präven-


tionsmaßnahmen oder Hinweise erfolgt sind.
In bestimmten Fällen kann eine Abmahnung ausreichen, obwohl es
sich um eine mittelschwere sexuelle Belästigung handelt. Eine Ab-
mahnung kann auch angemessen sein, wenn es sich um eine mittel-
schwere Form (keine körperlichen Übergriffe) sexueller Belästigung
handelt. Voraussetzung hierfür ist, dass die Vorfälle ernsthaft bereut
werden und eine Entschuldigung vorliegt. Weiterhin muss es sich um
ein einmaliges Fehlverhalten handeln und es muss davon auszugehen
sein, dass es nicht zu weiteren Vorfällen kommt.

Versetzung Bei einer Versetzung werden Beschäftigte, die sexuelle Belästigung ausgeübt
haben, an einem anderen Ort bzw. in einer anderen Abteilung eingesetzt.

Versetzungen sind geeignet, wenn eine Abmahnung zu milde ist, aber eine
Kündigung zu hart erscheint. Das heißt: Ein langjähriges Arbeitsverhältnis
oder besondere soziale Verantwortung gegenüber der beschuldigten Person
sprechen dafür, von einer Kündigung abzusehen, auch wenn diese grund-
sätzlich gerechtfertigt wäre. Die Versetzung sichert dann trotzdem den
künftigen Schutz der belästigten Person.

Kündigung Die Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis.

— Eine Kündigung ist auszusprechen, wenn es um schwere Fälle sexuel-


ler Belästigung geht, insbesondere körperliche Übergriffe, Nötigung


und Beleidigung.
Eine Kündigung ist außerdem bei wiederholter sexueller Belästigung


ein geeignetes Mittel.
Kündigungen sind auch bei mittelschweren Vorfällen angemes-
sen, wenn die belästigende Person wusste, dass Arbeitgeber*in-
nen sexuelle Belästigung nicht tolerieren. Das ist der Fall, wenn
Arbeitgeber*innen durch Hinweise oder Schulungen deutlich
gemacht haben, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nicht
akzeptiert wird.
26 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien

Was können öffentliche Arbeitgeber*innen bei sexueller Belästigung durch Beamt*innen tun?

Die mildesten Maßnahmen bei sexueller Belästigung — Kürzung von Dienstbezügen


durch Beamt*innen sind die Zurechtweisung, die
— Zurückstufung in eine geringere Entgeltgruppe


Ermahnung oder die Rüge. Präventionsmaßnah-
men unterscheiden sich nicht von denen anderer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis
Arbeitgeber*innen. Darüber hinaus können öffent-
liche Arbeitgeber*innen disziplinarrechtlich gegen Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Bundesdiszi-
Beamt*innen vorgehen: plinargesetz (BDG) oder aus den jeweiligen Diszipli-


nargesetzen der Länder.
Verweis

— Geldbuße

Was können Arbeitgeber*innen bei sexueller Belästigung durch Dritte tun?

Die Schutzpflicht von Arbeitgeber*innen bezieht sich auch noch weitere Mittel zur Verfügung, auf sexuelle
gemäß § 12 Abs. 4 AGG auch auf sexuelle Belästigung Belästigung durch Kund*innen und Vertrags-
durch Dritte. Das heißt: Werden Beschäftigte zum partner*innen zu reagieren.
Beispiel von einem*einer Vertragspartner*in sexuell
belästigt, müssen Arbeitgeber*innen Schutzmaß- Mögliche Schutzmaßnahmen sind:


nahmen ergreifen. In erster Linie müssen sie dafür
sorgen, dass die sexuelle Belästigung in Zukunft Vertragsrüge
unterbleibt.
— Androhung der Aufkündigung der Geschäfts-
beziehung


Die Schutzpflicht von Arbeitgeber*innen sind in vie-
len Fällen bereits erfüllt, wenn die belästigte Person Aufkündigung der Geschäftsbeziehung
woanders eingesetzt wird, sodass sie der belästigen-
den Person nicht mehr ausgesetzt ist. Dabei sollte Achtung: In Einzelfällen können Arbeitgeber*in-
jedoch sichergestellt sein, dass sich das nicht negativ nen zur Aufkündigung einer Geschäftsbeziehung
auf die Arbeit oder die Karrierechancen der betrof- verpflichtet sein. Das hängt im Einzelfall von der
fenen Person auswirkt. Arbeitgeber*innen stehen Schwere des Vorfalls ab.

4.2.5  Prävention und Schutz- Einfache Präventions-


maßnahmen maßnahmen:

Im besten Fall kommt es im Betrieb erst gar nicht


— Beschwerdestelle (§ 13 AGG) einrichten
zu sexueller Belästigung. Es ist deshalb wichtig,
umfassende vorbeugende Maßnahmen durchzu-
führen. Das AGG regelt zwar nicht im Detail, wie
— Thematisierung von sexueller Belästigung:
bei Personalversammlungen oder durch
Informationsschreiben


Präventionsmaßnahmen aussehen oder welchen
Umfang sie haben sollen. Grundsätzlich gilt aber: Informationsmaterial bereitstellen und aus-
Je umfassender die Präventionsmaßnahmen, händigen
desto geringer ist das Haftungsrisiko und desto
besser geht es dem Betrieb. — Beratungsstellen bekannt machen (Frauen-
notrufe, Opferschutzorganisationen,
Antidiskriminierungsstelle des Bundes)
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien 27

Umfassende Präventions-
maßnahmen:
— Betriebsvereinbarung zum Umgang mit
sexueller Belästigung am Arbeitsplatz
abschließen. Die Betriebs- oder Dienstverein-


barung sollte sexuelle Belästigung eindeutig
Schulungen zur Sensibilisierung für das definieren und die verschiedenen Formen
Thema durchführen, regelmäßig und für alle deutlich machen. Konkrete Ansprechperso-
Beschäftigten nen sollten benannt werden. In der Betriebs-

— verpflichtende Fortbildungen für Personal-


vereinbarung kann auch das Beschwerdever-
fahren geregelt werden.


verantwortliche

— Beschwerdeverfahren konkret regeln. Die


Durchsetzung und Überprüfung der Verein-
barungen und Verfahrensregeln.


Verfahrensprinzipien der Beschwerdestel-
le sollten genau festgelegt werden. Dazu Umfragen im Betrieb können helfen, zu
gehören Themen wie Vertrauensschutz und ermitteln, was zum Schutz vor sexueller
Anonymität, die Neutralität und Weisungsun- Belästigung am Arbeitsplatz getan werden
abhängigkeit der Beschwerdestelle sowie die sollte. Gleichzeitig kann so die Effizienz der
Dokumentation der Beschwerden. Trans- Präventionsmaßnahmen erfasst werden.
parente Verfahren erleichtern den Weg der
Beschwerde.

4.3  Betriebsrat
Der Betriebsrat hat gemäß AGG die Aufgabe, die Bleiben Arbeitgeber*innen bei einer Beschwerde
Beschäftigten vor Benachteiligung zu schützen über sexuelle Belästigung untätig, kann es sich
(§ 17 AGG). Aus dem Betriebsverfassungsgesetz um einen groben Verstoß gegen das AGG handeln.
(BetrVG) ergeben sich außerdem die Pflichten, Be- Der Betriebsrat kann und sollte dann einen Antrag
schwerden von Beschäftigten entgegenzunehmen beim Arbeitsgericht stellen, damit Arbeitgeber*in-
und sicherzustellen, dass Arbeitgeber*innen ihre nen ihrer Pflicht nachkommen (§ 17 Absatz 2 AGG).
Schutzpflichten ernst nehmen.

4.3.1  Im Beschwerdefall !  etriebsräte müssen alle Beschwerden


B
entgegennehmen. Der Betriebsrat hat eine
bedingte Verschwiegenheitspflicht: Er darf
Arbeitgeber*innen nur über den Vorfall
Im Fall von sexueller Belästigung hat der Betriebs-
informieren, wenn die betroffene Person
rat die Aufgabe, sich für die betroffene Person
einverstanden ist.
einzusetzen. Betriebsräte sollten sicherstellen, dass
Arbeitgeber*innen der Beschwerde nachgehen und
die Belästigung beenden. Jede Beschwerde sollte
ernst genommen werden. Der Betriebsrat kann von ! I st die Beschwerde berechtigt, muss der
Betriebsrat sicherstellen, dass Arbeitgeber*innen
der Beschwerde nachgehen. Hier entfällt
Arbeitgeber*innen konkrete Sanktionen verlangen
(siehe Maßnahmen und Sanktionen). die Verschwiegenheitspflicht gegenüber
Arbeitgeber*innen.
Ähnlich wie bei Arbeitgeber*innen befindet sich

!
der Betriebsrat in einer Doppelrolle. Denn er ist  ei Meinungsverschiedenheiten mit
B
auch dafür zuständig, Beschäftigte vor ungerecht- Arbeitgeber*innen über die Berechtigung
fertigten Vorwürfen zu schützen. Das kann zu Un- der Beschwerde kann der Betriebsrat die
sicherheiten führen. Auch hier gilt: Nichts tun, um Einigungsstelle anrufen.
keine Fehler zu machen, ist die falsche Strategie.
28 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien

Beispiel aus der Rechtsprechung: 4.3.2  Prävention und Schutz-


Eine neu angestellte Arbeitnehmerin in der Pro-
maßnahmen
duktion eines Lebensmittelhandels wird von ihrem
Die wenigsten Betriebsräte kennen im eigenen
Vorarbeiter mehrfach sexuell belästigt. Erst als
Betrieb Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung.
ein dritter Kollege einen Vorfall beobachtet und
Das zeigt eine von der Antidiskriminierungsstelle
einschreitet, wendet sich die Betroffene an den
in Auftrag gegebene Befragung (Abbildung 4).35
Betriebsrat. Der belästigende Mann hatte die Frau
gezielt an ihrem Gesäß berührt.
Über 60 Prozent der befragten Personal- und
Betriebsräte haben angegeben, überhaupt keine
Nach der Beschwerde wendet sich der Betriebsrat
Maßnahmen in ihren Betrieben zu kennen.
an ihren Arbeitgeber. Der Arbeitgeber führt Gesprä-
Konkrete Maßnahmen waren entsprechend
che mit allen Beteiligten und entscheidet letztlich,
wenig bekannt. Es ist aber Aufgabe des Betriebs-
dem Vorarbeiter fristlos zu kündigen.
rats, sicherzustellen, dass Arbeitgeber*innen
Präventionsmaßnahmen durchführen. Er soll
Der Mann klagt gegen die Entscheidung. Zu Beginn
sich dafür einsetzen, dass die Maßnahmen ange-
bestreitet er alle Vorwürfe. Schließlich gibt der
messen sind. Dabei kann er sich unterschiedlich
Vorarbeiter aber zu, der Kollegin nur „einen freund-
beteiligen.
schaftlichen Klaps auf den Po“ gegeben zu haben.
Das Gericht bestätigt die fristlose Kündigung. Die
fehlende Reue und Einsicht des Belästigers wirken
sich erschwerend auf das Urteil aus.

Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpom-


mern, Urteil v. 14.08.2012 – AZ: 5 Sa 324/11

Abbildung 4: Bei Betriebsräten bekannte Maßnahmen im Umgang


mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz:

Keine Maßnahmen bekannt 64

Leitbild, Betriebs- oder Dienstvereinbarung 14

Informationen über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz 8


zur Verfügung gestellt (schriftlich oder elektronisch)
Schulungen 7

Räumliche Maßnahmen, 4
die sexueller Belästigung vorbeugen
Kommt als Thema in der Ausbildung vor 1

Weiß nicht 1

Sonstiges 14
Mehrfachnennungen möglich
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien 29

Was kann der Betriebsrat zur


Prävention beitragen?
— Thematisierung von sexueller Belästigung,
zum Beispiel bei Betriebsversammlungen

— Informationsmaterial bereitstellen und


aushändigen

— Mitbestimmungs- und Initiativrecht bei


der Einrichtung des Beschwerdeverfahrens
nutzen

— Gefährdungsbeurteilung durchführen, zum


Beispiel durch Beschäftigtenbefragungen.
Welche Faktoren können einen Vorfall
auslösen oder begünstigen? Welche Gegen-
maßnahmen gibt es?

— (Regelmäßige) Überprüfung der Präven-


tionsmaßnahmen: Gibt es eine Beschwerde-
stelle? Gibt es genug Vertrauen in die Stelle?
Sind die Beschäftigten angemessen infor-
miert und sensibilisiert?

— Klagerecht nutzen, insbesondere wenn


Arbeitgeber*innen mehrmaligen Auf-
forderungen nicht nachkommen
30 Good Practice

5  Good Practice
Im Folgenden werden einzelne Beispiele für bereits viel zur Prävention sexueller Belästigung
Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung im am Arbeitsplatz beitragen. Jeder Betrieb kann
Unternehmen vorgestellt. Diese Good-Practice-­ etwas tun und schon mit kleinen Schritten den
Beispiele zeigen, wie nachhaltig und umfassend Schutz der Beschäftigten stärken. Wir danken den
mit dem Thema umgegangen werden kann. Ins- beteiligten Unternehmen für ihre Unterstützung
besondere im Umgang mit sexueller Belästigung und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeit-
am Arbeitsplatz können einzelne Maßnahmen geber für die Vermittlung der Kontakte.

Volkswagen AG
Organisationsform: Unternehmen Implementierung weiterer Maßnahmen geför-
Bereich: Automobilherstellung, dert. Dazu gehört, dass sich die Beschäftigten
Finanz- und Logistik- im Konfliktfall an ausgewiesene und geschulte
dienstleistungen Berater*innen wenden können. Im Rahmen eines
Anzahl der vertraulichen Gesprächs wird zunächst über den
Beschäftigten: 592.600 Konflikt gesprochen: Welche Möglichkeiten bieten
sich zur Lösung des Problems an? Ein wesentliches
Beratungsziel liegt darin, dass Betroffene sich Klar-
Bei Volkswagen wird seit 1996 offensiv mit Dis- heit verschaffen können, welche Folgen sich aus
kriminierungen am Arbeitsplatz umgegangen. Im den unterschiedlichen Vorgehensweisen ergeben.
Unternehmen wird durch verschiedene Maßnah-
men deutlich gemacht, dass es sich bei sexueller In der Broschüre „Kollegialität gewinnt! Partner-
Belästigung und anderen Verletzungen gegen schaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“ werden
das Diskriminierungsverbot nicht um Kavaliers­ die Beschäftigten unter anderemdarüber infor-
delikte handelt, sondern um grobe Verstöße. Die miert, wie sie selbst aktiv werden können, welche
einzelnen Maßnahmen sollen dabei ein partner- Chancen eine Beratung bietet und was bei einer
schaftliches Bewusstsein, ein diskriminierungs- Beschwerde passiert. Die Broschüre soll außer-
freies Umfeld und damit die Motivation und dem zu mehr Aufmerksamkeit für das Thema
Arbeitszufriedenheit aller Beschäftigten fördern. Partnerschaftlichkeit im Unternehmen beitragen.
Jede Form von Diskriminierung am Arbeitsplatz Die Beschäftigten sollen wissen, dass Probleme an-
soll offen angesprochen und auf Regelverstöße gesprochen werden können und Lösungen sowie
soll konsequent reagiert werden. Hilfe angeboten werden.

In der Betriebsvereinbarung „Partnerschaftli- Darüber hinaus erfolgen im Rahmen der beruf-


ches Arbeiten am Arbeitsplatz“, die auf Initiative lichen Aus- und Fortbildung regelmäßig zielgrup-
des Betriebsrats geschlossen wurde, werden ver- penspezifische Schulungen zum kompetenten
schiedene Maßstäbe zum respektvollen Umgang Umgang mit Diskriminierungen. Diese schließen
im Arbeitskontext festgelegt. Das Verfahren mit das Thema sexuelle Belästigung mit ein und rich-
sexueller Belästigung ist konkret geregelt. Dazu ten sich insbesondere an betriebliche Vorgesetzte,
zählen Verhaltensrichtlinien sowie konkrete Ausbilder*innen, betriebliche Ausbildungsbeauf-
Sanktionen. Auch der Umgang mit Mobbing und tragte, Beschäftigte des Personalwesens und des
anderen Formen von Diskriminierung sind in Gesundheitsschutzes sowie Mitglieder des Be-
der Vereinbarung geregelt. Zur Sensibilisierung triebsrats. Für angehende Führungskräfte ist eine
und Prävention hat der Betriebsrat außerdem die Teilnahme verpflichtend.
Good Practice 31

Deutsche Telekom AG
Organisationsform: Unternehmen Eine weitere Maßnahme zum Schutz der Beschäf-
Bereich: Telekommunikation tigten bietet das Bedrohungsmanagement. Dieses
Anzahl der besteht aus speziell ausgebildeten Personen. Unter
Beschäftigten: 225.243 dem Leitsatz „Erkennen – Einschätzen – Ent-
schärfen“ werden Hinweise auf Gewaltpotenziale
im Unternehmen erfasst, analysiert und abgemil-
Die Deutsche Telekom AG (DTAG) beschäftigt sich dert. Beschäftigte können sich also an die Stelle
seit 2009 mit dem Thema Prävention von Gewalt wenden, wenn sie zum Beispiel sexuell belästigt
am Arbeitsplatz. Sexuelle Belästigung wird dabei werden oder eine Belästigung beobachten. Das
grundsätzlich berücksichtigt. Um einen angst- Bedrohungsmanagement nimmt Hinweise und
und gewaltfreien Arbeitsplatz zu gewährleisten, Beschwerden auf, bietet Beratung und Unter-
hat die DTAG verschiedene Maßnahmen umge- stützung.
setzt. Diese sollen Beschäftigten einen offenen
Umgang mit dem Thema ermöglichen und Füh- Die Bedrohungsmanager sind außerdem Teil des
rungskräfte für Gewaltpotenziale sensibilisieren. Arbeitskreises Bedrohungsmanagement. Dieses
Netzwerk versammelt Beschäftigte verschiedener
Durch die „Policy Personelle Sicherheit“ wird Arbeitsbereiche, wie etwa Arbeitsrecht, Straf-
präventiv gegen Gewalt am Arbeitsplatz gearbei- recht, Personalbereich, psychologischer Dienst
tet. In dieser Konzernrichtlinie ist das Recht aller oder Personenschutz. Hier findet eine Qualitäts-
Beschäftigten auf einen angst- und gewaltfreien sicherung statt, indem sich die Bedrohungs-
Arbeitsplatz festgeschrieben. Sie beinhaltet das manager*innen über verschiedene Sachverhalte
Thema Workplace Violence (Gewalt am Arbeits- und Bedrohungspotenziale austauschen und
platz) und verbietet jegliche körperliche oder gemeinsam konkrete Situationen bearbeiten.
psychische Gewalteinwirkung am Arbeitsplatz.
Die Richtlinie setzt den inhaltlichen Rahmen für
alle weiteren Maßnahmen. Sie dient gleichzeitig
der Information und der Sensibilisierung aller
Beschäftigten.

Innerhalb dieses Rahmens setzt die DTAG


Präventionsmaßnahmen um. Unter dem Stich-
wort „Awareness“ (Bewusstseinsbildung) sollen
Beschäftigte darauf aufmerksam gemacht wer-
den, dass Belästigungen oder Beleidigungen auch
am Arbeitsplatz vorkommen können, dort aber
verboten sind. Damit soll verhindert werden, dass
Betroffene Gewalterfahrungen als persönliches
Versagen bewerten oder aus Scham- beziehungs-
weise Schuldgefühlen schweigen. Eine dieser
Präventionsmaßnahmen ist ein 90-minütiger
Workshop mit professionellem Videomaterial
speziell für Führungskräfte, um diese für das
Thema „Gewalt am Arbeitsplatz“ zu sensibili-
sieren und gegebenenfalls zu einzelnen Themen
gezielt und individuell zu beraten.
32 Good Practice

Charité – Universitätsmedizin Berlin


Organisationsform: Universitätsklinik Ziel ist es, eine sogenannte Workplace Policy
Bereich: Gesundheit, Pflege und einzuführen, die vor sexueller Diskriminierung
Forschung schützt. Das heißt: eine Leitlinie, zu deren Inhal-
Anzahl der ten sich die Universitätsklinik selbst verpflichtet.
Beschäftigten: 13.100 Genauer soll ein Maßnahmenkatalog erstellt
werden, der präventiv und unterstützend wirken
soll. Die Workplace Policy soll drei Ziele verfolgen:
Das Universitätsklinikum Charité Berlin arbeitet Aufmerksamkeit für das Thema schaffen (Watch),
seit 2013 an verschiedenen Maßnahmen zum Schutzangebote einführen (Protect) sowie präven-
Umgang mit sexueller Belästigung. Im medizini- tive Maßnahmen vorschlagen (Prevent).
schen und pflegerischen Bereich spielt sexuelle
Belästigung eine besondere Rolle. Das Über- Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde eine
schreiten intimer Grenzen gehört zum Alltag Befragung von Beschäftigten im klinischen
aller Beschäftigten und Patient*innen. Denn: Die Bereich über ihre Erfahrungen mit sexueller
Grenzen sind notwendig, um eine gute Behand- Belästigung am Arbeitsplatz durchgeführt.
lung zu gewährleisten. Umso wichtiger ist die Die anonyme Internetbefragung thematisierte
klare Abgrenzung dieser professionellen Gren- die Erfahrungen der Beschäftigten zu sexueller
züberschreitungen gegenüber unerwünschten Belästigung. Sie konzentrierte sich auf bereits
Grenzverletzungen wie sexueller Belästigung. implementierte sowie wünschenswerte Schutz-
maßnahmen in diesem Bereich. Die Ergebnisse
Die Charité geht problemorientiert mit dem fließen in den Maßnahmenkatalog mit ein, der
Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz um. 2016 veröffentlicht werden soll.
Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte sowie
das Institut für Geschlechterforschung in der In einem weiteren Projekt beschäftigt sich die
Medizin sind federführend für die Umsetzung Charité konkret mit Betriebsvereinbarungen.
verschiedener Maßnahmen verantwortlich, bei Zwischen 2015 und 2016 werden in dem
denen unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt Kooperationsprojekt mit der Hans-Böckler-
werden. Stiftung Betriebsvereinbarungen aus dem
Archiv der Stiftung analysiert. Ziel ist es,
Sowohl der Handlungsleitfaden „Schutz vor Best-Practice-Beispiele herauszuarbeiten und
sexueller Belästigung und Diskriminierung“ als eine Anleitung für Formulierungen und Inhalte
auch die Broschüre „Grenzüberschreitungen, von Betriebsvereinbarungen zu erstellen. In
Grenzverletzungen, Abgrenzungen“ geben ver- Zusammenarbeit mit den internen Interessen-
schiedene Auskünfte zum Umgang mit sexueller vertretungen wird unter Berücksichtigung der
Belästigung. Die Gleichstellungs- und Frauenbe- Ergebnisse des WPP-Projekts auch eine interne
auftragte informiert in diesen Veröffentlichungen Dienstvereinbarung erarbeitet.
über Beratungsangebote an der Charité und gibt
praktische Hinweise für Beschäftigte, Studierende,
Patient*innen sowie Führungskräfte. Mit Grafiken
und kurzen Informationen werden zum Beispiel
das Beschwerdeverfahren und rechtliche Grund-
lagen kompakt und übersichtlich dargestellt.

Darüber hinaus hat das Universitätsklinikum


im Jahr 2014 unter der Leitung von Dr. Sabine
Oertelt-Prigione das Forschungsprojekt
„Watch-Protect-Prevent“ (WPP) begonnen.
Good Practice 33

6  Verweise
1 Siehe zur begrifflichen Auseinandersetzung 15 Vgl. Agentur der Europäischen Union für
Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2015. Grundrechte (FRA) 2013

2 Trans* ist ein Oberbegriff, der verschiedene Men- 16 Vgl. Bachmann 2013, S. 23 ff.
schen bezeichnet, die sich nicht beziehungsweise
17 Vgl. Linde 2015
nicht nur mit dem ihnen bei der Geburt zuge-
wiesenen Geschlecht identifizieren. Dazu zählen 18 Vgl. Schröttle/Hornberg 2012, S. 382
beispielsweise auch Menschen, die geschlechts-
19 Ebd., S. 380
angleichende Behandlungen anstreben. Trans*
sind beispielsweise „Mann-zu-Frau“-Trans- 20 Vgl. Gummich 2010, S.131–152; Schröttle 2010,
sexuelle oder „Frau-zu-Mann“-Transsexuelle, S. 283 ff.
aber auch Menschen, die sich geschlechtlich
21 Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes
nicht verorten (lassen) können oder möchten.
2015b. S. hierzu auch Agentur der Europäi-
Das Sternchen in der Bezeichnung soll Raum
schen Union für Grundrechte (FRA) 2014
für verschiedene Identitäten lassen, wie bei-
spielsweise transsexuell, Transmann, Transfrau, 22 Vgl. Linde 2015, S. 21
transident, Transgender.
23 Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes
3 Agentur der Europäischen Union für Grund- 2015b
rechte (FRA), 2014, S. 32
24 Vgl. McLaughlin/Uggen/Blackstone 2012
4 Diese Auflistung nennt Beispiele und kann nicht
25 Vgl. Linde 2015, S. 49
vollständig alle Formen der sexuellen Belästi-
gung abbilden. 26 Ebd.: S. 46

5 Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes 27 Ebd.: S. 49


2015b
28 Ebd.: S. 50
6E
 bd.
29 Ebd.: S. 40
7E
 bd.
30 Ebd.: S. 50
8E
 bd.
31 Vgl. Roy, Weibust, Miller 2009, S. 422–431
9 Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes
32 Vgl. Agentur der Europäischen Union für
2015b
Grundrechte (FRA) 2014; Müller/Schöttle 2004
10 E
 bd.
33 Vgl. Linde 2015, S. 51–54
11 Vgl. Müller/Schöttle 2004
34 BAG, Urteil v. 25.10.2007 – AZ: 8 AZR 593/06;
12 European Commission 1998, S. 27; Kümmel ArbG Solingen, Urteil v. 24.02.2015 – AZ:
2014, S. 43 – 49; DGB-Jugend München 2000 3 Ca 1356/13

13 Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes 35 Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2015c


2015b

14 Vgl. Baumgartinger/Frketic 2008; Agentur der


Europäischen Union für Grundrechte (FRA)
2013; Franzen/Sauer 2010; Motmansz/de
Biolley/Debunne 2010; Scottish Transgender
Alliance 2008
34 Quellen

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reller%20Gewalt%20ausgesetzt%20sind. (Zugriff:
Dezember 2015).
36 Anhang

8  Anhang
Beispielvorlage: Dokumentation einer Beschwerde
nach § 13 AGG

Eingang der Beschwerde am: ........................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Bei:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .............................................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

schriftlich mündlich

Bestätigung der beschwerdeführenden Person: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Beschwerdeführende Person:............................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Tätig als:. . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Abteilung:.. . . . . .............................................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Vorgesetzte*r:............................................................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Ermittlung des Sachverhalts / Gegenstand der Beschwerde

1. Was ist passiert (aus Sicht des*der Beschwerdeführer*in)?

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Welcher sachliche Anwendungsbereich i. S. v. § 2 AGG ist betroffen?

Zugang zum Beschäftigungsverhältnis, § 2 Abs. 1 lit. 1 AGG

Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungs-


bedingungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungs-
verhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg, § 2 Abs. 1 lit. 2 AGG
Anhang 37

3. Von wem ging die Benachteiligung aus?

Vorgesetzte*r andere*r Beschäftigte*r Dritte Person

4. Welches Merkmal ist betroffen?

Lebensalter Geschlecht Sexuelle Identität Religion /


Weltanschauung

Behinderung Ethnische Herkunft / rassistische Zuschreibung

5. Handelt es sich um eine Beschwerde wegen

unmittelbarer Benachteiligung? mittelbarer Benachteiligung?

Belästigung? sexueller Belästigung?

Anweisung zu einer Benachteiligung? Maßregelung?

6. Wann hat die Benachteiligung stattgefunden?

... . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................

7. Gibt es Zeug*innen oder Belege?

Ja Nein

Falls ja, welche?. .................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .................

8. Wurde der*die Vorgesetzte informiert?

Ja Nein

Falls ja, wann und was hat diese*r unternommen?.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................

... . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................

... . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................

9.  Wurden bereits andere Stellen einbezogen (zum Beispiel Personal-/Betriebsrat, Frauen-/Gleichstellungs-
beauftragte, Schwerbehindertenvertretung, Jugend- und Auszubildendenvertretung) und was haben diese
unternommen?

... . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................

... . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................


38 Anhang

10. Wurde eine Stellungnahme der*des Beschwerdegegner*in eingeholt?

Schriftlich Mündlich Wann angefordert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Wenn mündlich, was ist aus Sicht des*der Beschwerdegegner*in vorgefallen?

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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11. Welche Gründe für das oben beschriebene Vorgehen trägt der*die Beschwerdegegner*in vor?

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12. Wurde der*die Beschwerdegegner*in bereits von beschwerdeführender Person oder Dritten wegen des
Vorfalls angesprochen?

Ja Nein

Falls ja, mit welchem Ergebnis?

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13. Hat der*die Beschwerdegegner*in bereits andere Personen einbezogen?

Ja Nein

Falls ja, wen?

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14. Hat der*die Beschwerdegegner*in Kenntnis vom AGG?

Ja Nein

15. Hat der*die Beschwerdegegner*in an einer AGG-Schulung teilgenommen?

Ja Nein

Falls ja, wann und in welchem Umfang? .. .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anhang 39

II. Prüfung des Sachverhalts

1. Liegt eine Benachteiligung i.S.v. § 7 Abs. 1 AGG vor?

Ja Nein

2. War die unterschiedliche Behandlung zulässig (§§ 8, 9, 10 AGG)?

Ja Nein

Wenn ja, aus welchem Grund? .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................

... . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................

Prüfung des Sachverhalts erfolgt durch: .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .................

Weiteres Vorgehen: .. .......................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................

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III. Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung an die


beschwerdeführende Person

Schriftlich (siehe Anlage) Mündlich

Beschwerdeführer*in Beschwerdegegner*in

Am: . ........................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .................

Unterschrift:

Unterschrift:

Unterschrift:
40 Anhang

IV. Maßnahmen zur Abhilfe und Kontrolle

1. Empfohlene Maßnahmen:

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2. Eingeleitete Maßnahmen:

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3. Kontrolle:

Wann vorgesehen? ................................................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Durch wen?. .............................................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kontrolle erfolgt (Ergebnis und Unterschrift) .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4. Gründe dafür, dass infolge der Beschwerde keine konkreten Maßnahmen ergriffen wurden:

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Stand: Juni 2023, 9. Auflage

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