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Mein kleiner toter Engel (Steinbach und

Wagner 15) 1st Edition Roxann Hill


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t-edition-roxann-hill/
ROXANN HILL
_________________

Mein kleiner toter Engel


Thriller

Der fünfzehnte Fall für Steinbach und Wagner


Copyright © 2022 Roxann Hill

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder


auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind
vorbehalten.
Sämtliche Namen, Charaktere und Handlungen sind frei
erfunden und reine Fiktion der Autorin.
Alle Ähnlichkeiten mit Personen, lebend oder tot, sind Zufall.
© Coverdesign: Alexios Saskalidis a.k.a. 187designz
Korrektorat: SW Korrekturen e.U.
https://www.roxannhill.com
http://www.facebook.com/Roxann.Hill.Autorin
https://www.instagram.com/roxann_hill/
INHALT

VORWORT
1 Vor zehn Jahren
2 Gegenwart
3 Sie
4 Tag 2
5
6
7
8
9
10 Sie
11 Tag 3
12
13
14
15
16
17 Sie
18
19 Thomas Müller
20 Tag 4
21
22 Sie
23
24
25
26
27
28
29
30 Der Balkon
31
32
33 Sie
34 Tag 5
35
36
37
38 Volker Vallant
39
40
41
42
43
44
45 Sie
46 Tag 6
47
48
49 Tag 7
50
51
52 Sie
53
54 Montag, 6.30 Uhr
55 Tag 9
56
57
58
59
60
61 Tag 10
62
63
64
65
66
67
68
69 zwei Tage später
70
71
ANNE UND PAUL KOMMEN WIEDER!
Leseprobe: Wo die toten Kinder leben (Steinbach und Wagner 1)
Leseprobe: Die blutige Stadt (Storm und Partner 1)
Die Fälle von Steinbach und Wagner – Was bisher geschah
Weitere Romane von Roxann Hill
Die Autorin
VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Romane von Anne Steinbach und Paul Wagner sind in sich
abgeschlossen und können völlig problemlos einzeln gelesen
werden. Allein die Hauptcharaktere entwickeln sich im Verlauf der
Kriminalfälle weiter. Von daher bietet es sich an, chronologisch mit
Band 1 zu beginnen.

Für alle Quereinsteiger habe ich – wie man es von Fernsehserien


kennt – ein »Was bisher geschah« verfasst. Sie finden die
Zusammenfassung am Ende des Buches.

Ich wünsche Ihnen spannende Stunden mit Anne und Paul.

Ihre

Roxann Hill
WAS BLUTIG ANFING MIT VERRAT UND MORD;
DAS SETZT SICH AUCH DURCH BLUT’GE TATEN FORT.

William Shakespeare (1564 – 1616) – Macbeth


1
Vor zehn Jahren

Oberkommissar Martin Gregor wischte sich den Schweiß von der


Stirn. Er richtete sich auf, verharrte für einen Moment und ging zu
dem umgestürzten Baum. Dort angekommen, nahm er mit einem
leisen Seufzen auf dem alten, knorrigen Stamm Platz.
Es dauerte eine Zeit lang, bis sich seine Atmung beruhigte. Er ließ
den Blick schweifen – über den engen Schotterweg, zum kleinen Tal,
zu dem Bach mit dem silbrig-hellen Wasser, der sich zwischen
grünen Wiesen dahinzog. Im Anschluss erhob sich der Wald.
Majestätische Kiefern, Buchen und Eichen. Und den Horizont
bildeten die Berge mit ihren felsigen Gipfeln.
Eine wunderschöne Gegend. Seine Heimat. Er liebte sie von
ganzem Herzen. Das wurde ihm mit einem Mal deutlich bewusst, als
er mutterseelenallein inmitten der Natur saß, unter seinen Fingern
die harte Rinde der abgestorbenen Föhre fühlte und über sich die
Vögel zwitschern hörte.
Sein linker Arm begann zu schmerzen. Das Ziehen reichte bis
hinauf in seine Brust. Er war körperliche Arbeit nicht mehr gewohnt.
Und mit Angina Pectoris war auch nicht zu spaßen. Vielleicht sollte er
mal wieder zu Dr. Larmann gehen und sich durchchecken lassen.
Vermutlich würde ihm der Arzt dann erneut irgendwelche
Herztabletten verschreiben, aber die musste er ja nicht nehmen.
Er sah zu dem Klappspaten, den er vorhin einfach hatte fallen
lassen. Gott sei Dank hatte er das Werkzeug in seinem Auto
dabeigehabt. Sein Dienstfahrzeug parkte rund zweihundert Meter
entfernt neben einem protzigen Geländewagen.
Wann hatte er eigentlich die Schaufel in seinen Kofferraum
gelegt? Er überlegte kurz. Im vergangenen Herbst. Für den Fall der
Fälle. Vor mehreren Jahren hatten sie ihn zu einem entlegenen
Tatort gerufen, und die Hinterreifen seines Wagens waren im
Schlamm stecken geblieben. Eine riesige Sauerei. Er war voller Dreck
gewesen, seine Helfer auch und das Auto sowieso. Das würde ihm
nicht noch einmal passieren. Seitdem packte er das Ding im Herbst
in seinen BMW und im Frühling wieder aus. Doch inzwischen war
Sommer. Jedenfalls noch für ein paar Wochen. Er hatte schlichtweg
vergessen, den Spaten in seinen Schuppen zurückzubringen.
Alles hat etwas Gutes, dachte er sich. Was hätte er jetzt ohne
Schaufel gemacht?
Er betrachtete die Grube, die er ausgehoben hatte. Zwei Meter
lang, knapp einen Meter breit und bestimmt achtzig Zentimeter tief.
Mehr hatte er nicht geschafft, er war auf Felsgestein gestoßen.
Trotzdem eine ansehnliche Leistung für einen alten Mann wie ihn.
Und jetzt, nach seiner kleinen Verschnaufpause, würde es ihm
auch gelingen, das Loch gänzlich zuzuschütten. Oder besser
ausgedrückt: das Grab.
Er atmete tief durch, gab sich einen Ruck und stand auf. Das
Schlimmste war erledigt. Den beachtlichen Haufen an Aushub wieder
in die Öffnung im Boden zurückzuschippen, würde wesentlich
leichter sein und ihm spürbar weniger Mühe bereiten. Dann noch
feststampfen und etwas Reisig verteilen – fertig.
Oberkommissar Martin Gregor ging zu dem Spaten, ergriff ihn
und…
Er stockte und blickte in das Loch hinein. Eine dünne Schicht
frischer Erde, aus der an der einen Schmalseite zwei Fußspitzen in
Treckingschuhen herausragten.
Gregor runzelte die Stirn. Hatten ihm seine Augen soeben einen
Streich gespielt?
Unmöglich.
Etwas Helles schob sich aus dem lockeren Erdreich. Eine Hand.
»Verfluchte Scheiße«, zischte er.
Er packte den Stiel seiner Schaufel fester, holte weit aus und
schlug mit dem Eisenteil auf die Stelle, unter der sich der Kopf
befinden musste. Einmal, zweimal, dreimal.
Der Arm, der sich wie anklagend in Richtung Himmel gestreckt
hatte, fiel kraftlos zurück.
Na also. Geht doch.
Wieder eine Bewegung. Diesmal heftiger. Und plötzlich schnellte
der Oberkörper eines Mannes nach oben. Tiefe, blutige Wunden am
Kopf. Mehrere Löcher im Brustbereich, wirrer Blick, der Mund zu
einem stummen Schrei geöffnet.
Gregor ließ den Spaten fallen und sprang in die Grube. Mit einer
Hand drückte er den Mann nach unten, während er mit der anderen
seine Dienstwaffe aus dem Holster riss. Er setzte die Mündung seiner
Pistole an die Stirn des Mannes und schoss.
Fetzen von Gewebe überall. Der laute Knall wurde von den
umliegenden Felsen hin und her geworfen. Danach breitete sich eine
unwirkliche Stille aus. Selbst die Vögel schwiegen.
Mühsam kletterte Gregor ins Freie. Der Kerl würde nicht mehr
aufstehen. Ganz sicher nicht.
Sorgfältig sicherte er seine Waffe und verstaute sie. Dann packte
er erneut den Spaten und machte sich ans Werk.
Eine halbe Stunde später war er fertig. Nur beim genauen
Hinsehen konnte man den Ort erahnen, an dem die Leiche lag. Doch
wer sollte hier nach ihr suchen? Niemand. Dafür würde er sorgen.
Das leise Motorengeräusch eines herannahenden Wagens drang
an seine Ohren. Er kam zurück. Offenbar wollte er doch helfen,
obwohl Gregor ihm vorhin dringend davon abgeraten hatte.
Gregor seufzte. Vermutlich hätte er an seiner Stelle genauso
gehandelt. Und vielleicht war es auch besser so. Es würde ihm
ermöglichen, abzuschließen. Das war sein gutes Recht.
2
Gegenwart

Ich sah auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand. Gleich halb
vier.
Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und blickte zu Paul, der
neben mir saß. Mit betont höflichem Interesse lauschte er den
Ausführungen seines Kollegen Pfarrer Pätzold. Wie Paul trug Pätzold
ein schwarzes Hemd mit weißem Kragen. Allerdings schien seines
bereits älter zu sein. Die Farbe wirkte stumpf und ausgewaschen.
Pätzold selbst musste um die fünfzig sein. Eventuell ein wenig
jünger. Ein kleiner, rundlicher Mann mit einem vorwitzigen Bauch,
einer Brille und schütterem Haarkranz. Sein Gesicht war blass und
mit Sommersprossen übersät, die so gar nicht zu seinem biederen
Aussehen passen wollten.
Seit über einer halben Stunde saßen wir im Büro des Pfarrhauses
und hörten ihm zu, wie er voller Begeisterung von seiner Gemeinde
Rabeneck sprach. Und über das Werdenfelser Land an sich, die
wunderbare Landschaft Oberbayerns, die einzigartige Alpengegend.
Ausgiebig informierte er uns über den größten Arbeitgeber in der
Region, den international renommierten Tannheuser-Verlag, bei dem
ein Großteil der Bevölkerung direkt oder indirekt Beschäftigung fand.
Er schwärmte vom Tourismus sowohl im Winter als auch in den
warmen Sommermonaten, von den Menschen, die hier lebten. Er
wurde nicht müde, uns zu erzählen, wie glücklich er sich schätzte,
hier, in diesem Paradies, arbeiten zu dürfen.
Geschickt vermied es der gute Pfarrer, sich dem eigentlichen
Thema zuzuwenden, das Paul und mich aus der Großstadt in diese
Kleinstadtidylle geführt hatte: Pätzolds dubiose
Grundstücksgeschäfte im Namen der Kirche.
Dabei wusste Pätzold genau, warum wir hier waren. Denn der
zuständige Bischof, in meinen Augen ein – nett ausgedrückt – wenig
sympathischer Zeitgenosse, hatte sich im Vorfeld nicht nur mit Paul
und mir eingehend über die Problematik unterhalten. Vielmehr hatte
er höchstpersönlich bei Pätzold angerufen, uns angekündigt und ihm
den Grund unseres Besuches genannt.
Normalerweise untersuchten Paul und ich Mordfälle, die meist im
weitestgehenden Sinne mit der Kirche zusammenhingen. Paul als
eine Art Kirchenermittler und ich … nun … seit meinem erzwungenen
Austritt aus der Kripo arbeitete ich als Privatdetektivin. Für
Außenstehende mussten wir zwei ein ungewöhnliches Duo abgeben.
Ein Pfarrer und eine Ex-Polizistin. Doch im Laufe der Zeit hatten wir
uns zu einem perfekt aufeinander eingespielten Team entwickelt.
Nicht nur beruflich, aber das war eine andere Geschichte.
Erneut musterte ich Pätzold. Krampfhaft versuchte er, uns mit
seinem Geplapper daran zu hindern, die entscheidenden Fragen zu
stellen. Unterschlagung und Betrug waren an sich keine
Schwerverbrechen, doch bei den Summen, die uns der Bischof
genannt hatte, bestimmt keine Bagatelldelikte.
Langsam, aber sicher ging mir das Ganze auf die Nerven. Die
Fahrt hierher war anstrengend gewesen. Wir waren mehrmals in
einen Stau geraten. Ich fühlte mich müde, hatte Hunger und wollte
jetzt endlich zum eigentlichen Anlass unseres Besuches kommen.
Auf Paul konnte ich in diesem Moment nicht zählen. Er war viel zu
nett, um Pätzold zu unterbrechen. Pauls Methode bestand eher im
geduldigen Abwarten. Meine definitiv nicht.
Pätzold deutete nach oben zu den freigelegten, wuchtigen Balken
in seinem Büro sowie auf zwei mit kunstvollen Schnitzereien
verzierte Holzsäulen. »…aus dem siebzehnten Jahrhundert. Wir
haben…«
Ich räusperte mich laut und deutlich. Pätzold verstummte und
bedachte mich mit einem irritierten Blick.
»Das ist ja alles wirklich wunderbar, was Sie uns zu berichten
haben«, sagte ich. »Aber lassen Sie uns doch mal über den neuen
Skilift reden.«
Pätzold schluckte. »Unser ganzer Stolz. Er wird unsere schöne
Gegend noch weiter aufwerten.«
Ich nickte. »Und wie er das wird! Das trifft auch auf die
Grundstücke zu, die an dessen Fuß liegen. Deren Wert muss sich
über Nacht verdoppelt haben. Oder sogar verdreifacht? Was meinen
Sie, Herr Pfarrer?«
Pätzold schwieg und wurde blass.
»Diese Grundstücke, die haben bis vor Kurzem der Kirche gehört,
richtig?«, setzte ich rasch nach.
»Nicht direkt«, murmelte er, ohne mich anzusehen.
»Das verstehe ich nicht«, erwiderte ich. »Wie kann einem etwas
nicht direkt gehören?«
»Der Eigentümer war ein Landwirt. Aus meiner Gemeinde. Es
handelte sich damals noch um Felder, die er der Kirche vermacht
hat.«
»Später hat man sie zu Bauland umgewandelt. Doch kurz zuvor
haben Sie den Verkauf der Fläche veranlasst.« Ich machte eine
effektvolle Pause. »Wie geht das?«
»Ähm…« Pfarrer Pätzold wurde, wenn möglich, noch kleiner
hinter seinem Schreibtisch. »Das alles ist mit rechten Dingen
zugegangen, Frau Steinbach.«
»Pfarrer Pätzold«, übernahm Paul mit ruhiger Stimme. »Das
müssen Sie uns schon genauer erklären.«
»Da gibt es nichts zu erklären!«, brauste Pätzold auf. »Ich
versichere Ihnen, es hatte alles seine Richtigkeit.«
»Tja«, sagte ich. »Wenn Sie mit uns nicht darüber reden wollen,
können wir Sie nicht zwingen. Was den Bischof angeht…« Ich zuckte
mit den Schultern. »Der wird die Angelegenheit irgendwelchen
Juristen übertragen, und die werden der Sache auf den Grund
gehen. Sie kennen Anwälte: Die sind nicht unbedingt dafür bekannt,
Rücksicht zu nehmen. Weder auf Sie noch auf Ihr schönes Pfarrhaus
aus dem siebzehnten Jahrhundert.«
»Der Bischof.« Pätzold schnaubte bitter.
»Versetzen Sie sich in seine Lage«, sagte Paul. »Er hat jede
Menge Druck. Er muss sich rechtfertigen, weil Sie die Grundstücke
extrem günstig an Dritte veräußert haben.«
»Ich habe nichts Falsches getan.«
»Davon gehen Frau Steinbach und ich aus. Deshalb sind wir bei
Ihnen in Ihrem Büro.«
»Allerdings«, ergänzte ich trocken. »Bei Geld hört selbst in der
Kirche der Spaß auf.«
Pätzolds Ausdruck wurde trotzig. »Ich wiederhole es noch einmal
ganz deutlich: Ich habe nichts falsch gemacht. Niemand hat sich
bereichert. Und ich schon gleich gar nicht.«
Ich betrachtete sein altes Hemd und die unmodische Brille auf
seiner Nase. Er selbst hatte bestimmt keinen Profit aus dem Deal
geschlagen. Andererseits … vielleicht war der Geistliche spielsüchtig
und hatte ein Vermögen im Casino durchgebracht, oder was auch
immer. Man sah den Menschen nicht unbedingt an, welchen Lastern
sie insgeheim frönten.
Laut sagte ich: »Die neuen Grundstücksbesitzer müssen
Freudentänze veranstaltet haben, als die Fläche zu einem Baugebiet
umgewandelt wurde.«
Pätzold senkte den Kopf und starrte auf die Tischplatte.
Ich drehte mich Paul zu. Der zog ratlos die Augenbrauen hoch.
»Verbleiben wir doch so«, sagte ich. »Wir kommen morgen
wieder. Gegen elf.« Ich wandte mich an Pätzold. »Das gibt Ihnen
ausreichend Gelegenheit, Ihre Unterlagen zusammenzusammeln. Wir
schauen sie uns gemeinsam an. Sie erklären uns den Ablauf der
Grundstücksgeschäfte. Und wenn alles passt, wovon wir gerne
ausgehen wollen, sind Sie uns im Handumdrehen wieder los.«
Pätzold atmete tief durch. »Morgen um elf? Geht es nicht etwas
später?«
»Nein«, sagte ich bestimmt, und Paul schüttelte den Kopf.
Der Pfarrer seufzte. »Gut. Dann elf Uhr. Hier bei mir.«
Er erhob sich und streckte mir seinen Arm entgegen. Seine Hand
zitterte.
»Machen Sie sich keine Sorgen, Pfarrer Pätzold«, beeilte sich Paul,
zu versichern. »Wir möchten Sie nicht reinreiten. Uns geht es nur
um die Schaffung von Transparenz. Damit der Bischof die Deals
nachvollziehen kann.«
»Natürlich«, flüsterte der Pfarrer. »Das verstehe ich gut.«
»Dann bis morgen«, sagte ich.
Wir verließen sein Büro und gingen den Flur hinunter zum
geräumigen Foyer. Fast an der Eingangstür angelangt, wurde diese
aufgerissen und ein breitschultriger Mann um die dreißig stürmte in
den Raum. Seinem Gesicht nach zu urteilen, schien er wütend zu
sein.
Er rempelte Paul im Vorbeigehen an – ob mit Absicht oder nicht,
konnte ich nicht sagen. Paul strauchelte, der Typ murmelte
irgendetwas Unfreundliches und eilte weiter in Richtung Pätzolds
Büro.
»Hey«, rief ich und wollte hinterher.
Paul hielt mich auf. »Bleib hier.«
»Ernsthaft?« Ich sah ihn an. »Du willst dem Kerl sein rüpelhaftes
Benehmen durchgehen lassen?«
Paul schüttelte den Kopf. »Der hat sicher einen Termin bei Pfarrer
Pätzold.«
»Ja und?«
»In jeder Gemeinde gibt es ein paar schwarze Schafe, um die
man sich besonders kümmern muss.«
»Ich wollte mich auch um ihn kümmern«, erwiderte ich.
Erneut schüttelte Paul den Kopf. »Glaub mir, der Mann braucht
eine andere Art von Hilfe und es ist ja nichts passiert.«

Draußen schien die Sonne von einem strahlend blauen Himmel.


Gemeinsam steuerten Paul und ich unser Hotel an, das sich in
fußläufiger Entfernung befand.
»Gott, ist das ätzend«, murmelte ich.
»Hm?«, machte Paul, der sein schwarzes Jackett ausgezogen und
über die Schulter geworfen hatte.
»Na, dieser Fall, oder wie auch immer ich das nennen soll. Mir ist
doch vollkommen egal, warum er die Grundstücke so billig
verscheuert hat.«
»Er tut dir leid.«
»Ja. Er auch. Vor allem tue ich mir leid, weil ich mich darauf
eingelassen habe. Ich komme mir vor wie der Geldeintreiber eines
Buchmachers. Es hat nur noch gefehlt, dass du ihm Schläge
androhst und ich ihm die Knochen breche.«
Paul lachte. »Prälat Ott hat uns um den Gefallen gebeten. Morgen
bringen wir das zu Ende. Ich schreibe einen kurzen wohlwollenden
Bericht, und du fährst uns wieder nach Hause.«
»Aber pronto«, sagte ich.
Er blieb stehen. »Sieh das doch mal von der positiven Seite.
Betrachte das Ganze einfach als eine Art Kurzurlaub.«
Ich schaute mich um, blickte hinüber zu den Bergen. »Ist ja nett
hier. Wald, Wiesen, Natur, die Alpen und gute Luft. Meinetwegen.
Aber trotzdem… Dieser Fall liegt weit abseits dessen, womit wir uns
normalerweise befassen.«
»Momentan stimmt das.« Paul wackelte mit den Augenbrauen
und grinste. »Wer weiß, vielleicht nehmen unsere Ermittlungen
morgen eine interessante Wendung. Wie heißt es so schön? You
never know.«
»Du machst dich über mich lustig!«, knurrte ich.
Er lächelte. »Aber nur ein bisschen.«
Ich konnte ihm unmöglich böse sein.
3
Sie

Auf ihrem Laptop gräbt sich ein kleines grinsendes Zahnrad durch
die Erde. Sie dirigiert es mit ihrer Maus. Je mehr Gestein und Kristall
das Rädchen vertilgt, desto größer wird es. Gleichzeitig nimmt die
Energie zu, über die es verfügt.
Ein Fenster in der rechten oberen Ecke des Monitors zeigt ihr an,
wie viele Spieler insgesamt online sind und mit welchem Erfolg sie
um die virtuellen Bodenschätze kämpfen. Rund zweihundertfünfzig
Personen. Nicht gerade eine Menge, aber das ist nachvollziehbar um
kurz vor ein Uhr nachts.
Urplötzlich erscheint ein gigantisches Zahnrad namens
Svenmonster und nimmt die Verfolgung von ihr auf. Sie versucht,
nach links oder nach rechts auszuweichen. Vergeblich. Ihr Rad wird
gefressen.
Game over.
Sie seufzt leise und beginnt von erneut. Ihr winziges,
neugeborenes Rädchen, sie hat es Nightmare getauft, gräbt sich
durch den Boden und fängt an, langsam zu wachsen.
Ihre Augen werden schwer, ihr Kopf sackt nach vorn. Noch ein
paar Minuten hält sie durch, bevor ihr Avatar erneut zerstört wird.
Sie gähnt, streckt sich, massiert sich kurz den Nacken.
Sie ist so müde. Todmüde.
Verstohlen schielt sie zu ihrem Sofa. Es wirkt einladend. Und
gemütlich.
Lieber nicht, denkt sie sich.
Erneut muss sie gähnen.
Okay, sagt sie sich im Geiste. Du ruhst dich lediglich ein wenig
aus. Du wirst nicht einschlafen. Du musst keine Angst haben, dass
dir das passiert. Nur etwas ausstrecken. Zehn Minuten. Angezogen.
Mehr nicht.
Sie klappt den Laptop zu, geht zur Couch, räumt die Kissen
beiseite, knipst die Stehlampe an und legt sich hin. Sie dreht ihren
Kopf so, dass sie direkt in das Licht schaut. Licht ist gut. Es hindert
einen daran, einzunicken.
Der Schein wird immer fahler. Sie blinzelt ein paarmal. Und dann
ist die Helligkeit weg. Dunkelheit hüllt sie ein…

Das Licht kommt wieder. Es stammt von einer kleinen, bescheidenen


Leuchte.
Eine andere Lampe, ein anderer Ort, eine andere Zeit.
Du bist doch eingeschlafen, denkt sie sich. Du träumst wieder von
früher. Du musst aufwachen. Schnell. Das ist nicht echt. Das ist wie
eine Wiederholung. Eine verblichene Erinnerung … Sie vergisst ihre
Gedanken. Sie entgleiten ihr, als hätten sie ihr nie gehört …
Und ihr Traum gewinnt wieder die Oberhand.
Sie liegt auf dem Rücken. Sie blickt zur Decke.
Dort oben kann sie zwei Schatten erkennen. Sie fließen
zusammen.
Sie spürt seine Hände. Sie schließt die Augen. Sie spürt sein
Gewicht auf ihr. Sie spürt seine rhythmischen Bewegungen. Sie hört
sein Keuchen. Sein stoßweiser Atem trifft ihre Haut.
Das Bett quietscht leise unter ihnen.
Er bewegt sich jetzt heftiger. Das Quietschen wird lauter.
Jemand wird uns hören, denkt sie sich. Bestimmt wird uns
jemand hören.
»Sieh mich an«, flüstert er mit heiserer Stimme in ihr Ohr. »Los.
Sieh mich an!«
Sie folgt seiner Aufforderung. Blaue Augen. Er hat tiefblaue
Augen, die bis in ihre Seele blicken.
Jetzt betrachtet sie sein Gesicht. Ebenmäßige Züge, ein
energisches Kinn.
Das Bild wird unscharf. Es beginnt sich zu verändern.
Eine dunkle Flüssigkeit läuft über seine Stirn. Blut. Es stammt aus
einer klaffenden Wunde am Schädel. Dort sind die Haare weggefetzt.
Der Knochen liegt frei, helle Masse tritt hervor.
Das Blut tropft auf ihre Wangen. Es brennt wie Feuer …

Schreiend wacht sie auf.


4
Tag 2

Ich schob den leeren Frühstücksteller ein Stück von mir weg, nahm
meinen Kaffee in beide Hände und lehnte mich zurück. Im Gastraum
des Hotels Fuchs, in dem Paul und ich untergekommen waren,
befanden sich außer uns noch eine Familie mit zwei kleinen Kindern
und ein Ehepaar. Etwas weiter weg am Fenster saß ein etwa
fünfzigjähriger Mann allein an einem Tisch. Er aß eine große Portion
Rühreier. Dabei schaute er die meiste Zeit wie gebannt auf sein
Handy. Mitunter legte er seine Gabel beiseite, um weiterzuscrollen.
Paul hatte sich noch einen Joghurt mit irgendwelchen Körnern
vom kleinen, aber durchaus ansehnlichen Buffet geholt und schob
sich gerade den letzten Löffel in den Mund.
Er seufzte, wischte sich mit einer Serviette über die Lippen und
sah mich an.
»Wollen wir?«, fragte ich.
Er blickte auf seine Armbanduhr. »Ja.«
Wir erhoben uns, rückten die Stühle zurecht, grüßten die
Betreiberin des Hotels. Frau Fuchs, knappe sechzig, braun gefärbte
Haare und Dauerwelle, stilecht mit einem Dirndl bekleidet. Sie hatte
es sich nicht nehmen lassen, uns den Kaffee höchstpersönlich
nachzuschenken. Dabei hatte sie uns die ganze Zeit über neugierig
beobachtet.
Wir traten ins Freie. Obwohl die Sonne schien, war die Luft
draußen recht kühl.
Wir schlenderten über den Marktplatz. In der Mitte der Fläche aus
Kopfsteinpflaster stand ein kleiner Brunnen, aus dem sich irgendeine
Statue eines Mannes erhob. Daneben befand sich eine Bank. Wir
setzten uns. Paul nahm sich einen Zigarillo und zündete ihn an.
»Willst du auch einen?«, bot er mir an.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich höre mit dem Rauchen auf.«
»Mal wieder?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Ich würde dich ja ziehen lassen, aber das käme in aller
Öffentlichkeit komisch«, meinte er.
»Hier kommt vieles komisch.« Ich schnaubte und dachte
gleichzeitig daran, wie allein ich mich gefühlt hatte, weil wir
notgedrungen in getrennten Zimmern – die sogar auf verschiedenen
Stockwerken lagen – hatten schlafen müssen. Alles, um nur ja
keinen Verdacht aufkommen zu lassen.
»Bald haben wir es geschafft«, fügte ich an.
Er nickte. »Heute Nachmittag düsen wir nach Hause. Wir dürfen
nicht vergessen, dem Prof und Lorenzo etwas mitzubringen. Und
Ralf.«
»Was schwebt dir vor? Die Auswahl dürfte nicht gerade groß sein
– es sei denn, du willst irgendeine kitschige Tasse aus dem
Souvenirladen oder ein Milchkännchen in Form einer gefleckten Kuh,
die Muh-Laute von sich gibt, wenn man sie kippt.«
Paul lachte leise. »Lorenzo würde uns umbringen.« Er hielt inne.
»Bestimmt haben die in der Gegend einen besonderen Schnaps. Das
wäre ganz nett.«
»Hm«, machte ich. »Vorn habe ich einen Spirituosenladen
gesehen. Wenn wir mit Pätzold durch sind, gehen wir mal hin.«
Wir schwiegen.
»Okay«, sagte Paul nach einer Weile und drückte seinen Zigarillo
aus. »Dann bringen wir es hinter uns.«
Wenige Minuten später standen wir vor dem uralten
Pfarrgebäude. Die massive Holztür war wie am Vortag nicht
verschlossen. Pfarrer Pätzold führte ein offenes Haus, wie er uns
gestern wortreich erläutert hatte. Er hatte uns gebeten, einfach
hineinzugehen.
Wir durchquerten den Flur und klopften an Pätzolds Büro.
Keine Reaktion aus dem Inneren.
Paul und ich sahen uns an.
Ich schnitt eine Grimasse. »Er ist Pfarrer. Er wird schon nicht
hinten zum Klofenster rausklettern, wenn er uns vorn kommen
hört.«
Paul grinste. »Wohl kaum.«
Kurz entschlossen traten wir ein…
Pfarrer Pätzold war anwesend. Allerdings saß er nicht hinter
seinem Schreibtisch. Mit dem Kopf nach unten hing er von einem der
wuchtigen Balken. Um seine Knöchel war ein Strick gewickelt, mit
dem man ihn hochgezogen hatte. Das andere Ende des Seils war um
den linken kunstvoll verzierten Träger geknotet.
Pätzold war nackt, sein Körper mit unterschiedlich langen Wunden
übersät. An seiner Kehle klaffte ein tiefer Schnitt. Auf dem
Holzboden darunter befand sich eine riesige Blutlache, die dem
Aussehen nach bereits teilweise gestockt war.
Seine Haut war bleich, fast weiß, seine Augen verdreht. Sein
Mörder hatte ihn vollkommen ausbluten lassen.
Und noch etwas anderes fiel mir auf: Der Täter hatte Pätzold mit
einem scharfen Gegenstand eine Zahl mitten in die Stirn geritzt,
ungelenk und grob. Dennoch war sie gut lesbar: Es handelte sich um
die Ziffer 8.
5

Der Anblick seines ermordeten und offensichtlich zuvor gefolterten


Kollegen traf Paul besonders heftig. Sein erster Impuls bestand
darin, dass er zu ihm stürzen wollte, um ihm zu helfen. Ich musste
ihn mit Gewalt davor zurückhalten. Der Geistliche war tot. Und zwar
zweifelsfrei schon länger. Niemand konnte solch grässliche Wunden
und einen derartigen Blutverlust überleben.
Vor uns befand sich ein Tatort. Wenn es eine Chance gab, den
Mörder zu fassen, musste der Schauplatz des Verbrechens möglichst
unberührt bleiben, um etwaige Spuren nicht zu zerstören.
Paul brauchte eine Weile, bis er sich wieder gefangen hatte.
Gemeinsam riefen wir schließlich bei der Polizeiinspektion an und
meldeten den Mord.
Keine zehn Minuten später erschien eine Beamtin um die Mitte
zwanzig. Schlank, mit kurzen Haaren. Frau Gabriele Monterey. Sie
wurde von einem jungen Anwärter in Uniform begleitet. Der arme
Auszubildende bemühte sich sichtlich um Professionalität. Doch
sobald er die kopfüber hängende Leiche des Pfarrers sah, war es um
ihn geschehen. Er hielt sich eine Hand vor den Mund, schaffte es
gerade noch bis in den Flur, wo er sich stoßweise und laut erbrach.
Wir setzten ihn in einen Nebenraum, und die Polizeibeamtin trug ihm
auf, einfach dort zu bleiben, bis es ihm besser ging.
Sie selbst verständigte sofort die Kripo. Aus ihrem Gespräch
entnahm ich, dass die Kollegen eine knappe Stunde bis nach
Rabeneck brauchen und einen Amtsarzt mitbringen würden. Gleich
darauf telefonierte sie mit ihrer eigenen Dienststelle und beorderte
eine Streife zum Pfarrhaus, um den Tatort abzusperren.
Erst dann beschäftigte sie sich mit Paul und mir und nahm unsere
vorläufigen Aussagen auf. Dabei ging sie – wie bisher – überaus
gründlich vor. Soweit ich erkennen konnte, verstand sie ihren Job.
Sie ließ sich genau erklären, warum wir Pfarrer Pätzold hatten
aufsuchen wollen. Und sie erkundigte sich bei mir nach meinem
Beruf. Weil sie bei meiner Antwort, dass ich Privatdetektivin sei,
abschätzig die Augenbrauen hochzog, fügte ich an, dass ich davor
mehrere Jahre bei der Kripo gearbeitet hatte. Das half, ihr die
Voreingenommenheit zu nehmen. In der Folge verhielt sie sich mir
gegenüber wesentlich freundlicher als zuvor.
Die Streife war dabei, ein Absperrband weitläufig vor dem
Eingang des Pfarrhauses anzubringen, als eine rundliche Frau
mittleren Alters erschien. Sie stellte sich als Ursula Kneidl vor, die
Haushälterin des verstorbenen Pfarrers. Sie reagierte vollkommen
schockiert, beinahe hysterisch, sobald sie den Grund für die
Anwesenheit der Polizei erfuhr. Unbedingt wollte sie Herrn Pätzold
sehen, vielleicht, um sich zu verabschieden. Möglicherweise konnte
sie es auch einfach nicht glauben.
Doch Frau Monterey versperrte ihr den Weg. Stattdessen stellte
sie ihr ebenfalls erste Fragen. Frau Kneidl gab an, am
vorangegangenen Nachmittag das Pfarrhaus verlassen zu haben, um
ihre erkrankte Tante im Nachbarort Neuenau zu besuchen und zu
versorgen. Das sei mit Pfarrer Pätzold so abgesprochen gewesen. Sie
sei gerade erst zurückgekommen.
Paul bot sich schließlich an, sich ein wenig um die vollkommen am
Boden zerstörte Haushälterin zu kümmern. Frau Monterey stimmte
zu, und Paul führte Frau Kneidl in die Pfarrküche. Im Weggehen warf
er mir einen kurzen Blick zu und ich verstand: Er würde versuchen,
so viel wie möglich von der Haushälterin zu erfahren. Wenn das
einem gelang, dann ihm.
Inzwischen war nahezu eine Stunde vergangen, doch die Kripo
war noch nicht eingetroffen. Frau Monterey ging zur Tür und blickte
hinaus. Ich gesellte mich zu ihr. Eine beträchtliche Menge
Schaulustiger hatte sich vor der Absperrung angesammelt. Sie
starrten zum Haus. Es wurde geredet und getuschelt.
Eine ältere Frau rief Frau Monterey zu: »Was ist denn passiert?«
Die Polizistin reagierte nicht darauf. Stattdessen wandte sie sich
ab, nahm ihr Handy und telefonierte erneut.
Offenbar waren die Kollegen in einen Stau geraten. Sie würden
eine weitere Viertelstunde brauchen.
Frau Monterey packte ihr Smartphone weg.
»Drehen Sie sich jetzt nicht gleich um«, sagte ich mit gesenktem
Kopf zu ihr.
»Was ist?«, fragte sie, ohne mich anzusehen.
»Gestern, als wir Pfarrer Pätzold besucht haben«, erklärte ich.
»Beim Hinausgehen … das haben wir Ihnen vorhin berichtet, kam
dieser Mann…«
»Der Sie angerempelt hat?«, gab sie ebenso leise zurück. »Der
wütend war?«
»Genau der. Er steht jetzt rechter Hand direkt beim Absperrband
und starrt zu uns herüber.«
Sie blieb eine Weile still. »Okay. Den hole ich mir.«
»Moment!«, bremste ich sie. »Wenn er derjenige ist, der den
Mord begangen hat, wird er abhauen, sobald Sie sich ihm auch nur
nähern.«
»Na und?« Sie wandte sich mir zu. »Ich sage den beiden
Streifenkollegen, dass sie mich unterstützen sollen.«
»Seien Sie mir nicht böse, aber das ist keine gute Idee«, meinte
ich. »Wenn Sie zu dritt auf ihn zukommen, merkt er doch erst recht,
was los ist. Und dann ist er weg. Da gebe ich Ihnen Brief und Siegel
darauf.«
Sie biss sich auf die Unterlippe.
»Lassen Sie mir ein wenig Zeit«, sagte ich. »Ich gebe vor, zu
gehen, und stelle mich ein gutes Stück hinter die Schaulustigen.
Sollte er türmen, schneide ich ihm den Weg ab.«
Sie atmete tief durch und schüttelte unmerklich den Kopf. »Nein,
das kann ich auf keinen Fall machen. Als Ex-Polizistin müssten Sie
das auch wissen.«
»Eine andere Option haben Sie im Moment aber nicht. Das Risiko
ist sonst zu hoch, dass er Ihnen durch die Lappen geht.«
Sie zögerte erneut. »In Ordnung«, meinte sie schließlich.
»Versuchen wir es. Wie sieht er aus?«
»Den erkennen Sie gleich. Er ist wirklich groß und überragt die
anderen um einen guten Kopf. Er trägt eine offene dunkelgrüne
Jacke und eine Art kariertes Holzfällerhemd darunter.«
Sie nickte nahezu unmerklich. »Wie viel Vorsprung brauchen
Sie?«
»Zwei, besser drei Minuten.«
»Gut.« Erneut holte sie tief Luft. »Sollte er jedoch vorher
Anstalten machen, sich zu entfernen, muss ich mit den Kollegen
versuchen, ihn mir gleich zu greifen.«
»Klar«, sagte ich. »Aber der geht so schnell nicht, da bin ich mir
ziemlich sicher.«
Ich streckte demonstrativ meinen Arm aus und schüttelte ihr die
Hand, als würde ich mich verabschieden. Dann wandte ich mich ab,
hielt mich links und schlüpfte unter dem Absperrband hindurch. Ich
machte einen weiten Bogen, wobei ich darauf achtete, dass mich der
Verdächtige nicht beobachtete. Schließlich hatte ich meine Position
rund fünfzig Meter entfernt erreicht.
Ich sah, wie sich Frau Monterey auf den Weg machte. Sie ging bis
zu dem Plastikband und sprach den großen Mann direkt an.
Sie wechselten ein paar Worte. Nicht viele. Plötzlich schubste der
Kerl die umstehenden Schaulustigen von sich weg, fuhr herum und
rannte wie von einem Katapult geschnellt los. Frau Monterey folgte
ihm.
Allerdings kamen sie nicht auf mich zu, wie ich mir das vorgestellt
hatte. Stattdessen bog der Verdächtige sofort in eine kleine
Nebengasse ein. Natürlich. Als Ortsansässiger kannte er sich hier
aus. Ich nicht.
Auch ich setzte mich in Bewegung und spurtete den beiden
hinterher.
Die junge Polizistin konnte rennen. Das musste ihr der Neid
lassen. Sie war sicher eine aktive Sportlerin. Doch es gelang ihr
trotzdem nicht, den großen Kerl, den sie verfolgte, einzuholen.
Plötzlich waren die beiden verschwunden. Ich blieb stehen.
Schwer atmend sah ich mich um. Zwischen zwei alten Häusern
führte ein schmaler Gang hinunter zu einer Wiese mit einem
Bachlauf. Undeutlich erkannte ich in der engen Traufgasse die
Schatten zweier Personen.
Diesmal würde es mir gelingen, dem Verdächtigen den Weg
abzuschneiden. Ich hetzte um das letzte Gebäude der Straße, kam
zu der Grünfläche und legte dabei an Tempo weiter zu.
Von Frau Monterey und dem Fremden keine Spur.
Schwer atmend erreichte ich die Rückseite der beiden Häuser und
blickte in den düsteren Gang.
Der große Mann rannte nicht mehr. Stattdessen hatte er Frau
Monterey an den Schultern gepackt und schlug sie wie eine
Stoffpuppe links und rechts gegen die Außenwände der Gebäude.
Jetzt zog er sie mit sich ins Freie und schmiss sie auf die Wiese.
Sie versuchte, ihre Waffe zu ziehen. Es gelang ihr nur halb. Er schlug
ihr die Pistole aus der Hand, beugte sich zu ihr hinunter und
versetzte ihr einen Fausthieb ins Gesicht.
Inzwischen hatte ich die beiden erreicht. Er drehte mir den
Rücken zu und bemerkte mich nicht. Das war meine Chance. Ich trat
ihm in die Kniekehle. Er knickte mit einem Schmerzensschrei ein und
riss den Kopf in meine Richtung herum.
Ich sprang und erwischte ihn mit dem Fuß an seiner Schläfe. Ein
Grunzen, dann sackte er zur Seite und rührte sich nicht mehr.
Ich sah Frau Monterey an. Sie kauerte auf allen vieren und
keuchte.
»Alles okay?«, fragte ich.
Sie nickte stumm.
»Ich brauche die Handschellen«, sagte ich.
Sie langte sich an den Hosenbund und gab sie mir.
Ein Klicken, und der Verdächtige, der noch immer k. o. war, hatte
die Hände hinter dem Rücken fixiert.
Frau Monterey kam wackelig auf die Beine, bückte sich nach ihrer
Pistole und hob sie auf. Sie wischte die Erde ab und steckte die
Waffe zurück in das Holster an ihrer Seite.
»Er hat mich kalt erwischt«, sagte sie dabei. »Und wie er das hat.
Mein Fehler.«
Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. »Egal.
Hauptsache, wir haben ihn.«
6

Kommissar Schneider schloss die Tür des Gruppenraums im


Pfarrhaus und wandte sich Frau Monterey zu. »Bitte schildern Sie
mir, was genau hier los war.«
Als die junge Polizistin und ich den noch immer leicht
benommenen Verhafteten zum Tatort zurückgebracht hatten, fuhr
gerade die komplette Mannschaft der Kripo vor: ein Arzt, ein
Fotograf, ein Leichenwagen sowie mehrere Beamte der
Spurensicherung. Geleitet wurde die Aktion von zwei
Kriminalkommissaren, beide um die Mitte dreißig, nahezu identisch
gekleidet mit dunklen Hosen, hellen Poloshirts und regenfesten
Jacken. Ein Herr Schneider und sein Kollege, Herr Kaul.
Frau Monterey hatte den verhafteten Mann mit ihrem
Auszubildenden und einem der Streifenbeamten zur Wache
geschickt. Schneider und Kaul hatten kurz das Büro mit dem Opfer
inspiziert, sich mit leisen Stimmen abgesprochen und danach
aufgeteilt.
Kaul blieb vor dem Büro, wo der Amtsarzt und die
Spurensicherung mit ihrer Arbeit begannen. Schneider bugsierte
Frau Monterey und mich in den Gruppenraum, während Paul
gebeten wurde, mit der Haushälterin in der Küche zu warten.
Schneider zückte seinen Block und blickte Frau Monterey an.
»Also, wie lief das ab?«, wiederholte er seine Frage.
Frau Monterey senkte das Papiertaschentuch, mit dem sie sich
eine kleine Platzwunde oberhalb der Augenbraue abgetupft hatte.
»Nachdem Frau Steinbach und Herr Wagner heute auf der
Polizeiinspektion angerufen hatten, bin ich sofort zum Tatort
gefahren. Ich habe hier alles sichern lassen, habe Sie verständigt
und danach damit begonnen, Aussagen aufzunehmen.«
»Erste Aussagen«, betonte Schneider abschätzig. Offenbar war es
ihm wichtig, von vornherein klarzustellen, wer hier das Sagen hatte.
»Wir werden die Befragungen noch einmal gründlich wiederholen.«
Frau Monterey schluckte. »Selbstverständlich.«
»Wie ging es weiter?«
»Ich habe auf Sie gewartet und zur Tür hinaus auf den Platz
gesehen. Da hatte sich inzwischen eine beachtliche Menge
Schaulustiger versammelt. Frau Steinbach hat ebenfalls nach
draußen geblickt. Dabei ist ihr ein Mann aufgefallen, der sie und
Herrn Wagner gestern im Flur des Pfarrhauses angerempelt hatte,
als sie am Nachmittag von einer Unterredung mit dem Mordopfer,
Pfarrer Pätzold, kamen.«
Schneider musterte mich. »Sie stammen nicht aus Rabeneck.«
»Nein«, bestätigte ich.
»Was machen Sie dann hier?«
»Herr Wagner und ich sind im Auftrag des Bischofs da. Eine
interne kirchliche Angelegenheit.«
»Hm«, machte Schneider. »Herr Wagner – das ist der Geistliche,
der in der Küche mit der Haushälterin sitzt?«
»Richtig.«
Ein Stirnrunzeln. »Sie selbst gehören aber nicht zur Kirche.«
»Nein.«
»Was sind Sie dann von Beruf?«
Ich wich seinem Blick nicht aus. »Privatermittlerin.«
»Ach.« Er stockte, und sein Gesicht verzog sich, als hätte er in
eine Zitrone gebissen. »Das ist ja … interessant.« Er sah auf den
Block und notierte sich etwas. »Das klären wir morgen«, murmelte
er dabei. Er wandte sich an die Polizistin. »Bleiben wir mal bei der
Verhaftung, die Sie vorgenommen haben, Frau Monterey.«
Ein kurzes Zögern von ihr. »Frau Steinbach fiel der Mann auf. Er
stand unter den Schaulustigen. Ich wollte ihn ansprechen und Frau
Steinbach…«
»Der Verdächtige ist sofort geflohen«, beeilte ich mich, sie zu
unterbrechen. Schneider war überheblich und arrogant. Die junge
Polizistin befand sich auf dem besten Weg, sich um Kopf und Kragen
zu reden. Das konnte ich nicht zulassen. »Ich habe beobachtet, wie
Frau Monterey den Mann verfolgt hat. Und ich habe mir gedacht,
vielleicht braucht sie Hilfe. Der Kerl ist ja ein Riese, und gestern
verhielt er sich ziemlich aggressiv.«
»Sie dachten«, sagte Schneider mit verächtlichem Unterton.
»Ja. Stellen Sie sich vor.« Ich lächelte unbedarft.
Schneider wandte sich an Frau Monterey. »Und dann?«
»Ich bin ihm hinterher bis in eine kleine Traufgasse. Das ist so ein
schmaler Gang zwischen zwei alten…«
Schneider winkte herrisch ab. »Ich weiß, was eine Traufgasse
ist.«
»Dort habe ich ihn zwar eingeholt, aber er war stärker als ich
und…«
»Zunächst stärker«, kam ich ihr erneut zur Rettung. »Ich holte die
beiden ein, und dann lag er auch schon am Boden, und Frau
Montereys Handschellen klickten zu.«
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass mir Frau Monterey einen
erstaunt-erleichterten Blick zuwarf. Ich tat so, als hätte ich nichts
bemerkt.
Schneider machte sich erneut Notizen. »Das klappte ja dann wie
am Schnürchen«, meinte er dabei. Er betrachtete das Gesicht seiner
Kollegin. »Der Verdächtige hat Sie angegriffen, wie man unschwer
erkennen kann.«
»Ja, das hat er«, bestätigte sie.
»Unangenehm, aber für uns ist das ganz gut. Denn wir können
ihn damit erst mal eine Weile festhalten und müssen uns mit seiner
Befragung nicht allzu sehr beeilen.«
Die Tür des Aufenthaltsraums öffnete sich und Herr Kaul,
Schneiders Kollege, lugte herein. Er wurde von Paul begleitet.
»Störe ich?«, fragte Kaul.
»Nein.« Schneider klappte den Block zu. »Wir sind fast fertig. Und
wie läuft’s bei dir?«
Schneiders Kollege und Paul traten ein.
»Wir haben das Opfer abgenommen«, sagte der Polizist und
deutete in die ungefähre Richtung des Büros. »Der Amtsarzt hat ihn
sich grob angeschaut. Bislang keine neuen Erkenntnisse.
Durchgeschnittene Kehle. Er ist ausgeblutet. Offensichtlich wurde er
zuvor gefoltert. Und das nicht zu knapp.«
Schneider brummte irgendetwas Unverständliches.
»Der Leichenwagen bringt ihn jetzt in die Gerichtsmedizin«, fuhr
sein Kollege fort. »Die Spurensicherung wird noch eine Weile
benötigen.«
»Wo ist die Haushälterin?«
»Die habe ich heimgeschickt«, erwiderte Kaul. »Sie hatte einen
halben Nervenzusammenbruch. Ich habe ihre Personalien. Sie wohnt
im Ort. Heute bringen wir aus ihr ohnehin nichts Vernünftiges raus.«
»Ich kenne Frau Kneidl persönlich«, mischte sich Frau Monterey in
die Unterhaltung ein. »Ich könnte die Befragung übernehmen.«
»Mal sehen«, meinte Schneider knapp. »Das klären wir später.
Eine Zuarbeit Ihrerseits ist denkbar, aber Herr Kaul und ich leiten die
Ermittlungen.«
»Das ist mir bewusst«, versicherte Frau Monterey. »Es ist Ihre
Zuständigkeit. Deshalb habe ich Sie auch gleich verständigt.«
»Jaja«, brummte Schneider.
»Was ist mit dem, der verhaftet wurde?«, wollte sein Kollege
wissen.
»Den müssen wir auf alle Fälle intensiv befragen«, sagte
Schneider. »Er war gestern Nachmittag im Pfarrhaus. Und heute
steht er unter den Gaffern. Als Frau Monterey ihn ansprach, wollte er
stiften gehen.«
Kaul beugte sich ein wenig vor und inspizierte die Platzwunde an
der Augenbraue der Polizistin. »Das stammt von ihm?«
Frau Monterey nickte.
»Er hat sie angegriffen«, sagte Schneider.
»Wow«, sagte Kaul. »Den müssen wir uns wirklich gründlich zur
Brust nehmen. Mit etwas Glück haben wir den Fall in
Nullkommanichts aufgeklärt. Unser Täter sitzt höchstwahrscheinlich
schon in Haft. Du weißt doch, dass sich diese Irren hinterher immer
gern am Tatort herumtreiben.«
Das traf zwar recht häufig zu, stellte jedoch meiner Erfahrung
nach eine extrem oberflächliche Vereinfachung dar.
»Es könnte einen anderen Grund geben, warum der Mann zum
Pfarrer gegangen ist«, warf ich ein. »Ich halte es für verfrüht, darauf
zu spekulieren, dass…«
Weiter kam ich nicht.
»Frau Steinbach.« Schneiders Stimme klirrte herrisch. »Lassen Sie
mich eins klipp und klar festhalten: Wir, damit meine ich Herrn Kaul
und mich, haben alles im Griff. Das ist nicht unser erster Mord. Wir
brauchen keine superschlaue Privatdetektivin aus der Großstadt, die
uns erklärt, wie wir zu arbeiten haben. Das wissen wir selbst nämlich
viel besser. Wir möchten auf keinen Fall, dass Sie sich in die
Ermittlungen einmischen. In dem Punkt ist nicht mit uns zu spaßen.
Ich hoffe sehr, Sie richten sich danach.«
»Selbstverständlich«, erwiderte ich und zwang mich dazu,
äußerlich ruhig zu bleiben.
»Wir werden die nächsten Tage immer wieder vor Ort sein«,
sprach Schneider weiter. »Wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen
möchten, dann bitte über Frau Monterey, die uns unterstützen wird.«
Paul räusperte sich. »Frau Steinbach und ich wollten heute
eigentlich abreisen.«
Ein entschiedenes Kopfschütteln. »Das wäre der Sache nicht
dienlich, Herr Pfarrer. Ich kann Sie zwar nicht zwingen. Aber bitte
bleiben Sie ein paar Tage in Rabeneck. Genießen Sie die Landschaft,
machen Sie Urlaub und gehen Sie nicht zu weit weg.«
Kaul blickte demonstrativ auf seine Uhr.
»Ja«, beantwortete Schneider dessen stummen Impuls. »Heute
können wir ohnehin nichts mehr ausrichten. Wir gehen gleich.« Und
zu der jungen Polizistin: »Sie protokollieren umgehend die ersten
Aussagen, damit wir sie morgen früh vorliegen haben. Wir werden
gegen…« Er blickte fragend zu seinem Partner.
»Zehn«, sagte Kaul.
»Sie haben es gehört. Gegen zehn sind wir wieder hier…« Er
brach ab und musterte mich mit leicht schief gelegtem Kopf. »Sie
tragen ja eine Waffe!«
»Als Privatermittlerin«, bestätigte ich ruhig.
»Sicher besitzen Sie einen entsprechenden Waffenschein?«
»Sicher«, wiederholte ich.
Sein Gesicht lief rot an. »Darf ich das Dokument bitte mal
sehen?«
Ich zog meine Geldbörse aus der Tasche, suchte die Erlaubnis
heraus und hielt sie ihm hin.
Er griff danach, doch ich ließ den Schein nicht los.
»Den will ich überprüfen. Und so lange behalte ich ihn«, sagte er
und zog stärker.
Ich schüttelte einmal den Kopf. »Auf gar keinen Fall. Der
Waffenschein gehört mir und den gebe ich nicht aus der Hand. Sie
benötigen lediglich meine Personalien und die ausstellende Behörde,
um es zu checken. Das läuft digital.«
Nur widerwillig gab Schneider den Waffenschein frei. Er
beobachtete mich dabei, wie ich ihn sorgfältig im Geldbeutel
verstaute. Sein Ausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass ihm die
Entwicklung gehörig gegen den Strich ging.
»Ich hoffe in Ihrem eigenen Interesse, Frau Steinbach, dass damit
alles in Ordnung ist«, sagte er.
Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Da bin ich mir sicher.«
Schneider streckte den Arm aus, um Frau Monterey, Paul und mir
zu signalisieren, dass wir gehen sollten.
»Einen Moment noch«, sagte ich.
»Was ist?«, fragte Schneider. Seine Lider zuckten.
»Haben Sie die Stirn des Pfarrers gesehen?«
Schweigen breitete sich im Raum aus.
Schließlich meinte Schneider: »Was ist mit der Stirn?«
»Da war die Ziffer 8 eingeritzt.«
Schneider drehte den Kopf in Frau Montereys Richtung, sein
Ausdruck scharf. »Sie haben Frau Steinbach mit dem Opfer allein
gelassen?«
Unverschämter Kerl, dachte ich und erwiderte: »Herr Wagner und
ich haben das Opfer gefunden. Dabei ist uns die Markierung an der
Stirn aufgefallen. Was ist also mit der 8?«
Schneider setzte sein Pokerface auf. Und das tat er so ungeschickt
und auffällig, dass er jetzt meine volle Aufmerksamkeit hatte. Die
mit grober Hand eingeritzte Zahl musste etwas zu bedeuten haben.
Das stand für mich fest.
»Die Schnitte haben wir gesehen. Darum kümmern wir uns schon.
Keine Sorge«, sagte er.
»Sie geht das überhaupt nichts an«, setzte sein Kollege nach.
»Das ist eine laufende Ermittlung.«
7

Paul und ich mussten dringend mehrere Telefonate führen. Das


Hotel kam dafür nicht infrage. In den Aufenthaltsbereichen konnten
wir nicht ungestört reden, und uns gemeinsam in eines unserer
Zimmer zurückzuziehen, war bei der Aufmerksamkeit, die wir
insbesondere von Seiten der Hotelbesitzerin unfreiwillig genossen,
undenkbar.
Paul musste nicht lange nachdenken. Er wusste sofort eine
Rückzugsmöglichkeit, wo wir unsere Ruhe haben würden: die kleine
Kirche Rabenecks.
Bis auf eine Frau, die frische Blumen am Altar aufstellte, waren
Paul und ich die Einzigen in dem alten Gemäuer. Er kniete sich in
eine der Bankreihen, faltete die Hände und betete – wahrscheinlich
für Pfarrer Pätzold. Ich setzte mich neben ihn, verschränkte die
Arme vor der Brust und betrachtete die bunten Fensterscheiben, die
zahlreichen vergoldeten Heiligenstatuen und an der Decke ein
Gemälde, das wohl das Tor zum Himmel darstellen sollte. Jedenfalls
waren dort oben jede Menge Engel unterwegs.
Ich dachte daran, dass es für Gläubige sicher einen Trost bot, zu
wissen, dass es ein Leben nach dem Tod gab. Vor allem, wenn ein
geliebter Mensch starb und man die Lücke, die er hinterließ, jeden
Tag schmerzhaft spürte. Doch ich selbst stellte im gleichen Atemzug
erneut fest, dass ich mit dieser Vorstellung nichts anfangen konnte.
Ich war und blieb eine Atheistin.
Das große Holztor der Kirche fiel geräuschvoll ins Schloss. Paul
und ich waren allein. Er benötigte noch einige Minuten, dann
bekreuzigte er sich und nahm neben mir Platz.
Als Erstes telefonierten wir mit Prälat Ott. Dazu stellte Paul sein
Handy auf laut und hielt es zwischen uns. Der Prälat reagierte
äußerst bestürzt auf die traurigen Nachrichten. Zwar hatte er Pfarrer
Pätzold nicht gekannt, aber die Umstände seines Todes machten ihn
dennoch betroffen. Schließlich meinte er, dass es möglicherweise
eine Fügung des Schicksals darstellte, dass wir den Toten entdeckt
hatten, und deshalb zunächst einmal in Rabeneck bleiben sollten. Er
hoffte, dass wir eine Möglichkeit finden würden, zur Aufklärung
dieser schrecklichen Tat beizutragen.
Anruf zwei galt Bischof Streutz, unserem eigentlichen
Auftraggeber, der uns nach Rabeneck geschickt hatte. Streutz hatte
Paul seine Privatnummer für etwaige Rückfragen gegeben. Nach drei
Freizeichen hatten wir den Bischof in der Leitung.
Paul erklärte ihm sachlich und in kurzen Worten, wie unser
gestriges Gespräch mit Pfarrer Pätzold abgelaufen war. Und er
informierte den Bischof über die Ereignisse des heutigen Tages.
»O mein Gott!«, flüsterte Streutz, nachdem Paul geendet hatte.
»Ja«, erwiderte Paul. »Es ist nicht in Worte zu fassen, was dem
armen Pfarrer Pätzold angetan wurde.«
»Natürlich, natürlich«, meinte Streutz schnell. »Das auch. Habe
ich das richtig verstanden? Er ist gefoltert und umgebracht
worden?«
»Das ist korrekt.«
»Gab es eine«, der Bischof zögerte, »sexuelle Komponente?«
»Sexuelle?«, wiederholte Paul verständnislos, und wir wechselten
einen Blick.
»Nun … ähm … wurde er…«
»Vergewaltigt?«, übernahm ich. »Durchaus möglich. Jedenfalls
war er unbekleidet. Er hatte am gesamten Körper schwerste
Verletzungen.«
»Auch das noch.«
»Jetzt habe ich Sie verloren«, sagte Paul. »Welche Befürchtungen
beschäftigen Sie?«
»Also, Herr Wagner … nicht, dass der Mord etwas mit den
wiederkehrenden Missbrauchsvorwürfen gegen die katholische
Kirche zu tun hat. Dass möglicherweise jemand, der … der sich für
ein Opfer hält … durchgedreht ist und…« Streutz verstummte.
»Wurden denn in der Vergangenheit entsprechende Vorwürfe
gegen den Pfarrer erhoben?«, fragte ich geradeheraus.
»Äh. Nein. Nicht dass ich wüsste. Nur heutzutage … und wenn
man noch so gut aufpasst…« Streutz seufzte. »Es ist einfach eine
schlimme Zeit. Und ich versichere Ihnen, einen solchen Skandal
könnte ich jetzt überhaupt nicht gebrauchen.«
Er hatte ich gesagt und nicht wir oder die Kirche. Er dachte nur an
sich selbst.
Er räusperte sich. »Sie haben mir soeben berichtet, die Polizei
habe Sie gebeten, zunächst vor Ort zu bleiben?«
»In der Tat war es mehr als eine Bitte«, sagte Paul.
»Gut.« Streutz hielt inne. »Dann gebe ich Ihnen jetzt den Auftrag,
Ihren Aufenthalt in Rabeneck zu verlängern und selbst Ermittlungen
anzustellen, um den Fall aufzuklären. Und sollte irgendetwas
aufkommen, was nur den geringsten Verdacht begründen könnte,
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[B] Je ne dois pas dissimuler que l'histoire de cette courtisane n'est pas à
beaucoup près aussi authentique que celle d'Arsénius. Rufin la raconte, mais
Rufin est rempli de fables. Sozomène, Théodoret, et l'auteur de la vie de saint
Athanase dans Photius, l'ont adoptée, et c'est ce qui m'a engagé à en faire usage.
Mais il faut avouer que ni saint Athanase, qui en plusieurs endroits de ses
ouvrages développe les iniquités du concile de Tyr, ni les épîtres synodales du
concile d'Alexandrie, et de celui de Sardique où les mensonges des Ariens sont
détaillés, ni la lettre du pape Jules, ni l'historien Socrate n'en font aucune mention.
Les commissaires envoyés dans la Maréotique y
firent l'information au gré de la calomnie. Toutes xlvii.
les règles furent violées, et la cabale, soutenue par Conclusion du
le préfet Philagrius, apostat et très-corrompu dans concile de Tyr.
ses mœurs, y étouffa la vérité. Les catholiques
protestèrent contre cette procédure monstrueuse. Athan. Apol.
Alexandrie fut le théâtre de l'insolence d'une contr. Arian. t. i,
soldatesque effrénée, qui donnait main-forte aux p. 135-140.
prélats, et qui les divertissait par les insultes qu'elle
faisait aux fidèles attachés à leur pasteur. Ces Socr. l. 1, c. 31,
commissaires, à leur retour, ne trouvèrent plus à 32.
Tyr Athanase: il fut condamné sur leur information
et sur tous les crimes dont il s'était justifié. La
Theod. l. 1, c.
sentence de déposition fut prononcée; on lui 30.
défendit de rentrer dans Alexandrie. Jean le
Mélétien et tous ceux de sa faction furent admis à
la communion et rétablis dans leur dignité. Pour Soz. l. 2, c. 25.
tenir parole à Ischyras, on le fit évêque d'un village
où il fallut lui bâtir une église; et afin que tout fût étrange dans
l'histoire de ce concile, on ne tarda pas à regagner Arsénius; il signa
la condamnation de celui dont il prouvait lui-même l'innocence. Les
actes du concile furent envoyés à l'empereur. On avertit les évêques
par une lettre synodale, de ne plus communiquer avec Athanase
convaincu de tant de forfaits; et qui après une orgueilleuse
résistance ne s'était trouvé au concile que pour le troubler, pour y
insulter les prélats, pour récuser d'abord, et fuir ensuite le jugement.
Les évêques catholiques refusèrent de souscrire, et se retirèrent
avant la conclusion de l'assemblée.
Ce mystère d'iniquité était à peine consommé, que
les évêques reçurent ordre de se transporter à xlviii. Dédicace
Jérusalem, pour y faire la cérémonie de la de l'église du S.
dédicace. Les lettres furent apportées par Sépulcre.
Marianus, secrétaire de l'empereur, illustre par ses
emplois, par sa vertu, et par la fermeté avec Euseb. vit.
laquelle il avait confessé la foi sous les tyrans. Il Const. l. 4, c. 43
était chargé de faire les honneurs de la fête, de et seq.
traiter les évêques avec magnificence, et de
distribuer aux pauvres de l'argent, des vivres et Socr. l. 1, c. 33
des habits. L'empereur envoyait de riches présents et 36.
pour l'ornement de la basilique. Outre les évêques
assemblés à Tyr, il en vint un grand nombre de
toutes les parties de l'Orient. Il s'y trouva même un Theod.
31.
l. 1, c.
évêque de Perse, qu'on croit être saint Milles; qui,
après avoir beaucoup souffert dans la persécution
de Sapor, quitta sa ville épiscopale, où il ne Soz. l. 2, c. 14,
trouvait que des cœurs endurcis et rebelles au 26 et 27.
joug de la foi, et vint à Jérusalem sans autres
richesses qu'une besace où était le livre des évangiles[82]. Un
nombre infini de fidèles accourut de toutes parts: tous furent
défrayés pendant leur séjour aux dépens de l'empereur. La ville
retentissait de prières, d'instructions chrétiennes, d'éloges et du
prince et de la basilique. On rendit cette fête annuelle: elle durait
pendant huit jours, et c'était alors un prodigieux concours de pèlerins
des pays les plus éloignés. Après la dédicace, les autres évêques se
retirèrent; il ne resta que les prélats du concile de Tyr.
[82] S. Milles était évêque de Suse. Les actes de son martyre, écrits en syriaque
et publiés avec une version latine par Assémani font mention de son voyage à
Jérusalem, t. i, p. 71.—S.-M.
Cette solennité brillante fut suivie d'un événement
fâcheux pour l'église. Arius et Euzoïus avaient xlix. Concile de
surpris des lettres de Constantin. Ce prince, Jérusalem.
trompé par une profession de foi qui lui paraissait
conforme à celle de Nicée, reconnut pourtant qu'il n'appartenait qu'à
l'église de prononcer en cette matière. Il renvoya Arius aux évêques
assemblés à Jérusalem, et leur écrivit d'examiner avec attention la
formule qu'il présentait, et de le traiter favorablement s'il se trouvait
qu'il eût été injustement condamné, ou qu'ayant mérité l'anathème il
fût revenu à résipiscence. Constantin ne s'apercevait pas que mettre
en doute la justice de la condamnation d'Arius, c'était porter atteinte
au concile de Nicée, qu'il respectait lui-même. Il n'en fallait pas tant
pour engager des Ariens cachés à rétablir leur docteur et leur
maître. Les prélats réunis de nouveau à Jérusalem en forme de
concile, reçoivent à bras ouverts Arius et Euzoïus; ils adressent une
lettre synodale à tous les évêques du monde; ils y font valoir
l'approbation de l'empereur, et reconnaissent pour très-orthodoxe la
profession de foi d'Arius. Ils invitent toutes les églises à l'admettre à
la communion, lui et tous ceux qui en avaient été séparés avec lui.
Ils écrivent en particulier à l'église d'Alexandrie, qu'il est temps de
faire taire l'envie, et de rétablir la paix; que l'innocence d'Arius est
reconnue; que l'église lui ouvre son sein, et qu'elle rejette Athanase.
Marcel d'Ancyre ne voulut prendre aucune part à la réception
d'Arius.
Les évêques venaient d'envoyer les lettres par
lesquelles ils communiquaient avec complaisance l. Athanase
leur décision à Constantin, lorsqu'ils en reçurent de s'adresse à
sa part qui n'étaient pas aussi flatteuses. l'empereur.
Athanase, s'étant échappé de Tyr, était venu à
Constantinople; et comme l'empereur traversait la Ath. Apol. contr.
ville à cheval, le prélat accompagné de quelques Arian. t. i, p.
amis, se présenta sur son passage d'une manière 131, 132 et 201-
si subite et si imprévue, qu'il étonna Constantin. Le 202.
prince ne l'aurait pas reconnu sans quelques-uns
de ses courtisans qui lui dirent qui il était, et Epiph. hær. 68.
l'injuste traitement qu'il venait d'essuyer. § 8, t. i, p. 724
Constantin passait outre sans lui parler; et quoique et 725.
Athanase demandât d'être entendu, l'empereur
était prêt à le faire retirer par force. Alors l'évêque Socr. l. 1, c. 34.
élevant la voix: Prince, lui dit-il, le Seigneur jugera
entre vous et moi, puisque vous vous déclarez
pour ceux qui me calomnient; je ne vous demande Soz. l. 2, c. 28.
que de faire venir mes juges, afin que je puisse
vous faire ma plainte en leur présence. L'empereur, frappé d'une
requête si juste et si conforme à ses maximes, manda sur-le-champ
aux évêques de venir lui rendre compte de leur conduite; il ne leur
dissimula pas qu'on les accusait d'avoir procédé avec beaucoup
d'emportement et de passion.
Cette lettre consterna la cabale. Les évêques
mandés à la cour se dispersèrent aussitôt et s'en li. Exil
retournèrent dans leurs diocèses: il n'en resta que d'Athanase.
six des plus hardis, à la tête desquels étaient les
deux Eusèbes. Ils se rendirent devant l'empereur, Athan. Apol.
et se gardèrent bien d'entrer en dispute avec contr. Arian. t. i,
Athanase. Selon leur méthode ordinaire, au lieu de p. 132 et 203.
prouver les accusations dont il s'agissait, ils en
formèrent une nouvelle. Bien instruits de la Socr. l. 1, c. 35.
prédilection de Constantin pour sa nouvelle ville,
ils chargèrent le saint évêque d'avoir menacé
d'affamer Constantinople, en arrêtant le blé Theod. l. 1, c.
d'Alexandrie. Athanase eut beau représenter qu'un 31.
pareil attentat ne pouvait tomber dans l'esprit d'un
particulier sans pouvoir et sans force; Eusèbe Soz. l. 2, c. 28.
prétendit qu'Athanase était riche, et chef d'une
faction puissante. La seule imputation irrita tellement l'empereur,
qu'incapable de rien écouter, il exila l'accusé à Trèves, se flattant
d'ailleurs que l'éloignement de ce prélat inflexible rendrait la paix à
l'église. Le saint fut reçu avec honneur par l'évêque Maximin, zélé
pour la vérité; et le jeune Constantin, qui faisait sa résidence en
cette ville, prit soin d'adoucir son exil par les traitements les plus
généreux.
Les Ariens, maîtres du champ de bataille,
formèrent à Constantinople une nouvelle lii. Concile de
assemblée: on y fit venir de bien loin les évêques Constantinople.
du parti. Ils se réunirent en grand nombre. Il fut
proposé en premier lieu de donner un successeur Athan. Apol.
à Athanase. L'empereur n'y voulut point consentir. contr. Arian. t. i,
On déposa Marcel d'Ancyre, et Basile fut nommé p. 150 et 151.
en sa place. Marcel n'avait jamais usé de
ménagement à l'égard des Ariens: il s'était signalé
contre eux au concile de Nicée; il avait refusé de Socr. l. 1, c. 36.
communiquer avec eux au concile de Jérusalem; il
n'avait pas même voulu prendre part à la Soz. l. 2, c. 33.
cérémonie de la dédicace: ce qu'on sut bien
envenimer auprès de l'empereur, qui en fut fort irrité. Mais son plus
grand crime était la guerre qu'il avait déclarée à un sophiste de
Cappadoce nommé Astérius. Celui-ci était l'émissaire des Ariens, et
courait de ville en ville prêchant leur doctrine. Marcel le confondit, et
ce succès mit le comble à la haine que lui portaient déja les
hérétiques: ils l'accusèrent de sabellianisme. Il fut justifié au concile
de Sardique. Mais ses écrits donnèrent dans la suite occasion de
soupçonner sa foi; et plusieurs saints docteurs l'ont condamné
comme ayant favorisé les erreurs de Photin. Quelques autres
évêques furent encore déposés contre toute justice dans le concile
de Constantinople.
Mais le grand ouvrage d'Eusèbe, ce qu'il avait le
plus à cœur, c'était de forcer les catholiques à liii. Efforts
recevoir Arius. Après le concile de Jérusalem, cet d'Eusèbe pour
hérésiarque était retourné à Alexandrie. Il se flattait faire recevoir
que l'exil d'Athanase ferait tomber devant lui toutes Arius par
Alexandre.
les barrières: il trouva les esprits plus aigris que
jamais. On le rebuta avec horreur. Déja les
troubles se rallumaient, quand l'empereur le Socr. l. 1, c. 37.
rappela à Constantinople. Sa présence augmenta
l'insolence de ses partisans, et la fermeté des Theod. l. 1, c.
catholiques. Eusèbe pressait l'évêque Alexandre 14.
de l'admettre à sa communion, et sur son refus il le
menaçait de déposition. L'évêque, mille fois plus
attaché à la pureté de la foi qu'à sa dignité, n'était Soz. l. 2, c. 29.
point ébranlé de ces menaces. L'empereur fatigué
d'une contestation si opiniâtre, voulut la terminer: il Vit. Athan.
fait venir devant lui Arius, et lui demande s'il apud. Phot. cod.
adhère aux décrets de Nicée. Arius répond sans 257.
balancer qu'il y souscrit de cœur et d'esprit, et
présente une profession de foi où l'erreur était adroitement couverte
sous des termes de l'Écriture. L'empereur, pour plus grande
assurance, l'oblige de jurer que ce sont là sans détour ses véritables
sentiments. Il n'en fait aucune difficulté. Quelques auteurs
prétendent que, tenant le symbole de Nicée entre ses mains, et la
formule de sa croyance hérétique cachée sous son bras, il rapportait
à celle-ci le serment qu'il paraissait prononcer sur l'autre. Mais Arius
était apparemment trop habile pour user en pure perte d'une pareille
ruse, et trop éclairé pour ignorer qu'une restriction mentale ne rabat
rien d'un parjure. Constantin satisfait de sa soumission: Allez, lui dit-
il, si votre foi s'accorde avec votre serment, vous êtes
irrépréhensible: si elle n'y est pas conforme, que Dieu soit votre
juge. En même temps il mande à Alexandre de ne pas différer
d'admettre Arius à la communion. Eusèbe, porteur de cet ordre,
conduit Arius devant Alexandre, et signifie à l'évêque la volonté du
prince. L'évêque persiste dans son refus. Alors Eusèbe haussant la
voix: Nous avons malgré vous, lui dit-il, fait rappeler Arius; nous
saurons bien aussi malgré vous le faire entrer demain dans votre
église. Ceci se passait le samedi; et le lendemain tous les fidèles
étant réunis pour la célébration des saints mystères, le scandale en
devait être plus horrible. Alexandre voyant les puissances de la terre
déclarées contre lui, a recours au ciel: il y avait sept jours que, par le
conseil de Jacques de Nisibe qui était alors à Constantinople, tous
les catholiques étaient dans le jeûne et dans les prières; et
Alexandre avait passé plusieurs jours et plusieurs nuits enfermé seul
dans l'église de la Paix, prosterné et priant sans cesse. Frappé de
ces dernières paroles d'Eusèbe, le saint vieillard accompagné de
deux prêtres, dont l'un était Macarius d'Alexandrie, va se jeter au
pied de l'autel; là, courbé vers la terre qu'il baignait de ses larmes,
«Seigneur, dit-il d'une voix entrecoupée de sanglots, s'il faut qu'Arius
soit demain reçu dans notre sainte assemblée, retirez du monde
votre serviteur; ne perdez pas avec l'impie celui qui vous est fidèle.
Mais si vous avez encore pitié de votre église, et je sais que vous en
avez pitié, écoutez les paroles d'Eusèbe, et n'abandonnez pas votre
héritage à la ruine et à l'opprobre. Faites disparaître Arius, de peur
que s'il entre dans votre église, il ne semble que l'hérésie y soit
entrée avec lui, et que le mensonge ne s'asseye dans la chaire de
vérité».
Tandis que cette prière d'Alexandre s'élevait au
ciel avec ses soupirs, les partisans d'Arius liv. Mort d'Arius.
promenaient celui-ci comme en triomphe dans la
ville, pour le montrer au peuple. Lorsqu'il passait Socr. l. 1, c. 38.
avec un nombreux cortége par la grande place
auprès de la colonne de porphyre, il se sentit
pressé d'un besoin naturel qui l'obligea de gagner Theod. l. 1, c.
un lieu public, tel qu'il y en avait alors dans toutes 14.
les grandes villes. Le domestique qu'il avait laissé
au-dehors, voyant qu'il tardait beaucoup, craignit Soz. l. 2, c. 29.
quelque accident; il entra et le trouva mort,
renversé par terre, nageant dans son sang, et ses entrailles hors de
son corps. L'horreur d'un tel spectacle fit d'abord trembler ses
sectateurs; mais toujours endurcis, ils attribuèrent aux sortiléges
d'Alexandre un châtiment si bien caractérisé par toutes les
circonstances. Ce lieu cessa d'être fréquenté; on n'osait en
approcher dans la suite, et on le montrait au doigt comme un
monument de la vengeance divine. Long-temps après, un Arien
riche et puissant acheta ce terrain, et y fit bâtir une maison afin
d'effacer la mémoire de la mort funeste d'Arius.
Le bruit s'en répandit bientôt dans tout l'empire.
Les Ariens en rougissaient de honte. Le lv. Constantin
lendemain, jour de dimanche, Alexandre à la tête refuse de
de son peuple rendit à Dieu des actions de graces rappeler
solennelles, non pas de ce qu'il avait fait périr Athanase.
Arius, dont il plaignait le malheureux sort, mais de
ce qu'il avait daigné étendre son bras et repousser Ath. ad Monach.
l'hérésie, qui marchait avec audace pour forcer hist. Arian. t. i,
l'entrée du sanctuaire. Constantin fut convaincu du p. 345 et 346.
parjure d'Arius; et cet événement le confirma dans
son aversion pour l'arianisme, et dans son respect pour le concile de
Nicée. Mais les Ariens, après la mort de leur chef, trouvant dans
Eusèbe de Nicomédie autant de malice et encore plus de crédit,
continuèrent de tendre des piéges à la bonne foi de l'empereur; et il
ne cessa pas d'être la dupe de leur déguisement. Les habitants
d'Alexandrie sollicitaient vivement le retour de leur évêque: on faisait
dans la ville des prières publiques, pour obtenir de Dieu cette faveur;
saint Antoine écrivit plusieurs fois à Constantin, pour lui ouvrir les
yeux sur l'innocence d'Athanase et sur la fourberie des Mélétiens et
des Ariens. Le prince fut inexorable. Il répondit aux Alexandrins par
des reproches de leur opiniâtreté et de leur humeur turbulente; il
imposa silence au clergé et aux vierges sacrées, et protesta qu'il ne
rappellerait jamais Athanase; que c'était un séditieux, condamné par
un jugement ecclésiastique. Il manda à saint Antoine qu'il ne pouvait
se résoudre à mépriser le jugement d'un concile; qu'à la vérité la
passion emportait quelquefois un petit nombre de juges, mais qu'on
ne lui persuaderait pas qu'elle eût entraîné le suffrage d'un si grand
nombre de prélats illustres et vertueux; qu'Athanase était un homme
emporté, superbe, querelleur, intraitable: c'était en effet l'idée que les
ennemis d'Athanase donnaient de lui à l'empereur, parce qu'ils
connaissaient l'aversion de ce prince pour les hommes de ce
caractère. Il ne pardonna pas même cet esprit de cabale à Jean le
Mélétien, qui venait d'être si bien traité par le concile de Tyr. Ayant
appris qu'il était le chef du parti opposé à Athanase, il l'arracha, pour
ainsi dire, d'entre les bras des Mélétiens et des Ariens, et l'envoya
en exil, sans vouloir écouter aucune sollicitation en sa faveur;
toutefois, dans les derniers moments de sa vie, il revint de son
injuste préjugé. Mais avant que de raconter la mort de ce prince, il
est à propos de donner une idée des lois qu'il avait faites depuis le
concile de Nicée.
Dès le commencement du schisme des
Donatistes, Constantin les avait exclus des graces lvi. Lois contre
qu'il répandait sur l'église d'Afrique. Il tint la même les hérétiques.
conduite à l'égard de tous ceux que le schisme ou
l'hérésie séparait de la communion catholique: il Cod. Th. lib. 16,
déclara par une loi, que non-seulement ils t. 5.
n'auraient aucune part aux priviléges accordés à
l'église, mais que leurs clercs seraient assujettis à
Eus. vit. Const.
toutes les charges municipales. Cependant il l. 3, c. 63 et
montra dans le même temps quelques égards pour seq.
les Novatiens. Comme on les inquiétait sur la
propriété de leurs temples et de leurs cimetières, il
ordonna qu'on leur laissât la libre possession de Soz. l. 2, c. 31
et 32.
ces lieux, supposé qu'ils eussent été légitimement
acquis, et non pas usurpés sur les catholiques.
Vers la fin de sa vie il devint plus sévère: il publia Amm. l. 15, c.
contre les hérétiques un édit, dans lequel, à la 13, et ibi Vales.
suite d'une véhémente invective, il leur déclare,
qu'après les avoir tolérés, comme il voit que sa patience ne sert qu'à
donner à la contagion la liberté de s'étendre, il est résolu de couper
le mal dans sa racine; en conséquence, il leur défend de
s'assembler, soit dans les lieux publics, soit dans les maisons des
particuliers; il leur ôte leurs temples et leurs oratoires, et les donne à
l'église catholique. On fit la recherche de leurs livres; et comme on
en trouva plusieurs qui traitaient de magie et de maléfices, on en
arrêta les possesseurs, pour les punir selon les ordonnances. Cet
édit fit revenir un grand nombre d'hérétiques: les uns de bonne foi,
les autres par hypocrisie. Ceux qui demeurèrent obstinés, étant
privés de la liberté de s'assembler, et de séduire par leurs
instructions, laissèrent peu de successeurs; et ces plantes
malheureuses se séchèrent insensiblement, et se perdirent enfin
tout-à-fait, faute de culture et de semence. Les Novatiens, quoiqu'ils
fussent nommés dans l'édit, furent encore traités avec indulgence:
ils étaient moins éloignés que les autres des sentiments catholiques,
et l'empereur aimait Acésius leur évêque. On laissa aussi subsister
tranquillement ceux des Cataphrygiens, qui se renfermaient dans la
Phrygie et dans les contrées voisines: c'était une espèce de
Montanistes. L'édit ne parle point des Ariens: ils ne formaient pas
encore de secte séparée; et, depuis leur rétractation simulée,
l'empereur, loin de les regarder comme exclus de l'église, s'efforçait
de les faire rentrer dans son sein. Il s'était fait instruire de la doctrine
et des pratiques des diverses sectes par Stratégius, dont il changea
le nom en celui de Musonianus. C'était un homme né à Antioche, qui
fit fortune auprès de Constantin par son savoir et par son éloquence
dans les deux langues. Il était attaché à l'arianisme, et parvint sous
Constance à des honneurs qui mirent dans un grand jour ses
bonnes et ses mauvaises qualités.
Eusèbe dit que Constantin se fit un devoir de
confirmer par son autorité les sentences lvii. Loi sur la
prononcées dans les conciles, et qu'il les faisait juridiction
exécuter par les gouverneurs des provinces. épiscopale.
Sozomène ajoute que, par un effet de son respect
pour la religion, il permit à ceux qui avaient des Eus. vit. Const.
procès de récuser les juges civils, et de porter l. 4, c. 27.
leurs causes au jugement des évêques; qu'il voulut
que les sentences des évêques fussent sans appel Soz. l. 1, c. 9.
comme celles de l'empereur, et que les magistrats
leur prêtassent le secours du bras séculier. Nous
avons à la suite du Code Théodosien un titre sur la Cod. Th. extra.
juridiction épiscopale, dont la première loi, leg. 1, et ibi
attribuée à Constantin et adressée à Ablabius, God.
préfet du prétoire, donne aux évêques une
puissance suprême dans les jugements: elle Till. not. 71, sur
ordonne que tout ce qui aura été décidé en Constantin.
quelque matière que ce soit par le jugement des
évêques, soit regardé comme sacré, et sortisse irrévocablement son
effet, même par rapport aux mineurs; que les préfets du prétoire et
les autres magistrats tiennent la main à l'exécution; que si le
demandeur ou le défendeur, soit au commencement de la
procédure, soit après les délais expirés, soit à la dernière audience,
soit même quand le juge a commencé à prononcer, en appelle à
l'évêque, la cause y soit aussitôt portée, malgré l'opposition de la
partie adverse; qu'on ne puisse appeler d'un jugement épiscopal;
que le témoignage d'un seul évêque soit reçu sans difficulté dans
tous les tribunaux, et qu'il fasse taire toute contradiction.
L'authenticité de cette loi fait une grande question entre les critiques.
Il ne m'appartient pas d'entrer dans cette contestation. Le lecteur
jugera peut-être que ceux qui soutiennent la vérité de la loi font plus
d'honneur aux évêques, et que ceux qui l'attaquent comme fausse et
supposée en font plus à Constantin. Cujas justifie ici la sagesse de
ce principe par le mérite éminent des évêques de ce temps-là, et par
leur zèle pour la justice. Constantin vit à la vérité dans l'église ce
qu'on y a vu dans tous les siècles, d'éclatantes lumières et de
sublimes vertus: mais je doute que saint Eustathius, saint Athanase
et Marcel d'Ancyre eussent été de l'avis de Cujas; du moins
auraient-ils excepté des conciliabules fort nombreux.
La religion et les mœurs se soutiennent
mutuellement; aussi Constantin fut-il attentif à lviii. Lois sur les
conserver la pureté des mœurs, surtout par mariages.
rapport aux mariages. Dans ses ordonnances, il
met toujours les adultères à côté des homicides et Cod. Th. lib. 9,
des empoisonneurs. Selon la jurisprudence t. 7.
romaine, qui avait suivi en ce point celle des
Athéniens, les femmes qui tenaient cabaret,
Lib. 3, t. 16.
étaient mises au rang des femmes publiques; elles
n'étaient point sujettes aux peines de l'adultère.
Constantin leur ôta cette impunité infamante; mais Cod. Just. lib. 5,
par un reste d'abus, il laissa ce honteux privilége à t. 27.
leurs servantes; et il en apporte une raison qui
n'est guère conforme à l'esprit du christianisme: Lib. 4, t. 39.
C'est, dit-il, que la sévérité des jugements n'est
pas faite pour des personnes que leur bassesse rend indignes de
l'attention des lois. L'adultère était un crime public, c'est-à-dire, que
toute personne était reçue à en intenter accusation: pour empêcher
que la paix des mariages ne fût mal à propos troublée, Constantin
ôta l'action d'adultère aux étrangers; il la réserva aux maris, aux
frères, aux cousins-germains; et pour leur sauver le risque que
couraient les accusateurs, il leur permit de se désister de
l'accusation intentée, sans encourir la peine des calomniateurs. Il
laissa aux maris la liberté que ses prédécesseurs leur avait
accordée, d'accuser leurs femmes sur un simple soupçon, sans
s'exposer à la peine de la calomnie, pourvu que ce fût dans le terme
de soixante jours depuis le crime commis ou soupçonné. Les
divorces étaient fréquents dans l'ancienne république; Auguste en
avait diminué la licence; mais la discipline s'était bientôt relâchée sur
ce point, et les causes les plus légères suffisaient pour rompre le lien
conjugal. Constantin le resserra: il retrancha aux femmes la faculté
de faire divorce, à moins qu'elles ne pussent convaincre leurs maris
d'homicide, d'empoisonnement, ou d'avoir détruit des sépultures,
espèce de sacrilége qui se mettait depuis quelque temps à la mode.
Dans ces cas, la femme pouvait reprendre sa dot; mais si elle se
séparait pour toute autre cause, elle était obligée de laisser à son
mari jusqu'à une aiguille, dit la loi, et condamnée à un bannissement
perpétuel. Le mari, de son côté, ne pouvait répudier sa femme et se
remarier à une autre qu'en cas d'adultère, de poison, ou d'infâme
commerce; autrement, il était forcé de lui rendre sa dot entière, sans
pouvoir contracter un autre mariage: s'il se remariait, la première
femme était en droit de s'emparer et de tous les biens du mari, et de
la dot même de la seconde épouse. On voit que cette loi, toute
rigoureuse qu'elle dût sembler alors, n'était pourtant pas encore
conforme à celle de l'Évangile sur l'indissolubilité du mariage. Par
une autre loi, Constantin voulut arrêter les mariages contraires à la
bienséance publique. Il déclara que les pères, revêtus de quelque
dignité ou de quelque charge honorable, ne pourraient légitimer les
enfants venus d'un mariage contracté avec une femme abjecte et
indigne de leur alliance: il met en ce rang les servantes, les
affranchies, les comédiennes, les cabaretières, les revendeuses, et
les filles de ces sortes de femmes, aussi-bien que les filles de ceux
qui faisaient trafic de débauche ou qui combattaient dans
l'amphithéâtre. Il ordonna que tous les dons, tous les achats faits en
faveur de ces enfants, soit au nom du père, soit sous des noms
empruntés, leur seraient retirés, pour être rendus aux héritiers
légitimes; qu'il en serait de même des donations et des achats en
faveur de ces épouses; qu'en cas qu'on pût soupçonner quelque
distraction d'effets ou quelque fidéicommis, on mettrait à la question
ces malheureuses enchanteresses; qu'au défaut des parents, s'ils
étaient deux mois sans se présenter, le fisc s'emparerait des biens;
et qu'après une recherche sévère, ceux qui seraient convaincus
d'avoir détourné quelque partie de l'héritage, seraient condamnés à
restituer le quadruple. En un mot, il prit toutes les précautions que la
prudence lui suggéra pour arrêter le cours de ces libéralités, que la
loi appelle des largesses impudiques. Il défendit sous peine de la vie
de faire des eunuques dans toute l'étendue de l'empire; et ordonna
que l'esclave qui aurait éprouvé cette violence serait adjugé au fisc,
aussi-bien que la maison où elle aurait été commise, supposé que le
maître de cette maison en eût été instruit.
Attentif à toutes les parties de l'administration
civile, il ne perdit jamais de vue les intérêts des lix. Autres lois
mineurs, exposés aux fraudes d'un tuteur infidèle, sur
ou d'une mère capable de les sacrifier à une l'administration
civile.
nouvelle passion. Il voulut que la négligence des
tuteurs à payer les droits du fisc, ne fût
préjudiciable qu'à eux-mêmes. En quittant Rome, il Cod. Th. lib. 2,
prit soin de veiller aux approvisionnements de t. 16.Lib. 14, tit.
cette grande ville; il ne diminua rien des 4, 24. Lib. 8, t.
9. Lib. 1, t. 7. ib.
distributions qu'y avaient établies ses
6, t. 37. Lib. 2, t.
prédécesseurs. Les concussions palliées sous le 25. Lib. 4, t. 4.
prétexte d'achat de la part des officiers des Lib. 22, t. 6. Lib.
provinces furent punies par la perte et de la chose 15, t. 2. Lib. 13,
achetée, et de l'argent donné pour cet achat. Il t. 4.
réprima l'avidité de certains officiers qui
entreprenaient sur les fonctions des autres: il régla Cod. Just. lib.
l'ordre de leur promotion, et voulut connaître, par 11, t. 61. Lib. 2,
lui-même, ceux dont la capacité et la probité t. 20. Lib. 1, t.
méritaient les premières places. Il arrêta les 31. Lib. 3, tit.
concussions des receveurs du fisc, et les 27. Lib. 11, t.
usurpations des fermiers du domaine. Mais une 62. Lib. 1, tit.
40. Lib. 11, t.
preuve, plus forte que tous les témoignages des 65. Lib. 3, tit.
historiens, et de la corruption des officiers de ce
prince, et de l'horreur qu'il avait de leurs rapines, 19. Lib. 3, tit.
c'est l'édit qu'il adressa de Constantinople à toutes 13. Lib. 7, tit.
les provinces de l'empire: il mérite d'être rapporté 16.
en entier; l'indignation dont il porte le caractère, fait
honneur à ce bon prince; mais ce ton de colère est peut-être en
même temps une marque de la violence qu'il se faisait pour
menacer, et de la répugnance qu'il sentait à exécuter ses menaces.
Que nos officiers, dit-il, cessent donc enfin, qu'ils cessent d'épuiser
nos sujets; si cet avis ne suffit pas, le glaive fera le reste. Qu'on ne
profane plus par un infâme commerce le sanctuaire de la justice;
qu'on ne fasse plus acheter les audiences, les approches, la vue
même du président. Que les oreilles du juge soient également
ouvertes pour les plus pauvres et pour les riches. Que l'audiencier
ne fasse plus un trafic de ses fonctions, et que ses subalternes
cessent de mettre à contribution les plaideurs. Qu'on réprime
l'audace des ministres inférieurs, qui tirent indifféremment des
grands et des petits; et qu'on arrête l'avidité insatiable des commis
qui délivrent les sentences: c'est le devoir du supérieur de veiller à
empêcher tous ces officiers de rien exiger des plaideurs. S'ils
persistent à se créer eux-mêmes des droits imaginaires, je leur ferai
trancher la tête: nous permettons à tous ceux qui auront éprouvé ces
vexations d'en instruire le magistrat; s'il tarde d'y mettre ordre, nous
vous invitons à porter vos plaintes aux comtes des provinces, ou au
préfet du prétoire, s'il est plus proche; afin que sur le rapport qu'ils
nous feront de ces brigandages, nous imposions aux coupables la
punition qu'ils méritent. Par un autre édit, ou peut-être par une autre
partie du même édit, ce prince, sans doute pour intimider les juges
corrompus et s'épargner la peine de les punir, permet aux habitants
des provinces d'honorer par leurs acclamations les magistrats
intègres et vigilants, quand ils paraissent en public, et de se plaindre
à haute voix de ceux qui sont malfaisants et injustes: il promet de se
faire rendre compte de ces divers suffrages publics par les
gouverneurs et les préfets du prétoire, et d'en examiner les motifs.
Les priviléges attachés aux titres honorables furent supprimés à
l'égard de ceux qui avaient acquis ces titres par intrigue ou par
argent, sans avoir les qualités requises. Il assura aux particuliers la
possession des biens qu'ils achetaient du fisc, et déclara qu'ils en
jouiraient paisiblement, eux et leur postérité, sans crainte qu'on les
retirât jamais de leurs mains. Un trait qui prouve que les plus petits
objets n'échappaient pas à Constantin quand l'humanité y était
intéressée, c'est qu'il ordonna par une loi, que dans les différentes
répartitions qui se faisaient des terres du prince lors des nouvelles
adjudications, on eût soin de mettre ensemble sous un même
fermier les esclaves du domaine qui composaient une même famille:
C'est, dit-il, une cruauté de séparer les enfants de leurs pères, les
frères de leurs sœurs, et les maris de leurs femmes. Il fit aussi
plusieurs réglements sur les testaments; sur l'état des enfants quand
la liberté de leur mère était contestée; sur l'ordre judiciaire, pour
empêcher les injustices et les chicanes, pour éclaircir et abréger les
procédures. Les propriétaires des fonds par lesquels passaient les
aquéducs, furent chargés de les nettoyer; ils étaient en récompense
exempts des taxes extraordinaires; mais la terre devait être
confisquée, si l'aquéduc périssait par leur négligence. La quantité
d'édifices que Constantin élevait à Constantinople, et d'églises qu'on
bâtissait par son ordre dans toutes les provinces, demandait un
grand nombre d'architectes: il se plaint de n'en pas trouver assez, et
ordonne à Félix, préfet du prétoire d'Italie, d'encourager l'étude de
cet art, en y engageant le plus qu'il sera possible de jeunes Africains
de dix-huit ans, qui aient quelque teinture des belles-lettres. Afin de
les y attirer plus aisément, il leur donne exemption de charges
personnelles pour eux, pour leurs pères et pour leurs mères; et il
veut qu'on assure aux professeurs un honoraire convenable. Il est
remarquable qu'il choisit par préférence des Africains, comme les
jugeant plus propres à réussir dans les arts. Par une autre loi
adressée au préfet du prétoire des Gaules, il accorde la même
exemption aux ouvriers de toute espèce, qui sont employés à la
construction ou à la décoration des édifices; afin qu'ils puissent sans
distraction se perfectionner dans leurs arts et y instruire leurs
enfants.
L'empereur commençait la soixante et quatrième
année de sa vie, et malgré ses travaux continuels, An 337.
malgré les chagrins mortels qu'il avait essuyés, et
la délicatesse de son tempérament, il devait à sa frugalité et à
l'éloignement de toute espèce de débauche, une santé qui ne s'était
jamais démentie. Il avait conservé toutes les
graces de son extérieur; et les approches de la lx. Les Perses
vieillesse ne lui avaient rien dérobé de ses forces. rompent la paix.
Il montrait encore la même vigueur, et dans tous
les exercices militaires, on le voyait avec la même Eus. vit. Const.
facilité monter à cheval, marcher à pied, lancer le l. 4, c. 53, 56,
javelot. Il crut avoir besoin d'en faire une nouvelle 57.
épreuve contre les Perses. Sapor, âgé de vingt-
sept ans, étincelant de courage et de jeunesse, Eutrop. l. 10.
pensa qu'il était temps de mettre en œuvre les
grands préparatifs que la Perse faisait depuis
quarante ans. Il envoya redemander à Constantin Aurel. Vict. de
Cæs. p. 177.
les cinq provinces[83] que Narsès, vaincu, avait été
contraint d'abandonner aux Romains à l'occident
du Tigre[84]. L'empereur lui fit dire qu'il allait en Chron. Alex, vel
personne lui porter sa réponse; en même temps il Paschal. p. 286.
se prépara à marcher, disant hautement qu'il ne
manquait à sa gloire que de triompher des Perses. Il fit donc
assembler ses troupes, et il prit des mesures pour ne pas
interrompre ses pratiques de religion, au milieu du tumulte de la
guerre. Les évêques qui se trouvaient à sa cour, s'offrirent tous avec
zèle à l'accompagner, et à combattre pour lui par leurs prières. Il
accepta ce secours, sur lequel il comptait plus encore que sur ses
armes, et les instruisit de la route qu'il devait suivre. Il fit préparer un
oratoire magnifique, où il devait avec les évêques présenter ses
vœux à l'arbitre des victoires; et se mettant à la tête de son armée, il
arriva à Nicomédie. Sapor avait déja passé le Tigre et ravageait la
Mésopotamie, lorsque, ayant appris la marche de Constantin, soit
qu'il fût étonné de sa promptitude, soit qu'il voulût l'amuser par un
traité, il lui envoya des ambassadeurs pour demander la paix avec
une soumission apparente. Il est incertain si elle fut accordée; mais
les Perses se retirèrent des terres de l'empire, pour n'y rentrer que
l'année suivante sous le règne de Constance[85].
[83] Ces cinq provinces sont nommées dans les extraits des ambassades du
patrice Pierre (p. 30), l'Intélène, la Sophène, l'Arzacène, la Corduène et la
Zabdicène. C'étaient cinq petits cantons, situés sur les bords du Tigre au nord de
Ninive, dans les environs d'Amid, entre l'Arménie et l'Osrhoëne. On varie un peu
sur leurs noms, qui ne nous ont pas été transmis avec toute l'exactitude désirable
par le patrice Pierre. Je crois qu'au lieu de l'Intélène, il faut lire l'Ingélème, nom
d'une petite province d'Arménie, vers les sources du Tigre, mentionnée dans saint
Épiphane (heres. 60) et dans les auteurs arméniens et syriens. Pour le nom
inconnu de l'Arzacène, je n'hésite pas à le remplacer par celui de l'Arzanène,
province bien connue, dont il sera souvent question dans la suite. Ammien (l. 25,
c. 7) remplace la Sophène et l'Intélène, par la Moxoène et la Réhimène. Il ne
paraît pas malgré cette cession que ces provinces aient fait partie intégrante de
l'empire romain; des garnisons romaines y remplacèrent des troupes persanes,
mais la souveraineté y appartenait à de petits princes feudataires de l'Arménie. Il
sera question, sous le règne de Julien, d'un prince de la Corduène, allié ou
dépendant de l'empire et qui portait le nom romain de Jovianus.—S.-M.
[84] Lebeau se conforme ici à l'opinion de Tillemont, qui n'a fait lui-même que
reproduire celle de Henri de Valois. Ces savants pensaient que le nom de
Transtigritains, donné aux peuples orientaux qui devinrent, sous le règne de
Dioclétien, dépendants de l'empire romain, indiquait leur position par rapport à la
Perse et non pour les Romains. C'est une erreur. Elle a été produite par le peu de
connaissance, qu'on avait de leur temps, de la disposition géographique des pays
dont il s'agit. Il est certain, au contraire, que toutes ces régions étaient situées à
l'orient du Tigre, par conséquent au-delà de ce fleuve par rapport aux Romains.—
S.-M.
[85] Je ferai connaître dans le § 14 du livre vi, les véritables motifs qui avaient
décidé Constantin à porter ses armes dans l'Orient, contre les Perses, et qui
obligèrent son successeur à leur faire la guerre.—S.-M.
La fête de Pâques qui tombait cette année au 3
avril, trouva Constantin à Nicomédie. Il passa la lxi. Maladie de
nuit de la fête en prières au milieu des fidèles. Il Constantin.
avait toujours honoré ces saints jours par un culte
très-solennel; c'était sa coutume de faire allumer la Eus. vit. Const.
nuit de Pâques, dans la ville où il se trouvait, des l. 4, c. 22, 55 et
flambeaux de cire et des lampes, ce qui rendait seq.
cette nuit aussi brillante que le plus beau jour; et
dès le matin il faisait distribuer en son nom des Socr. l. 1, c. 39.
aumônes abondantes dans tout l'empire. Peu de
jours avant sa maladie, il prononça dans son
palais un long discours sur l'immortalité de l'ame, Theod. l. 1, c.
32.
et sur l'état des bons et des méchants dans l'autre
vie. Après l'avoir prononcé, il arrêta un de ses
courtisans qu'il soupçonnait d'incrédulité, et lui Soz. l. 2, c. 34.
demanda son avis sur ce qu'il venait d'entendre. Il
est presque inutile d'ajouter, ce que Constantin Vales. not. ad
aurait bien dû prévoir, que celui-ci, quoi qu'il en Eus. vit. l. 4, c.
pensât, n'épargna pas les éloges. L'église des 61.
Apôtres qu'il destinait à sa sépulture, venait d'être
achevée à Constantinople; il donna ordre d'en faire Concil.
la dédicace, sans attendre son retour, comme s'il Neocæs. Can.
eût prévu sa mort prochaine. En effet, peu après la 12.
fête de Pâques il sentit d'abord quelque légère
indisposition; ensuite étant tombé sérieusement malade, il se fit
transporter à des sources d'eaux chaudes près d'Hélénopolis. Il n'y
trouva aucun soulagement. Etant entré dans cette ville, que la
mémoire de sa mère lui faisait aimer, il resta long-temps en prières
dans l'église de Saint-Lucien; et sentant que sa fin approchait, il crut
qu'il était temps d'avoir recours à un bain plus salutaire, et de laver
dans le baptême toutes les taches de sa vie passée. C'était un
usage trop commun de différer le baptême jusqu'aux approches de
la mort. Les conciles et les saints Pères se sont souvent élevés
contre cet abus dangereux. L'empereur qui s'était exposé au risque
de mourir sans la grace du baptême, alors rempli de sentiments de
pénitence, prosterné en terre demanda pardon à Dieu, confessa ses
fautes et reçut l'imposition des mains.
S'étant fait reporter au voisinage de Nicomédie
dans le château d'Achyron qui appartenait aux lxii. Son
empereurs, il fit assembler les évêques et leur tint baptême.
ce discours: «Le voici enfin ce jour heureux,
auquel j'aspirais avec ardeur. Je vais recevoir le Eus. vit. Const.
sceau de l'immortalité. J'avais dessein de laver l. 4, c. 61 et
mes péchés dans les eaux du Jourdain, que notre seq.
Sauveur a rendues si salutaires en daignant s'y
baigner lui-même. Dieu qui sait mieux que nous ce Socr. l. 1, c. 39.
qui nous est avantageux, me retient ici; il veut me
faire ici cette faveur. Ne tardons plus. Si le
souverain arbitre de la vie et de la mort juge à Theod. l. 1, c.
propos de me laisser vivre, s'il me permet encore 32.
de me joindre aux fidèles pour participer à leurs
prières dans leurs saintes assemblées, je suis Soz. l. 2, c. 34.
résolu de me prescrire des règles de vie, qui soient
dignes d'un enfant de Dieu.» Quand il eut achevé Hier. Chron.
ces paroles, les évêques lui conférèrent le
baptême selon les cérémonies de l'église, et le
rendirent participant des saints mystères. Le prince Chron. Alex. vel
reçut ce sacrement avec joie et reconnaissance; il Paschal. p. 286.
se sentit comme renouvelé et éclairé d'une lumière
divine. On le revêtit d'habits blancs; son lit fut couvert d'étoffes de
même couleur, et dès ce moment il ne voulut plus toucher à la
pourpre. Il remercia Dieu à haute voix de la grace qu'il venait de
recevoir, et ajouta: C'est maintenant que je suis vraiment heureux,
vraiment digne d'une vie immortelle. Quel éclat de lumière luit à mes
yeux! Que je plains ceux qui sont privés de ces biens! Comme les
principaux officiers de ses troupes venaient fondants en larmes lui
témoigner leur douleur de ce qu'il les laissait orphelins, et qu'ils
priaient le ciel de lui prolonger la vie: Mes amis, leur dit-il, la vie où je
vais entrer est la véritable vie: je connais les biens que je viens
d'acquérir, et ceux qui m'attendent encore. Je me hâte d'aller à Dieu.
C'est ainsi qu'Eusèbe qui écrivait sous les yeux
mêmes des fils de Constantin et de tout l'empire, lχιιι. Vérité de
deux ou trois ans après cet événement, raconte le cette histoire.
baptême de ce prince, et ce témoignage est au-
dessus de toute exception. Il est confirmé par ceux Athan. de
de saint Ambroise, de saint Prosper, de Socrate, Synod. t. 1, p.
de Théodoret, de Sozomène, d'Évagrius, de 723.
Gelasius de Cyzique, de saint Isidore et de la
Chronique d'Alexandrie. Tant d'autorités ne sont Ambros. orat. in
contredites que par les faux actes de saint fun. Theod. §
Silvestre, et par quelques autres pièces de même 40, t. 2, p. 1209.
valeur. Aussi la lèpre de Constantin et les fables
qu'elle amène, le baptême donné dans Rome à ce
prince avant le concile de Nicée par le pape Hier. Chron.
Silvestre, sa guérison miraculeuse, ne trouvent
plus de croyance que dans l'esprit de ceux qui Socr. l. 1, c. 39.
s'obstinent à défendre la donation de Constantin,
pour le soutien de laquelle ce roman a été inventé. Il ne l'était pas
encore, lorsque peu d'années après la mort de ce prince, Julien d'un
côté insultait les chrétiens en leur disant que leur
baptême ne guérissait pas de la lèpre, et que de Theod. l. 1, c.
l'autre, saint Cyrille occupé à le confondre, ne 32.
disait pas en si belle occasion un seul mot ni de la
lèpre ni de la guérison de Constantin. Soz. l. 2, c. 34.
Ce grand prince, régénéré pour le ciel, ne songea
plus aux choses de la terre, qu'autant qu'il fallait Till. not. 65, sur
pour laisser ses enfants et ses sujets heureux. Il Constantin.
légua à Rome et à Constantinople des sommes
considérables pour faire en son nom des largesses
Cyrill. Alex. l. 7,
annuelles. Il fit un testament par lequel il confirma contra Julian. p.
le partage qu'il avait fait entre ses enfants et ses 245-247, ed.
neveux, et le mit entre les mains de ce prêtre Spanh.
hypocrite, qui avait procuré le rappel d'Arius; il lui
fit promettre avec serment qu'il ne le remettrait
lxiv. Mort de
qu'à son fils Constance. Il voulut que ses soldats Constantin.
jurassent qu'ils n'entreprendraient rien contre ses
enfants ni contre l'église. Malgré Eusèbe de
Nicomédie, qui toujours déguisé ne l'abandonnait Liban. Basil, t.
pas sans doute dans ces derniers moments, il se 2, p. 113, ed.
Morel.
délivra du scrupule que lui causait l'exil
d'Athanase, et ordonna qu'il fût renvoyé à
Alexandrie. Ce saint prélat incapable de Ath. apol. contr.
ressentiment, et plein de respect pour la mémoire Arian. t. 1, p.
de ce prince, quelque sujet qu'il eût de s'en 203, et ad
monach. hist.
plaindre, voulut bien l'excuser dans la suite, et se Arian. t. i, p.
persuada que Constantin ne l'avait pas proprement 349.
exilé; mais que pour le sauver des mains de ses
ennemis, il l'avait mis comme en dépôt en celles
de son fils aîné qui le chérissait. Quelques auteurs Theod. l. 1, c.
32-34 et l. 2, c.
ont prétendu que Constantin avait été empoisonné 2.
par ses frères, et qu'en étant instruit il avait
recommandé à ses enfants de venger sa mort.
C'est un mensonge inventé par les Ariens, pour Soz. l. 3, c. 2.
justifier, aux dépens de ce prince, leur protecteur
Constance qui fit périr ses oncles. Constantin Acta. Mart. p.
mourut le 22 mai, jour de la Pentecôte, à midi, 667.

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