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AN iERA PROJECT

Meinen geliebten Kindern: Zakariya, Eesa und Maryam;


möget ihr mit Allahs Hilfe in die Fußstapfen der Propheten
- Friede sei mit ihnen - treten, und möge jeder einzelne von
euch den Qur’an verkörpern.

Autor: Abu Zakariya


Übersetzung: IMAN
Korrektur: Aisha Meier-Chaouki
Formatierung: Marwan Maghrabi
ISBN 978-1-910952-00-9
2016, 2018, 3. Auflage 2021

Katalogisierung der britischen Bibliothek in Erscheinungsdaten


Eine Katalogeintragung für dieses Buch ist von der Britischen Biblio-
thek erhältlich.

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Publikation darf in einer anderen Sprache
reproduziert werden, in einem Datenabfragesystem gespeichert oder in irgendeiner
Form und mit irgendwelchen Mitteln übertragen werden, elektronisch, mechanisch,
durch das Fotokopieren, Aufnehmen oder auf irgendeine andere Art und Weise ohne
die ausdrückliche Zulassung des Inhabers des Urheberrechts.

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Vorwort
Im Laufe des letzten Jahrhunderts waren wir Zeugen einer Welle von Qur’an-
Literatur in verschiedenen Sprachen, geschrieben von Muslimen und Nicht-
Muslimen gleichermaßen. Sehr oft fokussieren sich diese Werke auf ein
einzelnes Thema oder richten sich an eine gebildete Zielgruppe. Ich habe
dieses Buch geschrieben, weil ein verständliches und modernes Werk über den
Qur’an erforderlich ist für Menschen aller Glaubensrichtungen und solche, die
keinem Glauben angehören. Ich habe einen akademischen Stil vermieden, um
das Buch allen zugänglich zu machen. Für dieses Buch ist kein Vorwissen über
den Qur’an oder den Islam nötig.

Ich möchte den Lesern Einsicht in die Frage gewähren, warum der Qur’an die
Herzen und Seelen von über 1,5 Milliarden Muslimen, mich eingeschlossen,
auf der ganzen Welt fasziniert. Bitte beachten Sie, dass es nicht möglich ist,
in einem Buch alle Nuancen des Qur’ans zu erfassen oder alle Streitpunkte
anzusprechen. Für so etwas wären mehrere Bände nötig. Deshalb ermutige ich
die Leser, über die Punkte, die dieses Buch anspricht, nachzudenken und auch
selbst weiterzuforschen. Ich hoffe aufrichtig, dass dieses Buch ein wertvoller
Begleiter all jener wird, die die anregende Reise unternehmen, um die Botschaft
des Qur’ans zu verstehen, eine Botschaft, die sich an jeden richtet, der bereit
ist, zuzuhören.

Jedes Feedback ist willkommen. Wir haben aus diesem Grund eine Webseite
erstellt, um Updates zum Buch bereitzustellen und Fragen der Leser zu
beantworten (www.onereason.org). Da dieses Buch das erste dieser Art ist, sind
Fehler möglich. Sollten die Leser auf Fehler stoßen, bitten wir sie höflichst, uns
im Kontaktformular der Webseite zu benachrichtigen, damit sie in zukünftigen
Ausgaben behoben werden.

Schlussendlich möchte ich mich bei allen bedanken, die mir beim Schreiben
dieses Buches behilflich waren, das den Höhepunkt einer jahrzehntelangen
Forschung darstellt. Dieses Buch wäre schlicht und einfach nicht möglich ohne
die Unterstützung meiner Familie und ohne die harte Arbeit meiner Kollegen,
die zu zahlreich sind, um beim Namen erwähnt zu werden. Ich bin besonders
Hamza Tzortzis und Subboor Ahmad dankbar, die mir das Schreiben eines so
wichtigen Buches anvertraut haben. Ihr Beitrag und ihre Ermutigung waren
unbezahlbar. Am meisten aber bin ich Allah für seine Hilfe dankbar, ohne die
nichts hätte getan werden können. Ich bitte ihn demütig, diese Arbeit als einen
Dienst für ihn anzunehmen und mir alle unabsichtlichen Fehler zu verzeihen.

Abu Zakariya
ManyProphetsOneMessage.com
Inhalt
Was ist der Qur’an? 6
Was lehrt er? 8
Was sind seine Hauptthemen? 14
Geschichten über die Propheten und frühere Völker 21
Das Jenseits 23
Warum an den Qur’an glauben? 31
Der Gottesbegriff 32
Bewahrung 35
Relevanz 47
Literarische Eigenschaften 57
Struktur 64
Exakte Prophezeiungen über die Zukunft 73
Der Qur`an enthüllt … 83
Der Qur’an kann nicht nachgeahmt werden 89
Der Einfluss auf die Gesellschaft 97
Nachdenken über die Zeichen des Qur’ans 118
Wer ist der Autor des Qur’ans? 120
Einige Schlussgedanken 137
Referenzen 140
Was ist der
Qur’an?
Was ist der Qur’an, und wie ist er zustande gekommen? Die Muslime
glauben, dass der Qur’an vom allmächtigen Gott dem Propheten
Muhammad - Friede sei mit ihm - durch den Erzengel Gabriel offenbart
wurde. Der Qur’an teilt uns mit, dass Muhammad der letzte in einer
langen Reihe von Gesandten Gottes ist, die vor ihm geschickt wurden,
wie Abraham, Moses und Jesus - Friede sei mit ihnen allen. Das ist
einer der einzigartigen Aspekte des Qur’ans: Er erkennt alle Gesandten
Gottes an.
Der Einfluss des Qur’ans auf die Welt ist unermesslich. Obwohl
der Qur’an im siebten Jahrhundert offenbart wurde, enthält er eine
allgemeingültige Botschaft für die ganze Menschheit. Wegen des
Qur’ans gibt es heute über 1,5 Milliarden Muslime auf der Welt
– fast ein Viertel der Menschheit. Es sind Menschen aller Rassen,
Nationalitäten und Hintergründe. Wie viele Muslime es auf der Welt
gibt, zeigt die Tatsache, dass in jedem Augenblick, zu jeder Tageszeit
jemand irgendwo auf der Welt im Qur’an liest. Man schätzt, dass es
heutzutage mehrere Millionen Muslime gibt, die den ganzen Qur’an
auswendig gelernt haben. Man muss sich fragen, woran es wohl liegen
mag, dass der Qur’an so stark die Herzen von über 1,5 Milliarden
Muslimen geprägt hat.
Obwohl der Qur’an das meistgelesene Buch der Welt ist, wird es am
häufigsten missverstanden und fehlinterpretiert. Heutzutage scheint
jeder über den Qur’an zu sprechen. Aber wie viele haben ihn eigentlich
gelesen? Wie viele haben ihm erlaubt, für sich selbst zu sprechen? Dabei
ist es nicht von Relevanz, ob Sie den Qur’an gelesen oder von ihm

6 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Was ist der Qur’an?

gehört haben. Er hat Ihr Leben trotzdem auf irgendeine Art und Weise
beeinflusst, die Sie sich in der Form nicht vorstellen können.
Sie mögen jetzt denken: Stellen nicht alle Religionen fantastische
Behauptungen auf ? Schließlich wurden diese alten Bücher in der
Vergangenheit geschrieben, und wir waren nicht da, um Zeugen
dieser Ereignisse zu sein. Ist dann der Glaube an sie nicht letztlich als
blindes Vertrauen anzusehen? Der Glaube der Muslime an die göttliche
Herkunft des Qur’ans beruht nicht nur auf blindem Vertrauen. Der
Qur’an ist ein Wunder, das wir alle für uns selbst erleben können. Kühne
Behauptungen müssen mit starken Beweisen untermauert werden. Wie
Sie sehen werden, fordert der Qur’an seine Leser heraus und spricht
ihren Intellekt an, indem er viele prüf- und nachweisbare Beweise für
seine göttliche Herkunft bietet.

Dieses Buch wird falsche Auffassungen anfechten und einige gewagte


Behauptungen aufstellen. Wenn Sie religiösen Büchern gegenüber
skeptisch sind, weil Sie glauben, dass sie voller fantastischer
Behauptungen sind und unzureichend Beweise bieten, dann machen
Sie sich auf etwas gefasst! Wenn Sie den Qur’an gelesen haben und
der Meinung sind, sie hätten bereits alles gesehen, was er zu bieten hat,
dann überlegen Sie es sich noch einmal!

7
Was lehrt er?
Es gibt eine wichtige Frage, die sich jeder von uns zu einem bestimmten
Zeitpunkt in unserem Leben stellt:

„Warum bin ich hier? Was ist der Sinn meiner


Existenz?“

Wenn wir über unsere eigene Existenz nachdenken, werden wir zu


der Erkenntnis gelangen, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt zu
existieren begannen. Da wir einst nicht existierten und jetzt hier sind,
bedeutet das, dass wir einen Anfang gehabt haben müssen. In diesem
Zusammenhang bietet der Qur’an ein einfaches, aber starkes Argument
bezüglich unserer Herkunft:

„Sind sie wohl aus nichts erschaffen worden, oder


sind sie (gar) selbst die Schöpfer? * Oder haben sie
(etwa) die Himmel und die Erde erschaffen? Nein!
Vielmehr sind sie nicht überzeugt.“ (52:35-36)

Der Qur’an lädt seine Leser dazu ein, sich einigen vernünftigen und
logischen Fragen zu stellen. Diese Fragen ermöglichen uns, zu einem
Schluss zu gelangen, nicht nur über unsere eigene Herkunft, sondern
auch über die Herkunft der materiellen Welt: mit anderen Worten
des gesamten Universums. Es gibt eine Menge an kosmologischen
Beweisen, die auf einen Anfang des Universums hinweisen. Das ist die
vorherrschende Meinung unter den Kosmologen. Nehmen wir diese
Fragen, die der Qur’an stellt, und wenden sie auf das Universum an. Es
ergeben sich drei Möglichkeiten für seine Herkunft:

1. Es wurde aus nichts erschaffen


2. Es erschuf sich selbst
3. Es hat eine äußere Ursache

Die erste Möglichkeit ist, dass das Universum aus nichts erschaffen

8 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Was lehrt er?

wurde. Kann irgendetwas wirklich aus nichts entstehen? Das ist


unmöglich. Wir wissen sowohl aufgrund unserer Lebenserfahrungen als
auch aufgrund der Gesetze des Universums, dass Dinge nicht einfach
aus dem Nichts auftauchen. Aus nichts kommt nichts!

Das führt uns zur nächsten Möglichkeit: Das Universum erschuf sich
selbst. Kann etwas sich selbst erschaffen? Das ist ein Widerspruch in
sich. Damit etwas sich selbst erschaffen kann, muss es vor sich selbst
existieren. Dinge können nicht gleichzeitig vorhanden und nicht
vorhanden sein. Das wäre, als ob wir sagen würden, dass Ihre Mutter
sich selbst zur Welt gebracht hat!

Was ist die Alternative, wenn die Selbst-Erschaffung absurd ist und
aus dem Nichts nichts entstehen kann? Es gibt letztendlich nur eine
Möglichkeit: Das Universum hat eine äußere Ursache. Das ist die beste
Erklärung für die Herkunft des Universums und aller Schöpfungen,
einschließlich uns selbst, weil es intuitiv richtig ist und mit den
Naturgesetzen im Einklang steht: Jede Existenz hat eine Ursache. Man
muss sich fragen, ob die kreative Kraft, die hinter dem Universum
steht, vom Zufall oder von einer intelligenten Absicht geleitet wird.
Die allgemeine menschliche Erfahrung sagt uns: Wenn wir Dingen
begegnen, die nach einem System und Regeln funktionieren, muss es
jemanden geben, der dieses System und diese Regeln gemacht hat.

Nehmen wir etwas, das die meisten von uns haben und regelmäßig
verwenden: das Handy. Handys bestehen aus verschiedenen
Grundelementen wie Plastik, Glas, Silikon und einigen Edelmetallen.
Plastik wird aus Öl gemacht und Glas und Silikon aus Sand. Also halten
Sie im Grunde Öl und Sand in Ihren Händen. Stellen Sie sich jetzt
vor, dass Sie durch die Wüste gehen, die reich an Öl und Sand ist, und
plötzlich ein Handy finden. Würden Sie jemals auf den Gedanken
kommen, dass es sich bei diesem Produkt um eine Reihe von zufälligen
Ereignissen handelt, die sich über Millionen von Jahren erstreckt
haben? Der Wind wehte, die Sonne schien, der Regen fiel, der Blitz
schlug ein, das Öl brodelte, das Kamel trampelte, und nach Millionen
von Jahren formte sich das Handy selbst. Ist es wirklich möglich, dass
es durch natürliche Prozesse zufällig entstanden ist? Obwohl es im
Entferntesten möglich ist, würden es die meisten von uns nicht als
vernünftige Erklärung akzeptieren.

9
Warum sollten wir dann solch eine Erklärung für unser Universum
akzeptieren, das bedeutend komplexer ist als ein Handy? Betrachten
wir die Planeten, das Sonnensystem, die Galaxien, die Sterne und alles
andere im Universum, können wir beobachten, dass alles in exakter
Ordnung angeordnet ist und komplexe Systeme und Gesetze gelten.

Ein gutes Beispiel dafür ist die unglaubliche Feineinstellung des


Universums. Es wurde bewiesen, dass die Konstanten der Physik so
fein eingestellt sind, dass - sei es nun Zufall oder nicht -, ein so hoher
Grad an Feinabstimmung für menschliches Engineering unerreichbar
ist. So gibt es zum Beispiel die kosmologische Konstante. Der Nobel-
Preisträger und Physikprofessor Steven Weinberg stellte hinsichtlich der
kosmologischen Konstante die folgende Rechnung auf:

„Es scheint so, als wäre ständig eine unglaubliche


Feineinstellung nötig. Die Existenz jeder Lebensart
scheint eine Aufhebung von verschiedenen
Beiträgen zur Vakuumenergie zu erfordern, die
auf ungefähr 120 Dezimalstellen genau sein
sollte. Wenn nicht, dann würde das Universum
einen vollständigen Zyklus von Ausdehnung
und Schrumpfung durchmachen, bevor Leben
entstehen könnte, oder es würde sich so schnell
ausdehnen, dass das Entstehen von Galaxien und
Sternen gar nicht möglich wäre.“ [1]

Um es anders auszudrücken, wenn diese Konstante sich nur zu einem


Teil von
1,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,00
0,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,000,00
0,000,000,000,000,000,000,000,000
unterscheiden würde, gäbe es keine Chance für das Leben im
Universum. Dieser Grad an Feineinstellung ist schwer vorstellbar,
weil solche Genauigkeit ein unglaublich empfindliches Gleichgewicht
erfordert. Die folgende Analogie sollte eine Veranschaulichung leichter
machen: Stellen Sie sich vor, dass jedes Sandkorn auf der Erde,
von jedem Strand und aus jeder Wüste, in einem riesigen Behälter
gesammelt wäre. Nehmen Sie jetzt nur eins dieser Körner, malen Sie es
rot an und legen Sie es wieder zurück zu den restlichen Sandkörnern.

10 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Was lehrt er?

Verbinden Sie jetzt einem Freund die Augen und bitten Sie ihn, das
rote Sandkorn wieder herauszunehmen. Wie groß ist die Chance, dass
ihm das gelingt? Und doch müssten Sie an solch eine Meisterleistung
glauben, wenn Sie behaupten würden, dass diese Feineinstellung des
Universums reiner Zufall ist.
Die kosmologische Konstante ist nur ein Beispiel. Es gibt noch viele
andere, wie beispielsweise das Verhältnis zwischen Elektronen und
Protonen, das Verhältnis zwischen der elektromagnetischen Kraft und
der Erdanziehungskraft und die Massendichte des Universums. Diese
besitzen einen ähnlichen Grad an Feineinstellung. Gemeinsam bilden
sie ein ausgewogenes System, in dem praktisch nichts verändert werden
könnte, ohne entweder die Existenz des Universums zu verhindern, oder
es für jegliche Lebensform ungeeignet zu machen. Es wäre ungefähr
so, als würde man eins dieser Sandkörner blau, eins grün und eins
gelb anmalen, und sie dann - genau in dieser Reihenfolge - nach dem
roten Korn wieder herausnehmen! Ist es denn nicht viel vernünftiger,
einzusehen, dass das Universum und das Leben das Ergebnis eines
bewussten, intelligenten Plans sind? Solche Feineinstellung in allen
Gesetzen der Physik beweist die Weisheit und Stärke des Schöpfers des
Universums. Wie der Qur’an es verdeutlicht:„(Er ist) der Schöpfer
der Himmel und der Erde in ihrer schönsten Form. Und wenn
Er eine Angelegenheit bestimmt, so sagt Er zu ihr nur: ‚Sei!’
und so ist sie.“ (2:117)
Einen Schöpfer zu haben, ist eine Sache. Aber woher wissen wir, dass
wir einen Zweck haben? Alles in diesem Universum erfüllt einen Zweck.
Sogar Dinge wie ein Stuhl, ein Schlüssel oder das Buch, das Sie in Ihren
Händen halten, dienen einem Zweck. Wäre es dann nicht traurig,
wenn wir keinen Zweck hätten? Wenn wir uns die Welt um uns herum
ansehen und über sie nachdenken, werden wir schnell zu dem Schluss
kommen, dass wir einen Zweck haben müssen. Denken Sie doch über
die unermessliche Weite des Universums nach, mit seinen Milliarden
von Sternen und Billionen von Planeten. Der Qur’an sagt uns, dass
Gott all das nicht ohne Grund erschaffen hat: „Und Wir haben den
Himmel und die Erde und was dazwischen ist, nicht zum
Spiel erschaffen.“ (21:16)
Viele der Systeme, die Gott im Universum aufgestellt hat, sichern unser
Überleben und sollen unser Wohlergehen garantieren. Deshalb muss
Gott auch für uns einen Zweck im Sinne gehabt haben, als Er uns

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erschuf.
„Allah ist es, Der die Himmel und die Erde
erschaffen hat und vom Himmel Wasser
herabkommen lässt, durch das Er dann für euch
Früchte als Versorgung hervorbringt. Und Er hat
euch die Schiffe dienstbar gemacht, damit sie auf
dem Meer auf Seinen Befehl fahren, und Er hat
euch die Flüsse dienstbar gemacht. * Er hat euch
die Sonne und den Mond in ihrem unablässigen
Lauf dienstbar gemacht, und Er hat euch die
Nacht und den Tag dienstbar gemacht. * Und Er
gewährte euch von allem, worum ihr batet. Wenn
ihr die Gunst(erweise) Allahs aufzählen wolltet,
könntet ihr sie nicht erfassen. (…)“ (14:32-34)

Abermals taucht hier die Frage auf, welchem Zweck wir dienen?
Der Qur’an bietet wieder einmal die Antwort:„Und Ich habe die
Dschinn und die Menschen nur (dazu) erschaffen, damit sie
Mir dienen.“ (51:56)
Was verstehen Sie nun unter Gottesdienst? Die meisten würden sagen,
dass sie unter Gottesdienst das Gebet verstehen. Dies wäre einerseits
richtig, doch schließt der Begriff des Gottesdienstes im Qur’an weit
mehr ein als nur das Gebet. Er umfasst alle Handlungen, die aus
Gehorsam gegenüber Gott unternommen werden. Auch körperliche
Übungen bzw. Aktivitäten und bloßes Essen können als Gottesdienst
betrachtet werden, wenn dahinter die Absicht steht, stark und gesund
zu bleiben.
Warum sollen wir Gott dienen? Es ist wichtig zu verstehen, dass
unser Schöpfer unsere Dienste nicht braucht. Der Qur’an sagt uns,
dass eigentlich die Menschen diejenigen sind, die den Gottesdienst
brauchen. Wir sind mehr als nur Fleisch und Knochen, da wir auch
über eine spirituelle Seite verfügen, die Nahrung braucht. Viele
Menschen sind reich im materiellen Sinne, aber sie sind unglücklich,
weil sie ihr spirituelles Wohlbefinden vernachlässigen. Wenn wir den
wahren Frieden erleben möchten, müssen wir sowohl unsere Körper als
auch unsere Seelen mit unserem Schöpfer in Einklang bringen: „(Es
sind) diejenigen, die glauben und deren Herzen im Gedenken

12 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Was lehrt er?

Allahs Ruhe finden. Sicherlich, im Gedenken Allahs finden die


Herzen Ruhe!“ (13:28) Wenn wir uns bemühen, mit jedem Aspekt
unseres Lebens unseren Schöpfer zufriedenzustellen, werden wir uns
ständig an Gott erinnern, und unsere Herzen werden Frieden finden.
Das ist eine revolutionäre Denkweise, die aber in der Praxis dazu führen
würde, dass viele der eigenen Handlungen unverändert bleiben würden.
Das Wesentliche daran ist jedoch, dass sich der Gedankenprozess hinter
den Handlungen in einem solchen Ausmaß ändern würde, dass wir
dazu imstande wären, die innere Ruhe zu finden, die wir in der heutigen
Gesellschaft so nötig haben.

Es stellt sich also die Frage, wie man Gott am besten dienen kann.
Lasst uns auf das Beispiel der Handys zurückkommen, um diese
Frage besser zu analysieren. Es ist offensichtlich, dass Handys nicht
denselben Grad an Intelligenz wie wir Menschen aufweisen. Dennoch
haben wir einiges gemeinsam: Wir haben beide eine Lebensfrist, wir
brauchen beide Energie, um richtig zu funktionieren, und wir können
beide beschädigt werden, wenn man uns nicht ordentlich pflegt. Wenn
es zu einem Problem beim Handy kommt, wenden sich die meisten
Menschen an die Bedienungsanleitung. Warum? Weil sie geschrieben
wurde, um uns zu zeigen, wie man das Handy am besten bedient, und
es allgemein richtig ist, Experten zuzuhören! Der Schöpfer des Telefons
weiß, wie man es am besten benutzt, und er hat sein Wissen in Form
einer Bedienungsanleitung an uns weitergegeben. So ist auch der
Qur’an als eine Bedienungsanleitung für die Menschheit zu verstehen,
da er von demjenigen stammt, der uns erschaffen hat. Gott, unser
Schöpfer, kennt uns besser, als wir uns selbst kennen. Aus diesem Grund
werden sein Wissen und seine Anleitung immer alle menschlichen
Lebensanschauungen und Lebensweisen übertreffen.

Warum sollte uns ein allmächtiges und allwissendes Wesen eine


Anleitung senden? Warum wurden wir nicht bloß erschaffen und
uns selbst überlassen? Der Qur’an lehrt uns, dass unser Schöpfer
neben den Eigenschaften Weisheit und Stärke auch die Eigenschaften
Nachsichtigkeit und Liebe aufweist:„Gewiss, Er macht den Anfang
und lässt wiederkehren. * Und Er ist der Allvergebende und
Liebevolle.“ (85:13-14) Unser Schöpfer liebt uns, und er hat der
Menschheit den Qur’an aus Barmherzigkeit gesandt.

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Was sind seine
Hauptthemen?
Der Glaube an den
allmächtigen Gott
Die Essenz des Qur’ans, der Monotheismus, ist in seinem 112. Kapitel
erfasst:

„Sprich: Er ist Allah, ein Einziger,


Allah, der Absolute, (ewig Unabhängige, von Dem
alles abhängt)
Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt worden,
und Ihm ebenbürtig ist keiner.“

(Kapitel 112)

Dieses Kapitel des Qur’ans kann als das Manifest des Monotheismus
im Islam angesehen werden. Es lehrt uns, dass es nur einen Gott gibt.
Das bedeutet, dass aus einem Gott nicht zwei entstehen können, oder
das aus zweien drei Götter entstehen können. Er ist der Eine und
Einzige, aus dem nicht zwei entstehen können. Aber woher wissen wir,
dass es nur einen Schöpfer gibt? Warum können es nicht zwei oder drei
sein? Zu dieser Erkenntnis gelangen wir durch unseren Verstand, einer
Gabe Gottes, mithilfe derer wir über das Universum nachdenken und
daraus Schlussfolgerungen ziehen können. Es ist so, als würde sich ein
Kunsthistoriker eine Reihe von Gemälden ansehen, ohne den Namen
des Malers zu kennen. Trotzdem wäre er in der Lage, den Künstler,
aufgrund seines charakteristischen Stils, zu identifizieren.

14 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Was sind seine Hauptthemen?

Zu welcher Einsicht bezüglich unserer göttlichen Herkunft gelangen


wir aufgrund des Universums um uns herum? Es stellt sich heraus,
dass es einen konstanten Plan in der ganzen Natur gibt; es gibt viele
Zahlen, die sich wiederholen, wie zum Beispiel die Fibonacci-Folge.
Diese mathematische Reihe von Zahlen wird als der „Code der Natur“
bezeichnet. Die Fibonacci-Zahlen treten immer wieder, in vielen
voneinander unabhängigen Erscheinungen in der Natur auf. Diese
Zahlen können sowohl in den kleinsten als auch in den größten Dingen
entdeckt werden - von biologischen Systemen bis hin zu leblosen
Gegenständen. Ein wirbelndes Muster, bekannt als die Goldene Spirale,
ist beispielsweise eine Form, die auf diesen Zahlen beruht

Die
The
Goldene
Golden
Spiral
Spirale

.
Beispiele in der Natur, die dieses Muster aufweisen, sind das
Schneckenhaus, die Form der Galaxien, die wirbelnde Struktur des
Orkans, Blumen und sogar auch unsere Fingerabdrücke.

15
Diese Muster können als ein Zeichen für die Konsequenz im Design
angesehen werden. Dieses Zeichen in der Natur beweist die Einheit des
Schöpfers, der all das erschaffen hat.
Ein anderes Beispiel für diese Konsequenz in der Natur ist die DNS. Sie
ist die genetische Information, die jedes Lebewesen in jeder seiner Zellen
trägt. Alle Gene, ganz gleich bei welchem Lebewesen, sind eigentlich
verschlüsselte Nachrichten darüber, wie der ganze Organismus gebildet
werden soll. Man kann sie als Modelle betrachten. Obwohl Lebewesen
äußerlich verschieden erscheinen mögen, können sie auf der genetischen
Ebene sehr ähnlich sein wegen des gemeinsamen Schöpfers. Als Beispiel
hierfür kann der Mensch selbst genannt werden, da er ungefähr 50 %
seiner DNS mit der von Bananenstauden teilt. Es stellt sich heraus,
dass alle Lebewesen in der Natur die DNS, das Modell, teilen. Dieses
gemeinsame Design weist auf einen gemeinsamen Schöpfer hin – den
Einen Schöpfer, der hinter allem steht.

Wie wäre es denn, wenn es mehrere Götter bzw. mehrere Schöpfer


gäbe? In polytheistischen Religionen, also Religionen, die an
mehrere Götter glauben, besitzen diese Götter immer verschiedene
Charakteristika. Deswegen sind diese Religionen voller Erzählungen
über Auseinandersetzungen unter den Göttern, zu denen es kommt,
wenn ihre Persönlichkeiten zusammenstoßen. Ein gutes Beispiel dafür
ist der Hinduismus, in dem der Gott Shiva angeblich den Gott Ganesh
enthauptet und später dann seinen Kopf durch den eines Elefanten
ersetzt.

Wenn es mehrere Götter, mehrere Schöpfer gäbe, dann würde


sich dies in der Realität der Welt um uns herum widerspiegeln. Die
Schöpfung wäre wahrscheinlich chaotisch, und die Modelle in
der Natur wären bestimmt unterschiedlich: Jeder Gott, mit seiner
besonderen Persönlichkeit, würde seiner Schöpfung seinen eigenen
Plan aufzwingen. Gehen wir davon aus, dass es mehrere Götter gibt,
die jene Dinge erschaffen haben sollen, die wir heute sehen. Auf der
Grundlage dessen wäre es vernünftig anzunehmen, dass sogar jene
Schöpfungen, die gleich aussehen, auf einer mikroskopischen Ebene
ganz unterschiedlich sind. Die Beweise in der Natur deuten daher eher
darauf hin, dass es nur einen Schöpfer geben kann.

Kritiker mögen behaupten, dass Dinge, die konstruiert werden, generell

16 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Was sind seine Hauptthemen?

von mehr als einem Schöpfer stammen. Bei der Herstellung von Autos
entwirft eine Person den Motor, eine andere das Bremssystem und so
weiter. Ist das ein gültiges Argument? Im menschlichen Bereich ist die
Zusammenarbeit von mehreren Designern und Schöpfern möglich, wie
am Beispiel von Autos sichtbar wird, aber es kann nicht mehrere Götter
geben. Der Grund dafür liegt in unserer Vorstellung von Gott. Wenn
wir über Gott nachdenken, stellen wir ihn uns als göttliches Wesen mit
einem sehr starken Willen vor – Gott tut, was er will. Das Wort Gott
an sich definiert ein Wesen mit einem unbeschränkten, imposanten
Willen. Nehmen wir mal an, es gäbe zwei Götter, und es käme zu einer
Auseinandersetzung zwischen ihnen – wie würde das aussehen? Jeder
von ihnen möchte, zum Beispiel, einen Felsen in eine andere Richtung
bewegen. Da nicht beide ihren Willen durchsetzen können, gibt es nur
zwei Möglichkeiten:

1. Sie kommen zu einem Kompromiss und haben den


gleichen Willen: Dies würde bedeuten, dass beide einen
beschränkten und passiven Willen haben, was automatisch
bedeuten würde, dass sie nicht mehr Götter sind.

2. Der eine besiegt den anderen: Er ist der dominante,


wahre Gott.

Wie wir an diesem Beispiel sehen können, ist es unmöglich, mehrere


Willen zu haben. Wenn der Wille eines Gottes nicht realisiert werden
kann, kann er nicht als Gott betrachtet werden. Das ist die einfachste
und logischste Erklärung für die Ordnung und Stabilität im Universum:
Es gibt nur einen unbeschränkten, Achtung gebietenden Willen, einen
Gott, und nur er verdient unseren Gottesdienst.

Kehren wir zum 112. Kapitel des Qur’ans zurück. Im zweiten Vers lesen
wir, dass Gott ewig ist: „Allah, der Absolute (ewig Unabhängige,
von Dem alles abhängt)“ Das bedeutet, dass Er keinen Anfang hat
und kein Ende. Die übliche Frage mag sein: „Wer hat Gott erschaffen?“
Wenn wir vernünftig darüber nachdenken, kommen wir zu dem Schluss,
dass Gott nicht erschaffen werden kann, weil das eine endlose Kette
von Schöpfern voraussetzen würde, was absurd ist. Um dies besser
zu illustrieren, nehmen wir Folgendes an: Wenn der Schöpfer einen
Schöpfer hätte, und dieser Schöpfer einen Schöpfer, und so weiter, dann

17
hätten wir kein Universum. Stellen Sie sich vor, es wird Ihnen gesagt, sie
können dieses Buch nicht lesen, bevor es jemand anderes gelesen hat,
und diese Person könne es auch nicht lesen, bevor es jemand vor ihr
gelesen hat. Wenn wir dieses Beispiel kontinuierlich betrachten, stellt
sich eine Frage: Würde dann überhaupt jemand jemals dieses Buch
lesen? Die Antwort lautet nein. Wenn wir nun dieses Prinzip auf das
Universum anwenden, müssen wir annehmen, dass der Schöpfer, der
dahinter steht, nicht erschaffen wurde. Diese Annahme ist notwendig,
weil im Falle einer endlosen Reihe von Schöpfern das Universum gar
nicht existieren könnte. Wir brauchen also einen unendlichen Schöpfer.
Der nächste Vers sagt uns, dass Gott weder Kinder noch Eltern hat:
„Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt worden.“ Warum sollte
der oberste Gott keine Kinder oder Eltern haben? Der letzte Vers
dieses Kapitels beantwortet diese Frage: „und Ihm ebenbürtig ist
keiner.“. Alles in der Schöpfung muss sich fortpflanzen, damit das
Leben sich fortsetzen kann. Mit anderen Worten kann gesagt werden,
dass wir deshalb Nachwuchs bekommen, weil wir das Bedürfnis haben
zu überleben. Manche Menschen bekommen Kinder aus anderen
Gründen, wie zum Beispiel aus dem Wunsch heraus, jemanden zu
haben, der sich um sie kümmert, wenn sie alt und schwach werden. Das
ist auch ein Bedürfnis. Wenn aber Gott ungleich seiner Schöpfung ist,
dann hat er keine Bedürfnisse und braucht keinen Nachwuchs.

Ein anderer erwähnenswerter Punkt ist die Tatsache, dass sich der
Schöpfer von der Schöpfung unterscheidet. Zum Beispiel wird niemand
selbst zu einem Sessel oder Tisch, nur weil er einen Sessel oder Tisch
gebaut hat. Wir unterscheiden und trennen uns von dem, was wir
erzeugt haben. Ebenso hat Gott das Universum erschaffen, und daher
ist das Universum von Ihm verschieden und getrennt.
Interessanterweise sagt der Qur’an, dass der Glaube an einen Schöpfer
der natürliche Zustand aller Menschen ist: “„So richte dein
Gesicht aufrichtig zur Religion hin als Anhänger des rechten
Glaubens, - (gemäß) der natürlichen Anlage Allahs, in der Er
die Menschen erschaffen hat. (…)“ (30:30)
Es gibt tatsächlich psychologische, soziologische und anthropologische
Beweise für diese Behauptung. Dr. Olivera Petrovich, Psychologin an
der Universität von Oxford und Expertin für Religionspsychologie,

18 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Was sind seine Hauptthemen?

hat einige Studien über die menschliche Psychologie und die Existenz
Gottes durchgeführt. Sie hat herausgefunden, dass bei Kindern der
Glaube an Gott „fest verankert“ ist und dass der Atheismus erlernt
werden muss (2).

Professor Justin Barrett hat über das Benehmen und verschiedene


Behauptungen von Kindern geforscht. Er stellte fest, dass Kinder an
etwas glauben, das er als „natürliche Religion“ bezeichnete. Dabei
handelt es sich um die Idee, dass es ein Wesen gibt, das das ganze
Universum erschaffen hat. Dieses ‚Wesen‘ kann nicht menschlich sein –
es muss göttlich, übernatürlich sein.

„Wissenschaftliche Forschung über


Geistesentwicklung bei Kindern und ihren
Glauben an das Überirdische weist darauf hin,
dass Kinder auf natürliche Weise und sehr schnell
einen geistigen Entwicklungsstand erreichen, der
den Glauben an übernatürliche Kräfte ermöglicht.
Kurz nach ihrem ersten Geburtstag scheinen
die Babys zu verstehen, dass bestimmte Kräfte,
aber nicht natürliche Kräfte oder gewöhnliche
Gegenstände, in einem Chaos Ordnung schaffen
können (...) Wer ist der Schöpfer? Kinder wissen,
dass Menschen keine guten Kandidaten sind.
Es muss ein Gott gewesen sein (...) Kinder sind
geborene Gläubige - Anhänger einer Religion, die
ich die natürliche Religion nenne (...)“(3)

Betrachten wir den Atheismus im kommunistischen Russland und


China. Die Sowjetunion war der erste Staat, der sich das ideologische
Ziel setzte, die Religionen zu eliminieren und sie durch den Atheismus
zu ersetzen. Die große Mehrheit der Menschen im russischen
Kaiserreich war zur Zeit der kommunistischen Revolution gläubig. Die
Kommunisten hatten das Ziel, die Macht aller religiösen Institutionen
zu brechen und religiöse Überzeugungen schließlich durch den
Kommunismus zu ersetzen. Um dies zu erreichen, konfiszierte das
kommunistische Regime Kircheneigentum, verspottete die Religionen,
misshandelte die Gläubigen und propagierte den Atheismus in Schulen.
Kritik am Atheismus war streng verboten und führte manchmal zu

19
Verhaftung. Trotzdem zeigten die Atheisten Zeichen von etwas, das wir
Anbetungsinstinkt nennen können und das dem natürlichen Zustand
entspricht, den der Qur’an erwähnt. Zum Beispiel wurden ihre großen
Stalin- und Lenin-Statuen beinahe verehrt. Wenn man verschiedene
Kulturen betrachtet, kann man diesen Anbetungsinstinkt feststellen.
Dieser Instinkt ist sogar in atheistischen Kulturen sichtbar.
Nach dem Fall des Kommunismus kam es zu einem Wiedererwachen der
Religionen in Russland. Diese blühen dort heutzutage. Wäre der Glaube
an Gott nicht mehr als reine Ideologie, etwas, womit die Menschen
seitens ihrer Eltern indoktriniert wurden, dann hätten die Bemühungen
der kommunistischen Partei, die über mehrere Generationen hinweg
ihren Einfluss zeigten, die religiösen Überzeugungen zur Gänze
vernichten sollen.
All diese Beweise führen zu einer Schlussfolgerung: Der Glaube an Gott
wird nicht gelehrt, er existiert auf natürliche Weise in jedem Menschen.
Wenn wir daher über Gott nachdenken, sollte die Frage nicht lauten
„Existiert Gott?“. Stattdessen sollte sie lauten: „Aus welchen Gründen
sollten wir seine Existenz ablehnen?“ Denn Gottes Existenz ist eine
offensichtliche Tatsache (4).

20 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Geschichten
über die
Propheten und
früheren Völker
Der Qur’an berichtet, dass jedem Volk zu einem gewissen Zeitpunkt
in seiner Geschichte ein Gesandter Gottes geschickt wurde: „Und
Wir haben ja bereits in jeder Gemeinschaft einen Gesandten
erweckt: ‚Dient Allah und meidet die falschen Götter.’ (…)“
(16:36) Das zeigt uns, dass die Gesandten Gottes eine wichtige Rolle in
der Offenbarung gespielt haben. Jeder Gesandte, der der Menschheit
geschickt wurde, vom ersten Propheten (Adam) bis hin zum letzten
(Muhammad), kam mit derselben Kernbotschaft des Monotheismus:
Dient dem einen wahren Gott, unserem Schöpfer, und nicht den
Götzen. Warum entschied sich Gott überhaupt, uns die Propheten zu
senden? Warum nicht einfach die Heilige Schrift vom Himmel fallen
lassen? Die Propheten spielen eine wesentliche Rolle, nämlich die der
Lehrer. Es ist eine Sache, Offenbarung oder Wissen zu besitzen; wir
brauchen jedoch auch Lehrer, die alles genau auslegen, erklären und
Beispiele bieten, damit die Menschheit dieses Wissen nutzen und richtig
anwenden kann. Stellen Sie sich vor, Ihre Kinder würden eine Schule
besuchen, in der es keine Lehrer gibt und in der ihnen Schulbücher mit
komplizierten Inhalten überreicht werden. Abgesehen davon, dass die
Schule eine ziemlich chaotische Umgebung ist, würden sich viele sehr
anstrengen müssen, um die Informationen in den Büchern zu verstehen.
Neben den Geschichten über die Propheten ist der Qur’an voller
Erzählungen über die früheren Völker. Jene, die den Gesandten Gottes
folgten, und jene, die die Botschaft abwiesen und sich gegen Gott

21
auflehnten. Geschichten sind ein hervorragendes Mittel dazu, unsere
Aufmerksamkeit zu fesseln und Weisheit und Moral zu vermitteln:
„In ihren Geschichten ist wahrlich eine Lehre für diejenigen,
die Verstand besitzen (…)“ (12:111) Diese Geschichten sollen im
Qur’an nicht zur Unterhaltung beitragen, sondern vielmehr als Beispiel
dienen, damit die Fehler der vergangenen Völker vermieden werden
können.
Der Qur’an sagt uns, dass der Prophet Muhammad der letzte und
endgültige Gesandte ist: „Muhammad ist nicht der Vater irgend
jemandes von euren Männern, sondern Allahs Gesandter und
das Siegel der Propheten (...)“ (33:40) Wenn Gott bereits vor dem
Propheten Muhammad viele Gesandte geschickt hat, warum hörte er
dann mit Muhammad auf ? Warum setzte er nicht mit der Entsendung
weiterer Propheten fort? Alle Gesandten vor Muhammad wurden zu
ihrem eigenen Volk geschickt und nicht zu der ganzen Menschheit.
Der Prophet Muhammad ist der erste, der zu allen Menschen geschickt
wurde: „Und Wir haben dich für die Menschen allesamt nur
als Frohboten und Warner gesandt (...)“ (34:28)
Darüber hinaus stellt Muhammads Botschaft, der Qur’an, die
vollkommene Lebensweise für alle Menschen dar: „(…) Heute habe
Ich euch eure Religion vervollkommnet und Meine Gunst an
euch vollendet, und Ich bin mit dem Islam als Religion für
euch zufrieden. (…)“ (5:3) Wenn etwas vervollkommnet wurde,
kann es nicht weiter verbessert werden. Für die Menschheit besteht nun
kein Bedarf mehr an zusätzlichen Gesandten oder Botschaften.

22 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Das Jenseits
Der Qur’an teilt uns mit, dass es eine Existenz jenseits unseres irdischen
Lebens gibt. Jeder von uns wird sterben und zu Gott zurückkehren.
„Jede Seele wird den Tod kosten. Und Wir prüfen euch mit
Schlechtem und Gutem als Versuchung. Und zu Uns werdet
ihr zurückgebracht.“ (21:35) Was ist dann der Zweck dieser
vorübergehenden Existenz hier auf Erden? Warum hat uns Gott nicht
einfach im ewigen Jenseits erschaffen? Es wird uns gesagt, dass wir
geprüft werden, während wir im Diesseits sind:
„Und Wir werden euch ganz gewiss mit ein
wenig Furcht und Hunger und Mangel an Besitz,
Seelen und Früchten prüfen. Doch verkünde frohe
Botschaft den Standhaften, * die, wenn sie ein
Unglück trifft, sagen: ‚Wir gehören Allah, und zu
Ihm kehren wir zurück.’” (2:155-156)

Aus der menschlichen Sichtweise gesehen, werden Prüfungen


üblicherweise durchgeführt, weil derjenige, der prüft, etwas über den
Geprüften herausfinden möchte. Gott ist aber kein Mensch, sein Wissen
ist unbegrenzt. Gott kennt unsere innersten Gedanken, er kennt uns
in der Tat besser als wir uns selbst: „Wir haben ja den Menschen
erschaffen und wissen, was (alles ihm) seine Seele einflüstert,
und Wir sind ihm doch näher als seine Halsschlagader.“
(50:16)

Wie bei der Frage „Warum wurden wir erschaffen, um Gott zu dienen?“,
geht es hierbei mehr um uns als um Gott. Gott prüft uns und lässt aus
mehreren Gründen Not und Elend über uns hereinbrechen. Alles
geschieht in Übereinstimmung mit seiner Weisheit und seinen Plänen:
- Um herauszufinden, wer ein wahrer Gläubiger ist
und wer nicht: „Meinen die Menschen, dass sie in
Ruhe gelassen werden, (nur) weil sie sagen: ‚Wir
glauben’, ohne dass sie geprüft werden? Wir haben

23
bereits diejenigen vor ihnen geprüft. Allah wird
ganz gewiss diejenigen kennen, die die Wahrheit
sprechen, und Er wird ganz gewiss die Lügner
kennen.“ (29:2-3)

- Not und Elend dienen auch als Mahnung für jene, die
zu sehr im irdischen Leben versinken und dazu neigen,
alles für selbstverständlich zu halten. Die Tatsache, dass
Sie dieses Buch in Ihren Händen halten, bedeutet, dass
Sie mit der Fähigkeit zu lesen gesegnet sind. Missgeschick
und schwierige Umstände erinnern uns daran, Gott für
jeden Segen dankbar zu sein: „Und wenn Wir dem
Menschen Gunst erweisen, wendet er sich ab und
entfernt sich beiseite. Wenn ihm aber Schlechtes
widerfährt, dann verfällt er in ausgedehntes
Bittgebet.“ (41:51)

- Da wir Menschen im Allgemeinen ungeduldig und


kurzsichtig sind, mag uns eine Prüfung negativ erscheinen,
während sie eigentlich gut für uns ist: „(…) Aber
vielleicht ist euch etwas zuwider, während es gut
für euch ist, und vielleicht ist euch etwas lieb,
während es schlecht für euch ist. Allah weiß, ihr
aber wisst nicht.“ (2:216)

- Schlussendlich müssen wir anmerken, dass nicht jede Not


und jedes Elend von Gott ist. Einige Unannehmlichkeiten,
die uns zustoßen, sind das unmittelbare Ergebnis unserer
eigenen Handlungen. Trinkt man beispielsweise abends
zu viel Alkohol, muss man mit einem Kater am nächsten
Morgen rechnen. „Und was immer euch an Unglück
trifft, es ist für das, was eure Hände erworben
haben. Und Er verzeiht vieles.“ (42:30)

Wie man sieht, dienen die Prüfungen auf dieser Welt in erster Linie
unserem spirituellen Wachstum. Wie ein starkes Feuer das reine Gold
vom rohen Erz trennt, womit es in der Natur verbunden ist, so reinigen
die Prüfungen unsere Seelen, wenn wir aufrichtig sind.

24 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Das Jenseits

Sie mögen sich fragen, was am Ende dieser Prüfungen kommt? Was
geschieht, wenn unser Leben zu Ende ist? Genau wie in der Schule
werden am Ende unsere Leistungen bewertet und die Ergebnisse
präsentiert. Im Qur’an wird dies als der Jüngste Tag bezeichnet. Es
handelt sich dabei um ein folgenschweres Ereignis in der Zukunft, bei
dem die ganze Menschheit wieder zum Leben erweckt wird:

„Sag: ‚Allah macht euch lebendig und lässt euch


hierauf sterben; hierauf wird Er euch zum Tag
der Auferstehung versammeln, an dem es keinen
Zweifel gibt. Aber die meisten Menschen wissen
nicht.’“ (45:26)

Gott alleine weiß, wann dieses Ereignis eintreten wird: „Die Menschen
fragen dich nach der Stunde. Sag: ‚Das Wissen darüber ist
nur bei Allah.’ Was lässt dich wissen? Vielleicht ist die Stunde
nahe.“ (33:63)
Jede unserer Handlungen im Leben wird aufgeschrieben, und wir
werden für alles, was wir gesagt und getan haben, geradestehen müssen:
„An jenem Tag werden die Menschen (in Gruppen)
getrennt herauskommen, damit ihnen ihre Werke
gezeigt werden. * Wer nun im Gewicht eines
Stäubchens Gutes tut, wird es sehen. * Und wer
im Gewicht eines Stäubchens Böses tut, wird es
sehen.“ (99:6-8)

In menschlichen Gerichten kann es vorkommen, dass reiche Menschen


versuchen, die Gerechtigkeit zu umgehen, indem sie den Richter oder
die Polizei bestechen. Vielleicht engagieren sie auch einen geschickten
Verteidiger, der ihnen aus der Klemme hilft. Am Jüngsten Tag wird
man der göttlichen Gerechtigkeit jedoch nicht entkommen können.
„Gewiss, diejenigen, die ungläubig geworden sind und als
Ungläubige sterben, - von keinem von ihnen würde die (ganze)
Erde voll Gold angenommen werden, auch wenn er sich damit
loskaufen wollte. Für jene wird es schmerzhafte Strafe geben;
und sie werden keine Helfer haben.“ (3:91)
Womöglich stellen Sie sich die Frage: Wenn wir eigentlich für das

25
Jenseits bestimmt sind, was ist dann der Sinn des Lebens hier? Warum
nicht einfach dieses Leben überspringen und direkt zum Jüngsten Tag
übergehen? Denken wir über ein Beispiel in unserer Welt nach. Können
Sie sich vorstellen, dass Sie einschlafen und dann in einem Gerichtshof
erwachen und eines Verbrechens schuldig gesprochen werden, an das
Sie sich nicht erinnern können? Wir würden bestimmt alle dagegen
protestieren und behaupten, dass wir unschuldig sind. Aufgrund unseres
irdischen Lebens und unserer Erfahrungen werden wir uns am Jüngsten
Tag an alle unseren Handlungen erinnern, für die wir verantwortlich
sind, und wir werden keine Entschuldigungen vor Gott haben. Wir
werden nicht das Gefühl haben, ungerecht behandelt zu werden, weil
Gott uns seine Gesandten geschickt hat, und weil der Qur’an uns als
Wegweiser gegeben wurde. Wir werden an diesem Tag niemandem
außer uns selbst die Schuld geben können.
Der Jüngste Tag ist nur ein Mittel zum Zweck, nicht aber das Ziel.
Wie bei jedem Gerichtsverfahren gibt es ein Endergebnis – Gott wird
das Urteil über uns sprechen. Diejenigen, die sich Gott unterwarfen
und seine Anleitungen befolgten, werden mit ewiger Glückseligkeit
im Paradies belohnt werden: „Diejenigen aber, die glauben und
rechtschaffene Werke tun, das sind Insassen des (Paradies)
gartens. Ewig werden sie darin bleiben.“ (2:82) Für diejenigen,
die Gott und seine Anleitungen abwiesen, ist eine schreckliche Strafe
vorbereitet: „Und für diejenigen, die ihren Herrn verleugnen,
wird es die Strafe der Hölle geben - ein schlimmer Ausgang!“
(67:6)
Wir haben die Wahl, entweder die ewige, uneingeschränkte Gnade
Gottes zu ergreifen oder von ihr wegzulaufen. Wenn wir seine Gnade
akzeptieren, indem wir seine Botschaft wahrnehmen, ihm gehorchen,
ihn lieben und ihm dienen, wird uns dies das ewige Glück im Paradies
gewähren. Wenn wir die Gnade Gottes ablehnen und von ihr weglaufen,
wird uns das schlussendlich zu einem Ort führen, an dem wir die Ewigkeit
ohne seine Liebe verbringen werden: Das ist ein Ort des Unglücks – die
Hölle. Denken Sie daran, dass sie die Wahl haben. Wir entscheiden
uns, seine Gnade anzunehmen oder zu fliehen. Uns ist der freie Wille
gegeben worden, um eine Wahl zu treffen. Die Entscheidungen, die wir
in diesem Leben treffen, werden unser Schicksal im Jenseits bestimmen.

Sie mögen dieses ganze Gerede über Prüfungen, den Jüngsten Tag,

26 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Das Jenseits

Himmel und Hölle erdrückend finden. Wir müssen uns jedoch dessen
bewusst sein, dass Gott der Allerbarmer, der Barmherzige ist. Er hat es
uns leicht gemacht, im Jenseits erfolgreich zu sein, wenn wir das wirklich
wollen. Wie das möglich ist? Erstens hat uns Gott das Bewusstsein
gegeben, so etwas wie ein inneres Radar, das uns hilft, das Gute vom
Bösen zu unterscheiden. Das soll uns helfen, unser Leben in Richtung
Gott zu steuern:

„Und einer (jeden) Seele und Dem, Der sie zurechtgeformt


hat * und ihr dann ihre Sittenlosigkeit und ihre Gottesfurcht
eingegeben hat!“ (91:7-8)

Wenn Gott unsere Moral testen will, schneidert er die Prüfungen für
jeden von uns individuell, indem er unsere Stärken und Schwächen
berücksichtigt: „Allah erlegt keiner Seele mehr auf, als sie zu
leisten vermag (...)“ (2:286) Gott ist vollkommen und frei von
Fehlern, doch er weiß, dass wir es nicht sind. Deshalb verzeiht er
uns, wenn wir versagen und Fehler machen und es im Nachhinein
bereuen: „Sag: O Meine Diener, die ihr gegen euch selbst
maßlos gewesen seid, verliert nicht die Hoffnung auf Allahs
Barmherzigkeit. Gewiss, Allah vergibt die Sünden alle. Er
ist ja der Allvergebende und Barmherzige.“ (39:53) Gute Taten
wiegen mehr als Schlechte: „Wer mit (etwas) Gutem kommt,
erhält zehnmal soviel. Und wer mit einer bösen Tat kommt,
dem wird nur gleichviel vergolten, und es wird ihnen kein
Unrecht zugefügt.“ (6:160) Schlussendlich hat uns Gott in Form des
Qur’an und des Propheten genaue Antworten gegeben, mit denen wir
die Prüfungen bestehen können:„Ihr habt ja im Gesandten Allahs
ein schönes Vorbild, (und zwar) für einen jeden, der auf Allah
und den Jüngsten Tag hofft und Allahs viel gedenkt.“ (33:21)

Kombinieren wir nun all diese Punkte und stellen eine Analogie auf.
Versuchen Sie, sich an Ihre letzte Prüfung zu erinnern. Es kann in der
Schule gewesen sein oder in der Fahrschule. Jetzt stellen Sie sich vor, dass
der Prüfer, der für die Bewertung Ihrer Prüfung zuständig ist, folgende
Vorkehrungen trifft, um Ihnen zu helfen, die Prüfung zu bestehen:
- Sie haben das ganze Leben lang Zeit, die Prüfung zu bestehen.

27
- Die Prüfung wurde für Sie persönlich maßgeschneidert,
wobei Ihre Stärken und Schwächen berücksichtigt wurden.

- Falls Sie während der Prüfung Fehler machen, haben sie


die Möglichkeit, diese auszubessern.

- Für jede richtige Antwort bekommen Sie zehn Punkte,


und für jede falsche wird nur ein Punkt abgezogen.

- Der Prüfer hat Ihnen die Antworten auf die Fragen


geschickt, bevor Sie die Prüfung überhaupt abgelegt haben.

- Der Prüfer hat Ihnen einen Experten bereitgestellt, der


Sie berät, wie sie die Prüfung bestehen können.

Jetzt mal ganz ehrlich: Wenn jemand von uns in Anbetracht all
dieser Vorkehrungen und unter solchen Bedingungen bei der
Prüfung durchfallen sollte, könnte er irgendjemand anderen dafür
verantwortlich machen außer sich selbst? Gott möchte, dass wir in das
Paradies kommen. Er hat es uns leicht gemacht. Es liegt an uns, seine
Anweisungen zu befolgen.

Viele von uns gehen durch das Leben, ohne jemals über Themen wie
das Jüngste Gericht nachzudenken; wir sind damit zufrieden, unser
ganzes Leben lang nach Glück zu streben. Die meisten von uns wollen
nur glücklich sein – auch wenn wir manchmal nicht genau wissen, was
dieses „Glück“ überhaupt ist. Wir wollen zufrieden sein, es leicht haben
im Leben, die Gesellschaft unserer Freunde und Familie genießen
und nicht im Sumpf der täglichen Belastungen versinken. Wenn man
eine durchschnittliche Person fragt, warum sie einen guten Job haben
möchte, erhält man wahrscheinlich folgende Antwort: „Um genug
Geld zu verdienen und mir so ein angenehmes Leben zu ermöglichen“.
Wenn Sie dann fragen, warum sie ein angenehmes Leben haben
möchte, würde sie - wie alle von uns - antworten: „Weil ich glücklich
sein möchte“.

Glück ist das Ziel, nicht das Mittel zum Zweck. Es ist die Endstation,
nicht die Reise. Wir möchten alle glücklich sein und suchen nach
verschiedenen Wegen, um diesen Glückszustand zu erreichen.

28 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Das Jenseits

Was Menschen glücklich macht, unterscheidet sich von einer Person


zur anderen: Manche arbeiten jahrelang hart, um akademische Grade
und Referenzen an ihren Namen zu hängen; manche arbeiten Tag und
Nacht, um die perfekte Figur zu erreichen; manche wünschen sich die
behagliche Liebe eines Gatten und die lärmende Geschäftigkeit einer
Familie; die Liste ist endlos. Ob durch Geld, Status oder Liebe anderer
– jeder von uns versucht ‚glücklich zu werden‘, glücklich zu leben und
schlussendlich einfach glücklich zu sein. Damit stellt sich die Frage: Was
ist wahres Glück?

Um diese Frage zu beantworten, betrachten Sie Folgendes. Stellen Sie


sich vor, dass Sie, während Sie das hier lesen, gegen Ihren Willen betäubt
werden. Plötzlich wachen Sie auf und befinden sich in einem Flugzeug.
Sie fliegen erster Klasse. Sie haben Ihre eigene Kabine. Das Essen
ist wunderbar. Ihr Flachbett-Sitz ist für ein luxuriöses, angenehmes
Erlebnis entworfen. Die Unterhaltung ist grenzenlos. Die Bedienung
ist himmlisch. Sie beginnen, all dies zu genießen. Überlegen Sie es sich
noch einmal und stellen sich die Frage: Bin ich glücklich?

Wie können Sie es sein? Zuerst müssen Sie einige Fragen beantworten.
Wie sind Sie überhaupt in das Flugzeug gekommen? Wohin fliegt es? Wie
können Sie glücklich sein, wenn diese Fragen unbeantwortet bleiben?
Auch wenn Sie beginnen, all den Luxus, der Ihnen zur Verfügung
steht, zu genießen, werden Sie niemals wahres Glück erleben. Kann
köstliche Karamelcreme auf ihrem Tablett genug sein, um diese Fragen
zu übertönen? Das wäre eine Illusion, ein vorgetäuschtes Glück, das
nur durch bewusstes Ignorieren und Verschieben dieser entscheidenden
Fragen möglich ist.

Wenden Sie dies auf Ihr Leben an. Stellen Sie sich nun die Frage: Bin
ich glücklich?

Wir können niemals wirklich glücklich sein, bevor wir den Zweck
unserer Schöpfung erfüllt haben. Wir sind hier, um Gott zu dienen.
Das bedeutet, ihn zu kennen, ihn zu lieben und ihm zu gehorchen.
Gottesdienst ist der ultimative Zweck unserer Existenz: Er befreit uns
von der Versklavung durch uns selbst, durch andere Menschen oder die
Gesellschaft. Im Qur’an gibt uns Gott ein kraftvolles Beispiel:

29
„Allah prägt als Gleichnis dasjenige von einem
Mann, in dem sich (mehrere) Herren (als
Eigentümer) teilen, die sich miteinander nicht
vertragen, und einem Mann, der nur einem Herrn
gehört. Sind die beiden im Gleichnis etwa gleich?
(Alles) Lob gehört Allah! Aber die meisten von
ihnen wissen nicht.“ (39:29)

Wenn wir Gott nicht dienen, dienen wir letztendlich vielen ‚Göttern‘.
Denken Sie darüber nach. Unsere Partner, Vorgesetzten, Lehrer,
Freunde, die Gesellschaft, in der wir leben, und sogar unsere eigenen
Wünsche versklaven uns auf die eine oder andere Art und Weise.
Nehmen wir beispielsweise die gesellschaftlichen Normen. Viele
von uns definieren Schönheit auf der Grundlage einflussreicher
gesellschaftlicher Normen. Wir mögen eine Vielzahl von Vorlieben und
Abneigungen haben, aber sie sind von anderen geprägt. Stellen Sie sich
die Frage: Warum trage ich diese Hose oder diesen Rock?

Graben Sie tiefer und stellen Sie sich die Frage: Warum mag ich das,
was ich trage? Wenn wir gründlicher darüber nachdenken, werden viele
von uns letztendlich zugeben: „Weil es anderen gefällt und weil andere
denken, ich sehe darin gut aus“. Bedauerlicherweise gefällt es vielen
Leuten nur deshalb, weil sie von L’Oreal beeinflusst wurden: Weil ich
es mir wert bin.

In dieser Hinsicht haben wir viele ‚Gebieter‘, und sie wollen alle etwas
von uns. Sie sind alle miteinander ‚zerstritten‘, und das führt letztendlich
dazu, dass wir ein wirres, unerfülltes Leben führen. Gott, der uns besser
kennt, als wir uns selbst kennen, der uns mehr liebt, als unsere eigenen
Mütter uns lieben, sagt uns das. Er ist unser wahrer Gebieter. Ihm
zu dienen ist wahrhaftig befreiend. Unsere Entstehung unterscheidet
sich nicht so sehr von dem Beispiel, betäubt und in ein Flugzeug
hineingeworfen zu werden. Wir haben unsere Geburt nicht gewählt.
Trotzdem stellen sich viele von uns nicht die Fragen oder suchen nach
Antworten, die uns helfen, wahres Glück in diesem vorübergehenden
Leben zu erreichen. Das höchste Glück ist der Erfolg im ewigen
Jenseits: „(…) Und das (gute) Ende gehört den Gottesfürchtigen.
(7:128)“

30 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Warum an den
Qur’an glauben?
Stellen Sie sich vor, ein Fremder kommt auf Sie zu und sagt: „Ich
wurde dir als ein Prophet von Gott gesandt. Folge mir!“ Wie würden
Sie reagieren? Abgesehen davon, dass sie vielleicht meinen würden,
diese Person höre sich verrückt an, würden Sie wahrscheinlich auch
nach Beweisen fragen. Das wäre die natürliche Reaktion der meisten
Menschen, wenn sie mit so einer bedeutsamen Behauptung konfrontiert
werden würden. Das ermöglicht uns, die wahren Propheten Gottes von
den vielen Lügnern und Wahnsinnigen zu unterscheiden.

Der Qur’an setzt uns davon in Kenntnis, dass Gott klare Beweise mit
seinen Propheten gesendet hat:

„Wir haben ja Unsere Gesandten mit den klaren Beweisen


gesandt (...)“ (57:25) Die Propheten waren zu Wundertaten fähig,
die als Beweise für ihr Prophetentum dienten und die Menschen zum
Glauben anregen sollten. Zu den Wundertaten gehören die Teilung des
Meeres durch Moses und die Heilung von Kranken durch Jesus. Diese
Wunder wurden jedoch in ferner Vergangenheit vollbracht. Das sind
keine Zeichen, die wir heute erleben können. Die Gläubigen müssen
einfach an sie glauben.

Der Qur’an ist das Wunder des Propheten Muhammad. Die Muslime
glauben, dass dies das größte Wunder von allen ist. Der Qur’an
unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von den anderen
Wundern: Es kann heute noch erlebt werden, indem man es öffnet
und darin liest. Schauen wir uns mal an, was den Qur’an zu einem so
besonderen Buch macht.

31
Der
Gottesbegriff
Der Gottesbegriff im Qur’an wird auf sehr schöne Weise durch die
Geschichte von Abraham dargestellt:
„Wir verliehen bereits zuvor Ibrahim seine
Besonnenheit; und Wir wussten über ihn Bescheid.

Als er zu seinem Vater und seinem Volk sagte:


‚Was sind das für Bildwerke, deren Andacht ihr
euch hingebt?’

Sie sagten: ‚Wir haben (schon) unsere Väter (vor)


gefunden, wie sie ihnen dienten.’

Er sagte: ‚Ihr und eure Väter befindet euch ja in


einem deutlichen Irrtum.’ * Sie sagten: ‚Bringst du
uns die Wahrheit, oder gehörst du zu denjenigen,
die ihr Spiel treiben?’

Er sagte: ‚Nein! Vielmehr ist euer Herr der Herr


der Himmel und der Erde, Der sie erschaffen hat.
Und ich gehöre zu denjenigen, die euch darüber
Zeugnis ablegen.

Und bei Allah, ich werde ganz gewiss gegen eure


Götzen eine List anwenden, nachdem ihr den
Rücken gekehrt habt.’

Da schlug er sie in Stücke, außer einem großen von


ihnen, auf dass sie sich an ihn wenden möchten.

32 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Gottesbegriff

* Sie sagten: ‚Wer hat dies mit unseren Göttern


getan? Er gehört wahrlich zu den Ungerechten.’

Sie sagten: ‚Wir hörten einen Jüngling sie (in


abfälliger Weise) erwähnen; man nennt ihn
Ibrahim.’ * Sie sagten: ‚So bringt ihn her vor die
Augen der Menschen, auf dass sie es bezeugen
mögen.’

Sie sagten: ‚Hast du dies mit unseren Göttern


getan, o Ibrahim?’

Er sagte: ‚Nein! Vielmehr hat das dieser Große


unter ihnen getan. Fragt sie doch, wenn sie reden
können.’

Da kamen sie wieder zu sich und sagten: ‚Ihr seid


ja die Ungerechten.’

Hierauf machten sie eine Kehrtwendung: ‚Du


weißt doch, dass diese nicht reden können.’

Er sagte: ‚Dient ihr denn anstatt Allahs dem, was


euch nichts nützt und nicht schadet?’“ (21:51-66)

Der Qur’an zeigt uns, dass es unlogisch ist, irgendetwas Erschaffenes,


wie zum Beispiel Götzen, anzubeten. Wie die Geschichte von Abraham
zeigt, war er in der Lage, die Götzen zu zerstören. Da die Idole nicht
fähig sind, sich selbst zu verteidigen, können sie offensichtlich auch uns
weder helfen noch schaden. Warum sollten die Menschen sie dann als
Götter betrachten? Wir sollten also lieber Gott anbeten – der uns das
Leben geschenkt hat, der uns erhält und unsere Seelen nehmen wird,
wenn wir sterben.

Denken Sie jetzt mal über all die verschiedenen Götter und Göttinnen
nach, die in anderen Religionen angebetet werden. Ähneln sie denn
nicht, was ihr Äußeres und ihre Natur betrifft, Menschen und Tieren?
Haben sie denn nicht alle Schwächen und Mängel? Kommen wir noch
einmal auf das 112. Kapitel des Qur’ans zurück. Wir werden dieses

33
Kapitel als Maßstab verwenden, um alle Götter und Göttinnen mit
dem Gottesbegriff des Qur’ans zu vergleichen:

„Sprich: Er ist Allah, ein Einziger,


Allah, der Absolute, (ewig Unabhängige, von Dem
alles abhängt)
Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt worden,
und Ihm ebenbürtig ist keiner.“ (Kapitel 112)

Erstaunlicherweise gibt es keinen Gott oder Göttin, die dem Gottesbegriff


des Qur’ans gewachsen sind. Alle anderen Gottheiten greifen zu kurz.
Denken Sie an eine Gottheit aus den polytheistischen Religionen und
sehen Sie selbst, ob sie den Maßstäben des Qur’ans gerecht wird.
Handelt es sich bei diesem Gott um einen Teil der Schöpfung (wurde
geboren oder starb), dann wird die Forderung aus dem Vers - „der
Absolute“ - nicht erfüllt. Sieht er jemandem oder etwas ähnlich, ganz
gleich ob Mensch oder Tier, dann greift er zu kurz im Vers „Und Ihm
ebenbürtig ist keiner“. In nur vier kurzen Versen zeigt der Qur’an,
dass jede andere Gottheit, die von Menschen angebetet wird oder jemals
angebetet wurde, Gott, dem Allmächtigen, unterlegen und deshalb der
Anbetung nicht würdig ist. Sollten wir nicht etwas anbeten, das würdig
ist und mit nichts verglichen werden kann? Wie wir gesehen haben,
wird nur der Gottesbegriff des Qur’ans der Würde, Überlegenheit und
Macht unseres Schöpfers gerecht.

34 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Bewahrung
Haben Sie jemals darüber nachgedacht, wie die Heiligen Schriften, die
wir heute besitzen, durch die Geschichte bis in unsere Zeit überliefert
wurden? Dank der Erfindung der Druckmaschine leben wir in einer
Welt, in der die Massenverbreitung von Informationen möglich ist. Wir
müssen uns also keine Sorgen mehr um den Verlust unserer religiösen
Schriften machen. Wahrscheinlich nehmen wir ihre Bewahrung als
etwas Selbstverständliches wahr. Technische Fortschritte wie der
Buchdruck erklären jedoch nur einen kleinen Teil der Geschichte der
meisten religiösen Schriften - einer Geschichte, die sich über Tausende
von Jahren erstreckt. Die große Mehrheit der religiösen Texte wurde
schriftlich übertragen, wobei Manuskripte manuell abgeschrieben
wurden - Wort für Wort, mit der Hand und mithilfe von Materialien
wie Tinte und Leder.

Ist diese Methode der Bewahrung von Informationen zuverlässig?


Denken Sie mal an die Kommunikation in der modernen Welt, wie
E-Mails oder SMS. Haben Sie nicht auch schon mal eine E-Mail oder eine
SMS geschickt, in der Rechtschreib- und Grammatikfehler waren, trotz
der Hilfe von modernen Einrichtungen wie der Rechtschreibprüfung,
die Handys und Computer von heute bieten? Sogar in den Zeitungen
und Zeitschriften professioneller Medienunternehmen gibt es
Grammatikfehler. Jetzt stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn Sie ein
Buch mit Hunderten von Seiten abschreiben müssten, ohne dass Sie
sich auf die moderne Technologie verlassen könnten. Es wäre zweifellos
voller Fehler.

Eben das finden wir, wenn wir die religiösen Manuskripte aus
der Vergangenheit miteinander vergleichen. Sie sind voller
Rechtschreibfehler, es fehlen Wörter und Sätze. Es gab sogar Fälle, wo
die Schriftgelehrten absichtlich etwas veränderten, um es bestimmten
Vorstellungen anzupassen. Weil in der Vergangenheit sehr wenige
schriftkundig waren und es wenige Schriftgelehrte gab, war es sehr
einfach, so etwas zu tun. Dehnen Sie diesen Abschreibungsprozess

35
über Hunderte oder sogar Tausende von Jahren aus. Sie können sich
vorstellen, wie sehr sich ein Text über eine so lange Zeitspanne hinweg
verändern kann, während zufällige und absichtliche Veränderungen
sich hineinschleichen.

Stellen Sie sich jetzt vor, Sie müssten all diese schriftlichen Kopien mit all
ihren verschiedenen Wörtern und Sätzen auswerten. Sie müssten jede
von ihnen mit dem Original vergleichen, Wort für Wort, Zeile für Zeile.
Das wäre eine extrem zeitaufwändige Aufgabe, aber wenn Sie genug
Zeit und genug Helfer hätten, würden Sie mit der Zeit herausfinden,
welche Kopien im Vergleich zum Original die genauesten sind. Stellen
Sie sich nun vor, Sie hätten dieselbe Auswertungsaufgabe - also die
verschiedenen Varianten zu bewerten -, aber ohne das Original zu
besitzen. Es wäre fast unmöglich, ihre Richtigkeit einzuschätzen. Das
bringt uns zu einem anderen Problem der physischen Manuskripte: Sie
können im Laufe der Zeit verloren gehen oder beschädigt werden. Wir
haben daher nicht immer Zugang zum Original und manchmal nicht
einmal zu Kopien. Aus diesem Grund verlieren wir die Fähigkeit, zu
bestimmen, welche Kopie die exakteste ist.

Muslime glauben, dass Gott dem Propheten Muhammad den Qur’an


und vor ihm anderen Propheten Offenbarungen gegeben hat. Wir
glauben an das, was ursprünglich Moses und Jesus gegeben wurde.
Untersuchen wir zum Zweck des Vergleichs den Zustand der heutigen
Bibel. Wir werden genau das finden, was von einem uralten Text, der
über Tausende von Jahren manuell abgeschrieben wurde, zu erwarten
ist. Es existieren heute zahlreiche Versionen der Bibel. Die ältesten
noch erhaltenen Manuskripte sind Hunderte von Jahren nach der
ursprünglichen Offenbarung entstanden. In Anbetracht der bereits
besprochenen Schwierigkeiten, die beim manuellen Kopieren von
Texten entstehen, können wir verstehen, warum es mehrere Versionen
der Bibel gibt. Bibelwissenschaftler - die Experten im Durchkämmen
der riesigen Anzahl von existierenden Bibelversionen - sind sich nicht
darüber einig, welche Kopie die exakteste ist. Der Grund dafür ist die
Tatsache, dass sie die schwierige Aufgabe haben, einzuschätzen, welche
Kopie dem Original am nächsten kommt, ohne das Original zu besitzen.
Jede existierende Bibel ist ein Flickwerk von verschiedenen Kopien,
die miteinander kombiniert wurden, und sie repräsentiert das, was ein
bestimmter Wissenschaftler oder eine Gruppe von Wissenschaftlern

36 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Bewahrung

als die dem Original am nächsten kommende Version einschätzen.


Wir können also bei Texten, deren Erhaltung auf manuellen Kopien
basiert, im besten Falle sagen, dass es sich um eine Einschätzung der
Originalworte handelt. Wir können aber nicht mit 100-prozentiger
Sicherheit behaupten, dass das, was wir heute besitzen, eine genaue
Repräsentation des Originals ist.

Da wir nun den Hintergrund der Übertragung von uralten Texten


kennen, können wir unsere Aufmerksamkeit dem Qur’an widmen. Was
ist mit dem Qur’an? Wurde seine Bewahrung auch kompromittiert? Der
Autor des Qur’ans behauptet kühn: „Gewiss, Wir sind es, die Wir
die Ermahnung offenbart haben, und Wir werden wahrlich
ihr Hüter sein.“ (15:9) Gott hat seiner letzten Offenbarung, dem
Qur’an, etwas geschenkt, das keiner der früheren heiligen Schriften
zuteil wurde: Er hat versprochen, dass Er sie bewahren und vor jeglicher
Verfälschung schützen wird. Sie mögen sich fragen, wie eine so kühne
Behauptung wahr sein kann, in Anbetracht dessen, was wir über die
ständige Verfälschung der vorangegangenen religiösen Schriften im
Laufe der Geschichte wissen.
Im Unterschied zu allen anderen heiligen Schriften wurde der Qur’an
hauptsächlich durch Auswendiglernen bewahrt: „Und Wir haben
den Qur’an ja leicht zum Bedenken gemacht. Aber gibt es
jemanden, der bedenkt?“ (54:17) Ist das Auswendiglernen wirklich
eine praktische Art und Weise, den Qur’an zu bewahren? Eines der
Merkmale des Qur’ans, durch welches Gott das Memorieren einfacher
gemacht hat, ist der einzigartige Stil dieser Offenbarung – der Qur’an
ist wie ein Gedicht in Reimen geschrieben.
Versuchen Sie, sich an Ihre Schulzeit zu erinnern. Die meisten von
uns haben wahrscheinlich die feineren Details, die wir in der Schule
gelernt haben, vergessen. Dazu zählen zum Beispiel die Daten
von verschiedenen geschichtlichen Ereignissen sowie Formeln und
Gleichungen aus den Fächern Mathematik und Physik. Hinzu kommt
noch, dass Menschen Dinge nach einiger Zeit vergessen, wenn sie das
gelernte Wissen nicht anwenden. Interessanterweise können sich die
meisten von uns an die Texte von Kinderliedern erinnern, die wir in
der Schule sangen, oder sogar an den Text eines Liedes, das wir seit
Jahren nicht gehört haben. Der Unterschied liegt darin, dass Liedtexte
einen bestimmten Rhythmus haben und sich reimen, was das Erinnern

37
erleichtert. Dies passiert, ohne dass wir uns bewusst darum bemühen.
Desgleichen ist es leicht, den Qur’an auswendig zu lernen, weil er in
Reimen geschrieben ist und einen einzigartigen Rhythmus hat.

Dem Propheten Muhammad wurde von Gott die Aufgabe erteilt, den
Qur’an auswendig zu lernen, die Verse des Qur’ans an die Muslime
weiterzugeben und sie zu erklären, so wie sie ihm von Gott durch den
Engel Gabriel offenbart wurden: „Und er ist ganz sicher eine
Offenbarung des Herrn der Weltenbewohner; * mit dem der
vertrauenswürdige Geist herabgekommen ist * auf dein
Herz, damit du zu den Überbringern von Warnung gehörst.“
(26:192-194) Die Muslime, die den Qur’an unmittelbar vom Propheten
Muhammad erlernten (bekannt als seine Gefährten, die Sahaba)
haben ihrerseits das auswendig Gelernte an die benachbarten Stämme
und Völker weitergegeben. Der Qur’an wurde, wohlgemerkt, dem
Propheten schrittweise über eine Zeitspanne von 23 Jahren offenbart:

„Und diejenigen, die ungläubig sind, sagen: ‚O


würde ihm doch der Qur’an als Ganzes offenbart!’
So (geschieht es aber), damit Wir dein Herz mit
ihm festigen. Und Wir haben ihn wohlgeordnet
vorgetragen.“ (25:32)

Die schrittweise Offenbarung erleichterte das Memorieren des


Qur’ans seitens der ersten Muslime. Es ist darauf hinzuweisen, dass
die Offenbarungen früherer Propheten, wie zum Beispiel Moses, nicht
schrittweise erfolgten, sondern auf einmal. Der Qur’an berichtet über
Moses:
„Und Wir schrieben ihm auf den Tafeln von allem
eine Ermahnung und eine ausführliche Darlegung
von allem. ‚So halte sie fest und befiel deinem Volk,
sich an das Schönste in ihnen zu halten! Ich werde
euch die Wohnstätte der Frevler zeigen.’” (7:145)

Dieses Erbe des Massenmemorierens setzt sich durch die Geschichte


des Islams fort. Die Muslime von heute haben keine Zweifel daran, dass
der Qur’an fehlerfrei aufbewahrt wurde. Diese mündliche Tradition
erstreckt sich über fast 1500 Jahre. Während dieser Periode wurde der
Qur’an von Lehrern an Schüler unmittelbar weitergegeben, in einer

38 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Bewahrung

ununterbrochenen Kette, die bis zum Propheten Muhammad selbst


zurückgeht. Heute gibt es schätzungsweise mehrere Millionen Muslime,
die die arabische Originalversion des Qur’ans auswendig können - von
der ersten bis zur letzten Seite.

Dadurch wird das Versprechen Gottes, dass Er den Qur’an beschützen


würde, erfüllt. Der Orientalist William Graham behauptet, dass der
Qur’an vielleicht das einzige Buch ist, ob religiös oder weltlich, das
von Millionen von Menschen zur Gänze auswendig gelernt wurde.
(5) Hier sind nur einige Bespiele dafür, was andere nicht-muslimische
Textwissenschaftler über die Aufbewahrung des Qur’ans zu sagen
haben.
Der Orientalist A. T. Welch schreibt:
„Für Muslime ist der Qur’an viel mehr als eine
heilige Schrift oder sakrale Literatur in dem
üblichen westlichen Sinne. Seine Hauptbedeutung
lag für die große Mehrheit über Jahrhunderte
hinweg in seiner mündlichen Form, in der
Form, in der er zuerst auftrat, als ‚Rezitation’,
vorgetragen von Muhammad für seine Anhänger
während eines Zeitraums von über zwanzig Jahren
(...) Die Offenbarungen wurden von einigen seiner
Anhänger zu Muhammads Lebzeiten auswendig
gelernt, und die mündliche Tradition, die auf diese
Weise entstand, setzte sich seitdem weiterhin
fort. (...) Im Laufe der Jahrhunderte wurde die
mündliche Tradition des ganzen Qur’ans von
professionellen Vorträgern aufrecht erhalten. Bis
vor kurzem wurde im Westen die Bedeutung des
rezitierten Qur’ans selten voll anerkannt.“ (6)

Der Bibelwissenschaftler Kenneth Cragg merkt an:


„Dieses Phänomen des Rezitierens des Qur’ans
bedeutet, dass der Text in einer lückenlosen,
lebendigen Abfolge voller Hingabe die Jahrhunderte
durchlaufen hat. Er kann also weder als

39
altertümlicher Gegenstand noch als historisches
Dokument aus ferner Vergangenheit betrachtet
werden. Das Hifdh (Memorieren des Qur’ans)
machte den Qur’an zu einem stets präsenten
Besitz während der ganzen muslimischen Ära
und gab ihm in jeder Generation eine menschliche
Aktualität, die seinen Abstieg zu einer bloßen
Bezugsquelle unmöglich machte.“ (7)

Es muss darauf hingewiesen werden, dass jeder von den geschätzten 1,5
Milliarden Muslimen auf der Welt mindestens einige Teile des Qur’ans
auf Arabisch auswendig kann, um wie der Prophet Muhammad beten
zu können. Wenn jede geschriebene Kopie der religiösen Schriften von
heute auf irgendeine Weise zerstört werden sollte, wäre der Qur’an
tatsächlich die einzige, die dank des Massenmemorierens fehlerfrei
wieder hergestellt werden könnte. Menschen, die den Qur’an auswendig
lernen, kommen aus allen Altersgruppen. Die überwiegende Mehrheit
sind keine Araber und sprechen nicht einmal Arabisch.
Die mündliche Tradition des Qur’ans ist ein typisch islamisches
Phänomen. Gibt es einen Grund dafür, die Vertrauenswürdigkeit der
mündlichen Tradition anzuzweifeln? Die geschätzten Millionen von
Menschen auf der ganzen Welt, die den Qur’an auswendig können,
haben ihn mittels der unmittelbaren Überlieferung, die mit dem
Propheten Muhammad selbst begann, gelernt. Die Konsequenzen sind
erstaunlich. Wenn Millionen von Menschen, die den Qur’an auswendig
gelernt haben, ihre mündliche Tradition über Jahrhunderte von Lehrern
und Gelehrten auf den Propheten Muhammad persönlich zurückführen
können, wer kann dann die Glaubwürdigkeit dieser Tradition
bezweifeln? Besonders wenn diese Menschen in verschiedenen Teilen
der Welt leben und den Qur’an von verschiedenen Lehrern gelernt
haben. Die Anzahl der unterschiedlichen mündlichen Überlieferungen,
die Anzahl der Menschen, die sich den Qur’an gemerkt haben, und die
Tatsache, dass es darin keine Abweichungen gibt, ist kein historischer
Zufall. Die einzig mögliche Schlussfolgerung ist, dass der Qur’an, der
heute memoriert wird, derselbe ist, wie derjenige, der vor 1400 Jahren
gelehrt wurde. Es gibt keine andere vernünftige Erklärung für dieses
einzigartige mündliche Phänomen. Jemand könnte aber behaupten, dass
sich alle, die den Qur’an auswendig gelernt haben – zu verschiedenen
Zeitpunkten und in verschiedenen Teilen der Welt – irgendwo trafen,

40 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Bewahrung

um sicherzustellen, dass sie alle genau den gleichen Qur’an memorieren


und rezitieren. Ein solches Argument klingt verschwörerisch und
absurd.
TADSCHWID
Wir haben bis jetzt die Bewahrung des Qur’ans in Bezug auf seinen
linguistischen Inhalt diskutiert, uns die Worte und Verse angesehen,
die ihn ausmachen. Erstaunlicherweise können wir sogar noch einen
Schritt weiter gehen. Neben dem Massenmemorieren des Inhaltes des
Qur’ans gibt es noch einen einzigartigen Aspekt seiner Bewahrung: Die
Regeln und Vorschriften zur Aussprache jedes einzelnen Buchstaben
wurden ebenfalls geschützt. Das garantiert, dass die Muslime nicht nur
denselben Inhalt wie der Prophet Muhammad rezitieren, sondern es
auch im gleichen Stil tun.

Sie mögen sich die Frage stellen, warum das so wichtig ist. Es ist vielleicht
am einfachsten, die Bedeutung der Beibehaltung des Rezitationsstiles zu
verstehen, wenn man einen Vergleich mit dem Spiel ‚stille Post‘ macht.
Bei diesem Spiel flüstern sich einige Menschen nacheinander die gleiche
Nachricht ins Ohr. Die erste Person flüstert sie dem nächsten Spieler,
der die gleiche Nachricht weiterflüstert, und so setzt es sich fort, bis
der letzte Spieler erreicht ist. Dann werden die Nachrichten des ersten
und letzten Spielers miteinander verglichen, um zu sehen, inwieweit es
zu Veränderungen kam. Üblicherweise stellt sich heraus, dass sich die
Nachricht im Laufe des Spieles bedeutend verändert hat.

Sehen wir uns ein einfaches Beispiel an, um dies besser zu erklären.
Stellen Sie sich vor, der erste Spieler gibt die folgende Nachricht an den
nächsten Spieler weiter:
We are going to advance. Send reinforcements. (Wir werden
vorrücken. Sendet Verstärkung.)
Der nächste Spieler sendet die Nachricht weiter, verkürzt aber „We are“,
weil die erste Person sehr schnell sprach:: We’re going to advance.
Send reinforcement. (Die Bedeutung verändert sich nicht.)

Der nächste Spieler sendet die Nachricht weiter, verkürzt aber „We are“,
weil die erste Person sehr schnell sprach: We’re going to a dance.
Send reinforcement. (Wir gehen tanzen. Sendet Verstärkung.)

41
Schlussendlich verändert der letzte Spieler das Ende der Nachricht, weil
Englisch nicht seine Muttersprache ist, und er das Wort reinforcement
nicht kennt: We’re going to a dance. Send four cents. (Wir gehen
tanzen. Sendet vier Cents.)
Wie Sie sehen, gibt es verschiedene Gründe dafür, warum sich die
Nachricht verändert hat, bevor sie den letzten Spieler erreichte. Die
Menschen in der Gruppe können beispielsweise mit unterschiedlicher
Geschwindigkeit sprechen. Vielleicht betonen sie die Wörter auf
unterschiedliche Weise oder sprechen sogar mit verschiedenen
Akzenten, was dazu führen kann, dass sie bestimmte Buchstaben anders
aussprechen. Dies zeigt, dass ohne eine systematische Sicherstellung und
Bewahrung des besonderen Rezitationsstils des Qur’ans – das heißt, der
korrekten Aussprache jedes Buchstabens des arabischen Alphabets, der
Geschwindigkeit des Vortragens, der Pausen in den Versen und so weiter
– sein Massenmemorieren einem riesigen, unbeaufsichtigten Spiel der
stillen Post ähneln würde. Veränderungen würden sich unvermeidlich
hineinschleichen, so wie es mit der Bibel der Fall war.

Was hat die Muslime dazu inspiriert, den Details so viel Aufmerksamkeit
zu schenken? Als Gott den Qur’an dem Propheten Muhammad
offenbarte, geschah dies auf eine besondere Art und Weise. Der
Qur’an selbst befiehlt den Muslimen, ihn auf dieselbe besondere Weise
vorzutragen: „(...) Und trage den Qur’an wohlgeordnet vor.“
(73:4) Aus diesem Grund haben die Muslime immer viel Wert darauf
gelegt, wie sie den Qur’an vortragen. Das führte zur Entstehung einer
komplizierten Wissenschaft, die als Tadschwid bekannt ist. Tadschwid
legt Regeln und Vorschriften fest, um den Vortragsstil des Propheten
Muhammad zu bewahren. Die Tatsache, dass wir heute etliche
Millionen Muslime unterschiedlicher Nationalitäten finden können, die
in der Lage sind, den Qur’an wie gebürtige Araber vorzutragen, die zur
Zeit des Propheten lebten, beweist die Effektivität dieser Wissenschaft.
Dies funktioniert trotz der Tatsache, dass es keine internationale,
zentralisierte religiöse Organisation gibt, die diese Aufrechterhaltung
organisiert und beaufsichtigt.

Weitere Beweise für die Vertrauenswürdigkeit dieser Methode der


Bewahrung des Qur’ans liegen in der Rezitation des Qur’ans selbst.
In Millionen von Moscheen auf der ganzen Welt vermischen sich
jeden Tag diese Qur’an-Kenner, die aus verschiedenen Teilen der Welt

42 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Bewahrung

kommen und den Qur’an von verschiedenen Lehrern gelernt haben,


miteinander und rezitieren den Qur’an gemeinsam. Jeder Fehler
beim Vortragen wird sofort von der Zuhörerschaft korrigiert, und
dennoch gibt es niemals Uneinigkeiten bezüglich des Qur’ans selbst.
Nun können Sie verstehen, warum die Muslime Gewissheit über die
perfekte Aufbewahrung des Qur’ans haben. Wir glauben nicht nur
aus theologischer, sondern auch aus historischer und empirischer Sicht
daran.

SPRACHE
Wie bereits besprochen, wurden der Inhalt und der Vortragsstil des
Qur’ans bewahrt. Wir können hinzufügen, dass auch seine Bedeutung
beibehalten wurde. Warum ist das wichtig? Man kann nicht die Sprache
von der heiligen Schrift trennen. Gott bekundet, dass der Qur’an an
die arabische Sprache gebunden ist: “„Wir haben es ja zu einem
arabischen Qur’an gemacht (...)“ (43:3) Wenn wir also das
Arabische verlieren würden, würden wir auch den Qur’an verlieren. Es
würde uns kaum nützen, wenn wir den Inhalt der heiligen Schrift perfekt
aufbewahrt hätten, aber die Bedeutung der Wörter, die darin stehen,
nicht kennen würden. Sie mögen sich fragen: Können sich Sprachen im
Laufe der Zeit wirklich so drastisch verändern? Nehmen wir Englisch
als Beispiel. Würden wir im 14. Jahrhundert leben, dann hätte zum
Beispiel das Wort ‚nice‘ (nett) eine ganz andere Bedeutung. Dieses Wort
wurde nämlich vom lateinischen Wort ‚nescius‘ abgeleitet, was so viel
wie ‚unwissend‘ bedeutet. Das Wort entstand im 14. Jahrhundert mit
der Bedeutung ‚dumm‘ oder ‚albern‘. Später nahm es die neutraleren
Merkmale der Schüchternheit und Zurückhaltung an. Erst im 18.
Jahrhundert wurde dem Begriff ‚nice‘ aufgrund der gesellschaftlichen
Bewunderung für solche Charakterzüge die positive Bedeutung, die
wir heute kennen, verliehen. Ich bin mir sicher, dass Sie mithilfe dieses
einfachen Beispiels verstehen können, welche Auswirkungen dies auf
unser Verständnis eines Textes haben kann. Wenn wir uns nicht darum
bemühen, die ursprüngliche Bedeutung der Wörter beizubehalten, kann
unser Verständnis der alten Texte verzerrt werden. Noch schlimmer
wäre es, wenn ganze Sprachen vollkommen verloren gehen würden.
Die ägyptischen Hieroglyphen sind ein gutes Beispiel dafür. Diese
Sprache, die in Pyramiden zu finden ist und deren schriftliche Form
aus Bildern besteht, ging vor Tausenden von Jahren verloren, als die
ägyptische Zivilisation verschwand. Diese Beispiele weisen darauf hin,

43
wie wichtig die Rolle der Sprache für die Bewahrung eines Textes ist.
Das älteste arabische Wörterbuch wurde 200 Jahre nach dem Tod
des Propheten Muhammad herausgegeben. Die frühe Sammlung
arabischer Wörterbücher hat sichergestellt, dass keine der
Wortbedeutungen des Qur’an verloren gegangen ist. Um dies ins rechte
Licht zu rücken, nehmen wir die jüdische Tradition als Beispiel. Die
Thora wurde Moses vor über 3000 Jahren offenbart. Das macht sie
1500 Jahre älter als den Qur’an. Das erste hebräische Wörterbuch
entstand jedoch nicht vor dem 10. Jahrhundert (8) – also ungefähr 300
Jahre nach der Offenbarung des Qur’ans. Das Hebräische war vom 2.
Jahrhundert bis zur Gründung des Staates Israel eine tote Sprache. (9)
Infolgedessen mussten sich die Bibelwissenschaftler des Wortschatzes in
den arabischen Wörterbüchern bedienen, um die vielen unklaren und
problematischen hebräischen Wörter im Alten Testament zu verstehen.
Hebräisch und Arabisch haben vieles gemeinsam, weil sie beide der
semitischen Sprachgruppe angehören. Aus diesem Grund wurde
Arabisch schon seit dem Mittelalter benutzt, um schwierige Wörter und
Ausdrücke in der hebräischen Bibel zu verstehen. Noch heute werden
in den Kommentaren und Artikeln der Bibelwissenschaftler regelmäßig
Beweise aus dem Arabischen zitiert, um eine bestimmte Bedeutung
eines hebräischen Wortes oder Abschnittes zu unterstützen. (10) Es ist
sehr interessant, dass Bibelwissenschaftler auf Arabisch, die Sprache
des Qur’ans, angewiesen sind, um Hebräisch, die Sprache des Alten
Testaments, vollkommen zu verstehen!

Was ist mit der arabischen Sprache im Allgemeinen? Gibt es einen


besonderen Grund dafür, dass der Qur’an auf Arabisch offenbart
wurde? Die Vorteile des Arabischen sind vielfältig. Es ist eine eloquente
Sprache, mit reichem Wortschatz, der sie zu einem perfekten Medium
für die Vermittlung von Begriffen und Ideen macht. Dieses reiche
Vokabular ermöglicht es auch, viele Informationen auf präzise Art und
Weise zu übermitteln. Das erleichtert wiederum das Memorieren des
Qur’ans. Nehmen wir das Wort ‚Kamel‘ als Beispiel. Hier sind einige
Beispiele dafür, wie man auf Deutsch verschiedene Typen von Kamelen
beschreibt:

Männliches Kamel

Weibliches Kamel

44 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Bewahrung

Junges Kamel

Ein Kamel, das sehr wenig Wasser trinkt

Ein Kamel, das gerne flieht und schwer zu fangen


ist

In allen diesen Beispielen sind etliche Wörter nötig, um den spezifischen


Typ Kamel, über den man sprechen möchte, genau zu bezeichnen.
Denn im Deutschen gibt es für dieses Tier nur das allgemeine Wort
‚Kamel‘. Die Vielfalt der arabischen Sprache macht es möglich,
jeden dieser spezifischen Kameltypen mit einem besonderen Wort zu
bezeichnen. Tatsächlich besitzt die arabische Sprache ungefähr 300
verschiedene Wörter, um jeden möglichen Kameltypen zu beschreiben,
den man sich vorstellen kann. Schauen wir uns ein paar Qur’an-Verse
an, die sich auf das Kamel beziehen: „Schauen sie denn nicht zu
den Kamelen, wie sie erschaffen worden sind (...)“ (88:17)
Das hier verwendete arabische Wort für das Kamel, ‚ibil‘, bezieht sich
auf Kamele allgemein. Dieser Vers übermittelt die Tatsache, dass man
jedes Kamel beobachten und dieses erstaunliche Tier als ein Beispiel
für die Schöpfungskraft Gottes bewundern kann. Daher ist die deutsche
Übersetzung in diesem Fall die exakte Wiedergabe des ursprünglichen
arabischen Wortes.
„Gewiss, denjenigen, die Unsere Zeichen für Lüge erklären
und sich ihnen gegenüber hochmütig verhalten, werden die
Tore des Himmels nicht geöffnet, und sie werden nicht in den
(Paradies)garten eingehen, bis ein Kamel durch ein Nadelöhr
geht. So vergelten Wir den Übeltätern.“ (7:40)
In diesem Beispiel wurde das arabische Wort ‚dschamal‘ verwendet,
das eine Bezeichnung für das männliche Kamel ist. Das verstärkt die
Wirkung des Verses, weil männliche Kamele größer und schwerer
sind als weibliche. Damit sind die Chancen für ein männliches Kamel,
durch ein Nadelöhr zu gehen, noch geringer. Die deutsche Übersetzung
verliert etwas an Wirkung wegen der Begrenzung auf das allgemeine
Wort ‚Kamel‘.
„Und wenn die trächtigen Kamelstuten vernachlässigt

45
werden“ (81:4)

Das in diesem Fall verwendete arabische Wort für Kamel, ‚’ischar‘, bezieht
sich auf ein trächtiges Kamel, das bald ein Junges zur Welt bringen
wird. Man beachte, wie das Deutsche mehrere zusammengesetzte
Wörter benutzen muss, um die gleiche Bedeutung zu vermitteln. Das
macht die deutsche Übersetzung weniger poetisch und schwieriger zu
merken, da sie mehrere Wörter beinhaltet.

SCHLUSSFOLGERUNG

Bevor der Qur’an offenbart wurde, war der Mensch der Bewahrer
der heiligen Schrift und versagte darin ganz offensichtlich. Hat
Gott womöglich etwas falsch eingeschätzt? Ganz und gar nicht: Die
Offenbarungen, die Moses und Jesus gegeben wurden - Friede sei mit
ihnen -, waren nur als zeitgebundene heilige Schriften gemeint, die als
Platzhalter dienen sollten, bis der Qur’an kam. Als der letzte Prophet,
Muhammad - Friede sei mit ihm -, und mit ihm die letzte Offenbarung
kam, übernahm Gott die Aufgabe, den Qur’an zu beschützen. Wie wir
gesehen haben, wurde der Qur’an auf jede vorstellbare Art und Weise
beschützt. Durch die Bewahrung seines Inhaltes, seines Rezitationsstiles
und seiner Bedeutung hat Gott sichergestellt, dass der Qur’an eine
heilige Schrift wird, der die Menschen vertrauen können:

„Dieses Buch, an dem es keinen Zweifel gibt, ist eine


Rechtleitung für die Gottesfürchtigen.“ (2:2)

46 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Relevanz
Heute leben wir in einer Welt, in der das menschliche Wissen schneller
als je zuvor Fortschritte macht. Mit Durchbrüchen in der Medizin,
wie zum Beispiel der Entschlüsselung der menschlichen DNA,
der Erfindung des Computers und der Erforschung des Weltalls,
wurde das 20. Jahrhundert zum Zeugen von mehr technologischen
und wissenschaftlichen Fortschritten als alle anderen Jahrhunderte
zusammen, seit dem Beginn der Zivilisation. Trotz der Unterstützung
durch modernste Technologie werden Bücher und Fachzeitschriften
rasch für veraltet erklärt, weil neue Theorien entstehen und alte
widerlegt werden. Nun stellen Sie sich vor, Sie müssten ein Buch
über die Natur schreiben. Es wäre schon herausfordernd genug, alle
notwendigen Recherchen und Untersuchungen anstellen zu müssen,
um zu gewährleisten, dass das Buch mit 100-prozentiger Sicherheit
die Wirklichkeit der Welt, in der wir heute leben, widerspiegelt.
Noch schwieriger bzw. praktisch unmöglich wäre es, dieses Buch so
zu verfassen, dass es die Zeiten überdauert und in 10, 100 oder 1000
Jahren immer noch relevant ist.
Um zu zeigen, warum dies so ist, sehen wir uns als Beispiel die klas-
sische Physik an. Einige Jahrhunderte lang stützte sich die Wissenschaft
größtenteils auf die Theorien Newtons, die besagen, dass das Univer-
sum einem sehr großen mechanischen System gleicht, das präzisen
mathematischen Gesetzen folgt. Es wurde davon ausgegangen, dass
alles im Universum entweder als Welle oder als Partikel agiere. Aus-
gehend von dieser Vermutung glaubte man, einem vollständigen Mod-
ell des Universums nahe zu sein. Doch in den 1920er Jahren wurde
die Welt der Physik auf den Kopf gestellt. Zunächst brachte Einsteins
Relativitätstheorie die Frage nach dem Wesen der Zeit auf. Des Weit-
eren zeigten Experimente, dass viele der klassischen physikalischen Ge-
setze im atomaren und subatomaren Bereich keine Gültigkeit haben.
Somit musste Newtons „Uhrwerk-Universum“, in dem alles berechen-
bar schien, dem Quanten-Universum Platz machen, welches unbere-
chenbar erscheint. Nun mag man sich fragen, wie es überhaupt sein
kann, dass Wissenschaft auf Ungewissheit basiert. Geht es bei der

47
Wissenschaft nicht darum, Gewissheit darüber zu erlangen, wie die
Welt funktioniert? Doch genau das passierte bei der Quantenrevolution
– sie stellte unsere Welt auf den Kopf, und sie zeigt, wie selbst die funda-
mentalsten Theorien über unser Universum in einer Sekunde über den
Haufen geworfen werden können.
Wenn dies für moderne Bücher gilt, wie ist es dann mit den Büchern, die
in der Vergangenheit geschrieben wurden? Wie gut kannte man die Na-
tur vor 1400 Jahren, als der Qur’an offenbart wurde? Niemand würde
von einem 1400 Jahre alten Buch erwarten, frei von wissenschaftlichen
Fehlern zu sein. Außerdem sind Bücher aus ferner Vergangenheit meis-
tens voller Mythen und Legenden: Der Menschheit fehlte die heutige
Technologie, und so kam man zu vielen falschen Schlussfolgerungen
darüber, wie die Natur funktioniert. Legenden und Mythen entstanden,
weil man keine Mittel zur Verfügung hatte, die Welt auf wissenschaftli-
che Art und Weise zu erklären. Natürlich schafften es manche Denker
und Philosophen, einige erstaunliche Entdeckungen zu machen, wie
zum Beispiel, den Erdumfang genau einzuschätzen. Aber neben allem,
was sie richtig verstanden, verstanden sie auch vieles falsch.
Wenn man jedoch den Qur’an liest, findet man eine klare Charakteris-
tik: Die Beschreibungen der natürlichen Prozesse im Qur’an scheinen
bemerkenswert zeitlos zu sein. Der Qur’an spricht verschiedene Niveaus
des Intellekts zu verschiedenen Zeiten an und bedient sich einer ganzen
Reihe von Bedeutungen eines bestimmten Wortes, die er zur Beschrei-
bung von Naturerscheinungen benutzt. Diese Wörter können sich auf
frühere und gegenwärtige Auffassungen der physischen Welt beziehen,
und sie können auch auf nicht-wissenschaftliche Bedeutungen zutref-
fen. Sie können geistige und moralische Einsichten bezeichnen. Sehen
wir uns einige Beispiele an:
i.Umlaufbahnen der Planeten
„Und Er ist es, Der die Nacht und den Tag, die Sonne und
den Mond erschaffen hat; alles läuft in einer (jeweils eigenen)
Umlaufbahn.“ (21:33)
Zur Zeit der Offenbarung des Qur’ans wurde das arabische Wort
yasbahuna, das ‚schwimmen‘ oder ‚schweben‘ bedeutet, benutzt, um
die Bewegungen der Sonne und des Mondes zu beschreiben. Das
ergab für die Araber des 7. Jahrhunderts Sinn, weil sie Planeten mit

48 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Relevanz

bloßem Auge beobachten konnten. Dieses Wort ergibt aber auch im


21. Jahrhundert Sinn, weil es mit modernen Forschungsergebnissen
über Himmelsmechanik in Verbindung gebracht werden kann: die
Umlaufbahnen der Planeten im Weltall.
Interessanterweise erwähnt der oben genannte Vers, dass die Sonne
in einer Umlaufbahn schwebt oder schwimmt. Das kann sich auf die
primitive Sichtweise des 7. Jahrhunderts beziehen, laut der die Sonne
um die Erde kreist. Wenn man aber die im Qur’an verwendete Sprache
genauer untersucht, stellt man fest, dass es sich auch auf die richtige
Auffassung des 21. Jahrhunderts beziehen kann: Die Sonne hat ihre
eigene Laufbahn.
Die Sonne kreist um das Zentrum der Milchstraße, und laut
Wissenschaftlern braucht sie 226 Millionen Jahre, um es gänzlich zu
umkreisen:

Die Lage der Sonne in der Milchstraße, Bild von Nasa

49
ii. Die Ausdehnung des Universums

„Und den Himmel haben Wir mit Kraft aufgebaut, und Wir
weiten (ihn) wahrlich (noch) aus.“ (51:47)

Der Qur’an erklärt, dass Gott das Weltall mit einer Kraft oder Stärke
erschaffen hat und dass er derjenige ist, der es ausweitet. Aus der
klassischen Sicht des 7. Jahrhunderts bedeutete das, dass Gott das
Weltall weit gemacht hat und uns mit Nahrung und Unterhalt versorgt.
Das wäre von den Zuhörern des 7. Jahrhunderts leicht verstanden
worden. Es ist allerdings bemerkenswert, dass das arabische Wort, das
für Ausdehnung verwendet wurde (lamusi’una) auch bedeutet, dass Gott
das Universum ständig ausweitet oder dass Er es ausgeweitet hat. Das
ist überraschenderweise im Einklang mit der modernen Entdeckung,
dass das Universum sich ständig ausdehnt.

iii. Der menschliche Embryo

„Hierauf schufen Wir den Samentropfen zu einem Anhängsel


(…)“ (23:14)

Der Qur’an verwendet das arabische Wort ’alaqah, um eine bestimmte


Phase in der Entwicklung des menschlichen Embryos zu beschreiben.
Dieses Wort kann als ‚sich anklammernde Substanz’ übersetzt werden,
aber auch als ‚Blutegel’ oder ‚Wurm’, ‚Blutklumpen’ oder ‚Blut’ im
allgemeinen Sinn. Die antiken griechischen Ärzte und Hebräer
beschrieben den Embryo bereits vor der Offenbarung des Qur’ans
als eine sich anklammernde Substanz oder als Blutklumpen (11),
sodass der Ausdruck ’alaqah in der Hinsicht mit den überwiegenden
wissenschaftlichen Auffassungen jener Zeit übereinstimmt.
Das Wort ’alaqah bezeichnet auch einen Wurm oder Blutegel. Das
entspricht genau unserer modernen Auffassung der Embryologie, da die
Form des Embryos in seiner frühen Entwicklungsphase dem Äußeren
und Inneren eines Blutegels gleicht.

50 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Relevanz

Das Äußere des Blutegels

A.Menschliches Embryo von 24-25 Tagen

Querschnitt der Fruchtblase

Vorderhirn Schwanzkrümmung

Verbindungsstängel
Herz

Nabelbläschen Kommunikation zwischen


(Dottersack) intraembryonalem und ex-
traembryonalen Zölom

B.Blutegel oder Blutsauger

Zeichnungen, die Ähnlichkeiten zwischen dem menschlichen Embryo


und einem Blutegel darstellen (‘alaqah). A zeigt die Seitenaufnahme eines
Embryos (Größe 2,5-3,0 mm), 24.-25. Tag der Faltung. Das große Vorder-
hirn und die ventrale Stellung des Herzens werden sichtbar. (Aus Moore &
Persaud: The Developing Human 8th Edition). B stellt die Zeichnung
eines Blutegels dar. Man beachte die blutegelartige Form des menschlichen
Embryos in dieser Phase.)

51
A.Menschliches Embryo, 24-25 Tage alt

B.Blutegel oder Blutsauger

C.Menschliches Embryo, 26-30 Tage alt

A zeigt die Seitenaufnahme eines Embryos (Größe 2,5-3, 0


mm), 24.-25. Tag der Faltung. Das große Vorderhirn und die
ventrale Stellung des Herzens werden sichtbar (Aus Moore &
Persaud: The Developing Human 8th Edition).

B, Hirudo medicinalis, Medizinischer Blutegel, (modifiziert


aus The Human Body. The Incredible Journey from
Birth to Death. c BBC Worldwide Ltd, 1998)

C, elektronenmikrographischer Scan eines vier Wochen alten


Embryos (26. bis 30. Tag) (Professor Kathy Sulik, The Univer-
sity of North Carolina).
Man beachte die blutegelartige Form des menschlichen
Embryos in dieser Phase.

52 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Relevanz

Die anatomische Struktur eines Blutegels

A, ventrale Sektion, die die innere anatomische Struktur eines


Blutegels zeigt (aus J. G. Nicholls and D. Van Essen. The Nervous
System of the Leech, 1974, Scientific American 230:38-48.) B,
Seitenaufnahme eines 13-Somiten (Japan). Man beachte die be-
merkenswerte Ähnlichkeit zwischen dem menschlichen Embryo und
der inneren Struktur des Blutegels.

Phase 10: 22-23 Tage

Seitenaufnahmen von Embryos während der dritten und vierten Woche. A,


Seitenaufnahme eines 5-Somiten-Embryos, tatsächliche Größe 2,5 mm. B,
Seitenaufnahme eines 8-Somiten-Embryos, tatsächliche Größe 3,0 mm. C,
Seitenaufnahme eines 13-Somiten-Embryos von ungefähr 24 Tagen, tatsäch-
liche Größe 3,9 mm. (Aufnahmen von Professor Hideo Nishimura, Kyoto
University, Kyoto, Japan) D, Die anatomische Struktur des Blutegels. (Illustra-
tion von James Rawlins, A Treatise on the Medical Leech, London, 1816.
UCLA Biomedizinische Bibliothek: Geschichte und besonderer Buchbestand
für Naturwissenschaften [History and special collections for the sciences]).

53
Es ist bemerkenswert, wie sehr das Embryo in dieser frühen Phase
einem Blutegel ähnelt. Da es im siebten Jahrhundert weder Mikroskope
noch Linsen gab, konnten die Ärzte nicht wissen, dass das menschliche
Embryo diese blutegelartige Form besitzt. Erstaunlicherweise konnte
dies erst im 15. Jahrhundert mit der Erfindung des Mikroskops entdeckt
werden, also ungefähr 1000 Jahre nach dem Qur’an. Obwohl das
Embryo in dieser Phase mit dem bloßen Auge sichtbar ist, hat es nur
die Größe eines Weizenkorns, und die Details des Embryos sind nur mit
Hilfe eines Mikroskops zu erkennen (12).

Tatsächlich behaupteten einige Wissenschaftler sogar noch nach


der Erfindung des Mikroskops zu Beginn des 18. Jahrhunderts
(ca. 1720), dass sie in menschlichen Spermien mit dem Mikroskop
winzige Menschenformen mit Armen, Köpfen und Beinen beobachtet
hätten. Ein anderer Wissenschaftler behauptete, ein winziges Pferd
im Pferdesamen gesehen zu haben, und das gleiche Wesen, nur mit
sehr langen Ohren, im Samen eines Esels und winzige Hähne im
Samen eines Junghahnes! Mangelhafte Beobachtung oder fehlerhafte
Experimente führten zu vielen falschen Theorien (13).

Noch bemerkenswerter ist die Tatsache, dass das Embryo in dieser


Phase nicht nur äußerst klein ist (ungefähr 3,5 mm), sondern dass
diese blutegelartige Phase nur sehr kurz andauert. Das macht die
Beobachtung dieser Ähnlichkeit auch mit modernen Instrumenten sehr
schwierig.

Eine andere bedeutende und interessante Implikation ist die Tatsache,


dass der Blutegel sich wie ein Parasit benimmt, weil er sich an seinen
Wirt klammert und dessen Blut saugt. Das Embryo kann mit einem
Parasiten verglichen werden, da es die Ressourcen der Mutter in
Anspruch nimmt. Daher sollen wir unseren Eltern gegenüber demütig
und barmherzig sein, besonders unseren Müttern gegenüber, weil
sie leiden mussten, damit wir heute hier sein können. Das führt uns
zum Thema Unabhängigkeit: Wir sind nicht wirklich unabhängig,
selbstversorgend oder frei, da wir schon seit unserer Entwicklung in den
Gebärmüttern von unseren Müttern abhängig sind. Das sollte uns ein
Gefühl der Demut einflößen und uns zu der Einsicht bringen, dass wir
alle voneinander und schlussendlich von Gott abhängig sind.

54 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Relevanz

DIE EINSCHRÄNKUNGEN DER WISSENSCHAFT

Wissenschaft hat die Welt verändert. Von der Medizin bis hin
zur Telekommunikation hat die Wissenschaft unser Leben und
Wohlbefinden auf unvergleichliche Art und Weise verbessert. Um es
einfacher auszudrücken: Die Wissenschaft verbessert andauernd unser
Leben und unsere Kenntnis der Welt und des Universums. Daher
überrascht es nicht, dass viele von uns die Wissenschaft als den Maßstab
für Wahrheit ansehen, oder als die einzige Art und Weise, Wahrheit
über den Menschen, das Leben und das Weltall festzustellen. Obwohl
Wissenschaft phänomenal ist, kann sie nicht alle Fragen beantworten.
Sie unterliegt gewissen Beschränkungen, und deshalb können wir die
Welt nicht nur mit ihrer Hilfe verstehen.

Die Behauptung, dass die Wissenschaft die einzige Methode ist,


die Wahrheit über die Menschheit, das Leben und das Weltall
herauszufinden, ist falsch. Wissenschaft kann keine Moralvorstellungen
bestimmen, die beinhalten, was richtig und was falsch ist. Die
Wissenschaft sagt uns, was ist und nicht, was sein sollte. Die Wissenschaft
ist in diesem Sinne amoralisch; sie ist kein geeignetes Mittel, um
moralische Entscheidungen zu treffen. Sie kann verwendet werden,
um unsere moralischen Entscheidungen zu unterstützen, aber ethische
Entscheidungen sind kein Teil von ihr.

Die Wissenschaft ist nicht nur durch ihre Unfähigkeit, alle Fragen
über das Leben und die Wirklichkeit anzusprechen, eingeschränkt.
Sie bietet auch keine Gewissheit. Wegen des Induktionsprozesses ist
Gewissheit kein Wort, das Wissenschaftler gerne verwenden. Induktion
ist ein Denkprozess, der in der Wissenschaft verwendet wird, wobei
man Schlussfolgerungen macht, indem man vom Einzelnen zum
Allgemeinen kommt. Hier ist ein Beispiel für Induktion:

„Ich habe beobachtet, dass das sachgemäße


Boxen eines Boxsackes mit Schutzhandschuhen
keine Verletzungen verursacht. Daher wird beim
Verwenden eines Boxsackes niemand verletzt.“

Aus dem oben genannten Beispiel wird sichtbar, dass die Induktion
auf ein Hauptproblem stößt: die Unfähigkeit, die Schlussfolgerung

55
zu garantieren. Eine pauschale Generalisierung kann nicht aufgrund
einer begrenzten Anzahl von Beobachtungen gemacht werden. Wir
sehen sofort, dass Induktion keine Gewissheit bietet: Wir können nicht
garantieren, dass die nächste Beobachtung mit unserer Schlussfolgerung
übereinstimmen wird. Dies ist so, weil es immer die Möglichkeit für
andere Beobachtungen gibt, die den vorangegangenen Beobachtungen
und Schlussfolgerungen widersprechen. Deshalb verändert sich die
Wissenschaft ständig. An ein und demselben Tag werden Sie in einer
beliebten Zeitschrift oder Zeitung lesen, dass Kaffee gut für Ihr Herz ist,
und in einer anderen, dass er schlecht für Ihr Herz sein soll.

Dementsprechend können wir nicht die Wissenschaft benutzen, um


religiöse Wahrheiten festzustellen. Die Wissenschaft verändert sich
und macht Fortschritte, während die religiösen Ansprüche statisch,
unverändert und zeitlos sind. Wie wir allerdings anhand der Beispiele
aus dem Qur’an in diesem Kapitel gesehen haben, bedeutet das nicht,
dass Religion und Wissenschaft im Widerspruch zueinander stehen.

SCHLUSSFOLGERUNG
Der Qur’an ist ein Buch, das zum Denken anregt; es ermutigt einen zu
Überlegungen und tiefgehenden Gedanken. Viele der Behauptungen
des Qur’ans bezüglich der natürlichen Welt sind auf verschiedenen
Ebenen miteinander verbunden und besitzen zahlreiche richtige
Bedeutungen. Er hat die Möglichkeit, verschiedene Arten von Zuhörern
anzusprechen und trotzdem seine Gültigkeit zu bewahren, ob im 7.
oder im 21. Jahrhundert. Das sollte einen dazu anregen, zu überlegen,
wer der Autor dieses Buches ist. All diese Zeichen weisen auf die Stärke
und Weisheit des Schöpfers hin und bedeuten außerdem, dass alles um
uns herum nicht zufällig oder zur Unterhaltung passiert, sondern dass
es einem tiefgreifenden und erhabenen Zweck dient.

56 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Literarische
Eigenschaften
Wenn man an Literatur denkt, denkt man üblicherweise an
geschriebene Texte. Wie wir jedoch im vorangegangenen Kapitel über
die Bewahrung des Qur’ans gesehen haben, wurde der Qur’an seinem
ersten Publikum in mündlicher, nicht in schriftlicher Form übermittelt.
Es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen schriftlicher
und mündlicher Kommunikation. Das wird am besten anhand eines
Beispiels sichtbar. Stellen Sie sich vor, Sie müssen eine Rede halten und
haben nur sehr wenig Zeit für die Vorbereitung. Stellen Sie sich vor, dass
Sie jetzt vor einem großen Publikum stehen und Antworten auf Fragen
improvisieren müssen, ohne dass Sie über das besprochene Thema
überhaupt geforscht haben. Vergleichen Sie nun dieses Szenario mit der
Situation, dass Sie gebeten werden, einen schriftlichen Beitrag über das
gleiche Thema vorzubereiten. Diesmal ist es für eine Zeitschrift. Das
Thema wurde Ihnen im Voraus bekanntgegeben, und Sie haben einen
Monat Zeit, um die Arbeit fertigzustellen. Welches Szenario würde
Ihrer Meinung nach eine bessere Kommunikation hervorbringen?
Bestimmt merken Sie, dass der Hauptunterschied darin liegt, dass
Sie bei unmittelbarer, ungeplanter mündlicher Kommunikation nicht
den Vorteil besitzen, den Text redigieren zu können. Bei schriftlicher
Kommunikation haben Sie jedoch die Möglichkeit, die Qualität des
Geschriebenen zu verbessern.
Wenden wir diese Idee jetzt auf den Qur’an an. Der gesamte
Qur’an wurde seinem Publikum, einer Mischung aus Gläubigen
und Ungläubigen, zuerst in mündlicher Form präsentiert. Dabei gab
es oft keine Möglichkeit für einen Redigierungsprozess. Viele Verse
wurden plötzlich offenbart, als Antwort auf ungeplante Fragen und
Herausforderungen, die dem Propheten Muhammad sowohl seitens
der Gläubigen als auch seitens der Ungläubigen gestellt wurden. Hier

57
sind einige Beispiele aus dem Qur’an, die die spontane Art seiner
Offenbarung darlegen:
„Sie fragen dich nach dem Geist. Sag: ‚Der Geist
ist vom Befehl meines Herrn, euch aber ist vom
Wissen gewiss nur wenig gegeben.’“ (17:85)
Sie fragen dich nach berauschendem Trunk und
Glücksspiel. Sag: ‚In ihnen (beiden) liegt große
Sünde und Nutzen für die Menschen. Aber die
Sünde in ihnen (beiden) ist größer als ihr Nutzen.’
Und sie fragen dich, was sie ausgeben sollen. Sag:
‚Den Überschuss.’ So macht Allah euch die Zeichen
klar, auf dass ihr nachdenken möget.“ (2:219)
Angesichts der frühen, rapiden Massenüberlieferungen des Qur’ans
wäre es äußerst schwierig gewesen, den Qur’an zu korrigieren oder zu
widerrufen, wenn er mit literarischen Schwachstellen überliefert worden
wäre. In Anbetracht all dieser Hindernisse würde man erwarten, dass
der Qur’an voll von Widersprüchen, Fehlern, nutzlosen Informationen
und anderen Mängeln ist. Wie wir sehen werden, könnte nichts der
Wahrheit ferner liegen. Sehen wir uns ein paar Eigenschaften an, die
den Qur’an, allen Widrigkeiten zum Trotz, zu einem literarischen
Meisterwerk machen.
i. Feinsinn
„Allah hat keinem Mann zwei Herzen in seinem Inneren
gemacht. Und Er hat eure Gattinnen, von denen ihr euch durch
den Rückenschwur trennt, nicht (wirklich) zu euren Müttern
gemacht. Und Er hat eure angenommenen Söhne nicht (wirklich)
zu euren Söhnen gemacht. Das sind eure Worte aus eurem
(eigenen) Mund. Aber Allah sagt die Wahrheit, und Er leitet den
(rechten) Weg.“ (33:4)
Gott stellt fest, dass Er keinem Mann zwei Herzen in seinem Inneren
gegeben hat. Diese Aussage schließt daher Frauen aus, auch wenn es in
diesem Vers eigentlich um Frauen geht. Hätte Gott gesagt, dass er keiner
Person zwei Herzen gegeben hätte, dann wären Frauen in diesem Satz
mit eingeschlossen. Die wörtliche Auslegung dieses Verses wäre jedoch
problematisch geworden: Frauen können nämlich sehr wohl zwei oder

58 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Literarische Eigenschaften

mehrere Herzen in ihrem Inneren haben, wenn sie schwanger sind. Der
Unterschied ist sehr feinsinnig. Es handelt sich um die Veränderung nur
eines Wortes, aber die Auswirkung ist bedeutend.
ii. Robustheit
„Studieren sie den Qur’an denn nicht? Wenn er von einem
anderen als Allah stammte, fänden sie in ihm gewiss viele
Widersprüche.“ (4:82)
Es gibt zwei Methoden, mit welchen bestimmt werden kann, ob der
Qur’an das ist, was er zu sein behauptet. Das hängt davon ab, wie man
die oben genannten Worte auslegt.
Sie können die klare und offensichtliche Bedeutung des Verses nehmen;
das würde bedeuten, Sie lesen das ganze Buch, konstatieren, dass es
keine Widersprüche beinhaltet und kommen zu einem Urteil.
Aber Sie können auch eine andere, abstrakte Bedeutung nehmen, wie
zum Beispiel: „Studieren sie den Qur’an denn nicht? Wenn er von
einem anderen als Allah stammte, fänden sie in ihm gewiss
viele [Erscheinungen des Wortes] Widersprüche.“ (4:82) Diese
abstrakte Auffassung würde bedeuten, dass sie einfach nachzählen, wie
oft das Wort Widersprüche im Qur’an vorkommt. Betrachten Sie das
wie eine Google-Suche nach dem Wort Widersprüche durch die Seiten
des Qur’ans. Entdecken Sie das Wort mehr als ein Mal, haben Sie das
Wort Widersprüche mehrere Male gefunden, und damit können Sie
schließen, dass der Qur’an nicht von Gott ist. Der Qur’an hätte sich
selbst widerlegt!
Würden Sie diese Zählung durchführen, dann würden Sie herausfinden,
dass die Singularform des Wortes, nämlich „Widerspruch“, mehrere
Male im Qur’an vorkommt, das Wort „Widersprüche“ jedoch nur ein
Mal, und zwar in dem Vers, den wir analysieren.
Wir schließen daraus, dass der Qur’an robust ist und zahlreichen
möglichen Interpretationen seiner Leser standhalten kann.
iii. Wortstellung
„Eure Beschützer sind wahrlich Allah und Sein Gesandter und
die Gläubigen, die das Gebet verrichten, die Zakat (Armenabgabe)

59
entrichten und sich (vor Allah) verneigen.“ (5:55)
Als dieser Vers offenbart wurde, gab es Heuchler, die sich zwar öffentlich
zu Muhammads Botschaft bekannten und unter den gläubigen
Muslimen weilten, aber innerlich ungläubig blieben. Es war sehr
schwierig, die Heuchler anhand ihres Äußeren und ihrer Taten von den
wahren Muslimen zu unterscheiden, da sie genau wie die Gläubigen
beteten und an anderen Gottesdiensten öffentlich teilnahmen. Man
beachte die Wortstellung der folgenden Aussagen in dem oben zitierten
Vers: „(…) und die Gläubigen, die das Gebet verrichten, die Zakat
entrichten (…)“. Es hätte auch anders geschrieben werden können:
„Diejenigen, die das Gebet verrichten und die Zakat entrichten
sind die Gläubigen“. Das würde andeuten, dass sogar die Heuchler
wahre Gläubige wären, weil sie genauso wie Muslime beten und Zakat
zahlen! Gott wählte jedoch die perfekte Stellung für die Worte in diesem
Vers: Die wahren Gläubigen sind diejenigen, die beten und Zakat
zahlen.
iv. Genauigkeit
„Und als Musa zu seinem Volk sagte: ‚O mein Volk, warum
fügt ihr mir Leid zu, wo ihr doch sicher wisst, dass ich Allahs
Gesandter an euch bin?’ Als sie nun abschweiften, ließ Allah
ihre Herzen abschweifen. Und Allah leitet das Volk der Frevler
nicht recht. * Und als ‘Isa, der Sohn Maryams, sagte: ‚O Kinder
Isra’ils, gewiss, ich bin Allahs Gesandter an euch. (…)’” (61:5-6)
Der Prophet Moses wurde den Israeliten gesandt, ebenso wie der
Prophet Jesus. Obwohl zwischen diesen zwei Propheten eine lange Zeit
lag, sprechen sie beide die Israeliten an.
Man beachte, dass Moses die Israeliten als „mein Volk“ anspricht,
während Jesus „Kinder Israels“ sagt. In der jüdischen Tradition verleiht
der Vater die Identität. Das Volk selbst wurde nach Israel benannt, dem
Vater der zwölf Stämme, von denen alle Juden abstammen. Das ist in
den meisten Gesellschaften der Fall, da man den Nachnamen in der
Regel vom Vater erhält.
Wenn Moses also „mein Volk“ sagt, meint er eigentlich, dass sein Vater
einer von ihnen ist, was auch der Fall ist, da sein Vater ein Israelit war.
Niemals werden wir jedoch im Qur’an eine Stelle finden, an der Jesus

60 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Literarische Eigenschaften

„mein Volk“ sagt. Jedes Mal, wenn er die Israeliten anspricht, sagt
er „Kinder Israels“. Der Grund dafür ist, dass er, im Unterschied zu
Moses, keinen Vater hatte; seine Geburt war ein Wunder, das durch
die Jungfrau Maria geschah. Erstaunlicherweise ist diese Art von
Genauigkeit im ganzen Qur’an zu beobachten.
v. Überfluss
Das 108. Kapitel des Qur’ans, Al-Kawthar (Der Überfluss), ist sein
kürzestes Kapitel.
„Wir haben dir ja al-Kawthar gegeben.
So bete zu deinem Herrn und opfere.
Gewiss, derjenige, der dich hasst, - er ist vom
Guten abgetrennt.“ (Kapitel 108)
Dieses Kapitel wurde zu einem besonders schwierigen Zeitpunkt in
Muhammads Leben offenbart, als nämlich sein kleiner Sohn gerade
gestorben war. Die Feinde Gottes begannen, ihn zu verspotten, indem
sie behaupteten, er wäre „abgeschnitten“. Dies bedeutete, dass er
ohne Nachkommen geblieben war und deshalb vergessen werden
würde, wenn er stirbt. Diese Verse wurden als Trost für den Propheten
Muhammad offenbart. Sie erinnerten ihn daran, dass Gott ihm bereits
einen Überfluss an allem Guten gegeben hat. Gleichzeitig warnten sie
seine Feinde, indem sie betonten, dass in Wirklichkeit sie diejenigen
sind, die abgeschnitten werden. Dies ist eigentlich eine Prophezeiung,
da Muhammad sich als der erfolgreichste Prophet herausstellte - sowohl
als ein Mann, der eine Botschaft übermittelte, als auch als Staatsmann
–, während seine Feinde langsam an Kraft verloren und vergessen
wurden.
Was erstaunlich ist, ist die Tatsache, dass dieses Kapitel aus nur drei
Zeilen besteht. Sie beinhalten im Arabischen weniger als 15 Wörter,
und doch stellt das Kapitel ein „rhetorisches Meer“ dar. Es ist mit
mehr als 30 literarischen Eigenschaften gefüllt – das bedeutet, mehr
Eigenschaften als Wörter (14). Es würde den Rahmen dieses Buches
sprengen, wenn man sie alle besprechen würde, aber sehen wir uns
zumindest einige von ihnen an:

61
Die Wortwahl in diesem Kapitel könnte nicht besser sein; es gibt kein
einziges Wort, das durch ein Besseres ersetzt werden könnte. Nehmen
wir das letzte Wort im ersten Satz, al-kawthar. Dieses Wort bedeutet
‚reichlich’, ‚Vielzahl’, ‚überfließend’, ‚reich’, ‚großzügig’ und ‚unendlich’.
Man beachte, dass das Ende des Satzes offen ist. Es wird nicht präzisiert,
worauf sich der erwähnte Überfluss bezieht. Es ist so, als ob einer
Ihrer Freunde sagen würde: „Ich habe dir eine Menge gegeben.“ Sie
würden sich wahrscheinlich fragen: „Eine Menge wovon?“ Gott bringt
zum Ausdruck, dass der Prophet Muhammad alle Dinge im Überfluss
erhalten hat, indem er nicht anführt, welche genau! Das Aufzählen aller
Dinge würde im Bereich der Eloquenz und der Rhetorik als überflüssig
und als unwirksamer Sprachgebrauch angesehen.
Man beachte auch die hier verwendete Zeitform, die hier verwendet
wird, nämlich die Vergangenheit. Es heißt „haben gegeben“ und nicht
„werden geben“, was auf ein zukünftiges Ereignis hinweisen würde.
Die Tatsache, dass die Vergangenheitsform des Verbes verwendet
wird, deutet darauf hin, dass dies bereits geschehen ist und macht es
endgültig. Dadurch wird ein Gefühl der Beruhigung und Gewissheit
eingeflößt.
Schlussendlich sollte man auch über den Titel dieses Kapitels
nachdenken: al-Kawthar (der Überfluss). Dieses Kapitel enthält einen
„Überfluss“ an literarischen Eigenschaften, obwohl nur sehr wenige
Wörter verwendet werden, was eine erstaunliche Leistung ist.
SCHLUSSFOLGERUNG
In der Literatur veröffentlicht man nie den ersten Entwurf
eines schriftlichen Werks, ohne es vorher einem gründlichen
Bearbeitungsprozess zu unterziehen, um das Geschriebene zu
verfeinern und so gut wie möglich zu verbessern. Man kann sich den
Schreibprozess wie Bildhauerei vorstellen, bei der mit einem Block
Stein oder Ton begonnen wird, der schrittweise bearbeitet wird. Mit
der Zeit nimmt die Skulptur langsam Gestalt an, bis sie fertiggestellt
und bereit ist, der Öffentlichkeit enthüllt zu werden. Wie wir in den
oben genannten Beispielen gesehen haben, besitzt der Qur’an alle
Merkmale eines literarischen Meisterwerkes, ohne dass man ihn, wegen
der mündlichen und ungeplanten Natur seiner Offenbarung, einem
Redaktionsprozess unterzogen hätte. Bemerkenswerterweise ist jede

62 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Literarische Eigenschaften

Seite des Qur’ans voll von solchen literarischen Eigenschaften. Es ist


nur vernünftig zu schlussfolgern, dass sie mit Absicht und nicht zufällig
dorthin gelangt sind.

63
Struktur
Der Qur’an ist bezüglich seiner Gestaltung ein einzigartiges Buch.
Seine 114 Kapitel sind nicht in chronologischer oder thematischer
Reihenfolge arrangiert. Innerhalb einzelner Kapitel können sogar
zahlreiche Themen besprochen werden, indem plötzlich von einem
Thema zum anderen gewechselt wird, um dann wieder auf das
ursprüngliche Thema zurückzukommen. Diese einzigartige Struktur
mag auf den ersten Blick unordentlich erscheinen. Die moderne
Forschung hat jedoch im Qur’an eine komplexe strukturelle Kohärenz
entdeckt, die als Ringkomposition bekannt ist.
THEORIE DER RINGKOMPOSITION
Die Ringkomposition wurde von Mary Douglas ausführlich in ihrem
Buch Denken in Kreisen: Ein Aufsatz über die Ringkomposition erklärt.
Die Ringkomposition ist mit dem Aufstellen eines Spiegels in der Mitte
des Werkes zu vergleichen – was in der ersten Hälfte erwähnt wurde,
wird in der zweiten widergespiegelt. Die zentrale Bedeutung eines Textes
wird in sein Zentrum gestellt. Stellen Sie sich vor, eine Kurzgeschichte
über ihren Tag zu schreiben. Würden Sie die Ringkomposition in ihrer
Geschichte anwenden, dann müssten Sie das wichtigste Ereignis in
die Mitte der Geschichte stellen. Der Anfang und das Ende würden
zusammenhängende Themen beinhalten. Nehmen wir ein einfaches
Beispiel:
1. Ich wachte am Morgen auf.

2. Ich verließ das Haus.

3. Ich begegnete zufällig einem Freund, den ich seit


meiner Kindheit nicht gesehen hatte.

4. Ich kam nach Hause zurück.

5. Ich ging schlafen.

64 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Struktur

Sie sehen, dass sich der Kernpunkt der Geschichte, nämlich die
Begegnung mit einem lange verschollenen Freund, in der Mitte befindet.
Die Handlungen, die dazu führten - das Aufstehen und Verlassen
des Hauses -, spiegeln die Handlungen danach wieder – nach Hause
kommen und schlafen gehen.

VORTEILE DER RINGKOMPOSITION

Die Ringstruktur hält nicht nur den Text zusammen, sie richtet auch
den Fokus auf wichtige Wörter und Themen. Diese konzentrische
Strukturierung der Ringkomposition macht einen auf das Zentrum
aufmerksam, und wir fühlen uns gedrängt, hier nach der wesentlichen
Botschaft zu suchen. Wie Mary Douglas es bündig formuliert: „Die
Bedeutung ist in der Mitte“. (15)

Sie dient auch als Hilfsmittel beim Memorieren, das in Anbetracht


dessen, was wir über die Bewahrung des Qur’ans in mündlicher Form
wissen, besonders nützlich ist. Cedric Whitman hat in seinen Studien
über antike Dichtkunst herausgefunden, dass die Ringkomposition
das Memorieren erleichtert, indem sie es dem mündlichen Dichter
ermöglicht, sich während seines Auftritts leichter an die grundsätzlichen
Formeln der Komposition zu erinnern. (16)

OFFENBARUNGSUMSTÄNDE DES QUR’ANS


Bevor wir die Ringkomposition des Qur’ans behandeln, wäre es
nützlich, den Hintergrund und die Umstände seiner Offenbarung näher
zu betrachten. Der Qur’an wurde schrittweise, über einen Zeitraum
von 23 Jahren, offenbart: „Und diejenigen, die ungläubig sind,
sagen: ‚O würde ihm doch der Qur’an als Ganzes offenbart!’
So (geschieht es aber), damit Wir dein Herz mit ihm festigen.
Und Wir haben ihn wohlgeordnet vorgetragen.“ (25:32)
Denken Sie mal darüber nach, wie Bücher typischerweise geschrieben
werden. Die meisten folgen einem Muster: Anfang – Mitte – Schluss. Die
meisten Menschen würden annehmen, dass der Qur’an chronologisch
offenbart wurde, dass er mit dem ersten Kapitel beginnt und mit dem
letzten endet. Der Qur’an ist jedoch nicht wie die meisten Bücher. Es
mag überraschend klingen, dass die 6236 Verse des Qur’ans nicht der
Reihe nach offenbart worden sind. Dem ersten Kapitel folgen nicht

65
Kapitel zwei, drei, vier etc., wie es in einem konventionellen Buch
üblicherweise der Fall ist. Dem Kapitel 96 folgt das Kapitel 68, diesem
folgt wiederum das Kapitel 73 und so weiter. Viele Kapitel des Qur’ans
sind außerdem sehr lang und bestehen aus mehreren Hunderten
von Versen. Sie wurden nicht alle zugleich offenbart. Einige Kapitel
wurden über eine Zeitspanne von mehreren Jahren offenbart, wobei die
Offenbarung ihrer Verse durch die Offenbarung von Versen anderer
Kapitel unterbrochen wurde. Würden Sie denn nicht, in Anbetracht
dieser Umstände, erwarten, dass die Struktur des Qur’ans vollkommen
durcheinander ist? Es wäre schwierig, eine ordentliche Struktur
im Voraus zu planen, wenn Verse in einer scheinbar so zufälligen
Reihenfolge offenbart werden. Entgegen allen Erwartungen finden wir
jedoch vor, dass der Qur’an die komplexe Struktur der Ringkomposition
enthält.

66 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Struktur

DIE RINGKOMPOSITION DES QUR’ANS


Das zweite Kapitel des Qur’ans, Al-Baqarah oder Die Kuh, das wir
als Fallstudie nehmen werden, ist sein längstes Kapitel und wurde
über einen Zeitraum von mehreren Jahren offenbart. Es gibt einen
besonderen Vers im Kapitel Baqarah, nämlich den 255. Vers, der als
Ayat-al-Kursi bekannt ist und aus einer Ringkomposition besteht:

Allah – es gibt keinen Gott außer Ihm, dem Leb-


1
endigen und Beständigen.

Ihn überkommt weder Schlummer noch Schlaf. 2

Ihm gehört (alles), was in den Himmeln und 3


was auf der Erde ist.

Wer ist es denn, der bei Ihm Fürsprache einlegen


4
könnte - außer mit Seiner Erlaubnis?

Er weiß, was vor ihnen und was hinter ihnen Ayat al-Kursi
liegt, 5

sie aber umfassen nichts von Seinem Wissen -


6
außer, was Er will.

Sein Thronschemel umfasst die Himmel und


7
die Erde,

und ihre Behütung beschwert Ihn nicht. 8

Er ist der Erhabene und 7Allgewaltige. 9

67
Dies kann einen Schritt weitergeführt werden. Wir stellen fest, dass
sich dieser Vers innerhalb einer Gruppe von Versen befindet. Es sind
die Verse 254-284, die ihrerseits einen größeren Ring bilden. Wir
bekommen daher einen Ring innerhalb eines anderen Ringes.

Allah – es gibt keinen Gott außer Ihm, dem 1


Lebendigen und Beständigen.

Ihn überkommt weder Schlummer noch Schlaf. 2

Ihm gehört (alles), was in den Himmeln und 3


was auf der Erde ist.

Wer ist es denn, der bei Ihm Fürsprache einlegen


könnte - außer mit Seiner Erlaubnis? 4

Er weiß, was vor ihnen und was hinter ihnen Ayat al-Kursi
5
liegt,

sie aber umfassen nichts von Seinem Wissen -


6
außer, was Er will.

Sein Thronschemel umfasst die Himmel und


7
die Erde,

und ihre Behütung beschwert Ihn nicht. 8

Er ist der Erhabene und7 Allgewaltige. 9

(254): Ermahnung der Gläubigen: „O die ihr glaubt, gebt aus von
dem, womit Wir euch versorgt haben, bevor ein Tag kommt, an
dem es keinen Verkauf, keine Freundschaft und keine Fürsprache
gibt! (…)“
(255-260): Gott ist Allmächtig, Allweise;
Allah ist der Freund der Gläubigen; Allah gibt
Leben und Tod, erweckt wieder zum Leben.

(261-284): Parabeln über Almosen; Belohnung für Almosen/


Strafe für Wucher; Schulden

68 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Struktur

Jedoch können wir dabei noch einen Schritt weiter gehen. Diese Gruppe
von Versen stellt einen der neun Abschnitte dar, die das ganze Kapitel
al-Baqarah ausmachen:
1. Glaube gegenüber Unglaube (Verse 1-20)
2. Gottes Schöpfung und Wissen (Verse 21-39)
3. Übermittlung des Gesetzes an die Israeliten (Verse 40-
103)
4. Abraham wurde geprüft (Verse 104-141)
5. Kaaba ist die neue Gebetsrichtung (Verse 142-152)
6. Muslime werden geprüft werden (Verse 153-177)
7. Übermittlung des Gesetzes an die Muslime (Verse
178-253)
8. Gottes Schöpfung und Wissen (Verse 254-284)
9. Glaube gegenüber Unglaube (Verse 285-286)

69
Allah – es gibt keinen Gott außer Ihm, dem 1
Lebendigen und Beständigen.

Ihn überkommt weder Schlummer noch Schlaf. 2

Ihm gehört (alles), was in den Himmeln und 3


was auf der Erde ist.

Wer ist es denn, der bei Ihm Fürsprache einlegen


4
könnte - außer mit Seiner Erlaubnis?

Er weiß, was vor ihnen und was hinter ihnen Ayat al-Kursi
5
liegt,

sie aber umfassen nichts von Seinem Wissen -


6
außer, was Er will.

Sein Thronschemel umfasst die Himmel und 7


die Erde,

und ihre Behütung beschwert Ihn nicht. 8

Er ist der Erhabene und7 Allgewaltige. 9

70 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Struktur

A A’
1-20 Glaube
285-286
gegenüber
Unglaube

B 21-39 Gottes Schöpfung; 254-284 Gottes B’


Schöpfung; Sein allumfas-
Sein allumfassendes
sendes Wissen (bezüglich
Wissen (bezüglich der Gottes Almosen und Finanzges-
Sünden von Adam und Schöp- chäften)
Eva) fung

C 40-103 178-253(Muhammad C’
übermittelt das Gesetz
(Moses übermittelt das Übermit- an die Muslime)
Gesetz an die Kinder tlung des
Israels) Gesetzes

D 104-141 (Abraham wurde 153-177(Muslime D’


geprüft; Kaaba wurde werden geprüft werden;
von Abraham und Ismael Kaaba, Safa und
Prüfungen Marwa; Antworten an
errichtet; Antworten an
das Volk des Buches) Polytheisten)

142-152 Kaaba ist die neue


E’ Gebetsrichtung; Das ist eine
Glaubensprüfung; wetteifert
miteinander im Guten!

Wir haben daher nicht nur konzentrische Ringe, sondern weder Pausen
noch Lücken in den 286 Versen, wenn man sich die neun Abschnitte
genau ansieht.

71
Jeder Vers, vom ersten bis zum letzten (286), befindet sich innerhalb
eines Ringes. Raymond K. Farrin, Autor des Werkes Surat al-Baqara:
Eine strukturelle Analyse, kommt zu folgender Schlussfolgerung über
die Ringkomposition des Kapitels:

„Dieses Kapitel weist in der Tat eine fabelhafte


Genauigkeit in der Konstruktion auf. Es ist
präzise und straff nach den Grundsätzen der
Ringkomposition geordnet; sogar die Länge
der Abschnitte ist vollkommen dem gesamten
Entwurf angepasst. Darüber hinaus dient die
präzise Struktur als eine Anleitung, indem sie auf
die Hauptthemen des Kapitels hinweist. Sie treten,
gemäß der Logik dieser Form, in den Zentren der
einzelnen Ringe auf, und besonders im Zentrum
des ganzen Kapitels. Im Zentrum des Kapitels
findet man wieder die Anweisungen, sich Mekka
zuzuwenden – wobei dies eine Glaubensprüfung
ist; die Identifizierung der Muslime als neue,
zentrale Gemeinschaft.“ (17)

SCHLUSSFOLGERUNG
Wie ist es möglich, dass der Qur’an eine so bemerkenswert harmonische
Struktur aufweist, obwohl seine Verse nicht der Reihe nach, sondern in
zufälligen Abschnitten über eine Zeitspanne von 23 Jahren offenbart
wurden? Besonders unglaublich erscheint dies angesichts der Tatsache,
dass viele der 6236 Verse des Qur’ans mit bestimmten historischen
Ereignissen verbunden sind. Würde ein Mensch ein Buch auf diese
Art und Weise zusammenstellen, dann wäre dessen Struktur zweifellos
chaotisch.
Außerdem wurde jeder Vers nach seiner Offenbarung sofort auf seine
Position innerhalb des jeweiligen Kapitels gestellt. Diese Position war
fixiert. Es gab keine Gelegenheit für Änderung oder Umgestaltung. Wie
konnte Muhammad einen so verwickelten Plan ersinnen, obwohl er die
Ereignisse, die die Offenbarung der Verse diktierte, nicht vorhersehen
konnte? Eine solche Aufstellung musste im Voraus geplant worden sein,
was sich jedoch als nicht möglich entpuppt, da die Ereignisse außerhalb
seiner Kontrolle waren. Das zeigt, dass der Autor des Qur’ans die
Zukunft gekannt haben muss, was eine Eigenschaft Gottes ist.

72 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Exakte Prophezeiungen über die Zukunft

Exakte Prophe-
zeiungen über
die Zukunft
Viele Leute behaupten, die Zukunft vorhersagen zu können. Astrologen,
Hellseher und zahlreiche religiöse Schriften stellen Prophezeiungen über
die Zukunft auf. Gibt es irgendeine Möglichkeit, die wahren Propheten
von den zahlreichen Lügnern und Schwindlern zu unterscheiden? Wir
können das durch eine Analyse ihrer Prophezeiungen feststellen. Die
Vorhersagen der falschen Propheten sind oft unklar und haben keinen
Zeitrahmen. Diese Eigenschaften machen es ihren Anhängern leicht,
zu behaupten, dass eine gewisse Prophezeiung erfüllt wurde, wenn das
Unvermeidbare geschieht – letztendlich wird irgendetwas, irgendwo
geschehen, das genug Ähnlichkeit mit der Prophezeiung aufweist,
sodass es scheint, als ob die Prophezeiung in Erfüllung gegangen wäre.

Ein gutes Beispiel dafür sind die Vorhersagen des französischen


Okkultisten Nostradamus aus dem 16. Jahrhundert, der
höchstwahrscheinlich der berühmteste und beliebteste Okkultist
aller Zeiten ist. Seine Prophezeiungen enthalten französische und
lateinische Ausdrücke, historische Anspielungen, Buchstabenrätsel,
Wortspiele, seltsame Rechtschreibung, unvollständige Wörter, verkehrte
Wortstellung und so weiter. Seine Prophezeiungen können in der Tat
so unklar sein, dass sie oft als verbales Puzzlespiel beschrieben werden.
Hier sind einige Beispiele dieser Prophezeiungen:

„Die große verwirrte Kappe zu unterstützen, um


es aufzuhellen werden die Roten marschieren, vom
Tod wird eine Familie beinahe zu Boden gedrückt,

73
die Roten werden die Roten erschlagen.“ (18)

„Der große Bienenschwarm wird sich erheben,


sodass man nicht wissen wird, woher sie
gekommen sind; des Nachts der Hinterhalt, die
Wache unter den Reben. Stadt übergeben durch
fünf nicht nackte Schwätzer.“ (19)

Wenn nun Nostradamus ein wahrer Prophet gewesen wäre, hätte


er dann seine Vorhersagen mit einer solch undeutlichen und
missverständlichen Sprache verschleiern müssen? Wir stellen fest, dass
viele seiner Prophezeiungen nachweislich falsch sind, wenn sie Details
wie bestimmte Daten, Orte und Ereignisse bieten. In der folgenden
Prophezeiung sagte er voraus, dass die Menschheit durch Krankheit,
Hunger und Krieg bis zum Jahr 1732 vernichtet werden würde:

„Und dies von heute, da ich alles niederschreibe


(1555), in weniger als 177 Jahren, drei Monaten,
elf Tagen wird die Welt zwischen heute und dem
festgesetzten Termin, davor und danach, durch
verheerende Seuchen, lange Hungersnot und
Kriege, noch mehr durch Überschwemmungen
so vermindert werden, dass so wenig von der
Welt übrig bleiben wird, dass man kaum genug
Leute finden wird, um die Felder zu bestellen, die
genauso lange unbeackert bleiben werden, wie sie
einst bestellt wurden.“ (20)

Obwohl er sich einen Zeitraum von 177 Jahren für die Erfüllung dieser
Prophezeiung ließ, wurde sie nie Wirklichkeit. Außerdem gab es, dank
der industriellen Revolution, große Fortschritte in der Landwirtschaft,
die zu einem noch nie dagewesenen Bevölkerungszuwachs führten - also
das genaue Gegenteil von dem, was Nostradamus vorhergesagt hatte!
Bereits eine falsche Prophezeiung genügt, um jemanden als wahren
Propheten zu disqualifizieren.

Was sollen wir also von den Prophezeiungen eines wahren Propheten
Gottes erwarten? Der Grund, warum wir uns mit Nostradamus und
seinen Prophezeiungen beschäftigen, ist, dass er uns dabei helfen

74 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Exakte Prophezeiungen über die Zukunft

soll, wahre Propheten von falschen zu unterscheiden. Nur echte, von


Gott gesandte Propheten, die die Zukunft zur Gänze kennen, können
korrekte Prophezeiungen machen. Das ist der Hauptunterschied
zwischen einem falschen und einem wahren Propheten. Wie wir durch
Vergleiche feststellen werden, enthält der Qur’an exakte Vorhersagen
über die Zukunft. Sie sind in ihrer Bedeutung klar, da sie Details, wie
zum Beispiel Zeitleisten, Namen von Personen und bestimmten Orten
bieten:

i. Entgegen allen Erwartungen: der byzantinische Sieg über


die Perser

Das 30. Kapitel des Qur’ans, Die Byzantiner genannt, wird mit einer
Prophezeiung des Sieges der Byzantiner über die Perser eröffnet:

„Die Römer sind besiegt worden * im


nächstliegenden Land. Aber sie werden nach ihrer
Niederlage (selbst) siegen, * in einigen Jahren.
Allah gehört der Befehl vorher und nachher. An
jenem Tag werden die Gläubigen froh sein.“
(30:2-4)

Diese Prophezeiung wurde zu einer Zeit gemacht, in der die Perser alles
wegfegten, das sich vor ihnen befand. Das einst mächtige byzantinische
(römische) Reich erlitt gegen die Perser eine Niederlage nach der
anderen. Die Byzantiner konnten kaum Widerstand leisten, da sie
innerlich durch politischen Aufruhr zerrissen waren.

Um die Bedeutung dieser Prophezeiung völlig anerkennen zu können, ist


es notwendig, den politischen Kontext dieser Region kurz vor Anbruch
des Islams zu verstehen. Diese zwei Großmächte der Region befanden
sich im Krieg gegeneinander. Zwanzig Jahre lang wurde Byzanz von
den persischen Armeen überrannt wie nie zuvor. Die Perser nahmen
613 Damaskus ein. Kurz danach, im Jahr 614, folgte die Eroberung
Jerusalems. Die Welle persischer Eroberungen endete jedoch nicht mit
der Einnahme Jerusalems. Als nächstes wurde Ägypten erobert, und
dann klopften die persischen Truppen an die Tore Konstantinopels, des
Herzens des byzantinischen Reiches. Die Demütigung der Byzantiner
war so groß, dass behauptet wird, dass der persische Kaiser Chosrau

75
den byzantinischen Kaiser Herakleios „in Ketten vor seinem Thron
sehen wollte und dass er nicht bereit war, ihm Frieden zu
gewähren, bis er seinem gekreuzigten Gott abgeschworen und
die Sonnenanbetung angenommen hätte.“ (21)

Das waren die Umstände, unter denen der Qur’an erstaunlicherweise


behauptete, dass die ganze Situation durch einen byzantinischen Sieg
umgekehrt werden würde.

Bemerkenswert an dieser Prophezeiung sind zunächst die Einzelheiten,


die sie bietet. Sie nennt nicht nur die zwei Völker, die sich miteinander
im Krieg befinden, beim Namen, sondern sie erklärt auch den
eindeutigen Sieger und gibt einen kurzen Zeitrahmen, innerhalb
dessen dies geschehen wird. Wenn der Autor des Qur’ans geraten hätte,
dann hätte er bestimmt den scheinbar unaufhaltsamen Sieg der Perser
unterstützt. Hätte der Autor außerdem nicht auf Nummer sicher gehen
sollen, indem er die Prophezeiung unklar und mehrdeutig machte, für
den Fall, dass sie nicht in Erfüllung gehen würde?

ii. Abu Lahab stirbt als Ungläubiger


Das 111. Kapitel des Qur’ans, „Die Palmfasern“, erklärt, dass einer
der großen Feinde des Islams, Abu Lahab, als Ungläubiger sterben
wird: „Zugrunde gehen sollen die Hände Abu Lahabs, und
zugrunde gehen soll er (selbst)! * Was nützt ihm sein Besitz
und das, was er erworben hat? * Er wird einem Feuer voller
Flammen ausgesetzt sein.“ (111:1-3)

Bemerkenswert ist auch hier wieder, wie der Qur’an Einzelheiten bietet:
Er identifiziert eine bestimmte Person in der Prophezeiung. Der Autor
hätte, um sicher zu gehen, allgemeinere Ausdrücke verwenden können,
wie zum Beispiel: „Ein großer Feind des Islams wird vergehen ...“ Sie
mögen nun denken, was denn so bemerkenswert an der Vorhersage sein
soll, dass ein Feind des Islams als Ungläubiger sterben wird? Um das
Ausmaß dieser Prophezeiung zur Gänze zu verstehen, müssen wir die
Umstände dieser Zeit besser kennen.

Diese Behauptung gab Abu Lahab eigentlich die Mittel dazu, den
Qur’an zu diskreditieren und damit den Islam für immer zu vernichten,
da es sich bei dieser Prophezeiung um eine Falsifikationsprüfung handelt.

76 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Exakte Prophezeiungen über die Zukunft

Alles was er dazu hätte tun müssen, wäre äußerlich vorzutäuschen,


dass er ein Muslim ist, um damit die Wahrsagung des Qur’ans, er
würde als Ungläubiger sterben, zu widerlegen. Für ihn hätte es nichts
Besonderes dargestellt, vorzutäuschen, dass er Muslim geworden war,
da viele prominente Feinde des Islams bereits zu dem neuen Glauben
konvertiert waren. Es gab auch Heuchler, die vorgaben, Muslime zu
sein, aber in Wirklichkeit Ungläubige waren.

Wenn Abu Lahab bei der Eroberung seiner Heimatstadt Mekka durch
die Muslime noch am Leben gewesen wäre (sie fand sechs Jahre nach
seinem Tod statt), dann wäre er bestimmt zum Islam konvertiert, wie
es die ganze Stadt, einschließlich seines Stammes, tat. Der Autor des
Qur’ans kannte also nicht nur seine Persönlichkeit so gut, um zu wissen,
dass Abu Lahab aufgrund seiner Arroganz nicht zum Islam konvertieren
würde. Der Autor wusste außerdem, dass er vor der Eroberung Mekkas
sterben würde. Bei einer solchen Behauptung würde es sich um reines
Glücksspiel handeln, es sei denn, der Autor des Qur’ans könnte in die
Zukunft sehen!

iii. Die Bewahrung des Qur’ans


Wie wir in den vorangegangenen Abschnitten gesehen haben, hat
die Geschichte heilige Schriften nicht immer behutsam behandelt.
Vor dem Qur’an gingen alle offenbarten Schriften entweder verloren
oder wurden verfälscht. Vor so einem Hintergrund macht der Autor
des Qur’ans die kühne Voraussage: „Wahrlich, Wir Selbst haben
diese Ermahnung herabgesandt, und sicherlich werden Wir
ihr Hüter sein.“ (15:9)
Wie konnte der Autor des Qur’ans gewährleisten, dass der Qur‘an bis
zur heutigen Zeit vollkommen bewahrt wird, besonders wenn man
die zahlreichen gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in
Betracht zieht, die die muslimische Welt in den 1400 Jahren seit der
ersten Offenbarung des Qur’ans durchgemacht hat? Einige Beispiele
für diese Veränderungen sind: Die Auseinandersetzung über die
Nachfolge in der Führung der muslimischen Welt nach dem Tod des
Propheten Muhammad; der Tod derjenigen, die den Qur’an auswendig
gelernt hatten; die Verbreitung des Islams in fremden Ländern sowie die
Vermischung mit neuen Kulturen und Sprachen, die eine Aufnahme
zahlreicher Fremdwörter in die arabische Sprache mit sich brachten;

77
der plötzliche Zustrom von Nicht-Arabern in die Religion, von denen
viele kein Arabisch sprachen. Die Erfolgs- und Erfahrungsgeschichte
aller anderen offenbarten Schriften hat im Laufe der Geschichte
das Gegenteil bewiesen: Wenn sie auf ähnliche gesellschaftliche
und politische Veränderungen stießen, erfolgte normalerweise ein
Eingreifen in den Text oder der Verlust der Schriften. Der Qur’an ist
die einzigartige Ausnahme von dieser Regel.

iv. Die Errichtung von hohen Gebäuden

Die folgenden Beispiele für Zukunftsprophezeiungen, die wir


uns ansehen werden, sind nicht Verse aus dem Qur’an, sondern
Muhammads prophetische Überlieferungen. Der Qur’an informiert
uns, dass der Prophet Muhammad damit beauftragt ist, die Offenbarung
des allmächtigen Gottes der Menschheit zu erklären.

„(Wir haben sie gesandt) mit den klaren Beweisen


und den Büchern der Weisheit. Und Wir haben zu
dir die Ermahnung hinabgesandt, damit du den
Menschen klar machst, was ihnen offenbart worden
ist, und auf dass sie nachdenken mögen.“ (16:44)

Die Gefährten des Propheten Muhammad, die für das Memorieren


des Qur’ans zuständig waren und dessen Deutung unmittelbar vom
Propheten hörten, verstanden, dass sich dieser Vers auf Aussagen
und Handlungen des Propheten Muhammad bezog. Diese Aussagen
und Handlungen wurden für uns in Form von prophetischen
Überlieferungen aufgeschrieben, die als Hadithe bekannt sind. Sie
wurden von denselben Gefährten auswendig gelernt. Hadithe enthalten
zahlreiche Zukunftsprophezeiungen, darunter auch die Vorhersage der
Errichtung von hohen Gebäuden:

Der Mann fagte: „Wann trifft die Stunde ein?“

Der Prophet sagte: „Der Befragte ist diesbezüglich


nicht wissender als der Fragende selbst. Was
aber deren Vorzeichen angeht, so werde ich dir
Folgendes nennen: (Die Stunde ist nah,) ..., wenn
die ungebildeten Kameltreiber im Bauen von
Hochhäusern wetteifern.“ (22)

78 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Exakte Prophezeiungen über die Zukunft

Als Erstes ist die Demut des Propheten Muhammad zu bemerken. Auf
die Frage über die „letzte Stunde“, also darüber, wann der Jüngste Tag
beginnen werde, antwortet er, dass er nicht mehr weiß als derjenige,
der die Frage stellt. Das sagt er, weil nur Gott, der Allwissende, das
Ungesehene kennt. Wie der Qur’an uns benachrichtigt, konnte
der Prophet Muhammad nicht in die Zukunft sehen; er hatte nur
Zugang zu Informationen, die ihm Gott eingab: „(Er,) der Kenner
des Verborgenen - Er enthüllt niemandem das, was bei Ihm
verborgen ist, * außer dem Gesandten, den Er bewilligt;
da lässt Er vor ihm und hinter ihm Wächter einhergehen.“
(72:26-27)

Man beachte die Details in dieser Prophezeiung: ein spezifisches Volk,


nämlich die arabischen Beduinen, wurde identifiziert. Der Prophet
Muhammad hätte auf Nummer sicher gehen und etwas allgemeiner
sagen können „wenn ihr Konkurrenzkampf im Bauen hoher Gebäude
seht ...“, was ausreichend flexibel wäre, um auf die ganze Welt
anwendbar zu sein. Heute sehen wir auf der Arabischen Halbinsel,
wie die Araber, die arme Kamel- und Schafhirten waren, miteinander
um den Bau der höchsten Hochhäuser wetteifern. Heute ist der Burj
Khalifa in Dubai/Vereinigte Arabische Emirate mit seinen 828 m das
höchste von Menschenhand geschaffene Gebäude auf der Welt. Kurz
nachdem es fertiggestellt wurde, kündigte eine konkurrierende Familie
aus Saudi-Arabien an, dass sie ein noch höheres Gebäude bauen würde
(1000 m): The Kingdom Tower, der voraussichtlich im Jahr 2019 fertig
wird. Sie wetteifern also buchstäblich darum, wer das höchste Gebäude
errichten kann.

79
Das Bemerkenswerte ist, dass vor nur 50 oder 60 Jahren die Menschen
dieser Region kaum Häuser hatten. Die meisten von ihnen waren
immer noch Beduinen, die in Zelten lebten. Die Entdeckung der
Ölvorkommen im 20. Jahrhundert führte zum Wohlstand und zur
Transformation dieser Region. Ohne das Öl wäre diese Region aller
Wahrscheinlichkeit nach immer noch die öde Wüste, die sie zur Zeit der
Offenbarung des Qur’ans war. Wenn dies bloß eine Spekulation seitens
des Propheten gewesen wäre, dann wäre die Entdeckung der Ölreserven
ein unglaublicher Glückstreffer. Wenn der Prophet Muhammed
außerdem bloß spekuliert hätte, wäre es dann nicht sinnvoller gewesen,
seine Prophezeiung zu den Großmächten seiner Zeit, Rom und Persien,
in Beziehung zu bringen, die (im Unterschied zu den Arabern) bereits
dazu neigten, extravagante Gebäude und Paläste zu bauen?

v. Eroberung Persiens
Eine der größten Schwierigkeiten, die dem Propheten Muhammad
widerfahren ist, war die sogenannte Grabenschlacht. Im Jahr 627 griff
eine 10 000 Mann starke Koalitionsarmee der heidnischen arabischen
Stämme und der jüdischen Stämme die muslimische Stadt Medina an.
Die Muslime waren zahlenmäßig dreifach unterlegen und wurden zwei
ganze Wochen lang belagert. Der Qur’an beschreibt eindringlich die
düstere Lage der Muslime:

„Als sie von oben zu euch kamen und von unten

80 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Exakte Prophezeiungen über die Zukunft

her, und als die Blicke unsicher wurden und die


Herzen die Kehle erreichten und ihr von Allah
verschiedene Meinungen hattet. * Dort wurden die
Gläubigen geprüft und heftig erschüttert.“ (33:10-
11)

Während die Muslime kurz vor der Schlacht einen Graben rund um
die Stadt Medina gruben, um sich, ohne realistische Erfolgschancen
und im Angesicht der Niederlage, auf den bevorstehenden Angriff
vorzubereiten, machte der Prophet Muhammad eine kühne Vorhersage:
Al-Bara’ sagte: „Am Tag von Al-Khandaq (des
Grabens) ragte ein Stein heraus, den wir mit
unseren Schaufeln nicht wegräumen konnten. Wir
gingen daher zum Gesandten Gottes, um uns einen
Rat zu holen. Er nahm die Schaufel und sagte:
‚Im Namen Gottes.’ Dann schlug er auf ihn und
sagte dabei: ‚Gott ist der Größte, mir wurden die
Schlüssel von Asch-Scham (Großsyrien) gegeben.
Bei Gott, ich kann in diesem Augenblick dessen
rote Paläste sehen.’ Beim zweiten Schlag sagte er:
‚Gott ist der Größte, mir wurde Persien gegeben.
Bei Gott, ich kann schon den weißen Palast von
Mada’in sehen.’ Und als er den Stein zum dritten
Mal schlug, sagte er: ‚Im Namen Gottes’ und
zerschmetterte den Rest des Steines. Dann sagte
er: ‚Gott ist der Größte. Mir wurden die Schlüssel
des Jemen gegeben. Bei Gott, ich kann die Tore
von Sanaa sehen, während ich hier stehe.’“ (23)

Der Prophet Muhammad stellte die erstaunliche Behauptung auf, dass


die Muslime nicht nur die Länder Großsyrien und Jemen, die sich
größtenteils unter römischer Besatzung befanden, einnehmen, sondern
auch das mächtige Perserreich, eine der damaligen Großmächte,
besiegen würden. Innerhalb von nur einigen Jahrzehnten nach dem
Tod des Propheten Muhammad gingen alle diese Prophezeiungen
in Erfüllung. Wie groß waren die Chancen, dass die Muslime, die
zahlenmäßig unterlegen waren und denen die ökonomische, militärische
und politische Stärke fehlte, die Großmächte der Welt in so kurzer Zeit
umstürzen konnten?

81
SCHLUSSFOLGERUNG
Wenn man die Prophezeiungen aus dem Qur’an und den Hadithen
mit denen von Nostradamus vergleicht, ist es, als würde man Tag und
Nacht miteinander vergleichen. Wie wir bereits gesehen haben, sind die
Prophezeiungen im Qur’an und in den Hadithen klar. Wir haben uns
nur eine Handvoll von Beispielen angesehen; Qur’an und Hadithe sind
jedoch voll von solchen Zukunftsprophezeiungen, die entweder bereits
in Erfüllung gegangen sind oder sich heutzutage vor unseren Augen
bewahrheiten. Reiner Wahrscheinlichkeit nach ist es unmöglich, solche
Ereignisse, die mehrere Völker und Zeiträume, von denen sich viele
außerhalb des Einflussbereichs der Muslime befanden, umfassen, ohne
einen einzigen Fehler genau zu erraten. Das ist ein starker Beweis dafür,
dass der Autor des Qur’ans, der den Propheten Muhammad inspiriert
hat, das Verborgene kennt.
Es ist auch wichtig zu beachten, dass diese Prophezeiungen nicht der
Unterhaltung dienen; sie haben einen edlen Zweck. Für die Gläubigen
haben sie eine spirituelle Bedeutung: Viele von ihnen beziehen sich auf
die Zeichen des bevorstehenden Jüngsten Gerichts. Dadurch erinnern
sie die Muslime daran, dass uns jede erfüllte Prophezeiung jenem
folgenschweren Augenblick, in dem wir vor unserem Schöpfer stehen
werden, einen Schritt näher bringt. Für die Nichtgläubigen sind sie ein
Zeichen und stellen einen Beweis dafür dar, dass nicht nur der Qur’an,
sondern auch die prophetische Inspiration Muhammads von Gott sind.

82 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Qur`an
enthüllt …
Wie wir im vorangegangenen Kapitel gesehen haben, macht der Qur’an
genaue Vorhersagen über die Zukunft. Es ist eine Sache, Behauptungen
über Zukunftsereignisse aufzustellen. Etwas ganz anderes ist es jedoch,
versteckte Daten über ein Ereignis aus der Vergangenheit zu enthüllen,
wenn Details darüber im Laufe der Geschichte bereits verloren
gegangen sind. Dies ist eigentlich viel schwieriger: Wenn man sich
mit der Geschichte beschäftigt, dann beschäftigt man sich mit etwas,
das bereits geschehen ist und kann die Ereignisse daher nicht mehr
beeinflussen.
Schauen wir uns ein Beispiel an. Jemand könnte behaupten, dass eines
Tages ein König namens Arthur in einer bestimmten Stadt zur Welt
kommen wird. Einhundert Jahre später scheint sich diese Voraussage zu
bewahrheiten – ein Prinz wird in genau dieser Stadt geboren, seine Eltern
geben ihm den Namen Arthur, und er wird tatsächlich ein bedeutender
König. Hatte die Person, die das voraussagte, die Möglichkeit, in die
Zukunft zu sehen? Nicht unbedingt, weil diese bestimmte Vorhersage
auf viele verschiedene Arten erklärt werden kann, die keine Kenntnisse
über das Unsichtbare erfordert. Es kann reiner Zufall sein. In jeder
Generation werden königliche Babys geboren. Vorausgesetzt, man hat
genug Zeit und genug Prinzen, ist es nur eine Frage der Zeit, wann
unter ihnen ein großer König aufkommt. Eine andere Erklärung dafür
wäre, dass dem Babyprinzen absichtlich der Name Arthur gegeben
wird, weil die Eltern über die Prophezeiung Bescheid wissen und darauf
hoffen, dass er ein großer König wird. Das nennt man eine „sich selbst
erfüllende“ Prophezeiung. Eine Vorhersage, die ihre eigene Erfüllung
direkt oder indirekt verursacht. Vergleichen Sie nun dieses Szenario mit
einer Enthüllung von Informationen aus der Vergangenheit. Jemand
könnte sagen, dass König Arthur, ein legendärer König, der angeblich
vor Hunderten von Jahren gelebt hat und für dessen Existenz es keine

83
physischen Beweise gibt, an einem bestimmten Ort begraben wurde.
Wenn man dann genau an dieser Stelle eine königliche Grabstätte
finden sollte, die den Namen Arthur trägt und Details aufweist, die den
Geschichten über ihn entsprechen, dann wäre das tatsächlich einem
Wunder ähnlich: Im Unterschied zu Zukunftsprophezeiungen gibt
es überhaupt keine Möglichkeit, Ereignisse aus der Vergangenheit
zu beeinflussen. Da diese Behauptung Details enthält, die sogar den
Arthur-Experten unbekannt sind, wäre dies ein besserer Beweis dafür,
dass man Wissen über das Unsichtbare besitzt.
Der Qur’an enthüllt Wissen über das alte Ägypten, das für die
Menschheit Jahrtausende lang verloren war. Der Qur’an stellt eine
historische Behauptung über die Titel der Führer des alten Ägypten auf,
besonders über das ägyptische Wort Pharao. Fortschritte in unserem
Verständnis der uralten ägyptischen Hieroglyphen haben gezeigt, dass
die Verwendung des Begriffes Pharao im Qur’an genau richtig ist.
Das Wort Pharao ist ein Titel, der von dem ägyptischen Ausdruck per-
aa stammt, was wörtlich großes Haus bedeutet und den königlichen
Palast beschreibt. Historisch gesehen, begann man jedoch den Begriff
Pharao erst viel später in der Geschichte Ägyptens als Titel für den
König zu verwenden, nämlich während der Periode des Neuen Reichs.
(24)
Dies ist ein Ausschnitt aus dem Buch Ägyptische Hieroglyphen, das
vom Britischen Museum herausgegeben wurde:

Das übliche Wort für König, dem wir bereits oben begegnet sind, ist nswt oft
abgekürzt als . Hier sind einige andere Bezeichnungen mit ihren üblichen Übersetzu-
ngen:

ḥm „Majestät“

ı͗ ty „Herrscher“

nb „Herr“

pr- ʿʒ „großes Haus“ (=Pharao, verwendet ab dem Neuen Reich)

Desgleichen bestätigt das Wörterbuch des Britischen Museums für das


Alte Ägypten unter der Eintragung Pharao, dass dieser Begriff erst in
der Periode des Neuen Reichs als Bezeichnung für den König verwendet

84 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Qur`an enthüllt …

wurde:
„Pharao: Begriff, der regelmäßig von modernen
Autoren als Bezeichnung für den ägyptischen
König verwendet wird. Das Wort ist die griechische
Form des altägyptischen Ausdrucks per-aa (das
große Haus), das sich ursprünglich eher auf den
königlichen Palast bezog als auf den König. Das
große Haus war für die Besteuerung der kleineren
Häuser (perw), wie zum Beispiel Tempelländereien
und Privatgrundstücke, zuständig. Erst seit dem
Neuen Reich (1550-1069 v.Chr.) wurde der Begriff
als Bezeichnung für den König verwendet.“ (25)

ZEITLEISTE DER ANTIKEN ÄGYPTISCHEN GESCHICHTE


Die ägyptische Geschichte wird üblicherweise in Perioden eingeteilt, die
ungefähr den dreißig Königsdynastien entsprechen, die von Manetho,
einem ägyptischen Geschichtsschreiber aus dem 3. Jahrhundert v.u.Z.,
aufgelistet wurden. Ich habe einige dieser Daten aus dem Werk Eine
Geschichte des antiken Ägyptens (A History of Ancient Egypt) von
Nicolas Grimal (26) zusammengefasst:

Dynas- Daten Periode Einige königliche


tien v.u.Z. Namen, die mit dieser
(ungefähr) Periode verbunden sind
3-6 2700-2200 Altes Reich Djoser, Snofru, Khufu
(Cheops), Chafre
(Chephren), Menkauhor,
Teti, Pepi
7-11 2200-2040 Erste Neferkare, Mentuhotep,
Zwischenzeit Antef
11 & 12 2040-1674 Mittleres Amenemhat, Sesostris,
Reich Dedumesiu
13 - 17 1674-1553 Zweite Salitis, Yaqub-Har, Kamose,
Zwischenzeit Seqenenre, Apophis

85
18 - 20 1552-1069 Neues Ahmose, Amenhotep
Reich (Amenophis), Tuthmose
(Thutmosis), Hatschepsut,
Echnaton (Amenophis IV),
Tutanchamun, Horemheb,
Seti (Sethos), Ramses,
Merenptah

WÄHREND WELCHER PERIODEN LEBTEN JOSEPH UND


MOSES IN ÄGYPTEN?

Professor Emeritus für Ägyptologie, Kenneth Kitchen, ist der Ansicht,


dass Joseph im Laufe der Zweiten Zwischenzeit (1674-1553 v.u.Z.) nach
Ägypten kam. (27) Andere Wissenschaftler schätzen jedoch, dass der
Auszug von Moses aus Ägypten später stattfand. Sie ordnen ihn der
Periode des Neuen Königreichs zu. Dem Wörterbuch der Eigennamen
und Orte in der Bibel zufolge: „Moses’ Laufbahn beginnt ca. im
Jahr 1250 [v.u.Z.], dem Jahr, das allgemein als das Jahr des
Auszugs akzeptiert wird.“ (28)

In ähnlicher Weise beschreibt die Encyclopaedia Judaica Moses als:


„Führer, Prophet und Gesetzgeber.“ (erste Hälfte des 13.
Jahrhunderts v.u.Z.). (29)

ZUSAMMENFASSUNG

Die nachstehende Tabelle fasst die Diskussion über die Benutzung des
Begriffes Pharao in Ägypten zusammen und enthält die Zeiträume, in
denen Joseph und Moses nach Ägypten kamen.

86 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Qur`an enthüllt …

Dynas- Daten Periode Patriarch


tien v.u.Z.
(unge-
fähr)
13 - 17 1674- Zweite Jakob, Joseph
1553 Zwischen-
zeit
18 - 20 1552- Neues Reich Pharao wird ca. 1352-1348
1069 v.u.Z. zum ersten Mal für den
König verwendet

Moses wird zu Beginn des 13.


Jahrhunderts v.u.Z. geboren

DER QUR’AN
Der Qur’an ist voll mit Geschichten über vergangene Völker. Er möchte
uns zum Nachdenken über die Geschichte bringen und uns so demütig
machen und die Überheblichkeit bezüglich unseres eigenen Volkes
abbauen. Macht kommt und geht, und da wir nicht ewig hier sein
werden, müssen wir demütig sein. Ein weiterer Vorteil davon, sich mit
der Geschichte zu beschäftigen, ist, dass wir aus den Fehlern anderer
lernen.

Der Qur’an berichtet in verschiedenen Kapiteln über die ägyptischen


Herrscher:
- Der Qur’an verwendet den Titel König, wenn er
über den Herrscher zu Josephs Zeiten spricht. Er
wird kein einziges Mal als Pharao bezeichnet.

- Der Qur’an bezeichnet den Herrscher zu Moses


Zeiten mehrmals als Pharao. Er wird niemals
König genannt.

Der Gebrauch dieser Wörter im Qur’an entspricht daher unseren


geschichtlichen Kenntnissen über den Bedeutungswandel des Wortes

87
Pharao. Erstaunlicherweise waren diese historischen Fakten zur
Zeit der Offenbarung des Qur’ans im 7. Jahrhundert nicht bekannt:
Menschliches Wissen über die ägyptischen Hieroglyphen war längst
abhandengekommen. Die einzige zur Verfügung stehende Quelle der
religiösen Geschichte waren die biblischen Erzählungen, die im Umlauf
waren. Einige Qur’an-Kritiker behaupten, dass die Erzählungen im
Qur’an über Propheten, wie zum Beispiel Moses und Joseph, aus der
Bibel abgeschrieben wurden. Das kann aber nicht der Fall sein: Die
Bibel verwendet irrigerweise den Titel Pharao für die ägyptischen
Herrscher in den Erzählungen über Moses, Joseph und sogar schon
Abraham.

Der Qur’an hat als einziger ein geschichtlich richtiges Verständnis über
das antike Ägypten. Die arabischen Gelehrten Dhul-Nun al-Misri und
Ibn Wahschiyya waren unter den ersten Geschichtswissenschaftlern,
die die ägyptischen Hieroglyphen teilweise übersetzen konnten. (30) Sie
lebten über 200 Jahre nach der Offenbarung des Qur’ans. Jedoch erst
nach der Entdeckung des Steins von Rosette im Jahre 1822, mehr als
1000 Jahre nach der Offenbarung des Qur’ans, konnte der französische
Orientalist Jean-Francois Champollion die Hieroglyphen entziffern.

88 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Qur’an
kann nicht nach-
geahmt werden
Der Qur’an fordert die Menschheit heraus: „Und wenn ihr im
Zweifel über das seid, was Wir Unserem Diener offenbart haben,
dann bringt doch eine Sura [Kapitel] gleicher Art bei und ruft
eure Zeugen außer Allah, wenn ihr wahrhaftig seid!“ (2:23)

Das vielleicht größte Wunder des Qur’ans ist die Tatsache, dass er nicht
nachgeahmt werden kann. Diese göttliche Herausforderung ist über
1400 Jahre lang unbewältigt geblieben. Der Qur’an stellt die kühne
Behauptung auf, dass kein menschliches Wesen imstande sei, ein einziges
Kapitel hervorzubringen, das ihm gleich ist, auch wenn wir alle einander
dabei helfen würden. „Sag: Wenn sich die Menschen und die Dschinn
[Geisterwesen] zusammentäten, um etwas beizubringen, was
diesem Qur’an gleich wäre, sie brächten nicht seinesgleichen
bei, auch wenn sie einander Beistand leisten würden.” (17:88)

Eine Analogie ist vielleicht der beste Weg, das Ausmaß dieser
Herausforderung zu verstehen. Leonardo da Vinci wird als der größte
Maler aller Zeiten betrachtet. Eines seiner Meisterwerke, die Mona Lisa,
ist weit und breit als das großartigste Gemälde von allen anerkannt. Stellen
Sie sich nun vor, Sie würden herausgefordert, ein solches Gemälde zu
erschaffen. Sie müssen nicht nur ein Werk hervorbringen, das die Mona
Lisa übertrifft, sondern Sie müssen es bei Ihrem ersten öffentlichen
Versuch schaffen. Außerdem muss es von den Kunsthistorikern als das
beste, im Vergleich zu allen anderen jemals erschaffenen Kunstwerken
anerkannt werden. Darüber hinaus muss es zukunftssicher sein: Es
kann von niemandem übertroffen werden. Wie wir sehen werden, ist

89
genau das dem Qur’an im Bereich der arabischen Literatur gelungen.

DIE ART DER HERAUSFORDERUNG


Den klassischen Qur’an-Wissenschaftlern zufolge fordern diese Verse
in waghalsiger Weise die linguistischen und literarischen Experten
aller Zeiten auf, die linguistischen und literarischen Eigenschaften des
Qur’ans nachzuahmen. (31) Die Mittel, die sie benötigen, um diese
Herausforderung zu bewältigen, sind die begrenzten grammatischen
Regeln und die 28 Buchstaben des arabischen Alphabets. Das sind die
objektiven und unabhängigen Maßgaben, die für alle gelten.
Was genau bedeutet es also, sich dieser Herausforderung zu stellen?
Viele Menschen verstehen die Herausforderung falsch: Viele nehmen
an, dies bedeute bloß, etwas zu schreiben, das so „gut“ ist wie der
Qur’an. Deswegen weisen viele Skeptiker darauf hin, dass Urteile
über den literarischen Wert höchst subjektiv sind. Diese Bemerkung ist
angemessen. Wenn jemand behauptet, dass eine bestimmte Auswahl an
Gedichten oder Prosa besser ist als der Qur’an, wer kann das bestreiten?
Ist das denn nicht schlussendlich eine Frage der persönlichen Vorlieben
und des Geschmacks?
Die Herausforderung des Qur’ans bedeutet jedoch nicht, bloß etwas
zu schreiben, das den gleichen literarischen Wert hat. Es wird vielmehr
verlangt, dass man einen zumindest vergleichbaren literarischen Wert
erreicht und dabei den besonderen Stil des Qur’ans beibehält. Es ist
möglich, den Stil des Qur’ans oberflächlich zu kopieren, aber alle
Versuche seit der Zeit des Propheten Muhammad bis heute stellten sich
als unzulänglich heraus, was die literarische Vortrefflichkeit betrifft.
Es ist auch möglich, dass eine Person, die auf Arabisch schreibt,
eine hohe Stufe literarischer Vortrefflichkeit erreicht und in äußerst
bewegenden Gedichten und Prosawerken die edelsten Gedanken und
Gefühle vermittelt – aber niemand hat dies in dem einzigartigen Stil
des Qur’ans getan. Der Qur’an ist so einzigartig, dass er ein ganz neues
Genre der arabischen Literatur erschuf, wobei er innerlich konsistent
blieb und seinen einzigartigen Stil beibehielt. Der angesehene britische
Orientalist Arthur J. Arberry meint: „Der Qur’an ist weder Prosa
noch Poesie, sondern eine einzigartige Verschmelzung beider.“

90 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Qur’an kann nicht nachgeahmt werden

Das ist dann die harte Prüfung: Schreibt etwas im genau gleichen Stil
wie der Qur‘an und bringt dabei etwas von ähnlichem literarischen Wert
hervor. Wie können wir die Ergebnisse bewerten? Das bringt uns zum
zweiten Teil der Herausforderung: Man muss seine Zeugen bringen,
Experten im Bereich der arabischen Literatur, um die Qualität des
Werkes zu bezeugen und nicht einfach eine unbeglaubigte Behauptung
aufstellen: „(...) dann bringt doch eine Sura [Kapitel] gleicher
Art bei und ruft eure Zeugen außer Allah, wenn ihr wahrhaftig
seid!“ (2:23)
DER GESCHICHTLICHE KONTEXT
Eine Herausforderung ergibt nur dann Sinn, wenn es Individuen gibt,
die fähig sind, sie zu bewältigen. Aus diesem Grund ist es wesentlich,
den historischen Zusammenhang der Offenbarung des Qur’ans zu
beachten. Die Araber betrachteten sich selbst als Meister der arabischen
Sprache und werden bis heute von Historikern und Linguisten als
solche angesehen.
Das folgende Zitat des Dichters Ibn Raschiq aus dem 11. Jahrhundert
veranschaulicht, wie groß die Bedeutung der Sprache zu der Zeit war:

„Immer wenn in einem arabischen Stamm ein


Dichter aufkam, kamen andere Stämme, um
zu gratulieren, Festmähler wurden zubereitet,
die Frauen spielten gemeinsam Laute, wie sie
es bei Hochzeiten taten, und alte und junge
Männer freuten sich über die gute Neuigkeit. Die
Araber gratulierten einander üblicherweise nur
zur Geburt eines Kindes und wenn ein Dichter
auftauchte.“ (33)

Der Gelehrte des 9. Jahrhunderts Ibn Qutaiba definierte die Dichtkunst,


so wie Araber sie sahen: „Die Grube des Wissens der Araber, das
Buch ihrer Weisheit, der wahre Zeuge am Tag des Konflikts,
der endgültige Beweis zur Zeit der Auseinandersetzung.“ (34)
Ibn Khaldun, ein bedeutender Wissenschaftler des 14. Jahrhunderts,
machte die folgende Bemerkung über die Wichtigkeit der Dichtkunst
im Leben der Araber:

91
„Man sollte wissen, dass die Araber die Dichtkunst
als Sprachform hoch schätzten. Sie machten sie
daher zum Archiv ihrer Geschichte, zum Beweis
dazu, was sie für richtig und falsch hielten, und
zum wichtigsten Bezugspunkt für den größten Teil
ihrer Wissenschaft und Weisheit.“ (35)

Navid Kermani, Schriftsteller und Islamwissenschaftler, erklärt in


welchem Ausmaß die Araber studieren mussten, um die arabische
Sprache zu beherrschen. Er ist der Meinung, dass die Araber des 7.
Jahrhunderts in einer Welt lebten, die die Dichtkunst beinahe anbetete:

„Die alte arabische Poesie ist ein höchst komplexes


Phänomen. Der Wortschatz, die grammatischen
Eigenarten und strenge Normen wurden von
einer Generation an die nächste weitergegeben,
und nur die begabtesten Schüler beherrschten
die Sprache. Man musste jahrelang, manchmal
sogar jahrzehntelang, bei einem Meisterdichter
studieren, bevor man den Titel des Dichters
beanspruchen konnte. Muhammad wuchs in einer
Welt auf, die poetische Ausdrucksweise auf eine
fast religiöse Art und Weise verehrte.“ (36)

Angesichts der oben erwähnten Zitate waren die Araber des 7.


Jahrhunderts am besten geeignet, den Qur’an herauszufordern:
Sie hatten den Gipfel der Eloquenz und die Spitze des sprachlichen
Könnens erreicht. Wie wir sehen werden, ist es ihnen allen gemeinsam
nicht gelungen, einen arabischen Text hervorzubringen, der mit den
sprachlichen und literarischen Eigenschaften des Qur’ans vergleichbar
wäre.

WAS WISSENSCHAFTLER ÜBER DEN UNVERGLEICHLI-


CHEN QUR’AN SAGEN
Eine große Zahl von Wissenschaftlern mit westlichem, östlichem,
religiösem und nicht-religiösem Hintergrund hat die Einzigartigkeit
des Qur’ans bezeugt. Es folgt eine Liste von Wissenschaftlern, die der
Ansicht sind, dass der Qur’an nicht nachgeahmt werden kann:

92 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Qur’an kann nicht nachgeahmt werden

Martin Zammit, Professor für Orientalistik, meint: „Trotz der


literarischen Vorzüglichkeit einiger langer vorislamischer
Gedichte befindet sich der Qur’an zweifellos auf einer
eigenen Ebene, als unübertroffene schriftliche Manifestation
der arabischen Sprache.“ (37)
Der Linguistikexperte Professor Hussein Abdul-Raof stellt fest:
„Die Araber hatten zu dieser Zeit den linguistischen Gipfel
der sprachlichen Kompetenz und Wissenschaft, Rhetorik,
Redekunst und Poesie erreicht. Niemand war jedoch in der
Lage, auch nur ein einziges Kapitel zu bieten, das dem Qur’an
ähnlich war.“ (38)
Die angesehene Professorin für Islamwissenschaft und Arabistik
Angelika Neuwirth argumentierte in einem Interview, dass der Qur’an
von niemandem erfolgreich herausgefordert worden sei, weder in der
Vergangenheit noch in der Gegenwart:

„Es ist niemandem gelungen, das ist richtig


(...) Ich glaube tatsächlich, dass der Qur’an die
westlichen Forscher in Verlegenheit gebracht hat,
welche nicht in der Lage waren, zu erklären, wie
es dazu kam, dass in einer Umgebung, wo es keine
nennenswerten schriftlichen Texte gab, plötzlich
der Qur’an auftauchte, mit seinem Reichtum an
Ideen und seinen prächtigen Formulierungen.“
(39)

In seiner Übersetzung des Qur’ans beschreibt N. J. Dawood, ein


jüdischer Wissenschaftler, den Qur’an als literarisches Meisterwerk:

„Der Qur’an ist das früheste und mit Abstand


erlesenste Werk der klassischen arabischen Prosa
(...) Er ist nicht nur als eines der einflussreichsten
prophetischen Bücher anerkannt, sondern auch
als ein literarisches Meisterwerk.“

Der französische Wissenschaftler Paul Casanova staunt über die


Sprache des Qur’ans:
„Immer wenn von Muhammad ein Wunder

93
verlangt wurde, als Beweis für die Echtheit seiner
Mission, gab er die Komposition des Qur’ans und
seine unvergleichliche Vortrefflichkeit an, was
dessen göttliche Herkunft beweisen sollte. Und
in der Tat; Auch für Nicht-Muslime ist nichts so
erstaunlich wie seine Sprache mit solch einer
begreiflichen Fülle und packendem Wohlklang (...)
Die Reichlichkeit seiner Silben, der eindrucksvolle
Tonfall und der bemerkenswerte Rhythmus waren
ein wichtiger Impuls bei der Bekehrung der
größten Feinde und Skeptiker.“ (41)

Labid Ibn Rab’iah, einer der berühmten Dichter der Sieben Preisgedichte
(Al-Mu’allaqat: die sieben Preisgedichte der Araber), konvertierte zum
Islam wegen der Einzigartigkeit des Qur’ans. Als er sich zum Islam
bekehrte, hörte er auf, Gedichte zu schreiben. Die Menschen waren
überrascht, da er „ihr herausragendster Dichter“ (42) gewesen
war. Sie fragten ihn, warum er aufgehört hatte, Gedichte zu schreiben,
und er antwortete: „Was! Sogar nach der Offenbarung des
Qur’ans?“ (43)

Schließlich stellt der hochgelobte Professor und Arabist Hamilton Gibb


fest:
„Wenn der Qur’an sein eigenes [Muhammads]
Werk wäre, könnten ihm andere gleichkommen.
Lasst sie zehn solche Verse hervorbringen. Wenn
sie es nicht können (und es ist offensichtlich, dass
sie es nicht können), dann lasst sie den Qur’an
als ein außerordentliches, erwiesenes Wunder
akzeptieren.“ (44)

WISSENSCHAFTLICHE AUSEINANDERSETZUNGEN
Ein Beispiel für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem
Thema findet sich im Werk des viel gepriesenen deutschen Orientalisten
Theodor Nöldeke. Nöldeke war ein akademischer Kritiker der
sprachlichen und literarischen Eigenschaften des Qur’ans und wies
die Behauptung zurück, dass der Qur‘an nicht nachgeahmt werden
kann. Er bemerkt zum Beispiel: „Die grammatischen Personen im

94 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Qur’an kann nicht nachgeahmt werden

Qur’an verändern sich gelegentlich auf eine ungewöhnliche und


unschöne Art und Weise.“ (45)

Seine Kritik bringt jedoch die Kraftlosigkeit dieses Argumentes ans


Licht. Die sprachliche Eigenschaft des Qur’ans, auf die sich Nöldeke
bezieht, ist tatsächlich ein wirkungsvolles rhetorisches Mittel der
arabischen Sprache, das Iltifat – grammatische Verschiebungen -
genannt wird. Dieses Stilmittel verbessert den literarischen Ausdruck
des Textes. Es ist ein anerkannter, genau erforschter Teil der arabischen
Rhetorik (46). Hinweise darauf finden sich in den Werken von al-Athir,
Suyuti und Zarkashi (47), die die arabische Rhetorik behandeln.

Die Hauptfunktion dieser Veränderungen ist die Verschiebung des


Schwerpunktes, wodurch dem Leser ein bestimmtes Thema ins
Bewusstsein gebracht und der Stil des Textes verbessert wird (48).
Das bewirkt unter anderem Variationen und Gegensätze im Text, um
Rhythmus und Fluss zu erzeugen und die Aufmerksamkeit des Lesers
auf eine dramatische Art und Weise aufrechtzuerhalten (49). Beispiele
der grammatischen Verschiebungen beinhalten: Änderung der Person,
Änderung der Zahl, Änderung des Adressaten, Änderung der Zeitform
und die Verwendung eines Substantivs anstelle eines Pronomens (50).

Das 108. Kapitel des Qur’ans Al-Kawthar, „Der Überfluss“, ist ein gutes
Beispiel für die Anwendung dieser grammatischen Verschiebungen:

„Wir haben dir [o Muhammad] ja al-Kawthar


gegeben.

So bete zu deinem Herrn und opfere.

Gewiss, derjenige, der dich hasst, - er ist vom


Guten abgetrennt.“ (Kapitel 108)

In diesem Kapitel wechselt die erste Person Plural „Wir“ zur zweiten
Person „dein Herr“. Diese Änderung stellt keine abrupte Verschiebung
dar; sie ist geplant und betont die intime Beziehung zwischen Gott
und dem Propheten Muhammad. „Wir“ wird benutzt, um die
göttliche Größe, Stärke und Macht hervorzuheben. Diese Wahl des
Personalpronomens betont die Tatsache, dass Gott die Kraft und

95
Fähigkeit besitzt, Muhammad „den Überfluss“ zu gewähren und
macht darauf aufmerksam. „Dein Herr“ wurde verwendet, um auf
Vertrautheit, Liebe und Nähe hinzuweisen. Die Worte „dein Herr“
haben eine Reihe von Bedeutungen, wie zum Beispiel ‚Gebieter’,
‚Versorger’ und ‚jemand, der sich kümmert’. Dieser Sprachgebrauch ist
geeignet, da es hier um Gebet, Opfer und Anbetung geht: „So bete zu
deinem Herrn und opfere.“ Darüber hinaus hat dieses Kapitel den
Zweck, den Propheten Muhammad zu trösten: Die Verwendung dieser
vertraulichen Sprache ist beruhigend.

Nöldekes Kritik am Qur’an war also nicht nur ein persönliches


Werturteil, sondern zeigte auch sein beschränktes Verständnis der
klassischen arabischen Sprache. Diese grammatischen Verschiebungen
tragen zum dynamischen Stil des Qur’ans bei. Sie sind deutliche
Stilmerkmale und eine anerkannte rhetorische Methode. Der Qur’an
verwendet diese Merkmale auf eine dem Text entsprechende Art
und Weise und verstärkt dabei die Wirkung der Botschaft, die er
vermittelt. Es überrascht nicht, dass Professor Neal Robinson in seinem
Buch Entdeckung des Qur’ans: Eine zeitgenössische Annäherung an
einen verschleierten Text (Discovering the Qur’an: A Contemporary
Approach to a Veiled Text), zu dem Schluss kam, dass die grammatischen
Verschiebungen im Qur’an „ein sehr wirkungsvolles rhetorisches
Mittel sind.“ (51)

SCHLUSSFOLGERUNG
Der Qur’an stellt den Gipfel der arabischen Eloquenz dar. Der Qur’an
erhebt den Anspruch, göttlichen Ursprungs zu sein, indem er seine
Sprache hervorhebt und die Menschen vor die Herausforderung stellt,
auch nur das kürzeste Kapitel nachzuahmen. Bestimmt sollte ein
menschliches Wesen mit ähnlicher oder gleicher literarischer Begabung
wie der Autor des Qur’ans in der Lage sein, ein ähnliches Kapitel
hervorzubringen. Seit der Offenbarung des Qur’ans vor über 1400
Jahren haben viele versucht, sich dieser Herausforderung zu stellen,
und sind dabei gescheitert, und das, obwohl sie das eigentliche Modell,
den Qur’an selbst, zur Verfügung hatten, um sich an ihm zu orientieren.
Wenn der Stil des Qur’ans von keinem Menschen nachgeahmt werden
kann, sollten wir über seine Herkunft nachdenken.

96 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf
die Gesellschaft
Vor dem Islam war die Welt voller Unterdrückung und Ungerechtigkeit.
Das vorislamische Arabien war ein schrecklicher Ort zum Leben. Die
Araber waren ein unmoralisches Volk. Sklaverei war eine ökonomische
Institution. Männliche und weibliche Sklaven wurden ge- und verkauft
wie Tiere. Sie stellten die niedrigste Schicht der arabischen Gesellschaft
dar. Analphabetismus war üblich unter den Arabern, ebenso wie
Alkoholismus und Ehebruch. Diejenigen, die Macht und Geld besaßen,
nutzten die Armen aus, indem sie 100 Prozent Zinsen auf Geldanleihen
berechneten. Arabien war eine von Männern dominierte Gesellschaft.
Männer konnten eine beliebige Anzahl von Frauen heiraten. Wenn ein
Mann starb, erbte der Sohn alle Frauen, außer seiner eigenen Mutter.
Frauen hatten praktisch keinen gesetzlichen Status. Sie hatten kein
Recht auf Eigentum und besaßen praktisch kein Erbrecht. Weiblicher
Kindesmord war weit verbreitet: Töchter wurden oft lebendig begraben.
Ich denke, es ist verständlich, warum diese Periode der arabischen
Geschichte vor dem Anbruch des Islams als die „Zeit der Unwissenheit“
bekannt ist!

Können Sie sich vorstellen, die Aufgabe zu bekommen, so eine


Gesellschaft zu reformieren? Überlegen Sie mal, wie viel Zeit ein
Mensch brauchen würde, um alle diese gesellschaftlichen Missstände zu
beheben. Ein ganzes Leben? Womöglich mehrere Generationen? Sie
mögen es sogar als eine unmögliche Aufgabe betrachten. Um Ihnen
das Ausmaß dieser Herausforderung zu verdeutlichen, sehen wir uns
einen Versuch in der jüngeren Geschichte des Westens an, nur eines
dieser gesellschaftlichen Übel auszurotten: den Alkoholismus. 1920
verabschiedete die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ein
landesweites Gesetz, das aus moralischen und medizinischen Gründen
Verkauf, Produktion, Import und Transport von alkoholischen
Getränken verbot. Diese Ära ist im Allgemeinen als Prohibition bekannt.

97
Obwohl der Alkoholkonsum in der ersten Phase des Verbots zurückging,
nahm er anschließend wieder zu und führte zu anderen Problemen,
wie Korruption und organisiertes Verbrechen. Das Gesetz wurde 1933
außer Kraft gesetzt. Das Scheitern einer der mächtigsten Regierungen
der Welt, ein einziges gesellschaftliches Übel zu bewältigen, sollte uns
dazu bringen, über den Qur’an nachzudenken. Dem Qur’an gelang es,
nicht nur den Alkoholismus, sondern alle Missstände der arabischen
Gesellschaft in nur einer Generation zu beheben. Es dauerte nur 23
Jahre! Das war eine Revolution in der Welt, die ihresgleichen sucht.

Sie mögen nun denken, dass dieses gesellschaftliche Übel in Arabien


eine Folge des stammesspezifischen Charakters der Gesellschaft und
der harten Lebensumstände in der Wüste war. Tatsächlich waren
jedoch die Großmächte dieser Zeit, das byzantinische und das persische
Kaiserreich, genauso ungerecht und repressiv. Papst Gregor I, das
Oberhaupt der katholischen Kirche und ein Zeitgenosse Muhammads,
sagte:

„Welche Freude gibt es nun, frage ich, hienieden?


Überall sehen wir Streit; Felder sind entvölkert,
das Land ist zur Einöde zurückgekehrt (...) Und
doch nehmen die göttlichen Schicksalsschläge kein
Ende, da diejenigen, die der bösen Handlungen
schuldig sind, unbestraft bleiben.“ (52)

Papst Gregor bezog sich auf die Unterdrückung und die


Gewaltherrschaft, die er seitens der germanischen Lombarden erlebte.
Er beklagte die erbärmlichen Umstände, die in seiner Welt, der Stadt
Rom, herrschten. Der Papst war mit seiner Trauer nicht alleine. Fast
jede Gesellschaft der Welt erlebte eine Form von Unterdrückung
und Ungerechtigkeit. Orthodoxe Christen in Syrien erlebten
heftige Verfolgung wegen ihrer Differenzen mit der herrschenden
byzantinischen Kirche. Auch die ägyptische koptische Kirche wurde
von den Byzantinern verfolgt. Die Juden in Spanien waren durch das
Vorgehen der katholischen Kirche vom Aussterben bedroht.

Vor diesem Hintergrund wurde der Qur’an offenbart, der nicht


nur Arabien, sondern auch den Rest der Welt umwandelte. Einer
der Gründe für die Offenbarung des Qur’ans war es, die Menschen

98 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf die Gesellschaft

aus diesem Zustand der Verderbtheit herauszuholen. Der Qur’an


verkündete laut und deutlich:

„Alif-Lam-Ra. Dies ist ein Buch, das Wir zu dir [o


Muhammad] hinabgesandt haben, damit du die
Menschen mit der Erlaubnis ihres Herrn aus den
Finsternissen hinaus ins Licht bringst, auf den Weg des
Allmächtigen und Lobenswürdigen.“ (14:1)

Friede und Gerechtigkeit wurden nicht nur den Arabern gebracht. Die
ganze Welt erntete die Früchte dieses göttlichen Segens. Wie wir sehen
werden, brachten der Friede und die Gerechtigkeit, die aus dem Islam
entsprangen, einige der zivilisiertesten Gesellschaften in der Geschichte
der Menschheit hervor.
WIE DER QUR’AN DER WELT GERECHTIGKEIT BRACHTE

Wie gingen der Qur’an und die ersten Muslime beim Reformieren der
Gesellschaft vor? Dazu die Aussage von Dscha’far bin Abi Talib, einem
Zeitgenossen des Propheten Muhammad. Er informiert den König von
Abessinien über den Zustand seines Volkes und den positiven Wandel,
den der Islam ihnen gebracht hat:

„O König! Wir waren unwissende Menschen, und


wir lebten wie wilde Tiere. Die starken unter uns
lebten vom Raub an den Schwachen. Wir gehorchten
keinem Gesetz, und wir achteten keine Herrschaft,
die frei von brutaler Gewalt war. Wir beteten
Götzen aus Stein oder Holz an, und wir wussten
nichts von der menschlichen Würde. Und dann hat
Gott in seiner Barmherzigkeit seinen Gesandten zu
uns geschickt, der einer von uns war. Wir wussten
über seine Wahrhaftigkeit und Rechtschaffenheit
Bescheid. Sein Charakter war vorbildlich. Er
lud uns zur Anbetung des einen Gottes ein, und
er verbot uns, Götzen zu verehren. Er ermahnte
uns, die Wahrheit zu sagen und die Schwachen,
die Armen, die Bescheidenen, die Witwen und
die Waisen zu schützen. Er befahl uns, die Frauen
zu respektieren und sie nie zu verleumden. Wir

99
gehorchten ihm und folgten seinen Lehren.“ (53)

Das arabische Volk wurde innerhalb von einigen Jahrzehnten


umgewandelt und wurde zum Fackelträger einer neuen Zivilisation
- einer Zivilisation, die den Verlauf der menschlichen Geschichte
für immer verändern würde. Der Prophet Muhammad und seine
Nachfolger befreiten nicht nur ihr eigenes Volk von der Gewaltherrschaft,
sondern auch ihre Nachbarn. Der Qur’an legte fest, dass Muslime den
Unterdrückten helfen müssen, unabhängig davon, wer und wo sie sind:
„Was ist mit euch, dass ihr nicht auf Allahs Weg, und (zwar) für
die Unterdrückten unter den Männern, Frauen und Kindern
kämpft, die sagen: ‚Unser Herr, bringe uns aus dieser Stadt
heraus, deren Bewohner ungerecht sind, und schaffe uns von
Dir aus einen Schutzherrn, und schaffe uns von Dir aus einen
Helfer.’” (4:75)
Muslime hatten daher den Auftrag, den unterdrückten Völkern der Welt
zu helfen. Es ist geschichtlich bewiesen, dass die frühen Muslime die
Bevölkerung Syriens, Ägyptens und Spaniens von der Gewaltherrschaft
befreiten:
i. Syrien wird vom byzantinischen Kaiserreich befreit
Nach dem Tod des Propheten Muhammad, während der Herrschaft des
zweiten Kalifen Umar ibn al-Khattab, begann die muslimische Armee,
das Volk Syriens von den Byzantinern (Römern) zu befreien. Unter den
syrischen Christen gab es verschiedene Konfessionen, wie zum Beispiel
Monophysiten, Jakobiner und Nestorianer. Fast alle von ihnen erlitten
bittere Verfolgung seitens der herrschenden byzantinischen Kirche.
Dionysius von Tell-Mahre, der von 818 bis 845 n.u.Z. jakobinischer
Patriarch war, hielt in einer seiner Aufzeichnungen fest, dass der
byzantinische Kaiser Herakleios eine Armee geschickt hatte, um die
Muslime aus Syrien zu vertreiben und das Land zurückzuerobern. Die
muslimischen Kräfte beschlossen, sich aus den Städten zurückzuziehen,
um auf offenem Feld gegen die Byzantiner zu kämpfen. Während sie
sich zurückzogen, entschieden die Muslime, aus Anständigkeit das von
den syrischen Christen als Tribut erhaltene Geld zurückzuerstatten.
Abu Ubaydah, den Umar zum Anführer der
Araber ernannt hatte, befahl Habib ibn Maslama,

100 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf die Gesellschaft

den Einwohnern von Emesa [das heutige Homs]


den Tribut, den er von ihnen eingetrieben hatte,
zurückzugeben, mit dieser Nachricht: „Wir sind
durch unseren gegenseitigen Eid aneinander
gebunden. Nun werden wir gegen die Römer
kämpfen. Wenn wir zurückkommen, ist dieser
Tribut unser; aber wenn wir geschlagen werden
und nicht zurückkommen, sind wir von unserem
Eid befreit.“ (54)

Das war eine beispiellose Demonstration von Ehrlichkeit und


Gerechtigkeit. Die Nicht-Muslime bezahlten eine Kopfsteuer an den
muslimischen Staat, damit ihr Leben, ihre Religion und ihr Eigentum
unter der Herrschaft der Muslime geschützt waren. In diesem Fall jedoch
wussten die Muslime, dass sie wegen des bevorstehenden Angriffs durch
Herakleios die syrischen Christen möglicherweise nicht beschützen
konnten. Aus diesem Grund wäre es ungerecht gewesen, das Geld zu
behalten, wenn sie die Massen nicht beschützen konnten. Man muss
auch beachten, dass dies im Syrien des 7. Jahrhunderts geschah, wo
Plünderei, Räuberei und Ungerechtigkeit üblich waren. Die Syrer waren
von dem barmherzigen Verhalten der Muslime geschockt. Eine andere
erwähnenswerte Tatsache ist, dass dies in einer christlichen Quelle aus
dem 9. Jahrhundert zu finden ist. Es beweist, dass die Muslime ihre
Macht und das Vertrauen der Christen nicht missbrauchten. Warum
gaben die Muslime den Christen so große Summen zurück? Warum
behielten sie nicht dieses Vermögen, als sie es am meisten brauchten,
während sie sich einer Armee gegenüber sahen, die viel größer war als
ihre eigene? Die Antwort auf alle diese verwirrenden Fragen liegt in der
Tatsache, dass die Muslime Gott gehorchten und seine Vorschriften aus
dem Qur’an befolgten:

„Allah befiehlt euch, anvertraute Güter ihren


Eigentümern (wieder) auszuhändigen und,
wenn ihr zwischen den Menschen richtet, in
Gerechtigkeit zu richten. Wie trefflich ist das,
womit Allah euch ermahnt! Gewiss, Allah ist
Allhörend und Allsehend.“ (4:58)

Die syrischen Christen bevorzugten die muslimische Herrschaft

101
gegenüber den repressiven Byzantinern, da die Muslime Gerechtigkeit
und gute Staatsführung mit sich brachten. Außerdem wurden die
Muslime als Helden empfangen, nachdem sie die byzantinische Armee
geschlagen hatten und nach Syrien zurückkehrten. Dionysios bekräftigt
das:
„So verließen die Araber Damaskus und schlugen ihr
Lager neben dem Fluss Jarmuk auf. Als die Römer auf
das arabische Lager zumarschierten, riefen ihnen alle
Städte und Dörfer, die sich den Arabern ergeben hatten,
Bedrohungen zu. Was die Verbrechen betrifft, die die
Römer während ihres Durchzugs begangen, so sind
diese entsetzlich, und an ihre Hässlichkeit sollte man
sich nicht einmal erinnern (...) Die Araber kamen, von
ihrem großen Sieg ermutigt, nach Damaskus zurück;
und die Damaszener begrüßten sie vor der Stadt und
hießen sie freudig in der Stadt willkommen, und alle
Abkommen und Zusicherungen wurden nochmals
bestätigt.“(55)

Man kann sich nicht vorstellen, dass die Eroberten die Eroberer
„freudig“ willkommen heißen, und doch geschah dies eines Tages in
Syrien.

ii. Ägypten wird vor byzantinischer Verfolgung gerettet


Ähnlich wie Syrien wurde auch Ägypten von Byzantinern regiert.
Die herrschende byzantinische Kirche lehnte jede dogmatische
Meinungsverschiedenheit absolut ab. Die Ägypter waren überwiegend
jakobinische Christen und nicht mit der byzantinischen Version des
Christentums einverstanden. Das hatte heftige Verfolgung seitens der
herrschenden Elite zur Folge. Der bedeutende britische Historiker
und Orientalist Thomas Arnold fasst die Situation folgendermaßen
zusammen:
„Die Jakobiten, die die Mehrheit der christlichen
Bevölkerung darstellten, wurden von den orthodoxen
Anhängern des Hofes sehr grob behandelt und
Demütigungen ausgesetzt, die ihre Kinder bis zur
heutigen Zeit nicht vergessen haben. Einige wurden
gefoltert und danach ins Meer geworfen; viele folgten

102 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf die Gesellschaft

ihrem Patriarchen ins Exil, um den Händen ihrer


Verfolger zu entkommen, während eine große Anzahl
ihre wahren Ansichten hinter einer vorgetäuschten
Akzeptanz des Konzils von Chalcedon verbargen.“(56)

Die Muslime wurden als Befreier begrüßt, als sie in Ägypten ankamen,
angeführt von ’Amr ibn al-’As, der ein Zeitgenosse und enger Freund
des Propheten Muhammad war. Sogar die ägyptischen koptischen
Christen unterstützten ihr Eingreifen. Johannes von Nikiu (690 n.u.Z.),
ein koptischer Bischof in Nikiu (Ägypten) behauptete, dass einer der
Gründe für den muslimischen Erfolg in Ägypten der Hass des Volkes
auf die Byzantiner war und dass die Ägypter sich nicht nur weigerten,
gegen die Muslime zu kämpfen, sondern sie sogar unterstützten:
„Als die Muslime die Kraftlosigkeit der Römer sahen und die
Feindlichkeit der Menschen gegenüber Kaiser Herakleios (...)
wurden sie mutiger und stärker im Krieg (...) Und das Volk
begann, den Muslimen zu helfen.“ (57)

Beachtenswert ist, dass dies zeitgenössische christliche Quellen sind, die


bezeugen, dass die Muslime in ihrem Kampf gegen die byzantinischen
Christen von den ägyptischen koptischen Christen unterstützt wurden.
Wenn die Byzantiner die Massen gerecht behandelt hätten, hätte
die koptische Bevölkerung Ägyptens dann nicht gemeinsam mit den
Byzantinern gegen die Muslime gekämpft? Die tolerante Einstellung
der Muslime und die Grausamkeit der Byzantiner ermöglichten den
schnellen Untergang der Byzantiner im Land des Pharaos.

Wenn die Unterdrückung und das Unrecht der Byzantiner die Norm
für die herrschenden Mächte von damals waren, warum handelten die
Muslime nicht auf die gleiche Art und Weise? Wie in allen anderen
Angelegenheiten im Leben sind die Muslime verpflichtet, nach den
im Qur’an festgelegten Verhaltensregeln zu handeln. Das gilt auch für
den Krieg. Sollten sich Muslime im Krieg befinden, dann müssen sie
auch angesichts erbitterten Widerstands rechtschaffen bleiben. Extreme
Handlungen sind ihnen untersagt: „Und kämpft auf Allahs Weg
gegen diejenigen, die gegen euch kämpfen, doch übertretet nicht!
Allah liebt nicht die Übertreter.“ (2:190)

Beispielsweise ist es den Muslimen nicht erlaubt, unschuldigen

103
Männern, Frauen und Kindern Schaden zuzufügen. Das kann man in
den Anweisungen finden, die der Anführer der muslimischen Armee
und erster Nachfolger des Propheten Muhammad, Abu Bakr, gibt:

„Ich rate euch zehn Dinge: Tötet weder Frauen


noch Kinder noch Alte und Gebrechliche. Fällt
keine Früchte tragenden Bäume. Zerstört keine
bewohnten Orte. Schlachtet keine Schafe oder
Kamele, außer um sie zu verspeisen. Zündet keine
Bienen an und verstreut sie nicht. Stehlt nicht von
der Beute und seid nicht feige.“ (58)

Der Qur’an weist die Muslime auch in Bezug auf Nicht-Muslime, die
nicht gegen sie kämpfen, an:
„Allah verbietet euch nicht, gegenüber denjenigen, die nicht
gegen euch der Religion wegen gekämpft und euch nicht aus
euren Wohnstätten vertrieben haben, gütig zu sein und sie
gerecht zu behandeln. Gewiss, Allah liebt die Gerechten.“
(60:8)
Die Muslime sollten gegen niemanden, der ein friedliches
Zusammenleben wünscht, kämpfen. Alfred J. Butler, dessen Werk
über die arabische Eroberung Ägyptens bis zur heutigen Zeit eine
maßgebende Bezugsquelle geblieben ist, studierte die relevanten
Aufzeichnungen und machte viele tiefgreifende Aussagen über die
Toleranz der islamischen Führerschaft und den Schutz der christlichen
Bevölkerung Ägyptens:

„Nach allem, was die Kopten unter den Römern


und dem Patriarchen Cyrus erlitten hatten, wäre
es nur natürlich gewesen, wenn sie danach gestrebt
hätten, sich an den Melkiten [Römern] zu rächen.
Aber derartige Pläne, wenn sie sie auch hegten,
wurden von ‘Amr [dem muslimischen Eroberer
Ägyptens] aufs Äußerste missbilligt, dessen
Regierung klugerweise tolerant, doch vollkommen
unparteiisch gegenüber den zwei Glaubensformen
war. Viele Tatsachen können angeführt werden, die
diese Behauptung beweisen (...) Man muss sich

104 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf die Gesellschaft

vorstellen, dass die zwei verschiedenen Formen


des Christentums unter dem gleichwertigem
Schutz des Eroberers fortbestanden.“ (59)

Genau das war auch in Syrien geschehen, wie wir im vorangegangenen


Abschnitt gesehen haben. Die Syrer bevorzugten die Herrschaft der
Muslime, genauso wie die Ägypter. Es war die Gerechtigkeit des Islams,
die eine Anziehungskraft auf beide Bevölkerungsgruppen ausübte.
Darüber hinaus hießen die Kopten die Muslime nicht nur willkommen,
sondern erleichterten zudem die Eroberung, indem sie sich den
Eroberern anschlossen.

iii. Spanien wird von der Gewaltherrschaft befreit.


Die Muslime landeten im Jahr 711 u.Z. in Spanien. Viele Quellen
beweisen, dass sie begrüßt wurden, da ihr Ruf ihnen vorauseilte.
Dies geschah wieder einmal wegen der bitteren Verfolgungen, denen
bestimmte Gemeinden ausgesetzt waren. Unter der Herrschaft der
katholischen Kirche wurde besonders die jüdische Gemeinde heftig
unterdrückt. Die katholische Amtskirche in Spanien hielt viele Konzile
ab, um politische und religiöse Konflikte zu lösen. Auf diesen Konzilen
wurden strenge Edikte gegen die spanischen Juden erlassen. Eine der
Klauseln im Text des Sitzungsprotokolls des Vierten Konzils von Toledo
(633 u. Z.) setzt fest:

„Wir beschließen, dass die Söhne und Töchter der


Juden von der Gesellschaft ihrer Eltern getrennt
werden sollen, damit sie nicht weiter in ihre
Abschweifungen verwickelt werden, und entweder
Klöstern oder christlichen, gottesfürchtigen
Männern und Frauen anvertraut werden, damit
sie durch ihre Lebensweise lernen, den Glauben
zu ehren, und durch bessere Erziehung sowohl in
ihrer Moral als auch in ihrem Glauben Fortschritte
machen.“ (60)

Die Kinder der Juden wurden so zwangsweise zum Katholizismus


bekehrt. Die Juden waren nicht die einzigen, die der Tyrannei ausgesetzt
waren, aber sie waren eine leichte Beute: Sie waren eine Minderheit mit

105
einer andersartigen Lebensweise, die sich von der Lebensweise ihrer
christlichen Verfolger unterschied. Als die Muslime also ankamen,
waren die Juden die ersten, die sie als Retter begrüßten. Zion Zohar,
ein jüdisch-amerikanischer Historiker, bestätigt die Dankbarkeit,
die die Juden bei der Ankunft der Muslime empfanden: „Als also
die Muslime 711 aus Nordafrika die Meerenge von Gibraltar
überquerten und in die Iberische Halbinsel einfielen, begrüßten
sie die Juden als Befreier von der christlichen Verfolgung.“ (61)

Das war der Anfang des Goldenen Zeitalters, was die Juden betraf.
Das Verhalten der Muslime in Spanien unterschied sich nicht von
ihrer Handlungsweise in Syrien oder Ägypten. Sie ermöglichten
allen Menschen die freie Ausübung der Religion, ungeachtet aller
Unterschiede. Das war die von den Juden lange erwartete Gelegenheit,
aufzublühen und Fortschritte zu machen. Vor der Ankunft der Muslime
konnten sich die Juden nicht vorstellen, Religionsfreiheit zu haben. Sie
waren durch das Vorgehen der katholischen Kirche vom Aussterben
bedroht. Zion Zohar fasst die Vorteile, die die Juden durch den
muslimischen Schutz erlangten, folgendermaßen zusammen:

„Geboren während dieser Ära der islamischen Herrschaft,


brachte das berühmte Goldene Zeitalter des spanischen
Judentums (ca. 900-1200) solche Koryphäen hervor wie den
Staatsmann und Diplomaten Chasdai ibn Schaprut, den Wesir
und Heeresführer Schmuel ha-Nagid, die Dichterphilosophen
Solomon ibn Gabirol und Jehuda ha-Levi, und, auf dem
absoluten Höhepunkt, Mosche Ben Maimon, der unter den
Spaniern auch als Maimonides bekannt war.“ (62)

Heinrich Graetz, ein jüdischer Historiker des 19. Jahrhunderts, drückt


ähnliche Gefühle bezüglich der islamischen Herrschaft aus:

„Unter diesen günstigen Umständen kamen die


Juden unter die Herrschaft der Mohammedaner
[Muslime], als deren Verbündete sie sich als
ihren Glaubensgenossen in Babylon und Persien
ebenbürtig betrachteten. Sie wurden freundlich
behandelt, erhielten die Religionsfreiheit, die
ihnen so lange vorenthalten worden war, bekamen
die Erlaubnis auf Rechtssprechung über ihre

106 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf die Gesellschaft

Glaubensgenossen, und waren nur verpflichtet,


wie die eroberten Christen Kopfsteuer zu bezahlen
(...)“ (63)

Die muslimische Herrschaft erwies sich daher als eines der besten
Ereignisse in der jüdischen Geschichte. Die spanischen Juden erreichten
eine so hohe Gelehrsamkeitsstufe und einen so beträchtlichen Fortschritt,
dass sie behaupten konnten, Weltführer unter den Juden ihrer Zeit zu
sein. Die Juden wurden bestimmt durch die muslimische Eroberung
Spaniens vor dem Aussterben gerettet. Außerdem konnten die drei
abrahamitischen Religionen zum ersten Mal in Frieden und Harmonie
nebeneinander existieren. Maria Rosa Menocal, eine Expertin für
mittelalterliche europäische Literatur, schrieb das Buch Ornament of
the World (Die Zierde der Welt), um dem friedlichen Zusammenleben
der drei abrahamitischen Religionen im mittelalterlichen Spanien ihren
Respekt zu zollen. Traurigerweise wurde die Zierde des mittelalterlichen
Spaniens nach dem Auszug der Muslime zerstört, wie es der spanische
Historiker Ulick Burke schmerzhaft ausdrückt:

„Die Institutionen, die unter den Muslimen blühten,


verschwanden, als die Muslime weggingen; und nach
vier Jahrhunderten des Lichts und des Lernens fiel
Andalusien in den Händen der Christen zurück in einen
Zustand der Unwissenheit und der Barbarei, beinahe,
wenn nicht gleich so, wie die nordwestlichen Provinzen
der Halbinsel.“ (64)

Dies erreichte seinen Höhepunkt mit dem Ausweisungsedikt von 1492,


in dem die Katholischen Könige Spaniens die Ausweisung der Juden
aus dem Land erließen. Das war nichts Ungewöhnliches, da zwischen
dem 13. und 16. Jahrhundert europäische Länder die Juden mindestens
15 Mal ausgewiesen hatten.
Angesichts der oben genannten Tatsachen ist es mehr als deutlich,
dass die muslimische Eroberung Spaniens den Beginn einer der
strahlendsten Perioden der menschlichen Geschichte markierte. Vor der
Ankunft der Muslime herrschte die Dunkelheit der Unterdrückung und
Ungerechtigkeit über Spanien. Es war die Barmherzigkeit des Islams,
die die jüdische Bevölkerung befreite. Die Handlungsweise der Muslime
war kein Zufall; die vorangegangenen Beispiele Syrien und Ägypten

107
beweisen die Beständigkeit in ihrem Verhalten, in verschiedenen
Ländern, zu verschiedenen Zeiten. Die Vorschriften des Qur’ans sind
daher eine Form der göttlichen Barmherzigkeit, die Muslimen und
Nicht-Muslimen gleichermaßen zuteil wird, wenn sie, so wie Gott es
beabsichtigt, im Einklang mit den Lehren des Propheten Muhammad
umgesetzt werden: „Und Wir haben dich nur als Barmherzigkeit
für die Weltenbewohner gesandt.“ (21:107)
DIE FOLGEN VON GERECHTIGKEIT, TOLERANZ UND
FRIEDLICHEM MITEINANDER
Ein großer Teil der westlichen Wissenschaft basiert auf den Gedanken
und Lehren der antiken griechischen Philosophen. Im 6. Jahrhundert
v.u.Z. lösten sich die alten Griechen von einem mythologischen
Denkansatz in ihrem Weltverständnis und führten eine Methode ein,
die auf Verstand und Beweisen beruhte – was man heute „rationales
Denken“ nennt. Es wurde weitgehend von drei großen Denkern
definiert: Sokrates, Platon und Aristoteles. Platon gründete ca. 387
v.u.Z. die Akademie in Athen. Dies war die erste Institution für
höhere Bildung in der westlichen Welt. Sie legte das Fundament für
die westliche Philosophie und das westliche Denken. Die Akademie
bestand ungefähr 1000 Jahre lang als Leuchtturm der höheren
Bildung. Sie wurde 529 u.Z. von dem byzantinischen Kaiser Justinian
geschlossen, in dem Bemühen der Kirche, die Ketzerei des heidnischen
Denkens zu unterdrücken. Der alte griechische Geschichtsschreiber
Johannes Malalas hielt fest: „Während des Konsulats von Decius
(529 u.Z.) erließ der Kaiser die Verordnung, in der er befahl, dass
niemand Philosophie lehren oder Gesetze interpretieren sollte,
und sandte sie nach Athen.“ (65)

Mit der Schließung der griechischen Philosophieschulen begann in


Europa eine tausendjährige Periode des intellektuellen Schlummers.
„Die Lichter des rationalen Denkens erloschen“, und Europa betrat
das finstere Mittelalter. Tatsächlich wurden Europas kreative Energie
und Erfindungskraft erst viel später, zu Beginn der „wissenschaftlichen
Revolution“ im 16. und 17. Jahrhundert anerkannt. Ein gutes Beispiel,
das für diese Ära charakteristisch ist, ist der Fall des Astronomen Galileo.
1610 veröffentlichte er ein Buch, das das heliozentrische Weltbild
unterstützte, die Idee, dass die Erde und andere Planeten die relativ
unbewegliche Sonne umkreisen, die sich im Zentrum des Sonnensystems

108 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf die Gesellschaft

befindet. Die heutige Wissenschaft hat bewiesen, dass dieses Modell des
Weltalls korrekt ist, doch zu jener Zeit stand es im Widerspruch zur
vorherrschenden theologischen Überzeugung: dem Geozentrismus.
Wegen ihrer buchstäblichen Interpretation der Bibel war die katholische
Kirche der Meinung, dass die Erde das Zentrum des Universums sei und
alle anderen Himmelskörper sie umkreisten. Galileos Entdeckungen
stießen auf Widerspruch innerhalb der katholischen Kirche und
führten dazu, dass die Kirche 1616 den Heliozentrismus offiziell als
ketzerisch bezeichnete. Heliozentrische Bücher wurden verboten, und
Galileo wurde befohlen, die Unterstützung heliozentrischer Ideen, ihre
Verteidigung und Lehre zu unterlassen. Später befand ihn die Kirche
für „ernsthaft der Ketzerei verdächtig“ und verurteilte ihn zu einer
unbefristeten Haftstrafe. Galileo befand sich bis zu seinem Tod 1642
unter Hausarrest.

Zwischen diesem intellektuellen Schlummer Europas und der Aktivität


in der islamischen Welt herrscht ein starker Kontrast. Das Aufkommen
des Qur’ans im 7. Jahrhundert veränderte nicht nur Arabien, sondern
auch jene Länder, die sich unter islamischer Herrschaft befanden. Der
Friede und das Gefühl der Sicherheit, die die islamische Herrschaft
mit sich brachten, hatten die Entstehung einer der erfolgreichsten
Zivilisationen der menschlichen Geschichte zur Folge. Während
Europa im finsteren Mittelalter war, brachten die Muslime einige der
berühmtesten Wissenschaftler hervor. Der Wissenschaftshistoriker
Victor Robinson fasst den Kontrast zwischen dem mittelalterlichen
Europa und dem islamischen Spanien auf eloquente Weise zusammen:

„Europa verfinsterte sich bei Sonnenuntergang,


Córdoba strahlte vor öffentlicher Beleuchtung;
Europa war schmutzig, Córdoba errichtete
tausend Bäder; Europa war mit Ungeziefer
bedeckt, Córdoba wechselte seine Unterwäsche
täglich; Europa lag im Schlamm, Córdobas
Straßen waren gepflastert; Europas Paläste hatten
Rauchlöcher in der Decke, Córdobas Arabesken
waren auserlesen; Europas Adel konnte seinen
eigenen Namen nicht schreiben, Córdobas Kinder
gingen zur Schule; Europas Mönche konnten den
Taufgottesdienst nicht lesen, Córdobas Lehrer

109
schufen eine Bibliothek von alexandrinischen
Dimensionen.“ (66)

Ein Beispiel für den wissenschaftlichen Fortschritt der Muslime ist


der Mathematiker Al-Chwarizmi, der eine bedeutende Rolle bei
der Entwicklung der Algebra spielte. Er stellte auch das Konzept
der Algorithmen vor und wird aus diesem Grund Großvater der
Computerwissenschaft genannt. Der Arzt Az-Zahrawi gilt als der größte
Chirurg des Mittelalters und wird von vielen als Vater der modernen
Chirurgie bezeichnet. Er machte bahnbrechende Entdeckungen
im Bereich der chirurgischen Eingriffe und Instrumente. So wird
das Material, das er für Innennähte verwendete, noch heute in der
Chirurgie benutzt. Der Astronom As-Sufi machte die erste überlieferte
Beobachtung des Andromedanebels. Dieser war nach der Milchstraße
die erste Galaxie, die von der Erde aus beobachtet wurde. Der Philosoph
Ibn Sina wird als einer der größten Denker und Wissenschaftler der
Geschichte betrachtet. Er lieferte die ersten Beschreibungen von
Bakterien- und Virusorganismen. Er entdeckte auch den ansteckenden
Charakter der Infektionskrankheiten und führte das Konzept der
Quarantäne ein, um die Verbreitung der Krankheit einzudämmen. Er
war derart einflussreich im Bereich der Medizin, dass er als Vater der
modernen Medizin bezeichnet wird. (67)

Es mag überraschen, dass viele wissenschaftliche Wörter und Ausdrücke,


die wir heute verwenden, aus der arabischen Sprache stammen; dies
ist das Erbe der Entdeckungen der muslimischen Wissenschaftler. Zum
Beispiel kommt das Wort Algebra von dem arabischen al-dschabr,
das aus dem Titel eines der Bücher von Al-Chwarizmi stammt. Das
Wort Algorithmus wird von Al-Chwarizmis Namen selbst hergeleitet.
Das Wort Alchemie kommt beinahe unverändert aus dem arabischen
al-kimya. Einer der größten Beiträge der arabischen Gelehrten ist
die Entwicklung der Astronomie. Schaut man auf eine moderne
Sternkarte, findet man Hunderte von Sternen, deren Namen sich
vom Arabischen ableiten: Altair, Aldebaran, Betelgeuse, Vega, Rigel
und Algol, um nur einige zu nennen. Schließlich schulden wir den
arabischen Mathematikern unser dezimales Zahlensystem, das wir zum
Zählen benutzen. Tatsächlich stammen die üblichsten Zahlensymbole
der Welt (1, 2, 3 etc.) von den arabischen Ziffern ab.

110 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf die Gesellschaft

Sie mögen sich fragen, was der Qur’an wohl enthält, das die Muslime
dazu veranlasste, aus den Tiefen der Unwissenheit der vorislamischen
Ära heraus zu weltweit führenden Wissenschaftlern zu werden. Viele
dieser Wissenschaftler waren ausgezeichnete Theologen, und der
Qur’an ermutigte sie dazu, die Natur zu erforschen, und zeigte ihnen
den Weg zum Wissen und zur Aufklärung:

„Lies im Namen deines Herrn, Der erschaffen


hat, * den Menschen erschaffen hat aus einem
Anhängsel. * Lies, und dein Herr ist der Edelste,
* Der (das Schreiben) mit dem Schreibrohr gelehrt
hat, * den Menschen gelehrt hat, was er nicht
wusste.“ (96:1-5)

Diese Verse stellen den ersten Abschnitt dar, der dem Propheten
Muhammad offenbart wurde. Es ist interessant, dass von allen Dingen,
mit denen er seine Offenbarung hätte beginnen können, Gott das Lesen
und Schreiben auswählte. Man beachte, dass das erste offenbarte Wort
der Befehl Lies! war. Der Qur’an misst dem Wissen und der Ausbildung
also große Bedeutung bei.

„Und Allah hat euch aus den Leibern eurer Mütter


hervorgebracht, während ihr nichts wusstet. Und
Er hat euch Gehör, Augenlicht und Herzen gegeben,
auf dass ihr dankbar sein möget.“ (16:78)

Gott erschuf den Menschen und versorgte ihn mit dem Werkzeug,
mit dem er Wissen erwerben kann, nämlich Gehör sowie Seh- und
Denkvermögen. Aus diesem Grund erinnert uns der Qur’an daran,
Gott für diese Werkzeuge zu danken, die es uns möglich machen,
Wissen zu erlangen.

„(…) Sag: Sind etwa diejenigen, die wissen,


und diejenigen, die nicht wissen, gleich? Doch
bedenken nur diejenigen, die Verstand besitzen.“
(39:9)

Hier betont der Qur’an den erhabenen Status der Wissenden; sie sind

111
den Unwissenden überlegen, da Menschen mit Verstand alles besser
begreifen. Das ermutigt die Muslime dazu, ständig nach neuem Wissen
zu streben.
„Schauen sie denn nicht zu den Kamelen, wie
sie erschaffen sind; * und zu dem Himmel, wie
er emporgehoben ist; * und zu den Bergen, wie
sie aufgerichtet sind; * und zu der Erde, wie sie
ausgebreitet worden ist?“ (88:17-20)

Der Qur’an lenkt unsere Aufmerksamkeit auf viele Naturerscheinungen,


indem er uns ermutigt, die Welt um uns herum zu beobachten:

„In der Schöpfung der Himmel und der Erde und


in dem Unterschied von Nacht und Tag liegen
wahrlich Zeichen für diejenigen, die Verstand
besitzen, * die Allahs stehend, sitzend und auf der
Seite (liegend) gedenken und über die Schöpfung
der Himmel und der Erde nachdenken (…)“
(3:190-191)

Darüber hinaus sollte dieses Beobachten der Welt nicht ziellos


sein; vielmehr sollten wir über alle diese Erscheinungen eingehend
nachdenken.

„Und wenn ihr im Zweifel über das seid, was Wir


Unserem Diener offenbart haben, dann bringt doch
eine Sura gleicher Art bei und ruft eure Zeugen
außer Allah an, wenn ihr wahrhaftig seid!“ (2:23)

Das Konzept des Überprüfens von Ideen wird vom Qur’an unterstützt.
Das gilt auch für die Bereitstellung von Zeugen, um Schlussfolgerungen
zu bestätigen. Es muss festgestellt werden, dass kein anderer religiöser
Text seine Leser auf diese Weise herausfordert. Die Anwendung von
Fälschungsprüfungen findet man nur im Qur’an.
Fassen wir nun die Begriffe zusammen, die der Qur’an in Bezug auf
das Wissen aufgreift: das Verwenden unserer Sinne zur Beobachtung
der Welt, Überlegen und Nachdenken über das, was wir beobachten,
die Prüfung von Ideen und die Bereitstellung von Zeugen, um unsere

112 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf die Gesellschaft

Schlussfolgerungen zu bestätigen. Wenn diese Konzepte Ihnen


bekannt vorkommen, dann liegt es daran, dass sie den modernen
wissenschaftlichen Methoden ähneln. Moderne Wissenschaftsstudenten
verstehen, dass alles bewiesen werden muss. Man kann über
wissenschaftliche Theorien keine Behauptungen aufgrund von
Annahmen und ohne Experimente aufstellen. Die wissenschaftliche
Methode ist der Prozess, durch den Wissenschaft realisiert wird. Dies
umfasst das Beobachten eines natürlichen Phänomens, das Aufstellen
einer Hypothese aufgrund der Beobachtungen und das Bestätigen der
Hypothese durch die Durchführung von Experimenten. Wenn sich die
Hypothese als korrekt erweist, dann wird sie zu einer Theorie (einer
bewiesenen Hypothese). Wenn sie nicht korrekt ist, dann werden
weitere Beobachtungen vorgenommen, die ursprüngliche Hypothese
wird aktualisiert, und der ganze Prozess wiederholt sich. Zum Beispiel
wird uns in der Schule die witzige Anekdote erzählt, dass ein Apfel
auf den Kopf des Wissenschaftlers Sir Isaac Newton fiel, als er unter
einem Baum saß. Aufgrund dieser Beobachtung entwickelte er dann
die Hypothese, dass es eine Kraft oder Anziehung geben muss, die den
Apfel auf den Boden fallen lässt. Er überprüfte diese Hypothese und
entwickelte so das Gravitationsgesetz.
Ob wirklich ein Apfel auf den Kopf von Sir Isaac Newton fiel, ist
unwichtig. Wichtig ist, dass dies die wissenschaftliche Methode ist, die
es ihm ermöglichte, zu beweisen, wie die Gravitation funktioniert. So
wird verständlich, warum diese experimentelle Vorgehensweise in der
Wissenschaft vielleicht eine der größten Ideen überhaupt ist. Sie ist die
Grundlage des wissenschaftlichen Fortschritts, und ohne sie hätten wir
die Gesetze der Physik, wie zum Beispiel das Gravitationsgesetz, nicht
entdeckt. Solche Theorien haben es der Menschheit ermöglicht, Autos
und Computer zu erfinden und in das Weltall zu reisen.
Sie mögen sich fragen, wem wohl so etwas Wichtiges einfiel? Vor dem
Islam war die griechische Wissenschaftsphilosophie vorherrschend
in der westlichen Zivilisation. Die Griechen glaubten, dass sich das
Wissen durch Deduktion (Ableitung) weiterentwickeln solle. Das
bedeutet, dass man sich nur auf den Verstand verlässt, ohne die
Beweise zu berücksichtigen. Die Entwicklung eines wissenschaftlichen
Prozesses, der der modernen Methode ähnlich ist, stammt von Ibn al-
Haytham, einem muslimischen Wissenschaftler des 10. Jahrhunderts.
Er wird als Vater der wissenschaftlichen Methode betrachtet und war

113
der erste Wissenschaftler in der menschlichen Geschichte, der darauf
bestand, dass alles durch Induktion (vom Speziellen auf das Allgemeine
schlussfolgern) bewiesen werden muss. Dabei werden Beobachtungen
und Experimente benutzt, um bis dahin geltende Theorien
herauszufordern. Sein Prozess umfasste folgende Stufen:
1. Beobachtung der natürlichen Welt
2. Darstellung eines bestimmten Problems
3. Formulierung einer robusten Hypothese
4. Überprüfung der Hypothese durch Experimente
5. Analyse der Ergebnisse
6. Interpretation der Daten und Schlussfolgerungen
7. Veröffentlichung der Forschungsergebnisse

Ibn al-Haytham studierte zuerst Theologie - den Qur’an -, und er


behauptete, dass ihn der Qur’an dazu anregte, Philosophie und
Wissenschaft zu studieren: „Ich beschloss, herauszufinden, was
uns Gott näher bringt, was Ihn am meisten zufrieden stellt und
was uns Seinem unvermeidlichen Willen unterwürfig macht.“
(68)
Mit seiner wissenschaftlichen Methode machte Ibn al-Haytham
erstaunlich schnelle Fortschritte im Bereich der Optik. Er war der
erste, der in seinem Werk Das Buch der Optik die altgriechische
Idee widerlegte, dass das Licht aus dem Auge herauskommt, an den
Gegenständen abprallt und ins Auge zurückkehrt. Er vertiefte sich
weiter in dieses Thema und erforschte die Funktion des Auges. Mit
Hilfe von Dissektionen war er in der Lage, zu erklären, wie das Licht in
das Auge eindringt, um anschließend gebündelt auf die Rückseite des
Auges projiziert zu werden.
Die Übersetzung des Werkes Das Buch der Optik hatte eine enorme
Auswirkung auf Europa. Sie ermöglichte späteren europäischen
Wissenschaftlern, zu verstehen, wie das Licht funktioniert, und so

114 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf die Gesellschaft

wurden Geräte wie Brillen, Vergrößerungslinsen, Fernrohre und


Fotoapparate entwickelt. Ohne Ibn al-Haythams wissenschaftliche
Methode würden wir womöglich immer noch in einer Zeit leben, in der
Spekulation, Aberglaube und unbewiesene Mythen die Grundlage der
Wissenschaft wären. Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass die
moderne Wissenschaft, wie wir sie heute kennen, ohne seine Ideen gar
nicht existieren würde.
DIE URSPRÜNGE DER EUROPÄISCHEN AUFKLÄRUNG UND
RENAISSANCE
Im 13. Jahrhundert begannen die Samen des muslimischen Wissens
in Europa aufzukeimen. Damit erwachte Europa aus dem finsteren
Mittelalter und betrat eine neue Ära der Aufklärung, die als Renaissance
bekannt ist. Arabische wissenschaftliche Werke sind seit dem 10.
Jahrhundert über eine Periode von 300 Jahren übersetzt worden und
begannen, sich allmählich in ganz Europa zu verbreiten. Professor
George Saliba hat ein Buch über dieses Thema geschrieben und stellt
fest:

„Es gibt kaum ein Buch über die islamische


Zivilisation oder über Wissenschaftsgeschichte
allgemein, das nicht zumindest vortäuscht, die
Bedeutung der islamischen Wissenschaftstradition
und die Rolle, die diese Tradition in der
Entwicklung der menschlichen Zivilisation im
Allgemeinen gespielt hat, anzuerkennen.“ (69)

Professor Thomas Arnold ist der Meinung, dass die europäische


Renaissance ihren Ursprung im islamischen Spanien hatte:

„Das muslimische Spanien hatte eine der


glänzendsten Seiten der europäischen Geschichte
geschrieben. Sein Einfluss erreichte über die
Provence andere europäische Länder und erschuf
damit eine neue Poesie und eine neue Kultur,
und hiervon bekamen die christlichen Gelehrten
jenen Teil der griechischen Philosophie und
Wissenschaft mit, der ihre mentale Tätigkeit bis
zur Renaissance stimulierte.“ (70)

115
Die klassischen griechischen Werke, die im oberen Zitat erwähnt
wurden, sind Europa während des Mittelalters abhandengekommen.
Die muslimischen Gelehrten waren es, die diese Werke übersetzten und
im Arabischen bewahrten. Sie fanden ihren Weg zurück nach Europa,
als sie aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt wurden. Außerdem
bewahrten die Muslime sie nicht nur auf: Sie bauten auf ihnen auf,
indem sie die altgriechischen Werke detailliert studierten. Sie führten
Experimente durch, schrieben Kommentare und korrigierten die
Theorien – falls nötig – in Form eigener, unabhängiger Werke. Beispiele
dafür sind unter anderem Al-Birunis Kritik und Richtigstellung
von Aristoteles Philosophie in dem Werk Fragen und Antworten;
Al-Chwarizmis Korrektur von Ptolemäus’ Geographie in seinem Werk
Gesicht der Erde; Ibn al-Haythams Berichtigung und Widerlegung von
Galens Optik aufgrund von praktischen Experimenten; Al-Chazini
übertraf seine griechischen Vorgänger mit seinem Werk über die Maße
für Gewichte und Dichte. (71)

In der Tat übernahm Europa von der muslimischen Welt viel mehr als
in diesem Buch erwähnt werden kann. Unter anderem: Windmühlen,
Seife, Parfüm, Zucker, Bewässerung, Gewürze, Universitäten,
Straßenbeleuchtung, Papierindustrie, Massenalphabetisierung,
Meinungsfreiheit, Architektur, Poesie, Hygiene, Bibliotheken und
Keramik. Besonders die neuen arabischen Zahlen (1, 2, 3, …)
revolutionierten die Mathematik des mittelalterlichen Europas und
hatten infolgedessen eine nachhaltige Wirkung auf die Architektur.
Kathedralen, Burgen, Paläste und Gärten wurden im mittelalterlichen
Europa mithilfe von architektonischen Techniken des islamischen
Spaniens errichtet.

Machen wir zum Schluss ein Gedankenspiel: Wenn der Qur’an


niemals offenbart worden wäre, in welchem Zustand wäre dann die
Welt von heute? Denken wir das mal schrittweise durch: Aus dem
Qur’an stammt die Gerechtigkeit der islamischen Gesetzgebung; von
dieser Gerechtigkeit stammen Friede und Zusammenleben; mit diesem
friedlichen Zusammenleben kamen freie intellektuelle Aktivitäten in
islamische Länder. In dieser Forschungs- und Bildungsfreiheit hat das
Wissen, das Europa aus dem finsteren Mittelalter herausführte und
in die Renaissance geleitete, seinen Ursprung. Wäre es dann nicht

116 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Der Einfluss auf die Gesellschaft

vernünftig, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die moderne Welt mit


all ihrer fortgeschrittenen Technologie, wie Internet und Handys, eine
unmittelbare Folge der Offenbarung des Qur’ans ist?

117
Nachdenken
über die Zeichen
des Qur’ans
Welche Eigenschaften würden Sie von einem Buch Gottes erwarten?
Würden Sie nicht erwarten, dass es menschliche Werke übertrifft?
Wenn ein göttliches Werk von den menschlichen Werken nicht zu
unterscheiden wäre, wie könnte man dann von uns erwarten, dass
wir Wahrheit von Unwahrheit unterscheiden und Gottes Führung
erkennen?

Denken wir mal über die verschiedenen Aspekte des Qur’ans nach, die
wir besprochen haben: dessen Gottesbegriff, Bewahrung, Relevanz,
literarische Eigenschaften, Struktur, genaue Zukunftsprophezeiungen,
Enthüllung von verloren gegangenem Wissen aus der Geschichte, die
Tatsache, dass er nicht nachgeahmt werden kann und seine Auswirkung
auf die Gesellschaft. Wenn ein Werk sich in nur einem dieser
Bereiche auszeichnet, wird es als ein Meisterwerk gepriesen und über
Generationen hindurch geehrt. Wie sollten wir uns dann den Qur’an
erklären, der die übermenschliche Meisterleistung zustande gebracht
hat und sich in jedem dieser Bereiche auszeichnet?

Muslime glauben nicht einfach blind daran, dass der Qur’an von Gott
stammt. Der Qur’an ist ein lebendes Wunder, das wir alle für uns selbst
erleben können, indem wir es einfach öffnen und lesen. Wie bereits
gesehen, fordert der Qur’an seine Leser heraus und spricht unseren
Verstand an, indem er zahlreiche überprüfbare und nachweisbare
Bestätigungen seiner göttlichen Herkunft darbietet.

118 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Nachdenken über die Zeichen des Qur’ans

Darüber hinaus sollten wir über den Zweck dieser verschiedenen


Aspekte des Qur’ans nachdenken. Sind sie nur zu unserer Unterhaltung
da, oder steht eine größere, sinnvollere Absicht dahinter? Jeder Vers des
Qur’ans ist als ein Zeichen für die Menschheit zu verstehen. Statt diese
verschiedenen Zeichen, auf die wir uns konzentriert haben, als isolierte,
unzusammenhängende Wunder anzusehen, sollte man vielmehr deren
gemeinsame Auswirkung in Betracht ziehen. Wir Menschen können
diese Riesenanzahl von Beweisen bloß bewundern. Es ist ein Kompass,
der in Richtung Himmel zeigt, und genau das ist der Qur’an – der
Wegweiser für die Menschheit: „Dieses Buch, an dem es keinen
Zweifel gibt, ist eine Rechtleitung für die Gottesfürchtigen.“ (2:2)

119
Wer ist der Autor
des Qur’ans?
Es gibt keine Zweifel daran, dass der Prophet Muhammad - Friede sei
mit ihm - für das Überbringen des Qur’ans verantwortlich war. Es gibt
eine große Menge an geschichtlichen Beweisen, die diese Behauptung
unterstützen, und der Qur’an selbst bestätigt, dass er ihm offenbart
wurde:
„Denjenigen aber, die glauben und rechtschaffene
Werke tun und an das glauben, was Muhammad
offenbart worden ist - und es ist (ja) die Wahrheit
von ihrem Herrn -, tilgt Er ihre bösen Taten und
bessert ihren Gemütszustand.“ (47:2)

Obwohl Muhammad für die Übermittlung des Qur’ans zuständig


war, hätte er denn auch sein Autor sein können, in Anbetracht aller
erstaunlichen Tatsachen im Zusammenhang mit dem Qur’an, die wir
analysiert haben? Wenn wir, um des Argumentes willen, annehmen,
dass der Autor des Qur’ans nicht Gott, sondern ein menschliches
Wesen war, welche für die Menschen charakteristischen Eigenschaften
würden Sie dann erwarten? Menschen haben die Tendenz, ihre eigene
Persönlichkeit auf das Werk zu projizieren, das somit zum Spiegel
des Autors wird. Menschen machen Fehler. Unsere Werke sind nicht
vollkommen. Wir streben auch nach Lob und Anerkennung, und
deshalb versuchen wir natürlich, unsere Mängel zu verstecken und
unsere Errungenschaften hervorzuheben.

Muhammad war ein menschliches Wesen. Wenn er tatsächlich der


Autor des Qur’ans wäre, wäre es dann nicht vernünftig zu erwarten,
zumindest einige dieser Merkmale im Qur’an zu finden? Wir werden
uns jetzt einige Gründe dafür ansehen, warum es unmöglich ist, dass
irgendein Mensch, und vor allem nicht Muhammad, der Autor des

120 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Wer ist der Autor des Qur’ans?

Qur’ans sein kann:

1. Muhammads lebenslanger Ruf eines ehrlichen Menschen


Muhammad war sein ganzes Leben lang als ein ehrlicher Mensch
bekannt, und das in so einem Ausmaß, dass er die Titel „der
Vertrauenswürdige“ und „der Ehrliche“ erhielt. Das galt in den 40
Jahren seines Lebens, bevor er Prophet wurde. Seine Familie, Freunde,
Nachbarn und Geschäftspartner wussten, dass er der Ehrlichste unter
ihnen war.

Dies erwies sich bei einem Vorfall, der sich vor der öffentlichen
Bekanntmachung seines Prophetentums ereignete. Eines Tages kletterte
Muhammad auf die Spitze eines Berges und rief laut nach allen
Stämmen seiner Stadt. Sie versammelten sich schnell um ihn herum,
und er fragte sie: „O Quraisch! Wenn ich sage, dass sich eine
Armee hinter dem Berg nähert, werdet ihr mir glauben?“ Alle
antworteten einstimmig: „Ja, weil wir von dir noch nie eine Lüge
gehört haben!“ (72) Alle Einwohner seiner Stadt, ohne Ausnahme,
bezeugten seine lebenslange Vertrauenswürdigkeit und Ehrlichkeit, da
er 40 Jahre lang ein reines und frommes Leben unter ihnen führte.

Auch nach der öffentlichen Bekanntmachung seines Prophetentums, als


sich viele seiner Leute gegen ihn und die Botschaft des Qur’ans wandten,
behielt er den Ruf eines vertrauenswürdigen und ehrlichen Menschen.
Das Vertrauen der Menschen in seinen Charakter war so groß, dass sie
ihm immer noch ihre Wertgegenstände zur Verwahrung gaben, obwohl
sie zu seinen Feinden wurden, sich dem Qur’an widersetzten und ihn
und seine Gefährten verfolgten.

Schließlich musste Muhammad wegen der Verschwörung seiner Feinde,


ihn im Schlaf zu ermorden, nachts aus seiner Heimatstadt fliehen.
Während er die Flucht plante, hatte er immer noch die Wertgegenstände
jener Leute bei sich, die sich dazu verschworen hatten, ihn zu töten.
Da er sein Haus und seine Möbel zurückließ, wäre es als die kleinste
Entschädigung anzusehen gewesen, wenn er ihre Wertgegenstände
mitgenommen hätte. Aber sein Charakter war dermaßen edel, dass
er seinen Vetter ’Ali bat, zurückzubleiben, um sicherzustellen, dass
jeder Gegenstand aus seinem Haus an dessen rechtmäßigen Besitzer

121
zurückgegeben wurde.

Lügner und Schwindler weisen typischerweise ein bestimmtes


Benehmen auf und haben das gleiche psychologische Profil: Sie sind
dafür bekannt, Lügen zu erzählen, die anfangs klein sind und schrittweise
größer werden. Ergibt es denn Sinn, dass Muhammad, ein Mensch,
der sein ganzes Leben lang niemals Lügen erzählte, weder kleine noch
große, mit der größten aller Lügen beginnen würde – nämlich, dass er
von Gott erwählt worden wäre, Sein Prophet zu sein und den Qur’an zu
empfangen? Wie könnte Muhammad Lügen über Gott erzählen, wenn
er niemals Lügen über Menschen erzählte? Sein Verhalten wies auch in
den schwierigsten Zeiten unerschütterliche Ehrlichkeit auf !

2. Muhammads persönliche Sprechweise entspricht nicht


dem Qur’an
Wenn der Qur’an ein Produkt der Phantasie Muhammads wäre, würde
man dann nicht erwarten, dass der Stil des Qur’ans seiner persönlichen
Sprechweise ähnelt? Vor kurzem wurden linguistische Forschungen
angestellt, um den Sprachstil des Qur’ans mit den Tausenden von
Aussagen Muhammads zu vergleichen. Diese Aussagen stellen die
prophetische Tradition dar, die als Hadithe bekannt ist. Sie wurden von
seinen Gefährten auswendig gelernt und in den Büchern der Hadithe
aufgezeichnet. Sahih Al-Bukhari war das Buch, das mit dem Qur’an
verglichen wurde. Dieses Buch ist die authentischste Sammlung von
Tausenden von Muhammads Aussagen. Studien wurden durchgeführt,
und alle Ergebnisse dieser Untersuchung vom linguistischen Standpunkt
aus zeigten, dass diese zwei Werke verschiedene Autoren haben müssen.
Einige Ergebnisse, die dieser Schlussfolgerung zugrunde liegen, sind:

– Wörter, die aus nur einem Buchstaben bestehen, werden


im Qur’an viel öfter als in den Hadithen verwendet.

– Der Qur’an enthält ungefähr doppelt so viele Wörter


mit neun und zehn Buchstaben wie die Hadithe. Diese
Tatsache zeigt, dass der Wortschatz des Qur’ans längere
Wörter enthält als die Hadithe, in denen keine Wörter
vorkommen, die aus mehr als acht Buchstaben bestehen.

122 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Wer ist der Autor des Qur’ans?

– Das Wichtigste: 62% der Wörter aus den Hadithen


sind im Qur’an nicht zu finden, und 83% der Wörter aus
dem Qur’an sind in den Hadithen nicht vorhanden. Diese
Schlussfolgerung über den verschiedenen Wortschatz wird
auch durch die oben genannten Ergebnisse bekräftigt.

Wenn der Qur’an das Produkt von Muhammads Phantasie war, wie
ist es dann möglich, dass er 23 Jahre lang zwei ganz verschiedene
Sprachstile pflegte, ohne sie jemals zu vermischen? Denken Sie daran,
dass viele Qur’an-Verse augenblicklich als Antwort auf unerwartete
Ereignisse offenbart wurden. Es gab also keine Möglichkeit, sich Zeit
zu nehmen und sorgfältig zu planen, was gesagt werden sollte, um die
zwei verschiedenen Stile auseinanderzuhalten. Das ist psychologisch
und physiologisch vollkommen unmöglich.
Außerdem hatte Muhammad viele Probleme und Sorgen im Laufe
seiner prophetischen Mission. Zum Beispiel starben seine Kinder, seine
geliebte Frau Chadija schied dahin, er wurde boykottiert, und seine
nahen Gefährten wurden gefoltert und getötet. Diese Gefühle kommen
in den Hadithen zum Vorschein. Man findet zum Beispiel Traurigkeit
und Zorn in seinen persönlichen Aussagen wegen der extremen
Situationen, in denen er sich befand. Der Qur’an jedoch bleibt immer
göttlich, was seine Ausdrucksweise und seinen Charakter betrifft. (74)
Es wäre für ein menschliches Wesen psychologisch und physiologisch
unmöglich, solche Leiden zu erdulden, ohne dass diese Gefühle jemals
im Qur’an zum Ausdruck kommen.
3. Die Darstellung Muhammads
Einige Skeptiker vertreten die Meinung, dass Muhammad machtgierig
war und dass seine Behauptungen über göttliche Inspiration nichts
weiter waren als ein Versuch, Arabien zu erobern.

Wenn wir nun, um des Arguments willen, annehmen, dass Muhammad


der Autor des Qur’ans war und es sein Plan war, Macht zu erlangen und
Arabien zu beherrschen, dann würde man erwarten, dass er im Qur’an
als unfehlbar beschrieben wird und dass keine seiner Unzulänglichkeiten
hervorgehoben wird. Haben denn Politiker, Schauspieler und andere
Prominente nicht aus diesem Grund Public Relations- (Meinungspflege)
und Marketing-Teams, um ein positives öffentliches Image zu
bewahren? Der Qur’an erfüllt diese Aufgabe jedoch nicht. Hier ist

123
nur ein Beispiel: „Er blickte düster und kehrte sich ab, * weil der
Blinde zu ihm kam. * Was lässt dich wissen, vielleicht läutert er
sich * oder bedenkt, so dass ihm die Ermahnung nützt.“ (80:1-
4) Diese Verse beziehen sich auf einen Vorfall, bei dem Muhammad
mit einigen Stammesführern beisammen saß und sie dazu einlud,
Muslime zu werden. Ein blinder Muslim kam zu ihm und stellte einige
Fragen bezüglich des Islams. Muhammad wandte sich von ihm ab, da
er damit beschäftigt war, den Stammesführern die Botschaft des Islams
zu vermitteln, in der Hoffnung, ihre Stämme zum Islam zu bekehren.
Daraufhin kam die Offenbarung, die ihn wegen seiner Behandlung des
blinden Mannes tadelte. Hört sich der Autor des Qur’ans wie ein vom
Image gesteuerter, machtgieriger Mann an?

4. Andere Propheten werden öfter erwähnt als Muhammad

Der Qur’an nennt andere Propheten, wie Abraham, Moses und Jesus
- Friede sei mit ihnen allen - öfter beim Namen als Muhammad. Der
Qur’an befiehlt den Muslimen, sie alle gleichermaßen hochzuschätzen:

„Sagt: ‚Wir glauben an Allah und an das, was


zu uns (als Offenbarung) herabgesandt worden
ist, und an das, was zu Ibrahim, Isma’il, lshaq,
Ya’qub und den Stämmen herabgesandt wurde,
und (an das,) was Musa [Moses] und ‘Isa [Jesus]
gegeben wurde, und (an das,) was den Propheten
von ihrem Herrn gegeben wurde. Wir machen
keinen Unterschied bei jemandem von ihnen, und
wir sind Ihm ergeben.’“ (2:136)

Menschen sind von Natur aus egozentrisch. Wenn also Muhammad


der Autor des Qur’ans wäre, würden wir dann nicht erwarten, dass
der Qur’an ihn in den Mittelpunkt stellt, unter Ausschluss anderer
Propheten? Diese Propheten werden nicht nur öfter als Muhammad
beim Namen genannt, sondern der Qur’an gewährt ihnen sogar einen
höheren Status als ihre eigenen heiligen Schriften, die Thora und das
Evangelium.
5. Der Qur’an verstieß gegen die gesellschaftlichen
Gepflogenheiten und Normen
Die Stammesgesellschaft zur Zeit Muhammads zeigte wenig Fürsorge

124 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Wer ist der Autor des Qur’ans?

oder Respekt gegenüber jenen, die sich in einer schwächeren


gesellschaftlichen Position befanden, vor allem aber Frauen gegenüber.
Die im Qur’an dargelegte Lehre verbesserte damals den Status der
Frauen in Arabien in beträchtlicher Weise. Es gab zum Beispiel den
Brauch, neugeborene Mädchen lebendig zu begraben. Dieser Brauch
wurde im Qur’an verboten:
„Wenn einem von ihnen die frohe Botschaft (von
der Geburt) eines Mädchens verkündet wird, bleibt
sein Gesicht finster, und er hält (seinen Grimm)
zurück. * Er verbirgt sich vor den Leuten wegen
der schlimmen Nachricht, die ihm verkündet
worden ist. Soll er es trotz der Schmach behalten
oder es in die Erde stecken? Wie böse ist, was sie
urteilen!“ (16:58-59)

In der Zeit vor dem Islam wurden Frauen als Sklaven oder
Eigentum behandelt. Ihre persönliche Zustimmung hinsichtlich
der Entscheidungen, die sich auf ihr Wohlsein bezogen, wurde für
unwichtig gehalten und zwar in solchem Ausmaß, dass sie sogar bei
Heiratsverträgen gar nicht als eine der beteiligten Parteien betrachtet
wurden. Frauen wurden als das Eigentum ihrer Ehemänner behandelt.
Der Qur’an machte auch dieser Praxis ein Ende: „O die ihr glaubt,
es ist euch nicht erlaubt, Frauen wider (ihren) Willen zu erben.
(…)“ (4:19)

Vor dem Islam besaßen die Frauen keine Unabhängigkeit, sie hatten
kein Recht auf Eigentum und konnten nichts erben. Der Qur’an
hingegen gewährleistete den Frauen einen fairen Vermögensanteil:
„Den Männern steht ein Anteil von dem zu, was die Eltern und
nächsten Verwandten hinterlassen, und den Frauen steht ein
Anteil von dem zu, was die Eltern und nächsten Verwandten
hinterlassen, sei es wenig oder viel - ein festgesetzter Anteil.“
(4:7)

Sogar im Vergleich zum säkularen Westen war der Islam seiner Zeit
weit voraus. Was die ökonomischen Rechte der Frau betrifft, wird es
Sie womöglich überraschen zu erfahren, dass Frauen in Europa bis
zum 19. Jahrhundert kein Recht auf Eigentum hatten. Wenn eine
Frau heiratete, wurde ihr Eigentum auf ihren Ehemann übertragen,

125
oder sie konnte ohne seine Erlaubnis nicht darüber verfügen. In
Großbritannien, dem vielleicht ersten westlichen Land, das Frauen
bestimmte Eigentumsrechte gab, wurde 1870 ein Gesetz mit der
Bezeichnung „Eigentumsverordnung für verheiratete Frauen“
verabschiedet. Mehr als 1000 Jahre davor wurde dieses Recht klar und
deutlich im islamischen Gesetz festgelegt.

Frauen bekamen durch den Islam auch in geistiger Hinsicht einen


höheren Status, weil der Qur’an uns lehrt, dass gläubige Männer und
Frauen für ihre Taten gleichermaßen belohnt werden:

„Gewiss, muslimische Männer und muslimische


Frauen, gläubige Männer und gläubige Frauen,
ergebene Männer und ergebene Frauen,
wahrhaftige Männer und wahrhaftige Frauen,
standhafte Männer und standhafte Frauen,
demütige Männer und demütige Frauen, Almosen
gebende Männer und Almosen gebende Frauen,
fastende Männer und fastende Frauen, Männer,
die ihre Scham hüten und Frauen, die (ihre Scham)
hüten, und Allahs viel gedenkende Männer
und gedenkende Frauen, für (all) sie hat Allah
Vergebung und großartigen Lohn bereitet.“ (33:35)

Zum Vergleich: Zur Zeit der Offenbarung des Qur’ans hielt die Kirche
immer noch Konzile ab, um zu entscheiden, ob Frauen überhaupt eine
Seele besitzen!

Wäre Muhammad der Autor des Qur’ans gewesen, hätte er überhaupt


nichts davon gehabt, den Status und die Rechte der arabischen Frauen
zu verbessern. Ganz im Gegenteil bewirkte der Standpunkt des Qur’ans
nur, dass diejenigen, die sich in einer Machtposition gegenüber Frauen
befanden und den Status quo beibehalten wollten, zu seinen Feinden
wurden.

6. Ablehnung des Aberglaubens der Araber


Verschiedene Formen des Aberglaubens waren zur Zeit des Propheten
Muhammad in der arabischen Gesellschaft weit verbreitet. Dies war
nicht weiter verwunderlich, da sie keine Technologien besaßen, mit

126 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Wer ist der Autor des Qur’ans?

denen sie die Welt um sich herum hätten erforschen können und
zudem sehr ungebildet waren. In der Region des westlichen Arabiens,
dem Wohnort Muhammads, gab es schätzungsweise nicht mehr als
17 Personen, die lesen und schreiben konnten. (75) Die Geschichte
überliefert zahlreiche mit den Arabern verbundene Mythen und
Formen des Aberglaubens, darunter beispielsweise der Glaube, dass
bestimmte Monate Unglück bringen. (76)

Es wird bekannterweise berichtet, dass am Tag, als der kleine Sohn


des Propheten Muhammad starb, eine Sonnen- und Mondfinsternis
stattfand. Die Leute brachten diese zwei Ereignisse miteinander in
Verbindung und behaupteten, dass sogar die Sonne und der Mond
um den Tod seines Kindes trauerten. Der Prophet Muhammad
verurteilte dies persönlich, indem er sagte: „Die Sonne und der Mond
verfinstern sich nicht wegen jemandes Tod oder Leben (d.h.
Geburt) (...)“ (77)

Gibt es denn tatsächlich irgendeinen Grund, warum der Prophet


Muhammad dem Aberglauben seines Volkes hätte widersprechen sollen,
besonders da er einer Stammeskultur angehörte, die der Tradition ihrer
Vorfahren blind folgte? Wenn Muhammad ein Gaukler gewesen wäre,
dann wäre dies die perfekte Gelegenheit gewesen, die Unwissenheit
seines Volkes auszunutzen. Er tat es aber nicht.

Darüber hinaus wurde der Qur’an vor diesem Hintergrund des


Aberglaubens und der Mythen offenbart. Der Qur’an erwähnt auch
einige abergläubische Überzeugungen der Araber, wie zum Beispiel
die Anbetung der Sonne und des Mondes: „Und zu Seinen Zeichen
gehören die Nacht und der Tag, die Sonne und der Mond. Werft
euch weder vor der Sonne noch vor dem Mond nieder, sondern
werft euch vor Allah nieder, Der sie erschaffen hat, wenn ihr
(tatsächlich) Ihm allein dient.“ (41:37)

Der Qur’an lehnt nicht nur solche Überzeugungen ab, sondern


er gewährt dem Leser, wie wir in den früheren Kapiteln gesehen
haben, tiefen Einblick in Wissenschaftsbereiche wie Astronomie
und Embryologie. Diese Begriffe werden so dargestellt, dass sie
für die Araber im 7. Jahrhundert genauso Sinn ergeben wie für uns
im 21. Jahrhundert. Sie stehen mit modernen wissenschaftlichen
Entdeckungen vollkommen im Einklang. Wie hätte Muhammad, der

127
weder lesen noch schreiben konnte und in einer Gesellschaft lebte, die
keine Technologie dafür besaß, die Welt um sich herum zu verstehen,
so ein Buch verfassen können?

7. Muhammad prahlte nicht mit dem Qur’an


Wir haben sehr detaillierte Berichte über das Leben des Propheten
Muhammad, mehr als über das Leben irgendeines anderen Menschen
in der Geschichte, einschließlich kleinster Details, zum Beispiel, wie er
schlief, aß und sogar auch wie er lächelte - nämlich dermaßen, dass
man seine Backenzähne sehen konnte. Und doch hörte ihn keiner
seiner Gefährten oder Feinde jemals mit den zahlreichen erstaunlichen
Aspekten des Qur’ans prahlen, die wir in diesem Buch behandelt haben.
Wenn nun, um des Arguments willen, ein menschliches Wesen in der Lage
wäre, ein Werk von der Großartigkeit des Qur’ans zu verfassen, mit all
den erstaunlichen Aspekten – wie Relevanz, literarische Eigenschaften
und Struktur – würden wir dann nicht von ihm erwarten, dass es damit
prahlt? In einem Land voller Dichter, in dem Poesie hoch geschätzt
wurde, wäre bereits ein einziger dieser Aspekte als lobenswert angesehen
worden. Da so eine Errungenschaft die perfekte Möglichkeit bot, Ruhm
und Glorie für sich zu beanspruchen, stellt sich logischerweise die Frage,
warum Muhammad nicht damit prahlte. Viele dieser Aspekte wurden
erst Jahrhunderte später von Qur’an-Wissenschaftlern entdeckt, und es
werden immer wieder neue entdeckt.
8. Fülle an Falsifikationstests
Wenn Muhammad der Autor des Qur’ans und es seine einzige Mission
und Lebensaufgabe gewesen wäre, so viel Macht wie möglich in ganz
Arabien zu erlangen, warum sollte der Qur’an dann eine Fülle an
Falsifikationstests enthalten? Wenn seine Feinde und Skeptiker nur
einen davon bestehen würden, dann würde das den Islam als Religion
vollkommen zerstören! Hier sind nur einige Beispiele:

“„Studieren sie den Qur’an denn nicht? Wenn er von einem


anderen als Allah stammte, fänden sie in ihm gewiss viele
Widersprüche.“ (4:82)
„Sag: ‚Wenn sich die Menschen und die Dschinn
zusammentäten, um etwas beizubringen, was diesem Qur’an
gleich wäre, sie brächten nicht seinesgleichen bei, auch wenn

128 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Wer ist der Autor des Qur’ans?

sie einander Beistand leisten würden.’“ (17:88)


Nur Gott, der Kenntnisse über die Zukunft besitzt und Einsicht in die
Fähigkeiten und Beschränkungen der Menschen hat, kann so kühne
Behauptungen, die die Zeiten überdauern, aufstellen.

9. Wissen über das Verborgene aus der Vergangenheit


Wie wir in einem der vorangegangenen Kapitel gesehen haben, haben
Fortschritte im Verständnis der ägyptischen Hieroglyphen bewiesen, dass
die Benutzung des Ausdrucks Pharao im Qur’an geschichtlich gesehen
richtig ist, obwohl Kenntnisse über die altägyptischen Hieroglyphen
zur Zeit der Offenbarung des Qur’ans gar nicht vorhanden waren.
Muhammad kann nicht der Autor des Qur’ans gewesen sein, weil
dessen Autor ständig Wissen über Ungesehenes präsentiert, was eine
göttliche, keine menschliche Eigenschaft ist:

„(Er,) der Kenner des Verborgenen - Er enthüllt niemandem


das, was bei Ihm verborgen ist, * außer dem Gesandten, den
Er bewilligt; da lässt Er vor ihm und hinter ihm Wächter
einhergehen.“ (72:26-27)

10. Zukunftsvorhersagen

Wie bereits gesehen, enthält der Qur’an eindeutige Prophezeiungen


über die Zukunft, die sich entweder bereits erfüllt haben oder
heute vor unseren Augen verwirklicht werden. Wie hoch ist die
Wahrscheinlichkeit, dass man zukünftige Ereignisse, die mehrere
Völker und verschiedene Zeiträume betreffen und von denen sich viele
außerhalb der muslimischen Einflusssphäre befinden, genau errät, ohne
einen einzigen Fehler zu machen?

Nehmen wir die Bewahrung des Qur’ans als Beispiel. Im Laufe der
Geschichte wurden heilige Schriften nicht immer sorgsam behandelt.
In der Tat ging jede andere heilige Schrift vor dem Qur’an entweder
verloren oder wurde verfälscht. Nichtsdestotrotz macht der Autor des
Qur’ans eine kühne Vorhersage über dessen Bewahrung: „Gewiss,
Wir sind es, die Wir die Ermahnung offenbart haben, und Wir
werden wahrlich ihr Hüter sein.“ (15:9)

129
Wenn der Prophet Muhammad der Autor des Qur’ans gewesen wäre,
dann hätte er keinesfalls garantieren können, dass der Qur‘an bis zum
heutigen Tage zur Gänze bewahrt wird. Besonders nicht in Anbetracht
der zahlreichen gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen, die in
den 1400 Jahren seit der Offenbarung des Qur’ans in der islamischen
Welt stattfanden. Die Geschichte aller anderen Offenbarungen
beweist, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Wenn sie auf ähnliche
gesellschaftliche und politische Umwälzungen wie der Qur’an stießen,
waren Verlust und Verfälschungen unumgänglich. Der Qur’an ist die
einzigartige Ausnahme von dieser Regel!

11. Der Qur’an passt sich nicht menschlichen Wünschen an


Während des Lebens des Propheten Muhammad kam es zu einem
umstrittenen Vorfall. Um in der muslimischen Gemeinschaft Zwiespalt
zu säen, begannen einige Menschen, Muhammads geliebte Frau
zu verleumden, indem sie ihr sexuelle Unsittlichkeit vorwarfen. Es
dauerte einen ganzen Monat lang. Einige Muslime begannen sogar,
ihre Unschuld anzuzweifeln. Während dieses Zeitraums erduldete
Muhammads Familie viele Unannehmlichkeiten. Was daran vielleicht
am schlimmsten war, war die Tatsache, dass sich die Feinde des
Islams über diese Situation freuten und die Gelegenheit nutzten, um
Spannungen in der muslimischen Gemeinschaft zu erzeugen. Dies
geschah wegen des stammesspezifischen Charakters ihrer Gesellschaft.
Wenn die Ehre seiner Frau in Frage gestellt wurde, dann war, durch
Muhammads Verbindung mit ihr, auch seine eigene Ehre untergraben.

Wenn Muhammad der Autor des Qur’ans gewesen wäre, hätte er


dann nicht gleich einige neue Verse erfinden können, um seine Frau
für unschuldig zu erklären und den Gerüchten ein Ende zu bereiten?
Doch er tat es nicht. Er musste einen ganzen Monat lang geduldig auf
die Offenbarung warten. Es steckt viel Weisheit in der Entscheidung,
die Muslime einen Monat lang auf die Offenbarung warten zu lassen.
Es enthüllte die Heuchler, die bis dahin vorgetäuscht hatten, Gläubige
zu sein und unter den Muslimen lebten. Dies sind die Verse, die die
Unschuld der Frau des Propheten verkündeten:

„Hätten doch, als ihr es hörtet, die gläubigen


Männer und Frauen eine gute Meinung
voneinander gehabt und gesagt: ‚Das ist deutlich

130 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Wer ist der Autor des Qur’ans?

eine ungeheuerliche Lüge!’ * Hätten sie doch


darüber vier Zeugen beigebracht! Da sie aber die
Zeugen nicht beigebracht haben, so sind diese bei
Allah die Lügner.“ (24:12-13)

Dies zeigt, dass die Offenbarung des Qur’ans nicht aufgrund


Muhamads Wünschen erfolgte, sondern eine Offenbarung Gottes war.
Der Qur’an warnt Muhammad klar und deutlich davor, am Qur’an
herumzubasteln: „Und wenn er sich gegen Uns einige Aussprüche
selbst ausgedacht hätte, * hätten Wir ihn sicherlich an der
Rechten gefasst * und ihm hierauf sicherlich die Herzader
durchschnitten, * und niemand von euch hätte (Uns) dann von
ihm abhalten können.“ (69:44-47)

12. Der Qur’an kann nicht nachgeahmt werden


Das womöglich größte Wunder des Qur’ans ist, dass er nicht
nachgeahmt werden kann. Der Autor des Qur’ans benachrichtigt uns,
dass es niemandem möglich ist, auch nur ein Kapitel hervorzubringen,
das dem Qur’an gleicht, auch wenn wir einander in diesem Bestreben
unterstützen würden: „Sag: Wenn sich die Menschen und die
Dschinn zusammentäten, um etwas beizubringen, was diesem
Qur’an gleich wäre, sie brächten nicht seinesgleichen bei, auch
wenn sie einander Beistand leisten würden.“ (17:88)

Die Araber jener Zeit hielten sich für die Meister der arabischen
Sprache (und werden von Historikern und Linguisten bis heute als
solche betrachtet). Doch nicht einmal jene, die in der Beherrschung
der arabischen Sprache führend waren, konnten der Herausforderung
des Qur’ans, ihm gleichzukommen, begegnen. Dies sollte uns zum
Nachdenken über seine Herkunft bringen. Wir könnten die möglichen
Autoren des Qur’ans in verschiedene Gruppen aufteilen, um seine
Herkunft besser analysieren zu können. Untersuchen wir jede dieser
Möglichkeiten: der Prophet Muhammad, ein anderer Araber oder ein
Nicht-Araber.

Der Prophet Muhammad?


Zusätzlich zu den anderen Punkten, die in diesem Kapitel behandelt

131
wurden und darauf hinweisen, dass Muhammad nicht der Autor
gewesen sein kann, können wir ergänzen, dass er weder lesen noch
schreiben konnte. Der Qur’an selbst bekräftigt das: „ (…) die dem
Gesandten, dem schriftunkundigen Propheten, folgen, den sie
bei sich in der Thora und im Evangelium aufgeschrieben finden.
(...)“ (7:157)

Darüber hinaus war er kein Dichter und wurde nicht als ein Meister der
Sprache betrachtet. Er betrieb keine Dichtkunst. Aus diesem Grund wäre
es absurd zu behaupten, dass er es irgendwie schaffte, ein literarisches
und linguistisches Meisterwerk zu verfassen. Der Islamwissenschaftler
Navid Kermani schreibt:

„Er hatte nicht die schwierige Kunst der Poesie


studiert, als er damit begann, Verse (aus dem
Qur’an) öffentlich vorzutragen. (…) Doch
Muhammads Vorträge unterschieden sich von
der Poesie und auch von der Reimprosa der
Wahrsager, der anderen zu jener Zeit üblichen
Form von inspirierter, metrischer Sprache.“ (78)

Der Gelehrte Taqi Usmani argumentiert ähnlich:


„Eine solche Ankündigung war nichts
Gewöhnliches. Sie kam von einer Person, die nie
etwas von den berühmten Dichtern und Gelehrten
jener Zeit gelernt hatte, kein einziges Gedicht
in ihren Dichterversammlungen vorgetragen
hatte, niemals in der Gesellschaft der Wahrsager
gewesen war. Und fernab davon, selbst Gedichte
zu verfassen, konnte er sich nicht einmal an Verse
anderer Dichter erinnern.“ (79)

Wir wissen aus der Geschichte, dass der Prophet Muhammad persönlich
die Poesie nicht mochte. Manchmal versuchte er, bestimmte Gedichte
vorzutragen, brachte aber die Wörter durcheinander:
Aisha wurde gefragt: „Hat der Prophet - der
Friede und Segen Gottes seien mit ihm - jemals

132 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Wer ist der Autor des Qur’ans?

Gedichte vorgetragen?“ Sie sagte: „Das war die


verabscheuenswerteste Sache für ihn, außer dass
er manchmal einen Vers der Banu Qays vortrug
und ihn durcheinander brachte.“ Abu Bakr sagte
ihm, dass es nicht so ginge. So sagte der Prophet
Gottes: „Bei Gott, ich bin kein Dichter, und es
ziemt sich auch nicht für mich.“ (80)

Der Prophet Muhammad konnte weder lesen noch schreiben und besaß
auch keine Ausbildung oder einen Ruf als Dichter oder Linguist. Wie
hätte er dann den Qur’an, das wichtigste Werk der gesamten arabischen
Literatur, verfassen können?

Es mag Menschen geben, die so weit gehen würden zu behaupten, dass


Muhammad ein solches Genie war, dass er sich den Qur’an einfallen
lassen konnte, trotz seines Mangels an poetischer und linguistischer
Ausbildung. Doch so eine Behauptung ist bodenlos: Wir wissen, dass
alle von Genies verfassten Meisterwerke einem Prozess von Korrektur
und Streichung unterzogen werden, um die literarische Vollkommenheit
sicherzustellen. Ein Beispiel, das dies bezeugen mag, ist das Werk des
hoch angesehenen Dichters Al-Mutanabbi. Er wurde als der größte von
allen arabischen Dichtern betrachtet und war ein einmaliges Genie. Und
doch hat er sein Werk ständig korrigiert und verschiedene Ausgaben
davon hervorgebracht, bis er mit seiner Dichtung zufrieden war. (81)
Im Gegensatz dazu wurde der Qur’an unmittelbar offenbart und blieb
unverändert. Seine Verse wurden oftmals in Verbindung mit bestimmten
Umständen und Ereignissen, die während der Offenbarung stattfanden,
offenbart. Jeder Vers wurde ohne Korrektur oder Streichung verkündet,
und doch stellen diese Verse zusammengestellt den Qur’an dar, ein
literarisches Meisterwerk von einzigartiger Vorzüglichkeit. So gesehen
klingt die Erklärung, dass er ein Ergebnis der Genialität Muhammads ist,
nicht überzeugend.

Ein anderes Argument, das die Behauptung entkräftet, der Qur’an sei
ein Produkt von Muhammads Genialität, ist die Existenz von Modellen
für verschiedene menschliche Ausdrucksformen und vom Werkzeug,
das für deren Nachahmung benötigt wird. Alle Formen menschlichen
Ausdrucks – ob ein Ergebnis von Genialität oder nicht - können

133
nachgeahmt werden, wenn es ein Modell für diese Ausdrucksform gibt
und wenn einem das benötigte Werkzeug zur Verfügung steht. Das hat
sich bei verschiedenen menschlichen Ausdrucksformen, wie Kunst,
Literatur und sogar auch bei komplexer Technologie, als wahr erwiesen.
Beim Qur’an jedoch stehen uns das Modell – der Qur’an selbst – und
das Werkzeug – die klassische arabische Sprache – zur Verfügung, und
es ist bisher niemandem gelungen, seine Eloquenz und seine einzigartige
literarische Form nachzuahmen. Um dies näher zu beleuchten, ziehen wir
die allgemeine Meinung heran, dass Shakespeare ein literarisches Genie
gewesen sei. Der englische Dramatiker mag ein Genie gewesen sein,
aber sein Werk steht allen als Modell zur Verfügung, die es nachahmen
wollen. Da das Modell seines Werks vorhanden ist, überrascht es nicht,
dass der englische Dramatiker Christopher Marlowe einen ähnlichen Stil
hatte und dass Shakespeare mit Francis Beaumont, John Fletcher und
anderen Dramatikern seiner Zeit verglichen wurde. (82)

Ein Araber?
Es gibt einige wesentliche Gründe dafür, dass der Qur’an auch nicht
von einem anderen Araber hätte kommen können. Erstens erreichten
die Araber zu Muhammads Zeiten ein unübertroffenes Niveau an
Sprach- und Literaturbeherrschung und waren doch nicht in der Lage,
den Qur’an herauszufordern. Die führenden Experten von damals
bezeugten die unnachahmlichen Merkmale des Qur’ans. Einer der
besten Linguisten jener Zeit, Walid Ibn al-Mughira, rief:

„Und was kann ich sagen? Denn - ich schwöre bei


Gott - es gibt keinen unter euch, der die Poesie so
gut kennt wie ich, und niemand kann es mit mir
im Verfassen oder in der Rhetorik aufnehmen –
nicht einmal in der Poesie der Dschinn! Und doch
schwöre ich bei Gott, dass Muhammads Sprache
[der Qur’an] keine Ähnlichkeit aufweist mit
irgendetwas, das ich kenne, und ich schwöre bei
Gott, seine Worte sind sehr süß und mit Schönheit
und Anmut geschmückt!“ (83)

Wenn der Qur’an hätte nachgeahmt werden können, dann hätte


irgendein Dichter oder Linguist mit etwas Besserem oder zumindest

134 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Wer ist der Autor des Qur’ans?

Ähnlichem kommen können. Der Islamwissenschaftler Navid Kermani


erklärt diesen Punkt: “Offenbar hatte der Prophet in diesem
Streit mit den Dichtern Erfolg, andernfalls hätte sich der
Islam nicht wie ein Lauffeuer verbreitet.“ (84)
Was ist mit den heutigen Arabern? Die Araber des 7. Jahrhunderts
waren wegen ihrer Beherrschung der Sprache besser dazu geeignet, den
Qur’an herauszufordern. Da sie dabei scheiterten, wäre es unvernünftig
zu erwarten, dass ein moderner Araber die sprachlichen Fähigkeiten
seiner Vorfahren übertreffen könnte. Der Grund dafür ist, dass das
moderne Arabisch die Reinheit des klassischen Arabisch durch die
Aufnahme von Lehnwörtern verloren hat. Wie kann also ein Araber,
der das Produkt einer linguistisch degenerierten Kultur ist, einem
Araber gleich sein, der in eine linguistisch reine Umgebung eingetaucht
war? Auch wenn ein moderner Araber klassisches Arabisch lernt, kann
er sprachlich nicht jenen gleichkommen, die in einer Kultur geboren
und großgezogen wurden, die diese Sprache beherrschte.

Ein Nicht-Araber?
Der Qur’an kann nicht von einem Nicht-Araber stammen, da die Sprache
des Qur’ans Arabisch ist. Die Beherrschung der arabischen Sprache
ist die Voraussetzung dafür, den Qur’an erfolgreich herauszufordern.
Was, wenn ein Nicht-Araber die Sprache lernt? Das würde diese Person
arabischsprachig machen, jedoch haben wir bereits gesehen, dass auch
ein Araber den Qur’an nicht hätte verfassen können. Wie verschiedene
akademische Studien außerdem zeigen, gibt es Unterschiede zwischen
Muttersprachlern und denen, die es nicht sind. Zum Beispiel gibt es
Unterschiede zwischen Englischsprachigen, bei denen nur ein Elternteil
Englisch als Muttersprache hat und Englischsprachigen, bei denen beide
Elternteile Englisch als Muttersprache haben. Sprecher mit nur einem
Elternteil mit muttersprachlicher Kompetenz weisen bei bestimmten
Aufgaben eine schlechtere sprachliche Leistung auf. (85) Forschungen
der Professoren Kenneth Hyltenstam und Niclas Abrahamsson
zeigen, dass sogar zwischen nicht-kompetenten Muttersprachlern
und kompetenten Nicht-Muttersprachlern haarfeine Unterschiede
bestehen. (86)
Schlussfolgernd wäre es also absurd zu behaupten, dass der Qur’an, ein
Buch, das den Gipfel der arabischen Eloquenz darstellt, das Produkt

135
eines Nicht-Arabers oder Nicht-Muttersprachlers sein kann.

Der Qur’an bietet die Antwort


Wie wir gesehen haben, war der Prophet Muhammad weder ein
geschulter Dichter, noch hatte er eine Neigung zur Poesie. Zu
behaupten, dass er ein Genie war, das keine poetische Ausbildung und
keine Korrektur, Ergänzungen oder Verbesserungen beim Erfassen des
Qur’ans benötigte, ist unerhört. Besonders wenn wir in Betracht ziehen,
dass es bis zur heutigen Zeit kein Werk gegeben hat, das hinsichtlich
seiner Eloquenz und literarischer Einzigartigkeit mit dem Qur’an
vergleichbar ist. Darüber hinaus gibt es zahlreiche andere Argumente,
die wir in diesem Abschnitt behandelt haben, wie zum Beispiel
Muhammads auffallende Ehrlichkeit, die Unterschiede zwischen seiner
persönlichen Sprechweise und dem Qur’an u.ä. Es scheint deutlich zu
sein, dass der Qur’an nicht vom Propheten Muhammad, und übrigens
auch nicht von einem anderen Menschen, stammen kann. Die beste
Antwort auf die Frage, wer den Qur’an verfasst hat, steht im Qur’an
selbst:

„(Dies ist) die Offenbarung des Buches von Allah, dem


Allmächtigen und Allweisen. * Wir haben das Buch mit der
Wahrheit zu dir hinabgesandt. (…)“ (39:1-2)

136 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Einige
Schlussgedanken
In diesem Buch haben wir viele unglaubliche Aspekte des Qur’ans
behandelt, und doch haben wir nur die Spitze des Eisbergs gesehen.
Der Qur’an hat so viel mehr zu bieten, dem kein anderes Buch gerecht
werden kann. Was auch immer über den Qur’an gesagt oder geschrieben
wird, es wird niemals seine Worte und deren Bedeutungen zureichend
beschreiben oder erfassen können: „Sag: Wenn das Meer Tinte für
die Worte meines Herrn wäre, würde das Meer wahrlich zu
Ende gehen, bevor die Worte meines Herrn zu Ende gingen,
auch wenn Wir als Nachschub noch einmal seinesgleichen
hinzubrächten.“ (18:109)

Der Qur’an ist ein Wunder, das zweifellos von Gott, dem Allmächtigen
kommen muss. Es wird von den Muslimen als Beweis für die Existenz
Gottes verstanden, weil nur Er ein solches Werk verfassen konnte. Da
der Qur’an Gottes Botschaft an die Menschheit ist, ergibt es Sinn,
dass Muhammad ein Gesandter Gottes ist, da er derjenige ist, dem die
Botschaft überreicht wurde.
Während in diesem Buch viele intellektuelle Gründe für den Glauben
an den Qur’an behandelt wurden, stellt sich die Frage, ob es noch etwas
gibt, das darüber hinaus geht? Woran liegt es wohl, dass die Botschaft
des Qur’ans heutzutage bei über 1,5 Milliarden Muslimen, beinahe
einem Viertel der Menschheit, seinen Nachhall findet - Menschen aller
Rassen, Nationalitäten und Hintergründe? Der Qur’an erklärt uns,
dass Gott den Menschen mit einer natürlichen Veranlagung erschaffen
hat: „So richte dein Gesicht aufrichtig zur Religion hin als
Anhänger des rechten Glaubens, - (gemäß) der natürlichen
Anlage Allahs, in der Er die Menschen erschaffen hat. (…)“
(30:30)

137
Das bedeutet, dass alle Menschen mit der natürlichen Veranlagung
geboren werden, dem Schöpfer zu gehorchen. Eltern, Freunde und
die Gesellschaft mögen ein Kind aus diesem natürlichen Zustand
herausnehmen. Unser Schöpfer offenbarte den Qur’an, ein Buch, das
mit der angeborenen Veranlagung des Menschen im Einklang ist, um
uns in diesen natürlichen Zustand zurückzubringen. Das Wort Islam
bedeutet, Frieden durch Gottesgehorsam zu erlangen, und ein Muslim
ist derjenige, der den Islam praktiziert.
Im Zentrum des Qur’ans steht eine sehr einfache, aber tiefgreifende
Botschaft: Es gibt nichts, das der Anbetung würdig ist, außer dem
allmächtigen Gott, und Muhammad - Friede sei mit ihm - ist sein
Gesandter. Das ist der Kern des muslimischen Glaubens. Der Islam
ist keine passive Lebensweise. Wenn wir Gott tatsächlich lieben, dann
sollte dies in unseren Handlungen sichtbar sein. Eine der wichtigsten
Handlungen jedes Muslims ist das tägliche Gebet. Doch Gott braucht
diese Gebete nicht. Gott hat keine Bedürfnisse und ist vollkommen
eigenständig. Wir sind es, die mit diesem Bedürfnis erschaffen wurden,
um inneren Frieden zu finden: „(Es sind) diejenigen, die glauben
und deren Herzen im Gedenken Allahs Ruhe finden. Sicherlich,
im Gedenken Allahs finden die Herzen Ruhe!“ (13:28)
Denken Sie mal über Ihre größten Errungenschaften im Leben nach.
Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Buches würde ich sagen, dass
ich die größten Errungenschaften meines Lebens in einigen Sätzen
zusammenfassen kann. Denken Sie über Ihr eigenes Leben nach. Ist es
nicht erschreckend, dass ein ganzes Leben auf einige Worte reduziert
werden kann, wenn wir die ganzen weltlichen Dinge, wie Schlafen und
Essen, weglassen? Wir verbringen ein Drittel unseres Lebens im Schlaf.
Was ich sagen will, ist, dass das Leben kurz ist und dass wir bald, sehr
bald, alle sterben werden. Doch der Tod ist nicht das Ende. Der Qur’an
lehrt, dass es den Jüngsten Tag gibt, an dem Gott uns alle versammeln
wird und an dem wir für alles, was wir getan haben, zur Verantwortung
gezogen werden. Diejenigen, die gut und Gott gehorsam waren, werden
ewig in vollkommener Freude und Wonne im Paradies leben. Da wird
es keinen Hass oder Zorn oder Neid geben, nur Friede und Glück,
körperlich und geistig. Was für eine wunderschöne Bleibe das ist! Das
ist das, wozu uns unser Schöpfer einlädt: das Paradies.
Rechtleitung kommt von Gott allein, aber die Aufrichtigkeit, ihn

138 Die ewige Herausforderung: Eine Reise durch die Wunder des Qur’an
Einige Schlussgedanken

anzuerkennen und anzubeten, kommt aus unserem freien Willen. Ich


lade Sie dazu ein, sich Ihrem Schöpfer zu unterwerfen, indem Sie den
Islam annehmen. Um Muslim zu werden und in die Gemeinschaft des
Islams einzutreten, muss man es einfach in seinem Herzen bekennen
und das folgende Glaubensbekenntnis aussprechen:
Ich bezeuge, dass niemand das Recht hat, angebetet
zu werden, außer Allah, und ich bezeuge, dass
Muhammad - Friede sei mit ihm - der Gesandte
Allahs ist. (Oder auf Arabisch: aschhadu alla-
ilaha-illa-llah wa-aschhadu anna Muhammadan-
rasulullah.)

Sie können als neuer Muslim Unterstützung bekommen, indem Sie uns
unter folgendem Link neuemuslime.iera.org kontaktieren.

Mögen Gottes Friede, Segen und Rechtleitung mit Ihnen sein.

139
Referenzen
1 – Life in the Universe, Scientific American, October 1994, p. 49.

2 – Infants ‘have natural belief in God’, The Age National (Australia).


Accessed 7th February 2015:
http://www.theage.com.au/national/infants-have-natural-belief-in-
god-20080725-3l3b.html

3 – Justin L. Barrett, Born Believers: The Science of Children’s Religious


Belief, Free Press, 2012, pp. 35 – 36.

4 – To learn more about why denying God is like denying reality you
can read this essay:
http://www.hamzatzortzis.com/2256/denying-god-denying-reality-
why-we-dont-need-evidence-for-god/

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14 – To learn more about the abundance of literary features in the


Qur’an you can read this essay:
http://www.hamzatzortzis.com/essays-articles/exploring-the-quran/
three-lines-the-changed-the-world-the-inimitability-of-the-shortest-
chapter-in-the-qur%E2%80%99an/

15 – Mary Douglas, Thinking in Circles 16, 35.

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20 – Preface to The Centuries - a letter to his son.

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21 – Historians’ History of the World, vol. 7, p. 159; vol. 8, pp. 94 – 95
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A copy of the recording is available on request.

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