Sie sind auf Seite 1von 32

Am Nullpunkt des Studiums:

Interfakultärer Dialog

DI. Dr. Gilbert Ahamer


Umweltsystemwissenschaften
& Wegener Center
für Klima und Globalen Wandel

Selbstmanagement in Studium und Beruf

www.uni-graz.at/basismodul
Wie gehen wir‘s an?

• Das Pferd vom Schwanz aufzäumen!

• Zuerst das Ergebnis...


Vorstellung
„Surfing Global Change“
• Das Ergebnis ist eine rhythmisierte, strukturierte
Methode zur Lösungsfindung

• Was ist Wahrheit?  Was ist hilfreich?

• Die Tatsache, dass es vielgestaltige und


widerstreitende Stakeholders gibt, spiegelt die
„Mehrfacetten-Struktur“ der realen Welt wider

• ➔ „Perspektiven & Sichtweisen“ statt „Wahrheiten“


Inhalt dieser LV: Grobübersicht

1. Wertschätzung eines dialogischen Weltbildes, in dem


gegnerische Standpunkte verstanden werden

2. Gesellschaftlicher Wandel durch Globalisierung und


dadurch entstehende Konsequenzen

3. Spannungsdreieck Arbeit – Gesellschaft – Bildung

4. Paper, Screen, Brain: Lesarten, Denkweisen

5. Kompetenzen im Bereich des Selbstmanagements


Ziel dieser LV
• Hinausblicken über die eigene Disziplin – Wodurch ist meine eigene
Sichtweise bedingt?
• Sensibilisierung für die Analyse komplexer Zusammenhänge
• Kritisches Hinterfragen von aktuellen Entwicklungen
• Erhöhung von Kritik- und Reflexionsfähigkeit - selbstreflexives
Auseinandersetzen mit der eigenen Rolle in komplexen
Zusammenhängen
• Einflussmöglichkeiten durch eigenen Handeln und Grenzen
• Wissen über Lernen und Lerntechniken
• Wissen um wirksame Kommunikation und Präsentation
• Erkennen von gesellschaftlichen Zusammenhängen und
Auswirkung auf die eigenen Entwicklungsschritte
Mein Ergebnis: Dialog suchen

• Nach einem interfakultären Werdegang:


– Physik (Naturwissenschaft)
– Umwelttechnik und Wirtschaft
– Globale Modellierung & Globaler Wandel
• 3 E: Economy – Environment – Ecology
• 3 Rollen: Wissenschaft  Verwaltung  Consulting
• 3 Sprachengruppen: germ/rom/slaw

• Strukturierter Dialog: wird geleistet durch das


Verhandlungsspiel „Surfing Global Change“
Die Methode heute:
Komplexität verstehen
• Wissenschaft im 21. Jahrhundert:
– Globaler Treibhauseffekt (Flügelschlag ➔ Sturm) als
methodischer Anlass
– Systemtheorie als konzeptueller Wurf (➔ USW)
– Technologiefolgenabschätzung (TA) als „Kulturgut“: Abwägen
von Einzeleffekten, Auswägen
• Technologien zur Komplexitätsherausbildung
– Internet (e-Journals am WG-Tisch)
• Globale Institutionen als Tools in der Globalisierung zwischen
Dominierung („pax“) und Eintracht („concordia“)1
– Globales Finanzsystem (Bretton Woods-Institutionen)
– IPCC, UNFCCC (Versuche zur „Behebung“)

1 Quelle: Karl A. Kumpfmüller: Pax & Concordia, Graz, 2005


Was waren aber die bisherigen
(wissenschaftlichen) Methoden?
• Wissenschaft im „20. - 0.“ Jahrhundert:
– Studium der Schriften = Quelle der Wahrheit
• Wissenschaft im „0. - 20.“ Jahrhundert:
– Experiment = Quelle der Wahrheit
– Nur Einzeleffekte verstehen
– Reduktionismus als Mittel der Wahl
• Beispiel: Galileo Galilei
– „Experimentelle Anordnung“ = Stein fällt
– Zuerst Begriffe finden
– Er schrieb noch nicht: „s = g/2 . t²“
Galilei, der Revolutionär?

• Kampf der Weltbilder!


• Wie ist das gemeint?
„astronomisch“ ➔ „politisch“
• Der Papstthron ist nicht mehr
im Zentrum der Erde,
die nicht mehr im Zentrum des
Universums ist
• Die Inquisition ließ ihn
niederknien und widerrufen
• Aufstehend sagt er:
„eppur si muove!“
Wie entsteht ein Weltbild?

• Durch Betrachtung der „Realität“

• Die Natur fragen = „Experiment“

• Es entsteht ein Modell (Butter-,


Wachsmodel, „Model“)
Wie entsteht Wissenschaft?
• Modell: von Kuhn
• Paradigmenwechsel
• Neue Technologien ➔
neue experimentelle
Methoden
• Neue experimentelle
Methoden ➔ neue
Experimente
• Neue Experimente ➔
neue Modelle
• Deren Auswertung ➔
neue Technologien
Fallbeispiel Galileo Galilei
• Fernrohr (= neue Technologie)
• ➔ neue Messergebnisse: Planetenbahnen
• Bisheriges Erklärungsmodell erschien
ungeschickt
• „Epizyklen“ verstellen den Blick aufs
Wesentliche
• Das „einfachere Erklärungsprinzip“ gewinnt
• Die „grand theory“ entsteht:
– Himmelsmechanik = irdische Mechanik
– Mathematische Prinzipien sind für beides
tauglich
– „Plato‘s“ Zahlenverhältnisse regieren die
Welt
Fallbeispiel Galileo Galilei

• „Galilei‘s erstes Werk: „Nachricht von


neuen Sternen“ (Sidereus Nuncius)
• Er entdeckt mit seinem neuen Fernrohr:
– Oberflächenstrukturen des Mondes
– Sichelgestalt der Venus

– Himmelskörper in Jupiternähe in
täglich wechselnder Konstellation,
die er als Jupitermonde deutet
Fallbeispiel Galileo Galilei
Ihre erste Aufgabe

• Bitte aufschreiben von SitznachbarIn:


– Telefonnummer
– Name
– Studium
– 2 Sätze sagen zu persönlichen Interessen

• Was ist Ihre „geheime Erfindung“ und Ihre „Erkenntnis“


im Leben? – Ihr „experimentelles Ergebnis mit
Tragweite“?

• 1 Minute plus 1+1 Minute = 3 Minuten


Der „Dialog“ Galilei‘s

• Hauptwerk: „Dialog über


die zwei wichtigsten
Weltbilder“
• Dadurch „nimmt er sich
raus aus dem Konflikt“
• Ptolemäisch: von
Aristoteles gestützt
• Kopernikanisch: von
neuer Astronomie
gestützt
• Wohnort ausgeliefert der
politischen Konjunktur
Die Weltbilder

• „Epizyklen“ werden zu
kompliziert
• (Zwischen)-Weltbilder
Reduktionismus – trotz allem

• Galilei‘s Versuchsanordnung: rollende


Kugeln
• Galilei‘s Abstraktionsschritt:
Luftreibung
• Laborsprache der Physiker:
„Dreckeffekt“
• Was wird weggelassen aus der
Realität, um ein konsistentes Weltbild
zu ermöglichen?
• Jahrhunderte später: Navier-Stokes
und der Begriff der „Zähigkeit“
Was ist der Haupteffekt? –
Sehr zähe Frage!
• Stokesches Gesetz: Bewegt
sich eine Kugel durch eine
Flüssigkeit der dynamischen
Viskosität - und verhält sich die
Flüssigkeit durch die
Relativgeschwindigkeit laminar,
so wirkt auf sie nach dem
Stokeschen Gesetz (benannt
nach dem Iren Sir George
Gabriel Stokes, 1819 - 1903)
eine Reibungskraft
FR = 6 ×  × r × h × v. George Gabriel Stokes (1819 – 1903), source: Wikipedia
(http://de.wikipedia.org/wiki/George_Gabriel_Stokes)
Zwei Extremauffassungen

• Galilei: freier Fall im Vakuum


• Navier-Stokes: freier Fall im zähen Medium
• Was ist jeweils der Haupteffekt, was der „Dreck“-Effekt?
• Gültigkeitsbereiche der „Formeln“ sind veränderlich!!
Galileo Galilei:
Stokes:
(s = g/2 . t²)
(R = 6π ηr v)

or
v = R / 6π ηr
v = -gt
or
v = constant

low h high h

Das Gültigkeitsgebiete zweier verschiedener physikalischer Gesetze verschiebt sich je nach Randbedingungen. Ein fallender Körper gehorcht Galileis
Fallgesetz oder dem Gesetz von Stokes-Navier’s, abhängig vom Wert der Zähigkeit h.
Ihre zweite Aufgabe

• Bitte aufschreiben von anderer/m SitznachbarIn:


– Telefonnummer
– Name
– Studium
– 2 Sätze sagen zu persönlichen Interessen

• Wo ist in Ihrem Leben ein Fall von „zwei stark


unterschiedlichen möglichen Sichtweisen“ aufgetreten?

• 1 Minute plus 1+1 Minute = 3 Minuten


Und nun ....

• Zehn
Minuten
Pause!

... danach setzen Sie sich bitte neben NEUE SitznachbarInnen!


... vor der Pause

• Was haben wir an Stoff durchgenommen?


– Konzepte von Wissenschaft entwickeln...
– Was ist Wahrheit?
– Wie entstehen Weltbilder ...
– Verstehen von Wissen als Konstruktion
– Geschichte der Naturwissenschaften

• Der Pferdeschwanz ganz zu Beginn:


– Wertschätzung eines dialogischen Weltbildes, in dem
gegnerische Standpunkte verstanden werden (SGC)
Nach der Pause

• 1) Wertschätzung eines dialogischen Weltbildes, in dem


gegnerische Standpunkte verstanden werden, anhand
von:
– Sichtweisen verschiedener wissenschaftlicher
Fachdisziplinen, und Sichtweisen von Wissenschaft
(„Recht haben“) vs. Verwaltung („Legitimiert sein“) vs.
Wirtschaft („Ergebnis erreichen“) kennen lernen.
– Beispiele beruflicher Tätigkeiten
– Evolutionäre Weltsicht: ethische Werte als Resultat
der Systementwicklung
„Wahre“ Sichtweisen:
Methoden:
Was ist die richtige Lösung?

„sin(/2) = 1“
Was war die richtige Lösung?

„schauen Sie durchs Fernrohr“


Was wird die richtige Lösung sein?
Auswege
Ihre dritte Aufgabe

• Bitte aufschreiben von neuer/m SitznachbarIn:


– Telefonnummer
– Name
– Studium
– 2 Sätze sagen zu persönlichen Interessen

• Wo ist in Ihrem Studienleben eine Möglichkeit von


überfakultärer Kooperation mit dem Ergebnis besseren
Verständnisses gegeben?

• 1 Minute plus 1+1 Minute = 3 Minuten


Ihre dritte Aufgabe

Danke!

Das könnte Ihnen auch gefallen