Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Bleiburg.
Zur Geschichte und Aktualität
des Ustaša-Treffens
in Kärnten/Koroška
MIT UNTERSTÜTZUNG VON MITHERAUSGEGEBEN VON
IMPRESSUM www.no-ustasa.at
info@no-ustasa.at
/AK-BleiburgPliberk
AK Bleiburg/Pliberk.
Wien/Dunaj, April 2019. @noustasa_at
Inhalts-
verzeichnis
Einleitung Seite 07
- Pavla Apovnik,
Zeitzeugin aus Bleiburg/Pliberk
führende Übersicht bilden. In sechs Artikeln An dieser Stelle wollen wir uns bei al-
werden folgende Aspekte behandelt: der his- len bedanken, die diese Broschüre
torische Hintergrund, der Mythos Bleiburg, durch ihre Mitarbeit und Unterstützung
die Geschichte des Gedenkortes, der Ablauf möglich gemacht haben: Layouter_innen,
der Inszenierung und ihre Gäste, die Rolle Übersetzer_innen, Lektor_innen, externe
der Behörden und anderer Akteur_innen Autor_innen und bei allen, die bei der Re-
sowie die zur Schau gestellten Symbole. Wir cherche mitgewirkt haben. Vielen Dank.
hoffen, damit eine brauchbare Einführung
zur Verfügung zu stellen. Erhältlich ist die Gegen jeden Geschichtsrevisionismus!
Broschüre auf Deutsch, Slowenisch, Bos- Smrt fašizmu!
nisch-Kroatisch-Serbisch und Englisch. AK Bleiburg/Pliberk, April 2019
Mitten im Prozess der Broschürenproduk-
tion stellten sich auf politischer Ebene zwei
Veränderungen ein: Die Bundesregierung
novellierte das Symbolegesetz, das nun auch
manche Ustaša-Symbole verbietet, und die
katholische Kirche in Kärnten/Koroška
schränkte die Möglichkeiten ein, das Treffen
als religiöse Feier zu deklarieren. Die Aus-
wirkungen beider Veränderungen sind noch
nicht einzuschätzen.
Geschichtlicher
Abriss
10
Die jeweilige Kirche spielte eine essentielle der ersten Schritte in Richtung der geplan-
Rolle in der entsprechenden nationalen ten Vernichtung. Zudem mussten sie ei-
Identifizierung und in der Frage, wie sich nen Davidstern tragen, Serb_innen eine
die Kräfte im relativ jungen Staat verteilten. blaue Armbinde mit einem „P“ für „Pravo-
Zusätzlich stellte gerade das katholische slavac“ (Orthodoxe_r). Orthodoxen und
Kroatien für den Sitz der römisch-katho- Juden_Jüdinnen wurde der Zugang zu zahl-
lischen Kirche, den Vatikan, einen stra- reichen öffentlichen Plätzen wie Geschäf-
tegisch wichtigen Standort gegen die Or- ten, Restaurants, öffentlichen Verkehrsmit-
thodoxie sowie den Islam am Balkan dar. teln, Bürogebäuden, Gehsteigen sowie das
Durch den Abschluss eines Konkordats, Leben in dutzenden Stadtteilen Zagrebs un-
eines Staatskirchenvertrages zwischen tersagt (vgl. Deschner 2012). Viele wurden
katholischer Kirche und jugoslawischem gekündigt oder entlassen oder gleich ver-
Staat, spitzte sich die Kontroverse Ende haftet, die kyrillische Schrift verboten (vgl.
der 1930er zu. Sowohl serbisch-natio- Dedijer 2011). Orthodoxe Kirchen wurden zu
nale als auch kroatisch-nationale Bewe- katholischen gemacht, gegebenenfalls um-
gungen fühlten sich in ihren Interessen funktioniert zu Warenhäusern, Schlacht-
nicht genügend vertreten (vgl. Deschner häusern, Ställen, öffentlichen Toiletten,
1982). Die katholische Kirche bekam be- Gefängnissen, Hinrichtungsstätten oder
sondere Rechte im NDH-Staat zugesprochen, schlicht zerstört. Waren serbische Kinder
nicht zuletzt aufgrund ihrer Relevanz ausreichend jung und elternlos – beispiels-
für die Machtergreifung und Durchsetz- weise aufgrund Ermordung oder Deporta-
ung des Ustaša-Regimes. So verwundert tion der Eltern – nahm die kroatische Cari-
es auch nicht, dass die Proklamation des tas diese teilweise auf, um sie umzuerziehen 11
NDH mit den Worten „Gottes Vorsehung (vgl. Deschner 2012). Während unzählige
und der Wille unseres großen Verbündet- orthodoxe Geistliche umgebracht wurden,
en“ eingeleitet wurde und mit „Gott mit den gehörten hingegen katholische Priester
Kroaten! Für das Vaterland bereit!“ en- zu den ersten Funktionären der Ustaša.
dete (vgl. Hory/Broszat 1965). Unterdes- Sie waren „als oberste Feldlagerführer,
sen wurden der orthodoxen Kirche jegliche Lagerführer und als Bezirks- und Staats-
Rechte entzogen. Für Serb_innen bedeu- gauleiter eingesetzt“ (vgl. Dedijer 2011),
tete dies, dass sie entweder unter Zwang häufig aufgrund dessen, da sie sich schon
konvertieren mussten oder deportiert zuvor in ihrer Haltung gegen Jugoslawien
und/oder ermordet wurden. Am 3. Mai bemerkbar gemacht und profiliert hat-
1941 verabschiedete das Regime bereits die ten. Vor allem Mönche des Franziskaner-
„gesetzliche Verordnung zum Religions- ordens bekleideten bedeutende Posten im
wechsel“, in welcher unter anderem fest- System der Ustaša. Ihre Klöster dienten als
gelegt war, wer überhaupt übertreten konnte. Waffenlager oder Organisations- und Aus-
Orthodoxe Priester, Wohlhabende und Intell- bildungszentren. Angehörige des Ordens
ektuelle sollten demnach nur in Ausnahmefäl- fungierten als politische Berater, Zivilgou-
len konvertieren dürfen (vgl. Dedijer 2011). verneure und Henker in Konzentrations-
Das Vermögen wie Eigentum der ser- lagern. Nach dem Krieg nahmen Fran-
bisch-orthodoxen Kirche und wohl- ziskanerklöster in Österreich, Italien und
habender Orthodoxer wurde vielfach der Frankreich flüchtende Ustaša und Nazis bei
römisch-katholischen Kirche übertragen. sich auf (vgl. Deschner 1982).
Juden_Jüdinnen wurden enteignet – einer
12 Parade der 13. SS-Division ‚Handschar‘, die
Großmufti Amin al-Husseini zusammen mit
SS-Offizieren abnahm, 1944 (Quelle: Bundes-
archiv, Bild 146-1980-036-05/Unbekannt/CC-
BY-SA 3.0).
Literatur
Dietrich, Stefan (2008). Der Bleiburger
Opfermythos. In: Zeitgeschichte. 35. Jg.
Heft 5. S. 298-317.
len. Ziel scheint mittels dort vergrabener Čvrljak, Carla (2015). Die Tragödie von Blei- 25
burg. Zwischen Kult und Wahrheit. Diplomar-
Knochen, die allerdings erst beschafft hätten beit, Universität Wien.
werden müssen, eine Festigung des Mythos
Kolstø, Pål (2010). Bleiburg. The Creation
der „Bleiburger Tragödie“ zu sein. 2013 wurde
of a National Martyrology. In: Europe-Asia
mit dem Bau begonnen. Den österreichischen Studies, Jg. 62, H. 7, 09. S. 1153-1174.
Behörden wurde der Plan einer Umfriedung
Parlament.gv.at (2017). Anfragebeantwor-
erstmals 2010 mitgeteilt. Nach medialer Be- tung. Einsatz bei rechtsextremer Ustaša-Feier
richterstattung beteuerte die Gemeinde Blei- in Bleiburg/Pliberk (117776/AB), https://
burg/Pliberk und die Bezirkshauptmannschaft www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/
AB_11776 /index.shtml (zuletzt aufgerufen am
Völkermarkt/Velikovec, dass das Vorhaben 23.10.2018).
gestoppt worden sei und bereits erteilte Wid-
Pavlaković, Vjeran (2008). Red stars, black
mungen zurückgezogen worden seien. Die
shirts: Symbols, Commemorations, and
katholische Kirche Kärnten/Katoliška Cerkev contested histories of World War Two in
Koroška besteht darauf, der Errichtung eines Croatia. In: The National Council for Eurasian
and East European Research Working Papers,
Beinhauses nicht zustimmen zu wollen. Im Washington.
Mai 2017 antwortete Wolfgang Sobotka (ÖVP),
damals Innenminister, auf eine parlamenta-
rische Anfrage, es liege kein Antrag auf Exhu-
mierung und Umbettung vor (vgl. Parlament.
gv.at 2017). Seither ist es um den Friedhof still ge-
worden – es ist allerdings zu befürchten, dass bei
der Thematik Friedhof erstmal alle dagegen sind,
aber am Ende niemand etwas verhindern wird.
Die Protago-
nist_innen
Die originale Vereinsfahne ist
bis heute für die Feier zentral;
hier während des Marsches
(Prozession) von Unter-Loibach/
Spodnje Libuče zum Loibacher
Feld/Libuško polje (Quelle: AK
Bleiburg/Pliberk, 2017).
geschichten, das Bürger_innen an Identitäten Tage vor der Feier und legen Kränze nieder.
und Erfahrungen des Ustaša-Regimes koppelt, Zu verhängnisvoll erscheint die Blöße, auf in-
erlaubt einen Austausch von rechtsextremem ternationaler Bühne die eigene Person mit der
und geschichtsrevisionistischem Gedanken- Veranstaltung und deren Teilnehmer_innen
gut, der bis tief hinein in das konservative poli- assoziiert zu sehen. Von kirchlicher Seite war
tische Lager sowie die kroatische katholische es Želimir Puljić, der Erzbischof von Zadar, der
Kirche reicht. 2018 die Messe leitete. Es handelt sich dabei
In diesem Sinn steuert das kroatische Parla- um jenen Geistlichen, der drei Jahre zuvor ein
ment unter einer HDZ-Mehrheit nicht nur zur Referendum über die Wiedereinführung des
Finanzierung der Veranstaltung bei, es sind re- faschistischen Grußes „Za dom spremni“ im
gelmäßig auch höchste politische Amtsträger_ kroatischen Militär vorgeschlagen hatte (vgl.
innen vor Ort. 2016 erschienen beispielsweise Novi List 2015).
der damalige Vize-Premier Tomislav Kara-
marko (HDZ) sowie der neofaschistische Kul-
turminister Zlatko Hasanbegović (HDZ). Andere
Premiers und selbst die aktuelle rechts-außen
Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović hinge-
gen besuchen die Gedenkstätte häufig wenige
… UND DIE ÜBRIGEN
VERDÄCHTIGEN
In diesem Gemenge prominenter, öffentli-
cher Personen werden Kriegsverbrecher wie
Dario Kordić hofiert. Kordić war ein Politik-
er der bosnisch-herzegowinischen HDZ, der
aufgrund von Verbrechen gegen die Mensch-
lichkeit vom Internationalen Strafgerichtshof
in Den Haag zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde.
Seine hervorragenden Beziehungen etwa zu
Miroslav Piplica, dem Obmann der HDZ-Filiale
in Österreich und Mitveranstalter diverser Kul-
turveranstaltungen in Wien, machen ihn zum
gern gesehenen Gast (vgl. Der Standard 2014).
Fast selbstredend nutzen auch Funktionär_in-
nen der neofaschistischen Partei HČSP oder
der einschlägige Fernsehjournalist Velimir
Bujanec in Loibach/Libuče das Treff-
en als Bühne. Dieser outete sich während
der Bürgerkriege der 1990er als ein offener
30 Ustaša-Anhänger und ist mittlerweile über
die Bekanntheit seiner eigenen Fernseh-Talk-
Show zu einem HDZ-Mitglied mutiert, das
beste Beziehungen zur Staatsspitze unterhält
(vgl. Balkan Insight 2016). Der kroatische Neofaschist und Journalist,
Velimir Bujanec, auf der Feier 2016 umringt
Die rechtsextreme Vernetzung findet in
von Fans (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, 2016).
Loibach/Libuče auch auf transnational-
er Ebene statt: So waren bereits die FPÖ/
FPK-Politiker_innen Anneliese Kitzmüller, seit
2017 Dritte Nationalratspräsidentin Österre-
ichs, ebenso wie Josef Lobnig, der Dritte Präsi-
dent des Kärntner Landtags, willkommene
Gäste der Gedenkfeier. Während der kroa-
tische Rechtsextremist Tomislav Sunić beim
SS-Totengedenken am Ulrichsberg/Šenturška
gora redete, besuchten umgekehrt Vertreter_
innen des Kärtner Deutschnationalismus wie
Willi Überfellner (Kärntner Abwehrkämpfer-
bund) oder Peter Mussi (Akademische Sänger-
schaft Tauriska zu Klagenfurt) 2017 die Veran-
staltung in Bleiburg/Pliberk.
Beifall kommt von zahlreichen Sympathisant_
innen und Gläubigen, die großteils aus
Kroatien und der kroatischen Diaspora anre-
isen.
Literatur
Balkan Insight (2016). What were Nielsen, Christian Arboe (2018). The
the Ustasa for Minister Hasanbegovic, Yugoslav State Security Service and the
http://www.balkaninsight.com/en/ Bleiburg Commemorations. In: Croation
article/what-were-the-ustasa-for-min- political Science review, Vol 55. No 2
ister-hasanbegovic--02-12-2016 (zuletzt S. 50-70.
aufgerufen am 28.10.2018).
Novi List (2015). Crkva za referendum
Der Standard (2014). Jubel für o ustaskom pozdravu „Za dom spremni“,
Kriegsverbrecher, https://derstandard. http://www.novilist.hr/Vijesti/Hrvats-
at/2000001868816/Jubel-fuer-Kriegsver- ka/Crkva-za-referendum-o-ustaskom-
brecher (zuletzt aufgerufen am 28.10.2018). pozdravu-Za-dom-spremni (zuletzt
aufgerufen am 28.10.2018).
Kleine Zeitung (2015). 30.000 Kro-
aten am Loibacher Feld, https://www. Posvski-Vremeplov (2016). Pocasni blei-
kleinezeitung.at/kaernten/landespoli- burski vod, https://www.posavski-vreme-
tik/4732786/70-Jahrestag_30000-Kroat- plov.com/suzna-dolina/po%C4%-
en-am-Loibacher-Feld (zuletzt aufgerufen 8Dasni-bleibur%C5%A1ki-vod/ (zuletzt
am 28.10.2018). aufgerufen am 28.10.2018).
33
Inneres zuständig“ sei (vgl. Kurier 2018). So un- Nun gelten besondere Auflagen bei der „beab-
terstützenswert die klaren Worte zum Charak- sichtigte[n] Teilnahme von Vertretern auslän-
ter der Veranstaltung sind, so unverständlich discher Staaten“ (§ 2 Abs. 1a VersG). Das trifft
ist die Untätigkeit von Politik und Verwaltung. auf die Bleiburg-Feier zu – wäre da nicht der
Wie bereits beschrieben, ist die Feier in Blei- Umstand, dass der Kärntner Bischof per Un-
burg/Pliberk eine für die kroatische Innenpo- terschrift die Veranstaltung zu einer Messe
litik zentrale Veranstaltung, ein Fixpunkt im in- macht. 2019 wurde die Genehmigung erstmals
nenpolitischen Kalender. Entsprechend waren nicht erteilt. Die Auswirkungen dieser Ent-
die Gedenkfeiern 2015 und 2016 beispielsweise scheidung sind noch unklar.
Bühne für jeweils kurz darauf stattfindende
Wahlen. 2016 besuchten Tomislav Karamarko,
kroatischer Vize-Premier, und der neofaschis-
tische Kulturminister Zlatko Hasanbegović
das Treffen, um dieses zur Wahlwerbung zu
nutzen. Seit Recep Tayyip Erdoğans Wahl-
kampf in Österreich 2016 stehen Wahlwer-
bung und Wahlkampf ausländischer Parteien
und Mandatar_innen allerdings unter beson-
derer Beobachtung. Zusätzlich wurde 2017 das
Versammlungsrecht dahingehend geändert.
36
Wie deutlich geworden ist, nehmen an der wer zur Feier komme, da es sich um eine Pri-
Ustaša-Feier in Bleiburg/Pliberk zahlreiche vatveranstaltung handle und überhaupt die
Neonazis und organisierte Neofaschist_innen Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu
teil. Das wird auch nicht geleugnet, man tut schützen sei (vgl. Stellungnahme von Diözese
aber so, als könne das nicht verhindert werden: Gurk-Klagenfurt, LPD Kärnten und BH Völker-
Vertreter des Veranstalters sagen, sie hät- markt 2018).
ten darauf keinen Einfluss, sie hätten ja keine Für die Polizei und die Sicherheitsbehörden
Personen- oder Anwesenheitsliste, es handle im Bundesland Kärnten/Koroška ist au-
sich lediglich um eine Gedenkfeier der Kirche, genscheinlich nicht das Treffen selbst das
zu der alle kommen können. Die katholische Problem, sondern die negative Presse darüber:
Kirche beteuert, sie hätte keinen Einfluss auf Die Berichterstattung über faschistische
das Geschehen abseits der katholischen Messe, Symbole, verhetzende Lieder und Neonazis
das sei schließlich eine Privatveranstaltung. aus Österreich, Kroatien und Deutschland
Die Sicherheitsbehörden (LV Kärnten, LPD würde in der Öffentlichkeit zu Unsicherheit
Kärnten und BH Völkermarkt/Velikovec) ge- gegenüber und Kritik an der Exekutive führen.
ben zu Protokoll, dass man vorab nicht wisse, Außerdem würden die diversen Nachrichten-
Literatur:
Donnerbauer, Paul/Glanzl, Christopher
(2017). Hitlergrüße und Hakenkreuze: Das
war das Nazi-Gedenken der katholischen
Kirche in Bleiburg, https://www.vice.com/
de_at/article/9aezy3/hitlergrusse-und-
hakenkreuze-das-war-das-nazi-gedenk-
en-der-katholischen-kirche-in-bleiburg
(zuletzt aufgerufen am 16.3.2019).
Für die Ustaša-Feier sind nicht nur Ort, er in Bleiburg/Pliberk gezeigten und ver-
Personen und historische Daten von großer kauften Symbole ist daher in Österreich
Bedeutung, sondern auch die dort gezeigten nicht verboten. Während der Drucklegung
und verwendeten Symbole. Diese die- dieser Broschüre wurde eine Novelle des
40 nen den Teilnehmer_innen dazu, sich auf Symbolegesetzes beschlossen, mit der seit
einfache Weise mit den Inhalten der Ver- 1. März 2019 zwei Symbole der Ustaša ver-
anstaltung zu identifizieren beziehungs- boten sind, wobei eines in Bleiburg/Pliberk
weise durch die damit einhergehenden nie gezeigt wird. Dieses ist ein Ustaša-Wap-
historischen Verweise eine direkte positive pen mit einem darüber angebrachten blau-
Bezugnahme auf die faschistischen Ahn_in- en „U“ in einem roten Knotenmuster. Das
nen herzustellen. andere (Ustaša-U mit Granate) wird unten
erklärt.
VERBOT VON
SYMBOLEN MODERNISIERTE
ÜBERNAHME
Verschiedene österreichische Gesetze re- FASCHISTISCHER SYMBOLE
geln das Tragen faschistischer Symbole
(Verbotsgesetz, kurz: VerbG; Einführungs- Die Symbole des NDH-Staates werden in
gesetz zu den Verwaltungsverfahrens- den seltensten Fällen in ihren historischen
gesetzen, kurz: EGVG; Abzeichengesetz, Vorlagen, als vielmehr in modernisierten
kurz: AbzG; Symbolegesetz, kurz: SymbG), Varianten verwendet. So nutzten etwa im
sind aber zum Teil starr auf den historischen Kroatien-Krieg (1991-1995) Soldaten be-
Nationalsozialismus in Österreich gerichtet. ziehungsweise Paramilitärs Abwandlungen
Andere historische faschistische Bewegun- von Ustaša-Symbolen auf Fahnen oder Uni-
gen sind damit nicht oder nur schwer zu formen. Dies erschwert die richtige Zuord-
fassen (Pfeilkreuzler, Ustaša, Franquisten nung für Antifaschist_innen (nebenbei auch
usw.). Die Mehrzahl der auf der Ustaša-Fei- für Presse und Behörden).
» NDH-Fahne
(mit Ustaša- Emblem und
Ustaša-Wappen)
Dieses Beispiel zeigt die Fahne des NDH-
Staates (1941-1945) ohne Veränderung. Die
rot-weiß-blaue Fahne hat in der Mitte das
Ustaša-Wappen (mit Weiß beginnend) und
in der linken oberen Ecke ein blaues „U“
in einem roten Knotenmuster. Das Zeigen
ist in Hinblick auf die unter dieser Fahne
und im Namen des NDH-Staates begang-
enen Verbrechen höchst problematisch, aus
rechtlicher Sicht (VerbG, EGVG, AbzG,
SymbG) ist das Zurschaustellen sanktionslos.
» Ustaša-Emblem („U“)
Das zentrale Erkennungszeichen für die
Ustaša ist das „U“. Es wurde historisch meist
in Kombination mit dem Ustaša-Wappen
verwendet, taucht darüber hinaus aber al-
41
leinstehend auf – sowohl historisch gesehen
als auch in Bleiburg/Pliberk. Das „U“ tritt in
Bleiburg/Pliberk in den verschiedensten
Kombinationen und Neugestaltungen in
Erscheinung. Das Zeigen dieses Symbols
(auf Fahnen, T-Shirts etc.) ist in Anbe-
tracht der im Namen der Ustaša begang-
enen Verbrechen höchst problematisch,
jedoch in den allermeisten Fällen straffrei.
» Ustaša-Wappen
(Schachbrett)
Das Ustaša-Wappen besteht aus einem
Schachbrettmuster (kroatisch: Šahovnica/
Schachbrett) mit einem 5×5-Feld, wobei
dieses mit einem weißen Feld beginnt. Es
ist vom heutigen Staatswappen der Re-
publik Kroatien streng zu unterscheiden
(Schachbrett; mit rotem Feld beginnend).
Das Ustaša-Wappen ist das zentrale Sym-
bol der Ustaša und des NDH-Staates. Es
tauchte bereits in der faschistischen Pro-
paganda vor 1941 auf und erlangte im NDH-
Staat seine Erhebung zum Staatswappen.
Als solches zierte es Propagandaplakate,
die Uniformen von Domobrani, Ustaša,
kroatischen Wehrmachts-Angehörigen,
der kroatischen SS-Einheit (13. Waf-
fen-Gebirgs-Division der SS „Handschar“),
Flugzeuge der kroatischen Luftwaffe usw.
Das Ustaša-Wappen ist außerdem wichtiger
Bestandteil vieler anderer Symbole, etwa
der paramilitärischen HOS, des Bleiburger
Ehrenzugs etc. Es wurde von der 13. Waf-
fen-Gebirgs-Division der SS „Handschar“
als Ärmelabzeichen getragen. Damit fällt
es unter die Verbotsnorm des österreichis-
chen Abzeichengesetzes. Es darf in Öster-
reich weder gezeigt noch verkauft werden.
Zuwiderhandeln ist mit einem Strafrahmen
bis zu 4.000 Euro und Beschlagnahme des
Symbols/Objekts zu ahnden, wobei die
Kärntner Behörden die Vollziehung mit
42 Verweis auf die Verwendung des Wappens
vor 1941 ablehnt.
» Reichsadler mit
Ustaša-Wappen
Anscheinend um die ideologische und poli-
tische Intention hinter dem Ustaša-Wappen
zu unterstreichen, wird dieses teilweise auf
T-Shirts mit dem Reichsadler des NS-Staats
kombiniert. Der Reichsadler hält dabei
das Ustaša-Wappen – statt des Haken-
kreuzes – in seinen Fängen, um so einen
klaren Bezug sowohl zum faschistischen
NDH-Staat als auch zum nationalsozialis-
tischen Deutschland herzustellen. Als „Er-
satzsymbol“ für ein NS-Symbol fällt es un-
ter das Abzeichengesetz, das Tragen oder
Verkaufen dieses Symbols ist in Österreich
verboten und zeitigt eine Verwaltungsstrafe
bis zu 4.000 Euro, wobei die Kärntner Be-
hörden den Vollzug dieses Gesetzes ableh-
nen.
» Parteifahnen
Zahlreiche kroatische Rechtsparteien sind
in Bleiburg/Pliberk vertreten (ersichtlich
aufgrund von Fahnen, T-Shirts, Jacken,
Kränzen usw.), ihre Symbole und Fahnen
nicht verboten. Diese Parteien und ihre
Logos sind:
46
» Crna legija
Die „Crna legija“ („Schwarze Legion“) war
sowohl eine Untereinheit der Ustaša-Armee
als auch eine Untereinheit der HOS, die sich
wiederum bewusst auf erstere bezog. Beide
verübten zahlreiche Kriegsverbrechen und
Gräueltaten während des Zweiten Welt-
kriegs respektive während des Kroatien-
kriegs. Bezüge zur Crna legija werden im
Zuge der Bleiburg-Feier durch zahlreiche
getragene und zum Kauf angebotene Fah-
nen und T-Shirts hergestellt. Sie sind nicht
verboten, es sei denn, sie enthalten andere
verbotene Symbole.
» Ustaša-U mit Kreuz
Was in (Groß-)Städten wie in Wien oft als
Graffiti an Wänden zu sehen ist, ist in Blei-
burg/Pliberk kaum zu finden: das Ustaša-U
mit Kreuz darüber. Im Kontext von Graf-
fiti dient es vor allem der Raumeinnahme,
meist im Wettbewerb mit anderen natio-
nalistischen Symbolen. Ein Grund, war-
um es in Bleiburg/Pliberk kaum auf der
Bildfläche erscheint, ist die Tatsache, dass
die Behörden sich ja nicht einmal an den
originalgetreuen faschistischen Symbolen
stoßen – wozu sich also mit Ersatzsymbol-
en aufhalten? Das Ustaša-U mit Kreuz ist
nach keinem österreichischen Gesetz ver-
boten.
Glossar
Abramović, Ilija; *1925 in Kroatien; Ustaša, Bleiburger Ehrenzug (Počasni Bleiburški
lebt seit 1945 in Kärnten/Koroška, Grün- vod, kurz: PBV); 1953 in Klagenfurt/Ce-
dungsmitglied des Bleiburger Ehrenzugs, lovec von ehemaligen Ustaša gegründeter
Funktionär der katholischen Kirche in Kla- geschichtsrevisionistischer Verein. Organi-
genfurt/Celovec. siert das Gedenken in Bleiburg/Pliberk und
wird durch die kroatische Regierung finan-
Abzeichengesetz (AbzG); 1960 beschlos- ziell unterstützt.
senes Gesetz, verbietet die Zurschaustel-
lung von Symbolen in Österreich verbo- britisch-befreite Zone; im Kontext dieser
tener Organisationen unter Androhung ein- Broschüre die im Mai 1945 von der britischen
er Verwaltungsstrafe; betrifft Symbole des Armee befreiten und dann verwalteten Teile
Nationalsozialismus. Kärnten/Koroškas.
Erdoğan, Recep Tayyip; *1954; autoritärer Haider, Jörg; *1950, †2008; rechtsextremer
Präsident der Republik Türkei. österreichischer Politiker, früher FPÖ, dann
BZÖ. Von 1989-2000 Vorsitzender der FPÖ,
Exodus; im Alten Testament beschriebener 1989-1991 sowie 1999-2008 Landeshaupt-
Auszug der Israelit_innen aus Ägypten. mann von Kärnten/Koroška.
Hrvatska čista stranka prava (HČSP); „Kro- Jasenovac; Ort in Kroatien. In unmittelbarer
atische Partei des puren Rechts“, rechtsex- Nähe befand sich das Konzentrationslager
treme, neofaschistische Partei, bezieht sich Jasenovac, das größte Konzentrationslager
positiv auf die Ustaša. des NDH.
Österreichische Volkspartei (ÖVP); rechts- Radić, Stjepan; *1871, †1928; Politiker und An-
konservative österreichische Partei. Auf Bun- führer der „Kroatischen Bauernpartei“.
desebene seit 20.12.2017 mit der FPÖ in einer
Regierungskoalition. Rolf, Tomislav; *1899, †1945; Ustaša, General
des NDH.
Partisan_innen, jugoslawische; im Kontext
dieser Broschüre Widerstandskämpfer_in- Sanader, Ivo; *1953; kroatischer Politiker,
nen gegen den Nationalsozialismus und Gesicht der „reformierten“ HDZ, von 2003-
italienischen Faschismus, die sich in der ju- 2009 Premierminister Kroatiens.
goslawischen Volksbefreiungsarmee organi- 53
sierten. Šahovnica/Schachbrett; umgangssprach-
liche Bezeichnung für das Wappen Kroatiens.
Pavelić, Ante; *1889, †1959; Führer der Ustaša Es findet sich historisch wie auch im Wappen
und des Unabhängigen Staates Kroatien. der Republik Kroatien, wo es links oben mit
einem roten Feld beginnt. Im NDH wurde das
Perković, Marko; Gründer und Frontmann Wappen ebenso verwendet, allerdings beginnt
der 1991 gegründeten rechtsextremen kro- dieses links oben mit einem weißen Feld.
atischen Rockband Thompson. Die Band ist
nach dem Spitznamen Perkovićs – Thomp- Sobotka, Wolfgang; *1956; Politiker der ÖVP,
son – benannt, dieser leitet sich von dem von 21.4.2016-18.12.2017 Innenminister, ab dem
Gewehr ab mit dem Perković im Kroatien- 20.12.2017 Erster Präsident des Österreich-
krieg gekämpft haben soll. ischen Nationalrates.
Perón, Juan; *1895, †1974; General; autokra- Starčević, Ante; *1823, †1896; kroatischer Na-
tischer Präsident Argentiniens. tionalist, Politiker, Autor und Mitbegründer
der Kroatischen Partei des Rechts. Er forderte
Pfeilkreuzler; Anhänger_innen des ein Großkroatien und war Gegner einer ju-
ungarischen Faschismus in seiner organisa- goslawischen Idee. Er wird bis heute für sein
torischen Form von 1935-1945, welcher sich Eintreten für den kroatischen Nationalstaat
explizit am Nationalsozialismus orientierte. gefeiert.
Sunić, Tomislav; *1953; kroatischer und gabe war die Bekämpfung und Liquidierung
US-amerikanischer Doppelstaatsbürger und von äußeren wie inneren Feind_innen und
ehemals in verschiedenen kroatischen, diplo- Gegner_innen des realsozialistischen Jugo-
matischen Funktionen tätig (1993 bis 2001); slawiens.
Nationalist, Antisemit und aktiv innerhalb des
neonazistischen white nationalist-Spektrums Ustaša Hrvatska Revolucionarna Organ-
in den USA. izacija (Kroatische Revolutionäre Organ-
isation der Aufständischen), Ustaša; 1929
Symbolegesetz (SymbG); Bundesgesetz gegründete kroatische faschistische Be-
mit dem ursprünglich die Verwendung wegung, die als rechtsextremer, terroris-
von Symbolen der Gruppierungen Isla- tischer Geheimbund begann und dann die
mischer Staat und Al-Quaida verboten Macht im NDH übernahm.
wurde. 2018/2019 Ausweitung auf weitere
Gruppierungen, darunter die Ustaša. Verbotsgesetz (VerbG); österreichisches
Bundesverfassungsgesetz, das die Ent-
Thompson; rechtsextreme kroatische Roc- nazifizierung regelte und Wiederbetäti-
kband, benannt nach dem Gewehr, mit wel- gung im nationalsozialistischen Sinn sowie
chem der Frontmann der Band, Marko Per- Leugnung und Huldigung von NS-Verbre-
ković, im Kroatienkrieg kämpfte. chen sanktioniert.
Tuđman, Franjo; *1922, †1999; geschichts- Vukojević, Vice; *1936; Politiker der HDZ,
54 revisionistischer Historiker und Politiker ehemaliger Abgeordneter im kroatischen
sowie Mitbegründer der HDZ. Er war von Parlament, von 1999-2007 kroatischer Ver-
1990-1999 autokratischer Präsident der Re- fassungsrichter.
publik Kroatiens.
Waffen-SS; Teil der SS, ab 1939 die Bez-
Überfellner, Willi; Funktionär des Kärntner eichnung für die schon früher gegründeten
Abwehrkämpferbunds. militärischen Verbände der SS. Der Waf-
fen-SS gehörten Kampfverbände wie auch
Ulrichsberg/Šenturška gora; 1022m ho- Wachmannschaften für Konzentrations-
her Berg in der Nähe von Klagenfurt/Ce- und Vernichtungslager an.
lovec, eine Kirchenruine am Berg dient als
Gedenkstätte für diverse (Waffen-)SS-Ver- Wehrmacht; reguläre Streitkräfte des na-
bände. Neben dem Zollfeld/Gosposvetsko tionalsozialistischen Deutschlands. Beteiligt
polje Schauplatz des revisionistischen Ul- am Angriffskrieg, Vernichtungskrieg und an
richsberg-Treffens. massiven Kriegsverbrechen.
Unabhängiger Staat Kroatien (Nezavisna Za dom spremni; übersetzt: Für die Hei-
Država Hrvatska, kurz: NDH); kroatischer mat bereit; Seit den 1930er der Wahl-
faschistischer NS-Vasallenstaat, 1941-1945. spruch und Gruß der Ustaša, welcher
während des Zweiten Weltkrieges äquiva-
Uprava državne bezbednosti (UDBA); 1946 lent zu »Heil Hitler« verwendet wurde.
gegründete Geheimpolizei Jugoslawiens,
1966 in SDB umbenannt. Ihre Hauptauf-
Literatur-
empfehlungen:
Calic, Marie-Janine: Geschichte Jugoslawiens. München, C.H.Beck, 2018.
Goldstein, Slavko: 1941, Das Jahr, das nicht vergeht. Die Saat des Hasses auf
dem Balkan. Frankfurt/M., S. Fischer-Verlag, 2018.