Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
ERICH KÄSTNER
Darum dachten sie nur an den Handel. Nicht einmal an ihren alten Vater dachten sie. Und er war
krank und der hatte kein Geld. Und der wusste, dass er bald sterben sollte. Aber er war zu stolz,
um seine Söhne um Hilfe zu bitten. Außerdem dachte er wohl an das Wort: „Ein Vater kann
leichter zwölf Kinder ernähren als zwölf Kinder einen Vater ". Meine Mitter horte, wie krank der
Vater war und ging in die Hechtstraße zu Onkel Franz und bat ihn, etwas für den Vater zu tun. Das
tat er auch. Er schickte dem Vater ein paar Mark und einen Brief mit herzlichen Grüßen und den
besten Wünschen für die väterliche Gesundheit. Den Brief schickte er nicht selber. Das tat seine
Frau Tante Lina. Onkel Franz hatte dafür keine Zeit. Zum Begräbnis kurze Zeit später reiste er
aber persönlich. So war er nun auch wieder nicht. Für Familienereignisse hatte man Zeit, besonders
für Begräbnisse. Da trafen die Verwandten sich. Mit Taschentüchem die Augen und die
Nasenspitzen wurden rot und die Tränen waren sogar echt. Auch für den folgenden
Leichenschmaus war Zeit. Und beim Essen war man sogar richtig traurig, wie es sich gehörte.
Beim Kaffee und Kuchen wurde gelacht und beim Kognak züngeln die ehemaligen
Kaninchenhändler leise ihre goldenen Taschenuhren aus der Weste. Sie hatten es wieder eilig:
Adieu! Wir sehen uns bald wieder! Ach, es war gerade so gemütlich nur ah! Es war gerade so
gemütlich! Nur bei ihren eigenen Begräbnis blieben sie länger.