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ALLES BUCH

Studien der
Erlanger Buchwissenschaft

LXIII 2019

Stephanie Albert, Marina Haase,


Jana Hinrichsen, Stefanie Ruß,
Katharina Sandmann, Sarah Schröppel
Der Typograph Jan Tschichold und seine Tätigkeit beim Phar-
makonzern Hoffmann-La Roche
Alles Buch
studien der erlAnger BuchwissenschAft

LXIII

Herausgegeben von
Ursula Rautenberg und Axel Kuhn

ISBN 978-3-940338-53-2
2019
Buchwissenschaft / Universität Erlangen-Nürnberg
Alles Buch
Studien der Erlanger Buchwissenschaft LXIII

Herausgegeben von Ursula Rautenberg und Axel Kuhn

© Buchwissenschaft / Universität Erlangen-Nürnberg


ISBN 978-3-940338-53-2
ISSN 1611-4620

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich


geschützt. Jede Verwertung außerhalb des Urheberrechtsgesetzes
ist ohne Zustimmung der Erlanger Buchwissenschaft unzulässig
und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art,
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung ................................................................................................................. 5
1 Kontextualisierung und Forschungsrahmen ........................................................... 9
1.1 Pharmaziegeschichte der 1950/60er Jahre ...................................................... 10
1.2 Firmengeschichte von Hoffmann-La Roche................................................... 12
1.3 Corporate Identity ......................................................................................... 16
1.4 Jan Tschichold .............................................................................................. 19
2 Jan Tschichold als Gestalter bei Hoffmann-La Roche .......................................... 21
2.1 Medienleistung und Typographie .................................................................. 21
2.2 Drucksachen ................................................................................................. 23
2.2.1 Interne Kommunikation ......................................................................... 23
2.2.2 Externe Kommunikation: Teilöffentlichkeiten ........................................ 28
2.2.3 Externe Kommunikation: Multiplikatoren.............................................. 36
2.2.4 Externe Kommunikation: Endkunden .................................................... 45
2.3 Tschicholds Einfluss auf die Corporate Identity von Hoffmann-La Roche .... 60
3 Jan Tschicholds Arbeitsprozesse bei Hoffmann-La Roche .................................... 63
3.1 Vitamina C.................................................................................................... 63
3.2 Panteen ......................................................................................................... 71
3.3 Signet ›Light‹ ................................................................................................. 74
3.4 Merkmale der gestalterischen Arbeit Tschicholds .......................................... 78
Fazit ........................................................................................................................ 79
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................. 81
Literaturverzeichnis ................................................................................................. 83
Anhang ................................................................................................................... 87

4
Einleitung
Jan Tschichold war einer der bedeutendsten Typographen des 20. Jahrhunderts und
arbeitete von 1955 bis 1967 als Gestalter bei dem Baseler Pharmakonzern Hoffmann-
La Roche. Dieser Abschnitt seines Lebens ist in der Sekundärliteratur bisher kaum be-
handelt worden. Im Interesse der Forschung standen vor allem Tschicholds frühere
Werke, wie seine elementare typographie von 1925 oder Die neue Typographie von 1928.
Für welche Gestaltungsaufgaben Tschichold bei Hoffmann-La Roche genau verant-
wortlich war, ist bisher kaum erforscht worden.
Während Jan Tschichold bei dem Pharmakonzern beschäftigt war, gewann die Idee
einer einheitlichen Unternehmensidentität, der Corporate Identity, zunehmend an Be-
deutung. Der konkurrierende Pharmakonzern, die J. R. Geigy AG, kam Hoffmann-La
Roche zuvor und präsentierte sich mit einem neuen, modernen und einheitlichen De-
sign auf dem Markt. Zuvor war es üblich, für jedes Medikament eine individuelle Ge-
staltung zu entwerfen. Im Sinne der Markenbildung und dem Wiedererkennungswert
ist ein ganzheitliches Erscheinungsbild jedoch von Vorteil. Durch seine Funktion als
Gestalter war Jan Tschichold für die Ausarbeitung einer Vielzahl von Drucksachen
verantwortlich und dadurch entscheidend an der Weiterentwicklung der Corporate
Identity des Pharmaunternehmens beteiligt.
Die vorliegende Publikation ist aus einer einjährigen Projektarbeit unter der Lei-
tung von Professor Dr. Ursula Rautenberg im Masterstudiengang Buchwissenschaft
im Schwerpunkt ›Medienkommunikation‹ hervorgegangen. Ziel der Arbeit ist es, die
beschriebene Forschungslücke zu schließen. Dazu sollen sowohl Tschicholds Aufga-
benfelder erschlossen als auch sein Arbeitsprozess nachvollzogen werden. Die kommu-
nikative Leistung von Tschicholds Gestaltungen wird besonders herausgearbeitet, da
hier Design und Kommunikation ineinandergreifen und die Corporate Identity prä-
gen. Es gilt herauszufinden, inwiefern Jan Tschichold zu der Vereinheitlichung der
Unternehmensidentität von Hoffmann-La Roche beigetragen hat. Ganzheitlich ist
diese dann, wenn das Verhalten aller Mitarbeiter, die Gestaltung der Drucksachen, die
Architektur sowie die interne und externe Firmenkommunikation aufeinander abge-
stimmt sind und das festgelegte Leitbild des Unternehmens widerspiegeln.
Folgende Fragen stehen im Zentrum: Welche Gestaltungsaufgaben hat Jan
Tschichold bei Hoffmann-La Roche tatsächlich übernommen und welche kommuni-
kative Reichweite hatten diese? Welchen unternehmenseigenen Richtlinien war er un-
terworfen? Viele seiner gestalteten Drucksachen hatten im Sinne eines umsatzorien-
tierten Unternehmens einen werbenden Charakter. Aus diesem Grund wird analysiert,
wie die typographische Gestaltung Tschicholds im Detail aussieht und ob diese den
Inhalt der jeweiligen Drucksache, abgestimmt auf den jeweiligen Adressaten, angemes-
sen transportiert. Hierbei ist zu hinterfragen, inwieweit sich Tschichold an seine eige-
nen Richtlinien für eine gute Typographie hielt oder ob er durch Vorgaben durch sei-
nen Arbeitgeber Hoffmann-La Roche gelenkt wurde.
Für die Beantwortung der einzelnen Fragestellungen musste zunächst der Teil des
Arbeitsnachlasses von Tschichold, der sich im historischen Archiv Roche in Basel sowie
im Buch- und Schriftmuseum in Leipzig befindet, gesichtet und katalogisiert werden.

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In den Katalog wurden nur Archivalien aufgenommen, die sich auf die Baseler Zeit und
Tschicholds Tätigkeit bei Hoffmann-La Roche beziehen. Der umfangreiche digitale Ka-
talog gibt einen quantitativen sowie qualitativen Überblick darüber, welche Drucksachen
Tschichold gestaltet hat und beantwortet die Frage nach Tschicholds genauem Aufga-
benfeld. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit der Archivalien erhoben, denn
der Umfang der Sammlung und die sehr grobe Ordnung der Archivierung im Buch-
und Schriftmuseum Leipzig lässt eine abgeschlossene Erfassung aller Dokumente in Ver-
bindung zur Fragestellung nicht zu: Allein in Leipzig liegen 176 Kisten, die Tschicholds
Nachlass enthalten. 22 davon können der Baseler Zeit und Hoffmann-La Roche zuge-
ordnet werden. Darunter befinden sich auch Kisten, die Schriftstücke zur Schriftent-
wicklung der Sabon beinhalten. Kisten mit den Bezeichnungen ›Schweiz‹, ›Briefpapier‹,
›Prospekte‹ oder ›Weiß nicht‹ wurden genauso untersucht wie die präziser betitelten Kis-
ten ›La Roche‹ oder ›Baseler Druck‹.
Aus der großen Menge an untersuchten Archivalien, die sich unsortiert und zum Teil
mehrfach in diesen Kisten finden lassen, ergibt sich zudem die Problematik der einheit-
lichen Katalogisierung. Auch wenn hierfür feste Kategorien erstellt wurden, ergaben sich
Schwierigkeiten, einem kongruenten Schema zu folgen. Aufgrund der Vielfalt an unter-
schiedlichen Drucksachen konnten beispielsweise die Gegenstandsbezeichnungen nicht
immer eindeutig zugeordnet werden. Unter Mitarbeit von Alexander Bieri, dem Leiter
des Historischen Archivs Roche, konnten dagegen die archivierten Dokumente im Ba-
seler Archiv Roche gezielt erschlossen werden. Zwei Kisten beinhalten relevante Infor-
mationen zu Tschicholds Tätigkeiten. Darunter befinden sich Rundschreiben, Briefe,
ein Nachruf sowie Ausgaben der Firmenzeitschrift, die konkrete Entwürfe Tschicholds
vorstellen oder sich seiner Tätigkeit dort widmen. Mappen mit Unterkategorien dienen
innerhalb der beiden Kisten zur Orientierung. Diese Einteilung wurde in die Auflistung
der Archivalien während der Projektarbeit übernommen.
Die Arbeit stellt ausgehend von den Archivalien anhand von ausgewählten Beispielen
die Tätigkeitsfelder Tschicholds bei Hoffmann-La Roche vor. Für die bessere Nachvoll-
ziehbarkeit wurden deshalb aus dem großen Katalog jene Archivalien in einer eigenen
Tabelle zusammengeführt, auf die die Arbeit konkret Bezug nimmt. Eine Übersicht der
relevanten Objekte befindet sich als Katalog im Anhang dieser Arbeit. In ihm ist der Teil
des Nachlasses, der sich in St. Gallen und im Besitz der Familie befindet, nicht berück-
sichtigt: St. Gallen archiviert den Arbeitsnachlass des Typografen mit Schwerpunkten
auf Schriftproben und Illustrationen und nur vereinzelten themenbezogenen Arbeiten
aus der Zeit, in der Tschichold bei Hoffmann-La Roche tätig war. Im Austausch mit Jost
Hochuli wurde die Relevanz der dortigen Archivalien deshalb als gering eingestuft. Auch
die im Familienbesitz verbliebenen Dokumente würden nach Rücksprache mit der En-
kelin Tschicholds nur einen geringen Beitrag zu dieser Arbeit leisten.
Nach der Untersuchung und Katalogisierung wurden die verschiedenen Adressa-
tengruppen der jeweiligen Gestaltungsarbeiten festgelegt. Anschließend konnten pas-
sende Analysebeispiele für jede Adressatengruppe sowie des Herstellungsprozesses aus-
gesucht werden. Der Adressat lässt sich anhand des Kommunikators, der Gestaltung
der Drucksache, dem Inhalt sowie der Eigenschaften des Mediums feststellen. Für die

6
Analyse des Herstellungsprozesses eigneten sich Archivalien, die in verschiedenen Ent-
wicklungsphasen der Gestaltung vorliegen. Über die Methode des Vergleichs wurde
die Nachhaltigkeit der Gestaltungen sowie das Konkurrenzverhältnis innerhalb der
Firma nachvollzogen. Neben der deskriptiven Untersuchung lässt die nachfolgende
Analyse Rückschlüsse auf Tschicholds Arbeitsweisen und auf seinen Beitrag zu einer
einheitlichen Corporate Identity von Hoffmann-La Roche zu.
Zur systematischen Erarbeitung des Themas wird dabei zunächst eine historische
Kontextualisierung vorgenommen und ein Forschungsrahmen festgelegt: Dieser bein-
haltet die Betrachtung der Pharmabranche in der Schweiz in den 1950er und 1960er
Jahren. Aufgezeigt werden hierzu die damalige Gesetzgebung, die sich wandelnden
Forschungsbedingungen und die Weiterentwicklung der pharmazeutischen Wissen-
schaft. Da der Schwerpunkt der Arbeit auf dem Unternehmen Hoffmann-La Roche
liegt, wird zudem die Firmengeschichte des Unternehmens genauer betrachtet. An-
schließend wird der Begriff der Corporate Identity definiert, die Bedeutung ihrer ganz-
heitlichen Gestaltung für Unternehmen dargestellt und anhand der Gestaltung des Fir-
mensignets beispielhaft erklärt und auf Hoffmann-La Roche bezogen. Abschließend
erfolgt eine kurze Betrachtung des Lebenslaufs Jan Tschicholds, die die Aspekte seines
Lebens berücksichtigt, die ihn bis zu seiner Anstellung bei dem Pharmakonzern präg-
ten.
Der Hauptteil widmet sich der gestalterischen Arbeit Jan Tschicholds bei Hoff-
mann-La Roche. Hierzu erfolgt zunächst eine Einführung in die für die Analyse not-
wendigen kommunikationswissenschaftlichen Ansätze: Zum einen werden die Bei-
spiele in Hinblick auf Saxers Theorie zur Medienleistung untersucht, zum anderen
bildet die Wechselbeziehung von Typographie und Inhalt der Drucksache einen Teil
der Analyse. Des Weiteren werden Tschicholds 14 Gebote, die er in seinem Werk Er-
freuliche Drucksachen durch gute Typographie formuliert und seine eigenen Richtlinien
für eine gute Typographie, die er firmenintern als Leitfaden an alle Mitarbeiter veröf-
fentlichte, für die Analyse herangezogen.
Um den Kommunikationsprozess vollständig zu durchdringen, ist es wichtig neben
dem Kommunikator und dem Medium auch den Adressaten zu betrachten. Dieser
lässt Rückschlüsse darauf zu, wie Gestaltung und Präsentation individueller Drucksa-
chen begründet sind. Im Hinblick darauf wurden die einzelnen Objekte wie zum Bei-
spiel interne Mitteilungen, Geschäftsberichte, Verpackungen und Broschüren nach de-
ren implizierten Adressaten ausgesucht. Die Grundlage jeder Analyse bildet deshalb
eine ausführliche Beschreibung. In einem weiteren Schritt werden die Analysen ausge-
wertet und auf die Corporate Identity von Hoffmann-La Roche bezogen.
Anschließend wird Tschicholds Arbeitsprozess anhand einiger Gestaltungsbeispiele
nachvollzogen. Hierfür wurden Drucksachen ausgewählt, von denen verschiedene Sta-
dien der Herstellung vorhanden und mit handschriftlichen Anmerkungen von
Tschichold versehen sind. Anhand des Materials lässt sich feststellen, wie Tschichold
gearbeitet hat und ob seine Korrekturen umgesetzt wurden. Zudem wurde ein von
Tschichold gebastelter und von Hand bemalter Schachtelentwurf analysiert. Zum
Schluss wird das Firmensignet untersucht. Anhand der genannten Aspekte lässt sich
Tschicholds Arbeitsweise aus verschiedenen Perspektiven beleuchten.

7
Für die Bearbeitung des Themas war Forschungsliteratur aus verschiedenen Fach-
richtungen relevant. Um die Pharmaziegeschichte der 1950/60er Jahre in der Schweiz
aufzuarbeiten, sind Titel aus den Bereichen der Rechtswissenschaft und der Kulturwis-
senschaft von gleichwertiger Bedeutung. Erstere liefern wichtige Erkenntnisse über die
rechtlichen Gegebenheiten, die zum oben genannten Zeitraum herrschten, letztere ge-
ben einen Überblick über soziale und gesellschaftliche Veränderungen, die sich auf die
Forschungslandschaft auswirkten. Die Rechtsanwältin Sara Behrend beschäftigt sich
in ihrer Forschung beispielsweise mit dem Patentrecht für Pharmaprodukte. 1 Michael
Bürgi dagegen setzt sich mit der Kulturgeschichte von Wirtschaft und Wissenschaft
auseinander. In seiner Dissertation untersuchte er unter anderem die Zusammenarbeit
von Hochschule und Industrie im 20. Jahrhundert.2 Beide setzen ihren Schwerpunkt
auf die Schweiz.
Die Firmengeschichte von Hoffmann-La Roche konnte über Publikationen des
Pharmakonzerns selbst erschlossen werden.3 Eine unabhängige wissenschaftliche Auf-
arbeitung der Firmengeschichte ist dagegen nicht vorhanden. Aus diesem Grund sind
die vorliegenden Quellen aus dem Historischen Archiv Roche4 kritisch zu hinterfragen.
Das Kapitel zur Corporate Identity wird hauptsächlich aus wirtschaftswissenschaft-
lichen Titeln zusammengetragen. Das Gabler Wirtschaftslexikon dient hier als Ein-
stieg, um den Begriff in erster Annäherung zu definieren. Peter Fenkart5 und Gerhardt
Regenthal6 geben einen tiefergehenden Einblick in das Konzept einer Corporate Iden-
tity und deren ganzheitliche Gestaltung. Für den Bezug der Corporate Identity auf
Hoffmann-La Roche und Jan Tschichold ist vor allem die Unternehmensforschung
von Alexander Bieri, dem Leiter des Historischen Archivs Roche, relevant. Von seiner
Arbeit zum Thema Pharma-Design7 profitiert der darauffolgende Analyseteil, da auch
Bieri einige von Jan Tschichold gestaltete Drucksachen eingehender untersucht hat.
Zudem gibt der Archivleiter einen ersten Einblick in Jan Tschicholds Leben und
seine Tätigkeit bei Hoffmann-La Roche. Dadurch ist dieser Titel auch für die Biografie
des Typographen von Bedeutung. Aus dem Bereich der Tschicholdforschung werden
die Werke von Werner Klemke8 und Max Caflisch9 zu Rate gezogen. Beide kannten
Tschichold persönlich. Caflisch arbeitete darüber hinaus mit ihm zusammen bei Hoff-
mann-La Roche. Auf der einen Seite stellt das einen Mehrwert für die Arbeit dar, um
die Persönlichkeit Tschicholds einschätzen zu können. Auf der anderen Seite muss be-
rücksichtigt werden, dass die Autoren nicht unvoreingenommen sind, was eine kriti-
sche Hinterfragung notwendig macht. Aus diesem Grund wird die Forschung von Cees
W. de Jong10 miteinbezogen. Der Designer, Verleger und Autor beschäftigte sich mit

1
Vgl. Behrendt 2010.
2
Vgl. Bürgi 2011.
3
Vgl. Roche 1971.
4
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.
5
Vgl. Fenkart 1987.
6
Vgl. Regenthal 2009.
7
Vgl. Bieri 2009.
8
Vgl. Klemke 1988.
9
Vgl. Caflisch 2004.
10
Vgl. De Jong 2008.

8
dem Leben des Typographen, ohne diesen gekannt zu haben. Trotzdem muss erwähnt
werden, dass keiner der genannten Autoren tiefergehend auf Tschicholds Tätigkeiten
bei Hoffmann-La Roche eingeht. Eine wichtige Quelle ist ein Rundschreiben 11 aus
dem Historischen Archiv Roche, in dem das General-Sekretariat die Mitarbeiter von
Hoffmann-La Roche über die Einstellung Tschicholds und seine Aufgabenfelder in-
formiert. Dieses gewährt jedoch nur einen ersten Einblick in seine Arbeit beim Phar-
makonzern. Der Arbeitsvertrag Tschicholds konnte nicht eingesehen werden, da dieser
aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht aufgehoben wurde.
In Hinblick auf die kommunikationswissenschaftliche Untersuchung der Druck-
sachen im Hauptteil bilden die Werke von Ulrich Saxer 12 die medientheoretische
Grundlage. In seiner Theorie erklärt er Aspekte der funktionalen Kommunikation an-
hand der Medienleistung. Für die Analyse selbst werden die beschriebenen Quellen aus
dem Tschichold-Nachlass herangezogen: Aufgeteilt in interne und externe Kommuni-
kation erfolgt unter anderem die Betrachtung von internen Mitteilungen, Medikamen-
tenbroschüren und Faltblättern sowie sich an den Endkunden richtende Drucksachen.
Weiter werden eine Menükarte und die Geschäftsberichte untersucht, die für eine ex-
klusive Teilöffentlichkeit bestimmt waren. Diese beispielhaften Analysen ermöglichen
einen Rückschluss auf die verschiedenen Adressatengruppen, die Tschichold mit seiner
Gestaltungsarbeit erreichte. Für die Auseinandersetzung mit Jan Tschicholds Arbeits-
prozess werden weiterhin Entwürfe, Probedrucke und Verpackungen untersucht.

1 Kontextualisierung und Forschungsrahmen


Der zeitgeschichtliche Hintergrund und die Stellung der Pharmaziebranche in der Ge-
sellschaft beeinflussten maßgeblich die Entscheidungsprozesse, die der Pharmakonzern
für die eigene Corporate Identity, im Folgenden CI, und bezüglich der Gestaltungs-
vorgaben Jan Tschicholds traf. Die deutsche und schweizerische Pharmaindustrie in
den 1950/60er Jahren sah sich mit sozialen und wirtschaftlichen Problemen konfron-
tiert, die in diesem Rahmen eine genauere Betrachtung erfahren sollen. Auch die Idee
einer ganzheitlichen Corporate Identity gewann zu dieser Zeit zunehmend an Bedeu-
tung. In diesem Kontext wird zunächst auf eine Definition des Begriffs eingegangen
und dieser anschließend auf Jan Tschicholds Arbeit bei Hoffmann-La Roche übertra-
gen. Betrachtungen, auf welche Art sich Jan Tschichold zu einem international aner-
kannten Gestalter entwickelte und wie er seine Person und seine Gestaltungsprinzipien
den Zielen des Unternehmens Hoffmann-La Roche unterordnen konnte, bilden den
Abschluss des Kapitels.

11
Vgl. General-Sekretariat Roche: Rundschreiben. Koordinationsstelle für graphische Gestaltung
(PE.2.TSJ-102027).
12
Vgl. Saxer 1991.

9
1.1 Pharmaziegeschichte der 1950/60er Jahre
In der Schweiz sowie in Deutschland zählt die Pharmaindustrie zu den umsatzstärksten
und einflussreichsten Wirtschaftsbranchen. Vor allem im Bereich des Medikamenten-
exports profiliert sich die Schweizer Pharmaindustrie weltweit gesehen als das Land mit
dem größten Ausfuhrüberschuss.13 Die Bedeutung dieses Wirtschaftssektors resultiert
jedoch nicht nur aus dessen Kapital. Neben dem Vertrieb von Medikamenten ist die
Pharmabranche auch im Bereich der medizinisch-pharmazeutischen Forschung tätig
und nimmt dadurch eine wichtige Stellung im Gesundheitssystem ein. Die Weiterent-
wicklung von Medikamenten ist ein fortwirkender Prozess, dessen Ziel es ist, lebens-
bedrohliche Krankheiten zu heilen und gesundheitliche Beschwerden zu lindern. Da-
bei gilt es sicherzustellen, dass die auf dem Markt vertriebenen Medikamente dem Pa-
tienten helfen und nicht schaden.
Aus diesem Grund unterliegt die Pharmaindustrie strengen Richtlinien und Kon-
trollen. Diese sind in Folge von Medikamentenmissbrauch und einer sich verändern-
den Forschungslandschaft in den 1950er und 1960er Jahren entstanden. In Deutsch-
land wurde beispielsweise 1961 das erste Arzneimittelgesetz durchgesetzt, mit dem die
Selbstüberwachung der Pharmaindustrie beendet wurde.14 Zuvor bestand für Pharma-
konzerne die Möglichkeit, Medikamente nach eigenem Ermessen und ohne staatliche
Kontrolle auf den Markt zu bringen. In der Schweiz wiederum, dem Sitz Hoffmann-
La Roches, ist erst im Jahr 2000 ein entsprechendes Gesetz beschlossen worden, das
2002 in Kraft trat.15
Bevor diese Gesetze verabschiedet wurden, kam es sowohl in Deutschland als auch
in der Schweiz zu Medikamentenmissbrauchsskandalen. Ein Beispiel ist der Conter-
gan-Skandal von 1961. Da das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan, das Miss-
bildungen bei Neugeborenen verursachte, in der Schweiz nur mit Rezept erworben
werden konnte, waren die Auswirkungen in der Schweiz nicht so schwerwiegend wie
in Deutschland.16 Ein zweites Beispiel sind die zwischen 1950 und 1970 stattfindenden
Medikamententests von nicht zugelassenen Wirkstoffen an Psychiatrie-Patienten. Von
diesen waren 4.200 Patienten aus zehn Schweizer psychiatrischen Kliniken betroffen.
Die Medikamente wurden hauptsächlich von der Baseler Pharmaindustrie zur Verfü-
gung gestellt, darunter auch das Unternehmen Hoffmann-La Roche.17 Beide Skandale
zeigen, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Pharmaindustrie zu dieser Zeit er-
schüttert und eine Änderung in der Gesetzgebung längst überfällig war.
Darüber hinaus wurde auch das Patentrecht für Arzneimittel in der Schweiz erst
verhältnismäßig spät eingeführt. Dieses soll bis heute sicherstellen, dass jedes neue und
teuer entwickelte Medikament vor Imitation geschützt ist. Da sich einige Schweizer

13
Vgl. Meusburger 2015, S. 6.
14
Vgl. Meusburger 2015, S. 6 f.
15
Vgl. Bundesrat. https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20002716/index.html
[01.01.2018/03.03.2018]; Meusburger 2015, S. 7 f.
16
Vgl. Lenhard-Schramm 2016, S. 13.
17
Vgl. Schneider. https://www.srf.ch/news/schweiz/experimente-an-patienten-medikamententests-an-
psychiatrie-patienten-hatten-system [18.01.2018/03.03.18].

10
Unternehmen die Imitation jedoch selbst zu Nutze machten, widersetzte sich die Bran-
che zunächst der Regulierung durch den Patentschutz. Erst im Jahr 1977 konnte das
Patentrecht für Arzneimittel in der Schweiz durchgesetzt werden. Dieses entsprach
dem internationalen Standard, auf dessen Einhaltung die deutsche Chemieindustrie
drängte.18 Das Beispiel zeigt, dass sich die regulierenden Gesetze der Europäische Wirt-
schaftsgemeinschaft auch auf die Gesetzgebung der unabhängigen Schweiz auswirkten.
Die Schweizer Pharmaindustrie agiert auf einem internationalen Markt und muss sich
den dort herrschenden Gegebenheiten anpassen, um weiterhin Umsätze erzielen zu
können.
Neben den gesetzlichen Veränderungen entwickelten sich auch die Inhalte der
pharmazeutischen Ausbildung weiter. Während des 20. Jahrhunderts wurden neue
Disziplinen in den Studiengang der Pharmazie aufgenommen. Darunter auch die in
den 1960er Jahren in den USA entstandene klinische Pharmazie. Diese beschäftigt sich
mit der individuell auf den Patienten abgestimmten Medikamentenbehandlung und
stellt einen Wandel von der Orientierung am Medikament zur Orientierung am Pati-
enten dar.19 Da die Apotheker zu den wichtigsten Abnehmern der Pharmaunterneh-
men zählen, müssen diese ebenfalls auf derartige Veränderungen reagieren. Im Zent-
rum der Verkaufsgespräche steht von nun an auch die Wirkung der Medikamente für
bestimmte Patientengruppen im Vordergrund. Der Fokus auf den Patienten zeigt sich
auch durch das Aufkommen sogenannter Dachverbände für die Pharmaindustrie.
1950 gründete sich beispielsweise die Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz – kurz
vips. Deren Aufgabe ist es, die Interessen seiner Mitglieder und deren Zielgruppen auf-
einander abzustimmen. Der Dachverband dient als Vermittlungsinstanz zwischen
Konzern und Patient.20 Hoffmann-La Roche ist jedoch kein Mitglied des Dachver-
bands.21
Nicht nur die Arbeit der Apotheker gestaltete sich in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts neu, auch die Forschungsarbeit der Pharmaunternehmen musste sich ei-
nigen Veränderungen unterziehen. Diese kennzeichnete in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts eine starke Zusammenarbeit mit den ansässigen Universitäten, die For-
schungsziele der Industrie und der Universitäten stimmten vor allem in der Chemie
überein. In den 1960er Jahren etablierte sich die Molekularbiologie als »Leitwissen-
schaft der präklinischen Pharmaforschung«22 und ersetzte den Fachbereich Chemie auf
diesem Gebiet. Die Vertreter der noch jungen Disziplin kritisierten die akademische
Zusammenarbeit mit der Pharmaindustrie. Für sie stand die unabhängige Grundla-
genforschung im Vordergrund, während die Pharmakonzerne an einer rein zweckori-
entierten Forschung interessiert waren. Dieser Interessenkonflikt führte zu einer zu-

18
Vgl. Behrendt 2010, S. 19 f.
19
Vgl. Siebenand. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=45406 [09.2013/22.10.17].
20
Vgl. Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz. http://www.vips.ch/index.cfm?s=startfile.cfm
[22.01.2017].
21
Vgl. Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz. http://www.vips.ch/index.cfm?s=TmpMitglie-
der&action=hm15&hmID=15&um1ID=26&contentID=0&z=2 [18.03.2018].
22
Bürgi 2011, S. 10.

11
nehmenden Ausdifferenzierung von Wissenschaft und Wirtschaft. Auch das Unter-
nehmen Hoffmann-La Roche sah sich daraufhin gezwungen, neue Ansprechpartner
im Bereich der Biologie zu suchen.23 Diese Entwicklung zeigt, dass das Interesse am
Patientenwohl eines umsatzorientierten Unternehmens erstmalig kritisch hinterfragt
wurde. Die Tatsache, dass die Pharmaindustrie an erkrankten Menschen Geld ver-
dient, erforderte einen kritischen Umgang mit den Absichten der Branche.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Schweizer Pharmaindustrie in den
1950er und 1960er Jahren sowohl in der Forschung als auch im Umgang mit Patienten
in einem Wandel befand. Die Universitäten wollten ihre Forschung nicht länger von
der Wirtschaft abhängig machen und der Patient als Individuum rückte ins Interesse
der pharmazeutischen Wissenschaft. Die Selbstkontrolle der Pharmaindustrie und de-
ren leichtfertiger Umgang mit unzureichend getesteten Medikamenten ist den gesetz-
lichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der Zeit geschuldet. Die daraus resultie-
renden Skandale schadeten dem öffentlichen Ansehen der Branche. Auch der Baseler
Pharmakonzern Hoffmann-La Roche, dessen Firmengeschichte im Folgenden genauer
betrachtet wird, musste sich mit den damaligen Umständen auseinandersetzen.

1.2 Firmengeschichte von Hoffmann-La Roche


Bei den für die Firmengeschichte verwendeten Quellen handelt es sich um eigene Pub-
likationen des Pharmakonzerns Hoffmann-La Roche. Diese sind aufgrund ihrer man-
gelnden Unabhängigkeit kritisch zu betrachten. Wissenschaftlich neutrale Quellen zur
Firmengeschichte liegen jedoch nicht vor. Um das Unternehmen zur Zeit Jan
Tschicholds ab 1955 näher zu beschreiben und einordnen zu können, werden in dieser
chronologischen Übersicht lediglich die wichtigsten Ereignisse der Firmengeschichte
präsentiert. Die Auswahl ergibt sich aus den historisch bedeutendsten Ereignissen nach
der Eigendarstellung des Konzerns in der Firmenzeitung.
1894 übernahm der Bankkaufmann Fritz Hoffmann-La Roche zusammen mit Max
Carl Traub eine Fabrik der Drogerie Bohny, Hollinger & Cie. Nach Startschwierigkei-
ten des Unternehmens zahlte Hoffmann-La Roche seinen Teilhaber aus und ließ 1896
die Firma F. Hoffmann-La Roche & Co. in das Handelsregister eintragen.24 Aufgrund
der schlechten finanziellen Lage wollte Hoffmann-La Roches Partner die Firma aufge-
ben, doch dieser sah das Potential des Unternehmens und konnte aufgrund des gering
geschätzten Werts der Fabrik seinem Teilhaber die Rechte an der Firma abkaufen. Zu
diesem Zeitpunkt war die Chemie als einzige Naturwissenschaft zu einem Industrie-
zweig herangewachsen. Die Standardisierung von Medikamenten scheiterte jedoch an
der damals üblichen händischen Herstellung von Medikamentenpillen, die weder eine
beständige Dosierung der Inhaltsstoffe noch eine konstante Qualität der Endprodukte
zuließ.25 Zudem wurden zu dieser Zeit lediglich in Frankreich pharmazeutische Pro-
dukte wie Markenartikel vermarktet.26 Daher entwickelte Fritz Hoffmann-La Roche die

23
Vgl. Bürgi 2011, S. 9 f.
24
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 4.
25
Vgl. F. Hoffmann-La Roche & Co. AG 1971, S. 11 f.
26
Vgl. F. Hoffmann-La Roche & Co. AG 1971, S. 12.

12
Geschäftsidee, »in Dosierung und Wirksamkeit standardisierte Heilmittel international
unter einheitlichem Markennamen zu verkaufen«27. Bereits 1897 gründete Fritz Hoff-
mann-La Roche erste Tochtergesellschaften in Italien und Deutschland, obwohl er erst
1898 mit dem Hustensaft Sirolin, der den von der Firma selbst entwickelten Wirkstoff
des gleichen Namens gegen Tuberkulose enthielt, über ein erfolgreiches Produkt am
Massenmarkt verfügte.28 Der finanzielle Erfolg von Sirolin ermöglichte es, dass Hoff-
mann-La Roche ab 1912 in neun Ländern auf drei unterschiedlichen Kontinenten mit
eigenen Filialen vertreten war.29 Sowohl der finanzielle Erfolg als auch die damit zusam-
menhängende weltweite Ausbreitung des Unternehmens sind auf das Marketing des
Pharmakonzerns zurückzuführen, auf das der Firmengründer persönlich viel Wert
legte,30 was zu jener Zeit nicht üblich war. Die hohe firmenbezogene Wertschätzung
des Marketings zeigt dabei, wie relevant Tschicholds Arbeit als grafischer Gestalter des
Pharmakonzerns war.
Doch nicht nur das Marketing der Firma, sondern auch die eigens entwickelten
Produkte von F. Hoffmann-La Roche zählten zu den Innovationen dieser Zeit. Wich-
tige Beispiele sind das Herzmedikament Digalen und das Schmerzmittel Pantopon, die
erstmals ab 1904 und ab 1909 international käuflich zu erwerben waren.31 Der Erste
Weltkrieg wirkte sich jedoch negativ auf das Wachstum des Pharmakonzerns aus, da
dieser aufgrund seines internationalen Charakters besonders von den Kriegsfolgen be-
troffen war.32 Durch die Russische Revolution 1917 wurde das Unternehmen ebenfalls
empfindlich geschwächt, da sich in Russland zu dieser Zeit das größte Absatzgebiet
von Hoffmann-La Roche befand. 1919 führte dies beinahe den Konkurs der Firma
herbei.33 Dank der Unterstützung der Basler Handelsbank und der Umwandlung des
Unternehmens in eine Aktiengesellschaft konnte dieser jedoch abgewendet werden.34
Im Jahre 1920 verstarb der Firmengründer Fritz Hoffmann-La Roche, woraufhin
die operative Leitung des Pharmakonzerns von Dr. Emil Christoph Barell übernom-
men wurde. Dieser war zuvor Chemiker und Leiter von Hoffmann-La Roche Deutsch-
land.35 Im selben Jahr erschien das Schlafmittel Allonal, das Hoffmann-La Roches ers-
tes synthetisch hergestelltes Medikament war.36 Einen weiteren Meilenstein der Fir-
mengeschichte stellte der Kauf eines Syntheseverfahrens für Vitamin C im Jahre 1933
dar, das dank seines technischen Fortschritts zu einem ökonomischen Vorteil gegen-
über der Konkurrenz in der internationalen Chemiebranche führte.37 Ab dem Folge-
jahr begann die Firmenleitung auch die Bereiche Architektur und Kunstförderung in

27
F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 4.
28
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.
29
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 6.
30
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.
31
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 8.
32
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.
33
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.
34
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.
35
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 10.
36
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.
37
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.

13
das Marketing von Hoffmann-La Roche einzubeziehen.38 Die Auswirkungen und das
Fortbestehen der damals begonnenen Entwicklung sind bis heute bemerkbar, da Hoff-
mann-La Roche weiterhin als Sponsor im Kunstbereich tätig ist, so zum Beispiel für
die Salzburger Festspiele und das Lucerne Festival. Dank neuer Technologien und er-
folgreicher Produkte konnte Hoffmann-La Roche die internationale wirtschaftliche
Krise der Firma zu Beginn des 20. Jahrhunderts überwinden und das Einflussgebiet
der Firma expandieren. »Roche war um 1938 in 35 Ländern auf allen fünf Kontinenten
mit eigenen Filialen vertreten, in denen rund 1800 Personen beschäftigt waren.«39
Der Zweite Weltkrieg stellte die Firma erneut vor Herausforderungen. Ab den spä-
ten 1930er Jahren war das Unternehmen in zwei Konzerne gespalten: Die F. Hoff-
mann-La Roche & Co. AG in Basel, zu der alle Gebiete in Kontinentaleuropa gehörten,
und die SAPAC Inc. in Montevideo, der das Vereinigte Königreich und alle außereu-
ropäischen Territorien des Konzerns unterstanden.40 Beide Unternehmen waren durch
Aktien untrennbar miteinander verbunden, die Aufspaltung der Firma hätte im Falle
einer vollständigen Eroberung Europas durch das nationalsozialistische Deutschland
jedoch ein unabhängiges Fortbestehen der SAPAC ermöglicht.41 Trotz der Aufteilung
des Konzerns und des steigenden Umsatzes durch Vitaminpräparate, die im Krieg an
Soldaten verabreicht wurden, geriet die Firma durch den Ausbruch des Zweiten Welt-
kriegs in eine weitere Notlage. Kriegssteuern in den einzelnen Vertriebsländern, Prob-
lematiken im internationalen Güter- und Geldverkehr und abgewendete Abspaltungs-
versuche von Konzerngesellschaften bedingten die ökonomische Krise.42 Auf das
Kriegsende 1945 folgte eine Reihe von erfolgreichen neuen Produkten, die das Fort-
bestehen der Firma sicherstellen konnten. Dazu zählten die Präparate der neugegrün-
deten Tochtergesellschaft Pantene AG, die Derivate des Vitamin B erstmals in der
Haarkosmetik einsetzte, das erste erfolgreiche Roche-Sulfonamid Gantrisin sowie Ri-
mifon, das erste wirksame Heilmittel gegen Tuberkulose.43
1953 verstarb Dr. Emil Barell und Dr. Albert Caflisch, ein Finanzfachmann, wurde
als neuer Präsident des Konzerns eingesetzt.44 Zwei Jahre später nahm dieser Jan
Tschichold in die Dienste des Unternehmens. Unter seiner durch Freiheit der einzel-
nen Unternehmenszweige geprägten Führung, die sich durch aufgeteilte Verantwor-
tungsbereiche, die relativ autonom handelten, auszeichnete, begann Hoffmann-La Ro-
che 1957 in den Bereichen Aromen und Riechstoffe sowie zu psychischen Erkrankun-
gen zu forschen. Weiterhin brachte der Konzern 1960 den ersten Benzodiazepin-Tran-
quilizer (Librium), 1962 das erste Chemotherapeutikum gegen Krebs (Fluoro-Uracil)
und 1963 Valium Roche auf den Markt.45 Hier zeigt sich, dass nicht nur ausgedehnte

38
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 12.
39
F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 14.
40
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.
41
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.
42
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 16.
43
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 18.
44
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 20.
45
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.

14
Marketingkampagnen, sondern auch innovative neue Produkte Grund für den Erfolg
des Unternehmens waren.
1965 wechselte die Rolle des Firmenpräsidenten vom verstorbenen Dr. Caflisch zu
Dr. Adolf Walter Jann. Dieser trieb die Entwicklung der Firma weiter voran, indem er
weitere Firmen aus anderen Teilbereichen des Wirtschaftszweiges, wie zum Beispiel
die Diagnostika-Abteilung der Chemischen Fabrik Schweizerhalle und die Abteilung
für Elektronikforschung der Radio Corporation of America, aufkaufte.46 Weitere For-
schungen in den neu erworbenen Industriezweigen führten unter anderem zum ersten
biotechnologisch hergestellten Krebsmedikament Roferon-A, woran sich weitere Er-
folge reihten: 1984 der Gewinn des Nobelpreises durch den firmenangestellten Che-
miker Georges Köhler, die Entwicklungen des Bakterizids Bactrim sowie des Medika-
ments Madopar, das erstmalig zur Behandlung der Parkinsonkrankheit angewandt
werden konnte. Darüber hinaus vertrieb Roche den Tranquilizer Lexotanil.47
In den 1970er Jahren gelangte das Unternehmen durch die abschwächende Kon-
junktur, den drohenden Patentverlust wichtiger Produkte wie Librium und Valium
und durch die Verwicklung in Skandale zu Preisabsprachen und Umweltverschmut-
zung in eine weitere finanzielle Krise. Diese wurde durch den Verkauf von Unterneh-
mensteilen wie der Pantene AG und die (Wieder-) Einführung alter und neuer Präpa-
rate abgewehrt.48 1989 wurde die Spaltung des Unternehmens beendet, indem die
F. Hoffmann-La Roche & Co. AG und die SAPAC Inc. in der neu gegründeten Roche
Holding AG zusammengeführt wurden.49 Die Übernahme anderer Pharmaunterneh-
men wie dem Syntex-Konzern führte 1995 zur Einführung des Immunsuppressivums
CellCept, des ersten Proteasehemmer Invirase gegen AIDS und 1997 zur Entwicklung
und Vermarktung des Krebsmedikaments Mabthera.50 1998 wurde die Corange-
Gruppe von Hoffmann-La Roche aufgekauft, was den Konzern zum Weltmarktführer
im Bereich der Diagnostika machte und den Einstieg der Firma in das Diabetes-Ge-
schäft ermöglichte.51 »1999 konnte Roche Tamiflu gegen Grippe, Xenical gegen Fett-
leibigkeit sowie Herceptin gegen Brustkrebs einführen.«52
Andere Teile der Firma, wie der Bereich Aroma- und Riechstoffe, wurden im Jahr
2000 veräußert. 2001 übernahm Dr. Franz B. Humer, zusätzlich zu seinen Aufgaben
als CEO, das Präsidium der Firmengruppe.53 Teil der langfristigen Unternehmensstra-
tegie ist es bis heute, das eigene Profil, durch kosteneffektive Behandlungen von Pati-
enten bei einem begleitend berücksichtigten Nebenwirkungsprofil, zu stärken. Dies
kann nur mit Therapien realisiert werden, die personalisiert statt standardisiert sind. 54
Hoffmann-La Roche kauft daher kontinuierlich andere Firmen auf und stößt eigene
überflüssige Unternehmenszweige ab.

46
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 22.
47
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 24.
48
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 26 f.
49
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 28.
50
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 30.
51
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 32.
52
F. Hoffmann-La Roche AG 2016.
53
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 32.
54
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016.

15
Auch heute noch sind dabei die ursprünglichen Richtlinien von Fritz Hoffmann-
La Roche zu erkennen: Der Pharmakonzern hält konstant am internationalen Ausbau
seines Einflusses, an der Entwicklung neuer Produkte, der Förderung von Kultur und
der Schärfung des eigenen Profils zugunsten des Ansatzes der personalisierten Medizin
fest.55

1.3 Corporate Identity


Die Corporate Identity spielt eine wichtige Rolle für die strategische Führung und Pla-
nung von Unternehmen. Ihr Konzept bestimmt die Profilierung auf dem Markt und
ist ein signifikanter Bestandteil des Unternehmensalltags. Gablers Wirtschaftslexikon
definiert die CI als ein Kommunikationskonzept, das das Selbstverständnis eines Un-
ternehmens sowohl nach innen als auch nach außen kommuniziert. Ziel ist ein ein-
heitliches Leitbild im Denken und Verhalten der Mitarbeiter und der damit verbun-
dene, selbstverständliche Aufbau einer spezifischen Unternehmenskultur. Aus dieser
entwickeln sich Normen, die sowohl die internen Entscheidungsprozesse als auch die
Beziehungen nach außen zu Kunden, Lieferanten und Konkurrenten beeinflussen. 56
Um ein geeignetes Leitbild zu formulieren, müssen sich alle Mitglieder des Unter-
nehmens intensiv mit diesem auseinandersetzen. In Form einer grundlegenden Ist-Soll
Analyse wird festgehalten, wo die Firma momentan steht und was sie in Zukunft er-
reichen möchte. Vor diesem Hintergrund müssen klare Ziele formuliert sowie Maß-
nahmen beschrieben werden, wie diese erreicht werden sollen. Dieser Vorgang der Ab-
wägung von Stärken und Schwächen eines Unternehmens wird nach Peter Frenkart
und Hansruedi Widmer als Selbstfindungsprozess bezeichnet. Nur so können Diskus-
sionen entstehen, die anschließend in die tägliche Praxis übernommen werden. Lang-
fristig formuliert, leicht verständlich und reduziert auf die wichtigsten Informationen
sollten sich der Zweck, die Struktur und die Grundsätze des Unternehmens im Leitbild
wiederfinden.57
Wichtig für den Erfolg der Corporate Identity ist dabei ein ganzheitliches Konzept.
Dieses umfasst drei wesentliche Bestandteile, die ineinandergreifen und sich wechsel-
seitig beeinflussen: Corporate Behaviour, Corporate Communication und Corporate
Design.58
In seinem Werk Ganzheitliche Corporate Identity beschreibt Gerhard Regenthal das
Corporate Behaviour Konzept als das einheitliche Verhalten, das von allen Mitgliedern
eines Unternehmens gelebt wird. Er betont, dass dieses Verhalten nicht dem Zufall
überlassen, sondern gezielt gesteuert wird und sich an dem Leitbild, den Zielen und
Grundsätzen des Unternehmens orientiert. Diese abgeleiteten Verhaltensgrundsätze
spiegeln sich im Idealfall in der Mitarbeiterführung wider. Das Management ist dafür
zuständig, die Verhaltensgrundsätze jedem einzelnen Mitarbeiter nahezubringen. Dazu

55
Vgl. F. Hoffmann-La Roche AG 2016, S. 34.
56
Vgl. Esch. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/corporate-identity.html
[16.02.2018/30.03.2018].
57
Vgl. Fenkart 1987, S. 18–26.
58
Vgl. Esch. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/corporate-identity.html
[16.02.2018/30.03.2018].

16
gehört zum einen die regelmäßige Kommunikation mit den Mitarbeitern, um diese
auf dem aktuellsten Stand zu halten; zum anderen spielt der Bereich der Personalent-
wicklung eine entscheidende Rolle. Die Verhaltensweisen können beispielsweise über
Aus- und Weiterbildungen oder gemeinsame Freizeitaktivitäten vermittelt werden. Be-
förderungen belohnen konformes Verhalten der Mitarbeiter individuell, während Ent-
lassungen eine mögliche Konsequenz unerwünschten Verhaltens darstellen. Haben die
Mitarbeiter die Verhaltensgrundsätze verinnerlicht, können sie das Unternehmen in
der Öffentlichkeit angemessen repräsentieren. Das Ziel ist, ein Verhalten zu etablieren
und zu leben, das frei von Widersprüchen ist. Zudem soll ein Zusammengehörigkeits-
gefühl geschaffen werden, das sowohl das Wohlbefinden als auch die Motivation der
Mitarbeiter steigert. Es ist wichtig, dass sich diese mit dem Leitbild und den Unter-
nehmensgrundsätzen identifizieren können. Ist dies nicht der Fall, kann das ganzheit-
liche Corporate Identity Konzept von den Mitarbeitern nicht gelebt und dementspre-
chend nicht erfolgreich kommuniziert werden.59
Die Kommunikation stellt den zweiten wichtigen Eckpfeiler der ganzheitlichen
Corporate Identity dar. Laut Regenthal verfolgt das Konzept der Corporate Commu-
nication das Ziel, die Identität des Unternehmens nach innen und nach außen zu kom-
munizieren. Dabei ist es wichtig, dass die Selbstwahrnehmung des Unternehmens mit
der Wahrnehmung außenstehender Personen, wie zum Beispiel Kunden, überein-
stimmt. Es wird demnach nicht nur ein Produkt, sondern auch die Firmenidentität
vermarktet. Diese orientiert sich wiederum am Leitbild und den Grundsätzen des Un-
ternehmens. Durch die Kommunikation eines positiven Images sollen diese marken-
bildenden Vorstellungen auch auf die Produkte übertragen werden. Für den Erfolg des
Corporate Communication Konzepts ist es von Bedeutung, dass sich die Kunden mit
dem Image identifizieren können. Die Kommunikation findet dabei auf drei Ebenen
statt: Zuerst nimmt sie über das Marketing eine wichtige Rolle ein. Hierbei werden
mit Hilfe von Werbung gezielt das Leitbild, die Verhaltensgrundsätze und besondere
Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens nach außen und an die einzelnen Ziel-
gruppen spezifisch angepasst vertreten. Der zweite Aspekt ist die Unternehmenskom-
munikation, die auch das Corporate Behaviour maßgeblich beeinflusst. Dabei steht die
interne Kommunikation im Vordergrund, deren Ziel es ist, mittels der Schaffung eines
positiven Betriebsklimas und einer hieraus resultierenden guten internen Zusammen-
arbeit, die öffentliche Kommunikation und Repräsentation des Unternehmens durch
die Mitarbeiter zu garantieren. Als letztes ist die Öffentlichkeitskommunikation zu
nennen. Hiermit sind alle Kommunikationskanäle gemeint, die der Öffentlichkeit zu-
gänglich sind. Dies betrifft beispielsweise Geschäftsberichte, Presseauftritte, Image-
filme, Websites, Architektur und sämtliche Drucksachen, die vom Unternehmen ver-
öffentlicht werden.60 Besonders wichtig ist im Hinblick auf alle drei Bereiche der CI
die Gestaltung der Kommunikationsmedien.
Corporate Design, als selbstständige identitätsstiftende Komponente, verkörpert
dementsprechend den dritten Aspekt, der zur Schaffung eines ganzheitlichen CI-Kon-

59
Vgl. Regenthal 2009, S. 99–101.
60
Vgl. Regenthal 2009, S. 143–145.

17
zepts berücksichtigt werden muss. Hierauf liegt in dieser Arbeit ein besonderer Schwer-
punkt, denn während seiner Zeit bei Hoffmann-La Roche hatte Jan Tschichold hierauf
am meisten Einfluss. Gerhard Regenthal definiert das Corporate Design als das »visu-
elle Erscheinungsbild der Architektur, der gesamten Kommunikation und aller Präsen-
tationsweisen der Organisation / des Unternehmens«61. Das visuelle Erscheinungsbild
eines Unternehmens basiert auf dem Leitbild und den Grundsätzen des Unterneh-
mens. Das Ziel des Corporate Designs ist es, Wiedererkennungsmerkmale zu schaffen,
die das Image und die Identität des Unternehmens widerspiegeln. Das Design darf
demnach nicht losgelöst von der Unternehmensidentität konzipiert werden. Zum Cor-
porate Design zählen die Innen- und Außenarchitektur der Firmengebäude, der Fuhr-
park, die Firmenkleidung, PR-Maßnahmen, die Produktgestaltung und sämtliche
Drucksachen. All diese Kommunikationskanäle müssen in ihrer Gestaltung aufeinan-
der abgestimmt sein. Dabei kann ein sogenanntes Corporate-Design-Manual als
Grundlage dienen. In diesem werden einheitliche Layouts, Farben und Schriftarten
festgelegt, die standardmäßig verwendet werden. Das Corporate Design ist nur wirk-
sam, wenn es nicht im Widerspruch zum Leitbild, dem Corporate Behaviour und der
Corporate Communication steht. Die Gestaltung muss in Wechselwirkung zu anderen
Komponenten der Corporate Identity konzipiert sein. Dabei muss das Design zum
einen die Unternehmensidentität widerspiegeln und diese zum anderen selbstständig
hervorbringen und kommunizieren.62
Zunächst sind die Designs des Schriftzugs und des Firmensignets wichtig. Sie soll-
ten auf allen Kanälen umsetzbar sein, sei es auf einer Produktverpackung, auf einem
Plakat, im Internet oder auf einem Werbeschild. Wird ein neues Design angestrebt,
sollte ein Bezug zum alten erkennbar bleiben, um die etablierte Unternehmenskultur
zu erhalten. Dies kann beispielsweise über die Schriftart oder Farbwahl erfolgen. Wich-
tig für die Gestaltung von Signet und Schriftzug ist, dass diese Aufmerksamkeit erzeu-
gen. Dafür muss ein deutlicher Wiedererkennungswert gegeben sein, der das ästheti-
sche Empfinden des Betrachters anspricht.63 Des Weiteren sind für diese Arbeit vor
allem die Drucksachen von Bedeutung, auf denen sich das Signet und der Schriftzug
der Firma Hoffmann-La Roche wiederfinden. Hierzu zählen beispielsweise Briefbögen
und Umschläge, Visitenkarten, Stempel, Rundschreiben und Kurzmitteilungen, Ein-
ladungen, Glückwunschkarten, Urkunden, Geschäftsberichte und Verpackungen.64
Im Jahr 1955 trat Jan Tschichold seine Stelle als Leiter der Koordinationsstelle für
graphische Gestaltungen im Baseler Pharmakonzern Hoffmann-La Roche an. Zu die-
ser Zeit gewinnt auch die Idee einer einheitlichen Corporate Identity zunehmend an
Bedeutung. Der Begriff selbst etablierte sich jedoch erst in den 1980er Jahren. Trotz-
dem lassen sich die modernen Definitionen auf Jan Tschicholds Zeit beim Baseler
Pharmakonzern übertragen, da jedes Unternehmen eine Corporate Identity aufweist;
unabhängig davon, ob diese bewusst geplant und ganzheitlich ist oder nicht. In seinem
Buch Gesundheit darstellen verweist Alexander Bieri, der Leiter des historischen Archivs

61
Regenthal 2009, S. 171.
62
Vgl. Regenthal 2009, S. 171–173.
63
Vgl. Regenthal 2009, S. 177–179.
64
Vgl. Regenthal 2009, S. 172.

18
Roche, auf den Pharmakonzern J.R. Geigy, der sich bereits 1959 mit einem modernen
und einheitlichen Design auf dem internationalen Markt präsentierte. Besonders Hoff-
mann-La Roche als direkter Konkurrent von J.R. Geigy musste nun nachziehen und
die Entwicklung einer einheitlichen CI begann.65 Diese wurde durch das Konkurrenz-
verhalten zwischen Max Breitschmid, dem Leiter des graphischen Ateliers Roche, und
Jan Tschichold jedoch eher gestört als gefördert, ein Umstand, der im Hauptteil der
vorliegenden Arbeit genauer analysiert wird. Trotzdem waren beide Typographen
durch ihre gestalterischen Tätigkeiten maßgeblich an der Entwicklung der Corporate
Identity beteiligt.

1.4 Jan Tschichold


Tschichold wurde am 2. April 1902 in Leipzig geboren. Durch seinen Vater, der als
Schriftmaler tätig war und seinen Sohn zur Mithilfe animierte, kam er der Schriftkunst
nahe. Nach einer Seminarausbildung zum Zeichenlehrer ging er an die Akademie für
graphische Künste und Buchgewerbe nach Leipzig, wo er von Professor Hermann De-
litsch (1869–1937) gefördert wurde. Delitschs Lehre blieb Tschichold, abgesehen von
einem einjährigen Aufenthalt in Dresden, bei dem er zum Teil bei Heinrich Wieynck
(1874–1931) studierte, treu. Mit dem Bauhaus begann er seine eigenen typographi-
schen Regeln aufzustellen, ohne sich je klar zu einer Kunstrichtung zu bekennen. 1926
folgte durch einen Briefwechsel mit Paul Renner (1878–1956) die Berufung als Lehrer
an die Meisterschule in München. Auf seine kritische Art setzte Tschichold 1928 so
auch seine Neue Typographie durch, die in der Schweiz besonders in der ›Basler Gra-
phikschule‹ große Resonanz fand und die traditionelle, ornamentale Typographiege-
staltung ablöste.66 Im Zuge der Säuberungen der Nationalsozialisten, die auch an
Tschicholds Gestaltungen Anstoß nahmen, wurde Tschichold mit seiner Frau 1933 in
Schutzhaft genommen und als Lehrer entlassen. Es folgte die Emigration der Familie
nach Basel. Dank seiner dortigen Beziehungen und der ihm entgegengebrachten An-
erkennung durfte er trotz seiner deutschen Staatsbürgerschaft der Arbeit in einer Dru-
ckerei nachkommen und als Lehrer an der Gewerbeschule tätig sein.67
Auch in der Schweiz blieb Tschichold sich treu und begegnete mit einigen gedruck-
ten ›Hausregeln‹ innerhalb seiner neuen Wirkungsstätte einer von ihm als ungenügend
aufgefassten Typographie und versuchte sie zu vereinheitlichen.68 Nach einer kreativen
Schaffensphase im britischen Penguin Verlag von 1947 bis 1949 und einer von ihm
abgelehnten Berufung an die Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker in München
blieb Tschichold ab 1949 aus finanziellen Gründen in Basel. Auf der Suche nach der
optimalen Lesbarkeit wandte sich Tschichold in den 1930er Jahren von der neuen Ty-
pographie ab und klassischeren Idealen aus der Zeit der Renaissance zu. Er gab dem
Einsatz von Leerräumen sowie dem Inhalt des Wortes eine vordergründige Bedeutung.
So erarbeitete er in Carrolls Through the Looking Glass von 1948 oder Erasmus von

65
Vgl. Bieri 2009, S. 15 f.
66
Vgl. Bieri, S. 27.
67
Vgl. de Jong 2008, S. 21; Klemke 1988, S. 11–22.
68
Vgl. Klemke 1988, S. 22; Caflisch 2004, S. 11.

19
Rotterdams Das Lob der Torheit von 1943 das Schriftbild eines Buches, das sich bis
heute als Norm etabliert hat.69 Seine polarisierende Schaffensart, besonders nach seiner
ideellen Kehrtwende der 1930er Jahre, schloss trotz seiner Anerkennung häufig ein
stabiles Einkommen aus. Dies geht aus Briefen an die D. Stempel A.G. von 1963 wäh-
rend der Einrichtung seines eigenen Ateliers sowie einem Brief von Martin Schneider
hervor.70
Mitte der 1950er Jahre wurde seine finanzielle Situation so prekär, dass er den Bas-
ler Dirigenten Paul Sacher um Unterstützung bat. Dieser war als Verwaltungsratsmit-
glied der Firma Hoffmann-La Roche tätig und zugleich mit der Roche-Erbin Maja
Hoffmann-Stehlin verheiratet, sodass es noch im selben Jahr zu einer Anstellung bei
F. Hoffmann-La Roche & Co A.G. kam.71
Da das Unternehmen zu dieser Zeit bereits ein eigenes graphisches Atelier unter der
Leitung des Graphikers Max Breitschmid (1911–1970) führte, musste für Tschichold
eine eigene Stelle geschaffen werden. In dieser Position arbeitete er von 1955 bis 1968 72
neben dem Leiter des firmeneigenen Ateliers Max Breitschmid, dessen Konkurrenz
und die daraus resultierenden Konflikte die kreativen Prozesse zu fördern schienen. 73
In einem Rundschreiben vom 6. Januar 1955 wird Tschichold als Leiter der Koordi-
nationsstelle für graphische Gestaltungen vorgestellt,
»der eine beratende Funktion in sämtlichen die Ausstattung unserer Drucksachen (einschliess-
lich Packungen und Inserate) betreffenden Fragen zugedacht ist. Ihre Dienste stehen in erster
Linie den Basler Abteilungen VII, Pharma und V-Vit, sowie der Panteen A.G. zur Verfügung,
darüber hinaus auch allen anderen Stellen des Konzerns, die sich mit der Herstellung und Aus-
gabe von Drucksachen befassen.«74

Weiter heißt es im oben genannten Rundschreiben: »Im Interesse einer konstruktiven


Zusammenarbeit werden die Abteilungen aufgefordert, Herrn Tschichold bei der Er-
stellung neuer Drucksachen und Packungen zu konsultieren.«75 Breitschmid als Gra-
phiker der Baseler Schule war stark von der neuen Typographie geprägt, während sich
Tschichold weiterentwickelt hatte. Die daraus resultierenden, absehbaren Konflikte
sollten vermieden werden, indem die Gestaltungsarbeiten nach typographischen und
graphischen Schwerpunkten getrennt ausgearbeitet wurden. Tschichold entwarf für
den Konzern zu Beginn seiner Anstellung das gesamte Büromaterial neu und überar-
beitete »außer einer Unmenge kleinerer Drucksachen eine große Zahl von Broschüren

69
Vgl. Bieri 2009, S. 28; Klemke 1988, S. 99, 117.
70
Vgl. Schneider: Brief. Wie Tschichold zu La Roche kam, welche Tätigkeiten er ausgeübt hat
(PE.2.TSJ-102027) und Tschichold: Brief. Durchdruck Brief an die D. Stempel AG
(NL TSCH/70).
71
Vgl. Bieri 2009, S. 27.
72
Die Literatur ist sich indes uneins über das genaue Jahr seiner Pensionierung bei Hoffmann-La Ro-
che, so führen McLean und De Jong das Jahr 1967 an. Aus der firmeneigenen Publikation Gesund-
heit darstellen geht jedoch hervor, dass Tschichold bis einschließlich 1968 als Graphiker tätig war.
73
Vgl. Klemke 1988, S. 22–27; Kreis / Wartburg 2016, S. 337.
74
General-Sekretariat Roche: Rundschreiben. Koordinationsstelle für graphische Gestaltung
(PE.2.TSJ-1020).
75
General-Sekretariat Roche: Rundschreiben. Koordinationsstelle für graphische Gestaltung
(PE.2.TSJ-1020).

20
mit Prestigecharakter […], die aber nur Ärzte erreicht haben und der Öffentlichkeit
unbekannt geblieben sind«76. Später übernahm er die Neugestaltung des Firmensignets
und der Geschäftsberichte. Diese sollten sich in Zukunft durch eine zurückhaltende
und seriöse Gestaltung auszeichnen.77 Persönliche Schriften wurden durch klassische
Schriftschnitte, die sich dem Inhalt als adäquat erwiesen, ersetzt.78 Aus seinen typogra-
phischen Werken sowie aus seinen Entwürfen ist auch ersichtlich, wie sorgfältig
Tschichold arbeitete. Dies prägte vor allem seine Beziehungen zu Kollegen, mit denen
er rege, teils harsche Korrespondenz betrieb. Für Tschichold waren Fehler schnell ge-
funden und klar und deutlich von dem Bild guter Typographie, wie er sie auffasste, zu
trennen. Empathische Zwischentöne hatten sich der guten Gestalt stets unterzuord-
nen. Aus seinem Anspruch nach Sorgfalt resultierten Arbeiten, die bis heute wegen
ihrer guten Gestaltung geschätzt werden. Vieles, was er entwarf, ist auf Prägungen aus
seiner Jugendzeit zurückzuführen, vieles sucht nach der Einfachheit oder dem Ur-
sprung, den er im Klassischen der alten Meister wie Sabon oder Garamond wiederfand.
Aus diesem Grund scheint es bedeutsam, im Weiteren einen Blick auf den Ausdruck
Tschicholds zu werfen, den er der Firma in seinen Gestaltungen zukommen ließ.

2 Jan Tschichold als Gestalter bei Hoffmann-La Roche


Wie im vorherigen Kapitel erläutert wurde, greifen Gestaltung und Kommunikation
im Sinne der Corporate Identity ineinander und transportieren das Leitbild des Un-
ternehmens in die Öffentlichkeit. Von besonderem Interesse für diese Forschungsar-
beit ist vor allem die mediale Kommunikation von Hoffman-La Roche und deren Ge-
staltung durch Jan Tschichold. Hierfür werden im Folgenden verschiedene Drucksa-
chen aus Tschicholds Baseler Zeit untersucht.

2.1 Medienleistung und Typographie


Die in diesem Kapitel untersuchten Dokumente der Firma Hoffmann-La Roche rich-
ten sich an unterschiedliche Adressaten und unterliegen deshalb unterschiedlichen An-
forderungen: Hoffmann-La Roche richtet sich intern an die eigenen Mitarbeiter sowie
extern an allgemeine Multiplikatoren wie Ärzte und Apotheker und an potentielle
Endkunden. Weiterhin existiert eine Adressatengruppe einer privilegierten Teilöffent-
lichkeit, die unter anderem aus Aktionären, ausgewählten Ärzten und Geschäftspart-
nern besteht. Für jede Adressatengruppe wurden beispielhaft typische Drucksachen
ausgewählt und analysiert. Dazu zählen Rundschreiben, Geschäftsberichte, Akziden-
zien und Medikamentenbroschüren.
Das Gelingen der unterschiedlichen Kommunikationsprozesse ist dabei nur ge-
währleistet, wenn die jeweilige spezifische Medienleistung der Dokumente, bestehend
aus Bereitstellungsqualität, Medienfunktionalität und Gratifikationsprofil, erfolgreich

76
Klemke 1988, S. 26.
77
Vgl. Schneider: Brief. Wie Tschichold zu La Roche kam, welche Tätigkeiten er ausgeübt hat
(PE.2.TSJ-102027) und Bieri 2009, S. 28.
78
Vgl. Klemke 1988, S. 28.

21
erbracht wird. Die Bereitstellungsqualität setzt sich aus inhaltlichen, herstellungstech-
nischen, formalen sowie distributiven Aspekten wie der Bereitstellungsdauer, -räume
und -kosten zusammen.79 Die Medienfunktionalität beschreibt davon ausgehend die
adäquate Umsetzung des spezifischen Problemlösungspotentials für den Rezipienten.
Gratifikationsprofile berücksichtigen schließlich noch die Erwartungen des Rezipien-
ten an das Medium und bestimmen davon ausgehend dessen Akzeptanz für spezifische
kommunikative Prozesse. Die Medienleistung beeinflusst somit übergreifend die Nut-
zung, Zuschreibungen und Wirkungen von Kommunikationsangeboten maßgeblich.80
Die typographische Gestaltung ist in dieser Perspektive ein wesentlicher Einfluss-
faktor auf die Medienleistung und wirkt sich auf die Bereitstellungsqualität, die Funk-
tionalität und die Gratifikationen der Medienangebote gleichermaßen aus: Typogra-
phische Tätigkeiten sind somit immer dem Zweck untergeordnet, die vom Unterneh-
men zu vermittelnden Informationen einerseits wirkungsvoll, andererseits sinngemäß
an die jeweiligen Adressatengruppen zu kommunizieren.
Jan Tschicholds typographische Entscheidungen bei Hoffmann-La Roche werden
in der vorliegenden Arbeit deshalb produktspezifisch unter makrotypographischen As-
pekten wie Schriftart und Satzspiegel sowie mikrotypographisch, beispielsweise hin-
sichtlich der Verwendung von Auszeichnungen, Schriftschnitten, Zeilenabständen,
Durchschuss, Laufweiten und Ligaturen untersucht. Auch die Qualität der Trägerma-
terialien nimmt Anteil an der Kommunikation der Medien und soll genauer betrachtet
werden.
Die grundlegenden Maßstäbe funktionaler typographischer Gestaltung bei Hoff-
mann-La Roche kommunizierte Tschichold bereits kurz nach seiner Einstellung im
Januar 1956 in einem Rundschreiben mit typographischen Gestaltungsrichtlinien für
alle Druckwerke: Es sollen nur drei Schriftgrade verwendet werden. Der Durchschuss
soll zwischen 2 und 6 Punkt betragen und Absätze durch einen Gevierteinzug gekenn-
zeichnet werden. Das optimale Format für eine Broschüre entspricht nach Tschichold
einer Proportion von 3 :2. Die Ränder des Satzspiegels müssen mindestens zehn Milli-
meter breit sein. Zudem gab er Empfehlungen zur kostengünstigen Papierwahl und
zur Verwendung bestimmter, klassischer Schriftarten.
Diese Thesen überschneiden sich zum Teil mit seinen 1960 verfassten 14 Geboten,
die in Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie dargelegt werden. Darin führt er
auf, dass Versalien im Gegensatz zur Normalschrift gesperrt werden müssen. Zudem
gilt ein sauberer Ausschluss, der für einen geraden Zeilenfall sorgt, als Qualitätsmerk-
mal. Dieser wird beim Setzen mit einem Computer durch die Verwendung des Block-
satzes gewährleistet. Symmetrischer und asymmetrischer Satz dürfen nicht gemischt
werden. Er hält zu einer sparsamen Verwendung von Auszeichnungsschriften und farb-
lichen Kennzeichnungen an. Von einer Schriftmischung rät er prinzipiell ab, wäre dies
jedoch notwendig, sollte der Kontrast beider Schriften deutlich sein. Dies gilt auch für
die Verwendung unterschiedlicher Schriftgrade.

79
Vgl. Saxer 2013, S. 90.
80
Vgl. Leonhard 1999, S. 114.

22
2.2 Drucksachen
2.2.1 Interne Kommunikation
Einen Einblick in die interne Kommunikation des Unternehmens Hoffmann-La Ro-
che gewährleisten die von der Direktion an die Mitarbeiter ausgesandten Rundschrei-
ben und internen Mitteilungen. Sie informieren beispielsweise über die Arbeitsaufträge
oder über allgemeine Neuigkeiten zur Kenntnisnahme aller adressierten Mitarbeiter.
Diese Inhalte erfordern Übersichtlichkeit und einen klaren Adressatenbezug, um an-
gemessen übermittelt zu werden. Die internen Mitteilungen dienen der schnellen und
reibungslosen Informationsverbreitung in einem einseitigen Kommunikationskanal.
Ihr Leistungsvermögen ist folglich ihrer unternehmensinternen Funktion anzupassen:
Der Anspruch an eine funktionale Typographie liegt hier in ihrer Klarheit und Effizi-
enz, da eine fehlgeleitete Kommunikation der Inhalte negative Konsequenzen für das
Unternehmen haben kann.
Das Schreiben mit der Nummer 1443, das im Katalog unter der Bezeichnung
›Rundschreiben‹ aufgeführt wird, ist auf den 6. Januar 1955 datiert und trägt den Brief-
kopf des General-Sekretariats. Auf dem losen Blatt sind die Kennzeichnung »Rund-
schreiben« sowie die darunter für Datum und Nummer vorgesehenen Leerzeilen
rechtsbündig hervorstechend und erheben sich über die Absendernennung, die, wie
die Datumsangabe, links auf derselben Zeile steht. Darunter werden namentlich alle
sieben Adressaten genannt. Zudem ist anzunehmen, dass die Mitteilungen darüber
hinaus den jeweiligen Abteilungen zugestellt wurden. Dies bestätigen auch die den
Namen nachgestellten Abkürzungen der Abteilungen, wodurch eine genaue, unmiss-
verständliche Zuordnung möglich ist. Auf einzelne, vermutlich mit dem jeweiligen
Briefkopf vorgefertigte und in den Abteilungen vorliegende Blätter maschinell ge-
schrieben, verfügt das Medium über eine schnelle Verfügbarkeit, da vor der Verbrei-
tung keine weitere graphische Bearbeitung nötig war. Es ist anzunehmen, dass die
Glaubwürdigkeit der Absender sowie die Ausführung der enthaltenen Handlungsauf-
forderungen im Rahmen eines bekannten Kommunikationssystems gewährleistet wa-
ren. Da keiner der Vordrucke zeitbezogene Informationen aufweist, konnten diese
über mehrere Jahre verwendet werden. Dies ist ökonomisch effizient, bedeutet aber
auch, dass sich die Gestaltung der Rundschreiben zeitlich verschleppen kann, das heißt,
bei einer Neugestaltung der Briefköpfe die neuen mit den alten parallel im Umlauf sein
können. Daher ist nicht zu beweisen, dass das zweite vorliegende Exemplar nach der
Einstellung Tschicholds auch im Ganzen von ihm entworfen wurde oder einer bereits
vorhandenen Gestaltung entsprach. Unabhängig davon zeichnete sich Tschichold aber
für die Gestaltung der restlichen Mitteilung verantwortlich. Darüber hinaus ist das
Rundschreiben auch im Hinblick auf die CI eine Berücksichtigung wert.
Ein fett gesetzter, schwarzer Querstrich trennt den gedruckten Briefkopf von dem
rot hervorgehobenen, schreibmaschinell eingefügten Inhalt des Schreibens (siehe
Abb. 1). Es wurde sowohl die Überschrift »Koordinationsstelle für graphische Gestal-
tung« als auch der Name des als Schriften-Experte bezeichneten »Herr[n] Jan
Tschichold« unterstrichen. Bis auf den zentriert geführten Namen ist der gesamte In-
halt linksbündig im Flattersatz gesetzt. Der Brief trägt eine Unterschrift sowie einen

23
Zahlencode am unteren Seitenrand, der für die Archivierung nachträglich angelegt
wurde.

Abbildung 1: Rundschreiben des General-Sekretariats über die Schaffung einer Koordinationsstelle für
Tschichold (PE.2.TSJ-102027).

Das Rundschreiben zeichnet sich durch einen klaren und übersichtlichen Gesamtein-
druck aus. Ein Logo, mit dem sich die Mitarbeiter identifizieren könnten, fehlt. Der
Zweck ist die schnelle, interne Informationsweitergabe, die so effizient und schmucklos
wie möglich gehalten wurde. Die Briefköpfe sind vorgefertigt, der betreffende Inhalt

24
kann schnell hinzugefügt werden. Aus diesem Grund und auch der unternehmensin-
ternen Kommunikation geschuldet, ist es naheliegend, dass die individuellen Nach-
richten ohne großen gestalterischen Aufwand angefertigt wurden. Der Briefkopf dage-
gen ist bündig in serifenloser Schrift gesetzt, die den sachlichen, schlichten Eindruck
unterstreicht. Tschichold selbst duldete diesen Einsatz in seinen später angefertigten
Grundregeln von 1956, zog ihr jedoch eine größere Antiquaschrift vor. Gemessen an
Tschicholds typographischen Vorgaben zeichnet sich das vorliegende Rundschreiben
durch keinerlei Raffinesse aus, begeht aber auch im Sinne Tschicholds keine typogra-
phischen Nachlässigkeiten, die Anlass zu einer Überarbeitung geboten hätten. Die Ab-
sätze sind auch von links lesend erkennbar, jedoch bedingt durch vermehrten Durch-
schuss anstelle eines Einzugs, wie es Tschichold vorgab. Die Schriftgrade variieren
nicht. Die gestalterische Regel von drei Schriftgraden scheitert an der geringen Wort-
anzahl sowie dem durch das Medium bedingten Mangel an typographischen Auszeich-
nungen wie Überschriften. Zusätzlich dazu bietet eine Schreibmaschine nur begrenzt
typographische Möglichkeiten.
Die 1960 von den Mitarbeitern ausgefüllten Vorlagen für die internen Mitteilun-
gen, die sich im Leipziger Tschichold-Nachlass befinden, sind in ihrer Gestaltung
ebenfalls reduziert. Ihr Briefkopf beginnt mit den Worten »Interne Mitteilung«, die in
Versalien gesetzt wurden. Diese Überschrift steht anders als die vorherige linksbündig
und ist in ihrem Schriftschnitt deutlich schmaler sowie gesperrt. Dem gegenüber liegen
die Zeilen für die Anschrift und eine weitere Zeile für mögliche Kopien an einen zu-
sätzlichen Adressaten. Darunter verweisen die Einleitungen »von:«, »Datum:« und »Be-
trifft:« auf den verfassenden Mitarbeiter und sein Anliegen. Auch hier sind die Zeilen
zum Ausfüllen vorgesehen. Diese neue Anordnung stellt die Nennung des Adressaten
auf dieselbe Zeilenhöhe wie die Beschriftung als interne Mitteilung, die unterstrichene
Betreffzeile leitet das betrachtende Auge jedoch optisch auf die rechte Textseite. Das
Datum ist linksbündig unter die Nennung des Adressaten gestellt.
Bei dieser von Tschichold herausgegebenen Mitteilung vom 22. Januar 1960 ist
deutlich seine Gestaltungsweise zu erkennen, auch kurze Texte in einem Mindestmaß
an Zeilenbündigkeit und Übersichtlichkeit zu setzen (siehe Abb. 2 und 3). So weisen
seine Absätze einheitliche Einzüge und bewusste Zeilenumbrüche aus. Der offene Zei-
lenfall ergibt ein harmonisch wirkendes typographisches Gesamtbild.
Aus Tschicholds Vorlieben für Absatzmarkierungen und offenen Zeilenfall, die sich
hier im Gegensatz zum unstrukturierteren Rundschreiben vom General-Sekretariat ab-
lesen lassen, kann man schließen, dass es für die interne Kommunikation keine über-
geordneten Richtlinien zur Gestaltung gab. Auch ist für diese Zeit kein nachweislich
einheitlicher Stil in den Zeilenumbrüchen, den Absatzkennzeichnungen oder Aus-
zeichnungen unter den Mitarbeitern zu erkennen, der einen Rückschluss auf eine ein-
heitliche typographische Schulung geben würde. Ohne Richtlinien kann die Kommu-
nikation schnell aufgenommen werden, was dem Anspruch nach Aktualität der Mit-
teilungen dienlich ist. Mithilfe einer serifenlosen Schrift in einem übersichtlichen, le-
diglich die nötigsten Daten umfassenden Briefkopf werden auch diese der Kommuni-
kationsfunktion gerecht.

25
Abbildung 2: Interne Mitteilung Tschicholds zu den Versuchsbuchstaben der Aufschrift ROCHE,
1. Seite (NL TSCH/78/82).

26
Abbildung 3: Interne Mitteilung Tschicholds zu den Versuchsbuchstaben der Aufschrift ROCHE,
2. Seite (NL TSCH/78/82).

Der schnellen Informationsaufnahme ist diese Art der Gestaltung demnach zweckdien-
lich. Die Nennung der Adressaten in beiden Briefköpfen gliedert die internen Mittei-
lungen inhaltlich nach Relevanz. Die Typographie kann daher als adäquat zurückhal-
tend beschrieben werden. Es sollen einfache, sachliche Information vermittelt werden,
was eine schlichte typographische Gestaltung bedingt. Typographischen Unzuläng-
lichkeiten sind der Funktion der internen Mitteilungen, und zwar schnell und effizient
eine Information zu verbreiten, geschuldet. Den Ansprüchen der CI, ein einheitliches

27
Bild auch in den Vordrucken der Rundschreiben einzuhalten, wird dadurch aber nicht
entsprochen. Diese Diskrepanz kann daran liegen, dass das Konzept einer ganzheitli-
chen CI zu dieser Zeit noch nicht ausgereift war. Zudem liegen nur wenige archivierte
Rundschreiben zum Vergleich vor.

2.2.2 Externe Kommunikation: Teilöffentlichkeiten


Im folgenden Unterkapitel erfolgt die Analyse ausgewählter Dokumentgestaltungen,
die sich an eine von Hoffmann-La Roche privilegierte Teilöffentlichkeit wenden.
Hierzu zählen sowohl Akzidenzien wie eine Menükarte und die herausgegebenen Ge-
schäftsberichte des Konzerns als auch Medikamentenbroschüren.
MENÜKARTE FÜR EIN GALADINER
Zwischen den zahlreichen Broschüren und Faltblättern für die verschiedensten Medi-
kamente findet sich in Tschicholds Nachlass ein ganz besonderes Werbemittel für das
Leberschutzpräparat Litrison: eine Menükarte für ein Galadiner.

Abbildung 4: Menükarte, Vorder- und Rückseite (NL TSCH/78/70).

Diese Menükarte wurde auf einem DIN A2 Bogen gedruckt und zu zwei DIN A3
Seiten in der Mitte gefalzt. Auf der Vorderseite befindet sich ein Holzschnitt aus dem
Kochbuch Banchetti von Cristoforo di Messisbugo,81 einem italienischen Meisterkoch,
der in Ferrara für die Familie Este, einem italienischen Adelsgeschlecht, arbeitete. Das
Werk beinhaltet hierbei nicht nur Rezepte, sondern erklärt auch, wie man ein Festessen
für Prinzen und den Hochadel organisiert. Die Wahl des Holzschnittes von 1549 auf

81
Vgl. Tschichold: Menükarte. Menükarte für ein Galadiner (NL TSCH/78/70, Rückseite).

28
der Vorderseite der Menükarte ist deshalb aus Sicht von Hoffmann-La Roche nach-
vollziehbar.82 Der Holzschnitt zeigt eine Großküche, in der fünf Köche damit beschäf-
tigt sind, diverse Speisen zuzubereiten (siehe Abb. 4). Darüber findet sich die golden
gedruckte Überschrift »Dîner de Gala«. Sie ist in gesperrten Versalien gesetzt. In kur-
siven Gemeinen sind unter dem Holzschnitt die Worte »pour les gourmets« ebenfalls
in goldener Farbe gedruckt. Bis auf die Rückseite ist die gesamte Karte auf Französisch
(siehe Abb. 4).

Abbildung 5: Menükarte, Innenseiten (NL TSCH/78/70).

Schlägt man die Menükarte auf, befindet sich auf der linken Seite das Menü, das ins-
gesamt zwölf Gänge umfasst. Diese werden jeweils durch kleine goldene Asterisken
graphisch voneinander getrennt (siehe Abb. 5). Die Gerichte sind in schwarzer Schrift
gedruckt und in Kapitälchen gesetzt. Das gesamte Menü ist zentriert gesetzt. Darüber
befindet sich dieselbe Überschrift wie auf der Vorderseite. Auf der rechten Seite ist die
Weinkarte platziert. Die einzelnen Weine sind nach Sorte gegliedert und ebenfalls
durch Asterisken optisch voneinander getrennt. In Versalien gesetzte Überschriften
über den jeweiligen Weinen geben die jeweilige Sorte an. Die Weine selbst sind durch
keine Auszeichnungsschrift gekennzeichnet. Hinter den Weinen ist immer der dazu-
gehörige Jahrgang angegeben. Alle Informationen sind zentriert auf der Seite platziert
und tabellentypographisch angeordnet (siehe Abb. 5). Diese Anordnung der Textele-
mente entspricht dem Dispositiv von Menükarten. Inhalt und Zweck sind auf den
ersten Blick erkennbar.

82
Vgl. Brown 1975, S. 217.

29
Erst im Hinblick auf den auf der Rückseite der Karte mit blauer Tinte gedruckten Text
(Abb. 4) wird die werbende Funktion der Menükarte deutlich. Der Text ist an Ärzte
adressiert, denen das Medikament Litrison Roche mit Hilfe der Menükarte nahege-
bracht werden soll. Durch die persönliche Ansprache der Zielgruppe spiegelt sich die
privilegierte Adressatengruppe wider. Tschichold greift hier eine Alltagssituation in der
ärztlichen Praxis auf, der sich mit Patienten konfrontiert sieht, die sich ungesund er-
nähren und auch nichts daran ändern möchten. Dank Litrison Roche sei es nun mög-
lich, dieses Problem prophylaktisch anzugehen. Wer das Medikament einnimmt, soll
so viel essen können, wie es ihm beliebt, ohne dass die Leber Schaden nimmt. Um das
Medikament hervorzuheben, ist es im Text unterstrichen (Abb. 4). Der handschriftli-
che Text suggeriert eine persönliche Nähe zum Adressaten und unterstreicht die di-
rekte Ansprache. Unter der persönlichen Notiz wird erneut der Name des Medika-
ments sowie dessen Funktion und Dosierung genannt. Danach folgt der Hinweis auf
den Hersteller Hoffmann-La Roche, der mit goldener Farbe hervorgehoben wird. Am
untersten Rand befindet sich die Quellenangabe für den auf der Vorderseite verwen-
deten Holzschnitt.
Die Menükarte wurde für ein einmalig stattfindendes Ereignis gedruckt und ist da-
her schwer mit anderen Drucksachen und deren Gestaltung zu vergleichen. Auch wenn
Tschichold sich gegen eine übermäßige Verwendung von Auszeichnungsschriften aus-
spricht, ist das gesamte Menü in Kapitälchen gedruckt. Trotzdem wird die Lesbarkeit
in diesem Fall nicht eingeschränkt, da der Rezipient hier nicht gezwungen ist, einen
langen zusammenhängenden Text zu lesen, sondern nur einzelne Zeilen. Zudem ent-
schied sich Tschichold für eine asymmetrische Gestaltung der Doppelseite. Weder auf
den Innenseiten noch auf der Außenseite ist ein festgelegter Satzspiegel zu erkennen.
Zudem ist keine Registerhaftigkeit der gegenüberliegenden Seiten gegeben. Es wurde
nur darauf geachtet, dass der Text innerhalb der Seite, nicht aber in Bezug auf die
Doppelseite zentriert steht. Die Gestaltung der Rückseite entspricht nicht dem zuvor
beschriebenen Schema. Trotzdem hält sich Tschichold hier an seine Regeln für gute
Typographie. In seinen 14 typographischen Geboten von 196083 betont er, dass ein
asymmetrischer Satz nicht schlechter als ein symmetrischer sei. Der Typograph müsse
sich lediglich für eine Variante entscheiden. Diese Entscheidung ist vom Inhalt und
der Funktionalität der Drucksache abhängig. Aufgrund der Listenhaftigkeit der Me-
nükarte bietet sich diese besonders gut für eine asymmetrische Lösung an. Trotz der
Asymmetrie wirkt das gesamte Schriftbild harmonisch. Die Karte gibt genau vor, wel-
cher Text auf welcher Seite stehen muss. Inhaltlich würde es keinen Sinn ergeben, ei-
nen Teil des Menüs auf die Seite mit den Weinen zu verschieben. Durch den asym-
metrischen Satz vermied Tschichold es, eine Seite unnatürlich stauchen oder strecken
zu müssen.
In welchem Rahmen und zu welchem Zeitpunkt das Galadiner stattgefunden hat,
ist nicht belegt. Auf der Innenseite der Karte ist unten am Falz der Hinweis auf Emilio
Casanova, der das Menü zusammenstellte, gegeben. Es ist anzunehmen, dass der Phar-

83
Vgl. Tschichold nach Maier 1960.

30
makonzern für eine wichtige Zielgruppe ein großes Festessen ausgerichtet hat, das zu-
gleich eine geschäftliche Veranstaltung zur Kundenbindung darstellte. Die Adressaten
der Menükarte stellen hier eine privilegierte Teilöffentlichkeit dar. Der Fokus liegt ge-
zielt auf Ärzten, die das Medikament ihren Patienten verschreiben oder empfehlen sol-
len. Die Bereitstellung der Drucksache ist auf Ort und Zeit der Veranstaltung begrenzt.
Auflage und Herstellungskosten sind nicht mehr nachvollziehbar. Inhaltlich waren
zum einen der bereits erwähnte Emilio Casanova und zum anderen Jan Tschichold
unter der Anweisung Hoffmann-La Roches zuständig. Als Kommunikator hat der
Pharmakonzern die Inhalte hier gezielt reguliert und privilegiert. Auf der Menükarte
werden beispielsweise der Name, die Dosierung und die Vorteile des Medikaments
Litrison Roche genannt. Vor dem werbenden Hintergrund werden die Nebenwirkun-
gen allerdings gezielt weggelassen.
Die Menükarte stellt demnach eine außergewöhnliche Marketingmaßnahme dar,
die heute dem Begriff der ›Ambient Medien‹ zuzuschreiben ist. Laut Gablers Wirt-
schaftslexikon sind damit Werbeträger gemeint, die im direkten »Lebens- und Freizeit-
umfeld«84 der gewünschten Zielgruppe platziert werden. Entscheidend dabei ist, dass
der Adressat in dieser Situation nicht erwartet, mit Werbung konfrontiert zu werden.85
Bei der Menükarte ist dies ebenfalls der Fall. Den Ärzten auf dem Bankett war höchst-
wahrscheinlich bewusst, dass das Galadiner vor einem geschäftlichen Hintergrund
stattfand. Auf einer Menükarte ist die Kommunikation einer Werbebotschaft jedoch
unerwartet. Die Litrison Roche Werbung auf einer hochwertig gestalteten Menükarte
zu platzieren, die für ein luxuriöses Galadiner gedacht ist, soll die Markenbildung vo-
rantreiben. Die Zielgruppe soll dabei das Unternehmen und seine Produkte mit einer
exklusiven Qualität assoziieren. Die Firma Hoffmann-La Roche präsentiert sich durch
diese Werbestrategie als hochwertige Erlebnismarke und schafft über das Event eine
emotionale Bindung zu seinen Kunden. Die Funktionalität der Menükarte als uner-
wartetes Werbemedium wird erfüllt und ermöglicht die Verbindung von Freizeitge-
staltung und geschäftlichen Anliegen.
GESCHÄFTSBERICHTE
Um Tschicholds Einfluss auf die CI genauer zu betrachten, erfolgt ein Vergleich des
Geschäftsberichts von 1956, den Max Breitschmid gestaltet hatte, sowie des Geschäfts-
berichts von 1962 von Jan Tschichold. Das Medium des Geschäftsberichts richtet sich
hierbei sowohl an eine privilegierte Teilöffentlichkeit wie Aktionäre als auch an Mitar-
beiter des eigenen Unternehmens. Es fungiert aus diesem Grund zeitgleich als Kom-
munikationskanal der internen und externen Kommunikation.
Der 37. »Geschäftsbericht des Verwaltungsrates der Firma F. Hoffmann-La Roche
& Co.« stammt aus dem Jahr 1956 und wurde von Max Breitschmid angefertigt und

84
Esch. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/ambient-medien.html
[16.02.2018/04.03.2018].
85
Vgl. Esch. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/ambient-medien.html
[16.02.2018/04.03.2018].

31
hat das Jahr 1955 als Berichtjahr. Jan Tschichold übernahm die Gestaltung der Ge-
schäftsberichte ab dem Jahr 1959.86

Abbildung 6: Geschäftsbericht von 1956 (vgl. Breitschmied 1956).

Das Titelblatt hat die Maße 21 × 28 cm und ist auf senfgelbem Papier gedruckt (siehe
Abb. 6). Die Broschüre lagert im Firmenarchiv La Roche in Basel. Das Titelblatt nennt

86
Vgl. Bieri 2009, S. 33.

32
die Nummer des Geschäftsberichts und die Firma Hoffmann-La Roche, den Erschei-
nungsort Lausanne und das Jahr 1956. Der Geschäftsbericht wurde am 9. Mai 1956
in der ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre erstattet.87 Auf dem Titelblatt
finden sich verschiedene Schriftgrade. Zudem werden Fette und Versalien für die Aus-
zeichnung benutzt. Der Firmenname ist durch leichte Sperrung typographisch hervor-
gehoben. Besonders das bereits in seiner Grundform sehr geschwungene und auffällige
Et-Zeichen gewinnt hierdurch an Raum. Zusätzlich setzt Breitschmid verschiedene
Zeilen- und Absatzabstände ein, wodurch der Titel des Geschäftsberichtes, der Fir-
menname und der Ort hervorgehoben werden und das Titelblatt optisch strukturiert
werden soll. Als typographische Auszeichnung finden sich eine englische Linie mit Or-
nament sowie ein schwarzer Rahmen, der das Titelblatt umfasst.
Im Gegensatz hierzu steht der Geschäftsbericht der Firma Hoffmann-La Roche für
das Jahr 1961, der 1962 von Jan Tschichold gestaltet wurde. Die Maße des Berichts
sind 21 × 28 cm auf pastellgelbem Papier. Der Bericht liegt in einer Fadenheftung vor
und wurde per Handpresse erstellt. Genannt werden der Name des herausgebenden
Pharmakonzerns F. Hoffmann-La Roche & Co. sowie der Zusatz »Aktiengesellschaft«.
Zusätzlich hierzu erfolgt die inhaltliche Information: »dreiundvierzigster Geschäftsbe-
richt des Verwaltungsrates, für das Jahr 1961«. Das untere Drittel zeigt die ›Light‹-
Version des Roche Signets zentriert.
Das Titelblatt ist im Blocksatz gesetzt, die Schrifttype scheint die von Tschichold
für Broschüren präferierte Baskerville zu sein. Diese unterscheidet sich durch das cha-
rakteristische »w« sowie das offene »g« von der Janson- oder Garamond-Type. Auf dem
Titelblatt wurde sie in einem Schriftgrad verwendet. Typographische Hervorhebungen
erfolgen ausschließlich für die oberste Zeile, die den Firmennamen »F. Hoffmann-La
Roche & Co.« nennt (siehe Abb. 7). Dieser ist in Kapitälchen gesetzt und gesperrt.
Weiterhin finden bei Jan Tschicholds Gestaltung Mediävalziffern Verwendung. Typo-
graphische Hervorhebungen finden sich auf Tschicholds Titelblatt durch Kapitälchen
und zwei schlichte, englische Linien, die den Titel des 43. Geschäftsberichts vom Fir-
mennamen und Signet abgrenzen. Auch das Signet als graphische Komponente fun-
giert als auszeichnender Aspekt des Titelblatts.
Es ist bei der genaueren Analyse des jährlichen Geschäftsberichtes zu beachten, an
welche Zielgruppe sich dieser wendet. Geschäftsberichte sind nicht als Teil der wer-
benden Kommunikation an den Endverbraucher vorgesehen, sondern erfüllen den
Zweck, das Unternehmen und seine geschäftliche Entwicklung sowohl mit Blick auf
das vergangene Bilanzjahr als auch auf die Zukunft darzustellen.88 Sie sind hauptsäch-
liches Mittel der Kapitalmarktkommunikation und bieten weitreichendere Informati-
onen als Unternehmensbilanzen.89 Die Zielgruppe ergibt sich aus einer Mischung von
Kapitalgebern, Kunden und Mitarbeitern und der Geschäftsbericht fungiert demnach
als Möglichkeit, das Unternehmen extern in der Öffentlichkeit und intern im eigenen

87
Vgl. Geschäftsbericht, »erstattet in der ordentlichen Generalversammlung Geschäftsbericht der Akti-
onäre vom 09. Mai 1956«.
88
Vgl. Reis 2001, S. 31 f.
89
Vgl. Gablers Wirtschaftslexikon, Geschäftsbericht [14.02.2018/30.03.2018].

33
Haus darzustellen und zu vermarkten.90 Die resultierende Funktion des Titelblatts ist,
die wichtigsten inhaltlichen Informationen des Geschäftsberichts wiedererkennend zu
vermitteln. Durch seine stark heterogene Zielgruppe ist der Geschäftsbericht weiterhin
für die CI sowohl unternehmensextern als auch -intern von Bedeutung, wodurch eine
wiedererkennbare und alle Verlautbarungen umfassende Gestaltung sinnvoll ist.

Abbildung 7: Geschäftsbericht von 1962 (vgl. Tschichold 1962).

90
Vgl. Reis 2001, S. 31.

34
Resultierend aus der werbenden Funktion des Geschäftsberichtes kann Hoffmann-
La Roche als Kommunikator die Inhalte des Berichts regulieren. Hierbei bildet die
Darstellung von Fakten wie etwa Umsatzzahlen im Zusammenspiel mit Umwelt- und
Sozialberichten91 das vermittelnde Bindeglied zwischen Hoffmann-La Roche und den
Rezipienten der Geschäftsberichte. Der herausgebende Pharmakonzern ist dement-
sprechend in der Lage, durch die angepasste Aufbereitung der Inhalte Reaktionen der
Empfänger zu steuern und ein Bild des Konzerns zu formen.
Unter dem nach Saxer eingeführten Begriff der Gratifikation erwarten Konsumen-
ten die Aufbereitung unternehmensrelevanter Informationen in kompakter Form, die
es dem Rezipienten ermöglichen, Entscheidungen bezüglich der zukünftigen Rolle des
Unternehmens im eigenen Wirkungskreis zu treffen. Aus der kommunikativen Funk-
tion des Geschäftsberichts ergibt sich bei der Betrachtung von Breitschmids Entwurf
eine klare Dissonanz zwischen kommunikativer Funktion und Gestaltung. Das Titel-
blatt beinhaltet wenig Weißraum und der schwarze Rahmen begrenzt und minimiert
die optische Fläche zusätzlich. Der Fokus liegt auf dem fett gedruckten »Geschäftsbe-
richt des Verwaltungsrates« beziehungsweise auf dem zentriert gesetzten Veröffentli-
chungsort, was als dysfunktional bewertet werden kann. Die zielgruppenrelevanten In-
formationen bezüglich Firma und Jahr sind erst bei genauerer Betrachtung zu finden
und die Positionierung des Ortes Lausanne im Zentrum des Titelblatts misst diesem,
in Schriftgrad und Type, die gleiche inhaltliche Bedeutung zu wie dem Firmennamen:
ein Umstand, der nicht zweckmäßig ist.
Wie zuvor bereits dargelegt, richtet sich auch Tschicholds Gestaltung eines Ge-
schäftsberichts an die heterogene Gruppe aus Kapitalgebern, Kunden und Mitarbei-
tern, wodurch eine wiedererkennbare und allen Verlautbarungen der CI-Richtlinien
folgende Form als sinnvoll zu erachten ist. Tschicholds Titelgestaltung beschränkt sich
auf wesentliche Informationen: So wird der Firmenname durch Kapitälchen in der
obersten Zeile ausgezeichnet, das Thema, beziehungsweise der inhaltbeschreibende Ti-
tel des Berichts, ist durch englische Linien hervorgehoben, ohne dass die Gesamtfläche
an optischem Raum verliert. Besonders das Signet ist aus Sicht der CI eine relevante
Bilddarstellung, die die Marke und das Unternehmen verkörpert, ohne das Titelblatt
graphisch zu beschweren. Das Signet als Siegel des Pharmakonzerns Hoffmann-La Ro-
che symbolisiert deutlich den Ursprung und Herausgeber des vorliegenden Geschäfts-
berichts, wodurch eine automatische Zuordnung zur Firma möglich ist. Das Titelblatt
nach Tschicholds Gestaltung ist demnach klar funktional und entspricht dem zu er-
wartenden Inhalt des Produkts: Fakten und Zahlen, die das Unternehmen repräsentie-
ren und indirekt bewerben, ohne Beschönigungen oder Unklarheiten in der Gestal-
tung.

91
Vgl. https://www.rechnungswesen-verstehen.de/lexikon/geschaeftsbericht.php [30.03.2018]; Anzu-
merken ist in diesem Zusammenhang, dass der Geschäftsbericht als Kommunikationskanal keinen
standardisierten Vorgaben unterworfen ist. Unabhängig vom Bilanzbericht, der von jedem Unter-
nehmen veröffentlicht werden muss, obliegen Inhalt und Gestaltung des Geschäftsberichts jedem
Konzern individuell.

35
Bezieht man Tschicholds Entwurf sowohl auf seine von ihm selbst aufgestellten 14
Gebote,92 als auch auf die 1956 von ihm herausgegebenen unternehmensinternen
Richtlinien zur typographischen Gestaltung, ist zu erkennen, dass Tschichold seinen
eigenen Regeln gefolgt ist: Seinen 14 Geboten entsprechend sind die Versalien gering
gesperrt und lediglich für die Auszeichnung des Firmennamens verwendet worden. Es
findet eine Schrifttype Verwendung, die jedoch als Kapitälchen variiert wird. Das Ti-
telblatt weist eine symmetrische Gestaltung auf und ist dreiteilig gegliedert. Trotzdem
ist anzumerken, dass Jan Tschichold entgegen seiner eigenen Gebote den Blocksatz
verwendete. Dies ist jedoch kein Einzelfall, da er diesen auch in einigen seiner Bücher
einsetzte.
Es ist ebenfalls ein konsequenter Umgang mit Tschicholds firmeninternen Richtli-
nien zur typographischen Gestaltung zu erkennen. Gehalten in Baskerville entspricht
die Schrifttype Tschicholds eigenen, klassischen Präferenzen. Der Schriftgrad variiert
auf dem Titelblatt des Geschäftsberichts allerdings nicht, was aber eher der begrenzten
und bewusst knapp gehaltenen Textmenge geschuldet ist. Auch die Richtlinien bezüg-
lich des Durchschusses sind erfüllt, ebenso die Breite der Ränder. Das Druckpapier ist
wie gefordert leicht gelb getönt. Anzumerken ist, dass die geforderte Proportion von
3:2 nicht eingehalten wurde, jedoch bezieht sich diese Vorgabe in Tschicholds Richt-
linien im Schwerpunkt auf Broschüren und Prospekte, womit ein Rückbezug auf die
Gestaltung der Geschäftsberichte nicht eindeutig erfolgen kann.
Vergleicht man abschließend die Gestaltung des Geschäftsberichts von Max Breit-
schmid mit der Gestaltung Tschicholds, so lässt sich sagen, dass beide Fassungen
grundlegend gegensätzlich sind. Breitschmids Geschäftsbericht besticht durch eine
Vielfalt an typographischen Auszeichnungen und wirkt sowohl durch den schwarzen
Rahmen als auch die große Anzahl an verschiedenen Schriftgraden weniger strukturiert
und klar als die Version von Tschichold. Dessen Gestaltung unterscheidet sich durch
die Verwendung des Roche Signets und die Anpassung der Typographie an Inhalt und
Erwartungen der Zielgruppe an das Produkt. Es erfolgt somit eine Repräsentation der
Marke Hoffmann-La Roche und eine Nutzung von Markensymbolen. Hierdurch sind
eine klare Linie der CI und eine Ausrichtung an die gestalterische Umsetzung dieser
zu erkennen, die durch Tschichold eingeführt wurde. Ebenso wird das Konkurrenz-
verhalten von Breitschmid und Tschichold erneut erkennbar, da die gestalterische Auf-
gabe der Geschäftsberichte offensichtlich ab 1959 in Tschicholds Hand überging und
Breitschmids vorherige Gestaltungen infolgedessen verworfen wurden.

2.2.3 Externe Kommunikation: Multiplikatoren


Multiplikatoren für Pharmaprodukte sind Ärzte oder Apotheker. Es handelt sich um
zwischengeschaltete Personen, die die Verbreitung des Produkts über den Kontakt zum
Endkunden übernehmen. Verschreibungspflichtige Medikamente werden vom behan-
delnden Arzt verschrieben, daher spricht Hoffmann-La Roche mit Broschüren gezielt
diese selektive Teilöffentlichkeit an, um seine verschreibungspflichtigen Produkte zu

92
Vgl. Tschichold nach Maier 1960.

36
bewerben. Hierzu zählen Medikamente wie Madribon, Nitoman und Litrison, deren
Broschüren beziehungsweise Faltblätter im Folgenden näher betrachtet werden.
Die Funktionalität von Broschüren ist vielfältig. Rezipienten nutzen Broschüren,
um Fachinformationen zu erhalten und sich über die neuesten Entwicklungen auf dem
Markt ins Bild zu setzen. Hoffmann-La Roche als Kommunikator möchte seine eige-
nen Produkte und Forschungen in ein positives Licht rücken. Ausschlaggebend sind
hierbei nicht allein der Zweck der positiven Selbstdarstellung und der resultierende
Imagegewinn, sondern auch die wirtschaftlichen Interessen des Pharmakonzerns. Der
Zweck für Roche liegt in der optimalen Positionierung des Produktes auf dem Markt
und in dem hieraus resultierenden ökonomischen Gewinn. Dies erfolgt in der Pro-
duktgruppe verschreibungspflichtiger Medikamente über Ärzte und anderes medizini-
sches Fachpersonal, das im direkten Kontakt mit den und im Einflussbereich der End-
nutzer agiert.
Da der Großteil der Produkte in der untersuchten Form Anfang des 21. Jahrhun-
derts nicht mehr zu erwerben ist, ist nicht nachvollziehbar, inwieweit eine Nachhaltig-
keit bezüglich Tschicholds Arbeit vorherrscht. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden
die Produkte nur zum Zeitpunkt ihrer Entstehung verwendet, ohne dass weitere Neu-
drucke angefordert wurden. In den meisten Fällen wurden derartige Flyer und Bro-
schüren lediglich so lange ausgeliefert, bis ihre Erstauflage abgegeben war. Feste Stück-
zahlen liegen ebenfalls nicht vor, da die Produkte international vertrieben wurden und
derartige Informationen in keinem der Archive zugänglich waren.
MADRIBON
Bei dem Medikament Madribon handelt es sich um ein langwirkendes Antibiotikum,
das entweder in Tabletten- oder Tropfenform eingenommen werden kann.93 Für das
Medikament finden sich zwei unterschiedliche Objekte in der Sammlung. Dies ist da-
rauf zurückzuführen, dass im Archiv in Basel zwei verschiedene Versionen lagern: So-
wohl Tschichold als auch Breitschmid haben zu diesem Arzneimittel einen Gestal-
tungsentwurf bereitgestellt. Die Beschreibung der von Breitschmid gestalteten Vari-
ante lautet in der Tabelle: ›Entwurf von Breitschmid; Farbgestaltung: gold.‹ Die zweite
von Tschichold gestaltete Version ist unter seinen eigenen Gestaltungen als ›Madribon‹
gelistet und mit dem Zusatz beschrieben: »grün mit schwarzer Überschrift auf den
Einband gedruckt; Umschlag durchsichtige Folie, dunkelgrüner Text, bedruckt«.
Die Broschüre aus dem Jahr 1959 von Max Breitschmid ist auf goldenem Papier
gedruckt (Abb. 9). Auffällig ist die Dreiteilung: Oben befindet sich ein pyramidenarti-
ges Symbol aus fünf ineinander gestapelten Dreiecken, darunter der Titel der Bro-
schüre und im unteren Drittel ein Werbeslogan für das Medikament. Beim obersten
und flächendeckendsten Dreieck ist die mittige Aussparung in Weiß gehalten. Hier-
durch entsteht ein starker Kontrast zwischen dem goldfarbigen Papier, der schwarzen
Rahmenfarbe und der weißen Aussparung. Darunter befindet sich die Überschrift
»Madribon«, die von einfachen Guillements umklammert und fett gedruckt ist. In der
darauffolgenden Zeile ist der Firmenname »Roche« linksbündig in Versalien gesetzt.

93
Vgl. http://de.infomeds.net/madribon.html [23.03.18]; http://flexikon.doccheck.com/de/Sulfona-
mid-Antibiotikum [23.03.18]; Drews 1979, S. 11 f.

37
In einem kleineren Schriftgrad und nach unten abgesetzt steht linksbündig: »un sulfa-
mide d’un genre nouveau«.

Abbildung 9: Infobroschüre für das Medikament Abbildung 8: Infobroschüre für das Medika-
Madribon, gestaltet von Jan Tschichold 1961 ment Madribon, gestaltet von Max Breit-
(vgl. Tschichold 1961). schmied 1959 (vgl. Breitschmied 1959).

Auch bei Jan Tschicholds Gestaltung lässt sich die optische und inhaltliche Dreiteilung
wiederfinden (Abb. 8), wenngleich bei Breitschmied die Grafik der Blickfang der Bro-
schüre ist. Die Broschüre hat die Maße 16 × 24 cm und wurde von Tschichold im Jahr
1961 gestaltet. Das Trägermaterial ist grün. Auffällig ist die Schrift, die auf einer auf
das Papier aufgelegten, durchsichtigen Folie gedruckt wurde. Im oberen Drittel stehen
in schwarzen Versalien zentriert der Produktname »Madribon« und darunter der Fir-
menname »Roche«, die entsprechend Tschicholds Art und seinen eigenen Richtlinien
von 1956 gesperrt sind. Im zweiten Drittel und damit im Zentrum der Seite folgt ein
Text mit stark verkleinertem Schriftgrad. Die Schriftfarbe entstammt der gleichen
Farbpalette, ist jedoch einige Nuancen dunkler gehalten, um eine gute Leserlichkeit zu
gewährleisten. Der in schwarz gedruckte Produktname sowie der Firmenname stechen
dadurch vermehrt hervor. Der Text beginnt mit einer kursiv gehaltenen, direkten An-
sprache an die Adressaten: »An die Befürworter einer kritisch angewandten modernen
Chemotherapie«. Diese beiden Zeilen sind an der Mittelachse ausgerichtet, der fol-
gende Text ist im Blocksatz gesetzt. Dieser ähnelt inhaltlich einem Klappentext und
erklärt das Potential des Medikaments. Das untere Drittel der Seite weist das rote Sig-
net ›Medium‹ auf, das bei Breitschmids Entwurf fehlt, aber im Zuge der entstehenden
ganzheitlichen CI relevant ist.
38
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass beide Produkte werbenden Charakter aufweisen
und zielgruppenkonform gestaltet sind. Bei Tschicholds Broschüre wird die Ziel-
gruppe jedoch explizit angesprochen. Sie richtet sich an Befürworter der Chemothera-
pie und an medizinisches Fachpersonal, das in der Broschüre die »klinischen und ex-
perimentellen Daten« nachvollziehen kann. Bei Breitschmids Variante ist eine Adres-
satenansprache nicht vorhanden. Die Dezimierung der Zielgruppe erfolgt indirekt
durch den spezifischen Fachinhalt. Demnach sind beide für eine medizinisch ausgebil-
dete Teilöffentlichkeit gedacht und zur CI Hoffmann-La Roches zugehörig. Die Bro-
schüre ist insofern zur Informationsübermittlung geeignet, als dass sie die relevanten
Informationen präzise auf wenigen Seiten zusammenfasst. Daraus folgt, dass sie funk-
tional ist und die störungsfreie Informationsübermittlung an den Rezipienten mit einer
guten Leserlichkeit und Strukturierung gewährleistet.
Tschicholds eigene 14 Gebote der Typographie sind in der Dreiteilung der Gestal-
tung, der Symmetrie, dem sparsamen Einsatz von Farben und Schriftarten sowie -grö-
ßen zu erkennen. Der graphische Raum ist durchdacht genutzt, da die eingesetzten
Weißräume Übersichtlichkeit verleihen. Tschicholds Gestaltung mit dem Format von
24 × 16 cm entspricht dem Verhältnis von 3:2 und folgt den von ihm gesetzten Richt-
linien aus dem Jahr 1956. Die bevorzugten Maße 21 × 14 cm wurden jedoch nicht
eingehalten. Das Papier unter der bedruckten Folie ist hellgrün. Die Mindestbreite der
Ränder und die Absätze sind richtlinienkonform. Die exakte Anzahl von drei Schrift-
graden ist gegeben. Als Textauszeichnungsmittel finden sich sowohl die gesperrten
Versalien im Titel als auch der Kursivdruck der Anrede an die Rezipienten. Die von
Tschichold entworfene Gestaltung wirkt seriös und bemüht sich, den Inhalt und die
Vorzüge des eigenen Produktes wissenschaftlich und professionell zu vermitteln. Sie
weckt Vertrauen im Rezipienten durch dieses seriöse, professionelle Erscheinungsbild.
Zur Broschüre des Medikaments Madribon sind im Unternehmen innerhalb von
drei Jahren zwei verschiedene Gestaltungen entstanden. Die ältere Variante von 1959
stammt von Breitschmid. Der Gegenentwurf von Tschichold aus dem Jahr 1961 löste
diese ab. Tschicholds Gestaltung hat sich durch die genannten Unterschiede in der
Markenerkennung durch die Verwendung des Signets und die klare Struktur im Sinne
der ganzheitlichen CI durchgesetzt und wurde deshalb weiterverwendet.
NITOMAN
Im Historischen Archiv Roche wird eine Broschüre des Psychopharmakons aus dem
Jahr 1960 im Magazin aufbewahrt. Das Objekt mit einem Format von 14 × 21 cm
wurde von Tschichold gestaltet. Die Broschüre selbst besteht aus gelbem Tonpapier
und ist mit schwarzer und roter Schrift bedruckt. Die generelle Gestaltung wirkt
schlicht, ist jedoch ausgeklügelt. Auf der Vorderseite steht der Titel »Ein Antipsycho-
ticum mit gezielter Wirkung« in schwarzer Schriftfarbe. Lediglich die letzten drei
Worte »mit gezielter Wirkung« treten in Rot und kursiv hervor (siehe Abb. 10). Durch
den zentrierten Satz des Textes entsteht viel unbedruckte Fläche, die durch warmes
Gelb wirkt. Auch auf der zweiten Seite ist der Text »›Nitoman‹ bietet folgende Vor-
teile:« zentriert positioniert und, bei kursiver Hervorhebung der letzten drei Worte,
wie zuvor in Schwarz gehalten. Auf der dritten Seite, die mit der zweiten gemeinsam

39
die innere Doppelseite der Broschüre bildet, befindet sich ein mehrzeiliger Text. Sein
Inhalt listet die Vorteile des Medikaments auf. Unter einer römischen Eins befinden
sich die rot gedruckten Worte »Gezielte Wirkung«. In einer Kolumne daneben ist im
rechten Seitenteil ein Zitat des Neurologen Arno Voelkels gedruckt. Dieses weist auf
die besonderen Eigenschaften des Medikaments hin.

Abbildung 10: Broschüre des Medikaments Nitoman, Cover (vgl. Tschichold 1960)

Die Broschüre wurde zu Werbezwecken entworfen und ist für eine Teilöffentlichkeit
gedacht. Sowohl die Gestaltung als auch der Inhalt implizieren, dass sie für Ärzte pro-
duziert wurde, um die Zielgruppe von der Verschreibung des Medikaments zu über-
zeugen. Die schlichte und elegante Typographie vermittelt einen seriösen und profes-
sionellen Eindruck. Außerdem gestaltet sich die Informationsübermittlung unkompli-
ziert und minimalistisch, da sich die einzelnen Seiten auf wenig Text beschränken,
wodurch für den Rezipienten die Reduzierung der Inhalte auf die wichtigsten Fakten
suggeriert wird. Die Gestaltung ist demnach sowohl vertrauenserweckend als auch
durch die spezifische Gestaltung der französischen Guillemets sowie der typischen ro-
ten Schriftfarbe mit einem Wiedererkennungswert ausgezeichnet. Die Broschüre ent-
spricht den firmeninternen Vorgaben zu einer einheitlichen Gestaltung im Sinne der
CI. So wird gelbes statt weißen Papiers benutzt. Das Format entspricht den geforderten
Maßen 14 × 21 cm. Als Schriftart wurde die Baskerville gewählt. Es liegen nicht mehr
als drei Schriftgrade vor. Darüber hinaus wird die vorgegebene Breite der Ränder ein-
gehalten.
Zu großen Teilen entspricht die Gestaltung den Vorgaben der 14 Gebote von
Tschichold. So gibt es kaum Versalien und nur wenige Schriftgrade. Dazu ist eine
symmetrische Gestaltung gegeben. Eine Schriftartmischung tritt nicht auf und das Rot
wurde als zweite Farbe sparsam gebraucht. Die Gliederung in drei Elemente wurde

40
jedoch nicht umgesetzt. Es ist zu vermuten, dass die Richtlinien von Hoffmann-La
Roche zur einheitlichen Gestaltung im Sinne der CI die persönlichen Gestaltungswün-
sche Tschicholds in diesen Entscheidungen überwogen haben. Trotzdem ist das Me-
dium in seiner Gestaltung und Wirkung funktional an seine Zielgruppe angepasst.
LITRISON
Zu der Arznei Litrison liegt aus Tschicholds Nachlass ein aufklappbares Faltblatt von
1962 vor, das im Magazin des Leipziger Buch- und Schriftmuseums aufbewahrt wird.
Das Werbeblatt wurde an zwei Stellen gefaltet und stammt von Jan Tschichold, nach
dessen Entwurfsarbeit der Druck in Auftrag gegeben wurde. Das auf der Titelseite ab-
gebildete Modell wiederum wurde von Dr. J. Klingler, der in der Anatomischen An-
stalt der Universität Basel arbeitete, angefertigt. Der Verweis auf Klinger befindet sich
im Inneren der Karte, die an zwei Stellen gefaltet wurde (siehe Abb. 11).

Abbildung 12: Faltblatt zum Medikament Litrison, innere Faltung (vgl. Tschichold 1962).

Abbildung 11: Titelblatt des Faltblatts zum Medikament Litrison (vgl. Tschichold 1962).

41
Bei dem hier beworbenen Medikament handelt es sich um eine Arznei gegen Leber-
krankheiten. Bereits auf der Titelseite weist das Modell einer intakten Leber (siehe
Abb. 12) auf die Wirkweise hin. Darüber hinaus wird in kurzer Form auf die Anwen-
dungsmöglichkeiten sowie auf die chemische Zusammensetzung des beworbenen Prä-
parats eingegangen. Die auffällige Titelseite des Faltblatts zeigt die detaillierte Farbfo-
tografie eines plastischen Lebermodells, wobei sämtliche Gefäße zur Unterscheidung
mit Zahlen, beziehungsweise Buchstaben gekennzeichnet wurden. Das Modell befin-
det sich auf schwarzem Untergrund, sodass sich die einzelnen Venen deutlich hervor-
heben.
Ist die Karte aus stabiler Pappe aufgeklappt, so ist zuerst der Titel des Medikaments
sichtbar. Dieser lautet: »Bei Leberkrankheiten ‹Litrison› Roche«, wobei das Medika-
ment mit roter Farbe akzentuiert wird. Gegenüberliegend weisen drei Zeilen in glei-
cher Schriftgröße auf die unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten Litrisons hin.
Es sei anzuwenden »zum Schutze der Leberstruktur, zur Förderung des Leberstoff-
wechsels, zur Unterstützung des Gesamtorganismus«94. Rechts davon befindet sich in
tabellarischer Form eine Liste der in Litrison enthaltenen Bestandteile sowie die Men-
genangabe, die sich, laut Text, auf jeweils ein Dragée beziehen. Zu lesen ist: »‹Litrison›
enthält pro Dragée 10 physiologische Faktoren – 2 lipotrope Substanzen und 8 Vita-
mine – in den folgenden Mengen: […]«95. Die eingeschlagene Klappe zur Rechten gibt
Dr. J. Klingler als Urheber des auf der Vorderseite abgebildeten Modells an. Dr. Kling-
ler arbeitet der Broschüre zufolge an der Anatomischen Anstalt der Universität Basel,
dessen Direktor zum Zeitpunkt der Entstehung des Produkts Prof. Dr. G. Wolf-Hei-
degger war. An gleicher Stelle finden sich zudem die Fachbegriffe für die anatomischen
Bestandteile der Leber, die auf dem Titelbild mit Zahlen und Buchstaben kenntlich
gemacht wurden. Diese markieren gleichzeitig die Wirkungsbereiche des Medika-
ments. Da es sich bei der verkürzten Klappe um eine Teil- und keine Hauptinforma-
tion zu Litrison handelt, wurde sie so eingeschlagen, dass sie sich optisch klar vom Rest
des Produktes unterscheidet (siehe Abb. 13). Um dennoch nicht übersehen zu werden,
weist ihre Rückseite auf den Einschlag hin.
Die Besonderheit des Objektes liegt in seinem Format sowie der Schlichtheit und
Kürze der darin enthaltenen Informationen. Das auffällige Titelbild kombiniert
Tschichold mit einem sowohl unauffälligen als auch übersichtlichen Innenteil, der sei-
nen Vorstellungen einer gelungenen, strukturierten Typographie entspricht. Das far-
bige Lebermodell auf dunklem Grund erweckt die Aufmerksamkeit des Betrachters
und führt ihn zum Innenteil, der knappe Hinweise zum beworbenen Medikament ent-
hält. Die zweifarbige Einteilung der Schrift sorgt zusätzlich für eine optische Gliede-
rung und Übersichtlichkeit des Dokuments.

94
Tschichold: Flyer. Litrison Werbeblatt 1962.
95
Tschichold: Flyer. Litrison Werbeblatt 1962.

42
Abbildung 13: Offene Einfaltklappe des Faltblatts zum Medikament Litrison (vgl. Tschichold 1962).

Das untersuchte Objekt zählt zu den Drucksachen Hoffmann-La Roches. Aufgrund


seiner Aufmachung und der darin erwähnten Anwendungsmöglichkeiten des Präparats
kann es als Publikation mit Werbefunktion bezeichnet werden. Das Faltblatt bietet
einen Überblick über die Basisfakten des Medikaments, auf das eine informativere,
umfangreichere Broschüre folgte. Mit seiner knappen, sich fachlich kommunizieren-
den Ausdrucksweise wendet sich dieses Werbeprodukt besonders an ein Fachpubli-
kum, das mit dem Thema vertraut ist und das Medikament an Patienten verschreibt.
In ihrer Schlichtheit, was die Verteilung und Menge des Textes betrifft, sowie der farb-
lichen Zweiteilung fällt die Kommunikationsweise des Faltblatts nach Saxer zielgrup-
pengerecht aus. Die knappe und übersichtliche Gestaltung des Informationsmaterials
zur Bewerbung pharmazeutischer Produkte ist funktional.

43
Das Produkt reiht sich einheitlich in Tschicholds Arbeiten für die Firma Hoff-
mann-La Roche ein. Lediglich das Titelblatt, das aus der Abbildung eines Lebermodells
besteht, weicht in seiner optischen Darstellung von den üblichen Werbebroschüren
des Unternehmens ab. Anstelle der Medikamentenbezeichnung in Verbindung mit
dem Firmensignet fungiert hier allein die Fotografie als Blickfang. Das querformatige
Produkt wird von einer roten und schwarzen Farbkombination dominiert. Auf der
Titelseite hebt sich das Farbfoto vor dem schwarzen Hintergrund ab, während der In-
halt der Karte in schwarzer und roter Schriftfarbe gehalten ist. Das typische Rot dient
hier lediglich zur Hervorhebung des Medikamentennamens und seiner Zusammenset-
zung, sorgt darüber hinaus aber auch für eine zurückhaltende Einflechtung des Unter-
nehmens in den Rezeptionsprozess. Statt des Signets greift die typographische Darstel-
lung des Medikamentennamens mithilfe der roten Farbe und der Guillemets die sonst
für den Pharmakonzern typische Gestaltung auf. Dieser Wiedererkennungswert wird
auch ohne das Signet erzielt, da es von Hoffmann-La Roche einheitlich verwendet
wird. Hiermit entsteht eine Verknüpfung zwischen dem Unternehmen, seiner CI so-
wie dem beworbenen Produkt, was authentisch auf das Marketing wirkt. Die Schrift-
wahl sowie die Einteilung in zwei Schriftfarben machen die Zugehörigkeit des Objekts
zu Hoffmann-La Roche kenntlich.
Untersucht man das Werbeprodukt auf Tschicholds typographische 14 Gebote hin,
so werden diese weitgehend umgesetzt. Zum einen wurde die Schrift im Inneren der
Karte nicht gesperrt, womit laut Tschicholds erstem Gebot der Lesefluss sowie das
Wortbild des Satzes gewahrt werden. Beim Wort »Litrison« dagegen wurden die Ver-
salien leicht gesperrt, um eine höhere Leserlichkeit zu erreichen. Dies bezieht sich auf
das zweite Gebot. Der Name des Medikaments ist das einzige Wort im Faltblatt, das
in Versalien geschrieben wurde. Tschichold zufolge würde der übertriebene Gebrauch
von Versalien die Lesbarkeit des Textes stören. Im fünften Gebot verweist Tschichold
darauf, dass die Anzahl der Schriftgrade drei nicht überschreiten sollte, um die Ein-
heitlichkeit des Textes nicht zu gefährden. Im Faltblatt zu Litrison wurden vier Schrift-
grade verwendet, womit dieses Gebot in diesem Beispiel nicht eingehalten wurde.
Tschichold achtete jedoch deutlich auf die Proportionen der einzelnen Schriftgrade,
sodass sie sich leicht voneinander unterscheiden lassen, gleichzeitig aber nicht vom In-
halt ablenken, womit sich gleichsam das elfte Gebot erfüllt. Die kurzen Absätze, die
auf das abgebildete Lebermodell verweisen und im Blocksatz gehalten sind, wurden
zugunsten ihrer Optik nicht gesperrt. Dadurch wirkt der gesamte Text einheitlich, da
keine unnötigen Auszeichnungen vorliegen. Das siebte Gebot verweist auf die Unver-
träglichkeit von Symmetrie und Asymmetrie, die laut Tschichold die Einheitlichkeit
eines Produktes stören. Die Verteilung der Informationen sowie die Anordnung im
Weißraum bilden im Faltblatt zu Litrison in ihrer Anordnung und Struktur ein aus-
schließlich symmetrisches Bild. Im neunten Gebot verweist Tschichold auf die Glie-
derung eines Textes in drei Elemente, was im vorliegenden Faltblatt einerseits durch
die Einteilung in Blocksatz, Flattersatz und Tabelle, andererseits durch die Textauftei-
lung auf drei Seiten gegeben ist. Hierbei wurde zudem auf eine gleichmäßige Vertei-
lung und gleichbleibende Abstände geachtet, womit das zehnte Gebot erfüllt ist. Im

44
Faltblatt wurde stets die gleiche Schriftart benutzt sowie unnötige Auszeichnungen ver-
mieden. Dies bewahrt laut Tschicholds zwölftem Gebot den Grauwert. Zuletzt ver-
weist Tschichold darauf, eine zweite Farbrichtung nur sparsam und kontrastiert zu
verwenden. Im Produkt wurde die Farbe Rot lediglich für den Titel des Medikaments
in Versalien sowie die tabellarische Aufführung der chemischen Zusammensetzung ge-
nutzt. Die Einarbeitung der Gebote erfolgte demnach konsequent im Sinne der klaren,
ästhetischen Struktur einer guten Typographie.

2.2.4 Externe Kommunikation: Endkunden


Der folgende Abschnitt widmet sich den Kommunikationsleistungen der Gestaltungs-
arbeiten von Jan Tschichold bei Hoffmann-La Roche, die sich direkt an die Endkun-
den richten. Analysiert werden Entwürfe und Probedrucke. Die für dieses Kapitel aus-
gewählten Arbeiten umfassen jeweils eine Verpackung für zwei unterschiedliche Versi-
onen des Panteen Haarwassers, eine Broschüre für Vitamina C, das Firmenmagazin
Roche sowie das Firmen-Signet. Die Beispiele wurden so ausgewählt, dass sie einen
möglichst repräsentativen Überblick über die vielfältigen Gestaltungsarbeiten
Tschicholds gewähren und gleichzeitig in einem anschließenden Kapitel die Nachvoll-
ziehbarkeit von Tschicholds Arbeitsprozess ermöglichen. Daher werden hier Beispiele
vorgestellt, zu denen sowohl Entwürfe und Probedrucke als auch die endgültige Fas-
sung vorliegen. Die Schachteln dienten einerseits der Verpackung von Produkten, an-
dererseits auch der öffentlichen Repräsentation.
PANTEEN HAARWASSER
Das Panteen Haarwasser von Roche wurde in zwei Varianten produziert, eines mit Fett
und eines ohne. Dabei handelt es sich um ein vitaminhaltiges Haarwasser, das Schäden
wie Haarausfall bekämpfen und diesem vorbeugen soll. Laut eigenen Angaben war es
das erste Haarwasser mit Vitaminen auf dem internationalen Markt und wurde 1956
eingeführt.
Zunächst wird die von Tschichold gestaltete Verpackung des Haarwassers mit Fett
analysiert. Aufgrund der fehlenden Zeitangabe ist eine genaue Datierung der bedruck-
ten Schachteln nicht möglich. Neben den Seiten besitzt der Karton Laschen, die das
Falten erleichtern und dem Endprodukt Stabilität verleihen. Der quaderförmige Kar-
ton wirbt auf zwei der Längsseiten auf Deutsch und auf den anderen beiden auf Fran-
zösisch für das sogenannte Vitamin-Haarwasser (siehe Abb. 14). Während auf je einer
Seite der Titel des Produkts steht, wurde auf der links anschließenden Längsseite eine
kurze Beschreibung des Produkts in der jeweiligen Sprache abgedruckt.
Laut des Beschreibungstextes beeinflusst das im Haarwasser enthaltene Vitamin
Panthenol das Haar und die Kopfhaut positiv, um zum Beispiel Schuppen zu bekämp-
fen. Unter dem deutschen Beschreibungstext befindet sich zudem eine zweisprachige
Preisangabe in Schweizer Franken. Korrekt gefaltet ist die obere Lasche unbedruckt,
während die untere Lasche das Panteen-Signet führt, das nicht dem damals üblichen
und bereits vorgestellten Roche-Signet entspricht, diesem jedoch in seinem grundle-
genden, graphischen Aufbau ähnelt. Hierbei handelt es sich wahrscheinlich um die alte

45
Version, die auf Breitschmid zurückgeht. Auf der Unterseite sind beide Schreibweisen
vorhanden. An keiner Stelle wird die Muttergesellschaft Hoffmann-La Roche erwähnt.

Abbildung 14: Plane Verpackung des Vitamin-Haarwassers Panteen mit Fett (NL TSCH/78/88).

Im Folgenden wird das Panteen Haarwasser mit Fett beschrieben, die Tabelle listet es
als ›Panteen mit Fett, Schachtel, Druck‹. Das Archivale wird im Magazin des Leipziger
Buch- und Schriftmuseum aufbewahrt.96 Bei der Betrachtung der Schachtel fällt zu-
nächst die dunkelblaue Hintergrundfarbe ins Auge (siehe Abb. 14). Die Firma verwen-
dete zu dieser Zeit durchgehend die Farbe Blau, um zu kennzeichnen, dass es sich um
das Haarwasser mit Fett handelte. Die Produkte ohne Fett wurden mit gelbem Hin-
tergrund gestaltet (siehe Abb. 15). Die einzige weitere Farbe, die Tschichold bei der
blauen Verpackung verwendete, war ein helles Ocker. Diese zweite Farbe wurde als
Schriftfarbe, für das Rautenmuster mit Punkten und als Hintergrundfarbe für den Fir-
menschriftzug sowie den schriftlichen Hinweis darauf, dass es sich um die mit Fett
angereicherte Variante handelt, verwendet. Wird das Ocker als Hintergrund benutzt,

96
Vgl. Tschichold: Entwurf. Panteen extra Fett, Schachtel, Entwurf (NL TSCH/78/88).

46
entspricht die Schrift darauf dem gleichen Blauton wie dem des Schachtelhintergrunds.
Die Innenseite des dünnen Kartons blieb weiß und unbedruckt. Die vier äußeren
Längsseiten sind durchgängig mittels Trennlinien in drei Bereiche unterteilt. Der obere
Bereich beherbergt die Information über den Fettzusatz, der untere den Namen und
Sitz der Firma. Der mittlere Bereich, der den Großteil der Fläche einnimmt, wird durch
dünne Linien in Rauten unterteilt. Diese Linien sind schmaler als die Trennlinien. Jede
vollständige Raute besitzt einen Punkt in ihrer Mitte. Das Muster wird zugunsten der
im Vordergrund befindlichen Schrift durchbrochen.
Die Verpackung für das Haarwasser ohne Fett (siehe Abb. 15) stammt ebenfalls von
Tschichold und ist ebenso undatiert. Diese befindet sich unter der Inhaltsangabe ›Pan-
teen ohne Fett, Schachtel, Druck‹ in der Tabelle.97

Abbildung 15: Verpackung des Vitamin-Haarwassers Panteen ohne Fett (NL TSCH/78/89).

Der Karton ist sowohl innen als auch außen gelb: ein weiteres Beispiel für die Ver-
knüpfung von Farben und Produkt bei Hoffmann-La Roche. Auch hier erleichtern
Laschen das Falten und garantieren verbesserte Stabilität. Bei diesem Beispiel wird der
Name der Tochtergesellschaft der entsprechenden Sprache angepasst. Ebenfalls iden-
tisch ist das Schema, nach dem an den beiden gegenüberliegenden Längsseiten der

97
Vgl. Tschichold: Verpackung. Panteen ohne Fett, Schachtel, Druck (NL TSCH/78/89).

47
Titel des Produkts je auf Französisch und auf Deutsch abgedruckt ist. Auf der jeweils
linken Seite folgt die Beschreibung in der entsprechenden Sprache. Die Beschreibungs-
texte sind bei diesem Exemplar jedoch kürzer gefasst und enthalten lediglich die Infor-
mation, dass das Produkt das Haar gesund und schön erhalte. Über den Beschreibungs-
texten wird das Haarwasser als das erste Vitamin-Haarwasser angepriesen. Dies könnte
als Hinweis darauf dienen, dass die Version ohne Fett vor derjenigen mit Fett auf den
Markt gebracht wurde.
Die Unterseite zeigt wieder das Signet von Panteen, während die Oberseite der gel-
ben Verpackung mit der stilisierten Haarlocke bedruckt ist (siehe Abbildung 15). Die
zunehmend vereinfachte Haarlocke hat sich bis heute als Erkennungszeichen für die
Marke gehalten. Ebenfalls auf der Oberseite ist der Hinweis auf das fehlende Fett an-
gebracht. Unter dem deutschen Beschreibungstext befindet sich eine zweisprachige
Preisangabe inklusive Luxussteuer in Schweizer Franken. Eine Nennung von Hoff-
mann-La Roche fehlt bei diesem Produkt ebenfalls. Bei der Verpackung für das Haar-
wasser ohne Fett verwendete Tschichold neben dem Ocker für das Rautenmuster, die
dazugehörigen Punkte und die Trennlinien, schwarze Farbe für die Buchstaben, das
alte und das neue Signet von Panteen, den Hintergrund hinter dem gelben Firmenna-
men und den Asterisken auf den Seiten der Beschreibungstexte. Die Asterisken befin-
den sich jeweils über und unter dem Beschreibungstext und trennen diesen bei der
französischen Version optisch von der Ankündigung über die Neuheit des Vitamin-
Haarwasser – bei der deutschsprachigen Variante stattdessen von der Preisangabe. Das
Rautenmuster und die Seiteneinteilung sind identisch mit denen der ersten Schachtel.
Insgesamt zeigt sich eine grundlegende optische Übereinstimmung mit der ersten
Haarwasser-Verpackung.
Bei der Interpretation von Tschicholds Arbeit an den Verpackungen muss stets der
Zweck der Arbeit im Blick behalten werden. Das Haarwasser war kein verschreibungs-
pflichtiges Medikament, sondern ein Kosmetikprodukt, das die Kunden selbstständig
in Apotheken und Drogeriemärkten kaufen konnten. Folglich sollte die Verpackung
auf das Produkt aufmerksam machen und vom Kauf überzeugen, wodurch sie einen
werbenden Charakter für Endverbraucher aufwies. Zudem konnten die Kunden nach
eigenem Ermessen wählen, welche der Varianten sie bevorzugten. Da die Verpackung
in ihren Beschreibungstexten versprach, verschiedene Haarprobleme zu beseitigen und
vorzubeugen und die Texte zweisprachig abgedruckt wurden, ist keine genaue Ziel-
gruppe bestimmbar. Vielmehr wurde das Haarwasser für den Massenmarkt produziert,
was eine heterogene Zielgruppe bedeutete. Die Eingrenzung kann lediglich auf alle
Menschen mit Haarproblemen als Zielgruppe erfolgen. Als Verpackung im stationären
Handel erreichte das Werbemittel die Kunden mittels direkter Kommunikation. Die
Verpackungen enthalten alle notwendigen Informationen, die aufgrund der übersicht-
lichen Gestaltung problemlos entnommen werden können. Die ähnliche Gestaltung
beider Verpackungen zeigt dem Kunden, dass die Produkte zu einer Produktlinie ge-
hören, was einen direkten Vergleich ermöglicht. So kann der Kunde vor Ort sehen,
welche Varianten existieren und welche er nutzen möchte, wenn er sich für Vitamin-
Haarwasser der Marke Hoffmann-La Roche interessiert.

48
Der Kommunikator spricht mit den Verpackungen den Endkunden an. Die Ver-
packung ist dafür ein geeignetes Medium, da sie Aufmerksamkeit auf ihren Inhalt lenkt
und zu Spontankäufen anregt. Zusätzlich schützt der stabile Karton die im Innenraum
befindliche Flasche Haarwasser. Die Stabilität der Verpackung suggeriert zudem
gleichzeitig eine hohe Qualität des Haarwassers selbst. Die Dreidimensionalität der
Schachteln sorgt für vielfältige Präsentationsmöglichkeiten im Einzelhandel. Durch
einfaches Drehen des Gegenstandes in der Hand können alle Informationen zum Pro-
dukt direkt entnommen werden, was für die hohe Bereitstellungsqualität dieser Wer-
beform spricht. Zudem gehörten Verpackungen wie die beschriebenen seit den 1920er
Jahren zum Alltag des Einzelhandels, weshalb eine breite Akzeptanz in der Konsumge-
sellschaft vorhanden war. Die Verpackungen transportieren aus der Sicht von Hoff-
mann-La Roche Werbebotschaften, während sie für die Kunden Informationen zu den
Produkten bereitstellen. Diese beiden Funktionen erfüllen die hier untersuchten Ver-
packungen. Diese werden durch die von Tschichold gewählte Typographie unterstützt,
da die Schlichtheit der Gestaltung einerseits die Informationsentnahme erleichtert und
andererseits professionell auf potentielle Kunden wirkt, was die Bildung von Vertrauen
erleichtert. Folglich ist die Typographie für den Inhalt angemessen und erfüllt alle not-
wendigen Funktionen.
Da jede Marketingmaßnahme als Teil der CI der Firma angesehen werden muss,
lässt sich von der Verpackungsgestaltung auf die von Hoffmann-La Roche verfolgte
Strategie der Selbstdarstellung schließen. Zunächst ist auffällig, dass weder Name noch
Signet von Hoffmann-La Roche selbst abgebildet werden. Daraus folgt, dass eine Dis-
tanz zwischen den Kosmetikprodukten ihrer Tochtergesellschaften und den Medika-
menten der Hauptfirma angestrebt wurde. Über die Motive zu diesem Schritt kann an
dieser Stelle lediglich spekuliert werden. Bei der Schachtel für das Haarwasser ohne
Fett sind sowohl das damals gebräuchliche Panteen-Signet als auch dessen moderni-
sierte Form abgebildet. Diese Doppelung ergibt aus Sicht des Marketings Sinn. So
sollen sowohl Stammkunden als auch Neukunden eine Identifikation mit dem Pro-
dukt erfahren.
Bei einem Vergleich der Schachteln mit den Richtlinien, die Tschichold für die
typographische Gestaltung von Prospekten und Broschüren verfasste, fällt auf, dass die
Richtlinien für textlastige Broschüren angelegt wurden. Bei der Gestaltung der Verpa-
ckungen hielt sich Tschichold nicht an seine eigenen Richtlinien, die nur drei Schrift-
grade pro Werk gestatten. Der Typograph berücksichtigte folglich den Unterschied
zwischen werbenden Schachteln und Broschüren. Letztere weisen aufgrund ihrer äu-
ßeren und inhaltlichen Besonderheiten andere Gestaltungsmöglichkeiten auf. Daher
ist Tschicholds Entschluss nachvollziehbar, bei der Gestaltung der Schachteln anderen
Regeln zu folgen als seinen Richtlinien für Broschüren. Wie frei er bei der Gestaltung
der Schachteln war, ist im Nachhinein nicht nachvollziehbar. Grundsätzlichen Über-
schneidungen wird sich aber im folgenden Kapitel angenähert. Lediglich die Hinter-
grundfarben Blau und Gelb entspringen der Marketingstrategie von Hoffmann-La Ro-
che, weshalb diese nachweisliche Gestaltungsvorgaben waren.

49
VITAMINA C
Bei dem folgenden Werbemittel für das Präparat mit Vitamin C handelt es sich um
den Druck einer gehefteten Broschüre. Diese wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt
von Tschichold entworfen. Da jedoch einer der Probedrucke einen Verweis mit einem
Verbesserungsvorschlag und einem dazu passenden Datum aufweist (17.09.1957),
kann davon ausgegangen werden, dass die Broschüre ebenfalls im Jahr 1957 von
Tschichold entworfen wurde. In der Tabelle wird sie als Broschüre ›Vitamina C Roche
(endgültiger Druck)‹ gelistet.98

Abbildung 16: Broschüre zum Präparat Vitamina C, Cover (NL TSCH/78/16).

98
Vgl. Tschichold: Druck. Vitamina C Roche (NL TSCH/78/16).

50
Der Pharmakonzern Hoffmann-La Roche veröffentlichte sein Werbematerial in ver-
schiedenen Sprachen. Die vorliegende Broschüre wurde auf Spanisch verfasst und trägt
den Titel »Vitamina C ‹Roche›«. In der Broschüre werden unter anderem die Zusam-
mensetzung der Inhaltsstoffe und die Produktion des Präparats erklärt. Die Rückseite
enthält eine zweispaltige Auflistung aller lateinamerikanischen Institutionen, die das
Vitamin C Präparat von Hoffmann-La Roche verkaufen. Die Einteilung erfolgt nach
alphabetischer Reihenfolge der Länder, wobei diese fett gedruckt sind. Die darunter
stehenden Adressen werden durch Einzüge strukturiert.
Die Broschüre enthält 25 gedruckte, teilweise mit schwarz-weißen Fotos versehene
Seiten, die die Herstellung, Zusammensetzung und Wirkung des Vitaminpräparats
vorstellen. Ein mit blauer Farbe gedruckter Rahmen umfängt das Logo auf der Vor-
derseite, den Titel sowie den zentriert aufgeführten Inhalt der Broschüre. Der gleiche
blaue Farbton wird innerhalb der Broschüre in den Überschriften und Untertiteln wie-
deraufgenommen. Dies entspricht Tschicholds einheitlichen Gestaltungsvorstellungen
(siehe Abb. 16). Das von dem Typographen entworfene Signet für Roche und die
Trennstriche sind ebenfalls blau. Die Überschrift ist in Versalien gesetzt und stammt
aus derselben serifenlosen Schrift wie die anderen Textteile auf den beiden Umschlag-
seiten und die Überschriften im Inneren des Hefts. Der blaue Rahmen erscheint nur
auf der Vorderseite des Umschlags, während auf der Rückseite die Überschrift, die
vertikale Trennlinie zwischen den beiden Spalten mit Lieferantenadressen und der Fir-
menname von Roche in blauer Farbe abgedruckt worden sind.
Als Vitamin konnte das Präparat rezeptfrei erworben werden. Die Broschüre rich-
tete sich an die heterogene Zielgruppe der Endverbraucher. Die Broschüre erklärt den
Interessenten, wie das Präparat produziert wurde und wie es wirkt (Abb. 17).

Abbildung 17: Broschüre zum Präparat Vitamina C, Innenteil (NL TSCH/78/16).

51
Das offensive Bemühen um Transparenz sollte für Vertrauen auf Seiten der potentiel-
len Kunden sorgen. Dank des übersichtlichen Aufbaus und der vereinfachten Aufbe-
reitung des chemischen Fachwissens gelingt es den Rezipienten, der Broschüre den
Inhalt leicht verständlich zu entnehmen.
Aufgrund des Zusammenspiels des transparent informierenden Inhalts und der se-
riös wirkenden Typographie erweckt die Broschüre den Anschein von Vertrauenswür-
digkeit und Qualität. Es ist nicht bekannt, ob Hoffmann-La Roche die Broschüre ge-
zielt an Kunden verschickte, daher muss hier angenommen werden, dass sie für eine
breite Öffentlichkeit bestimmt war. Hoffmann-La Roche nutzt die Broschüre nicht
nur, um das Vitaminpräparat zu präsentieren, sondern auch, um das eigene Unterneh-
men in den Fokus der potentiellen Kunden zu rücken. Der Umfang der Informationen
wurde hierbei an das Medium angepasst, da eine Broschüre nur bedingt Platz für lange
Texteinheiten bietet. Die einzelnen Broschüren sind problemlos zu rezipieren, doch
um genauere Aussagen zu ihrer Bereitstellungsqualität zu treffen, fehlen Informationen
wie die Auflagenzahlen und die Reichweite der Auslieferung. Die Wirkung von Wer-
bung ist stets abhängig von ihren Streueffekten und den Personengruppen, die damit
erreicht werden. Hefte, Broschüren, Flyer und Flugblätter können an vielen Orten
ausgelegt werden und so durch Streuungseffekte mehr Menschen erreichen als Verpa-
ckungen, die an das Ladenregal gebunden sind. Zudem sagt eine Broschüre mit ihrem
umfangreichen Inhalt mehr über ein Unternehmen aus als ein einseitiger Flyer, wes-
halb das Unternehmen hier die Chance ergreifen kann, mehr über sowohl den Konzern
als auch das Produkt zu berichten. Durch die Möglichkeit, breite Massen anzusprechen
und viele Informationen zu transportieren, ist die Broschüre ein wichtiger Bestandteil
der CI. Das blau gefärbte Signet auf der Vorderseite fällt bereits beim ersten Blick ins
Auge und lenkt die Aufmerksamkeit auf den Konzern. Die Verwendung von
Garamond für den Haupttext, insgesamt nur drei verschiedenen Schriftgraden, einem
geringen Durchschuss und Einzügen zu Beginn von neuen Absätzen sind Beispiele da-
für, dass Tschichold sich bei der Gestaltung von Broschüren an die von ihm aufgestell-
ten und im Konzern bekannt gemachten Richtlinien für die Typographie für Projekte
und Broschüren hielt.
FIRMENZEITSCHRIFT ROCHE
Als weiteres Medium der externen Kommunikation erfolgt eine Analyse der Firmen-
zeitschrift Roche, die, ausgehend von internen Vorgängen, in der Öffentlichkeit vom
Firmengeschehen und aktuellen Neuigkeiten berichtet. Eine solche Firmenzeitschrift
kann adäquat zur Vermittlung des firmeneigenen Images sowohl nach außen als auch
intern eingesetzt werden. Ihr Vorteil ist es, nicht nur die Verkaufsförderung am Ort
des Umsatzes wie in Apotheken oder Arztpraxen anzuregen, sondern auch eine Kom-
munikation im Alltagskonzept des Endkunden zu Hause oder an anderen Leseorten
zu ermöglichen. Mit der zunehmenden Bedeutung des Massenkonsums und damit
einhergehenden Veränderungen der Werbestrategien Mitte des 20. Jahrhunderts be-
gannen sich die gesellschaftlichen Formen zu verändern. Das Medium Zeitschrift er-
fuhr in diesem Kontext eine weite Akzeptanz als Werbemittel. Zugleich rückte auf-
grund der Aufmerksamkeit durch Skandale und gesundheitliche Nebenwirkungen der

52
Konsument und sein Vertrauen vermehrt in den Fokus. Die Folge waren eine Ver-
schiebung der Machtverhältnisse und die Notwendigkeit, sich durch Werbung und
Transparenz gegenüber der Konkurrenz zu etablieren. »So erschien es zunehmend not-
wendig, individuelle Marken zu profilieren und Unternehmen wieder ein Gesicht zu
geben.«99 Eine zielgerichtete Kommunikation der Firmen mit ihren Endkunden war
essentiell.100 1962 wurde die erste Ausgabe der Firmenzeitschrift Roche herausgegeben.
Mithilfe eines in erster Linie informativ aufgebauten Angebots hob sich die Zeitschrift
qualitativ in ihrer Art der Aufmerksamkeitsgenerierung von der plakativen Art der
Konkurrenz ab.101 Die Gratifikation des Mediums lässt sich als ein entscheidender Fak-
tor sowohl für die Imageverbreitung des Unternehmens als auch seiner Produkte fest-
halten.
Mit einem Format von 19,7 × 27,9 cm war sie ein wenig handlicher als ein gängiges
DIN A 4-Format. Durch die Möglichkeit einer ortsunabhängigen Rezeption wird die
Verkaufsförderung nicht nur am Ort des Umsatzes angeregt, sondern ist auch in den
Alltag und die vertraute Umgebung des Kunden zu integrieren. Ein Umstand, der bei
beispielsweise werbenden Plakaten nicht vorliegt. Diese Unabhängigkeit des Leseortes
und -zeitpunktes eröffnet alternative Möglichkeiten des Kommunikationsvorgangs
durch den Rezipienten wie die Vermeidung von Reizüberflutung. Die Option eines
Konsums in einem ruhigen und angenehmen Umfeld fördern das Verständnis und die
Aufnahme der Zeitungsinhalte. Das Unternehmen als Kommunikator nimmt in diesem
Kontext eine besonders regulierende Rolle ein, da ausgewählte Inhalte ein bewusst ge-
steuertes Image des Unternehmens vermitteln. Diese selektiv aufbereiteten Nachrichten
bieten sowohl interne als auch externe Kommunikationsangebote. Neben der reinen
Informationsweitergabe schafft die Publikation einer Firmenzeitung als Medium für ein
Unternehmen den Eindruck von Transparenz. Sie soll ein positives, erfolgreiches Bild
in die Öffentlichkeit tragen und wirbt gleichzeitig für eigene Produkte, indem sie in-
nerhalb dieses Rahmens über diese berichten kann. Intern stellen sie eine Reflektion der
eigenen Firmenabläufe, -erfolge und -werte dar, mit denen sich die Mitarbeiter identi-
fizieren können.102
Untersucht werden die 20-seitigen archivierten Ausgaben der Firmenzeitschrift
Hoffmann-La Roches aus den Jahren 1962 bis 1964. Da sie als textlastige Gestaltungen
einzuordnen sind, ist anzunehmen, dass sich Jan Tschichold für die Hauptgestaltung
verantwortlich zeigte. Nach internen Angaben von Martin Schneider inszenierte das
Unternehmen, angeregt durch Tschicholds Stil, bewusst die folgenden vier Aspekte in
der öffentlichen Wahrnehmung: gediegen, zurückhaltend, verschlossen, seriös.103

99
Lewandowsky 2006, S. 104.
100
Vgl. https://www.konsumentenschutz.ch/ueber-uns/konsumentenschutz-wie-alles-begann/
[29.03.2018] und Lewandowsky 2006, S. 103 f.
101
Vgl. Bieri 2009, S. 33.
102
Vgl. Bieri 2009, S. 33 f.
103
Vgl. Schneider: Brief. Wie Tschichold zu La Roche kam, welche Tätigkeiten er ausgeübt hat.
PE.2.TSJ-102027, Rückseite und Bieri 2009, S. 28.

53
Im Rückbezug auf die interne Kommunikation verbreitet die Firmenzeitung über
Formulierungen wie die Bezeichnung eines »Teams«, aus dessen Arbeit ein neues Arz-
neimittel resultiert und das dem Bild eines »erleuchteten Chemikers« gegenübergestellt
wird, sowie über den Verweis auf den Verdienst der Pharmakologen, »das Wesentliche
im entscheidenden Moment erfaßt zu haben« das Bild einer motivierten, einvernehm-
lichen Einheit, die hinter dem Namen Hoffmann-La Roche steht. Gleichzeitig bedient
die Firmenzeitschrift ein öffentliches Publikum. Dies zeigt der essayistische Artikel
über das Produkt Librium, der sich appellierend und in direkter Ansprache an den
Endkunden richtet:
»Sie wissen nicht, was 7-Chlor-2-methylamino-5-phenyl-3H-1,4-benzodiazepin-4-oxyd ist?
Natürlich wissen Sie es. Denn so wie Ihnen der zungenbrecherische Viertaktzerknalltopftreibling
schlicht als Motor bekannt ist, so ist Ihnen das atemberaubende 7-Chlor-2-methylamino-5-phe-
nyl-3H-1,4-benzodiazepin-4-oxyd unter dem Namen ›Librium‹ bekannt. Wenn nicht gar ein
Begriff«.104

Das Psychopharmakon wird verständlich und publikumswirksam erklärt. Akzeptanz


und Vertrauen des Rezipienten erzeugt die darauffolgende Berichterstattung über er-
folgte Medikamententests, denen Mitte des 20. Jahrhunderts besondere Aufmerksam-
keit entgegengebracht wurden.

Abbildung 19: Roche-Zeitschrift, Cover 1963/3. Abbildung 18: Roche-Zeitschrift, Cover 1964/2.
Aus: Bieri 2009, S. 34. Aus: Bieri 2009, S. 34.

Den Kunden erreicht die Zeitschrift in seinem Bedürfnis nach Information mit der
Covergestaltung. Das Cover soll zur Mitnahme anregen. Jede Ausgabe trägt den klaren,

104
Roche-Zeitschrift 1962/1, S. 5.

54
farblich hervorgehobenen Namenszug der Firma. Dieser markante Schriftzug ruft an
erster Stelle gezielt die Verknüpfung zum Firmenlogo ab. Unter dem weiß hinterlegten
Schriftzug nimmt ein schwarzweißes Titelbild die unteren 5/6-tel der Seite ein. Diese
Bilder erregen inhaltlich Aufmerksamkeit. Ein kleines Mädchen, das eine Schachtel
mit der Aufschrift »hope« in den Händen dreht, oder Fernsehbildschirme, die soziale
Themen der Nachrichten wie Politik oder Sport aufwerfen, appellieren emotional an
den Leser (siehe Abb. 18 und 19).
Neben der auffälligen roten Farbe im Schriftzug auf dem Cover sind die einzelnen
Ausgaben im Inhaltsverzeichnis untereinander farblich unterschieden. Im weiteren
Layout tritt die Zeitschrift farblich zurückhaltend sowie mit einer Serifenschrift seriös
und informativ auf. Durch diese Gestaltung, die an das Medium Buch erinnert, greift
sie dessen gesellschaftlich-mediale Assoziationen auf. Glaubwürdigkeit und Sachlich-
keit sind die stark verankerten Zuschreibungen. Diese Assoziation unterstützend ist die
Schriftwahl entgegen Tschicholds Grundregeln in einer einzigen Schriftart, der
Caslon-Schriftfamilie, gesetzt und mithilfe zweier Schriftgrade und -schnitte ausge-
zeichnet. Nach Tschichold sollte die genutzte Schriftfamilie innerhalb des Unterneh-
mens nur auf Werkdruckpapier zum Einsatz kommen. Sie bietet dem Leser mit ihren
horizontalen Querstrichen und Serifen sowie den geraden Schattenachsen Stabilität
und Orientierung. Dadurch wirkt sie unaufgeregt und ist sehr gut lesbar. Der semio-
tische Informationsfluss wird durch diese Schriftwahl erleichtert. Des Weiteren und
Tschicholds internen Richtlinien folgend, sind Überschriften mit einem größeren
Schriftgrad und Zwischenüberschriften durch einen kursiven Schriftschnitt derselben
Schriftart ausgezeichnet. Die Artikel sind in kurze Absätze gegliedert. Der Blocksatz
wird an den Rändern von wenig Weißraum gehalten, jedoch unterbrechen größere
Abstände zu einem neuen Kapitel die Textblöcke, die nach Zwischenüberschriften ein-
gezogen werden. Durch die Einteilung in erkennbare Einheiten findet das Leserauge
Orientierung innerhalb des Textes und kann das Gelesene besser verarbeiten. Dies un-
terstützt das Verständnis der bereitgestellten Inhalte.
Auffällig ist die streng symmetrische Ausrichtung, die sich durch die Gestaltung der
einzelnen Seiten zieht: sei es durch die zweispaltigen Texte, der Gegenüberstellung von
Text und Bildern oder der zentrierten Ausrichtung der Überschriften. Die Hauptüber-
schriften betonen in ihrer Zentriertheit die Orientierung an einer Mittelachse. Dies
wird durch die Zweispaltigkeit unterstützt, die sich sowohl in der Anordnung der Bil-
der (siehe Abb. 20 und Abb. 21) als auch im Inhaltsverzeichnis (siehe Abb. 22) wie-
derfindet und sich kontinuierlich durch das ganze Magazin zieht. Die Typographie
kommuniziert neben ihrer Übermittlerfunktion auf sinnhafter auch auf suggestiv emo-
tionaler Wirkungsebene. Sie vermittelt einen beruhigenden und harmonischen Lese-
prozess und unterstützt mit Übersichtlichkeit und Ordnung den Eindruck der Gedie-
genheit des Produkts.

55
Abbildung 21: Roche-Zeitschrift, Innengestaltung 1. Aus: Bieri 2009, S. 34.

Abbildung 20: Roche-Zeitschrift, Innengestaltung 2. Aus: Bieri 2009, S. 34.

56
Abbildung 22: Roche-Zeitschrift, Inhaltsverzeichnis. Aus: Bieri 2009, S. 34.

Im Konzept der Firmenzeitschrift Roche spiegelt sich weiterhin die Vielfalt der Ziel-
gruppen des Unternehmens wider. So richten sich einige Artikel inhaltlich wissen-
schaftlich-informativ an Ärzte und Apotheker, die internen Neuigkeiten auch an Ak-
tionäre und die essayistische und damit laiengerechte Vorstellung des Libriums sowie

57
der Artikel »Menschen im Urlaub« an die Endverbraucher. Die Art der Kommunika-
tionsgestaltung muss auf diese Vielfalt ausgerichtet werden. Auch hier ist die informa-
tive Funktion ein Aspekt, hinter den sich die Typographie zurückstellen muss. Darüber
hinaus hat die Bedeutung des Marketings einen Anspruch an eine wohlüberlegte Ge-
staltung und ruft mit dem präferierten Auftritt der Firma mithilfe des Layoutkonzepts
bestimmte Assoziationen beim Rezipienten hervor. So bedient die elegante, ausgegli-
chene Schriftart der Caslon-Schriftfamilie den Eindruck von Seriosität und Stabilität.
Die Betonung der Senkrechten gibt Halt und wirkt ebenfalls ausgeglichen und damit
sicher. All diese Aspekte sprechen für die Verwendung der pharmazeutischen Produkte
des Unternehmens und suggerieren Vertrauenswürdigkeit, Kompetenz und Sachlich-
keit. Die Kommunikation hinsichtlich dieser Intention ist auf der typographischen
Ebene erkennbar, konsequent ausgearbeitet und innerhalb der vorliegenden Exemplare
systematisch durchgehalten. So ist die typographische Repräsentation der Firmenzei-
tung als funktional zu bewerten. Die Redaktion sorgt für ein öffentlichkeitstaugliches
Bild, das die Ziele des Unternehmens bewusst unterstützt, ein zielstrebiges, einheitli-
ches Unternehmensbild schafft und damit die Vertrauenswürdigkeit intern sowie ex-
tern unterstreicht.
SIGNET
Das Signet als markenrepräsentierende Graphik und kontinuierliche Identifikations-
basis für den Adressaten ist einer der Grundpfeiler der Unternehmenskommunikation.
Sowohl als Bestandteil der Produktgestaltung als auch auf eigenständiger Basis kom-
muniziert es das Bild der Firma auf gleichermaßen graphischer wie ideeller Ebene. Als
Markensymbol zeigt es sich in zahlreichen Facetten, wie beispielsweise weithin sichtbar
an der Fassade des Firmensitzes in Basel oder als kleines Symbol auf Verpackungen.
Während seiner Zeit bei Hoffmann-La Roche war Jan Tschichold für die Gestal-
tung sämtlicher Drucksachen verantwortlich. Dazu zählten nicht nur Broschüren und
Produktverpackungen, sondern auch die Geschäftsberichte, die Roche-Zeitschrift,
Briefpapier, Akzidenzien und weitere Druckwerke. Im Zusammenhang damit überar-
beitete er auch das Signet des Pharmakonzerns. Das Signet zeigt den Basilisken, das
Basler Wappentier, und den von Justus von Liebig entwickelten Fünfkugel-Apparat,
ein Bestandteil einer Vorrichtung zur Elementaranalyse von organischen Stoffen
(Abb. 23).105
Tschichold baute auf dem Entwurf von Max Breitschmid, dem Leiter des graphi-
schen Ateliers des Pharmakonzerns Hoffmann La Roche, auf. Jedoch entwarf er drei
Schweregrade – Light, Medium und Heavy – die nun für die verschiedenen Gestal-
tungsanforderungen der unterschiedlichen Produkte verwendet werden konnten. Das
Signet wurde sowohl intern für die Mitarbeiter als auch extern für die Kunden einge-
setzt. Weiter vereinfachte Tschichold das Design des Signets und sorgte für eine kla-
rere, modernere Linienführung.106 Im direkten Vergleich sieht man, dass der Schwanz
des Basilisken in Breitschmids Entwurf fast dessen Körper berührt. Tschichold dagegen
schuf klare Linien ohne Überlappungen.

105
Vgl. Roche-Zeitschrift 1962/1, S. 38.
106
Vgl. Bieri 2009, S. 38 f.

58
Abbildung 23: Roche Signets – Entwürfe von Jan Tschichold (NL TSCH/78/4). Aus: Bieri 2009,
S. 15–16.

Weiterhin passte er den Roche-Schriftzug an den jeweiligen Schweregrad des Signets


an. Je kräftiger die Linien des Signets, desto klarer und schlichter präsentiert sich das
Design. Das zeigt sich in der Gestaltung des Kopfes des Basilisken. Im Gegensatz zu
den Entwürfen ›Light‹ und ›Medium‹ enthält die Gestaltung des Entwurfs ›Heavy‹ kein
Auge. Auch das Banner mit dem Schriftzug ist in der fetten Ausführung nicht ge-
schwungen. Beim Schriftzug selbst stauchte Tschichold die Buchstaben im ›Heavy‹-
Entwurf und verhinderte durch die Sperrung der Antiqua-Versalien eine Unleserlich-
keit der einzelnen Typen auch in kleineren Druckformaten. Für den Roche-Schriftzug
im Entwurf ›Light‹ verwendete Tschichold eine Serifenschrift. Der handgezeichnete
Entwurf zu diesem Schriftzug ist noch erhalten und zeigt in detaillierten Anmerkungen
von Tschichold zu den Strichstärken, wie die Buchstaben in ihrer Form noch perfek-
tioniert werden müssen (siehe Kapitel 4.3).107 Der Entwurf ›Light‹ weist weiterhin eine
Vielzahl an geschwungene Linien auf. Dies ist vor allem an den Krallen des Basilisken
und dem Banner zu erkennen.
Die durchdachte Linienführung in drei Variationen ermöglicht es, das Signet in
beliebiger Größe und auf verschiedenen Materialien abzubilden. Gleichzeitig bleiben
der Bezug zu älteren Entwürfen und damit die Wiedererkennbarkeit des Signets erhal-
ten. Traditionelle Motive werden aufgegriffen und in modernen Formen dargestellt.
Das spiegelt auch das Leitbild des Unternehmens »Neues zu suchen, Gültiges zu schaf-
fen und Wertvolles zu bewahren«108 wider.
Dieses Beispiel zeigt, wie hier bereits Leitbild, Corporate Design und Corporate
Communication ineinandergreifen und schrittweise zu einer ganzheitlichen CI führen.
Durch seine Tätigkeit hat Jan Tschichold das Corporate Identity Konzept des Phar-
makonzerns aktiv mitgestaltet und bis zum heutigen Tag geprägt.
In der Tabelle findet man das von Tschichold gestaltete Signet unter ›Faltblatt: Ro-
che-Signet‹.109 Die Gestaltung des Signets ist als eine wichtige Komponente der CI

107
Vgl. Tschichold: Schriftzug. Entwurf Roche Schriftzug (NL TSCH/78/4).
108
Tschichold: Hochglanzdruck. Werbeanzeige (NL TSCH/29/25a).
109
Vgl. Tschichold: Faltblatt. Roche Signet (NL TSCH/78/1).

59
eines Unternehmens zu betrachten, da dieses den Konzern gegenüber allen Zielgrup-
pen repräsentieren soll und nicht produktgebunden auftritt. Trotz der Orientierung
Tschicholds an der Vorgängerversion des Signets von Breitschmid richtete er sich nach
seinem eigenen ästhetischen Verständnis und beeinflusste mit seinem Stil die Außen-
wirkung des Unternehmens Hoffmann-La Roche.
Die drei Varianten des Signets erlauben eine Anpassung an die jeweiligen Verwen-
dungszwecke. So können Größenvariationen realisiert und Schwierigkeiten bei schwer
zu bedruckenden Trägermaterialien bewältigt werden. Die detailliertere Ausarbeitung
sowie die klare, reduzierte Version wirken jeweils unterschiedlich, weshalb die Kom-
munikation mit der entsprechenden Zielgruppe stets funktional erfolgen konnte.
Durch die Übernahme der alten Bildsymbole steht das neue Signet (siehe Abb. 23)
weiterhin für die den Kunden bekannten
Werte, während die Modernisierung des
Entwurfs den technologischen Fortschritt
und die zeitgemäße Weiterentwicklung der
Firma betont. Seine typographischen
Kenntnisse wendete Tschichold hier funk-
tional und zweckorientiert an. Trotz der
teilweise gleichzeitigen Nutzung sowohl
von Tschicholds als auch Breitschmids
Entwurf setzte sich langfristig jedoch Breit-
schmids Hexagon-Variante (siehe Abb. 24) Abbildung 24: Roche-Signet – Entwurf von Max
durch, die bis heute genutzt wird. Breitschmied. Aus: Bieri 2009, S. 39.

2.3 Tschicholds Einfluss auf die Corporate Identity von Hoffmann-La


Roche
Mit den allgemeinen Richtlinien, die Tschichold 1956 verfasste, wurde ein erster
Schritt zu einer einheitlichen CI getan. Es bot sich nun eine Referenz, die sich fortan
in den Gestaltungen Hoffmann-La Roches abzeichnen sollte. Hieraus ergibt sich die
Annahme, dass sich die generelle Gestaltung an Tschicholds Präferenzen einer guten
Typographie anlehnte. Darüber hinaus sind jedoch graphische Produktmerkmale zu
erkennen, die sich augenscheinlich speziell für das Unternehmen unter Tschicholds
Einfluss herausbildeten. So belegt Bieri, dass Tschichold mit seinem Engagement zu
einem gedruckten Erscheinungsbild verhalf, das »die Attribute ›Zurückhaltung und
Gediegenheit‹, mit denen sich das Unternehmen stets gerne schmückte, in vollendeter
Form ausdrückt und damit zum unaufdringlichen Spiegel des damaligen unternehme-
rischen Selbstverständnisses der Firma wurde«110. Identitätsstiftend sind beispielsweise
die Farbwahl oder die Einbindung und Platzierung des Signets auf den eigenen Pro-
dukten. In den 1950er Jahren galt es vermehrt, sich als Marke abzuheben und unter
der steigenden Zahl der Produkte einen Wiedererkennungswert und Vertrauen in diese
zu bewirken. Eine gelungene Eindeutigkeit und Positionierung verschafft auf dem
Markt die notwendige Unterscheidbarkeit zur Konkurrenz. Dafür sorgen eingängige,

110
Bieri 2009, S. 28.

60
einfache Argumente, die der Kunde mit der Marke in Verbindung bringt.111 Mittels
durchdachter Produktästhetik wird ein Unternehmensbild und die Qualität der Phar-
mazeutika vermittelt.
Der Leitspruch des Unternehmens »Neues zu suchen, Gültiges zu schaffen und
Wertvolles zu bewahren«112 drückt die vier Attribute »gediegen«, »zurückhaltend«,
»verschlossen« und »seriös«113, die unternehmensintern zur Markenbildung als relevant
galten, in Worten aus. Diese begegnen dem mangelnden Vertrauen der Bevölkerung
in die Pharmaziebranche zu dieser Zeit. Im Zusammenhang mit der weltweiten Ex-
pansion des Unternehmens erfuhren die Markenbildung und das Marketing, auf das
der Firmengründer von Anfang an besonderen Wert legte, verstärkte Aufmerksamkeit.
Inwiefern es konkrete Vorgaben für die Objektgestaltung gab, lässt sich anhand der
vorliegenden Archivalien nicht gänzlich zurückverfolgen, jedoch sind Ansätze zu einer
solchen Vereinheitlichung in der Produktgestaltung im Sinne Hoffmann-La Roches
und seiner Attribute erkennbar.
Die programmatischen Begriffe lassen sich in der Gestaltung der betrachteten Ge-
genstände nachverfolgen. So sind die textlastigen Produkte wie Broschüren, Faltblät-
ter, Zeitschriften und Geschäftsberichte generell symmetrisch aufgebaut. Sie verwen-
den gesperrte Versalien und vereinzelt Kursive als Auszeichnungen, die unaufdringlich
und damit zurückhaltend den Text strukturieren und leserfreundlich machen. Die
Symmetrie spricht die natürliche Präferenz des Auges nach Harmonie an. Sie vermittelt
dadurch den Eindruck von Ruhe und Qualität, wodurch die Gediegenheit übermittelt
wird. Der großzügige Einsatz von Weißraum und die bewusste Platzierung der Text-
und Bildabschnitte sorgen für eine Übersichtlichkeit und Unaufdringlichkeit, die mit
Zurückhaltung und Großzügigkeit beschrieben werden können. Die prägnanten
Sachinformationen zu den Produkten vermitteln in ihrer schlichten und informativen
Art ein seriöses Bild. Die Schriftwahl der Fließtexte greift Tschicholds Präferenzen für
Antiquaschriften auf. Diese zeichnen sich durch eine gute Leserlichkeit, ein stabiles
Schriftbild aufgrund der horizontalen Orientierung und einhergehend mit buchtypo-
graphischen Assoziationen als glaubwürdig aus.
Inhaltlich signifikant zeigt sich ein Sprachstil, der regelmäßig persönliche Anspra-
chen aufgreift. Dadurch wird die Distanz zum Kunden überwunden und die Bezie-
hung emotionalisiert. Trotz der verschiedenen Zielgruppen bleibt der Stil stets einem
wissenschaftlichen Anspruch gerecht, der den Aspekt der Seriosität gewährleistet. Die
Ansprachen bieten zudem eine Transparenz, die teilweise im Gegensatz zum Ziel der
Diskretion zu stehen scheint, jedoch steigert sich so die Vertrauenswürdigkeit in die
Produkte und das Unternehmen, was die Markenbildung unterstützt.

111
Vgl. Wala 2016, S. 237.
112
Tschichold: Hochglanzdruck. Werbeanzeige (NL TSCH/29/25a).
113
Vgl. Schneider: Brief. Wie Tschichold zu La Roche kam, welche Tätigkeiten er ausgeübt hat.
(PE.2.TSJ-102027); Bieri 2009, S. 28.

61
Die Farbakzentuierungen der textlastigen Produkte sind unaufdringlich und greifen
einen einheitlichen Rotton auf, der nach Tschichold nachweislich dem internen »Kli-
schee« entspricht.114 Dieser Rotton findet in vielen Werbeprodukten des Pharmakon-
zerns Verwendung, weshalb er der Farbpalette Hoffmann-La Roches zugehörig und
für diesen charakteristisch sein muss. Eben dieser Rotton lässt sich auf den Drucksa-
chen wie Litrison und Madribon als Auszeichnungsfarbe sowie zur Hervorhebung des
Signets bei Madribon wiederfinden. Wie wichtig die Hausfarbe für die Wiedererken-
nung ist, zeigt sich daran, dass Marken wie Langenscheidt, Milka oder Telekom die
für sie spezifischen Farbcodes schützen ließen.115 Zusätzlich zu diesem Rot wird vor
allem bei den Broschüren farbiges Trägermaterial gewählt, das zum einen Aufmerk-
samkeit erzeugt und zum anderen die Produkte differenziert. Auf Drucken, die beson-
ders hochwertig erscheinen sollen, werden goldene Farbakzente eingesetzt. So stehen
auf der Menükarte sowohl der Titel als auch die Firma Hoffmann-La Roche in golde-
nen Lettern, da Gold kulturell als Indikator für Wertigkeit steht.
Das Signet ist üblicherweise auf der Vorderseite gut sichtbar und vom Text abge-
setzt abgebildet. Vor allem die ›Medium‹-Version fand auf den untersuchten Produk-
ten Verwendung. Die Zeitschrift verknüpft mit dem Titel »Roche« und dem Einsatz
der aus dem Signet vertrauten Schrift Produkt und Markenname. Dies ist auch bei den
Broschüren der Fall, in denen der Medikamentenname in einfachen Guillemets stets
von dem Zusatz »Roche« gefolgt wird. Auch die Gestaltung des Namens verweist mit
der Schriftwahl sowie der Anführungszeichen und teils durch die rote Schriftfarbe auf
die übliche Gestaltung des Schriftzuges hin. Diese Gestaltung identifiziert die Betrach-
tungsgegenstände eindeutig als Produkte Hoffmann-La Roches.
Die Aspekte der qualitativ hochwertigen Verarbeitung durch die Verwendung
schützender Folien, eine aufgeräumte Typographie, Farbfotografien, ungewöhnliche
Formate sowie grifffeste Farbpapiere vermitteln die angestrebte Gediegenheit. Zurück-
haltend wirken die Produkte primär durch die schlichte Gestaltung und die kurzen
Textabschnitte, die durch einen hohen Anteil an Weißraumflächen eingerahmt wer-
den. Die Farbwahl in den Auszeichnungen erscheint unaufdringlich, wenngleich ein-
zelne Papiere mit signifikanten Farbtönen Aufmerksamkeit generieren sollen. Das At-
tribut der Diskretion zeigt sich auch in den zensierten Informationen, die bewusst an
die Öffentlichkeit gelangen, und steht nur scheinbar im Gegensatz zu den transparent
aufbereiteten Details über Produktion und Forschung. Auch aus diesen drei genannten
Aspekten resultiert das seriöse Bild des Unternehmens, das klar, informativ und ver-
trauenswürdig auftritt.
Die firmeninternen Vorgaben zur CI sind nicht in erhaltenen Dokumenten schrift-
lich festgehalten, wohingegen Tschicholds Richtlinien zur Gestaltung die Zeit über-
dauerten. Diese Richtlinien besitzen eine Einheitlichkeit und einen Wiedererken-
nungswert, die die Produkte auszeichnen. Auch die Produkte Hoffmann-La Roches
erwecken dadurch den Eindruck einer größeren Einheitlichkeit und Struktur in der

114
Kiste 145 im Leipziger Buch- und Schriftmuseum liefert hierzu eine Vielzahl an Archivalien mit
entsprechenden Verweisen. Tschichold: »Rot ist Klischee«.
115
Vgl. http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/urteil-der-bundesgerichtshofs-nur-tele-
kom-darf-in-magenta-werben/2271832.html.

62
Gestaltung. Prägnant hierfür sind sowohl die Schriftwahl als auch die üblicherweise
zweifarbig gestalteten Broschüren und Verpackungen. In Ermangelung interner Vor-
gaben erstellte Tschichold eigene, die als Grundlage für weitere Produktgestaltungen
fungierten. Die frühen Rundschreiben, denen jegliche graphische Verbindung zum
Unternehmen fehlt, der Geschäftsbericht von 1956 und das frühe Signet sind neben
der aufkommenden Konkurrenz im Massenmarkt ein Grund dafür, warum eine ganz-
heitliche CI notwendig wurde. Diese vor Tschicholds Zeit erstellten Druckwerke zei-
gen kein einheitliches Bild der Firma, sondern wurden ohne Bezug aufeinander erstellt.
Erst mit der vereinfachten Gestaltung durch Jan Tschichold werden diese der Marke
klar zuordenbar. Die erkennbare Vereinheitlichung der Produkte führt zu einem cha-
rakteristischen Unternehmensbild, das die Marke Hoffmann-La Roche in der Öffent-
lichkeit etablierte. Dieses gediegene und seriöse Bild wurde bis in die Gegenwart fort-
geführt. Die Anpassung der Schriftfarbe in ein helles Blau unterstreicht beispielsweise
verstärkt die kulturell geprägte Assoziation mit technischer Sachlichkeit, Vertrauen
und Seriosität. Auch das Magazin wird mit seinem kundennahen, vertrauenserwecken-
den Anspruch fortgeführt. Die unter Tschicholds Einfluss entstandenen Leitbilder hat-
ten nachhaltigen Einfluss auf die Unternehmens-CI und die Gestaltung von Drucksa-
chen.

3 Jan Tschicholds Arbeitsprozesse bei Hoffmann-La Roche


Aufbauend auf dem vorangegangenen Kapitel widmet sich der folgende Abschnitt der
Analyse von Jan Tschicholds Arbeitsprozessen während seiner Anstellung bei Hoff-
mann-La Roche. Hierzu werden die Broschüre des Präparats Vitamina C, die Verpa-
ckung für Panteen Haarwasser und der Roche-Schriftzug betrachtet. Diese Auswahl
wird durch den Nachlass im Leipziger Buch- und Schriftmuseum und im Historischen
Archiv Roche in Basel begründet, die für diese Produkte neben den fertig gestalteten
Dokumenten auch Probedrucke und Entwürfe, zum Teil versehen mit handschriftli-
chen Anmerkungen Tschicholds versehen, archiviert haben. Diese legen Tschicholds
Gestaltungsprozess nachvollziehbar offen und ermöglichen eine tiefergehende Analyse.
Jede der ausgewählten Archivalien erfährt eine inhaltlich-analytische Aufarbeitung
ihrer Entstehungsgeschichte, wobei der Fokus auf typographisch-gestalterischen As-
pekten Tschicholds liegt. Anhand des Materials lässt sich feststellen, wie Tschichold
gearbeitet hat und ob seine Korrekturen umgesetzt wurden. Seine typographischen
Schwerpunkte und seine Art der Korrekturvermittlung werden so zugänglich gemacht.
Diese konkreten Betrachtungen ermöglichen es, die Schwerpunkte seiner Kritik
und angedachten Verbesserungen zu schematisieren und ein Gesamtbild zu zeichnen,
wie der Arbeitsprozess Jan Tschicholds konstruiert war.

3.1 Vitamina C
Zur Werbebroschüre für das Präparat Vitamina C, deren Druck bereits in einem vo-
rangegangenen Kapitel in Bezug auf Tschicholds gestalterische Arbeiten bei Hoff-

63
mann-La Roche analysiert worden ist, sind ein Umschlagentwurf116 und zwei verschie-
dene Probedrucke117 vorhanden. Die vier unterschiedlichen Gestaltungsphasen bilden
die Grundlage für die Untersuchung des Objekts.
UMSCHLAG
In drei von vier Versionen der Broschüre werden auf 25 Seiten die Herstellung und
Wirkung des Vitaminpräparats erklärt. Teilweise sind diese mit schwarz-weißen Fotos
ausgestattet. Bei dem ersten Entwurf, der lediglich die ersten Fixpunkte in der Gestal-
tung für den Umschlag festhält, fehlen sowohl der Haupttext als auch die dazugehöri-
gen Bilder. Die Texte jedes Objekts, so auch die Vorder- und Rückseiten, sind in spa-
nischer Sprache verfasst worden.
Die Vorderseite des ersten Entwurfs, der lediglich aus dem Umschlag besteht und
noch keinen gedruckten Innenteil enthält, wurde von Tschichold handschriftlich ver-
fasst, jedoch so akkurat, dass der Entwurf auf den ersten Blick bereits einer Druckver-
sion ähnelt.118 Ein mit blauer Farbe gestalteter Rahmen umfängt das Signet, den Titel
sowie den zentriert aufgeführten Inhalt der Broschüre und übernimmt auf der Vorder-
seite eine strukturierende Funktion. Die Farbe Blau wird in späteren Versionen in den
Überschriften und Untertiteln des Innenteils wiederaufgenommen und verleiht dem
Endergebnis ein einheitliches Gesamtbild. Das Signet des Pharmaziekonzerns befindet
sich in der Mitte des oberen Drittels. Es handelt sich dabei um die Version des Signets,
die von Jan Tschichold entworfen wurde und in der Arbeit bereits Erwähnung fand
(siehe Kapitel 1.3 Corporate Identity). Der Titel der Broschüre und gleichzeitig der
des Präparats, »Vitamina C«, wird mithilfe der Schriftgröße sowie der Verwendung
von Kapitälchen von der Aufzählung der darin enthaltenen Kapitel unterschieden. Der
Text der Vorderseite ist in schwarzer Schriftfarbe gehalten, wohingegen strukturie-
rende Elemente wie der Rahmen und Trennlinien mit blauer Farbe hervorgehoben
sind (siehe Abb. 25). Der Genauigkeit der Buchstaben nach zu urteilen, hat Tschichold
mit einem Lineal gearbeitet. Dieser Linientreue ist es geschuldet, dass man dem Pro-
dukt die handschriftliche Anfertigung auf den ersten Blick nicht ansieht.
In der Broschüre befindet sich ein Zettel mit Notizen zum Inhaltsverzeichnis. Diese
Aufzeichnungen tragen den Titel »C Broschüre« (siehe Abb. 26). Mit schwarzem Ku-
gelschreiber und blauem Filzstift sind erste Hinweise auf die spätere farbliche Unter-
scheidung von Paginierung und Untertitel gegeben, wobei die Seiteneinteilung durch-
gestrichen und durch eine neue ersetzt worden ist. Auf der marmorierten Rückseite der
Broschüre, die ansonsten unbeschriftet ist, notierte Tschichold mit Bleistift »auch mit
Rahmen«, was ein Hinweis darauf ist, dass der Typograph auf der Rückseite des Um-
schlags den gleichen blauen Rahmen verwenden wollte, den er auf der Vorderseite
nutzte.

116
Vgl. Tschichold: Umschlag (NL TSCH/78/13).
117
Vgl. Tschichold: Probedruck (NL TSCH/78/14) und Tschichold: Probedruck (NL TSCH/78/15).
118
Vgl. Tschichold: Umschlag (NL TSCH/78/13).

64
Abbildung 25: Broschüre des Präparats Vitamina C, Cover-Entwurf (NL TSCH/78/13).

65
Abbildung 26: Broschüre des Präparats Vitamina C, Notizen zum Inhaltsverzeichnis
(NL TSCH/78/13).

66
PROBEDRUCK I
Auf dem ersten Probedruck der Broschüre, die erstmals vollständig Cover, Innenteil
und Rückseite beinhaltet, merkte Tschichold mit blauem Kugelschreiber an, was im
Folgenden verbessert werden soll.119 So werden auf der Vorderseite Punktgrößen ver-
ändert, Zeilenabstände verkleinert und Zeilen verschoben (siehe Abb. 27).

Abbildung 27: Broschüre des Präparats Vitamina C, Probedruck des Covers (NL TSCH/78/13).

119
Vgl. Tschichold: Probedruck (NL TSCH/78/14).

67
Dabei ist auffällig, dass er mehrere seiner eigenen Korrekturen durchgestrichen und
ein weiteres Mal verbessert hat. Im Gegensatz zu der handgeschriebenen ersten Version
des Umschlags findet sich eine leichte Vergrößerung der Zeilenabstände.
Im Innenteil folgt das Inhaltsverzeichnis. Unterüberschriften wurden von
Tschichold mit Einzügen versehen, um die Übersichtlichkeit zu gewährleisten. Die
noch nicht festgelegte Paginierung wird durch den Platzhalter »pág.« ersetzt. Unterhalb
des Inhaltsverzeichnisses findet sich das Firmensignet. Es folgt der Hauptteil der Bro-
schüre, der sich der Herstellung des Vitamin C Präparats innerhalb des Konzerns wid-
met. Schwarzweiß-Fotos, die entweder zwei Drittel oder die gesamte Fläche einer Seite
einnehmen, dokumentieren diesen Vorgang durch die Abbildung von Aufnahmen des
Firmengeländes und der maschinellen Ausstattung.
Auf der zweiten Seite der Broschüre leitet das Foto eines im Labor arbeitenden Wis-
senschaftlers zum Textteil über. Die Überschrift jedes Kapitels ebenso wie die chemi-
sche Zusammensetzung des Präparats greifen das Blau der Vorderseite auf und sind
zentriert gesetzt. Der Fließtext steht im Blocksatz und wird mit Einzügen strukturiert,
die es dem Auge erleichtern, Sinnabschnitte zu erkennen. Jedes neue Kapitel wird mit
dem zentriert gesetzten Namen der Substanz überschrieben, die im Folgenden erläutert
wird und Teil des Vitamin Präparats ist. Mit der Abbildung ihrer chemischen Verbin-
dung werden Ascorbinsäure, Natriumascorbat und Calciumascorbat erläutert. Der
hintere Teil der Broschüre widmet sich deren chemischen und physischen Eigenschaf-
ten.
Bereits beim ersten Probedruck befinden sich im Innenteil der Broschüre keinerlei
Korrekturanweisungen. Festzuhalten ist, dass Tschicholds Richtlinien von 1956 ein-
gehalten wurden. Der Haupttext ist in einer Garamond gesetzt und die Überschriften
weisen nicht mehr als drei verschiedene Schriftgrade auf. Unterüberschriften wurden
kursiviert. Auch die Regeln für Absätze, die Mindestbreite von Rändern, Einzüge, un-
gestrichenes Papier und die Proportionen für das Format der Broschüre wurden einge-
halten. Die Rückseite des Broschürenumschlags enthält eine zweispaltige Auflistung
aller lateinamerikanischen Institutionen, die Vitamina C Roche verkauften. Die Ein-
teilung erfolgt hierbei nach alphabetischer Reihenfolge der Länder, wobei diese fett
gedruckt sind. Die darunter stehenden Adressen werden durch Einzüge strukturiert.
Tschichold zog mit rotem Buntstift einen Rahmen und notierte »Rahmen wie vorn«,
um darauf hinzuweisen, dass die Rückseite ebenfalls mit einem blauen Rahmen verse-
hen werden sollte. Darüber hinaus nahm er auf der Rückseite weitere Korrekturen mit
unterschiedlichen Stiften in Rot, Schwarz und Blau vor, die zum Beispiel den hängen-
den Einzug oder den Zeilenabstand über und unter dem Firmennamen korrigieren
sollten (siehe Abb. 28). Der Fokus von Tschicholds Korrekturen liegt bei dieser Ver-
sion auf den Zeilenabständen und Einzügen. Farbwahl, Anordnung der Bilder, die
Wahl der Schriftgrade und -arten und andere typographische Feinheiten wurden hier
nicht kritisiert.

68
Abbildung 28: Broschüre des Präparats Vitamina C, Verkäufer-Auflistung im Probedruck I
(NL TSCH/78/14).

69
PROBEDRUCK II
Im dritten Arbeitsschritt wurden Tschicholds Korrekturen des Covers umgesetzt (siehe
Abb. 29). Weitere nahm er nicht vor.120

Abbildung 29: Broschüre des Präparats Vitamina C, Verkäufer-Auflistung im Probedruck II


(NL TSCH/78/14).

In der Broschüre befindet sich ein gefalteter Zettel vom 17.09.1957. Daraus folgt, dass
das eingefügte Blatt den Korrekturvorschlag für die von Tschichold durchgestrichene
Stelle im Innenteil des zweiten Probedrucks enthielt.

120
Vgl. Tschichold: Probedruck (NL TSCH/78/15).

70
GEDRUCKTE BROSCHÜREN
Der Druck ist identisch mit dem letzten Probedruck. Die Rückseite wurde hier nicht
durchgestrichen, bleibt jedoch nach wie vor ohne blauen Rand.121 Auch der Verbesse-
rungsvorschlag für die Adresse der Firmensitze im lateinamerikanischen Raum wurde
nicht übernommen. Tschicholds Wunsch nach einem blauen Rand auf der Rückseite
des Umschlags wurde folglich nicht nachgekommen. Wer diese Entscheidung getrof-
fen hat und warum, lässt sich mit den vorliegenden Quellen nicht beantworten. Fest-
zuhalten ist, dass Tschichold beim zweiten Probedruck nicht mehr auf den fehlenden
Rahmen hinwies und die zuvor penibel korrigierte Adressenliste durchstrich. Dennoch
ist die Liste mit den lateinamerikanischen Adressen beim endgültigen Druck unverän-
dert vorhanden. Ohne eine weitere Anmerkung ist nicht nachvollziehbar, ob
Tschichold mit der Anordnung der Adressen auf der Rückseite unzufrieden war oder
ob er die Rückseite, wenn sie ohne Rahmen blieb, komplett unbedruckt lassen wollte.
Diese Reihe von Entwicklungsschritten vom ersten Entwurf des Umschlags bis zum
endgültigen Druck zeigt, dass nicht alle von Tschicholds Korrekturanweisungen über-
nommen wurden, auch wenn er mehrmals auf die gleichen Details hingewiesen hatte.
Jedoch blieben lediglich die Hinweise zu der Adressgestaltung der Firmensitze und der
blaue Rahmen auf der Rückseite ignoriert, während alle anderen Forderungen erfüllt
wurden. Weshalb ausgerechnet diese Änderungen nicht übernommen wurden, lässt
sich an dieser Stelle nicht eindeutig beantworten.

3.2 Panteen
Die Panteen-Schachteln sind bereits im dritten Kapitel (2.2.4 Externe Kommunika-
tion: Endkunden – Panteen Haarwasser) untersucht worden. Insgesamt liegen drei ver-
schiedene Versionen von Panteen-Verpackungen vor. Diese unterscheiden sich haupt-
sächlich durch ihre Farbgestaltung, die auf den Inhalt hinweist. Die Schachtel für das
Haarwasser Panteen ohne Fett ist gelb122, diejenige für Panteen mit Fett ist blau123 und
für Panteen extra Fett ist rot.124 Von diesen Produkten sind im Buch- und Schriftmu-
seum Leipzig handgefertigte Entwürfe und Endprodukte archiviert. Die unterschied-
lichen Entwicklungsstufen ziehen sich quer durch die verschiedenen Produkte, bleiben
aber aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem Gestaltungskonzept vergleichbar. Es gibt
keine Variante der Panteen-Schachtel, die in dieser Arbeit von der Zeichnung bis zum
fertigen Druck nachvollzogen werden kann. Stattdessen werden dafür alle drei Versio-
nen herangezogen. Basis für einen gestalterischen Vergleich ist hierbei die Zugehörig-
keit der Objekte zur gleichen Produktlinie.
Bereits die Entwürfe Tschicholds sind bemerkenswert. Die vorliegende Schachtel
Panteen extra Fett wurde statt einer Zeichnung als dreidimensionaler Entwurf gefer-
tigt. Tschichold hat die Verpackungen im richtigen Format aus einem Karton angefer-
tigt und anschließend komplett von Hand bemalt und beschriftet. Der Entwurf ist auf

121
Vgl. Tschichold: Probedruck (NL TSCH/78/16).
122
Vgl. Tschichold: Verpackung. Panteen ohne Fett, Schachtel, Druck (NL TSCH/78/89).
123
Vgl. Tschichold: Verpackung. Panteen mit Fett, Schachtel, Entwurf (NL TSCH/78/88).
124
Vgl. Tschichold: Verpackung. Panteen extra Fett, Schachtel, Entwurf (NL TSCH/78/88).

71
den vier Längsseiten mit dem für das Produkt prägenden Karomuster versehen, das
auch in den anderen Variationen vorkommt (zwei Seiten sind in Abb. 30 und Abb. 31
abgebildet).

Abbildung 31: Ausschnitt des Schachtelentwurfs »Panteen extra Fett«, Entwurf 1 (NL TSCH/78/88).

Abbildung 30: Schachtel des Vitamin-Haarwassers »Panteen extra Fett«, Entwurf 2 (NL TSCH/78/88).

72
Abgesehen von Tschicholds eigenen Korrekturen und schwach sichtbaren Radierun-
gen sind keinerlei Anmerkungen oder Verbesserungsvorschläge zu diesem Entwurf ar-
chiviert. Daher können keine Vorstufen in der Entstehung des Designs festgestellt wer-
den. Dennoch kann man über Tschicholds Arbeitsweise aussagen, dass er handgezeich-
nete Entwürfe im Originalformat erstellt hat. Dabei hat er die Schriften sehr exakt
imitiert, um bereits in diesem Stadium der Entwicklung einen geeigneten Entwurf zu
besitzen.
Ebenfalls erwähnenswert ist die Tatsache, dass sich in Leipzig auch Faltbögen für
die Panteen-Verpackungen befinden. Diese sind ungefärbt und beziehen sich auf die
Panteen-Version ohne Fett, zeigen jedoch die gleichen Details wie die übrigen Varian-
ten. Sie sind auf handelsübliches Kopierpapier mit 80 g/m² gedruckt und abgesehen
von der fehlenden Färbung identisch mit den tatsächlichen Verpackungen (Abb. 32).
Es sind Schnittmarken angegeben, an denen das Papier einzuschneiden ist, um mit den
dabei entstehenden Laschen anschließend einen quadratischen Karton falten zu kön-
nen.

Abbildung 32: Faltbogen der Verpackung des Vitamin-Haarwassers »Panteen ohne Fett«
(NL TSCH/29/31c).

Dabei sind folgende Dinge übernommen worden: das Karomuster mit den Punkten
in der Mitte jeder einzelnen Raute und die Leiste mit dem Namen Panteen in deut-
scher und französischer Sprache. Generell sind alle Verpackungen zweisprachig gehal-
ten, wobei sich die Texte und Inhalte produktabhängig unterscheiden. Die Schriftart,
in der »Das Vitamin-Haarwasser« geschrieben ist, ist auf den beiden finalen Versionen
weniger geschnörkelt, eleganter, geradliniger und schlichter als in dem Entwurf. Es

73
zeigt sich, dass die Gestaltung nahezu unverändert ist. Auch die Schrift stimmt in Plat-
zierung und Größe mit dem Entwurf überein (siehe Abb. 33 und 34).

Abbildung 34: Faltbogen des Vitamin-Haarwas- Abbildung 33: Faltbogen des Vitamin-Haarwas-
sers »Panteen mit Fett« (NL TSCH/78/88). sers »Panteen ohne Fett« (NL TSCH/78/89).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Tschichold bei seiner Arbeit sehr viel Wert auf
eine präzise Gestaltung des Entwurfs legte. Zu Beginn des Gestaltungsprozesses ist be-
reits das fertige Produkt in seinen Grundzügen erkennbar. Er setzte seine Vorstellun-
gen detailgetreu um, die sich durch Schlichtheit und Geradlinigkeit auszeichneten.

3.3 Signet ›Light‹


Das Signet der Firma besteht aus einer prägnanten Wort- und Bildmarke. Die vorlie-
gende Arbeitsprobe enthält den der ›Light‹-Variante zugehörigen Schriftentwurf des
Signets, die Tschichold für Hoffmann-La Roche entwarf und die bis 1971 Verwen-
dung fand. Erkennbar ist dies neben dem deutlich schmaleren Schnitt auch an den
Serifen der Buchstaben, die in den anderen Signet-Varianten nicht vorzufinden sind.
Im Leipziger Buch- und Schriftmuseum liegt ein Arbeitsentwurf des Schriftzuges
»Roche« vor. Dieser ist mit dem Datum des 14.05.1958 sowie des nachkorrigierten
20.05. desselben Jahres versehen. Dabei werden sowohl Tschicholds präzise Arbeits-
weise als auch seine Herangehensweise an Korrekturen auf einem Arbeitsblatt sichtbar.
Das Objekt ist ein aus Karton zusammengeklebter Schriftschnitt, der vielfach ausei-
nandergeschnitten, zusammen- und überklebt sowie nachgezeichnet wurde.
Der Schriftzug baut auf Bleistiftskizzen auf, mit denen Tschichold die Grundzüge
der Buchstaben einer Antiquaschrift definierte, die seinen Ansprüchen nach optischer

74
Ausgewogenheit und optimaler Wirkung entsprechen sollten.125 Die Buchstaben soll-
ten an jedem Punkt aus unterschiedlichsten Strichstärken bestehen, die mit Bedacht
austariert werden mussten, um dem optischen Eindruck von Gleichmaß zu entspre-
chen, der sich vom metrischen unterscheidet.126
Um dieses Ergebnis zu erreichen, probierte er in mehreren Schritten Laufweite,
Strichbreite und Buchstabenform mit ihren Wirkungsveränderungen aus. Wie viele
dieser Entwürfe es brauchte, bis Tschichold zu seinem Ergebnis fand, ist unklar. Die
Notwendigkeit, den Ausdruck nach einiger Zeit zu erneuern, ergibt sich zwingend aus
den begrenzten Möglichkeiten, den Karton vielfach zu zerschneiden und übereinander
zu kleben. Auf dem einzig vorliegenden Entwurf sind zwei Klebeschichten zu erkennen
(siehe Abb. 35).

Abbildung 35: Schriftentwurf »ROCHE« von Jan Tschichold 1958 (NL TSCH/78/4).

Mit einem Bleistift zeichnete Tschichold die Buchstabenbögen nach und verdeutlichte
die Hilfslinien der Serifen auf dem gedruckten Entwurf. Mithilfe seines Ausgangsma-
terials arbeitete er direkt an den Buchstaben, zerschnitt die Blätter, klebte die einzelnen
Buchstaben und Buchstabenteile auf die unterste Schicht des Kartons und konnte so
die Länge der Querstriche und die Laufweite anpassen. So verfuhr er beispielsweise mit
dem Buchstaben R (siehe Abb. 36), dessen Stamm er von seinem Bogen und Fuß löste
und an veränderter Stelle, einige Millimeter entfernt, anlegte. Den Bruch füllt das da-
runter liegende Zeichen passgenau aus, sodass der erste Buchstabe R in Verbindung
mit dem untersten Karton an Breite gewinnt.

125
Vgl. Tschichold: Interne Mitteilung. Interne Mitteilung von Jan Tschichold (NL TSCH/78/82).
126
Vgl. Tschichold: Interne Mitteilung. Interne Mitteilung von Jan Tschichold (NL TSCH/78/82).

75
Abbildung 37: Ausschnitt der Buchstaben RO des Schriftentwurfs »ROCHE« (NL TSCH/78/4).

Änderungen zu den Strichstärken oder Serifenformen zeichnete Tschichold direkt am


aufliegenden Buchstaben ein. Als Anmerkung für den Drucker ergänzte er die Ände-
rungen mit Anmerkungen zu den konkreten Zahlenwerten. So verbreiterte er die
Strichstärke des Stammes des Buchstaben H zu 8 mm statt den vorherigen 7 mm. Auch
die Endstriche des Buchstaben R korrigierte er wie folgt: Zuerst notierte er, sie sollen

Abbildung 36: Ausschnitt der Anmerkungen zur Stichstärken des Schriftentwurfs »ROCHE«
(NL TSCH/78/4).

76
doppelt so dick werden, dann strich er Teile dieser Anmerkung durch und vermerkte
eine Verdickung um einen weiteren Millimeter (siehe Abb. 37).
Dies geschah wahrscheinlich, nachdem der Drucker seiner Aufforderung nachgekom-
men war, das Ergebnis Tschicholds Wünsche nach der optimalen Ausgewogenheit je-
doch nicht erfüllt hatte. Die Abfolge der Anmerkungen ist erkennbar an der veränder-
ten Strichführung, der Zeilenlage und der Schärfe des Bleistiftes.
Zum Buchstaben O vermerkte er die Gestaltung eines »breiten Kreises« mit einer
anschließenden kleinen Skizze, die sich auf die Gestaltung der Außenlinie bezog (siehe
erneut Abb. 36). An der unteren Kante des Blattes sind die in Auftrag gegebenen Ko-
pien vermerkt, die Tschichold wahrscheinlich für seine Verbesserungsversuche in Ab-
sprache mit dem Drucker benötigte. So kann man lesen, dass er zuerst sieben Kopien
und einen Film beauftragte und dies später auf lediglich fünf Kopien korrigierte (siehe
untere Abb. 38). Der Film scheint das Pergamentpapier zu bezeichnen, das zuletzt über
die ersten drei Buchstaben R, O und C gelegt wurde und auf dem sich weitere Nach-
zeichnungen zur Strichstärke befinden, die vor allem die schmaleren Bereiche der Bö-
gen sowie die Serifen verbreitern.

Abbildung 38: Ausschnitt der Anmerkungen zu den beauftragten Kopien des Schriftentwurfs »RO-
CHE« (NL TSCH/78/4).

Tschichold ging ausgenommen kleinschrittig vor. Seine Handarbeit ist durch den Ver-
zicht der ausdifferenzierten Wirkungsanalyse am Druckobjekt aus ökonomischer Sicht
als sparsam zu beurteilen. Zudem wird ersichtlich, dass die Kommunikation mit dem
Drucker penibel und ohne erkennbare Reibungen innerhalb eines Zyklus von sechs
Tagen von einem Druckauftrag zum nächsten stattfand.

77
3.4 Merkmale der gestalterischen Arbeit Tschicholds
Die Analyse der drei verschiedenen Gestaltungsbeispiele zeigt, wie präzise Jan
Tschichold bei seiner Arbeit vorgegangen ist. Besonders interessant und aufschlussreich
sind seine selbstgezeichneten beziehungsweise händisch erstellten Entwürfe. Bei diesen
achtete er bereits genau auf Format, Schriftwahl, Farbgestaltung, Strichstärken, Durch-
schuss und vieles mehr. Seine Entwürfe ähneln stark dem jeweiligen Endprodukt und
wurden lediglich in Details nachkorrigiert.
An dem Umschlag der Broschüre des Präparats Vitamina C und der Verpackung
von Panteen ist zu erkennen, dass auf seinen Entwürfen selbst keine Korrekturanmer-
kungen gemacht wurden. Eine Ausnahme bildet der Entwurf zum Schriftzug für das
Signet ›Light‹. Hier hat Tschichold die Buchstaben getrennt voneinander aufgeklebt,
um die Laufweite anzupassen. Zudem hat er zuvor einige Buchstaben an bestimmten
Stellen zerschnitten, um deren Breite oder Höhe zu korrigieren, und anschließend auf-
geklebt. Zuletzt befestigte er einen Pergamentersatz über dem Schriftzug und markierte
mit Bleistift die vorzunehmenden Veränderungen. Im Gegensatz zu anderen Entwür-
fen wurden an dem des Schriftzugs selbst vermehrt Korrekturen vorgenommen. Dar-
aus ist zu schließen, dass Tschichold bei der Entwicklung einer Schrift anders vorging
als bei den Entwürfen zu Broschüren oder Verpackungen. Die Schrift stellt dabei nur
einen Teil des Signets dar, das wiederum auf den Drucksachen von Hoffmann-La Ro-
che abgebildet wird. Aus diesem Grund erfordert die Gestaltung dieser Schrift einen
ausdifferenzierteren Arbeitsprozess. Zuerst müssen die Buchstaben innerhalb des
Schriftzugs aufeinander abgestimmt werden und ein harmonisches Gesamtbild erge-
ben. Anschließend muss der Schriftzug in das Signet eingepasst werden, sodass die
Schrift innerhalb des Signets und seinen verschiedenen Abbildungsgrößen gut lesbar
bleibt.
Nichtsdestotrotz ist Tschicholds Genauigkeit und Perfektion in all seinen Entwür-
fen zu erkennen. Auch die Verpackung für das Panteen Haarwasser ist ein gutes Bei-
spiel dafür. Tschichold zeichnete den Entwurf nicht auf Papier auf, sondern auf einen
stabileren Karton, um gleich mit der Materialität der späteren Verpackung zu arbeiten.
Er schnitt den Entwurf aus und faltete ihn zu einer Schachtel. Auf diese Weise lässt
sich der Gesamteindruck des Designs in seiner fertigen Form nachvollziehen.
Abschließend lässt sich sagen, dass Jan Tschichold viel Arbeit und Mühe in seine
Entwürfe steckte. Doch nicht nur die Entwürfe, sondern auch die Anmerkungen auf
Probedrucken wie dem des Vitamina C zeigen, dass Tschichold auf Details Wert legte.
Er führte mehrere Korrekturphasen durch, bis Buchstaben, Wörter, Sätze und weitere
Gestaltungselemente perfekt aufeinander abgestimmt waren – sowohl zueinander als
auch in der Anordnung auf der Fläche.

78
Fazit
Die Recherche im Historischen Archiv Roche und im Leipziger Buch- und Schriftmu-
seum sowie die Tiefenanalyse der dort zugänglichen Archivalien bilden die qualitative
und quantitative Grundlage zur Einordnung der Arbeit Jan Tschicholds bei Hoff-
mann-La Roche. Die Analysen ermöglichten dabei einen weiteren Zugang zu
Tschicholds Arbeitsprozessen und typographischer Perspektive, zur Durchsetzungsfä-
higkeit seiner Gestaltungen sowie zur Entwicklung ganzheitlicher CI von Unterneh-
men:
Jan Tschichold war offiziell in einer beratenden Funktion für Hoffmann-La Roche
tätig. Sein Aufgabengebiet bezog sich hauptsächlich auf die Gestaltung textlastiger Ar-
beiten. Bei Produkten wie der Broschüre zu Madribon zeigt sich, dass eine klare Tren-
nung zwischen text- und bildlastiger Dokumentgestaltung jedoch nicht strikt möglich
war. Dies förderte das Konkurrenzverhältnis zu dem Leiter des grafischen Ateliers Max
Breitschmid. Das führte dazu, dass sie in kurzer zeitlicher Distanz unterschiedliche
Entwürfe für dieselben Broschüren vorlegten sowie die Arbeiten des jeweils anderen
überarbeiteten, wie beispielsweise im Fall des Signets. Neben Geschäftsberichten, Ge-
legenheitsdrucken, Produktverpackungen und der Firmenzeitschrift von Hoffmann-
La Roches gestaltete Tschichold zudem Produkte für die Tochterfirma Panteen.
Die Gestaltung, die durch ihre Klarheit, Zurückhaltung und ihren harmonischen
Gesamteindruck gekennzeichnet ist, orientiert sich stark an Tschicholds typographi-
schen Richtlinien. Textgliederung, Auszeichnungen und Schriftwahl sollten Form und
Funktion ästhetisch in Einklang bringen, sodass die Funktionalität des Mediums best-
möglich gewährleistet wurde. Dies gelang beispielsweise bei der Verpackungsgestaltung
des Panteen Vitamin-Haarwassers, bei der er zudem an Farbvorgaben gebunden war.
Am Beispiel des Signets zeigt sich, dass sich Tschicholds Gestaltung im Vergleich zu
früheren Entwürfen von Max Breitschmid durch eine klarere, reduziertere und
dadurch modernere Linienführung auszeichnet. Aus diesem Grund eignet sich das
neue Signet für die verschiedenen Darstellungsanforderungen der unterschiedlichen
Produkte. Hieran zeigt sich auch Tschicholds hoher Anspruch an Qualität und zweck-
orientierte Gestaltung. Bei seiner Arbeit legte er Wert auf eine detailgetreue und gut
durchdachte Ausarbeitung. Dies kam in seinen Arbeitsprozessen durch viele kleine
Korrekturen zum Ausdruck: Seine ersten Entwürfe waren bereits sehr präzise, bis zur
Endversion durchliefen die Produkte dann aber auch mehrere Korrekturphasen, wenn-
gleich nicht alle Änderungsvorschläge übernommen wurden.
Tschicholds Anspruch war eine klare und einheitliche typographische Gestaltung
von hoher Qualität. Mit seiner Einstellung trug Jan Tschichold auch zu einer Verein-
heitlichung des typographischen Firmenauftritts bei und sorgte so für die Entstehung
einer ganzheitlichen CI mit den vorrangigen Attributen der Gediegenheit und Zurück-
haltung, die das Unternehmen fortan prägen sollten. Diese Attribute wurden in den
untersuchten Drucksachen gestalterisch umgesetzt. Mithilfe der durchdachten Pro-
duktästhetik wurde gleichsam ein seriöses, gediegenes Unternehmensbild vermittelt.
Die Untersuchung des Archivmaterials zeigt, dass Tschichold über seiner Berater-
funktion hinaus viele eigene Arbeiten gestaltete. Damit trug er maßgeblich zu einer

79
Vereinheitlichung der Produktgestaltung bei, die später eine Grundlage für die ein-
heitliche CI des Unternehmens bildete. Zum Firmenjubiläum 1971 ersetzte jedoch
Breitschmids Hexagon-Signet die von Tschichold überarbeitete Variation. Hier zeigt
sich, dass nicht alle Gestaltungsarbeiten von Tschichold nachhaltig vom Unternehmen
verwendet wurden. Seine Bedeutung für das Unternehmen ist dennoch nicht abzu-
sprechen. Er nahm in seiner beratenden Funktion und durch die tägliche Konkurrenz
zu Breitschmid großen Einfluss sowohl auf die anderen Gestalter bei Hoffmann-La
Roche als auch auf das Unternehmensbild, dessen Attribute er prägte und die sich bis
heute kaum veränderten.

80
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Rundschreiben des General-Sekretariats über die Schaffung einer Koordinationsstelle
für Tschichold (PE.2.TSJ-102027). ................................................................................................. 24
Abbildung 2: Interne Mitteilung Tschicholds zu den Versuchsbuchstaben der Aufschrift ROCHE,
1. Seite (NL TSCH/78/82). ............................................................................................................. 26
Abbildung 3: Interne Mitteilung Tschicholds zu den Versuchsbuchstaben der Aufschrift ROCHE,
2. Seite (NL TSCH/78/82). ............................................................................................................. 27
Abbildung 4: Menükarte, Vorder- und Rückseite (NL TSCH/78/70). ............................................. 28
Abbildung 5: Menükarte, Innenseiten (NL TSCH/78/70). .............................................................. 29
Abbildung 6: Geschäftsbericht von 1956 (vgl. Breitschmied 1956)................................................... 32
Abbildung 7: Geschäftsbericht von 1962 (vgl. Tschichold 1962). ..................................................... 34
Abbildung 9: Infobroschüre für das Medikament Madribon, gestaltet von Max Breitschmied 1959
(vgl. Breitschmied 1959). ................................................................................................................. 38
Abbildung 8: Infobroschüre für das Medikament Madribon, gestaltet von Jan Tschichold 1961
(vgl. Tschichold 1961). .................................................................................................................... 38
Abbildung 10: Broschüre des Medikaments Nitoman, Cover (vgl. Tschichold 1960) ....................... 40
Abbildung 12: Titelblatt des Faltblatts zum Medikament Litrison (vgl. Tschichold 1962). ............... 41
Abbildung 11: Faltblatt zum Medikament Litrison, innere Faltung (vgl. Tschichold 1962). ............. 41
Abbildung 13: Offene Einfaltklappe des Faltblatts zum Medikament Litrison
(vgl. Tschichold 1962). .................................................................................................................... 43
Abbildung 14: Plane Verpackung des Vitamin-Haarwassers Panteen mit Fett (NL TSCH/78/88).... 46
Abbildung 15: Verpackung des Vitamin-Haarwassers Panteen ohne Fett (NL TSCH/78/89). .......... 47
Abbildung 16: Broschüre zum Präparat Vitamina C, Cover (NL TSCH/78/16)............................... 50
Abbildung 17: Broschüre zum Präparat Vitamina C, Innenteil (NL TSCH/78/16). ......................... 51
Abbildung 19: Roche-Zeitschrift, Cover 1964/2. Aus: Bieri 2009, S. 34........................................... 54
Abbildung 18: Roche-Zeitschrift, Cover 1963/3. Aus: Bieri 2009, S. 34........................................... 54
Abbildung 21: Roche-Zeitschrift, Innengestaltung 2. Aus: Bieri 2009, S. 34. ................................... 56
Abbildung 20: Roche-Zeitschrift, Innengestaltung 1. Aus: Bieri 2009, S. 34. ................................... 56
Abbildung 22: Roche-Zeitschrift, Inhaltsverzeichnis. Aus: Bieri 2009, S. 34. .................................... 57
Abbildung 23: Roche Signets – Entwürfe von Jan Tschichold (NL TSCH/78/4).
Aus: Bieri 2009, S. 15–16. ............................................................................................................... 59
Abbildung 24: Roche-Signet – Entwurf von Max Breitschmied. Aus: Bieri 2009, S. 39. ................... 60
Abbildung 25: Broschüre des Präparats Vitamina C, Cover-Entwurf (NL TSCH/78/13). ................ 65
Abbildung 26: Broschüre des Präparats Vitamina C, Notizen zum Inhaltsverzeichnis
(NL TSCH/78/13). ......................................................................................................................... 66
Abbildung 27: Broschüre des Präparats Vitamina C, Probedruck des Covers (NL TSCH/78/13). .... 67
Abbildung 28: Broschüre des Präparats Vitamina C, Verkäufer-Auflistung im Probedruck I
(NL TSCH/78/14). ......................................................................................................................... 69
Abbildung 29: Broschüre des Präparats Vitamina C, Verkäufer-Auflistung im Probedruck II
(NL TSCH/78/14). ......................................................................................................................... 70
Abbildung 31: Schachtel des Vitamin-Haarwassers »Panteen extra Fett«, Entwurf 2
(NL TSCH/78/88). ......................................................................................................................... 72
Abbildung 30: Ausschnitt des Schachtelentwurfs »Panteen extra Fett«, Entwurf 1
(NL TSCH/78/88). ......................................................................................................................... 72
Abbildung 32: Faltbogen der Verpackung des Vitamin-Haarwassers »Panteen ohne Fett«
(NL TSCH/29/31c)......................................................................................................................... 73

81
Abbildung 34: Faltbogen des Vitamin-Haarwassers »Panteen ohne Fett« (NL TSCH/78/89). .......... 74
Abbildung 33: Faltbogen des Vitamin-Haarwassers »Panteen mit Fett« (NL TSCH/78/88). ............ 74
Abbildung 35: Schriftentwurf »ROCHE« von Jan Tschichold 1958 (NL TSCH/78/4). ................... 75
Abbildung 37: Ausschnitt der Anmerkungen zur Stichstärken des Schriftentwurfs »ROCHE«
(NL TSCH/78/4). ........................................................................................................................... 76
Abbildung 36: Ausschnitt der Buchstaben RO des Schriftentwurfs »ROCHE« (NL TSCH/78/4). ... 76
Abbildung 38: Ausschnitt der Anmerkungen zu den beauftragten Kopien des Schriftentwurfs
»ROCHE« (NL TSCH/78/4). ......................................................................................................... 77

82
Literaturverzeichnis
QUELLEN

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sches Archiv Roche 1956.
BREITSCHMID, MAX: Broschüre. Deckblatt Madribon. Historisches Archiv Roche
1959.
GENERAL-SEKRETARIAT ROCHE: Rundschreiben. Koordinationsstelle für graphische
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PENDRILL, G.R.: Brief. Roval College of Physicians. Buch- und Schriftmuseum
07.11.1960. NL TSCH/78/83.
SCHNEIDER, MARTIN: Brief. Wie Tschichold zu La Roche kam, welche Tätigkeiten
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TSCHICHOLD, JAN: Brief. Durchdruck Brief an die D. Stempel AG. Buch- und
Schriftmuseum Leipzig 24.11.1963.
TSCHICHOLD, JAN: Broschüre. Deckblatt Madribon. Historisches Archiv Roche
1961.
TSCHICHOLD, JAN: Broschüre Druck. Vitamina C Roche. Buch- und Schriftmuseum
Leipzig. (NL TSCH/78/16)
TSCHICHOLD, JAN: Broschüre Entwurf. Umschlag: Vitamina C Roche. Buch- und
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TSCHICHOLD, JAN: Broschüre. Nitoman. Historisches Archiv Roche 1960.
TSCHICHOLD, JAN: Broschüre Probedruck I. Vitamina C Roche. Buch- und Schrift-
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TSCHICHOLD, JAN: Faltblatt. Litrison Werbeblatt. Buch- und Schriftmuseum
Leipzig 1962.
TSCHICHOLD, JAN: Faltblatt. Richtlinien für die Typographie der Prospekte und
Broschüren. Buch- und Schriftmuseum Leipzig 1956. (NL TSCH 29/7)
TSCHICHOLD, JAN: Faltblatt. Roche Signet. Buch- und Schriftmuseum Leipzig.
(NL TSCH/78/1)
TSCHICHOLD, JAN: Faltbogen. Panteen ohne Fett. Buch- und Schriftmuseum Leipzig.
(NL TSCH/29/31c)
TSCHICHOLD, JAN: Geschäftsbericht. Geschäftsbericht des Jahres 1961. Historisches
Archiv Roche 1962.

83
TSCHICHOLD, JAN: Hochglanzdruck. Werbeanzeige. Buch- und Schriftmuseum
Leipzig. (NL TSCH/29/25a)
TSCHICHOLD, JAN: Interne Mitteilung. Interne Mitteilung von Jan Tschichold.
Buch- und Schriftmuseum Leipzig 1960. (NL TSCH/78/82)
TSCHICHOLD JAN: Menükarte. Menükarte für ein Galadiner. Buch- und Schriftmu-
seum Leipzig 1957. (NL TSCH/78/70)
TSCHICHOLD, JAN: Schriftzug. Entwurf Roche Schriftzug. Buch- und Schriftmu-
seum Leipzig. (NL TSCH/78/4)
TSCHICHOLD, JAN: Verpackung. Panteen extra Fett Schachtel Entwurf. Buch- und
Schriftmuseum Leipzig. (NL TSCH/78/88)
TSCHICHOLD, JAN: Verpackung. Panteen mit Fett Schachtel Druck. Buch- und
Schriftmuseum Leipzig. (NL TSCH/78/88)
TSCHICHOLD, JAN: Verpackung. Panteen ohne Fett Schachtel Druck. Buch- und
Schriftmuseum Leipzig. (NL TSCH/78/89)

LITERATUR

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schäftsbericht. URL: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/57138/geschaefts-
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STIFTUNG FÜR KONSUMENTENSCHUTZ: Wie alles begann. URL: https://www.kon-
sumentenschutz.ch/ueber-uns/konsumentenschutz-wie-alles-begann/
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TSCHICHOLD, JAN: Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie. Eine Fibel für
jedermann. Konstanz 1960.
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der Typographie. 2. Auflage. Basel 1987.
VEREINIGUNG PHARMAFIRMEN IN DER SCHWEIZ: Die VIPS-Mitgliedfirmen. URL:
http://www.vips.ch/index.cfm?s=TmpMitglieder&ac-
tion=hm15&hmID=15&um1ID=26&contentID=0&z=2 [18.03.2018].
VEREINIGUNG PHARMAFIRMEN IN DER SCHWEIZ: Willkommen beim vips. URL:
http://www.vips.ch/index.cfm?s=startfile.cfm [03.03.2018].
WALA, HERMANN H.: Meine Marke. Was Unternehmen authentisch, unverwechselbar
und langfristig erfolgreich macht. 8. Auflage. München 2016.

86
Anhang
FOR-
DRUCKSA- KISTE DATIE-
INHALT _ SPRACHE ARCHIV KISTE NAME UNTERSCHACHTEL/ MAPPE SIGNATUR MAT AUTOR
CHE NUMMER RUNG
(CM)

Gestaltete Objekte

Broschüre Madribon Deckblatt deutsch Historisches Archiv Roche Basel 1961 16 x 24 Tschichold

Broschüre Nitoman Druck deutsch Historisches Archiv Roche Basel 1960 14 x 21

Umschlag: Vitamina Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- NL unbe-
Broschüre Entwurf spanisch 78 Roche Tschichold
C Roche seum würfe, Druckfahnen aller Art TSCH/78/13 kannt

Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- NL unbe-


Broschüre Vitamina C Roche Probedruck I spanisch 78 Roche Tschichold
seum würfe, Druckfahnen aller Art TSCH/78/14 kannt

Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- NL 17.09.


Broschüre Vitamina C Roche Probedruck II spanisch 78 Roche Tschichold
seum würfe, Druckfahnen aller Art TSCH/78/15 1957

Vitamina C Roche Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- NL unbe-
Broschüre Druck spanisch 78 Roche Tschichold
(endgültiger Druck) seum würfe, Druckfahnen aller Art TSCH/78/16 kannt

Roche Drucksachen (Roche, Fertige


Leipziger Buch- und Schriftmu- ohne eigene
Faltblatt Litrison Druck 13e Drucksachen, Wissenschaftliche Publi- 1962 Tschichold
seum Signatur
kationen mit Werbefunktion)

Richtlinien für die Ty- Roche Drucksachen (Roche Briefpa-


Leipziger Buch- und Schriftmu- Januar
Faltblatt pographie der Pros- Druck 29 pier Vertragsmuster Schachteln Wer- NL Tsch 29/7 Tschichold
seum 1956
pekte und Broschüren bematerial)

Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- NL unbe-


Faltblatt Roche-Signet Druck englisch 78 Roche Tschichold
seum würfe, Druckfahnen aller Art TSCH/78/1 kannt

franzö- Roche Drucksachen (Roche Briefpa-


Leipziger Buch- und Schriftmu- NL unbe-
Faltbogen Panteen ohne Fett Druck sisch; 29 pier Vertragsmuster Schachteln Wer- Folie Tschichold
seum TSCH/29/31c kannt
deutsch bematerial)

Geschäftsbe- Geschäftsbericht des


Deckblatt deutsch Historisches Archiv Roche Basel 1962 21 x 28 Tschichold
richt Jahres 1961

29, Mappe
Roche Drucksachen (Roche Briefpa-
Hochglanz- Leipziger Buch- und Schriftmu- (25): Pres- unbe-
Werbeanzeige pier Vertragsmuster Schachteln Wer- NL Tch 29/25a Tschichold
druck seum tige Inse- kannt
bematerial)
rate

87
Jubiläums- Publikation über An- BU.0.9 – 20,7 x Andreas See-
deutsch Historisches Archiv Roche Basel BU.0.9 200104 (dt) 1960
schrift dreas Vesalius 200104 (dt) 30,9 bass, Jan T.

Menükarte für ein Ga- Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- NL
Menükarte 78 Roche 1957 A2 Tschichold
ladinner seum würfe, Druckfahnen aller Art TSCH/78/70

NL
franzö-
Panteen extra Fett, Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- TSCH/78/88 unbe-
Verpackung Entwurf sisch; 78 Roche Tschichold
Schachtel, Entwurf seum würfe, Druckfahnen aller Art (ROCHE-Pa- kannt
deutsch
ckungen)

NL
franzö-
Panteen ohne Fett, Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- TSCH/78/89 unbe-
Verpackung Druck sisch; 78 Roche Tschichold
Schachtel, Druck seum würfe, Druckfahnen aller Art (ROCHE-Pa- kannt
deutsch
ckungen)

NL
franzö-
Panteen mit Fett, Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- TSCH/78/88 unbe-
Verpackung Druck sisch; 78 Roche Tschichold
Schachtel, Druck seum würfe, Druckfahnen aller Art (ROCHE-Pa- kannt
deutsch
ckungen)

Schriftproben

Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- NL unbe-


Schriftzug Roche Schriftzug Entwurf 78 Roche Tschichold
seum würfe, Druckfahnen aller Art TSCH/78/4 kannt

Ego-Dokumente

Sabon (Fotoabzüge von Entwurfsskiz-


Durchdruck Brief an Leipziger Buch- und Schriftmu- 24.11.
Brief deutsch 70 zen, teils handkorrigiert Korrespon- Tschichold
D.Stempel AG seum 1963
denz Monotype, Linotype, Stempel

Brief vom Royal Col-


Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- NL 07.11.1 G.R.
Brief lege of Physicians to 78 Roche
seum würfe, Druckfahnen aller Art TSCH/78/83 960 Pendrill
the managing Director

Interne Mit- Interne Mitteilung Leipziger Buch- und Schriftmu- Schachtel mit Packungen, Ent- NL 22.01.1
78 Roche Tschichold
teilung von Tschichold seum würfe, Druckfahnen aller Art TSCH/78/82 960

Generalsek-
Rundschrei- Koordinationsstelle für PE.2.TSJ– 06. Jan
Historisches Archiv Roche Basel PE.2.TSJ 102027 retatriat Ro-
ben graphische Gestaltung 102027 55
che

Andere

Wie Tschichold zu La
Roche kam, welche PE.2.TSJ– unbe- Martin
Brief deutsch Historisches Archiv Roche Basel PE.2.TSJ 102027
Tätigkeiten er ausge- 102027 kannt Schneider
übt hat

88
14,5 x Max Breit-
Broschüre Madribon Deckblatt französisch Historisches Archiv Roche Basel 1959
22 schmid

Geschäftsbe- Geschäftsbericht des Max Breit-


Deckblatt deutsch Historisches Archiv Roche Basel 1956 21 x 28
richt Jahres 1955 schmid

ROCHE-Firmenzeit- 19,7 x
Zeitschrift deutsch Historisches Archiv Roche Basel ab 1962
schrift 27,6

89

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