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MASTERARBEIT
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den
Quelle wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht
habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen
inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht
veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen
Version.
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mich bei meiner Arbeit
unterstützt haben. Dieser Dank gilt ganz besonders dem Amt für Jugend und Familie, das
die empirische Untersuchung erst möglich gemacht hat. Frau Dr. Argyropoulos Vasiliki
und Frau Mag.a Radaschitz Maria standen mir von Beginn an mit Rat zur Seite und
unterstützten mich inhaltlich und organisatorisch. Weiters ist ein großer Dank allen
Hortleiterinnen, Hortpädagoginnen und Hortpädagogen der städtischen Horte Graz
auszusprechen. Ohne ihren Einsatz und ihre Unterstützung wäre die quantitative
Forschung nicht möglich gewesen.
Herzlichen Dank möchte ich meinen Freunden aussprechen, die mir bei der Erstellung
der Fragebögen praxisnahe Tipps gegeben haben und beim Korrekturlesen wertvolle
Beiträge lieferten.
Abschließend bedanke ich mich bei Herrn Prof. Franz Höllinger für seine fachliche und
organisatorische Unterstützung bei der Betreuung meiner Diplomarbeit.
Danksagung ....................................................................................................................3
Inhaltsverzeichnis ...........................................................................................................4
1. Einleitung..........................................................................................................................7
6. Forschungsdesign............................................................................................................46
6.1 Fragestellungen...........................................................................................................46
6.2 Die Institution Hort.....................................................................................................47
6.3 Feldzugang und Stichprobenauswahl ..........................................................................48
6.4 Quantitative Erhebung ................................................................................................49
6.4.1 Die Kinderfragebögen ..........................................................................................49
6.4.2 Der Hortpädagoginnenfragebogen........................................................................51
6.5 Qualitative Erhebung ..................................................................................................52
6.5.1 Interview..............................................................................................................52
6.5.2 Teilnehmende Beobachtung .................................................................................52
Literaturverzeichnis ......................................................................................................95
Anhang .......................................................................................................................100
Damit die empirische Analyse, die aus einer quantitativen und qualitativen Forschung besteht,
theoretisch fundiert und in Zusammenhang mit den wissenschaftlichen Debatten über
Verhaltensauffälligkeiten gebracht werden kann, sollen zunächst grundlegende theoretische
Standpunkte erklärt werden. Im theoretischen Teil der vorliegenden Arbeit wird zunächst auf
die unterschiedlichsten Definitionen von Verhaltensauffälligkeiten eingegangen. Dabei wird
auch Bezug auf die Begriffsentstehung genommen und gleichzeitig durch die
Gegenüberstellung verschiedener Konzepte eine einheitliche Definition für die weitere Arbeit
gefunden. Nach dieser Gegenüberstellung wird näher auf die Soziologie abweichenden
Verhaltens und den damit verbundenen soziologischen Theorien eingegangen. Die
verschiedenen Arten von Theorien werden in eine mikrosoziologische und
makrosoziologische Perspektive unterteilt und auf ihre Relevanz zur sozialwissenschaftlichen
2.1 Begriffsentstehung
In wissenschaftlichen Aufsätzen wurden an Stelle des Begriffs „Verhaltensschwierigkeiten“
eine Reihe von unterschiedlichen Begriffen verwendet, die im Grunde aber das Gleiche
meinen. Seit dem ersten Weltkongress für Psychiatrie, der 1950 stattfand, wird der Begriff
3.1.1 Anomietheorie
Unter dem Zustand der Anomie versteht man eine mangelnde soziale Ordnung (von griech.
anomia = Gesetzlosigkeit) (vgl. Hillmann 2007: 29). Die Anomietheorie wurde am Ende des
19. Jahrhunderts von Emile Durkheim entwickelt. Laut Durkheim „ist Anomie ein sozialer
Zustand, in dem das Kollektivbewusstsein geschwächt ist und die Handlungsziele unklar
werden, weil die in der Gesellschaft verankerten moralischen Überzeugungen versagen oder
sich auflösen“ (Böhnisch 2006: 26). Abweichendes Verhalten, in einem bestimmten Maße, ist
in modernen Gesellschaften normal. Durkheims Anomiekonzept bezieht sich vorwiegend auf
die moderne Arbeitsteilung (vgl. ebd. 26ff. & 29).
Robert K. Merton hat Durkheims Anomiekonzept weiter differenziert. Er verfeinerte den
Begriff der Regel und unterschied kulturelle Ziele, die von Wünschen und Erwartungen
geprägt sind, Normen und legitime Mittel, die zum Erreichen der Ziele vorgeschrieben sind
und letztendlich die Verteilung der Mittel und den Zugang zu diesen. Anomie entsteht
aufgrund dieser Unterscheidung dann, wenn der Zugang zu den Mitteln und Zielen ungleich
verteilt ist. Es herrscht Orientierungslosigkeit und Ungewissheit über Normen im sozialen
Zusammenleben und dadurch entsteht Frustration, Fehlanpassung, Distanzierung und
Desintegration, sowie abweichendes Verhalten. Anomie ist heute ein weltweites Problem von
Orientierungs- und Verhaltensunsicherheit. Dies ist aufgrund der Individualisierung und des
Pluralismus der Weltanschauung hervorgerufen worden. Gegentendenzen zur Anomie sind
beispielsweise die Gesetze des Zusammenlebens oder die Rückbesinnung auf die eigene
Kultur (vgl. Hillmann 2007: 29).
Merton ist der Meinung, dass soziale Regellosigkeit dann entsteht, wenn die Erreichung der
Ziele und die legitimen Mittel zur Erreichung dieser nicht miteinander übereinstimmen.
Durch unterschiedliche Anpassungsprozesse wird versucht, die anomische Situation zu
normalisieren. Abweichendes Verhalten ist demnach von der sozialen Umwelt geprägt und
Konformität, sowie abweichendes Verhalten, können sich parallel entwickeln. Weiters sagt
Merton, dass der Impuls für abweichendes Verhalten aus der sozialen Umwelt und nicht nur
vom Individuum selbst ausgeht (vgl. Böhnisch 2006: 32ff.). Die Anomietheorie von Robert
K. Merton bezieht sich ausschließlich auf die gesellschaftliche Ebene. Familie, Werte und
Ziele von Individuen spielen bei Mertons Anomietheorie zur Erklärung abweichenden
Verhaltens keine Rolle. Er räumt nur ein, dass familiäre Einflüsse einen anomischen Druck
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auf die Verhaltensauffälligkeit ausüben können, spezifiziert diese aber nicht (vgl. Wilk 1987:
16). Merton ist der Meinung, dass die unteren Schichten den stärksten Druck zur Abweichung
haben, weil sie sich in einer anomischen Struktur befinden und daher neue Mittel entwerfen
müssen, um ihre Ziele zu erreichen (vgl. Amelang 1986: 153ff.).
Merton unterscheidet vier Typen von abweichendem Verhalten. Die Innovatoren akzeptieren
das Ziel, suchen aber nach neuen Mitteln, um das Ziel zu erreichen. Die Ritualisten
akzeptieren die Mittel, berufen sich aber nicht auf die kulturell vorgegebenen Ziele. Der
Rückzug symbolisiert die Ablehnung des legitimen Mittels und des legitimen Ziels. Die
Rebellen bleiben weitgehend unbestimmt, sie wünschen sich neue kulturelle Ziele und Wege,
die aus Frustrationserfahrungen mit der bestehenden gesellschaftlichen Struktur heraus
entstehen (vgl. Mackert 2008: 230ff.).
Diese Theorie kann auch auf Kinder in Hortgruppen angewandt werden, deren Eltern sich
zum Beispiel in einer eher schlechteren sozialen Lage befinden. Abweichendes Verhalten
kann dadurch dann entstehen, wenn ein Kind, das nicht die finanziellen Möglichkeiten hat,
um sich bestimmte Schuhe zu kaufen, die viele Freunde auch haben, dazu veranlasst wird, die
Schuhe einem anderen Kind zu stehlen. Das Ziel des Erwerbs der bestimmten Schuhe wird
durch das negative Mittel, dem Stehlen, erreicht.
3.1.2 Subkulturtheorien
Eine Subkultur entsteht durch gemeinsame Merkmale von Personen und ist eine
Gemeinschaft mit gleichen Werten, Normen, Auffassungen, sozialen Strukturen und
Verhaltensweisen, die von der Mehrheit der Gesellschaft abweichen. Vor allem in modernen
Gesellschaften können sich Subkulturen leichter bilden und relativ selbstständig leben. Dies
führt zu einer Pluralisierung der Gesellschaft, aber auch zu Desintegration, Konflikten und
abweichendem Verhalten. Das Individuum identifiziert sich über die Subkultur und gewinnt
Verhaltenssicherheit, die es in der Gesamtgesellschaft nicht hat. Innerhalb der Gruppe
herrscht eine große Solidarität, aber zwischen Subkulturen kann es durchaus auch zu
Konflikten kommen (vgl. Hillmann 2007: 871f.).
Grundsätzlich gibt es zwei Arten, wie Subkulturen entstehen können: Einerseits können sie
ohne den Einfluss von einer Kultur geprägt werden, zum Beispiel aufgrund von Migration;
andererseits können Subkulturen aus dominierenden Kulturen heraus entstehen, durch die
positive oder negative Reaktion auf bestehende soziale Ordnungen und Rahmenbedingungen.
Unter bestimmten Bedingungen können durch die Subkulturen Gegenkulturen, sowie soziale
Bewegungen entstehen (vgl. Hillmann 2007: 871f.).
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Die Subkulturtheorie ist in den 30er Jahren in den USA entstanden und steht mit der
Chicagoer-Schule in Verbindung. Einwanderer der damaligen Zeit behielten ihre eigenen
kulturellen Werte und Normen bei und integrierten sich trotzdem in die amerikanische
Gesellschaft. Die Abgrenzung zur amerikanischen Kultur erfolgte über den Raum, das heißt,
die Einwanderer blieben unter sich. Kennzeichnend für Subkulturen ist, dass sie nach innen
hin ihre eigenen Normen und Werte haben, aber nach außen die Normen und Werte der
Mehrheitsgesellschaft akzeptieren. Wenn aber die Balance zwischen den Normen der
Subkultur und den Normen der Mehrheit der Gesellschaft nicht gegeben ist, dann kommt es
zu abweichendem Verhalten. Zum Beispiel ist aggressives Verhalten in einer bestimmten
Subkultur hoch angesehen und wird gewürdigt, aber in der Mehrheitsgesellschaft wird es
sanktioniert. Für die Gruppenmitglieder der Subkultur steht nicht der Normbruch, sondern die
Anerkennung der anderen Mitglieder im Vordergrund. Das stellt eine subkulturelle Dynamik
dar (vgl. Böhnisch 2006: 56ff.). In Verbindung zur Anomietheorie lässt sich erkennen, dass
die „Subkultur als Anpassungsmechanismus an anomische Strukturen“ (ebd. 58) verstanden
werden kann. Durch die Orientierungslosigkeit kommt es zu subkulturellen
Gruppenbildungen (vgl. ebd. 56ff.).
Die Subkulturtheorien gehen also davon aus, dass sich einzelne Gesellschaftsgruppen zwar
einem Großteil der geltenden Normen und Werte der Gesellschaft zustimmen, „jedoch
aufgrund ihrer sozialstrukturellen Lebensbedingungen eigene, von den
gesamtgesellschaftlichen Erwartungen abweichende Normen und Werte entwickeln“ (Wilk
1987: 16). Die Subkultur, wie beispielsweise eine Bande oder Gang, entwickelt eigene
Normen, die für diese spezielle Gruppe verbindlich und legitim sind (vgl. ebd. 16).
Als Beispiel für den Hortalltag lassen sich hierfür Migrantenkinder anführen. Kinder aus
Migrantenfamilien akzeptieren einen Teil der geltenden Normen im Hortalltag, aber haben
aufgrund ihres Migrationshintergrundes auch eigene Normen und Regeln, die mit denen im
Hort geltenden oft nicht übereinstimmen. Dadurch kann es zu Konflikten kommen und als
Folge davon kann das Kind verhaltensauffällig werden. Diese Konflikte können aufgrund der
sprachlichen Differenzen, der kulturellen Unterschiede und der religiösen Wertvorstellungen
auftreten.
3.3 Normen und ihr Beitrag zur Erklärung von abweichendem Verhalten
Alle vorgestellten Theorien der Makro- und Mikroebene haben gemeinsam, dass sie
abweichendes Verhalten mit Normen des Zusammenlebens in Verbindung bringen.
Abweichendes Verhalten stößt also auf bestimmte Normen und Werthaltungen einer
Gesellschaft. Von diesen Normen ist es abhängig, ob man ein Verhalten als konform oder
abweichend definiert. „Der Terminus „Auffällig“ legt nahe, dass der Bezugspunkt immer eine
Norm ist“ (Fröhlich-Gildhoff 2007: 15). Ein Verstoß gegen die Normen setzt aber auch
voraus, dass diese Normen den Gesellschaftsmitgliedern bewusst sind und ein Großteil der
Individuen innerhalb einer Gesellschaft diesen Normen auch zustimmt. Die Normen
bestimmen, was als auffällig oder als nicht auffällig definiert wird. Deshalb soll an dieser
Stelle erklärt werden, welche verschiedenen Arten von Normen es geben kann und welchen
Beitrag sie zur Erklärung von abweichendem Verhalten leisten.
Des Weiteren finden heute durch die Globalisierung ein immer höherer kultureller Austausch
und eine Vermischung der Kulturen statt (vgl. Bruggmann 2004: 8). Besonders in Städten ist
ein immer höherer Ausländeranteil zu verzeichnen, der durchaus Probleme mit sich bringt.
Auf den Hort bezogen ergeben sich hierbei Kommunikationsprobleme innerhalb der Gruppe
und mit den Eltern. Unterschiedliche kulturelle Normen treffen aufeinander und dadurch kann
es zu abweichendem Verhalten und Verhaltensauffälligkeiten bei Hortkindern kommen. Ein
Migrationshintergrund kann bei Kindern aus den unterschiedlichsten Gründen, die auf
kulturellen Differenzen beruhen, zu Verhaltensauffälligkeiten führen. Natürlich bedeutet das
nicht, dass jedes Kind mit Migrationshintergrund automatisch verhaltensauffällig ist.
Die Ökonomisierung der Gesellschaft ist von flexiblen, auf Marktbedürfnisse schneller
reagierenden Wirtschaftsorganisationen geprägt. Es gibt immer weniger kontinuierliche
Berufsbiografien in der ökonomisierten Gesellschaft und lebenslanges Lernen wird zu einem
wichtigen Bestandteil. Diese Faktoren beeinflussen die Verfügbarkeit von elterlichen
Ressourcen und formen die sozialpolitische Umwelt. Die Folgen von dieser Ökonomisierung
der Gesellschaft sind, dass besonders Familien mit Kinder einen hohen sozialen Preis zahlen
müssen und dass die Kinderarmut generell zu nimmt. Die Kindheit selbst wandelt sich aber
auch sehr zu einer selbst bestimmten Kindheit, die stark von der Informations- und
Telekommunikationstechnologie beeinflusst wird. Davon abgesehen nimmt auch die
Kulturalisierung der Gesellschaft immer mehr zu. Dies äußert sich in der Ausweitung der
Freizeit- und Erlebniswelten, die heute in einer enormen Vielzahl vorhanden sind. Die Kultur
wird individualistischer, verhandelbarer und diskursiver. Somit steht fest, dass zwischen
gesellschaftlichen Teilsystemen die Grenzen zunehmend aufgeweicht werden. Es findet also
eine Entgrenzung und eine Ent-Differenzierung der Lebenswelten statt, die in weiterer Folge
auch die familiären Strukturen beeinflussen (vgl. Lange 2007: 241ff.).
Die Familie ist eine Institution der Gesellschaft, denn sie ist nicht eine rein biologische
Beziehungsform, sondern eine soziale Beziehungsform mit klar vergebenen Positionen,
Erwartungen, Rechten und Pflichten. Deshalb ist die Familie ein Element der gesellschaftlich
umfassenden Sozialstruktur und erfüllt bestimmte Leistungen und Aufgaben innerhalb einer
Gesellschaft (vgl. Beck-Gernsheim 2006: 21ff.).
Das Merkmal des Modernisierungsprozesses ist, dass die Religion an Einfluss und Macht
verliert bzw. verloren hat. Die Säkularisierung schreitet immer mehr fort und die eigene
Familiengründung wird nicht mehr von den religiösen Wertvorstellungen abhängig gemacht.
Durch die Rationalisierung der Welt und die wirtschaftlich-zweckrationale Lebensgestaltung
wird der Einfluss der Kirche auf die Familien- und Lebensplanung weiter eingeschränkt. Das
zweckrationale Handeln steht somit dem neuen Gesellschaftsmodell und Persönlichkeitstyp
am nächsten. Die Rationalisierung der Lebenswelt betrifft also nicht nur die Berufswelt,
sondern auch die Familie. Zu heiraten, Kinder zu bekommen oder sich scheiden zu lassen sind
rationale Entscheidungen, die zweckgebunden sind. Ein weiteres Merkmal des
Modernisierungsprozesses ist die Trennung der Lebensbereiche und der gesellschaftlichen
Teilbereiche. Die Identität, die Pluralität der sozialen Welten, die Privatsphäre, die öffentliche
Sphäre und die Kultur prägen das Leben der Menschen und die Familienstrukturen (vgl.
Beck-Gernsheim 2006: 56ff.). Diese Sphären sind im Gegensatz zu früher stärker
differenziert.
Die veränderten Rollen von Frauen und Männern spielen in dieser Hinsicht natürlich auch
eine wichtige Rolle. Besonders die Rolle der Frau hat sich im Laufe des 20. Jahrhunderts in
der Gesellschaft radikal verändert (vgl. Peuckert 2008: 229ff.). In der Wissenschaft wurden
vor allem Untersuchungen zur geschlechtsspezifischen Sozialisation, zum Rollenwandel und
Rollenkonflikt im Lebenszyklus der Frauen und zu Diskriminierungen der Frauen im
Berufsleben durchgeführt (vgl. Hettlage 1998: 79f.).
Früher gab es eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, das heißt, Männer und Frauen
agierten in klar voneinander abgegrenzten Bereichen. Im Zuge der Industrialisierung wurden
die Lebenswelten voneinander getrennt und es entstand eine Männerwelt und eine
Frauenwelt. Der Mann hatte durch seine Doppelorientierung im Berufs- und Familienleben
eine höhere Bedeutung, die Frau hingegen gestaltete nur eine ergänzende und dienende Rolle
zu der Rolle des Mannes. Die Definition der Geschlechterrollen ist ein sozialer Vorgang und
Damit sich die Rolle der Frau überhaupt ändern kann bzw. konnte, muss oder musste sich
auch die Männerrolle ändern. Denn wenn die Männer beim Berufswunsch ihrer Frauen nicht
mitspielen, dann ist die Frau sehr eingeschränkt in ihren Berufswünschen. Obwohl die
Männer grundsätzlich die Entscheidungsautonomie der Frau befürworten und alte Stereotype
des Frauenbildes aufgeben, haben sie aber auch kein Interesse daran, dass sich die bestehende
Arbeitsverteilung ändert. Dies lässt sich sehr gut an der Beteiligung der Männer im Haushalt
beobachten, die nach wie vor sehr gering ist. Trotz der Berufstätigkeit der Frauen wenden sie
noch immer die meiste Zeit für den Haushalt und die Kinderbetreuung auf. Darin steckt ein
hohes Konfliktpotential, denn obwohl Männer die Emanzipation der Frau befürworten, wollen
sie zu Gunsten einer Frau nicht zurückstecken. Allgemein lässt sich aber beobachten, dass
junge und hoch gebildete Männer „frauenfreundlicher“ sind, als ältere Generationen von
Männern (vgl. ebd. 92ff.). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese veränderten
Anforderungen von Vätern im Familienleben zu anderen Wert- und Normvorstellungen von
Männlichkeit führen (vgl. ebd. 92ff.).
Durch die häufige Berufstätigkeit beider Elternteile müssen die Kinder in
Kinderbetreuungseinrichtungen untergebracht werden. Dadurch verbringt das Kind immer
weniger Zeit mit den Eltern. Vor allem die Mütter sind in vielen Fällen durch die
Doppelbelastung Kind und Beruf überfordert und verlieren dadurch oftmals den engen Bezug
zu ihren Kindern. Findet man keine angemessene Balance zwischen Beruf und Familie, kann
dies eine Erklärung für abweichendes Verhalten des Kindes sein. Dieser Schluss von den
gewandelten Rollen von Mann und Frau auf Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern ist
natürlich nicht in allen Fällen möglich. Es gibt unzählige Kinder, bei denen beide Elternteile
erwerbstätig sind und die kein abweichendes Verhalten zeigen. Die Berufstätigkeit beider
Elternteile kann, aber muss nicht, eine Ursache für Verhaltensauffälligkeiten sein.
Häufig wird der Funktionsverlust der Familie als Ursache für abweichendes Verhalten
angegeben. Dieser Meinung sollte nachgegangen werden. Ob die Familie wirklich Funktionen
verloren hat, ob die Sozialisation der Kinder zunehmend ausgelagert wird und ob damit die
Familie an Bedeutung verliert, soll hier hinterfragt werden.
Der Funktionsverlust der Familie wurde in wissenschaftlichen Untersuchungen auf
unterschiedliche Art und Weise untersucht. Lange Zeit wird der Funktionsverlust nicht mehr
Nach der Definition von Verhaltensauffälligkeiten, den vorgestellten Theorien und der
Ursachendefinition, sollen schließlich verschiedene Formen von Verhaltensauffälligkeiten
näher beschrieben werden.
Gewalt ist eine Verhaltensweise, die sich körperlich, verbal oder relational äußert. Bei Jungen
sind die körperliche und die verbale Gewalt häufiger, bei Mädchen hingegen die relative
Gewalt, wie beispielsweise Mobbing, Gerüchte in die Welt setzen oder „Schlecht-Machen“
anderer. Kinder können ihre soziale Kompetenz nicht altersgerecht ausbilden, da sie einen
sehr geringen Selbstwert haben und durch Gewalt versuchen, sich selbst zu verwirklichen und
Aufmerksamkeit zu erlangen. Grundsätzlich entsteht Gewalt dann, wenn das Kind überfordert
ist, wenn es ständig und ununterbrochen einem gewaltfördernden Klima ausgesetzt ist und
fehlende oder falsche Vorbilder hat, sowie seine alltäglichen Frustrationen schlecht
verarbeiten kann (vgl. Fröhlich-Gildhoff 2007: 161). Genauso wie bei AD(H)S oder bei
Aggressionen, ist auch in diesem Fall wichtig, dass eine multimodale Intervention stattfindet,
das heißt, Kinder, Eltern und Pädagogen sollen in die Interventionsstrategien und
Interventionsmaßnahmen eingebunden werden. Dabei ist es wichtig, das Kind
wertzuschätzen, aber gleichzeitig Konsequenzen und Grenzen aufzuzeigen. Wie bei vielen
anderen Formen von externalisierenden Auffälligkeiten, kommt bei Gewalt und Delinquenz
der Prävention eine wichtige Bedeutung zu, da diese Auffälligkeiten lange anhalten können
und meistens nicht nur vorübergehend auftreten (vgl. ebd. 162).
5.2.1 Absonderung
Sondert sich ein Kind von der Gruppe ab bzw. zieht es sich ständig zurück, dann grenzt sich
das Kind selbst von der sozialen Gemeinschaft aus (vgl. Ortner & Ortner 1995: 141). In der
Hortgruppe wären das beispielsweise Kinder, die bei der Hausübung immer alleine sitzen und
sich in der freien Spielzeit immer alleine in einem Raumteil beschäftigen, in dem keine
anderen Kinder spielen. Natürlich ist ein Kind, das sich hin und wieder alleine beschäftigt
nicht auffällig. Ein auffälliges Verhalten ist es dann, wenn sich ein Kind ständig und über
einen sehr langen Zeitraum immer wieder zurückzieht. Kinder, die sich absondern, brauchen
die besondere Aufmerksamkeit und Sensibilität der Hortpädagogen. Dadurch, dass es
meistens die lauten Kinder sind, die die Aufmerksamkeit bekommen, gehen die stillen und
rückgezogenen Kinder im Hortalltag sehr oft unter. Dem gilt es als Hortpädagogin
entgegenzuwirken, da die Ursachen von Absonderung sehr vielseitig sein können, wie die
makrosoziologischen und mikrosoziologischen Erklärungsdeterminanten gezeigt haben.
Eine Erkrankung, die Absonderung hervorrufen kann, ist die Depression: Sie ist, wie man aus
den unterschiedlichsten Medien und Fachzeitschriften hört, die Volkskrankheit Nummer 1
innerhalb der postmodernen Gesellschaft. Bei Kindern ist eine Depression relativ schwer
festzustellen, da ein untypisches Erscheinungsbild, das auf eine Depression hinweisen kann,
sehr oft auftritt. Mit steigendem Alter erhöht sich die Auftretungshäufigkeit und etwa ab dem
zwölften Lebensjahr treten die Symptome öfter auf und sind auch leichter zu bestimmen. Bei
jüngeren Kindern lassen sich Hinweise auf eine Depression im Spiel- und Essverhalten finden
(vgl. Fröhlich-Gildhoff 2007: 78 & 85).
5.2.2 Angst
Angst gehört zum Leben jedes Menschen dazu und ist ein Zeichen für etwas Unbekanntes,
das eine persönliche Herausforderung darstellt. Sie ist demnach ein „biologisches
Warnsystem, welches bei Gefahren aktiviert wird und dessen Folge eine Schutzreaktion ist“
(Fröhlich-Gildhoff 2007: 86). Das bedeutet, dass Angst ein chronischer Affektzustand ist, der
durch Furcht- und Schreckensgefühle geprägt ist. Die alltäglichen Gefahren der Natur, wovor
die Menschen lange Zeit Angst hatten, sind heute durch die Wissenschaft, den Fortschritt und
die Rationalisierung weitgehend aufgehoben, das heißt, die Realängste der Menschen wurden
durch die Wissenschaft minimiert. An ihre Stelle sind neue, soziale Ängste, wie
beispielsweise die vor Atomkriege oder vor der Umweltkrise getreten. Wissenschaftler
vermuten einen Zusammenhang zwischen fehlender ICH-Entwicklung und Angst, wobei
Angst entwicklungspsychologisch bedingt ist. Innerhalb der Prozesse der Sozialisation und
der Bildung der Persönlichkeit können Ängste entstehen, die über das „Normalmaß“
hinausreichen (vgl. Hillmann 2007: 28).
Wenn dies auftritt, dann wird die Angst des Kindes zu einer Verhaltensauffälligkeit. Hier sind
die Ängste nicht mehr vorübergehend, sondern problematisch. Ängste sind dann auffällig,
wenn sie realitätsfremd und übertrieben wirken, über lange Zeit aufrecht erhalten bleiben und
das Kind in seiner Entwicklung erheblich beeinträchtigen. Beispiele für solche Ängste sind
Trennungsangst, unterschiedliche Phobien oder Panikstörungen. Ängstliche Kinder haben
eine negative Einstellung und ein sehr geringes Selbstvertrauen (vgl. Fröhlich-Gildhoff 2007:
86ff. & 99). Tritt ein solches Erscheinungsbild bei einem Hortkind auf, braucht das Kind
neben der Aufmerksamkeit der Hortpädagogin unbedingt eine angemessene Betreuung und
Förderung, um die Ursachen der Angst bekämpfen zu können.
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5.2.3 Ess-Störungen
Innerhalb der Gruppe der Ess-Störungen unterscheidet man zwischen der Anorexie, der
Bulimie und Adipositas. Bei der Anorexie wird ein sehr extremer Gewichtsverlust
herbeigeführt und ein starkes Untergewicht wird gehalten. Die Bulimie ist gekennzeichnet
von Fress-Attacken und anschließendem Erbrechen. Unter Adipositas versteht man einen
Überschuss an Körperfett, der durch mangelhafte Ernährung und zu wenig Bewegung
hervorgerufen wird. Diese Ess-Störungen scheinen einerseits wie ein Suchtverhalten, sind
aber auf psychische Erkrankungen zurückzuführen. Diese Art von Auffälligkeiten kann durch
Ereignisse im Kindes- und Jugendalter begründet werden und treten häufig erst später auf.
Ursachen sind meistens soziale Faktoren, wie das gesellschaftliche Schlankheitsideal und eine
verstärkte Kontrolle des Essverhaltens, weil man andere Bereiche, wie beispielsweise
familiäre Probleme nicht kontrollieren kann, und dies durch die Esskontrolle kompensiert
(vgl. Fröhlich-Gildhoff 2007: 100ff. & 116).
5.2.4 Schüchternheit
Unter Schüchternheit versteht man die Hemmung in der sozialen Kontaktaufnahme zu
anderen Menschen bzw. zu anderen Kindern. Schüchterne Kinder gehen kaum auf andere zu,
sind scheu, ängstlich, reserviert oder verlegen. Schüchternheit kann in einem geringen Maß
auftreten, wie zum Beispiel nur bei erstmaliger Kontaktaufnahme mit anderen Kindern, oder
in hohem Maß, wenn die Schüchternheit Zeichen für eine krankhafte seelische Störung ist. Sie
steht in engem Zusammenhang mit der Gehemmtheit. Sehr oft liegen die Gründe für
Schüchternheit in Minderwertigkeitsgefühlen, die die unterschiedlichsten Ursachen haben
können (vgl. ebd. 144). Weitere Formen von internalisierenden Auffälligkeiten sind der
Mutismus und der Autismus, worauf hier aber nicht näher Bezug genommen werden soll.
Für das Kind selbst sind die internalisierenden Auffälligkeiten problematisch, weil sie sehr
häufig relativ spät erkannt werden. Der Grund dafür ist, dass solche Kinder nicht durch lautes,
störendes Verhalten auffallen, sondern wegen des Rückzugs von der sozialen Umwelt. Genau
wie die externalisierenden Auffälligkeiten treten die internalisierenden im Hortalltag auf und
stellen eine Herausforderung für die Hortpädagogin dar. Die verschiedenen
Erklärungsdeterminanten für die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten haben gezeigt,
dass sich abweichendes Verhalten nicht nur in Aggression, sondern auch im sozialen Rückzug
äußern kann.
6.1 Fragestellungen
Verhaltensauffälligkeiten im Kindesalter sind von verschiedenen Faktoren abhängig und nicht
jedes unangepasste Verhalten führt zwangsläufig zu einer Verhaltensabweichung. Demnach
soll herausgefunden werden, was wirklich eine Verhaltensauffälligkeit ist und welches
Verhalten abweichend oder konform ist. Im Zuge der Recherchen und der Literaturarbeit
konnte herausgefunden werden, dass eine Verhaltensauffälligkeit ein abweichendes Verhalten
ist, dass nicht vorübergehend ist, sondern die Entwicklung des Kindes über einen langen
Zeitraum negativ beeinflusst. Dieser Erklärung von konformem und abweichendem Verhalten
stimmten auch die befragten Hortpädagoginnen zu.
Neben diesem Diagnoseaspekt sollen besondere Schwierigkeiten mit aggressiven und
rückgezogenen Kindern in Hortgruppen herausgefunden und veranschaulicht werden. Beide
Gruppen von auffälligen Kindern, aggressive und zurückgezogene, stellen spezifische
Herausforderungen in den Hortgruppen dar.
Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit richtet sich demnach auf die sozialwissenschaftliche
Erklärung von Verhaltensauffälligkeiten und Ziel ist es, Probleme, die sich mit
Ein Fragebogen sollte von den Hortpädagoginnen über die verhaltensauffälligen Kinder ihrer
Hortgruppe ausgefüllt werden. Anhand dieses ersten Fragebogens sollte herausgefunden
werden, wie sich der Alltag mit verhaltensauffälligen Kindern in einer Gruppe gestaltet und
welche besonderen Schwierigkeiten auftreten können. Der erste Frageblock bezog sich auf
soziodemografische Variablen, im zweiten ging es konkret um das Verhalten des jeweiligen
Kindes, die Art der Verhaltensauffälligkeit und das Verhalten in unterschiedlichen Situationen
des Hortalltages. Der dritte Block bezog sich auf die Interventionen von Seiten der
Hortpädagoginnen und die Zusammenarbeit von Eltern des betroffenen Kindes und
Hortpädagoginnen.
Wie im Theorieteil erläutert wurde, gibt es sehr viele unterschiedliche Definitionen von
Verhaltensauffälligkeiten. In den letzten Jahren hat sich eine Definition in der Literatur und
unter Experten durchgesetzt, dennoch konnte ich in der empirischen Untersuchung nicht
davon ausgehen, dass Verhaltensauffälligkeiten von allen Hortpädagoginnen gleich definiert
werden. Deshalb gab ich bei dem Fragebogen für die auffälligen Kinder folgende Definition
für die Auswahl der Kinder an:
Weiters sprach ich mit den Hortleiterinnen und Hortpädagoginnen persönlich, wodurch es
möglich war, das Thema „Verhaltensauffälligkeiten“ genauer zu diskutieren und zu erklären,
wie ich zu dieser Definition gekommen bin, sowie die Meinung der Hortpädagoginnen zu
diesem Thema einzuholen. Die Gespräche mit den Hortpädagoginnen gestalteten sich sehr
angenehm und schon innerhalb der ersten paar Gespräche wurde klar, dass die Mehrheit der
Pädagoginnen dieser Definition zustimmen. Im Gegensatz zu anderen Definitionen von
Verhaltensauffälligkeiten bezieht diese als abweichendes Verhalten alle Dimensionen mit ein:
das Kind selbst, die Pädagoginnen, die Einflüsse der sozialen Umwelt, sowie die Interaktion
von Kind und sozialer Umwelt.
Um die Ergebnisse des ersten Fragebogens für verhaltensauffällige Kinder genauer darstellen
zu können, war es notwendig, abweichende Kinder und konforme Kinder gegenüber zu
stellen. Deshalb wurde ein zweiter Fragebogen für unauffällige Kinder entwickelt. Dieser war
ähnlich aufgebaut wie der erste: der erste Frageblock bezog sich auf soziodemografische
Variablen des Kindes, der zweite behandelte wiederum das Verhalten des Kindes, wobei hier
nicht nach Art und Äußerung der Auffälligkeit gefragt wurde, sondern nach der Entwicklung
der sozialen Kompetenz des Kindes, nach dem sozialen Verhalten innerhalb der Gruppe, nach
eventuellen Problemen, die auch mit unauffälligen Kindern auftreten können und danach, ob
das Kind in die Hortgruppe integriert ist. Das Verhalten des Kindes in verschiedenen
Situationen des Hortalltages wurde auch bei den unauffälligen Kindern nachgefragt. Der dritte
Frageblock wurde analog dem dritten Frageblock des Fragebogens für verhaltensauffällige
Kinder gestaltet.
Damit eine Zufallsauswahl der unauffälligen Kinder gewährleistet werden konnte, bat ich die
Hortpädagoginnen, die ersten zwei nicht auffälligen Kinder des Alphabets der jeweiligen
Hortgruppe zu wählen.
Der erste und zweite Fragebogen, das heißt, der Fragebogen für verhaltensauffällige Kinder
und der Fragebogen für unauffällige Kinder, wurden von den Hortpädagoginnen über die
Die Auswertung der quantitativen Daten erfolgte mittels der Statistik-Software SPSS. Die
Fragebögen wurden codiert und in zwei Datensätzen eingegeben. Die Daten des ersten
Datensatzes stammten einerseits aus den Fragebögen der verhaltensauffälligen Kinder und
andererseits aus den Fragebögen der unauffälligen Kinder. Der zweite Datensatz wurde
mithilfe der Daten des Pädagoginnenfragebogens erstellt.1
1
Alle drei Fragebögen sind im Anhang zu finden.
6.5.1 Interview
Wie anfangs schon erwähnt wurde, dienten die Interviews mit den Hortpädagoginnen dazu,
Details zu den Fragebogenergebnissen zu erfahren und bei eventuellen Unklarheiten
nachzufragen. Natürlich musste bei der Auswahl der Interviewpartner auch die Bereitschaft
von Seiten der Hortpädagoginnen für ein Interview berücksichtigt werden. Nach einer ersten
Durchsicht der Ergebnisse der Fragebögen, erschien es sinnvoll, erzählgenerierende Fragen
für ein narratives Interview auszuarbeiten. Schon in den ersten Gesprächen mit den
Hortpädagoginnen erkannte ich die Bereitschaft, viel von ihren bisherigen Erfahrungen und
Erlebnissen, die sie während ihrer Tätigkeit als Hortpädagoginnen gesammelt haben, zu
erzählen. Deshalb entschied ich mich bei den Interviews auch dafür, diese Erzählbereitschaft
zu nutzen um die Fragebogenergebnisse vertiefen zu könnten.
Die erzählgenerierenden Fragen bezogen sich einerseits auf das Verhalten der auffälligen
Kinder und andererseits auf die Kooperation mit den Eltern dieser Kinder und dem Amt für
Jugend und Familie. Es sollte dadurch beispielsweise herausgefunden werden, wo die
Hauptschwierigkeiten mit auffälligen Kindern liegen, welche Interventionen notwendig sind,
um die Situation mit abweichenden Kindern in den Gruppen zu verbessern und welche
Zusatzausbildungen hilfreich sein können.
Die Interviews wurden im Rahmen der teilnehmenden Beobachtung durchgeführt, wobei das
Hauptinterview vor Beginn dieser stattfand. Bevor die Kinder nach der Schule in den Hort
kamen, war es möglich mit den Hortpädagoginnen in Ruhe zu sprechen und das narrative
Interview zu führen. Während der teilnehmenden Beobachtung wurden weitere Details und
nähere Informationen, die situationsbedingt auftraten, nachgefragt. Die narrativen Interviews
dauerten im Schnitt etwa eine Stunde und größtenteils waren die Hortpädagoginnen mit einer
Tonbandaufnahme einverstanden. Alle Interviews wurden inhaltlich transkribiert und nach
den vorgestellten Themen, in Anlehnung an die quantitative Untersuchung, kodiert.
Für die teilnehmende Beobachtung erstellte ich einen Beobachtungsbogen, der in Anlehnung
an die quantitative Untersuchung kodiert wurde. Die Auswahl der Menge der Interviews und
der damit verbundenen teilnehmenden Beobachtungen ließ ich zunächst offen. Es sollten so
viele Interviews und Beobachtungen durchgeführt werden, bis ich nichts mehr Neues erfahren
konnte. Rückblickend stellte sich heraus, dass die Fragebögen selbst schon sehr detailliert
ausgefüllt wurden und viele vertiefende Informationen enthielten. Insgesamt führte ich
letztendlich fünf Interviews mit Hortpädagoginnen und fünf teilnehmende Beobachtungen in
den jeweiligen Hortgruppen durch. Beim vierten und fünften Interview, sowie bei der vierten
und fünften Beobachtung konnte ich keine neuen Informationen mehr gewinnen und
entschloss deshalb, meine Datenerhebung an diesem Punkt zu beenden. Die folgenden Kapitel
zeigen das Ergebnis der Auswertung der Daten aus den Fragebögen, Interviews und
Beobachtungen.
Auffällig
Unauffällig
49%
51%
N=172
Wie die Hortpädagoginnen im Interview erwähnten und bei den Beobachtungen zu sehen war,
sind es in den einzelnen Hortgruppen nicht nur ein oder zwei verhaltensauffällige Kinder,
sondern viel mehr. Natürlich ist nicht jedes abweichende Kind gleich schwierig, sondern es
gibt immer „Spezialkandidaten“ (vgl. Interviews), die in der Gruppe hervorstechen. Die
Hortpädagoginnen haben auch diese „Spezialkandidaten“ für die Fragebogenuntersuchung
gewählt.
Die betroffenen Kinder sind zwischen sechs und fünfzehn Jahren alt und besuchen eine
Grazer Volksschule bzw. Hauptschule, Grafik 2 zeigt die Altersverteilung der Kinder.
20
Alter der Kinder (in %)
15
10
5
N=172
0
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Die Fragebogenerhebungen und Beobachtungen in den Gruppen ergaben, dass die einzelnen
Hortgruppen sehr altersgemischt sind, das heißt, teilweise sind Kinder von sechs bis fünfzehn
Jahren in der Gruppe vertreten. Es konnte aber beobachtet werden, dass dies kein Problem
darstellt, denn die älteren Kinder, meistens diejenigen, die schon die Hauptschule besuchen,
arbeiten während der Lernstunde2 sehr selbstständig und entlasten somit die Hortpädagogin,
die in der Zwischenzeit jüngeren Kindern Hilfestellungen leisten kann. Gleiches wurde von
den Pädagoginnen berichtet.
2
Die Zeit, die die Kinder im Hort nützen um ihre Hausübungen zu erledigen.
3
Gegen die Umwelt gerichtete abweichende Verhaltensweisen
4
Abweichende Verhaltensweisen, die vom sozialem Rückzug gekennzeichnet sind
Internalisierende Formen
Das Kind ist oft gehemmt 16,5%
Das Kind hat Essattacken 8,2%
Das Kind zieht sich zurück und beschäftigt sich am liebsten
14,1%
alleine
Das Kind geht nicht von alleine auf andere Kinder zu 10,6%
Das Kind kommuniziert kaum oder nicht mit anderen
11,8%
Kindern/Pädagogen
Das Kind ist in größeren Gruppen gehemmt 18,8%
Das Kind ist überangepasst 7,1%
Das Kind weint 11,8%
Bei 49 der insgesamt 85 verhaltensauffälligen Kindern handelt es sich nach Einschätzung der
Hortpädagoginnen vorwiegend um externalisierende Formen der Abweichung, bei 15 Kindern
handelt es sich vorwiegend um internalisierende Formen. Bei 21 Kindern können sowohl
externalisierende als auch internalisierende Formen festgestellt werden.
Die Hortpädagoginnen kreuzten in den Fragebögen für abweichende Kinder die Merkmale an,
die auf das jeweilige Kind zutrafen, das heißt, ein Kind wies in vielen Fällen nicht nur ein
Merkmal von Abweichungen auf, sondern mehrere.
Internalisierende Formen
Ein Merkmal 14 8,1
Zwei Merkmale 6 3,5
Drei Merkmale 10 5,8
Vier Merkmale 4 2,3
Sechs Merkmale 2 1,2
Gesamt 36 Nennungen 20,9%
Tabelle 2 zeigt, dass bei den externalisierenden Formen sieben Mal nur ein Merkmal, eben
sogar sechs Merkmale angekreuzt wurden. Der Großteil der auffälligen Kindern weist
mehrere Merkmale auf. Lediglich 21 (sieben Kinder mit externalisierenden Formen und 14
Kinder mit internalisierenden Formen) weisen jeweils nur ein Merkmal von einer bestimmten
Abweichung auf. Dieses Ergebnis legt nahe, dass ein abweichendes Verhalten von
unterschiedlichsten Merkmalen geprägt ist und sich nicht nur in einem, sondern
verschiedenen Verhaltensweisen äußert.
5
Offenes System im Hortalltag: Kinder entscheiden selbst, wann sie zum Essen oder zur Jause gehen oder mit
den Hausübungen beginnen. Für das Essen gibt es beispielsweise einen Zeitraum von zwei Stunden und die
Hausübungen müssen auch zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sein. Wer mit der Hausübung fertig ist, darf
spielen oder auch in den Garten gehen.
Als Gründe, warum unauffällige Kinder keine altersgerechte soziale Kompetenz (6,9%)
besitzen, wurden von den Hortpädagoginnen genannt, dass diese Kinder sehr unsicher,
egoistisch, fordernd oder selbstsüchtig sind. Diese Kinder sind sehr verwöhnt oder generell
ein Einzelgänger ist. Weiters wurde von den Hortpädagoginnen in den Fragebögen
angegeben, dass unauffällige Kinder nicht auf auffällige Kinder zugehen (25,9%), weil sie
Angst haben, eher verschlossen sind, sich im Hintergrund halten und ebenso sprachliche
Barrieren beispielsweise aufgrund von Migrationshintergründen bestehen.
Die Probleme, die auch mit unauffälligen Kindern innerhalb einer Hortgruppe auftreten
können, reichen von kleinen Raufereien, dem Benutzen von Schimpfwörtern, pubertären
Problemen bis hin zu Autoritätsauseinandersetzungen. Obwohl hier im Gegensatz zu den
auffälligen Kindern vergleichsweise nur 27,6% schon einmal ein Problem verursacht haben,
kann dennoch nicht davon ausgegangen werden, dass unauffällige Kinder immer problemlos
sind. Kleine Konflikte im Alltag oder typische Auseinandersetzungen mit anderen Kindern
treten auch bei Kindern ohne Verhaltensauffälligkeiten auf, wie die Ergebnisse zeigen.
Tabelle 5: Zusätzliche Informationen zum Verhalten der Kinder innerhalb der Hortgruppe
Abweichende Kinder
(1) Maßnahmen im Hort bzw. in der Hortarbeit
Hortpädagogin ist sehr konsequent
Verstärkte Zuwendung und Aufmerksamkeit
Das Kind wird angenommen wie es ist
Dem Kind wird Raum zum Rückzug geschaffen
Kind wird in seinem Selbstwert gestärkt
Kind bekommt Lernhilfe und sprachliche Unterstützung
Kind wird von der Gruppe getrennt um andere Kinder zu schützen
Kind wird bei wilderen Spielen ausgeschlossen
Kind bekommt Auszeiten und Einzelbetreuung
Belohnungssystem für die gesamte Gruppe (positiver Ehrgeiz unter den Kindern steigt)
Interesse an Spielen und anderen Kindern wird versucht zu wecken
Kind wird oft gelobt und bestärkt
Kind bekommt verstärkte Zuwendung und Aufmerksamkeit
Ruhiges und gezielten Aussprechen
Einsatz von Stilleübungen
(2) Zusätzliche Maßnahmen zur Hortarbeit
Kind wird von den Eltern abgeholt, wenn Verhalten zu gefährlich wird
Vertrauensbasis zu Erziehungshelfer
Zusätzliche Betreuung durch Psychologen
Zusätzliche Lernbetreuung
Vernetzungsangebote (Eltern, Schule, Hort)
Zusammenarbeit mit Schule
Zusammenarbeit mit zuständigen Sozialarbeiter
Gemeinsame Basis mit Eltern
Beratungslehrerin in Schule
Tabelle 7 gibt Aufschluss darüber, wie (1) die Beziehung zwischen Hort und Elternhaus bei
verhaltenskonformen Kindern aussieht und (2) welche Beziehung zwischen Kind und Eltern
herrscht, bzw. welche besonderen Anforderungen Eltern an ihre Kinder haben. Diese
zusätzlichen Informationen wurden wiederum von den Hortpädagoginnen in den Fragebögen
genannt und zeigen, dass auch die Beziehung zwischen Hort und Eltern, sowie zwischen
Eltern und Kindern problematisch sein kann, wenn das Kind kein abweichendes Verhalten
aufzeigt. Die Studie ergab, dass Migrationshintergründe oder zu hohe Anforderungen der
Eltern auch bei konformen Kindern eine Rolle spielen, was bedeutet, dass bestimmte
problematische Umstände in den Familien nicht immer negative Auswirkungen auf das
Verhalten des Kindes zur Folge haben.
50
45
40
35
30 Integration der auffälligen Kinder in
25 der Hortgruppe (in %)
20
15
10
5
n=85
0 100%
teilweise integriert nicht integriert integriert
Die Reaktion der gesamten Gruppe auf verhaltensauffällige Kinder ist zu 72,9%
situationsabhängig. Das bedeutet, dass grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass
verhaltensauffällige Kinder von anderen Kindern akzeptiert und integriert werden, wie die
Prozentwerte bei der Integration der abweichenden Kinder auch bestätigen (vgl. Grafik 3).
Dennoch reagiert die Gruppe auf das auffällige Verhalten einzelner Kinder, das heißt, die
Gruppe kontert grundsätzlich positiv, in Konfliktsituationen oder bei besonderen Vorfällen ist
eine positive oder negative Reaktion auf das abweichende Kind aber situationsabhängig.
Beobachtungen in den Gruppen haben ergeben, dass die auffälligen Kinder voll in das
Gruppengefüge eingebaut sind, mit den anderen Kindern mitspielen und nicht ausgegrenzt
werden. An den Tagen der teilnehmenden Beobachtungen traten zwar keine gefährlichen
Konfliktsituationen auf, doch erzählten die Hortpädagoginnen in den Interviews, dass die
Kinder gefährliche Situationen sofort erkennen und sich dann beispielsweise von den
aggressiven Kindern fernhalten oder entfernen. In solchen Situationen kann es längere Zeit
dauern, bis das aggressive Kind sich einerseits wieder beruhigt hat und die Gruppe
andererseits das aggressive Kind wieder annimmt.
Bei zurückgezogenen oder gehemmten auffälligen Kindern war zu beobachten, dass die
Gruppe sehr sensibel und fürsorglich auf diese Kinder zugeht. Kinder mit internalisierenden
Auffälligkeiten werden ganz selbstverständlich in den Hortalltag einbezogen und in jedes
Spiel eingebaut, beziehungsweise für alle Arten von Aktivitäten motiviert.
schlecht/nicht
37% Vorhanden
n=85
63%
Problem ist
bewusst
56%
n=85
Ist den Eltern das Problem ihres Kindes nicht bewusst, dann leidet darunter auch die
Kooperation zwischen Hortpädagogin und Eltern. Die Gründe dafür können sehr vielfältig
sein und reichen von Ignoranz bis hin zur Überforderung der Eltern. Für die
Hortpädagoginnen ist es in vielen Fällen schwierig auf das abweichende Kind adäquat zu
reagieren, wenn die Eltern das Problem ignorieren, überfordert sind oder die Meinung der
Hortpädagogin „ins Lächerliche“ ziehen. Aus den Interviews ging hervor, dass viele dieser
Unstimmigkeiten und Verständnisprobleme aufgrund unterschiedlicher Muttersprachen
entstehen (vgl. 2.5.1).
Im Gegensatz dazu gibt es aber Eltern, die sehr offen mit dem Problem ihres Kindes
umgehen, um Rat fragen und von sich aus oft das Gespräch mit der Hortpädagogin suchen. So
wurden gemeinsam Strategien ausgearbeitet, damit das Kind zu Hause und im Hort die
gleichen Regeln und Grenzen erfährt. Beispielsweise berichtete eine Hortpädagogin, dass es
mit einem sehr aggressiv abweichenden Kind spezielle Regelungen in Bezug auf die
Abholzeiten gab. Dies bedeutete, wenn das Kind nicht mehr zu beruhigen war und es dem
Kind sichtlich zu viel in der Gruppe wurde, dass es von der Mutter abgeholt wurde. Diese
Regelung funktionierte sehr gut und musste am Ende des Hortjahres, im Gegensatz zum
Beginn, nur mehr relativ selten eingesetzt werden.
Die Gründe, warum keine gute Gesprächsbasis mit den Eltern der auffälligen Kinder besteht
sind vielfältiger. Oft verweigern die Eltern die Kommunikation, sind überfordert oder
ignorieren das Problem. Sie interpretieren Hilfestellungen falsch oder verharmlosen das
Fehlverhalten ihres Kindes. Nicht selten verteidigen die Eltern das abweichende Verhalten
ihres Kindes, nehmen ihre Kinder in Schutz und bestärken dadurch das nonkonforme
Verhalten ihrer Kinder. Ein weiterer Grund, warum die Kommunikation mit den Eltern
fehlschlägt, ist das geringe Sprachverständnis aufgrund einer anderen Muttersprache. Darüber
hinaus kann zu den Eltern keine Beziehung aufgebaut werden, wenn diese zu selten in den
Hort kommen und dadurch nicht präsent sind.
Die Interaktion von Hortpädagoginnen und Eltern konnte während der Besuche im Hort nicht
beobachtet werden. Aus den Interviews gingen aber die gleichen Begründungen, die schon in
den Fragebögen ergänzt wurden, hervor, warum keine gute Gesprächsbasis mit den Eltern
besteht.
Bekannt
Unbekannt
33%
n=85
67%
Bei 67% der untersuchten auffälligen Kinder sind die Gründe für das abweichende Verhalten
bekannt. Diese Gründe reichen von einer stark laissez-fairen Erziehungshaltung bis hin zu
einer extrem autoritären Erziehungshaltung der Eltern, sowie von Einflüssen der sozialen
Umwelt des Kindes. Tabelle 8 ordnet die Gründe einerseits (1) ausgehend von Familie und
Elternhaus und andererseits (2) ausgehend von physischen oder psychischen Erkrankungen,
die aufgrund medizinischer Ursachen oder traumatischer Ereignisse hervorgerufen wurden.
Nach Meinung der Hortpädagoginnen sind folgende Gründe für die Verhaltensauffälligkeiten
der Kinder verantwortlich, die sie zusätzlich in den Fragebögen angeführt haben.
Tabelle 8 zeigt, dass der Großteil der genannten Gründe vom Elternhaus bzw. der Familien
der Kinder ausgeht und viele der physischen und psychischen Erkrankungen auch Ursachen
haben, die im Elternhaus bzw. in der Familie der Kinder zu finden sind. Exemplarisch kann
das geringe Selbstwertgefühl oder die Unsicherheit des Kindes durch Vernachlässigung der
Eltern hervorgerufen werden. Die von den Hortpädagoginnen angeführten Gründe für
Verhaltensabweichungen sind sehr unterschiedlich und sie sind auch in den Gründen und
Ursachen des theoretischen Abschnittes wiederzufinden. Einflüsse des Elternhauses und der
gesamten sozialen Umwelt des Kindes spielen bei der Entstehung von abweichendem
Verhalten eine bedeutende Rolle, wie das empirische Ergebnis (vgl. Tabelle 8) für die
Bei der Auswertung der Daten stach hervor, dass Buben häufiger auffällig sind als Mädchen
(Korrelation: .284), wie auch aus Tabelle 9 zu entnehmen ist. Wobei zu erwähnen ist, dass bei
Grundsätzlich kann an dieser Stelle ergänzt werden, dass verhaltensauffällige Kinder häufiger
ermahnt werden als nicht auffällige Kinder (Korrelation: .584) und dass mit
verhaltensauffälligen Kindern häufiger Einzelgespräche geführt werden (Korrelation: .231).
Dies konnte im Rahmen der teilnehmenden Beobachtung festgestellt werden. Besonders
Kinder mit externalisierenden Auffälligkeiten müssen aufgrund ihres hervorstechenden
Verhaltens häufiger ermahnt werden. Hier helfen oft Einzelgespräche, um diese Kinder
wieder zu beruhigen und sie auf ihr unangepasstes Verhalten aufmerksam zu machen.
Aus Tabelle 10 ist zu entnehmen, dass anhand der Kennwerte (-2 Log-Likelihood, Cox &
Snell R-Quadrat, Nagelkerkes R-Quadrat und Hosmer-Lemeshow-Test) der Gesamtfit dieses
Modells und somit auch das Modell selbst als gut einzustufen sind.
Die Odd´s Ratio, das Verhältnis der Wahrscheinlich zu dessen Gegenwahrscheinlichkeit, bei
der Variable Geschlecht zeigt, dass bei Buben die Wahrscheinlichkeit knapp fünfmal größer
ist, externalisierende Formen von abweichendem Verhalten aufzuzeigen als bei Mädchen
(Signifikanz: .000; Exp(B): .210). Kinder, die nicht bei beiden Elternteilen aufwachsen, haben
eine höhere Wahrscheinlichkeit zu einer externalisierenden Form von Verhaltensauffälligkeit
als Kinder, die bei beiden Elternteilen aufwachsen (Signifikanz: .002; Exp(B): 2.839). Weiters
ist im Modell 1 zu erkennen, dass bei Kindern, die täglich längere Zeit im Hort sind, eine
externalisierende Form von abweichendem Verhalten 1,4-mal wahrscheinlicher ist, als bei
Kindern, die früher vom Hort abgeholt werden (Signifikanz: .067; Exp(B): 1.457). Darüber
Wie vorherige Darstellungen schon gezeigt haben, sind externalisierende Formen von
abweichendem Verhalten bei Buben häufiger. Raufereien, aggressive Handlungen und verbale
Auseinandersetzungen treten häufiger bei Buben als bei Mädchen auf. Die Wohnverhältnisse
spielen bei diesem Modell eine wichtige Rolle: Scheidungen oder Trennungen der Eltern
können dazu beitragen, dass Kinder eine externalisierende Form von abweichendem
Verhalten aufzeigen. Die Gründe, warum die Beziehung zu den Eltern schwieriger ist, sind
vielfältig. Sie reichen von Kommunikationsproblemen bis hin zu Unverständnis und
Ablehnung von Seiten der Eltern.
Hinzu kommt bei diesem Modell, dass die tägliche Aufenthaltsdauer im Hort eine Rolle
spielt. Die Wahrscheinlichkeit einer externalisierenden Form von abweichendem Verhalten ist
bei Kindern, die bis spät am Nachmittag im Hort sind, höher (vgl. Tabelle 10). Dies kann
daran liegen, dass diese Kinder ständig von einer Vielzahl von Kindern umgeben sind, nur
wenig Rückzugsmöglichkeiten haben und ihre Überforderung mit dem Lärm und den vielen
Kindern möglicherweise in aggressivem oder lautem Verhalten Luft machen.
Aus Tabelle 11 ist zu entnehmen, dass anhand der Kennwerte (-2 Log-Likelihood, Cox &
Snell R-Quadrat, Nagelkerkes R-Quadrat und Hosmer-Lemeshow-Test) der Gesamtfit dieses
Modells und somit auch das Modell selbst als gut einzustufen sind.
Im Gegensatz zu Modell 1 ist hier nur die Variable Wohnverhältnisse signifikant, das
bedeutet, dass bei Kindern, die nicht bei beiden Elternteilen aufwachsen die
Wahrscheinlichkeit zu einer internalisierenden Form von Abweichung 1,7-mal höher ist als
bei Kindern, die bei beiden Elternteilen aufwachsen (Signifikant: .043; Exp(B): 1.724). Diese
Wahrscheinlichkeit ist geringer als bei Kindern mit externalisierenden Auffälligkeiten (vgl.
Tabelle 10).
Alle anderen Variablen zeigten in der Berechnung keine signifikanten Werte und sind daher
in der Interpretation nicht aussagekräftig. Daraus kann geschlossen werden, dass
internalisierende Formen von Verhaltensabweichungen, im Gegensatz zu externalisierenden
Formen von Abweichungen, weitgehend unabhängig von Geschlecht, täglicher
Aufenthaltsdauer im Hort und der Qualität der Beziehung zwischen Hortpädagogin, Kind und
Eltern auftreten können.
Aus Tabelle 12 ist zu entnehmen, dass anhand der Kennwerte (-2 Log-Likelihood, Cox &
Snell R-Quadrat, Nagelkerkes R-Quadrat und Hosmer-Lemeshow-Test) der Gesamtfit dieses
Modells und somit auch das Modell selbst als gut einzustufen sind.
45
40 Alter der Hortpädagoginnen (in %)
35
30
25
20
15
10
5 N=44
0
100%
21-30 Jahre 31-40 Jahre 41-50 Jahre 51-59 Jahre
Aus Grafik 7 ist zu entnehmen, dass knapp über 40% der Hortpädagoginnen zwischen 41 und
50 Jahren alt sind. Die Altersgruppe der 31 bis 40-Jährigen, sowie der 51 bis 59-Jährigen ist
gleich groß. 16% der Hortpädagoginnen sind zwischen 21 und 30 Jahren alt, wovon 14%
maximal 25 Jahre alt sind. Über die Verteilung des Geschlechts, soll folgende Grafik
Aufschluss geben.
weiblich
7%
männlich
N=44
93%
Eine weitere Frage richtete sich nach den bisherigen Dienstjahren der Hortpädagoginnen.
Etwa ein Zehntel der befragten Personen arbeitet seit ein bis fünf Jahren als Hortpädagogin.
Diese Personen fallen auch in die jüngste Altersgruppe. Den größten Anteil haben jene
befragten Personen, die 26-38 Dienstjahre als Hortpädagogin tätig sind. Berücksichtigt man,
dass mehr als 60% der befragten Hortpädagoginnen über 41 Jahre alt sind (vgl. Grafik 7),
dann ist dieses Ergebnis der Dienstjahre auch nicht verwunderlich. Weiters ist aus Grafik 9 zu
entnehmen, dass knapp ein Drittel der befragten Hortpädagoginnen schon seit 16-25 Jahren
ihren Beruf ausüben.
40
35
30
25 Dienstjahre der Hortpädagoginnen
(in %)
20
15
10
5 N=44
0 100%
1-5 Jahre 6-15 Jahre 16-25 Jahre 26-38 Jahre
Die interviewten Hortpädagoginnen berichteten alle, dass die lange Erfahrung im Beruf sehr
hilfreich bei der Arbeit mit verhaltensauffälligen Kindern ist. Durch die jahrelange Ausübung
dieses Berufs wurden einige schwierige Situationen kennengelernt, von denen die
Hortpädagoginnen in weiterer Folge nur profitieren konnten. Der Umgang mit den Eltern
gestaltet sich einfacher, da man schon gefasst ist, wenn die Eltern beispielsweise die Arbeit
der Hortpädagogin ins Lächerliche ziehen oder das Problem ihres Kindes ignorieren. Wie in
jedem Beruf sind auch in dem der Hortpädagogin die Erfahrungen mit verhaltensauffälligen
Kindern, essentiell für die Arbeit (vgl. Interviews).
65
60 Ausbildung der Hortpädagoginnen
55
50 (in %)
45
40
35
30
25
20
15 N=44
10
5 100%
0
BAKIP mit HP Kolleg für Haubschullehrer Sonstige BAKIP
Sozialpädagogik
Unter sonstige Ausbildungen fallen die Ausbildung zum Sondererzieher, das Bundesinstitut
für Heimerziehung und der Fachlehrer für berufsbildende Schulen.
Genauso unterschiedlich, wie die Grundausbildungen der Hortpädagoginnen, sind auch deren
Zusatzausbildungen. Grafik 11 gibt Aufschluss darüber, wie viele der befragten Personen eine
Zusatzausbildung absolviert haben.
Keine Zusatzausbildung
Zusatzausbildung
32%
N=44
68%
Die verbleibenden 24,9% haben im Fragebogen das Feld „Sonstiges“ angekreuzt und
Folgendes angeführt: Die Verhaltensauffälligkeit ist vom Elternpaar und Elternhaus abhängig,
sowie von der Einstellung und Inkonsequenz der Erziehungsberechtigten. Weiters kann eine
Verhaltensstörung durch organische oder psychische Erkrankungen hervorgerufen werden
und ist eine Summe aus Erziehung, Umwelt und sozialer Situation der Familie. Darüber
hinaus spielt die Lebensgeschichte der Kinder, der Pädagogen und die gesamte
Lebenssituation aller involvierten Personen eine wichtige Rolle. Wenn sich Kinder nicht
angenommen fühlen und unter familiären Belastungen stehen, wie beispielsweise Scheidung,
Gewalt oder Vernachlässigung, dann kann es zu einem abweichenden Verhalten beim Kind
kommen.
Aus den Interviews ging hervor, dass besonders die familiären Verhältnisse der Kinder sehr
schwierig sind. Scheidungen, Sorgerechtsstreitigkeiten, Missbrauch, kriminelle Elternteile
und das Desinteresse der Eltern beeinflussen sehr stark die Auffälligkeit des Kindes bzw.
rufen eine Abweichung hervor. Dazu kommen teilweise traumatische Fluchterlebnisse aus
dem Heimatland oder andere Familientragödien, die die Kinder sehr stark belasten. Die
Hortpädagoginnen sind grundsätzlich sehr gut über die Situationen der Familien informiert,
auch über die Familiensituationen der abweichenden Kinder. Dadurch, dass die Kinder schon
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass viele Verhaltensauffälligkeiten durch
kulturell unterschiedliche Prägungen und Migrationshintergründe beeinflusst werden. Durch
die diversen kulturellen Eigenschaften lernen die Kinder andere Umgangsformen kennen und
Gewalt wird teilweise als selbstverständlich angesehen. In den von mir besuchten Horten
waren mehr als die Hälfte der Kinder von einem Migrationshintergrund geprägt. Dadurch war
es in den Gruppen schon von Natur aus lauter, es herrschten andere Umgangsformen und viel
regere und stimmlich lautere Gespräche, als in Gruppen mit einem geringen Ausländeranteil.
Fast alle dieser Kinder sind zwar in Österreich geboren und haben daher auch die
österreichische Staatsbürgerschaft, werden aber dennoch von einer anderen Kultur und daher
auch von anderen Bräuchen, Sitten und Umgangsformen in ihrem Aufwachsen beeinflusst.
Die Hortpädagoginnen berichteten in den Interviews, dass es aufgrund kultureller
Unterschiede sehr oft schwierig ist Interventionen zu setzen und wegen sprachlicher
Differenzen Elterngespräche oft missverständlich verlaufen. Durch diese Schwierigkeiten
können bei den Kindern Verhaltensauffälligkeiten hervorgerufen bzw. verstärkt werden. Die
Hortpädagoginnen bestätigten weiters die Annahme, dass nahezu alle Kinder von Familien
mit einem Migrationshintergrund, durch traumatische Flüchtlingserlebnisse, Gewalt in der
Familie, finanzielle Sorgen oder Kampf um Asyl, zusätzlich bei der Integration in eine neue
Kultur belastet werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Großteil der befragten Personen eine
Verhaltensstörung als abweichendes Verhalten definiert, das von den unterschiedlichsten
Faktoren und Personen beeinflusst wird. Wie im theoretischen Teil beschrieben wurde,
bezieht die Definition von abweichendem Verhalten Familie, Institutionen, Umwelt und Kind
mit ein. Die angeführten sonstigen Ursachen für Verhaltensauffälligkeiten sind zur Definition
von abweichendem Verhalten hinzuzuziehen. Dies führt zu dem Ergebnis, dass insgesamt
95,4% der befragten Hortpädagoginnen der Definition zustimmen, dass das auffällige
Weiters wurden die Hortpädagoginnen gefragt, wie sie das Verhalten der auffälligen Kinder
innerhalb der Gruppe wahrnehmen. Tabelle 14 zeigt das Ergebnis.
Tabelle 14: Wie das Verhalten auffälliger Kinder innerhalb der Hortgruppe gesehen wird
Nahezu 100% der befragten Hortpädagoginnen stimmen zu, dass verhaltensauffällige Kinder
klare Grenzen brauchen, aber dass sie sich dennoch verstanden fühlen müssen. Hinzugefügt
wurde von den Hortpädagoginnen in den Fragebögen, dass es auch auf die Zusammensetzung
der Gruppe ankommt, wie schlimm oder weniger schlimm das Verhalten der auffälligen
Kinder wahrgenommen wird. Weiters wurde angegeben, dass sofortige Gespräche oder
Auszeiten6 für das abweichende Kind hilfreich sind, um Konfliktsituationen zu lösen und die
Gruppe nicht unnötig zu belasten.
In den Interviews berichteten die Hortpädagoginnen, dass auffällige Kinder sehr viel mehr
Zuneigung und Aufmerksamkeit brauchen, als unauffällige Kinder. Darüber hinaus sind klare
Strukturen, Regeln und Grenzen für verhaltensabweichende Kinder wichtig, damit sie in ihrer
Persönlichkeit gestärkt werden und Sicherheit im Tagesablauf gewinnen können. Besonders
Kinder mit externalisierenden Auffälligkeiten brauchen klare Strukturen, damit sie Wege
finden, ihre Aggressionen anders abzubauen als mittels Gewalt und Raufereien.
6
Zeitraum, in dem sich das Kind zurückziehen und beruhigen kann
Arbeit mit
Alternativpädagogischer
Hortarbeit generell verhaltensauffälligen
Ansatz
Kinder
Montessoripädagogik7 65,9% 18,2%
Waldorfpädagogik8 4,5% 2,3%
Erlebnispädagogik9 18,2% 15,9%
Gestaltpädagogik10 11,4% 0%
Spielpädagogik11 34,1% 15,9%
Entwicklungspädagogik12 20,5% 15,9%
Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem Montessoripädagogik, gefolgt von Spiel- und
Entwicklungspädagogik, sowie Erlebnispädagogik, sehr oft in die Hortarbeit eingebaut
werden und auch speziell bei Kindern mit abweichendem Verhalten angewendet werden.
Weiters werden von den Hortpädagoginnen Mototherapie, tiergestützte Pädagogik, Wald- und
Naturpädagogik und Kinesiologie in die Hortarbeit bzw. in die Arbeit mit
verhaltensauffälligen Kindern eingebracht, wie die Hortpädagoginnen in den Fragebögen
ergänzten.
7
Ansatz nach Maria Montessori: Kind wird Hilfe geboten um Handlungen selbstständig ausführen zu können
(vgl. http://www.montessori.de/. Zugriffsdatum: 23.08.2009)
8
Begründet durch Rudolfs Steiner: Spirituelle und ganzheitlicher Ansatz; Individualität steht im Mittelpunkt
(vgl. http://www.waldorfschule.info/. Zugriffsdatum: 23.08.2009)
9
Durch Gruppenspiele in der freien Natur soll die Persönlichkeit und soziale Kompetenz des Kindes entwickelt
und positiv beeinflusst werden (vgl. http://www.erlebnispaedagogik.de/; Zugriffsdatum: 23.08.2009)
10
Konzepte und Grundlagen stammen aus Gestalttherapie; ganzheitliches Lernen soll gefördert werden; (vgl.
http://www.gestaltpaedagogik.at/Gestaltpaedergogik.html. Zugriffsdatum: 23.08.2009)
11
Lernen durch Spielen; spielerische Elemente werden in der sozialen Arbeit eingesetzt (vgl. http://www.praxis-
jugendarbeit.de/jugendleiter-schulung/spiele-paedagogik.html. Zugriffsdatum: 23.08.2009)
12
Programm zur Förderung von verhaltensauffälligen Kindern; Stärken sollen hervorgehoben werden und sozial-
emotionale Kompetenz des Kindes soll gefördert werden (vgl. http://www.etep.org/. Zugriffsdatum: 23.08.2009)
Die Hortpädagoginnen wurden gebeten, die drei für sie wichtigsten Antworten anzukreuzen.
Die Prozentwerte zeigen, dass die Hortpädagoginnen der Meinung sind, dass aggressiv
auffällige Kinder besonders viel Aufmerksamkeit und Zuneigung brauchen (93,2%). Weiters
brauchen diese Kinder Grenzen (54,5%) und stellen eine große Herausforderung für die
Hortpädagoginnen dar (50%). Hier wurde von den Hortpädagoginnen als zusätzliche
Informationen angeführt, dass aggressiv abweichende Kinder viel Geduld und Konsequenz
benötigen, genauso wie das Gefühl angenommen und verstanden zu werden. Ebenso sind
aggressive Kinder aus den Hortgruppen nicht mehr wegzudenken, gehören zum Alltag dazu
und erfordern sehr viel Individualbetreuung. Darüber hinaus wurde von den
Hortpädagoginnen angeführt, dass aggressive Kinder nur dann eine Belastung sind, wenn die
Zusammenarbeit von Hort, Schule, Elternhaus und Therapeuten nicht funktioniert und
dadurch das Verhalten des Kindes nicht positiv beeinflusst werden kann.
Kinder, die gehemmt sind und sich zurückziehen, brauchen, genau wie aggressive Kinder,
sehr viel Aufmerksamkeit und Zuneigung (90,9%). Auch benötigen sie Toleranz (84,1%) und
Tabelle 17 zeigt, dass es laut Einschätzungen der Hortpädagoginnen sinnvoll wäre, die
Anzahl der Kinder in den Gruppen zu reduzieren. Wenn dies geschehen würde, dann könnte
mehr auf verhaltensauffällige Kinder eingegangen werden. Dies entspricht auch dem Wunsch
für mehr Zeit, um mit einzelnen Kindern zu sprechen. Bei weniger Kindern bleibt dafür Raum
und die Hortpädagogin kann in dieser Zeit mit schwierigen Kindern sprechen. Weiters
wünschen sich die Hortpädagoginnen eine engere Zusammenarbeit mit Eltern, Lehrern und
Medizinern, damit die Situation mit diesen speziellen Kindern in den Hortgruppen verbessert
werden kann. Durch eine Vernetzung mit Schule, Elternhaus und medizinischen Experten
wäre es möglich, gemeinsam eine Strategie zu entwickeln, damit das abweichende Kind
speziell gefördert und unterstützt werden kann, sowie in einer gewohnten Tagesroutine
Sicherheit gewinnt und somit die Verhaltensauffälligkeit nicht das Leben des Kindes
bestimmt.
Zusätzlich gaben die Hortpädagoginnen an, dass mehr Verständnis von Seiten des
Elternhauses, sowie sichere Vertrauenspersonen für die abweichenden Kinder und
Hilfsangebote, als auch Aufklärungen für die Eltern sinnvoll wären, um die Situation in den
Hortgruppen zu verbessern. Gleichzeitig sollen die Ressourcen, wie Fortbildungen,
Supervisionen und Beratungen für Hortpädagoginnen, sowie räumliche und materielle
optimiert werden. Sehr oft wurde darüber hinaus in den Fragebögen hinzugefügt, dass mehr
Verständnis von Seiten der Lehrer für die Situation im Hort aufgebracht werden soll. Lehrer
geben oft zu schwere oder zu viele Hausübungen, mit denen besonders die
verhaltensauffälligen Kinder am Nachmittag im Hort überfordert sind. Somit treten die
Hortpädagoginnen unweigerlich in die Rolle einer „billigen Nachhilfelehrerin“, wie von den
Vertiefend dazu berichteten die Hortpädagoginnen in den Interviews, dass Fachhilfe von und
Gespräche mit dem Amt für Jugend und Familie immer vorhanden sind. Es wird jederzeit für
Hilfe und Unterstützung gesorgt und Expertenhilfe bzw. andere Interventionen bereitgestellt.
Ebenso wird besonders die Zusammenarbeit mit der Schule, den zuständigen Sozialarbeitern
und anderen Experten, wie beispielsweise der Familien-Intensiv-Betreuung, als sehr wichtig
und hilfreich im Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern angesehen. Alle
Hortpädagoginnen waren sich in den einzelnen Interviews einig, dass die Zusammenarbeit
aller beteiligten Personen das wichtigste Element ist, um die verhaltensabweichenden Kindern
adäquat zu fördern.
Für die Soziologie war und ist abweichendes Verhalten ein interessanter
Forschungsschwerpunkt. Unterschiedliche soziologische Theorien, auf der Mikroebene und
Makroebene, versuchen abweichendes Verhalten zu erklären. Auf der Makroebene wurden
die Anomietheorie und die Subkulturtheorie vorgestellt. Die Anomietheorie sieht die
Entstehung von Verhaltensauffälligkeit durch Gesetzlosigkeiten, Unsicherheit und
Ungewissheit über Ziele und die Mittel zur Erreichung dieser. Die Subkulturtheorie geht
Die vorgestellten Theorien der Mikroebene waren einerseits die interaktionistischen Ansätze
und andererseits die lerntheoretischen Ansätze. Die interaktionistischen Theorien gehen
davon aus, dass das abweichende Verhalten aufgrund von Interaktions- und
Zuschreibungsprozessen entsteht. Das abweichende Kind hat die Abweichung demnach nicht
in sich, sondern sie wird dem Kind von Instanzen und Formen sozialer Kontrolle
zugeschrieben. Hier wurde auf die Etikettierungstheorien genauer eingegangen, die den
Etikettierungsprozess näher beschreiben und anhand des Labeling Approach wurde
aufgezeigt, dass gleiches Verhalten als konform oder abweichend definiert werden kann. Ob
es als konform oder abweichend definiert wird, hängt von den geltenden Normen und Werten
einer Gesellschaft ab.
Die lerntheoretischen Ansätze sehen abweichendes Verhalten als Folge von unterschiedlichen
Lernprozessen. Einerseits wurden hier die behavioristischen und andererseits die kognitiven
Theorien von Lernprozessen vorgestellt. Die Behavioristen gehen von einem Reiz-Reaktions-
Modell aus und das Lernen ist über Veränderungen der Relationen zwischen Reiz und
Reaktion messbar. Die kognitiven Theoretiker sehen das Lernen abhängig von Einsicht,
Orientierung und Verhalten und nicht abhängig von Reiz und Reaktionen. Die soziokulturelle
Umwelt, die Rangordnung und der Status innerhalb einer Gruppe beeinflussen den
Lernprozess und können, unter bestimmten Umständen, zu abweichendem Verhalten führen.
Das differentielle Lernen zeigte aber, dass abweichendes Verhalten nicht immer als Folge von
Kontakten mit negativen Vorbildern entstehen muss.
Genauso vielseitig wie die Ursachen, sind auch die Formen von Verhaltensauffälligkeiten.
Hier wurde zwischen externalisierenden und internalisierenden Formen unterschieden. Bei
Abschließend kann festgehalten werden, dass das Thema der Verhaltensauffälligkeiten sehr
komplex ist und dass die empirische Untersuchung in den Horten der Stadt Graz gezeigt hat,
dass verhaltensabweichende Kinder in den Gruppen präsent sind und den Hortalltag erheblich
beeinflussen. Die Hortpädagoginnen der Grazer Horte gehen sehr offen mit diesem Thema
um, bemühen sich sehr um die Kinder und versuchen viel, um die verhaltensauffälligen
Kinder aus ihrem abweichenden Verhalten zu führen. Dies können sie keineswegs alleine
schaffen, sondern nur durch die Zusammenarbeit mit Eltern, Schulen und Experten wird es
möglich, das verhaltensauffällige Kind adäquat zu fördern. Die empirische Untersuchung hat
ergeben, dass diese Zusammenarbeit in vielen Fällen sehr gut funktioniert, aber in manchen
noch erheblich verbessert werden kann.
Bahrdt, Hans Paul (1973): Wandlungen der Familie. In: Classens und Milehoffer (Hg.):
Familiensoziologie. Ein Reader als Einführung. Frankfurt.
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Wilk, Liselotte (1987): Familie und "abweichendes" Handeln. Weinheim. Deutscher Studien
Verlag: Weinheim.
Hort:_____________________________
Gruppe:__________________________
_
Sehr geehrte Hortpädagogin, sehr geehrter Hortpädagoge!
Im Rahmen meiner Masterarbeit am Institut für Soziologie an der Karl Franzens Universität
Graz, möchte ich verhaltensauffällige Kinder in Hortgruppen untersuchen. Der Titel meiner
Arbeit lautet: „Verhaltensauffällige Kinder in Hortgruppen. Eine sozialwissenschaftliche
Bestandsaufnahme“
Der Datenschutz wird natürlich gewährleistet und die Daten sind für Sie und die Stadt Graz
jederzeit einsehbar. Ich bitte Sie für jedes verhaltensauffällige Kind Ihrer Gruppe jeweils
einen Fragebogen auszufüllen und mich dadurch bei meiner Arbeit zu unterstützen.
Verhaltensauffällige Kinder: Kinder, die ein abweichendes Verhalten über einen längeren
Zeitraum aufzeigen. Das heißt, ein Verhalten, das gegen Normen und Regeln des
Zusammenlebens verstößt. Dazu zählen beispielsweise sehr aggressive Kinder oder Kinder
die den sozialen Kontakt mit anderen Kindern meiden und sich zurückziehen. Es sollen solche
Kinder erfasst werden, die über einen langen Zeitraum hinweg im Hortalltag auf Grund ihres
verhaltensauffälligen Handelns auffallen und das Gruppenklima dadurch erheblich
beeinträchtigen.
10. Geht das Kind auf schwierigere Kinder zu, bzw. integriert es schwierigere
Kinder, zum Beispiel verhaltensauffällige Kinder, in die Gruppe? Wenn nein,
warum?
□ Ja
□ Nein: ____________________________
11. Lässt sich das Kind von anderen Kindern stark beeinflussen oder macht sein
eigenes Verhalten stark vom Verhalten anderer Kinder abhängig?
□ Ja
□ Nein
12. Hat es schon einmal ein Problem mit dem Kind in der Gruppe gegeben, das
durch verschiedenen Interventionen und Interaktionen aber schnell behoben
werden konnte? Wenn ja, welches?
□ Ja: ____________________________
□ Nein
13. Ist das Kind in die Gruppe integriert und wird es von den anderen Kindern auch
in die Gruppe miteingebunden? Wenn nein, warum?
□ Ja
□ Nein: ____________________________
14. Wie verhält sich das Kind in verschiedenen Abschnitten des Hortalltags?
Kind ist Kind ist Kind ist Kann ich
Kind ist
sehr kaum nicht nicht
auffällig
auffällig auffällig auffällig sagen
Essen/Jause:
Freispielzeit:
Lernstunde:
Begegnung:
Garten/Bewegungsraum:
Veranstaltungen/Feste/Ausflüge:
19. Haben Sie das Gefühl, dass Sie eine gute Beziehung und einen „guten Draht“
zum Kind haben? Wenn nein, warum?
□ Ja
□ Nein: ____________________________
20. Haben Sie das Gefühl, dass Sie zu den Eltern/Erziehungsberechtigten des Kindes
eine gute Beziehung und Gesprächsbasis haben? Wenn nein, warum?
□ Ja
□ Nein: ____________________________
21. Zusätzliche Informationen zur Interaktion von Hortpädagogin, Kind und Eltern:
___________________________________________________________________________
___________________________________________________________________________
___________________________________________________________________________
Sonstige:
___________________________________________________________________________
8. Wie sehen Sie das Verhalten des auffälligen Kindes innerhalb einer Hortgruppe?
□ Das Verhalten des Kindes ist nicht schlimm
□ Das verhaltensauffällige Kind braucht klare Grenzen, muss sich aber auch unbedingt
verstanden fühlen
□ Das auffällige Verhalten des Kindes ist für die Gruppe nicht tragbar
□ Sonstiges: _________________________________________________________________
9. Aggressive verhaltensauffällige Kinder … (Bitte kreuzen Sie die drei für Sie
wichtigsten Punkte an!)
□ … belasten den Hortalltag erheblich
□ … brauchen viel Aufmerksamkeit und Zuneigung
□ … sind eine große Herausforderung für mich persönlich
□ … stören meine Arbeit im Hort
□ … beeinflussen andere Kinder negativ
□ … gehören in einer Gruppe dazu
□ … brauchen viele Grenzen
□ … brauchen viel Toleranz
□ Sonstiges: __________________________________________________________
III: Was kann Ihrer Meinung nach getan werden um die Situation des Kindes bzw. die
Situation in der Hortgruppe generell zu verbessern?
Was brauchen VA
Kinder?
Welche
Begleitmaßnahmen für
VA Kinder sind im Hort
möglich/notwendig?
Welche
Zusatzausbildungen sind
Hilfreich?
Was unternehmen Sie,
wenn die Situation mit
einem VA Kind eskaliert?
Wo liegen die
Hauptschwierigkeiten mit
VA Kindern?
Sonstiges:
→ Essen/Jause:
→ Freispielzeit:
→ Bewegung:
→ Begegnung:
→ Lernstunde:
→ Besondere
Schwierigkeiten:
→ „Gruppenklima“:
→ Situation im Elternhaus:
→ Soziale Kompetenz VA
Kind:
→ Kooperationsbereitschaft:
→ spezielle Schwierigkeiten:
→ viel/wenig Kontakt:
Sonstiges: