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Mythos

Bleiburg.
Zur Geschichte und Aktualität
des Ustaša-Treffens
in Kärnten/Koroška
MIT UNTERSTÜTZUNG VON MITHERAUSGEGEBEN VON

Zudem danken wir für die Unterstützung der folgenden Studienvertretungen


Fakultätsvertretung GEWI, IG PoWi, StV|BaGru_Soziologie, IGGerm,
StRV/IG-Geschichte, Roter Vektor Mathematik, Roter Vektor Physik, Roter Börsenkrach.

IMPRESSUM www.no-ustasa.at
info@no-ustasa.at
/AK-BleiburgPliberk
AK Bleiburg/Pliberk.
Wien/Dunaj, April 2019. @noustasa_at
Inhalts-
verzeichnis
Einleitung Seite 07

Geschichtlicher Abriss Seite 08

Der Mythos von Bleiburg Seite 18

Vom Acker zur Pilgerstätte Seite 24

Die Protagonist_innen Seite 28


Die österreichischen Behörden und das Ustaša-Treffen Seite 34

Symbole während des Ustaša-Treffens Seite 42


Glossar Seite 50
»Den Grund, auf dem heute das Denkmal steht, haben die
Loibacher Bauern den Ustaši geschenkt. Meist waren das ja
Nazis. Die Bauern, die keine waren, haben ihnen trotzdem
ungefähr 100 Meter Weg gerichtet und ihn schön geschottert,
so dass sie mit den Autos hinkommen können.«

- Pavla Apovnik,
Zeitzeugin aus Bleiburg/Pliberk

Seit Jahren wird das geschichtsrevisio- der Besucher_innen zu verschrecken oder


nistische Gedenken am Loibacher Feld/Li- zumindest zu ärgern, das Treffen bleibt in
buško polje bei Bleiburg/Pliberk beobachtet seinen Grundzügen aber das, was es war.
und ist Gegenstand antifaschistischer Kri- Das Bier wird nun kurzerhand im Vorhinein
tik. Trotz dessen Reichweite wurde dem getrunken, die Devotionalien werden jetzt
Treffen bisher nur marginal Aufmerk- am Parkplatz verkauft, und die mit den
samkeit entgegengebracht. Wir leben ja verbotenen Symbolen bedruckten T-Shirts
schließlich in Österreich. 2015 – im Jubi- schlichtweg umgedreht. Es ist und bleibt
läumsjahr der Geschehnisse von Bleiburg eines der größten rechtsextremen Treffen
– besuchten die Veranstaltung circa 30.000 Europas.
Menschen. Die Rekordzahl an Teilneh- Die Arbeit des AK Bleiburg/Pliberk begann
menden ließ sie erstmals vermehrt in den im Jahr 2016, Anfang 2017 traten wir mit
Fokus einer kritischen Öffentlichkeit rück- unserem Blog (www.no-ustasa.at) an die
en. Auch wenn diese Größenordnung nicht Öffentlichkeit. Die vorliegende Broschüre
wieder erreicht wurde, zieht das Gedenken ist ein Querschnitt mehrjähriger Recherche
an ein faschistisches Regime jedes Jahr kon- zum jährlichen Gedenken am Feld und
stant über 10.000 Menschen an. 2017 kam es stellt den Versuch dar, unsere Arbeit einem
schließlich zu einer weitläufigeren Medi- breiteren Publikum zugänglich zu machen.
endebatte, 2018 folgten rechtliche Auflagen, Während auf unserem Blog umfassende
gesteigertes Medieninteresse und -präsenz. Analysen und Kontextualisierungen zu fin-
Diese Entwicklung scheint zwar einen Teil den sind, soll diese Publikation eine ein-
Einleitung

führende Übersicht bilden. In sechs Artikeln An dieser Stelle wollen wir uns bei al-
werden folgende Aspekte behandelt: der his- len bedanken, die diese Broschüre
torische Hintergrund, der Mythos Bleiburg, durch ihre Mitarbeit und Unterstützung
die Geschichte des Gedenkortes, der Ablauf möglich gemacht haben: Layouter_innen,
der Inszenierung und ihre Gäste, die Rolle Übersetzer_innen, Lektor_innen, externe
der Behörden und anderer Akteur_innen Autor_innen und bei allen, die bei der Re-
sowie die zur Schau gestellten Symbole. Wir cherche mitgewirkt haben. Vielen Dank.
hoffen, damit eine brauchbare Einführung
zur Verfügung zu stellen. Erhältlich ist die Gegen jeden Geschichtsrevisionismus!
Broschüre auf Deutsch, Slowenisch, Bos- Smrt fašizmu!
nisch-Kroatisch-Serbisch und Englisch. AK Bleiburg/Pliberk, April 2019
Mitten im Prozess der Broschürenproduk-
tion stellten sich auf politischer Ebene zwei
Veränderungen ein: Die Bundesregierung
novellierte das Symbolegesetz, das nun auch
manche Ustaša-Symbole verbietet, und die
katholische Kirche in Kärnten/Koroška
schränkte die Möglichkeiten ein, das Treffen
als religiöse Feier zu deklarieren. Die Aus-
wirkungen beider Veränderungen sind noch
nicht einzuschätzen.
Geschichtlicher
Abriss

Gebiet des faschistischen NDH-Staats ab 1941 sowie der


durch die Achsenmächte (Italien, Deutschland) besetz-
ten umliegenden Gebiete des ehemaligen Königreichs
Jugoslawiens (Quelle: Wikimedia, public domain).
EIN SÜDSLAWISCHER
STAAT ENTSTEHT

Aus dem Zerfall Österreich-Ungarns ging


im Jahr 1918 das neu gegründete Königreich
der Serben, Kroaten und Slowenen („Kral-
jevina Srba, Hrvata i Slovenaca“, kurz: SHS),
eine konstitutionelle Monarchie, die große
Teile des Balkans umfasste, hervor. Seit An-
beginn standen einzelne politische Kräfte
dem Zentralismus des neuen Staates skep-
tisch gegenüber. Wesentliche Akteurin für
einen unabhängigen kroatischen Staat war
die „Kroatische Republikanische Bauern-
partei“ („Hrvatska seljačka stranka“, kurz:
HSS) sowie die völkische „Kroatische Partei
des Rechts“ („Hrvatska stranka prava“, kurz:
HSP), aus welcher später die Ustaša ent-
standen. Die kroatische Bauernpartei, die
bei den jugoslawischen Wahlen im Jahr 1920
drittstärkste Kraft wurde, verweigerte bis
ins Jahr 1924 jegliche Parlamentsarbeit und 7
befand sich in Fundamentalopposition zum
SHS-Staat.

AUS DER HSP WERDEN


DIE USTAŠA
Bereits 1915 wurde der spätere „Poglavnik“
(„Führer“) der Ustaša-Bewegung, Ante
Pavelić, Parteisekretär der 1861 gegrün-
deten HSP. Die HSP lehnte ausnahmslos
jede Form eines jugoslawischen Staates ab
und forderte ein völkisches Großkroatien.
Gemeinsam mit der HSS bildete sie die
kroatisch-nationale Opposition Jugosla-
wiens. Diese Zusammenarbeit hielt aller-
dings nur bis ins Jahr 1924, als die Bauernpartei
eine Loyalitätserklärung zum jugoslawi-
schen Staat beziehungsweise dem König-
reich der Serben, Kroaten, Slowenen abgab
und sich an der Regierung sowie an der Ar-
beit im Parlament beteiligte. Damit gab die
Bauernpartei ihre Blockierung des zentral-
istischen Staates auf und forderte fortan verringerte das faschistische Italien kon-
mehr Autonomie innerhalb des Staates (vgl. tinuierlich seine Unterstützung, bis ein
Hory/Broszat 1967). Freundschaftsvertrag zwischen Italien
Als im Jahr 1928 die innerjugoslawischen und Jugoslawien im Jahr 1937 diese bis auf
Spannungen einen Höhepunkt erreicht hat- Weiteres beendete: Die Ausbildungslager
ten, der Anführer der Kroatischen Bauern- wurden aufgelöst, die Führung der Ustaša
partei Stjepan Radić sowie zwei weitere Ab- unter polizeiliche Bewachung gestellt und
geordnete im Parlament erschossen wurden ihre Mitglieder inhaftiert. Auch im „Dritten
und König Alexander I. in Folge eine Königs- Reich“ gab es Unterstützer_innen und or-
diktatur errichtete, ging die Bauernpartei ganisatorische Strukturen der Ustaša, ein
wieder in strikte Opposition. Unter diesen so offener Rückhalt wie in Italien existierte
Umständen sah die HSP die Zeit für einen – hauptsächlich aus diplomatischen Erwä-
faschistischen Umsturzversuch gekommen gungen heraus – allerdings nicht. Damit
und begann ihre Tätigkeiten auf militante wurde die Aktivität der Ustaša von 1937-1941
Aktionen auszuweiten. Es wurden bewaff- empfindlich eingeschränkt (vgl. Hory/Bro-
nete Gruppen eingerichtet, die unverzüglich szat 1967).
antiserbische Anschläge verübten. Bald er-
kannte die HSP jedoch, dass es zu keiner DIE GRÜNDUNG DES
kroatisch-nationalen Revolution kommen UNABHÄNGIGEN STAATES
werde, unter anderem weil die Bauernpartei KROATIEN (NDH)
unter ihrer neuen Führung nicht gewillt war,
8 die Aktivitäten der HSP zu unterstützen. Im Jahr 1941 trat das Königreich Jugo-
Mit der Proklamation des Königreichs Ju- slawien wegen des starken Drucks von
goslawien und dem damit einhergehenden Nazideutschland den Achsenmächten
Verbot aller Parteien im Jahr 1929 wurde (Deutschland, Italien, Japan) bei und gab damit
die „Kroatische Revolutionäre Organisa- seine Politik der Neutralität auf. Aufgrund des-
tion der Aufständischen“ („Ustaša Hrvatska sen kam es zu einem Staatsstreich in Jugosla-
Revolucionarna Organizacija“, kurz: Ustaša) wien, der die vorangegangene Neutralitäts-
gegründet. Pavelić und seine Vertrauten politik wiederherstellen wollte. Als Reaktion
gingen ins Ausland, knüpften dort Kon- auf den Putsch fiel zehn Tage später, am 6.
takte mit exilkroatischen und politisch ver- April 1941, NS-Deutschland in Jugoslawien ein.
wandten Organisationen und gingen dazu Am 10. April wurde der „Unabhängige Staat
über, paramilitärische Einheiten aufzubau- Kroatien“ („Nezavisna Država Hrvatska“, kurz:
en. Es entstanden zwei Ausbildungslager im NDH) ausgerufen und nachdem Vladko Maček
faschistischen Italien, das die Ustaša unter- (HSS) bereits im Vorfeld der Gründung die
stützte, zusätzlich ein weiteres in Ungarn. Staatsführung abgelehnt hatte, übernahm
In den folgenden Jahren kam es nicht nur diese der am 15. April von seinem Exil nach Za-
zu einer regen Propagandaaktivität, son- greb zurückgekehrte Pavelić (vgl. Calic 2010).
dern auch zu Anschlägen und Aufstandsver- Mit der Proklamation des NDH entstand ein
suchen inner- und außerhalb Jugoslawiens Staat, welcher Teile des Gebiets des heutigen
(vgl. Hory/Broszat 1967). Kroatiens sowie des heutigen Bosnien und
Infolge des tödlichen Attentats auf den ju- Herzegowinas und Serbiens (Zemun) umfasste.
goslawischen König Alexander I. im Jahr Neben einem kroatisch-verwalteten Territori-
1934, das den Ustaša zugeschrieben wurde, um gab es eine deutsche wie auch eine italie-
nische Militärzone. De facto bedeutete das,
dass der NDH ein Vasallenstaat des faschis-
tischen Italiens und des nationalsozialistischen
Deutschlands war, allerdings das Gros seines
Staatsgebiets selbst kontrollierte und frei agie-
ren konnte. Infolge der Machtübernahme wurde
versucht, die Gesellschaft nach dem Vorbild
des nationalsozialistischen Deutschlands neu
zu strukturieren, so wurden bereits, am 17. April
1941, mit der Einführung des „Gesetz[es] zum
Schutz von Volk und Staat“, die Nürnberger
Rassengesetze übernommen (vgl. Calic 2010).
Es kam unmittelbar zu antiserbischen und
antisemitischen Maßnahmen und Aktionen.
Eine Besonderheit des NDH, im Gegensatz zu
anderen Verbündeten Deutschlands, war die
eigenständige Verwaltung eines KZ-Systems,
welches ohne deutsche Hilfe betrieben wurde.
In dessen größtem Konzentrationslager Jase-
novac wurden 80.000-90.000 Serb_innen,
Juden_Jüdinnen, Roma_Romnij und politische
9
Gegner_innen ermordet (vgl. Radonić 2004).
Neben der NDH-Armee und der kroatischen
Gendarmerie unterhielten die Ustaša reguläre
und irreguläre Milizen. Gleich den National-
sozialist_innen befehligten die Ustaša eine
Eliteeinheit – das 1. Regiment der Ustaša-Miliz,
die „Crna Legija“ („Schwarze Legion“). Bekannt
für zahlreiche Massaker wird sie bis heute auf
dem Loibacher Feld/Libuško polje verehrt (vgl.
Korb 2013). Im Sommer 1941 ermordeten Ustaša
mehr als 100.000 Serb_innen in Massener- NDH-Propagandaplakat, 1942; der kroatische
Faschismus reiht sich neben den Achsenmächten
schießungen und vertrieben weitere 200.000 Deutschland und Italien ein; Übersetzung „Kampf
nach Serbien (vgl. Korb 2010). Bald wendeten des vereinten Europas“ (Quelle: Anton Brilly/
NDH-Staat, 1942; Jareb/Bekavac: Politički plakat u
die Ustaša-Milizen dieselben Techniken an wie NDH. Zagreb, 2015, S. 76).
die deutschen Einsatzgruppen gegen die Zivil-
bevölkerung in der eroberten Sowjetunion:
Zusammentreiben von Gefangenen, Ausheben
lassen von Gruben, Massenerschießung in die
Gruben (vgl. Korb 2013). Im Vernichtungsanti-
semitismus und im Beziehen auf die Ideologie
der als arisch definierten Volksgemeinschaft
zeigten sich am deutlichsten ideologische Ge-
meinsamkeiten zwischen dem Nationalsozial-
ismus und der Ustaša-Bewegung. Der wichtig- DAS KATHOLISCHE
ste Unterschied zwischen beiden ist die
KROATIEN UND DIE USTAŠA
klerikale katholische Stoßrichtung der Ustaša.
Gleichzeitig war auch der italienische Faschis- Eines der Konfliktfelder des SHS-Staates
mus ein wichtiger Bezugspunkt für die Ustaša. und später des Königreichs Jugoslawien
Ihre Geisteshaltung kann wohl als „Synthese war von Anfang an die Religion, gerade weil
aus NS und Faschismus unter Anpassung an sie als Indiz nationaler Zugehörigkeit galt.
die kroatischen Zustände“ (vgl. Radonić 2004) 5,5 Millionen Einwohner_innen (ca. 46%)
am besten beschrieben werden. gehörten dem orthodoxen, 4,7 Millionen
(ca. 39%) dem römisch-katholischen und
1,3 Millionen (ca. 11%) dem muslimischen
Glauben an (vgl. Deschner 1982). Zudem gab
es vereinzelt protestantische und jüdische
Gemeinden. Vor allem die beiden vorherr-
schenden religiösen Strömungen trugen
national aufgeladene Machtstreitigkeiten
aus. Serbien setzte sich ebenso wie Maze-
Gemeinsamer Aufmarsch von kirchlichen
donien und Montenegro überwiegend aus
Würdenträgern und Funktionären des NDH-
Staates, September 1944; rechts im Bild: Bischof Orthodoxen, Slowenien und Kroatien aus
Alojzije Stepinac (Quelle: NDH-Staat 1944,
gemeinfrei).
Katholik_innen zusammen.

10
Die jeweilige Kirche spielte eine essentielle der ersten Schritte in Richtung der geplan-
Rolle in der entsprechenden nationalen ten Vernichtung. Zudem mussten sie ei-
Identifizierung und in der Frage, wie sich nen Davidstern tragen, Serb_innen eine
die Kräfte im relativ jungen Staat verteilten. blaue Armbinde mit einem „P“ für „Pravo-
Zusätzlich stellte gerade das katholische slavac“ (Orthodoxe_r). Orthodoxen und
Kroatien für den Sitz der römisch-katho- Juden_Jüdinnen wurde der Zugang zu zahl-
lischen Kirche, den Vatikan, einen stra- reichen öffentlichen Plätzen wie Geschäf-
tegisch wichtigen Standort gegen die Or- ten, Restaurants, öffentlichen Verkehrsmit-
thodoxie sowie den Islam am Balkan dar. teln, Bürogebäuden, Gehsteigen sowie das
Durch den Abschluss eines Konkordats, Leben in dutzenden Stadtteilen Zagrebs un-
eines Staatskirchenvertrages zwischen tersagt (vgl. Deschner 2012). Viele wurden
katholischer Kirche und jugoslawischem gekündigt oder entlassen oder gleich ver-
Staat, spitzte sich die Kontroverse Ende haftet, die kyrillische Schrift verboten (vgl.
der 1930er zu. Sowohl serbisch-natio- Dedijer 2011). Orthodoxe Kirchen wurden zu
nale als auch kroatisch-nationale Bewe- katholischen gemacht, gegebenenfalls um-
gungen fühlten sich in ihren Interessen funktioniert zu Warenhäusern, Schlacht-
nicht genügend vertreten (vgl. Deschner häusern, Ställen, öffentlichen Toiletten,
1982). Die katholische Kirche bekam be- Gefängnissen, Hinrichtungsstätten oder
sondere Rechte im NDH-Staat zugesprochen, schlicht zerstört. Waren serbische Kinder
nicht zuletzt aufgrund ihrer Relevanz ausreichend jung und elternlos – beispiels-
für die Machtergreifung und Durchsetz- weise aufgrund Ermordung oder Deporta-
ung des Ustaša-Regimes. So verwundert tion der Eltern – nahm die kroatische Cari-
es auch nicht, dass die Proklamation des tas diese teilweise auf, um sie umzuerziehen 11
NDH mit den Worten „Gottes Vorsehung (vgl. Deschner 2012). Während unzählige
und der Wille unseres großen Verbündet- orthodoxe Geistliche umgebracht wurden,
en“ eingeleitet wurde und mit „Gott mit den gehörten hingegen katholische Priester
Kroaten! Für das Vaterland bereit!“ en- zu den ersten Funktionären der Ustaša.
dete (vgl. Hory/Broszat 1965). Unterdes- Sie waren „als oberste Feldlagerführer,
sen wurden der orthodoxen Kirche jegliche Lagerführer und als Bezirks- und Staats-
Rechte entzogen. Für Serb_innen bedeu- gauleiter eingesetzt“ (vgl. Dedijer 2011),
tete dies, dass sie entweder unter Zwang häufig aufgrund dessen, da sie sich schon
konvertieren mussten oder deportiert zuvor in ihrer Haltung gegen Jugoslawien
und/oder ermordet wurden. Am 3. Mai bemerkbar gemacht und profiliert hat-
1941 verabschiedete das Regime bereits die ten. Vor allem Mönche des Franziskaner-
„gesetzliche Verordnung zum Religions- ordens bekleideten bedeutende Posten im
wechsel“, in welcher unter anderem fest- System der Ustaša. Ihre Klöster dienten als
gelegt war, wer überhaupt übertreten konnte. Waffenlager oder Organisations- und Aus-
Orthodoxe Priester, Wohlhabende und Intell- bildungszentren. Angehörige des Ordens
ektuelle sollten demnach nur in Ausnahmefäl- fungierten als politische Berater, Zivilgou-
len konvertieren dürfen (vgl. Dedijer 2011). verneure und Henker in Konzentrations-
Das Vermögen wie Eigentum der ser- lagern. Nach dem Krieg nahmen Fran-
bisch-orthodoxen Kirche und wohl- ziskanerklöster in Österreich, Italien und
habender Orthodoxer wurde vielfach der Frankreich flüchtende Ustaša und Nazis bei
römisch-katholischen Kirche übertragen. sich auf (vgl. Deschner 1982).
Juden_Jüdinnen wurden enteignet – einer
12 Parade der 13. SS-Division ‚Handschar‘, die
Großmufti Amin al-Husseini zusammen mit
SS-Offizieren abnahm, 1944 (Quelle: Bundes-
archiv, Bild 146-1980-036-05/Unbekannt/CC-
BY-SA 3.0).

DIE 13. SS-DIVISION


„HANDSCHAR“
Im März 1943 begann die Aufstellung der gowinischen Muslimen sowie aus einem
„1. Kroatische-SS-Freiwilligen-Division“, Viertel bis Drittel (nicht-muslimischer)
der späteren „13. Waffen-Gebirgs-Division Kroaten zusammen (vgl. Korb 2010). Die
der SS“. Die Rekrutierung erfolgte inner- „Handschar“ trug Symbole des nationalso-
halb der Grenzen des NDH-Staates, ins- zialistischen Deutschlands, das NDH-Wap-
besondere in Gegenden mit bosnischer pen und bekam statt Feldgeistlicher
Bevölkerungsmehrheit. Binnen kürzester muslimische Feldimame (aus Zagreb) zur
Zeit meldeten sich 12.000 Soldaten, die im Betreuung zugeteilt. Diese Formation
bayrischen Mittenwald und in Südfrank- stellte den ersten praktischen Versuch dar,
reich ausgebildet wurden. Die sowohl auf die gemeinsame Klammer des Antisemitis-
Adolf Hitler als auch Ante Pavelić vereidigte mus zwischen Islam und Nationalsozial-
Einheit erhielt deutsche und österreich- ismus nutzbar zu machen. Ihre Soldaten
ische Offiziere und bestand schlussendlich empfingen ideologische Schulungen zu
aus etwa 25.000 Soldaten. Sie setzte sich diesen Fragen, auch die Feldimame betrie-
mehrheitlich aus bosnischen und herze- ben antisemitische Agitation.
Von 1943 bis 1945 war die Elitetruppe an Truppen Kontakt aufnahmen, um zu kapitu-
zahlreichen Operationen im NDH-Staat lieren. Letztgenannte lehnten allerdings
beteiligt. Je bedrohlicher die Lage für den eine Kapitulation in ihrer Zone ab, weswe-
NDH-Staat wurde, umso mehr Soldaten gen die Einheiten gezwungen waren, sich
desertierten: teilweise um in ihre Dörfer der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee
zu gelangen, teilweise um zu den Parti- zu ergeben, von welcher sie auf jugosla-
san_innen überzulaufen – manchmal in wisches Gebiet geführt wurden. Auf dem
Hundertschaften mitsamt Ausrüstung. Im Weg zurück kam es zu Racheaktionen, de-
Herbst 1944 spitzten sich die Umstände nen Zehntausende zum Opfer fielen. Aus
so zu, dass eine Entwaffnung der Einheit diesen Ereignissen wurde späterhin der
seitens der Offiziere empfohlen wurde – Bleiburger Opfermythos konstruiert. Ent-
was die Desertionen noch verstärkte. Ende gegen dem Mythos fanden in Bleiburg/
1944 entließ man aufgrund dessen einen Pliberk nie Erschießungen statt, diese er-
Großteil der Soldaten, wobei die deutschen eigneten sich auf jugoslawischem Staats-
und österreichischen über Ungarn nach gebiet. Bleiburg selbst stellt auch nicht die
Österreich flohen, während sich die bos- Kapitulation der Ustaša dar, sondern ist
nischen und kroatischen im Mai 1945 in eher eine unter mehreren, die sich in diesen
Bleiburg/Pliberk zahlreich wiederfanden. Gebieten zutrugen (vgl. Dietrich 2008).
Etliche Tausend (mitunter hochrangige und
DAS ENDE bedeutende) Ustaša-Funktionäre konnten
DES NDH sich, eingerechnet ihrer Angehörigen, ins
Exil retten, wo sie Anschluss an sympathi-
Mit dem Vordringen der jugoslawischen sierende kroatische Exilgruppen fanden 13
Volksbefreiungsarmee und der sich ab- und von wo aus sie ihre propagandistischen
zeichnenden Kapitulation der deutschen und organisatorischen Tätigkeiten fort-
Wehrmacht begannen Ustaša-Verbände setzen konnten. Pavelić selbst flüchtete
eingeschlossen hochrangiger Funktionäre, über die katholische Rattenlinie nach Ar-
Domobranen, deren Sympathisant_innen, gentinien. Unter dem Schutz des Macht-
Četniks, deutsche Wehrmachts- und (Waff- habers Peron stehend gründete er eine
en-)SS-Truppen etc. vor den vorrückenden Exilregierung. Später musste er aufgrund
Partisan_innen zu flüchten, und zwar in eines Attentats nach Spanien fliehen, wo er
Richtung britisch-befreiter Zone. Sie er- erneut unter Obhut, diesmal Francos, stand
hofften sich, dort kapitulieren zu können, und 1959 starb (vgl. Dietrich 2008, sowie
um – sich ihrer Verbrechen und der damit Deschner 1965).
einhergehenden Angst vor Vergeltungsak-
tionen bewusst – nicht in jugoslawische
Gefangenschaft zu geraten. Die jugoslaw-
ische Volksbefreiungsarmee beabsichtigte
dies mit allen Mitteln zu verhindern, es
wurde versucht, die Fluchtroute abzu-
schneiden. Dadurch kam es bis zum 25. Mai
1945 noch zu starken militärischen Ausein-
andersetzungen. Einige faschistische Ein-
heiten erreichten am 14. Mai das Loibacher
Feld/Libuško Polje, wo sie mit britischen
VOM SOZIALISTISCHEN trationslager Jasenovac Ermordeten herunter

JUGOSLAWIEN … und stellt sie der gleichen Zahl an angeblich


in Bleiburg/Pliberk von den Partisan_innen
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und Ermordeten gegenüber. Gleichzeitig spricht er
der Machtübernahme der Kommunistischen durchgehend von Jasenovac als „Arbeitslager“,
Partei Jugoslawiens, KPJ, wurde die Födera- behauptet, Juden_Jüdinnen seien an ihrer
tive Volksrepublik Jugoslawien gegründet. Vernichtung selbst schuld gewesen und pos-
Erinnerungspolitisch wurde im Sinne von tuliert Antisemitismus als eine Konstante der
„Bratstvo i jedinstvo“ („Brüderlichkeit und Geschichte. Er bestreitet die Ustaša-Verbre-
Einheit“), eine der zentralen Ideen des so- chen nicht, rechnet diese aber konsequent mit
zialistischen Jugoslawiens, gehandelt. Der jenen von Četniks und Partisan_innen auf, um
Partisan_innenkampf als Gründungslegen- sie relativieren zu können (vgl. Radonić 2008).
de Jugoslawiens hatte dafür die Voraussetz-
ungen geschaffen. So wurde alle Schuld den … ZUM HEUTIGEN
besiegten nicht-kommunistischen Feinden KROATIEN
zugeschoben, jedwede Diskussion über Täter_
innen, Opfer und Widerstandskämpfer_innen Im April 1990 gewann Franjo Tuđman und die
war unterbunden. Als einzig zulässige Erin- von ihm gegründete „Kroatische demokra-
nerung galt die Erinnerung an den antifaschis- tische Gemeinschaft“ („Hrvatska demokrat-
tischen Kampf – ein Konzept, das Elemente ska zajednica“, kurz: HDZ) die ersten freien
wie nicht-jugoslawischen Nationalismus, Wahlen in Kroatien. Anschließend an die
Täter_innenschaft und Faschismus aus der Unabhängigkeit Kroatiens im Juni 1991 berief
14 Öffentlichkeit beziehungsweise aus der De- sich der bis zu seinem Tod 1999 völkisch-au-
batte verbannte. Auf diese Weise sollte eine toritär herrschende Tuđman zunehmend
Art nationaler Harmonie hergestellt werden. positiv auf den NDH-Staat. Entsprechend
Dieses Nichtauseinandersetzen mit und Ver- wurden öffentliche Plätze nach Ustaša-Funk-
drängen der Vergangenheit und (reaktionärer) tionären umbenannt, Partisan_innendenk-
Ideologien sollte – besser konnte – nicht lange mäler entfernt und die Währung wurde (wie
funktionieren: Ab den 1960er/1970er Jahren im NDH) wieder zu Kuna (vgl. Calic 2010,
wurden nationalistische Bestrebungen lauter. sowie Radonić 2008). Obwohl sich die HDZ
Serbische und kroatische Historiker_innen heute als eine pro-europäische konservative
schürten vermehrt den Diskurs über die je- Partei zeigt, ist der bejahende Bezug auf den
weilige nationale Teilhabe an der Partisan_in- NDH ein fester Bestandteil ihrer Politik und
nenbewegung. Vor allem Franjo Tuđman, der weiter Teile der kroatischen Gesellschaft.
spätere erste Präsident der Republik Kroatien,
nahm dabei eine zentrale Stellung ein (vgl.
Radonić, 2008). Infolge der nationalistischen
Debatte entstanden in den 1980ern neue
Opfermythen. Anstatt zu einer wirklichen Auf-
arbeitung kam es also zu nationalistischem
„Erinnern“. Auch hier nahm Tuđman eine zen-
trale Rolle ein: Für das 1989 publizierte Werk
„Irrwege der Geschichtswirklichkeit“ trug er
seine Geschichtsauffassung zusammen: Darin
spielt er systematisch die Zahl der im Konzen-
Literatur
Calic, Marie-Janine (2010). Geschichte
Jugoslawiens im 20. Jahrhundert. München.

Dedijer, Vladimir (2011). Jasenovac. Das


jugoslawische Auschwitz und der Vatikan.
Freiburg.

Deschner, Karl-Heinz (1965). Mit Gott


und den Faschisten. Der Vatikan im Bunde
mit Mussolini, Franco, Hitler und Pavelić.
Stuttgart.

Deschner, Karlheinz (1982). Ein Jahrhun-


dert Heilsgeschichte. Die Politik der Päpste
im Zeitalter der Weltkriege. Von Pius XII.
1939 bis zu Johannes Paul I. 1978. Köln.

Deschner, Karlheinz (2012). Mit Gott


und den Faschisten. Der Vatikan im Bunde
mit Mussolini, Franco, Hitler und Pavelić.
Freiburg.

Dietrich, Stefan (2008). Der Bleiburger


Opfermythos. In: Zeitgeschichte. 35. Jg.
Heft 5. S. 298-317.

Hory, Ladislaus und Broszat, Martin


(1965). Der kroatische Ustascha-Staat 1941-
1945. München. 15

Hory, Ladislaus und Broszat, Martin


(2010). Der kroatische Ustascha-Staat 1941-
45. München.

Korb, Alexander (2010). The Germans


and the Ustaša-massacres. Syrmia 1942.
In: Pattingson, Juliett and Shepherd, Ben
(2010). War in a Twilight World. Partisan
and Anti-partisan warfare in Eastern Eu-
rope, 1939-1945. Basingstoke.

Korb, Alexander (2013). Im Schatten


des Weltkriegs. Massengewalt der Ustaša
gegen Serben, Juden und Roma in Kroatien
1941-1945. Hamburg.

Radonić, Ljiljana (2008). Vergangenheit-


spolitik in Kroatien – Vom Geschichtsrevi-
sionismus zur Aufarbeitung der Vergan-
genheit? In: Zeitgeschichte. 35. Jg. Heft 5.
S. 282-297.
Der
Mythos von
Bleiburg
16

Reaktionäre jeder Couleur versammeln REVISIONISTISCHE


sich jährlich an der Gedenkstätte am MYTHENBILDUNG
Loibacher Feld/Libuško Polje. Sie alle
gedenken einer Tragödie, die, so wie sie Zentrales Element des Mythos ist ein gemal-
dargestellt wird, nicht stattgefunden hat: tes Bild unbekannten Datums, welches jedes
einem angeblichen Massaker am Feld. Wie Jahr an der Spitze der Prozession getragen
im Text zuvor verdeutlicht, kam es am wird. Es zeigt geflüchtete Kroat_innen von
Loibacher Feld/Libuško polje jedoch nie zu Partisan_innen umringt, über der Szenerie
einem solchen. Hingegen gab es erwiesen- fliegt ein britisches Kampfflugzeug hinweg,
ermaßen Tote und Verletzte in den letzten britische Soldaten beobachten tatenlos das
Gefechten vom 14. und 15. Mai 1945 rund um Geschehen und die Erde erscheint blutge-
Bleiburg/Pliberk sowie diverse Suizide am tränkt. Das heldenhafte kroatische Volk, ver-
Loibacher Feld/Libuško polje, beispiels- raten von der britischen Armee, wird von den
weise den Suizid des Ustaša-Generals grausamen Partisan_innen massakriert – die
Tomislav Rolf. Die Vorstellung des vermeint- Opferinszenierung ist hier perfektioniert.
lichen Blutbads lebt aber im geschichtsrevi- Auch Bäume beinhaltet die Abbildung, obwohl
sionistischen Bewusstsein weiter. Für den diese in ihrer heutigen Form im Jahr 1945 auf
kroatischen Nationalismus und Neofaschis- dem Loibacher Feld/Libuško polje noch gar
mus stellt er einen entscheidenden Bezugs- nicht existierten. Der Mythos des Massakers
punkt dar. wurde hauptsächlich durch Veröffentlich-
ungen aus den exil-kroatischen Communi-
Ölbild, das das imaginierte Massaker darstellen soll; in der Bild-
ties nach 1945 kultiviert (vgl. Dietrich 2008). mitte werden Soldaten und Familien von Partisanen ermordet,
Im sozialistischen Jugoslawien gab es offiziell, im Vordergrund und links im Bild weggeleitet („Todesmarsch“),
rechts und oben im Bild ist die britische Armee, die die Kroaten
wie zuvor bereits geschildert, nur das Geden- verraten hat (Quelle: ubk., vermutlich kroatische Exil-Commu-
ken an den antifaschistischen Freiheitskampf nity).

(vgl. Radonić 2008). Unter Franjo Tuđman eta-


blierte sich ab 1990 schließlich die Opferthese
im kroatisch-nationalen Narrativ und wurde
zum staatstragenden Element, ermöglicht
durch die verstärkte Miteinbeziehung der exil-
kroatischen Communities und ihre Erzähl-
ungen der Geschehnisse.
1990 wurde das zu jugoslawischen Zeiten herr-
schende Tabu mit einem ersten distanzierten
Bericht, von der nun massiv beworbenen und
gut besuchten Gedenkveranstaltung, gebro-
chen. In dem Artikel der staatlichen Zeitung
„Vjesnik“ war von „einigen Hundert Bürgern
aus dem Exil und aus Kroatien“ die Rede,
während 1991 bereits von 1.100 und 1993 von
mehreren Tausend Besucher_innen berichtet
wurde. Schon 1992 war eine Delegation des
Das gerahmte Bild wird während der gesamten Feier
als Heiligtum mitgetragen (Quelle: AK Bleiburg/
Pliberk, 2017).

kroatischen Parlaments in Bleiburg/Pliberk der neueren Geschichte des kroatischen Vol-


vertreten, angeführt von Vice Vukojević, dem kes“ beziehungsweise der „größten Tragödie
Präsidenten der geschichtsrevisionistischen in der neueren kroatischen Geschichte“ (vgl.
Kommission für die Erfassung der Kriegs- und Radonić 2010) referiert wurde. Durch Formu-
Nachkriegsopfer, ebenso wie Delegationen der lierungen wie diese wurde das „kroatische Volk“
HDZ und der von dem Ustaša-Führer Pavelić zum Akteur gemacht und die 1945 getöteten
in der Emigration gegründeten Kroatischen Ustaša, Domobranen und Zivilist_innen mit
Befreiungsbewegung („Hrvatski oslobodilački diesem gleichgesetzt. Dass viele Kroat_innen
pokret“, kurz: HOP). Wurde im ersten vor- gegen das NDH-Regime kämpften – und zwar
sichtigen Vjesnik-Artikel von 1990 noch von im Gegensatz zu österreichischen Verhält-
der „so genannten Bleiburger Tragödie“ (vgl. nissen in entscheidendem Ausmaß – wurde
Radonić 2010) gesprochen, betonte indes 1992 dabei ausgeblendet. 1995 übernahm das kro-
ein Mitglied der Ustaša-Organisation HOP, atische Parlament die Schirmherrschaft über
Bleiburg sei „bloß der Beginn des schreck- das Treffen in Bleiburg/Pliberk, erstmals gab
lichsten Genozids in der Geschichte des kro- es eine Live-Fernsehübertragung und Tuđman
atischen Volkes“ (vgl. Radonić 2010) gewesen, erweiterte das Gedenken zu einem für alle im
während in einer Reportage ein weiteres Jahr Kroatienkrieg (1991-1995) für Kroatien Gefall-
später von „einem der tragischsten Daten in enen.
RELIGIÖSE
VERKLÄRUNGEN
Bei der Charakterisierung der Ereignisse
ist der häufige Gebrauch religiöser Be-
griffe auffallend. Die Wendung „Kreu-
zweg“, geprägt von den langjährigen Teil-
nehmer_innen aus dem Exil der
Gedenkveranstaltung, wird von An-
fang der Berichterstattung an für die
von Bleiburg/Pliberk ausgehenden
Märsche übernommen. Der Parla-
mentspräsident spricht bei der Gedenksitz-
ung im Parlament 1995 von der
„Bleiburger Tragödie und dem Golgo-
ta-ähnlichen Kreuzweg“ beziehungswei-
se von einem „nationalen Golgota“ (vgl.
Radonić 2010). Die Flucht Richtung Blei-
burg/Pliberk wird als „großer Exodus des
kroatischen Volkes“ (vgl. Radonić 2010)
bezeichnet. Außer den religiösen Kollek-
tivsymbolen werden auch Ausdrücke ver-
wendet, die eine Gleichsetzung mit dem
Schicksal von Juden_Jüdinnen anstreben,
etwa „Kolonne des Todes“ (vgl. Radonić
2010). Bei der ersten Bleiburg-Gedenk-
veranstaltung in Sarajevo ist explizit von
„Todesmärschen“ (vgl. Radonić 2010) die
Rede.
Die Ereignisse rund um Bleiburg/Pliberk
werden also mit dem Exodus des „auser-
wählten Volkes“, dem Opfer Jesu für die
Sünden der Menschheit, den Märschen
in der Schlussphase des NS-Regimes und
schließlich mit Konzentrationslagern
und dem Holocaust selbst auf eine Stufe
gestellt. Das „kroatische Volk“ wird einer-
seits mit den verfolgten Juden_
Jüdinnen verglichen, andererseits wird
Bleiburg als kollektives jesusgleiches
Opfer für die kroatische Wiederaufer-
stehung in Form der Eigenstaatlichkeit Vor Ort werden faschistische Symbole und Fahnen nicht
gedeutet. Die Geschichte des Zweiten nur offen getragen und zur Schau gestellt, sondern auch
am Gelände der Gedenkstätte in professionellen Verkaufs-
Weltkrieges wurde so weit verzerrt, dass ständen als auch improvisiert neben der Straße verkauft;
Bleiburg als Verbrechen am „kroatischen oben: Verkaufsstand mit kroatischer und faschistischer
Bekleidung, unten: Erinnerungsbild an den Führer des
Volkskörper“ interpretiert wird. NDH-Staates, Ante Pavelić (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk,
2008/2017).
KONKURRIERENDE novac regelmäßig mit dem „Heimatländ-

GEDENKEN ischen Krieg“ der 1990er und ersetzte


somit den „alten“ nationalen Opfermythos
Wie oben erläutert wurde in Kroatien in der „kroatischen Tragödie“ Bleiburg durch
der Ära Tuđman ab 1990 die jugoslawische einen neuen Mythos, demzufolge „die Kro-
Gedenkpolitik zugunsten des Mythos von aten“ in den 1990ern Opfer eines „neuen
Bleiburg verschoben: Das Gedenken an das Faschismus“ geworden wären.
KZ Jasenovac wurde mit den vermeintlichen
Vorkommnissen in Bleiburg/Pliberk gleich- JÜNGSTE
gestellt und somit der Holocaust und der ENTWICKLUNGEN
Genozid an Serb_innen und Roma_Romnja
relativiert. Nach dem Wahlsieg der sozialdemokra-
Nach Tuđmans Tod im Jahr 1999 und der tisch angeführten Koalition 2011 wurde
Abwahl der HDZ im darauffolgenden Jahr die Schirmherrschaft des Parlaments für
wurde zwar das nationale Gedenken in die Gedenkveranstaltung in Bleiburg/
Bleiburg/Pliberk zunächst unverändert Pliberk aufgekündigt. Mit dem Wahlsieg
fortgesetzt; jedoch gab es in Bezug auf der HDZ-Präsidentschaftskandidatin Ko-
Jasenovac einen Bruch mit der revisionis- linda Grabar-Kitarović 2015 und vor allem
tischen Vergangenheitspolitik der tuđman- mit der von der HDZ bestimmten Koalition
schen Periode - die Zeit ist geprägt von dem bei den Parlamentswahlen im selben Jahr –
Versuch, für Jasenovac das gleiche Maß an sowie bei der Wiederwahl 2016 – lässt sich
Aufmerksamkeit wie für Bleiburg einzu- jedoch ein Revival beobachten, inklusive er-
20 fordern. Der Revisionismus in Hinblick auf neuter parlamentarischer Protektion. Auch
die Ustaša-Verbrechen wurde nicht mehr wenn die Bedeutung, die diesem mythi-
nur von marginalisierten Akteur_innen, sierten Ort zugemessen wird, stark von der
sondern immerhin vom Präsidenten thema- jeweiligen Regierung abhängt, so bleibt er
tisiert. Als diskursive Wende kann Präsident anscheinend mit der kroatischen natio-
Stjepan Mesićs Verurteilung aller im Namen nalen Identität untrennbar verbunden. Die
des kroatischen Staates begangenen Ver- Begriffe „Kreuzweg“ und „Todesmärsche“
brechen bezeichnet werden, welche im Jahr sind bis heute in Kroatien so weit verbreitet,
2003 erfolgte. dass sie sogar in kritischen Texten über die
Die durch Ivo Sanader reformierte HDZ Gedenkkultur in Bleiburg/Pliberk unhin-
setzte nach ihrem Wahlsieg 2003, gegen terfragt verwendet werden.
ihre eigene Klientel, die Entfernung von
Ustaša-Denkmälern und die Umbenen-
nung von Straßen durch, die nach dem
Ustaša-Minister Mile Budak benannt ge-
wesen waren. Sanader sprach in Jasenovac
nicht mehr von Bleiburg und missbilligte
wie Mesić die Ustaša-Verbrechen. Er ver-
urteilte jedoch beharrlich die Vergehen des
„schwarzen und des roten Totalitarismus“
und relativierte die Ustaša-Verbrechen
durch den Verweis auf die sozialistischen.
Ferner verknüpfte er die Lehren aus Jase-
21

Literatur
Dietrich, Stefan (2008). Der Bleiburger
Opfermythos. In: Zeitgeschichte. 35. Jg.
Heft 5. S. 298-317.

Radonić, Ljiljana (2008). Vergangenheit-


spolitik in Kroatien – Vom Geschichtsrevi-
sionismus zur Aufarbeitung der Vergan-
genheit? In: Zeitgeschichte. 35. Jg. Heft 5.
S. 282-297.

Radonić, Ljiljana (2010). Krieg um die Er-


innerung: Kroatische Vergangenheitspolitik
zwischen Revisionismus und europäischen
Standards. Frankfurt/New York.
Vom
Acker
zur
Pilgerstätte
Auf österreichischer Seite der Grenze war es
für im Exil lebende Ustaša und ehemalige Sol-
daten des NDH auch nach 1945 möglich, Tref-
fen abzuhalten. Zu Allerheiligen 1952 kam es
zur ersten Gedenkveranstaltung am Friedhof
von Unterloibach/Spodnje Libuče, nahe der
Stadt Bleiburg/Pliberk (vgl. Čvrljak 2015). Am
Loibacher Feld/Libuško polje lagen zu diesem
Zeitpunkt lediglich Äcker. 1965 wurde ein er-
stes Grundstück von Bleiburger Bauern erwor-
ben, seitdem wurden auch dort Feierlichkeiten
abgehalten (vgl. Pavlaković 2008).
Anlässlich 40 Jahre Bleiburg gab es eine Initi-
ative, um einen Gedenkstein am Feld aufstel-
len zu lassen. Die österreichischen Behörden
lehnten ein Denkmal zuerst, vor allem aus
außenpolitischen Erwägungen, gänzlich ab.
Nach Ablauf eines Jahres erteilten sie ihre
Zustimmung unter der Bedingung, dass nicht
der „kroatischen Armee“, und damit unwei- Gedenkstein am Loibacher Feld/Libuško polje im Jahr
1987; das Bild zeigt den Stein in seiner ursprünglichen
gerlich der (Waffen-)SS, der Ustaša und den Gestaltung (Wappen noch weiß-schwarz), auch ist die
Domobrani, gedacht werden dürfe. Das 1987 Gedenkstätte noch nicht ausgebaut (Bühne, Friedhof;
Quelle: privat, 1987).
errichtete Denkmal erhielt daraufhin eine 23
zweisprachige Inschrift, wobei sich die beiden
Versionen inhaltlich nicht decken: „U ČAST I 1995 wurde eine weitere Gedenktafel von der
SLAVU / POGINULOJ / HRVATSKOJ VOJS- „Bruderschaft des kroatischen Drachens“
CI / SVIBANJ 1945 / ZUM GEDENKEN / AN („Družba Braća Hrvatskoga Zmaja“) angefertigt.
DIE / GEFALLENEN KROATEN / MAI 1945“. Es handelt sich um einen 1905 gegründeten,
Die wörtliche Übersetzung der kroatischen nationalistischen Geheimbund, welcher 1941
Fassung lautet korrekterweise: „Zu Ruhm und vom faschistischen NDH-Staat aufgewertet,
Ehren / der gefallenen / kroatischen Armee“. 1946 im sozialistischen Jugoslawien verboten
Links neben der Inschrift wurde ein christli- und 1990 wieder neu gegründet wurde. Auf
ches Kreuz aus Metall eingelassen, rechts dieser Gedenktafel wird „d[en] Opfer[n] des
davon ein Halbmond mit Stern – als Verweis Kreuzweges, der an diesem Ort am 15. Mai 1945
auf Ustaša-Soldaten muslimischen Glaubens seinen Anfang nahm“ und den „Söhne[n] und
und jene innerhalb der 13. Waffen-Gebirgs-Di- Töchter[n]“ gedacht, die „den Tod erlitten, weil
vision der SS „Handschar“. Des Weiteren wurde sie Volk und Heimat liebten“.
links neben dem Schriftzug das kroatische Im November 2003 sollte die Gedenkstätte
Wappen des NDH-Staates (Schachbrettmus- erweitert werden. Die Spenden kamen vor al-
ter; mit Weiß beginnend) eingraviert. lem von der HDZ-geführten kroatischen Re-
gierung. Insgesamt wendete sie 125.000 Euro
für den Umbau und Ankauf weiterer Grund-
2007 auf den neugekauften Grundstücken stücke auf (vgl. Čvrljak 2015, sowie Kolstø 2010).
errichtete feststehende Bühne samt Altar und
Das Bauvorhaben wurde seitens der öster-
Rednerpult, rechts daneben der Gedenkstein
(nicht am Bild). (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, reichischen Behörden, insbesondere des Blei-
2008).
Im Jahr 1995 am Loibacher Feld/Libuško polje
burger Bürgermeisters, mit dem Hinweis auf errichtete Gedenktafel der „Bruderschaft des
kroatischen Drachens“ im Gedenken an die
den Geschichtsrevisionismus der Feier und die „Toten von Bleiburg und an die Opfer des
Gefahr von „neonazistischen Versammlungen“ Kreuzweges“ (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, 2008).

24 abgelehnt. Der Vorstand des Bleiburger Ehren-


zuges fand jedoch Unterstützung innerhalb die Flächen des kroatischen Schachbrett-
der katholischen Kirche, der österreichischen musters weiß-rot ausgefüllt – davor waren
Bundesregierung ÖVP-BZÖ und der Kärntner die roten Felder noch nicht farbig ausgefüllt
Landesregierung Jörg Haiders. Im März 2004 gewesen – sodass seit dieser Veränderung
lag eine Genehmigung vor, im Juni wurde mit nun klar das Wappen des NDH und der 13.
den baulichen Änderungen begonnen. Waffen-Gebirgs-Division der SS zu sehen ist.
Eventuell schon 2007, spätestens 2008, wurde
EIN SCHRITT VORWÄRTS der Schriftzug nach Kritik aus Kroatien und den
UND ZWEI ZURÜCK Exil-Communities wieder zurückverändert. Zu
lesen ist seither – bis heute – die Fassung der
Nach leiser medialer Kritik an der Inschrift 1980er, die in der kroatischen Variante der „kro-
sah sich der Vorstand gezwungen, sich mit atischen Armee“ gedenkt. Das Schachbrettmus-
den Behörden auf eine textliche Änderung ter links neben der Inschrift wurde jedoch nicht
zu einigen, um den gewünschten massiven wieder entschärft, das Wappen des Ustaša-
Ausbau der Gedenkstätte (Parkplätze, Um- Staates bleibt in Stein gemeißelt. Im Zuge des
rahmung des Denkmals, Ständer für Kränze) Umbaus wurde rund um den Platz auf den
genehmigt zu bekommen. Folglich war ab 25. neu erworbenen Grundstücken in den Jahren
April 2005 kurzzeitig auf dem Denkmal zu 2006/2007 eine feststehende Bühne samt Altar
lesen: „U SPOMEN / NA NEDUŽNE ŽRTVE / und Rednerpult errichtet.
BLEIBURŠKE TRAGEDIJE / ZUM GEDENK- Zur umfassenden Neugestaltung ge-
EN / AN DIE UNSCHULDIGEN OPFER / DER hörte außerdem ein Soldatenfriedhof, der
BLEIBURGER TRAGÖDIE“. Ferner wurden am Gelände hätte angelegt werden sol-
Gedenkstein nach der Rückänderung des Textes;
Wappen mit weiß beginnend, kroatischer Text
mit Bezug auf die kroatische Armee (Quelle: AK
Bleiburg/Pliberk, 2008). Literatur

len. Ziel scheint mittels dort vergrabener Čvrljak, Carla (2015). Die Tragödie von Blei- 25
burg. Zwischen Kult und Wahrheit. Diplomar-
Knochen, die allerdings erst beschafft hätten beit, Universität Wien.
werden müssen, eine Festigung des Mythos
Kolstø, Pål (2010). Bleiburg. The Creation
der „Bleiburger Tragödie“ zu sein. 2013 wurde
of a National Martyrology. In: Europe-Asia
mit dem Bau begonnen. Den österreichischen Studies, Jg. 62, H. 7, 09. S. 1153-1174.
Behörden wurde der Plan einer Umfriedung
Parlament.gv.at (2017). Anfragebeantwor-
erstmals 2010 mitgeteilt. Nach medialer Be- tung. Einsatz bei rechtsextremer Ustaša-Feier
richterstattung beteuerte die Gemeinde Blei- in Bleiburg/Pliberk (117776/AB), https://
burg/Pliberk und die Bezirkshauptmannschaft www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/
AB_11776 /index.shtml (zuletzt aufgerufen am
Völkermarkt/Velikovec, dass das Vorhaben 23.10.2018).
gestoppt worden sei und bereits erteilte Wid-
Pavlaković, Vjeran (2008). Red stars, black
mungen zurückgezogen worden seien. Die
shirts: Symbols, Commemorations, and
katholische Kirche Kärnten/Katoliška Cerkev contested histories of World War Two in
Koroška besteht darauf, der Errichtung eines Croatia. In: The National Council for Eurasian
and East European Research Working Papers,
Beinhauses nicht zustimmen zu wollen. Im Washington.
Mai 2017 antwortete Wolfgang Sobotka (ÖVP),
damals Innenminister, auf eine parlamenta-
rische Anfrage, es liege kein Antrag auf Exhu-
mierung und Umbettung vor (vgl. Parlament.
gv.at 2017). Seither ist es um den Friedhof still ge-
worden – es ist allerdings zu befürchten, dass bei
der Thematik Friedhof erstmal alle dagegen sind,
aber am Ende niemand etwas verhindern wird.
Die Protago-
nist_innen
Die originale Vereinsfahne ist
bis heute für die Feier zentral;
hier während des Marsches
(Prozession) von Unter-Loibach/
Spodnje Libuče zum Loibacher
Feld/Libuško polje (Quelle: AK
Bleiburg/Pliberk, 2017).

wurde die Gedenkfeier am


Loibacher Feld/Libuško polje
sowohl rund um Allerheiligen
als auch an einem Wochenende
Mitte Mai abgehalten, wobei
sich jene im Mai zur zentralen
Die Geschichte des rechtsextremen Vereins Feier entwickelte und man von Sonntag zu
„Bleiburger Ehrenzug“ („Počasni Bleiburški Samstag überging (vgl. Kolstø 2010).
vod“, kurz: PBV) und die Entwicklung des von Die Aktivitäten des Ehrenzuges waren dem
ihm organisierten Ustaša-Treffens in Bleiburg/ sozialistischen Jugoslawien ein Dorn im Auge.
Pliberk sind eng verwoben und wurden stark Vor allem in den 1970er Jahren kam es zu Kon-
von der kroatischen und (ex-)jugoslawischen flikten zwischen selbigem und dem jugosla-
Innen- und Außenpolitik geprägt. wischen Geheimdienst („Uprava državne bez-
bednosti“, kurz: UDBA). So legte die UDBA 1966
BESCHEIDENE eine Bombe in Bleiburg/Pliberk, die jedoch zu 27
ANFÄNGE früh zündete. Auch der Mord an einem Mit-
glied des PBV, Nikica Martinović, in Klagenfurt
Ein Jahr nach der ersten Gedenkfeier zu Al- 1975 wird der UDBA zugeschrieben und ver-
lerheiligen, am 1. November 1952, wurde der deutlicht die Tragweite des Konflikts zwischen
Verein von ehemaligen Ustaša gegründet und dem jugoslawischen Geheimdienst und den im
organisiert seit 1955 regelmäßig das revisio- Ausland aktiven rechtsextremen kroatischen
nistische Totengedenken am Loibacher Feld/ Organisationen (vgl. Nielsen 2018).
Libuško polje (vgl. Kolstø 2010). Zu Beginn sein- Vor dem Zerfall Jugoslawiens blieb das Treffen
er Aktivitäten in den 1950er Jahren hatte der auf wenige Hundert Besucher_innen begrenzt,
Ehrenzug eine Handvoll Mitglieder, die bis 1945 es handelte sich großteils um Exil-Kroat_in-
direkte Verbindungen zum NDH-Staat hatten nen aus Europa, Australien und Nordamerika.
oder sich selbst in den Reihen der Ustaša be- An Bedeutung gewann der Ehrenzug und das
fanden. Als Beispiel hierfür kann der ehemalige Ustaša-Treffen erst mit der Unabhängigkeit
Ustaša, Gründungsmitglied sowie langjäh- Kroatiens 1991 und der Unterstützung seitens
riger Obmann, Ilija Abramović, herangezogen der völkischen und revisionistischen HDZ-Re-
werden. Unterstützung erfuhr der Ehrenzug gierung unter Franjo Tuđman. Seitdem ist
frühzeitig auch vom Priester Vilim Cecel- neben der Zurschaustellung von Symbolen der
ja, der sich nach Jahren an der Seite des Ustaša/NDH auch das Glorifizieren von ein-
Ustaša-Führers Ante Pavelić in Salzburg nie- zelnen Kriegsverbrechern oder militärischen
derließ und sich tatkräftig für die Aktivitäten Verbänden aus dem Jugoslawienkrieg und das
rechtsextremer Exil-Kroat_innen einsetzte Zeigen von deren Emblemen und Fahnen Be-
(vgl. Posavski-Vremeplov 2016). Ursprünglich standteil der Feiern.
VERBÜNDETE IM
POLITISCHEN SYSTEM …
Nicht nur die Gewährung der Schirm-
herrschaft, sondern obendrein die finanziel-
len Zuwendungen waren stets abhängig von
der jeweiligen Regierungszusammensetz-
ung. Der immense Geldfluss, gegenwärtig im
sechsstelligen Euro-Bereich, ermöglichte den
Ankauf von Grundstücken am Loibacher Feld/
Libuško Polje und den Ausbau der Infrastruk-
tur, die 2007 in den Bau einer Bühne mündete
(vgl. Kolstø 2010). Die Veranstaltung spielt sich
bis heute an mehreren Örtlichkeiten ab. Eine
christliche Andacht auf dem kleinen Fried-
hof in Unterloibach/Spodnje Libuče bildet
den Auftakt. Der erhebliche Teil der Besuch-
er_innen findet sich aber direkt beim Denkmal
ein, das etwa zwei Kilometer außerhalb von
Bleiburg/Pliberk liegt. Die Teilnehmer_in-
nen marschieren, inklusive politischer Trans-
parente und Fahnen, auf der Straße vom Fried-
28 hof bis zum Denkmal. Die öffentlichen Straßen
werden dafür den gesamten Tag von der ös-
terreichischen Polizei gesperrt. Beim Denkmal
angelangt beginnt die eigentliche Zeremo-
nie mit einer katholischen Messe und zahl-
reichen Reden von rechten und konservativen
kroatischen Politiker_innen. Den Höhepunkt Bild des kroatischen Generals Ante Got-
ovina auf einem T-Shirt während des
stellen die Kranzniederlegungen dar. Die Feier Marsches/Prozession, Bleiburg/Pliberk
wird, um aus dem Versammlungs- und Veran- 2015 (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, 2015).

staltungsrecht herauszufallen, seitens der Ver-


anstalter als Prozession deklariert.
Im Jubiläumsjahr 2015 finden sich am
Loibacher Feld/Libuško polje, wie schon er-
wähnt, beachtlicherweise rund 30.000 Perso-
nen ein, um dem NDH-Staat nachzutrauern
(vgl. Kleine Zeitung 2015). Seit etlichen Jahren
wird der formelle Teil der Zeremonie zudem
massenmedial im kroatischen öffentlich-re-
chtlichen Rundfunk HRT live übertragen. Die
Veranstaltung ist keineswegs bloß ein Ort
der Vernetzung von explizit rechtsextremen
Vereinen und Persönlichkeiten. Sie ist mehr
als das: Das Bedienen mythologischer Leidens-
Der kroatische Vize-Premier Tomislav Kara-
marko (HDZ) besuchte etwa 2016 die Gedenk- 29
feier und wurde von anderen Teilnehmer_innen
begeistert begrüßt, ein Verhalten, das die
Bedeutung Bleiburgs als innenpolitische Wahl-
kampf bühne unterstreicht (Quelle: AK Bleiburg/
Pliberk, 2016).

geschichten, das Bürger_innen an Identitäten Tage vor der Feier und legen Kränze nieder.
und Erfahrungen des Ustaša-Regimes koppelt, Zu verhängnisvoll erscheint die Blöße, auf in-
erlaubt einen Austausch von rechtsextremem ternationaler Bühne die eigene Person mit der
und geschichtsrevisionistischem Gedanken- Veranstaltung und deren Teilnehmer_innen
gut, der bis tief hinein in das konservative poli- assoziiert zu sehen. Von kirchlicher Seite war
tische Lager sowie die kroatische katholische es Želimir Puljić, der Erzbischof von Zadar, der
Kirche reicht. 2018 die Messe leitete. Es handelt sich dabei
In diesem Sinn steuert das kroatische Parla- um jenen Geistlichen, der drei Jahre zuvor ein
ment unter einer HDZ-Mehrheit nicht nur zur Referendum über die Wiedereinführung des
Finanzierung der Veranstaltung bei, es sind re- faschistischen Grußes „Za dom spremni“ im
gelmäßig auch höchste politische Amtsträger_ kroatischen Militär vorgeschlagen hatte (vgl.
innen vor Ort. 2016 erschienen beispielsweise Novi List 2015).
der damalige Vize-Premier Tomislav Kara-
marko (HDZ) sowie der neofaschistische Kul-
turminister Zlatko Hasanbegović (HDZ). Andere
Premiers und selbst die aktuelle rechts-außen
Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović hinge-
gen besuchen die Gedenkstätte häufig wenige
… UND DIE ÜBRIGEN
VERDÄCHTIGEN
In diesem Gemenge prominenter, öffentli-
cher Personen werden Kriegsverbrecher wie
Dario Kordić hofiert. Kordić war ein Politik-
er der bosnisch-herzegowinischen HDZ, der
aufgrund von Verbrechen gegen die Mensch-
lichkeit vom Internationalen Strafgerichtshof
in Den Haag zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde.
Seine hervorragenden Beziehungen etwa zu
Miroslav Piplica, dem Obmann der HDZ-Filiale
in Österreich und Mitveranstalter diverser Kul-
turveranstaltungen in Wien, machen ihn zum
gern gesehenen Gast (vgl. Der Standard 2014).
Fast selbstredend nutzen auch Funktionär_in-
nen der neofaschistischen Partei HČSP oder
der einschlägige Fernsehjournalist Velimir
Bujanec in Loibach/Libuče das Treff-
en als Bühne. Dieser outete sich während
der Bürgerkriege der 1990er als ein offener
30 Ustaša-Anhänger und ist mittlerweile über
die Bekanntheit seiner eigenen Fernseh-Talk-
Show zu einem HDZ-Mitglied mutiert, das
beste Beziehungen zur Staatsspitze unterhält
(vgl. Balkan Insight 2016). Der kroatische Neofaschist und Journalist,
Velimir Bujanec, auf der Feier 2016 umringt
Die rechtsextreme Vernetzung findet in
von Fans (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, 2016).
Loibach/Libuče auch auf transnational-
er Ebene statt: So waren bereits die FPÖ/
FPK-Politiker_innen Anneliese Kitzmüller, seit
2017 Dritte Nationalratspräsidentin Österre-
ichs, ebenso wie Josef Lobnig, der Dritte Präsi-
dent des Kärntner Landtags, willkommene
Gäste der Gedenkfeier. Während der kroa-
tische Rechtsextremist Tomislav Sunić beim
SS-Totengedenken am Ulrichsberg/Šenturška
gora redete, besuchten umgekehrt Vertreter_
innen des Kärtner Deutschnationalismus wie
Willi Überfellner (Kärntner Abwehrkämpfer-
bund) oder Peter Mussi (Akademische Sänger-
schaft Tauriska zu Klagenfurt) 2017 die Veran-
staltung in Bleiburg/Pliberk.
Beifall kommt von zahlreichen Sympathisant_
innen und Gläubigen, die großteils aus
Kroatien und der kroatischen Diaspora anre-
isen.
Literatur
Balkan Insight (2016). What were Nielsen, Christian Arboe (2018). The
the Ustasa for Minister Hasanbegovic, Yugoslav State Security Service and the
http://www.balkaninsight.com/en/ Bleiburg Commemorations. In: Croation
article/what-were-the-ustasa-for-min- political Science review, Vol 55. No 2
ister-hasanbegovic--02-12-2016 (zuletzt S. 50-70.
aufgerufen am 28.10.2018).
Novi List (2015). Crkva za referendum
Der Standard (2014). Jubel für o ustaskom pozdravu „Za dom spremni“,
Kriegsverbrecher, https://derstandard. http://www.novilist.hr/Vijesti/Hrvats-
at/2000001868816/Jubel-fuer-Kriegsver- ka/Crkva-za-referendum-o-ustaskom-
brecher (zuletzt aufgerufen am 28.10.2018). pozdravu-Za-dom-spremni (zuletzt
aufgerufen am 28.10.2018).
Kleine Zeitung (2015). 30.000 Kro-
aten am Loibacher Feld, https://www. Posvski-Vremeplov (2016). Pocasni blei-
kleinezeitung.at/kaernten/landespoli- burski vod, https://www.posavski-vreme-
tik/4732786/70-Jahrestag_30000-Kroat- plov.com/suzna-dolina/po%C4%-
en-am-Loibacher-Feld (zuletzt aufgerufen 8Dasni-bleibur%C5%A1ki-vod/ (zuletzt
am 28.10.2018). aufgerufen am 28.10.2018).

Kolstø, Pål (2010). Bleiburg: The Creation


of a National Martyrology. In: Europe-Asia
Studies, Jg. 62, H. 7, 09/2010m S. 1153-1174.
»Maximal
Verwaltungs-
übertretungen«
DIE ÖSTERREICHISCHEN BEHÖRDEN
UND DAS USTAŠA–TREFFEN
Das jährliche Ustaša-Treffen in Bleiburg/
Pliberk kann nur mit Unterstützung oder
zumindest aktivem Ignorieren der örtlich
zuständigen Behörden und öffentlichen In-
stitutionen in der gegenwärtigen Form statt-
finden. Beispielhaft dafür ist der bereits
angesprochene „Übersetzungsfehler“ am
Gedenkstein: Während auf Kroatisch der „kro-
atischen Armee“ vor 1945 gedacht wird, wird
im Deutschen nur den „gefallenen Kroaten“
gedacht (vgl. „Vom Acker zur Pilgerstätte“). Die
Behörden ignorierten nicht nur diesen Um-
stand, sondern stimmten sogar dem massiven
Ausbau von einem einzelnen Gedenkstein hin
zur Gedenkstätte samt Bühne und Friedhof zu.
Die Bierzelte am Gelände der Gedenkfeier
dienen als sicherer Rückzugsraum für die
zur Feier angereisten kroatischen Faschist_
innen, Ustaša-Lieder und Hitlergrüße
inklusive; 2018 waren Bierzelte erstmals un-
tersagt (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, 2017).

Nach der Gründung des NDH-Staates (1941) – eines


Vasallenstaates des „Dritten Reiches“ – wurde von
den Ustaša der Hitlergruß in gleicher Form bei
Paraden, Aufmärschen und Angelobungen verwendet
– nur wurde dabei nicht „Heil Hitler!“, sondern
„Za dom spremni!“ („Für die Heimat bereit!“)
geschrien.

33

ALLES NUR EIN Ein solcher vom Hitlergruß unabhängiger


„KROATISCHER GRUSS“? „kroatischer Gruß“ ist historisch zweifelhaft.
Als der Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger
Jährlich wird im Rahmen des Ustaša-Treffens bei im Juni 2017 in einer Sachverhaltsdarstellung
Bleiburg/Pliberk rechtes, rechtsextremes und an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt 14 Fälle
zum Teil faschistisches Gedankengut in Liedern, von Hitlergrüßen gemeldet und die Sachverh-
auf Kleidungsstücken, in Reden oder durch das altsdarstellung jeweils mit Fotos bestmöglich
Zeigen des Hitlergrußes präsentiert. Obwohl belegt hatte (vgl. Öllinger 2017), wurden die
Letzteres in Österreich durch das Verbots- Ermittlungen allesamt im darauffolgenden
gesetz untersagt ist, wird diskutiert, ob dieser Herbst von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt
dort nicht lediglich ein „kroatischer Gruß“ sei. eingestellt. Begründung: keine Hitlergrüße
So fragte beispielsweise 2017 ein Polizeibeamter beziehungsweise Täter_innen nicht ausfindig
einen Journalisten, nachdem jener auf Hitler- gemacht. 2018, nach öffentlicher Kritik, schritt
grüße aufmerksam gemacht hatte, ob er wirklich die Polizei vermehrt ein, nahm Personen in
darauf bestehen würde, wegen dieser Lappalie – Untersuchungshaft und es kam sogar zu Pro-
die maximal eine Verwaltungsübertretung dars- zessen und Verurteilungen nach dem Verbots-
tellen würde – eine Anzeige machen zu wollen gesetz. Offenbar wollten sich die Kärntner Sich-
(vgl. Donnerbauer/Glanzl 2017). erheitsbehörden nach Medienberichten, die drei
Das Landesamt für Verfassungsschutz Kärnten Jahre lang von Bildern mit Hitlergrüßen domini-
(LV Kärnten) spricht offiziell vom „kroatischen ert waren, nicht länger Untätigkeit vorwerfen
Gruß“, der rechtlich nicht sanktionierbar sei. lassen.
Alljährlich wurden während
der Gedenkfeier am Loibacher
Feld/Libuško polje und in deren
Umfeld dutzendfach Hitler-
grüße gezeigt, jedoch wurde
polizeilich nie eingeschritten,
erst 2018 gab es nach jahrel-
anger medialer Kritik erstmals
Festnahmen; im Bild: Hitlergruß
fürs Erinnerungsfoto direkt
neben der Hauptbühne (Quelle:
AK Bleiburg/Pliberk, 2017).

PROZESSION, sämtliche Ebenen der Verwaltung die Augen


34 VERANSTALTUNG ODER davor verschließen, dass es sich eben nicht ein-
VERSAMMLUNG? fach um eine kirchliche Feier handelt. Bürger-
meister, Bezirkshauptmann und Landeshaupt-
Die jährliche Feier in Bleiburg/Pliberk besteht mann spielen das Spiel munter mit. Bekräftigt
aus einer Prozession auf öffentlichen Straßen wird diese Wahrnehmung bei Betrachtung
sowie einer Kundgebung auf Privatgrund ein- der Behördensprache. So firmiert die Feier in
schließlich Messe und politischer Reden. Die internen Schriftstücken der Gemeinde Blei-
örtlichen Behörden machen es sich dabei ein- burg/Pliberk und der Bezirkshauptmannschaft
fach: Sämtliche Teile dieser mehrstündigen als „Kroatenfeier“ und als „ehemaliges Mut-
Veranstaltung sind Teil der kirchlichen Feier. tertagsgedenken der kroatischen Emigration“
Parken von 300 Bussen auf Landesstraße und (vgl. Verordnung der Stadtgemeinde Bleiburg
Radweg – Kirchliche Feier. Hitlergrüße neben 2015).
dem Gedenkstein oder auf der Bundesstraße Die Kärntner Landesregierung zieht sich seit
auf dem Weg zu diesem – Kirchliche Feier. Jahren auf den Standpunkt zurück, nur die
Fahnenmeer von rechtsextremen kroatischen Bundesregierung könne gegen die Veran-
Parteien – Kirchliche Feier. Faschistische staltung aktiv werden. Landeshauptmann Pe-
T-Shirts, Fahnen und Transparente – Kirchli- ter Kaiser merkte bei seiner Angelobung am 12.
che Feier. April 2018 im Kärntner Landtag an, dass es sich
Möglich macht dies § 5 des Versammlungs- um „rechtsextreme Kundgebungen im Schoße
gesetzes, der kirchliche Feiern und Pro- einer […] kirchliche[n] Prozession“ handle
zessionen vom Versammlungsrecht aus- und man „die Veranstaltung nicht verbieten
nimmt. Praktisch durchführbar ist derlei [könne], rechtlich […] gemäß dem Polizei-
Vorgehensweise aber nur deswegen, weil sicherheitsgesetz das Bundesministerium für
Teilnehmer der Gedenkfeier mit Ustaša-Mützen und faschis-
tischen T-Shirts stehen bei einem improvisierten Verkaufsstand,
dahinter Bierzelte; Das T-Shirt links zeigt einen Reichsadler in
Verbindung mit dem NDH-Wappen, darunter der faschistische
Treuespruch: „Za dom spremni“ (Für die Heimat bereit; Quelle:
AK Bleiburg/Pliberk, 2008).
35

Inneres zuständig“ sei (vgl. Kurier 2018). So un- Nun gelten besondere Auflagen bei der „beab-
terstützenswert die klaren Worte zum Charak- sichtigte[n] Teilnahme von Vertretern auslän-
ter der Veranstaltung sind, so unverständlich discher Staaten“ (§ 2 Abs. 1a VersG). Das trifft
ist die Untätigkeit von Politik und Verwaltung. auf die Bleiburg-Feier zu – wäre da nicht der
Wie bereits beschrieben, ist die Feier in Blei- Umstand, dass der Kärntner Bischof per Un-
burg/Pliberk eine für die kroatische Innenpo- terschrift die Veranstaltung zu einer Messe
litik zentrale Veranstaltung, ein Fixpunkt im in- macht. 2019 wurde die Genehmigung erstmals
nenpolitischen Kalender. Entsprechend waren nicht erteilt. Die Auswirkungen dieser Ent-
die Gedenkfeiern 2015 und 2016 beispielsweise scheidung sind noch unklar.
Bühne für jeweils kurz darauf stattfindende
Wahlen. 2016 besuchten Tomislav Karamarko,
kroatischer Vize-Premier, und der neofaschis-
tische Kulturminister Zlatko Hasanbegović
das Treffen, um dieses zur Wahlwerbung zu
nutzen. Seit Recep Tayyip Erdoğans Wahl-
kampf in Österreich 2016 stehen Wahlwer-
bung und Wahlkampf ausländischer Parteien
und Mandatar_innen allerdings unter beson-
derer Beobachtung. Zusätzlich wurde 2017 das
Versammlungsrecht dahingehend geändert.
36

Nach jahrelanger schlechter Presse reagierte


die Polizei 2018 mit vermehrter Kontrolle. Gegen
faschistische Symbole, wie hier die Fahne samt
Wappen des NDH-Staates, ging man allerdings
nicht weiter vor (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk,
2018).
Die Polizei posiert auch gerne mal mit den ange-
reisten kroatischen Faschisten - die sie offiziell
vorgibt, rigide zu überwachen. Hier posieren
Kärntner Polizisten 2017 mit Funktionären des Ver-
bandes „H.V.R.“, eines nationalistischen „Ritteror-
dens“, der sich positiv auf den Ustaša-Faschismus
bezieht (Quelle: stopptdierechten.at, 2017).
Der Marsch vom Friedhof zum Loibacher
Feld/Libuško polje gilt offiziell als „kirchli-
che Prozession“, es werden aber zahlreiche
politische Plakate und Fahnen politischer
UNZUSTÄNDIGKEITEN Parteien mitgetragen, was den politischen
Charakter noch unterstreicht (Quelle: AK
UND DIE LÜGENPRESSE Bleiburg/Pliberk, 2016).

Wie deutlich geworden ist, nehmen an der wer zur Feier komme, da es sich um eine Pri-
Ustaša-Feier in Bleiburg/Pliberk zahlreiche vatveranstaltung handle und überhaupt die
Neonazis und organisierte Neofaschist_innen Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu
teil. Das wird auch nicht geleugnet, man tut schützen sei (vgl. Stellungnahme von Diözese
aber so, als könne das nicht verhindert werden: Gurk-Klagenfurt, LPD Kärnten und BH Völker-
Vertreter des Veranstalters sagen, sie hät- markt 2018).
ten darauf keinen Einfluss, sie hätten ja keine Für die Polizei und die Sicherheitsbehörden
Personen- oder Anwesenheitsliste, es handle im Bundesland Kärnten/Koroška ist au-
sich lediglich um eine Gedenkfeier der Kirche, genscheinlich nicht das Treffen selbst das
zu der alle kommen können. Die katholische Problem, sondern die negative Presse darüber:
Kirche beteuert, sie hätte keinen Einfluss auf Die Berichterstattung über faschistische
das Geschehen abseits der katholischen Messe, Symbole, verhetzende Lieder und Neonazis
das sei schließlich eine Privatveranstaltung. aus Österreich, Kroatien und Deutschland
Die Sicherheitsbehörden (LV Kärnten, LPD würde in der Öffentlichkeit zu Unsicherheit
Kärnten und BH Völkermarkt/Velikovec) ge- gegenüber und Kritik an der Exekutive führen.
ben zu Protokoll, dass man vorab nicht wisse, Außerdem würden die diversen Nachrichten-
Literatur:
Donnerbauer, Paul/Glanzl, Christopher
(2017). Hitlergrüße und Hakenkreuze: Das
war das Nazi-Gedenken der katholischen
Kirche in Bleiburg, https://www.vice.com/
de_at/article/9aezy3/hitlergrusse-und-
hakenkreuze-das-war-das-nazi-gedenk-
en-der-katholischen-kirche-in-bleiburg
(zuletzt aufgerufen am 16.3.2019).

Kurier (2018). Landeshauptmann


Kaiser gegen kroatische Gedenkfeier 39
in Kärnten, https://kurier.at/politik/
Bierausschank während des „Gedenkgottes-
inland/landeshauptmann-kaiser-ge-
diensts“ im Jahr 2017; der freundliche Herr
trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „FCK gen-kroatische-gedenkfeier-in-kaernt-
Antifa“ (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, 2017). en/400024783 (zuletzt aufgerufen am
28.10.2018).

Öllinger, Karl (2017). Sachverhalts-


darstellung an die Staatsanwaltschaft Kla-
genfurt. Betr.: Zahlreiche Verstöße gegen
mitteilungen über die anwesenden Neonazis das Verbotsgesetz durch Unbekannte am
deren Gesinnungsgenoss_innen ja erst auf 13. Mai 2017 in Bleiburg/ Pliberk. Down-
load: http://www.no-ustasa.at/wp-con-
die Veranstaltung aufmerksam machen, wo- tent/uploads/2018/04/Oellinger-Karl_
durch noch mehr Neonazis hinkämen – was Sachverhaltsdarstellung-Bleiburg-2017.pdf
(zuletzt aufgerufen am 28.10.2018).
zu noch schlechterer Berichterstattung führen
würde. Die Lösung liegt für die Einsatzleitung Stellungnahme von Diözese Gurk-Kla-
vor Ort auf der Hand. Da man weder gegen genfurt, LPD Kärnten und BH Völkermarkt
(2018). Download: http://www.no-usta-
Hitlergrüße, faschistische Symbole oder Neo- sa.at/presse/ (zuletzt aufgerufen am
nazis vorgehen will, muss man die berich- 28.10.2018).
tenden Medien und Fotograf_innen aus-
Verordnung der Stadtgemeinde Bleiburg
schließen. Bei jenen gestaltet sich das Fern- (2015). Zahl: 120-2-1/Kro-1/2015, Betreff:
halten offensichtlich einfacher. Während man Gedenkveranstaltung am 16.5.2015 –
Loibacher Feld, Verkehrsmaßnahmen.
in Neonazis ja „nicht reinschauen könne“,
Download: http://www.no-ustasa.at/
ihre Gesinnung nicht kenne, sieht man Jour- wp-content/uploads/2018/04/VO-Gen-
nalist_innen gleich an, was sie im Schilde denkfeier-16.05.2015.pdf (zuletzt auf-
gerufen am 28.10.2018).
führen: Kärnten runterschreiben.
SYMBOLE
WÄHREND DES
USTAŠA-TREFFENS

Für die Ustaša-Feier sind nicht nur Ort, er in Bleiburg/Pliberk gezeigten und ver-
Personen und historische Daten von großer kauften Symbole ist daher in Österreich
Bedeutung, sondern auch die dort gezeigten nicht verboten. Während der Drucklegung
und verwendeten Symbole. Diese die- dieser Broschüre wurde eine Novelle des
40 nen den Teilnehmer_innen dazu, sich auf Symbolegesetzes beschlossen, mit der seit
einfache Weise mit den Inhalten der Ver- 1. März 2019 zwei Symbole der Ustaša ver-
anstaltung zu identifizieren beziehungs- boten sind, wobei eines in Bleiburg/Pliberk
weise durch die damit einhergehenden nie gezeigt wird. Dieses ist ein Ustaša-Wap-
historischen Verweise eine direkte positive pen mit einem darüber angebrachten blau-
Bezugnahme auf die faschistischen Ahn_in- en „U“ in einem roten Knotenmuster. Das
nen herzustellen. andere (Ustaša-U mit Granate) wird unten
erklärt.
VERBOT VON
SYMBOLEN MODERNISIERTE
ÜBERNAHME
Verschiedene österreichische Gesetze re- FASCHISTISCHER SYMBOLE
geln das Tragen faschistischer Symbole
(Verbotsgesetz, kurz: VerbG; Einführungs- Die Symbole des NDH-Staates werden in
gesetz zu den Verwaltungsverfahrens- den seltensten Fällen in ihren historischen
gesetzen, kurz: EGVG; Abzeichengesetz, Vorlagen, als vielmehr in modernisierten
kurz: AbzG; Symbolegesetz, kurz: SymbG), Varianten verwendet. So nutzten etwa im
sind aber zum Teil starr auf den historischen Kroatien-Krieg (1991-1995) Soldaten be-
Nationalsozialismus in Österreich gerichtet. ziehungsweise Paramilitärs Abwandlungen
Andere historische faschistische Bewegun- von Ustaša-Symbolen auf Fahnen oder Uni-
gen sind damit nicht oder nur schwer zu formen. Dies erschwert die richtige Zuord-
fassen (Pfeilkreuzler, Ustaša, Franquisten nung für Antifaschist_innen (nebenbei auch
usw.). Die Mehrzahl der auf der Ustaša-Fei- für Presse und Behörden).
» NDH-Fahne
(mit Ustaša- Emblem und
Ustaša-Wappen)
Dieses Beispiel zeigt die Fahne des NDH-
Staates (1941-1945) ohne Veränderung. Die
rot-weiß-blaue Fahne hat in der Mitte das
Ustaša-Wappen (mit Weiß beginnend) und
in der linken oberen Ecke ein blaues „U“
in einem roten Knotenmuster. Das Zeigen
ist in Hinblick auf die unter dieser Fahne
und im Namen des NDH-Staates begang-
enen Verbrechen höchst problematisch, aus
rechtlicher Sicht (VerbG, EGVG, AbzG,
SymbG) ist das Zurschaustellen sanktionslos.

» Ustaša-Emblem („U“)
Das zentrale Erkennungszeichen für die
Ustaša ist das „U“. Es wurde historisch meist
in Kombination mit dem Ustaša-Wappen
verwendet, taucht darüber hinaus aber al-
41
leinstehend auf – sowohl historisch gesehen
als auch in Bleiburg/Pliberk. Das „U“ tritt in
Bleiburg/Pliberk in den verschiedensten
Kombinationen und Neugestaltungen in
Erscheinung. Das Zeigen dieses Symbols
(auf Fahnen, T-Shirts etc.) ist in Anbe-
tracht der im Namen der Ustaša begang-
enen Verbrechen höchst problematisch,
jedoch in den allermeisten Fällen straffrei.

» Ustaša-Wappen
(Schachbrett)
Das Ustaša-Wappen besteht aus einem
Schachbrettmuster (kroatisch: Šahovnica/
Schachbrett) mit einem 5×5-Feld, wobei
dieses mit einem weißen Feld beginnt. Es
ist vom heutigen Staatswappen der Re-
publik Kroatien streng zu unterscheiden
(Schachbrett; mit rotem Feld beginnend).
Das Ustaša-Wappen ist das zentrale Sym-
bol der Ustaša und des NDH-Staates. Es
tauchte bereits in der faschistischen Pro-
paganda vor 1941 auf und erlangte im NDH-
Staat seine Erhebung zum Staatswappen.
Als solches zierte es Propagandaplakate,
die Uniformen von Domobrani, Ustaša,
kroatischen Wehrmachts-Angehörigen,
der kroatischen SS-Einheit (13. Waf-
fen-Gebirgs-Division der SS „Handschar“),
Flugzeuge der kroatischen Luftwaffe usw.
Das Ustaša-Wappen ist außerdem wichtiger
Bestandteil vieler anderer Symbole, etwa
der paramilitärischen HOS, des Bleiburger
Ehrenzugs etc. Es wurde von der 13. Waf-
fen-Gebirgs-Division der SS „Handschar“
als Ärmelabzeichen getragen. Damit fällt
es unter die Verbotsnorm des österreichis-
chen Abzeichengesetzes. Es darf in Öster-
reich weder gezeigt noch verkauft werden.
Zuwiderhandeln ist mit einem Strafrahmen
bis zu 4.000 Euro und Beschlagnahme des
Symbols/Objekts zu ahnden, wobei die
Kärntner Behörden die Vollziehung mit
42 Verweis auf die Verwendung des Wappens
vor 1941 ablehnt.

» Ustaša-U (mit Granate)


Dieses Symbol eines großen „U“ und
einer darin befindlichen, gezündeten
Granate stellt ein frühes Ustaša-Symbol dar,
insbesondere war es aber ein militärisches
Abzeichen. So ist es auf der Ustaša-Mütze
als Anstecker (Kokade) oder am Kragen
der Uniform zu finden. Seine furchtbarste
Assoziation kommt diesem Ustaša-Symbol
wohl als Teil des Eingangsschildes ins KZ
Jasenovac zu. Das Zeigen dieses Symbols
(auf Fahnen, T-Shirts etc.) ist durch die mit
ihm assoziierten Verbrechen äußerst pro-
blematisch. Seit 1. März 2019 gibt es durch
das Symbolegesetz eine rechtliche Sank-
tionierungsmöglichkeit.
» Symbole der Domobrani
Historische Symbole der Domobrani
(„Hrvatsko domobranstvo“; schwarzes
Kreuz auf weißem Grund, sog. „Kroatisches
Dreiblatt“) finden in Bleiburg/Pliberk
seltener als Ustaša-Symbole Anwendung.
Zahlreiche Besucher_innen tragen einen
kleinen Domobranen-Anstecker am Re-
vers, Anhänger_innen der Domobrani sind
zudem mit Fahnen und Symbolen auf der
Feier präsent, wobei die Symbole Neubil-
dungen und keine historischen Symbole
darstellen. Der historische Bezug ist den-
noch eindeutig und problematisch. Das
Beispiel zeigt eine Fahne mit der Aufschrift
„Hrvatski Domobran – za Hrvatsku uvijek“
(„Der Kroatische Domobran/Heimatschutz
– stets für Kroatien“) und die Jahreszahlen
1868-1941-1991. Damit wird eine historische
Kontinuität konstruiert, die auf wackeli-
gen Beinen steht: „1868“ bezieht sich auf
die Gründung der kroatisch-sprachigen
Landwehr nach dem Ausgleich zwischen
Österreich und Ungarn; „1941“ auf die
Gründung des faschistischen NDH-Staates
und „1991“ auf die neu gegründete Armee
der Republik Kroatien. Das Zeigen des Do-
mobrani-Dreiblatts (auf Fahnen, T-Shirts
etc.) ist in Hinblick auf die im Namen
dieses Verbands begangenen Verbrechen
höchst problematisch, aus rechtlicher Sicht
(VerbG, EGVG, AbzG, SymbG) jedoch nicht
straf bar.
» Symbole und T-Shirts von
Thompson
„Thompson“ ist sowohl der Spitzname
von Marko Perković als auch der Name
seiner Band. Perković ist ein neofaschis-
tischer Musiker, der in seinen Liedern den
Ustaša-Faschismus und den NDH-Staat
glorifiziert. Er nahm als Paramilitär am Kro-
atienkrieg teil, was zu seiner Popularität
in Kroatien und unter Exil-Kroat_innen
beiträgt. Thompson gibt auf ihren
Konzerten unter anderem das faschistische
Ustaša-Lied „Jasenovac i Gradiška Stara“, in
dem die Ermordung von Juden_Jüdinnen
und Serb_innen im KZ Jasenovac und einem
seiner Nebenlager positiv bezugnehmend
besungen wird, zum Besten. Verschiedene
T-Shirts der Band können während der
Ustaša-Feier in Bleiburg/Pliberk oft gese-
hen, in manchen Jahren ebenfalls erworben
44 werden. Gegen Thompson-Kleidungsstücke
gibt es keine rechtliche Handhabe.

» Reichsadler mit
Ustaša-Wappen
Anscheinend um die ideologische und poli-
tische Intention hinter dem Ustaša-Wappen
zu unterstreichen, wird dieses teilweise auf
T-Shirts mit dem Reichsadler des NS-Staats
kombiniert. Der Reichsadler hält dabei
das Ustaša-Wappen – statt des Haken-
kreuzes – in seinen Fängen, um so einen
klaren Bezug sowohl zum faschistischen
NDH-Staat als auch zum nationalsozialis-
tischen Deutschland herzustellen. Als „Er-
satzsymbol“ für ein NS-Symbol fällt es un-
ter das Abzeichengesetz, das Tragen oder
Verkaufen dieses Symbols ist in Österreich
verboten und zeitigt eine Verwaltungsstrafe
bis zu 4.000 Euro, wobei die Kärntner Be-
hörden den Vollzug dieses Gesetzes ableh-
nen.
» Parteifahnen
Zahlreiche kroatische Rechtsparteien sind
in Bleiburg/Pliberk vertreten (ersichtlich
aufgrund von Fahnen, T-Shirts, Jacken,
Kränzen usw.), ihre Symbole und Fahnen
nicht verboten. Diese Parteien und ihre
Logos sind:

* HSP („Hrvatska stranka prava“,


„Kroatische Partei des Rechts“);
Logo 1: Wappen mit schiefem Balken;
Logo 2: Wolf; die Partei ist offen faschis-
tisch und rechtsextrem; sie fiel 2017 damit
auf, ein Wahlplakat im Stil des natio-
nalsozialistischen „Winterhilfswerks“
angefertigt zu haben.

* HSP-AS („Hrvatska stranka prava Dr.


Ante Starčević“); Logo: Wappen mit
schiefem Balken; die rechtsextreme
Partei spaltete sich 2009 von der HSP
ab; Starčević ist Ideengeber eines
Großkroatiens.

* HSP-1861 („Hrvatska stranka prava


1861“); Logo: Wappen mit schiefem
Balken; die rechtsextreme Partei spal-
tete sich 1995 von der HSP ab; das „1861“
bezieht sich auf das ursprüngliche
Gründungsdatum der HSP.

* HČSP („Hrvatska čista stranka prava“,


„Kroatische Partei des puren Rechts“);
Logo: Wappen mit Knotenmuster in der
Mitte; die rechtsextreme Partei wurde
1992 als Abspaltung der HSP gegründet.
Sie hat eine Nähe zu neonazistischen
Strukturen.
» HOS-Emblem
Die HOS („Hrvatske obrambene snage“,
„Kroatische Verteidigungskräfte“) war
eine paramilitärische Einheit (Kroaten,
Bosniaken, deutsche/österreichische Neo-
nazis), während des Kroatienkriegs (1991-
1995). Die HOS nahm zahlreiche Anleihen
am NDH-Staat und der Ustaša-Bewegung.
So trägt ihr Logo das Ustaša-Wappen in
sich, zentral über einem blauen Knot-
enmuster, ähnlich dem NDH-Wappen,
darunter der NDH-Gruß „Za dom spremni“
(„Für die Heimat bereit“). Auch die Abkür-
zung „HOS“ ist eine gewollte Anlehnung an
die Bezeichnung der Armee des faschis-
tischen NDH-Staates („Hrvatske oružane
snage“, „Kroatische bewaffnete Kräfte“). Das
HOS-Logo, auf Fahnen und T-Shirts, ist in
Bleiburg/Pliberk allgegenwärtig, aber nicht
verboten.

46
» Crna legija
Die „Crna legija“ („Schwarze Legion“) war
sowohl eine Untereinheit der Ustaša-Armee
als auch eine Untereinheit der HOS, die sich
wiederum bewusst auf erstere bezog. Beide
verübten zahlreiche Kriegsverbrechen und
Gräueltaten während des Zweiten Welt-
kriegs respektive während des Kroatien-
kriegs. Bezüge zur Crna legija werden im
Zuge der Bleiburg-Feier durch zahlreiche
getragene und zum Kauf angebotene Fah-
nen und T-Shirts hergestellt. Sie sind nicht
verboten, es sei denn, sie enthalten andere
verbotene Symbole.
» Ustaša-U mit Kreuz
Was in (Groß-)Städten wie in Wien oft als
Graffiti an Wänden zu sehen ist, ist in Blei-
burg/Pliberk kaum zu finden: das Ustaša-U
mit Kreuz darüber. Im Kontext von Graf-
fiti dient es vor allem der Raumeinnahme,
meist im Wettbewerb mit anderen natio-
nalistischen Symbolen. Ein Grund, war-
um es in Bleiburg/Pliberk kaum auf der
Bildfläche erscheint, ist die Tatsache, dass
die Behörden sich ja nicht einmal an den
originalgetreuen faschistischen Symbolen
stoßen – wozu sich also mit Ersatzsymbol-
en aufhalten? Das Ustaša-U mit Kreuz ist
nach keinem österreichischen Gesetz ver-
boten.
Glossar
Abramović, Ilija; *1925 in Kroatien; Ustaša, Bleiburger Ehrenzug (Počasni Bleiburški
lebt seit 1945 in Kärnten/Koroška, Grün- vod, kurz: PBV); 1953 in Klagenfurt/Ce-
dungsmitglied des Bleiburger Ehrenzugs, lovec von ehemaligen Ustaša gegründeter
Funktionär der katholischen Kirche in Kla- geschichtsrevisionistischer Verein. Organi-
genfurt/Celovec. siert das Gedenken in Bleiburg/Pliberk und
wird durch die kroatische Regierung finan-
Abzeichengesetz (AbzG); 1960 beschlos- ziell unterstützt.
senes Gesetz, verbietet die Zurschaustel-
lung von Symbolen in Österreich verbo- britisch-befreite Zone; im Kontext dieser
tener Organisationen unter Androhung ein- Broschüre die im Mai 1945 von der britischen
er Verwaltungsstrafe; betrifft Symbole des Armee befreiten und dann verwalteten Teile
Nationalsozialismus. Kärnten/Koroškas.

Achsenmächte; ursprünglich war die Brüderlichkeit & Einheit (Bratvo i jedinstvo);


„Achse Berlin – Rom“, also die Zusam- Motto des jugoslawischen Volksbefreiungs-
menarbeit von Nationalsozialismus und kampfes, später Leitmotiv der Erinnerungs-
italienischem Faschismus, gemeint. Mit politik im sozialistischen Jugoslawien in dem
Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sind nur die Erinnerung an den Partisan_innen-
damit Deutschland, Italien, Japan und deren kampf zugelassen wurde. Von nicht-jugo-
Verbündete gemeint. slawischem Nationalismus, Mittäter_innen-
schaft oder Faschismus wurde dabei nicht
Akademische Sängerschaft Tauriska zu gesprochen.
Klagenfurt; deutschnationale Studenten- 49
verbindung, 1888 als „Verein deutscher Bruderschaft des kroatischen Drachens
Kärntner Studenten“ gegründet. (Družba Braća Hrvatskoga Zmaja); 1905
gegründeter nationalistischer kroatischer
Apovnik, Pavla; *1902, verstorben; Zeitzeu- Geheimbund.
gin und Unterstützerin der Partisan_innen
in Kärnten/Koroška Budak, Mile; *1889, †1945; Ustaša, Minister
für Religion und Bildung sowie später Außen-
Bezirkshauptmannschaft (BH); mittlere minister des NDH.
Verwaltungsebene in allen Bundesländern
Österreichs (außer Wien) unter der Leitung Bujanec, Velimir; *1974; kroatischer rechtsex-
eines_r Bezirkshauptmanns_frau. Als Teil tremer Journalist und Fernsehmoderator.
der mittelbaren Bundesverwaltung sicher-
heitspolizeiliche Einsatzleitung in Blei- Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ); Ab-
burg/Pliberk. spaltung von der Freiheitlichen Partei Öster-
reichs (FPÖ) unter der Führung Jörg Haiders,
Bleiburg/Pliberk; zweisprachige Stadtge- 2005-2013 im österreichischen Parlament
meinde im Südosten Kärntens/Koroškas; vertreten.
Bleiburg ohne Pliberk wurde als Bezeich-
nung für die Ereignisse rund um die Über- Caritas; Wohlfahrtsorganisation der
gabe von Ustaša an Jugoslawien im Mai 1945 römisch-katholischen Kirche. Der interna-
gewählt. tionale Dachverband wird offiziell Caritas In-
ternationalis genannt.
Cecelja, Vilim; *1909, †1989; stellvertretender Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ);
Militärvikar der NDH-Armee, enger Vertraut- 1955 gegründete rechtsextreme Partei,
er und Beichtvater von Ante Pavelić, zentrale aktuell Teil der österreichischen Bundesre-
Figur der Hrvatski Caritas und Fluchthelfer gierung.
hochrangiger Ustaša. Nach alliierter Interni-
erung Aufbau der kroatisch-katholischen Franco, Francisco; *1892, †1975; faschis-
Gemeinde in Salzburg, zentrale Figur der kro- tischer General und Diktator, von 1936-1975
atisch(-faschistischen) Diaspora. Staatsoberhaupt Spaniens.

Četnik; Sammelbegriff für serbische und Franquismus; ideologische Untermauerung


montenegrinische königstreue, völkische der Diktatur Francisco Francos.
und/oder antikommunistische (bis faschis-
tische) Milizen im Zweiten Weltkrieg. Franziskanerorden; Zwischen 1210 und
1220 entstandener katholischer Orden, be-
Crna Legija (Schwarze Legion); von 1941-1945 zieht sich auf Franziskus von Assisi, in Kro-
bestehende Eliteeinheit der Ustaša. atien personell am Herrschaftssystem der
Ustaša beteiligt.
Domobranen, Angehörige des „Hrvatsko Do-
mobranstvo”, bis 1944 die regulären Streit- Grabar-Kitarović, Kolinda; *1968; seit
kräfte des NDH. 15.2.2015 Staatspräsidentin Kroatiens
(parteilos), davor kroatische Ministerin
50 Einführungsgesetz zu den Verwaltungsver- (HDZ) und stellvertretende Generalse-
fahrensgesetzen (EGVG); sieht für die Ver- kretärin der NATO.
breitung nationalsozialistischen Gedanken-
guts eine Verwaltungsstrafe vor, sofern die Golgota; Name des Hügels in der Nähe des
Tat nicht nach dem Verbotsgesetz strafbar antiken Jerusalems auf dem laut Neuem
ist. Testament Jesus gekreuzigt wurde.

Erdoğan, Recep Tayyip; *1954; autoritärer Haider, Jörg; *1950, †2008; rechtsextremer
Präsident der Republik Türkei. österreichischer Politiker, früher FPÖ, dann
BZÖ. Von 1989-2000 Vorsitzender der FPÖ,
Exodus; im Alten Testament beschriebener 1989-1991 sowie 1999-2008 Landeshaupt-
Auszug der Israelit_innen aus Ägypten. mann von Kärnten/Koroška.

Föderative Volksrepublik Jugoslawien; von Handschar, 13. Waffen-Gebirgs-Division


1945-1963 offizieller Name des realsozialis- der SS; 1943 gegründete Division der Waf-
tischen Jugoslawiens. Von 1963-1992 lautete fen-SS, Rekrutierung im Gebiet des NDH,
der offizielle Name „Sozialistische Föderative an zahlreichen Kriegsverbrechen am Balkan
Republik Jugoslawien“. beteiligt.

Freiheitliche Partei Kärntens (FPK); Ab- Hasanbegović, Zlatko; *1973; geschichts-


spaltung des BZÖ, von 2009-2013 eigenstän- revisionistischer Historiker, bis Oktober
dige rechtsextreme Partei in Kärnten/Koroš- 2016 Kulturminister Kroatiens (HDZ). 2017
ka, seit 2013 wieder Teil der FPÖ. aus der HDZ ausgeschlossen, aktuell un-
abhängiger Parlamentarier im kroatischen treme Abspaltung der HSP. Bei der EU-Wahl
Parlament. Ehemals Vize-Vorsitzender des 2014 und der Parlamentswahl 2015 Wahlalli-
Vereins Bleiburger Ehrenzug. anz mit der HDZ.

Hrvatska čista stranka prava (HČSP); „Kro- Jasenovac; Ort in Kroatien. In unmittelbarer
atische Partei des puren Rechts“, rechtsex- Nähe befand sich das Konzentrationslager
treme, neofaschistische Partei, bezieht sich Jasenovac, das größte Konzentrationslager
positiv auf die Ustaša. des NDH.

Hrvatska demokratska zajednica (HDZ); Jugoslawische Volksbefreiungsarmee


„Kroatische demokratische Gemeinschaft“, (Narodnooslobodilačka vojska, NOV); kom-
nationalistische, rechtskonservative Partei. munistische Partisan_innenorganisation in
Zurzeit stimmenstärkste Partei in Kroatien. Jugoslawien, kämpfte 1941-1945 für die Be-
freiung Jugoslawiens von Nationalsozialis-
Hrvatske obrambene snage, (HOS); „Kroa- mus und Faschismus.
tische Verteidigungskräfte“, von 1991-1993
kroatische paramilitärische Organisation, Kaiser, Peter; *1958; österreichischer Poli-
die gemeinsam mit den regulären kro- tiker der SPÖ und seit 2013 Landeshaupt-
atischen Streitkräften und dem Kroatischen mann von Kärnten/Koroška.
Verteidigungsrat (HVO) im Bosnien- und
Kroatienkrieg kämpfte. Ihr Ziel war ein Karamarko, Tomislav; *1959; kroatischer
Großkroatien. Der Name wurde bewusst an Politiker und ehemaliger Vorsitzender der 51
den Namen der Streitkräfte des NDH ange- HDZ.
lehnt.
Kärntner Abwehrkämpferbund; 1955
Hrvatske oružane snage (HOS); „Kroatische gegründet, laut Dokumentationsar-
bewaffnete Kräfte“, ab 1944 offizieller Name chiv des Österreichischen Widerstandes
für die Streitkräfte des NDH. rechtsextreme Vorfeldorganisation. Arbei-
tet gegen eine imaginierte „Sloweni-
Hrvatska stranka prava (HSP); „Kroatische sierung“ Kärntens/Koroškas und betreibt
Partei des Rechts“, rechtsextreme, faschis- deutschnationale Politik, Vertreter nehmen
tische Partei. Erstmals 1861 gegründet; aus am Treffen in Bleiburg/Pliberk teil.
ihr gingen die Ustaša hervor. Neugründung
1990. Kitzmüller, Anneliese; *1959; österreich-
ische Politikerin der rechtsextremen FPÖ
Hrvatska stranka prava-1861 (HSP-1861); und seit 20.12.2017 Dritte Präsidentin des
„Kroatische Partei des Rechts-1861“, 1995 österreichischen Nationalrats.
gegründete Abspaltung von der HSP, als
eine der wenigen Rechtsparteien in Oppo- Kommunistische Partei Jugoslawiens
sition zu Franjo Tuđman. (KPJ); von 1919-1990 bestehende kommu-
nistische Partei und Regierungspartei im
Hrvatska stranka prava Dr. Ante Starčević realsozialistischen Jugoslawien. 1952 wurde
(HSP-AS); „Kroatische Partei des Rechts Dr. sie in „Bund der Kommunisten Jugosla-
Ante Starčević“, 2009 gegründete rechtsex- wiens“ umbenannt.
König Alexander I.; *1888, †1934; von 1921 Kuna; 1941-1945 Währung des Unabhängigen
bis 1934 König von Jugoslawien. Staates Kroatiens (NDH), seit 1994 wieder
Name der Währung der Republik Kroatien.
Königreich der Serben, Kroaten und
Slowenen (SHS-Staat); geht hervor im Landespolizeidirektion (LPD); In Österreich
Dezember 1918 aus dem Zusammenschluss dem Bundesministerium für Inneres unter-
des Staats der Slowenen, Kroaten und Ser- stehende Sicherheitsbehörde II. – und in den
ben mit dem Königreich Serbien. Nach ei- meisten Städten auch I. – Instanz. Jedes der
nem Putsch ab 1929 eine Königsdiktatur neun Bundesländer verfügt über eine eigene
unter dem offiziellen Namen „Königreich Landespolizeidirektion.
Jugoslawien“, 1941 vom Deutschen Reich
überfallen und zerschlagen. Lobnig, Josef; *1958; österreichischer Finanz-
beamter und Politiker der FPÖ, früher FPK,
Konkordat; Bezeichnung für einen Staats- FPÖ bzw. BZÖ; seit 1999 Abgeordneter zum
kirchenvertrag zwischen der römisch- Kärntner Landtag und seit März 2013 Dritter
katholischen Kirche und einem Staat; in Landtagspräsident.
Österreich v.a. seit 1933.
Loibacher Feld/Libuško polje; Feld in der
Kordić, Dario; *1960; bosnisch-herze- Nähe von Bleiburg/Pliberk, auf dem sich
gowinischer Politiker der HDZ BiH, das angebliche Massaker von Bleiburg
Vizepräsident der 1991-1996 bestehenden, zugetragen haben soll. Hier befindet sich
52 international nicht anerkannten, Kroa- die geschichtsrevisionistische Gedenk-
tischen Republik Herceg-Bosna. stätte und findet der Großteil der jährlichen
Gedenkfeier statt.
Kroatienkrieg; Krieg in Kroatien von 1991-
1995 im Rahmen der Jugoslawienkriege. Landesamt für Verfassungsschutz und Ter-
Auslöser war die Unabhängigkeitserklärung rorismusbekämpfung (LVT); Neben dem
Kroatiens von Jugoslawien. Bundesamt für Verfassungsschutz und Ter-
rorismusbekämpfung (BVT) Teil des öster-
Kroatische Befreiungsbewegung (Hrvatski reichischen Verfassungsschutzes. Das LVT
Oslobodilački Pokret, kurz: HOP); von Ante ist der Teil der jeweiligen Landespolizeidi-
Pavelić im Exil gegründete Organisation rektion.
zur kroatisch-faschistischen Vernetzung,
Organisation, Propagandaarbeit und dem Maček, Vladko; *1879, †1964; nach dem Mord
bewaffneten Kampf gegen das sozialistische an Stjepan Radić 1928 Vorsitzender der Kro-
Jugoslawien. atischen Bauernpartei.

Kroatische Republikanische Bauernpartei Martinović, Nikica; *1912, †1975; Mitglied des


(Hrvatska seljačka stranka, kurz: HSS); PBV.
konservative, 1904 gegründete Partei in
Kroatien, bedeutende Rolle im SHS-Staat. Mesić, Stjepan „Stipe“; *1934; Mitgründer
Wiedergründung 1989, heute als Opposi- der HDZ, wandte sich aber in den 1990er
tionspartei im kroatischen Parlament ver- Jahren teilweise von ihr ab. Vom 18.2.2000-
treten. 18.2.2010 Staatspräsident von Kroatien.
Mussi, Peter; Alter Herr der deutsch- Piplica, Miroslav; Vorsitzender der HDZ
nationalen Akademischen Sängerschaft Tau- Österreich, der Vereinigung für Veteranen
riska zu Klagenfurt. aus dem Kroatien-Krieg im Ausland und der
Kroatisch-Österreichischen Koordination für
Öllinger, Karl; *1951; österreichischer Poli- Kultur und Sport.
tiker der Partei Die Grünen.
Puljić, Želimir; *1947; Erzbischof des
Österreich-Ungarn; Realunion als öster- römisch-katholischen Erzbistums von Za-
reichisch-ungarische Monarchie, die letzte dar in Kroatien. 2015 setzte er sich für eine
Phase der Habsburger-Monarchie, bestehend Legalisierung des Ustaša-Grußes “Za dom
von 1867-1918. spremni” innerhalb des Militärs ein.

Österreichische Volkspartei (ÖVP); rechts- Radić, Stjepan; *1871, †1928; Politiker und An-
konservative österreichische Partei. Auf Bun- führer der „Kroatischen Bauernpartei“.
desebene seit 20.12.2017 mit der FPÖ in einer
Regierungskoalition. Rolf, Tomislav; *1899, †1945; Ustaša, General
des NDH.
Partisan_innen, jugoslawische; im Kontext
dieser Broschüre Widerstandskämpfer_in- Sanader, Ivo; *1953; kroatischer Politiker,
nen gegen den Nationalsozialismus und Gesicht der „reformierten“ HDZ, von 2003-
italienischen Faschismus, die sich in der ju- 2009 Premierminister Kroatiens.
goslawischen Volksbefreiungsarmee organi- 53
sierten. Šahovnica/Schachbrett; umgangssprach-
liche Bezeichnung für das Wappen Kroatiens.
Pavelić, Ante; *1889, †1959; Führer der Ustaša Es findet sich historisch wie auch im Wappen
und des Unabhängigen Staates Kroatien. der Republik Kroatien, wo es links oben mit
einem roten Feld beginnt. Im NDH wurde das
Perković, Marko; Gründer und Frontmann Wappen ebenso verwendet, allerdings beginnt
der 1991 gegründeten rechtsextremen kro- dieses links oben mit einem weißen Feld.
atischen Rockband Thompson. Die Band ist
nach dem Spitznamen Perkovićs – Thomp- Sobotka, Wolfgang; *1956; Politiker der ÖVP,
son – benannt, dieser leitet sich von dem von 21.4.2016-18.12.2017 Innenminister, ab dem
Gewehr ab mit dem Perković im Kroatien- 20.12.2017 Erster Präsident des Österreich-
krieg gekämpft haben soll. ischen Nationalrates.

Perón, Juan; *1895, †1974; General; autokra- Starčević, Ante; *1823, †1896; kroatischer Na-
tischer Präsident Argentiniens. tionalist, Politiker, Autor und Mitbegründer
der Kroatischen Partei des Rechts. Er forderte
Pfeilkreuzler; Anhänger_innen des ein Großkroatien und war Gegner einer ju-
ungarischen Faschismus in seiner organisa- goslawischen Idee. Er wird bis heute für sein
torischen Form von 1935-1945, welcher sich Eintreten für den kroatischen Nationalstaat
explizit am Nationalsozialismus orientierte. gefeiert.
Sunić, Tomislav; *1953; kroatischer und gabe war die Bekämpfung und Liquidierung
US-amerikanischer Doppelstaatsbürger und von äußeren wie inneren Feind_innen und
ehemals in verschiedenen kroatischen, diplo- Gegner_innen des realsozialistischen Jugo-
matischen Funktionen tätig (1993 bis 2001); slawiens.
Nationalist, Antisemit und aktiv innerhalb des
neonazistischen white nationalist-Spektrums Ustaša Hrvatska Revolucionarna Organ-
in den USA. izacija (Kroatische Revolutionäre Organ-
isation der Aufständischen), Ustaša; 1929
Symbolegesetz (SymbG); Bundesgesetz gegründete kroatische faschistische Be-
mit dem ursprünglich die Verwendung wegung, die als rechtsextremer, terroris-
von Symbolen der Gruppierungen Isla- tischer Geheimbund begann und dann die
mischer Staat und Al-Quaida verboten Macht im NDH übernahm.
wurde. 2018/2019 Ausweitung auf weitere
Gruppierungen, darunter die Ustaša. Verbotsgesetz (VerbG); österreichisches
Bundesverfassungsgesetz, das die Ent-
Thompson; rechtsextreme kroatische Roc- nazifizierung regelte und Wiederbetäti-
kband, benannt nach dem Gewehr, mit wel- gung im nationalsozialistischen Sinn sowie
chem der Frontmann der Band, Marko Per- Leugnung und Huldigung von NS-Verbre-
ković, im Kroatienkrieg kämpfte. chen sanktioniert.

Tuđman, Franjo; *1922, †1999; geschichts- Vukojević, Vice; *1936; Politiker der HDZ,
54 revisionistischer Historiker und Politiker ehemaliger Abgeordneter im kroatischen
sowie Mitbegründer der HDZ. Er war von Parlament, von 1999-2007 kroatischer Ver-
1990-1999 autokratischer Präsident der Re- fassungsrichter.
publik Kroatiens.
Waffen-SS; Teil der SS, ab 1939 die Bez-
Überfellner, Willi; Funktionär des Kärntner eichnung für die schon früher gegründeten
Abwehrkämpferbunds. militärischen Verbände der SS. Der Waf-
fen-SS gehörten Kampfverbände wie auch
Ulrichsberg/Šenturška gora; 1022m ho- Wachmannschaften für Konzentrations-
her Berg in der Nähe von Klagenfurt/Ce- und Vernichtungslager an.
lovec, eine Kirchenruine am Berg dient als
Gedenkstätte für diverse (Waffen-)SS-Ver- Wehrmacht; reguläre Streitkräfte des na-
bände. Neben dem Zollfeld/Gosposvetsko tionalsozialistischen Deutschlands. Beteiligt
polje Schauplatz des revisionistischen Ul- am Angriffskrieg, Vernichtungskrieg und an
richsberg-Treffens. massiven Kriegsverbrechen.

Unabhängiger Staat Kroatien (Nezavisna Za dom spremni; übersetzt: Für die Hei-
Država Hrvatska, kurz: NDH); kroatischer mat bereit; Seit den 1930er der Wahl-
faschistischer NS-Vasallenstaat, 1941-1945. spruch und Gruß der Ustaša, welcher
während des Zweiten Weltkrieges äquiva-
Uprava državne bezbednosti (UDBA); 1946 lent zu »Heil Hitler« verwendet wurde.
gegründete Geheimpolizei Jugoslawiens,
1966 in SDB umbenannt. Ihre Hauptauf-
Literatur-
empfehlungen:
Calic, Marie-Janine: Geschichte Jugoslawiens. München, C.H.Beck, 2018.

Goldstein, Slavko: 1941, Das Jahr, das nicht vergeht. Die Saat des Hasses auf
dem Balkan. Frankfurt/M., S. Fischer-Verlag, 2018.

Korb, Alexander: Im Schatten des Weltkriegs: Massengewalt der Ustaša


gegen Serben, Juden und Roma in Kroatien 1941 – 1945. Hamburg, Hamburger
Edition, 2013.

Pavlaković, Vjeran, Brentin, Dario: The Controversial Commemoration: Trans-


national Approaches to Remembering Bleiburg. Zageb, croation political
science review, Vol. 55, Nr. 2, 2018.

Radonić, Ljiljana: Krieg um die Erinnerung: kroatische Vergangenheitspolitik


zwischen Revisionismus und europäischen Standards. Frankfurt/M., Cam-
pus-Verlag, 2010.

Zeitgeschichte. 35. Jg. Heft 5: Geschichtspolitik in Kroatien, 2008.

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