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Einfaches Transkriptsystem für Interviews

A) Konventionen des einfachen Transkriptsystems

Das jeweils von der Interviewerin Geäusserte wird fett geschrieben.


Das jeweils vom Interviewpartner Geäusserte wird in Normalschrift geschrieben.

Das durch Grammatik, Rechtschreibung und dramatische Kunst etablierte System


zur Verschriftlichung gesprochener Texte wird wegen seiner hohen
Allgemeinverständlichkeit ausgenutzt, so zum Beispiel durch Verwendung von
Auslassungszeichen bei … stockender … Rede …, von Kursivschrift bei Betontem
oder von einem einzelnen Gedankenstrich bei einem plötzlichen Redeabbruch –

Alles, was sich mit solchen allgemeinverständlichen Zeichen nicht ausdrücken lässt
und der Transkribentin dennoch erwähnenswert erscheint, wird in eckige Klammern
gesetzt, zum Beispiel ein [lautes Räuspern] oder ein [starkes Herumrücken auf dem
Stuhl]. [Es können auch ganze Erläuterungssätze oder -abschnitte an passender
Stelle in eckige Klammern gesetzt werden, wenn mit ihnen etwas dokumentiert wird,
das im Hinblick auf das Untersuchungsinteresse wichtig erscheint.]

B) Vorteile des einfachen Transkriptsystems

• Sehr gute Erfüllung der vier von Przyborski und Wohlrab-Sahr (2009) gelisteten
Gütekriterien für Transkriptionssysteme: (1) Praktikabilität, (2) Ausbaufähigkeit /
Flexibilität, (3) Erlernbarkeit und (4) Lesbarkeit

• Ermöglicht die Beschränkung von Transkripten auf explizite und um alle


Unschärfen bereinigte Verbaläusserungen ebenso wie – mit Hilfe der flexibel
verwendbaren Klammern – hoch detaillierte sowie auf den
Untersuchungsgegenstand hoch angepasste Transkripte

• Klare Anerkennung der Transkription als Akt der Interpretation und


Realitätskonstruktion – welcher sich je nach Untersuchungsinteresse bereits
erheblich von der wahrnehmbaren Komplexität der Interviewerfahrung löst und
auf den Weg zur parsimonischeren Theorie begibt

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C) Nachteile des einfachen Transkriptsystems

• Wahrnehmbare zu geringe Standardisierung von Transkripten im Vergleich zu


Systemen, die zum Beispiel jede Redeüberlappung zweier Sprecher zu
transkribieren vorschreiben; und damit eine bessere Nachvollziehbarkeit und
wirksame Kritikmöglichkeiten von Untersuchungsergebnissen anstreben

D) Anwendungsbeispiele

• Die beiden Interview-Transkripte auf den Folgeseiten sind im Rahmen der


Medienwirkungs- und Persuasionsforschung an der Universität Zürich entstanden.
Eine aktuelle Volksabstimmung zur ethisch kontroversen Stammzellenforschung in
der Schweiz wurde dabei als Forschungsanlass genutzt.

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Universität Zürich
IPMZ – Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung

Interview 1, Jean-Pierre Egger; 27.11.2004


Alter IP: 34
Geschlecht IP: w
Bildung IP: Matura
Beruf IP: Luftverkehrsangestellte
Dauer des Gesprächs: 33 Minuten
Besonderheiten des Gesprächs: sachliches Gespräch ohne Abschweifungen, jedoch
mit streckenweise unpräzisem, füllwörterreichem
Antwortstil; etwas Gestikulation; einmaliges Lachen;
durch die Interviewte gerauchte Zigarette; durch
Herkunftsregion der Interviewten (italienische
Schweiz) gefärbtes Zürichdeutsch mit durchwegs
als hoch wahrgenommener Verständlichkeit

Wenn du das Wort Stammzellenfoschung hörst, was kommt dir da so in den


Sinn?

Die Abstimmung ... Ich denke an Embryonen, ich denke an Forschung, ich denke an
... christliche Gegner ... ja.

"Christliche Gegner" ... kannst du das noch kurz erläutern? Sind das für dich
Gegner der Vorlage?

Ja, also Gegner der Stammzellenforschung. Die grosse Frage kreist ja um das
Problem, ob ein Embryo schon ein Lebewesen ist – in so einem frühen Stadium.

Hast du den Eindruck, dass du zu dem Thema gut informiert bist?

Ja, man könnte wahrscheinlich noch mehr ... aber ich glaube, gut genug.

Ok ... und wie stark interessiert dich denn das Thema im Vergleich zu anderen
Themen?

Meinst du allgemein, abgesehen von der Abstimmung?

Ja, genau.

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Also es hätte mich sonst nicht gross interessiert, wahrscheinlich.

Und im Rahmen von Abstimmungsthemen?

Ich würde sagen: mittel bis mittel-gross.

Kannst du das noch begründen?

Nun, es löst bei mir nicht so starke emotionale Reaktionen aus – sei es im positiven
oder negativen Sinn. Und es ist ein Thema, wo ich mich nicht so direkt angesprochen
fühle. Ich glaube als Mensch, der in ferner Zukunft von diesen Forschungen einmal
profitieren müsste ... aber das ist sehr vage, ich kann es nicht so auf mich beziehen.
Es bezieht sich auf die Menschheit, was weiss ich.

Habe ich also richtig verstanden: mittelstark, weil es doch eine Möglichkeit hat,
dass du in Zukunft auch mal davon profitieren kannst – aber anderseits nur
mittel, weil es nicht so viel auslöst in dir?

Ja, etwa so.

Weisst du eigentlich schon, wie du abstimmen wirst oder hast sogar schon
abgestimmt?

Ich hab schon, ja, brieflich.

Und hast du der Vorlage zugestimmt oder abgelehnt?

Zugestimmt.

[lockernd] Wie aus deinen vorherigen Antworten ja fast schon zu erahnen war!
Was sind denn deiner Meinung nach die Vorteile der Vorlage?

In erster Linie dünkt mich, es wird niemandem etwas zuleide getan. Also es handelt
sich um Embryonen, die bereits gestorben sind. Es ist nicht so, dass man jemandem
ein Embryo wegnimmt, der sich gerade auf ein Kind freut uns so weiter und so fort.
Sondern sie sind aus verschiedenen Gründen natürlich gestorben sozusagen, und
sie müssen einverstanden sein und müssen auch zusagen ... ich sehe da nicht so
ein grosses Problem. Und dann, die positive Seite wäre, dass es anscheinend
wirklich gewisse Vorteile hat, wenn man auf der Stammzelle forscht anstatt auf der
erwachsenen, und so weiter.

Siehst du doch auch noch irgendwelche Nachteile der Vorlage?

Nicht so, nein.

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Ok – wie sicher bist du dir in deiner Meinung zu dem Thema? Bis jetzt hast du
auf mich einen recht sicheren Eindruck gemacht – fühlst du dich selber auch
so sicher?

Als ich abgestimmt habe, war ich sicher – und bin es eigentlich immer noch.

Es gibt ja Themen, wo man unbedingt eine feste Meinung haben will oder sich
so sicher sein will wie du jetzt. Ist es dir bei dem Thema wichtig, eine feste
Meinung zu haben?

Ich verstehe nicht, was du unter fester Meinung verstehst. Ob ich eine Über-Meinung
zu solcher Forschung allgemein habe?

Ja, oder sagen wir: wieviel Wert legst du eigentlich darauf, dass du da zu einer
festen Meinung kommst? Es wäre ja auch eine andere Abstimmung denkbar,
wo du ebenfalls eine feste Meinung hast, aber du dort etwa fühlst, es ist dir gar
nicht sehr wichtig.

Aha ... Doch, ich glaube, es ist mir schon wichtig. Aber eigentlich ist es mir immer
wichtig, wenn ich über etwas abstimme.

Ist eigentlich das Thema Stammzellenforschung neu für dich?

Ja.

... erst im Zusammenhang mit dieser Abstimmung aktuell worden?

Ja, also so konkret meine ich. Ich habe schon immer mal gehört oder so
vorbeigelesen, dass es so was Ähnliches gibt. Aber so richtig konkret nur bei dieser
Abstimmung.

Heisst das auch, dass du vor der Kampagne noch keine Meinung zum Thema
gehabt hast? Oder haben jene wenigen Informationen, die du vorher schon
hattest, doch bereits für eine Meinung gereicht?

Nein, sie haben nicht gereicht. Aber ich habe wohl schon geahnt, in welche Richtung
dass ich gehe.

Das schon?

Ich glaube, ja.

Kannst du das mit dieser Ahnung noch etwas näher beschreiben?

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[Mehrere Sekunden Denkpause] Na ja, es hat so Themen, die immer etwa im
gleichen Bereich ... rumschweben. Das Eine ist zum Beispiel Abtreibung und solche
Sachen. Also meiner Meinung nach! Ich weiss, dass dann der Zweck etwas anderes
ist. Aber da die Frage: schreibt man einem Embryo schon vollkommen Leben und
Persönlichkeits-Grundlage zu oder nicht, ziemlich zentral ist bei dieser Abstimmung,
bin ich eben geneigt, Themen wie Abtreibung auch zu diesem Komplex von Fragen
hinzuzuziehen. Aber das ist meine persönliche Ansicht. Und da ich bei der
Abtreibung auch bereits eine Meinung habe ...

Kannst du dich konkret, quasi vom Datum her, noch erinnern, wann du von
dieser Abstimmung erstmals gehört hast?

Ich glaube das war als sie eigentlich darüber angefangen haben zu diskutieren in
den Medien.

Wann war das ungefähr?

Vielleicht vor einem Monat.

Also im Oktober 2004.

Ja.

Du sagtest vorhin, du habest dich erst mit dieser Abstimmungsvorlage so


richtig mit dem Thema befasst. Aber als du dich damit befasst hast: wusstest
du da sofort, was du für eine Meinung hast?

[Pause]

Augenblicklich?

Augenblicklich, nein.

Du musstest also erst mal darüber nachdenken?

Ja, ein bisschen schon, vor allem mal verschiedene Artikel lesen zum Beispiel,
Meinungen hören. Ich konnte nicht gleich beim ersten entscheiden.

Deine Meinung hat sich zu dem Thema noch nie geändert, wenn ich das richtig
verstanden habe?

Nein.

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Hattest du einen besonderen Anlass, an dem du dir dann deine konkrete
Meinung gebildet hast? Kannst du einen Moment X benennen, nach dem du
sicher warst?

Ja, als ich die Vorlage gelesen habe.

Die Abstimmungsbeilagen, somit?

Ja, also mehr als das. Die richtige Vorlage mit Artikel und allem.

Kannst du dich erinnern, wann zum letzten Mal in deinem Umfeld – Kollegen
und Bekannte – über das Thema geredet worden ist?

Noch nie.

Man kann sich ja nicht mit jedem Thema so im Detail befassen. Oft ist es ja
noch recht wichtig, was Experten oder Wissenschafter zu einem Thema zu
sagen haben. Ist es für dich wichtig, was ein Experte dazu zu sagen hat?

Doch doch, durchaus.

Ist dir das hilfreich, wenn du so Meinungen hörst – für deine eigene
Meinungsbildung?

Ja, also wenn du darauf zielst, ob das das Schwerwiegendste ist, diese Profi-
Meinung, dann würde ich sagen: nein. Es ist unter anderem – mir aber wichtig,
notwendig.

Gibt es denn eine Einzelperson, deren Meinung dir besonders wichtig ist?

Nein – zu dem Thema.

Du sagtest vorhin einmal, dass es vergangene Abstimmungen gegeben hat, die


mit dem Thema zusammenhängen. Was war das noch ... ?

Abtreibung.

Wie war es denn damals? Half dir etwas, zu deiner Meinung zu kommen – oder
jemand?

Kann ich ehrlich gesagt nicht so beurteilen. Dass mich zum Beispiel eine Person
oder ein Text direkt spezifisch auf das beeinflusst hat, gibt es nicht. Aber alle
anderen Einflussarten, wenn sie sich so summieren, innerhalb eines Lebens oder so,
die sind sicherlich da, aber so verstreut, so vielfältig, dass ich das wahrscheinlich gar
nicht mehr so genau eruieren kann.

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Alles klar. Orientierst du dich bei diesem Thema – nun wieder
Stammzellenforschung – an Parteiempfehlungen?

Bei dem jetzt nicht so. [Pause] Das heisst – ich bin schon interessiert zu wissen, wer
dagegen und wer dafür ist. Das mache ich immer, bei jeder Abstimmung. Aber es
war mir bei dieser Abstimmung jetzt nicht so wichtig. Wenn es zum Beispiel um
andere Sachen gegangen wäre, Finanzausgleich, Sozialhilfe ... dort wäre es für mich
ein bisschen relevanter, wer dafür und wer dagegen ist.

Kannst du das noch kurz begründen, warum es dort für dich relevanter ist?

Zum Beispiel beim Finanzausgleich ist der Bereich, in den eingegriffen wird, sehr
gross, eigentlich viel grösser als bei der Stammzellenforschung. Da handelt es sich
sagen wir mal um ein Objekt. Beim Finanzausgleich sind es auch ein, zwei Sachen,
die geändert werden, zum Beispiel die Kompetenzen beim Kanton und Bund, und so
weiter, aber die Felder, die dann genau aufgelistet werden, sind sehr viele. Und da
hilft es, finde ich, wenn man eine Parteimeinung weiss.

Wegen der Breite des Feldes, also?

Genau.

Von den Medien her: richtest du dich nach Empfehlungen von Tageszeitungen
oder anderen Medien?

Na ja, Empfehlungen ist ein bisschen schwierig ausgedrückt, man rühmt sich ja eines
selbständigen Entscheides, man würde es nicht gern zugeben, dass man einer
Empfehlung gefolgt ist. Aber ob ich's dann unbewusst gemacht habe, weiss ich nicht.
Wobei ich glaube es nicht. Die meisten Informationen habe ich zum Beispiel zu
dieser Abstimmung der NZZ entnommen und tendenziell bin ich der NZZ gegenüber
negativ eingestellt. Von dem her also: nicht so. Trotzdem bin ich dem gefolgt, was die
NZZ eigentlich vorgeschlagen hat.

Wenn du ans Thema Stammzellenforschung denkst, was hast du da eigentlich


für Gefühle?

Für Gefühle? [Pause. Lächelt, lacht dann kurz] Also für Gefühle. [Pause] Also ich
muss sagen, es gab Abstimmungen, die haben mich mehr emotional herausgefordert
als diese da jetzt. Das einzige Gefühl, was da vielleicht herausgekommen ist, ist was
ich als ein wenig ... Na ja, die, die dagegen sind, führen Begründungen auf, die in mir
manchmal schon ein wenig Gefühle auslösen, in Form von ... dass ich sie, wie soll

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ich sagen, nicht: überemotional empfinde – dass sie da eine Lebensansicht, eine
grundlegende, befürworten, für die ich nicht bin. Zum Beispiel.

[ermunternd] Okay ...

Ist das nachvollziehbar? [steckt sich Zigarette an]

Wenn ich dich richtig verstanden habe, ist das Gefühl, das in dir ausgelöst
wird, am ehesten ein etwas negatives Gefühl, wenn du die Meinungen der
Gegner der Vorlage hörst?

So ist das, ja. Ich finde, sie sind irrational.

Dann kann man wohl nicht behaupten, das du Ängste bei dem Thema
empfindest?

Beim Thema selber nicht.

Dann gibt es beim Thema selber auch nichts besonderes, was dich aufregt
oder freut?

Nein.

Und auf einen Medienbeitrag zur Stammzellenforschung – hast du da schon


einmal emotional reagiert? Wenn er etwa die andere Seite befürwortet?

Ja, als ich die Begründung da der Gegner gelesen habe.

Und was deinen konkreten Entscheid zur Stammzellenforschung angeht: hast


du da auf dein Gefühl oder auch auf dein Gefühl gehorcht?

[Pause]

Zwar wurde vorhin klar, dass du dich geistig relativ ausführlich mit dem Thema
beschäftigt hast, aber man hat ja auch eine Gefühlsebene. Spielte diese gar
keine Rolle, als du abgestimmt hast?

Eben hatte ich nur einen Gefühlsausbruch da bei der Begründung der Gegner. Wenn
mein Entscheid aus vier Vierteln bestanden hat, dann waren davon drei Viertel
emotionslos, auf Basis der Sachen die ich da gelesen und überlegt habe, und das
eine Viertelchen vielleicht aus dem heraus. Aber das war nicht sehr relevant.

Demnach findest du es auch besser, wenn man wie du vorgeht, statt zu sehr
auf sein Gefühl zu horchen?

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Das kann ich nicht generalisieren. Ich glaube bei Abstimmungen ist dieser Vorgang
wahrscheinlich am besten. Der rationelle, kühle Vorgang. Wahrscheinlich kommt es
auch auf die Abstimmung an – aber im Allgemeinen, doch, da würde ich das
Rationale vorziehen.

Wie wichtig sind für dich ethische Überlegeungen beim Thema


Stammzellenforschung?

[versöhnlich] Ja, doch, die sind schon zulässig, aber man muss es auch nicht
übertreiben.

Jetzt habe ich noch ein paar Fragen, die sich damit beschäftigen, wo du die
Infos zu deinem Thema her hast. Hast du das Thema ausführlich in den Medien
verfolgt, abgesehen von den Medien, die wir vorhin schon erwähnt haben?

Nein, nicht ausführlich.

Wahrscheinlich hast du dann auch nicht gezielt nach Beiträgen zur


Stammzellenforschung gesucht?

Nein. [Pause] Oder sagen wir mal so: am Anfang vielleicht schon. Wenn ich weiss,
dass eine Abstimmung kommt und ich habe über eine bestimmte Vorlage keine
Ahnung, dann Suche ich am Anfang schon gezielt nach etwas. Aber wenn ich mal
ein paar Sachen gelesen habe, nicht mehr. Wenn ich dann noch über etwas stolpere,
lese ich es vielleicht, suche es aber nicht mehr.

Wie wahrscheinlich wäre es denn jetzt noch, dass du dich genauer mit einem
Artikel zur Stammzellenfoschung auseinandersetzen würdest?

Ich würde es wohl nicht mehr lesen.

Kannst du dich erinnern, wie das Thema in den Medien diskutiert wurde?

Nicht gross, denn ich konsumiere ehrlich gesagt nicht so viele Medien. Die NZZ habe
ich gelesen, weil ich gerade ein Gratisabo für einen Monat hatte. Fernsehen habe ich
nicht, Radio höre ich auch nicht. Im Internet müsste ich das genau suchen gehen,
was ich nicht gemacht habe.

Das heisst, es ist eigentlich bei den wenigen Medienerlebnissen, die du vorhin
angedeutet hast, geblieben?

Ja, inklusive natürlich die Abstimmungsbeilagen, die auch ein Entscheidungsmaterial


sind und nicht neutral in dem Sinne ...

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Sie sind auch ein Medium.

Ja, genau.

Kommen dir eigentlich Personen aus Politik und Gesellschaft in den Sinn, die
sich zu dem Thema geäussert haben?

Ja, ein Interview mit der einzigen Wissenschaftlerin, die die Erlaubnis hat, in der
Schweiz Stammzellenforschung zu betreiben.

Und, fandest du sie überzeugend?

Ja.

Kannst du das begründen?

Sie hat auf mich kompetent, ruhig, offen und besonnen gewirkt. Die positive Seite der
Vorlage wurde für mich klar ausgedrückt. Es war nichts Schwammiges, wo man sich
fragte: warum müssen sie das unbedingt machen?

Stammzellenforschung ist ja eigentlich noch ein recht schwieriges Thema. Es


geht um Medizin, um Technik, um Wissenschaft. Bei den Medienberichten, die
du konsumiert hast: fandest du die irgendwie zu schwer oder kompliziert für
einen Laien? Oder wie ist es dir da ergangen?

Nein, ich fand sie nicht zu kompliziert.

Und mit dem Umfang der Berichterstattung: warst du zufrieden?

Na ja, ich kann es nicht so sagen, weil ich wie gesagt nicht so viele Medien
konsumiert habe. Als ich mal entschieden hatte, habe ich die Diskussion nicht mehr
verfolgt.

Was hältst du bei so einer Abstimmung eigentlich von dem Grundsatz: je mehr
Informationen, desto besser?

[Pause] Schwierig ...

Du hast ja gesagt, du hast nicht so viele Medien konsumiert. Dann war das
wohl nicht dein Grundsatz?

Nun, man muss schon unterscheiden. Die grössere Anzahl Artikel macht nicht
unbedingt mehr Information. Es gibt sehr oft Wiederholungen oder Ähnliches. Die
Masse an Medien, die sich um das gekümmert hat, ergibt nicht unbedingt mehr
Information. Ich würde das nicht gleichsetzen.

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Auch bei diesem ein wenig wissenschaftlichen Thema hattest du nicht den
Eindruck, dass möglichst viel Information – quantitativ – vorteilhaft ist für
Abstimmungsberechtigte?

Doch schon, wenn es wirklich Mehrinformationen sind und wenn sie wirklich klar
sind, nicht einfach eine riesige Masse von Ähnlichem, das Ähnlich klingt, auf
Ähnliches zielt und nicht sehr deutlich ausformuliert ist. Dann finde ich es besser,
wenn man reduziert und sich auf das Wesentliche konzentriert.

Demnach gibt es doch auch Berichterstattung, die nicht sehr deutlich


formuliert?

Je nach Abstimmung schon, ja.

Zum Schluss noch die Frage: wenn man mal die Medienberichterstattung
beiseite lässt – hast du auch noch weiterführende Informationen zur
Stammzellenforschung gesucht? Dass du dich im Internet nicht gross
umgesehen hast, hast du schon erwähnt. Aber zum Beispiel in Büchern?

Nein.

[Dank für das Gespräch]

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Universität Zürich
IPMZ – Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung

Interview 2, Jean-Pierre Egger; 28.11.2004


Alter IP: 36
Geschlecht IP: w
Bildung IP: Lic. Phil.
Beruf IP: Psychologin
Dauer des Gesprächs: 30 Minuten
Besonderheiten des Gesprächs: flüssig ablaufend; nonverbale Kommunikation meist
nur im Rahmen normaler Unterstützung der
verbalen

Wenn du das Wort Stammzellenfoschung hörst – was kommt dir da in den


Sinn?

Als Erstes einmal: Klonen, eigentlich. Erbgutverändern. Dann die Frage nach ... nach
den Werten, nach dem Wert des Lebens, also: wer bestimmt, welches Leben
lebenswert ist. Eigentlich vor allem das.

Hast du den Eindruck, dass du zu dem Thema gut informiert bist?

Es geht. Nicht wahnsinnig gut.

So mittel?

Mittel würde ich sagen, ja.

Und wie stark interessiert dich das Thema im Vergleich zu anderen Themen?
Ist das dementsprechend auch "mittel"?

[längere Pause] Sagen wir mal so, wenn es jetzt nicht in der Abstimmung gekommen
wäre, dann hätte ich mich wahrscheinlich nicht damit auseinandergesetzt, aber
grundsätzlich ist es ein Thema, das mich schon interessiert. Wenn man zum Beispiel
irgendwo darüber diskutieren würde, würde es mich schon interessieren.

Und warum?

Ja, eigentlich aus den obengenannten Gründen.

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Die Stichworte, die du anfangs erwähnt hast?

Genau, ja.

Bist du heute abstimmen gegangen?

Ja.

Darf ich fragen, wie du gestimmt hast?

Ich habe nein gestimmt.

Und warum hast du die Vorlage abgelehnt?

Ja, weil ich gefunden habe ... Weil ich einen Teil habe nachvollziehen können, was
sie da erklärt haben, warum das jetzt so wichtig ist mit dieser Stammzellenforschung
– aber gleichzeitig find' ich ist es mir ... ist mir dieser Teil zu schwammig, was man
alles noch machen kann dann mit diesen Stammzellen. Also ich hatte wie das
Gefühl, man probiert es zwar so gut wie möglich einzugrenzen, dass da kein
Missbrauch betrieben werden kann, aber für mich ist es zu wenig klar abgesichert.
Das war mal das Eine, aber ich habe ja dann diesen Gesetzestext mal gelesen und
was mir so ein bisschen aufgestossen ist, ist immer das mit diesen "7 Tagen". Dass
innerhalb dieser 7 Tage dieser Embryo oder diese Stammzellen genommen werden
müssen und irgendwie habe ich gemerkt – uahh! – was heisst denn das eigentlich,
innerhalb von 7 Tagen? Und ist es vorher noch kein Mensch und ist es nachher
einer? Auch schräg hereingekommen ist mir die Überlegung: es gibt da so und so
viele befruchtete Eizellen und ähm – was macht man eigentlich mit denen? Also für
mich ist es dann weitergegangen, ich habe mir dann auch überlegt: ja wenn man die
jetzt nicht für die Stammzellenforschung braucht, dann ... tötet man die einfach, in
Anführungszeichen.

[unterstützend] Aufschlussreich. Ich hatte den Eindruck, du hast jetzt doch


einiges gewusst dazu. Siehst du auch zum Teil Vorteile der Vorlage?

M-hm.

Was sind für dich die grössten Vorteile, die dich allenfalls zu einem anderem
Abstimmungsentscheid hätten bewegen können?

Ja, vielleicht schon, dass man nachher mehr weiss über Krankheiten. Dass man
vielleicht andere Heilungsmethoden finden kann. Das finde ich einen Vorteil.

Wie sicher bist du dir denn deiner Meinung zu dem Thema?

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Da bin ich mir relativ sicher.

Es gibt ja Themen, bei denen man unbedingt eine feste Meinung haben
möchte. Ist das so ein Thema für dich?

[fragender Gesichtsausdruck] Wo man unbedingt eine feste Meinung haben möchte?

Ja, weil es vielleicht besonders wichtig ist in deinem Leben, sei es auf einer
ethischen Ebene, auf einer faktischen Ebene ...

Ja, eigentlich schon.

Du sagtest, du hättest dich erst seit der Vorlage so richtig mit dem Thema
beschäftigt – ist das Thema somit eher neu für dich?

Nein, vielleicht mehr: Stammzellenforschung – dieser Begriff ist neu für mich. Das
man Genmanipulationen versucht oder versucht, bereits beim Embryo Krankheiten
zu heilen und all die Sachen, die gehören für mich ein wenig ins Gleiche. Das war mir
nicht neu. Aber der Begriff Stammzellenforschung ... Ich weiss auch nicht, ob ich's
richtig verstehe, ehrlich gesagt.

[Unterstützend wegen Verlegenheit] Okay, der ist relativ neu ... Jetzt ganz
konkret zur Abstimmung: Hast du schon vor dieser Kampagne eine konkrete
Meinung zu dem Thema gehabt? Immerhin sagtest du, es sei nicht ganz neu für
dich gewesen.

Also zu dem bestimmten Thema nicht, nein.

Weil eben der Begriff Stammzellenforschung noch fehlte?

Genau. Ich hatte ein wenig eine Meinung zum generellen Eingreifen in menschliches
Erbgut, und so weiter. Da bin ich eher kritisch, würd' ich sagen.

Kannst du dich erinnern, wann du das erste Mal von dieser Abstimmung gehört
hast?

[lacht] Ja, als du mich angerufen hast! Als ich den Stimmzettel bekommen habe,
habe ich ihn noch nicht aufgemacht. Ich war ja im Ausland. [Anm.: zutreffend, in
China, Heimkehr 1 1/2 Wochen vor dem Interview.]

Alles klar, ein spezieller Fall. Hast du dann aber beim ersten Hören oder Lesen
über das Thema augenblicklich gewusst, welche Meinung du hast? Oder
musstest du erst darüber nachdenken?

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Ja, ich habe mir eigentlich eine Meinung gebildet und fand, ich lasse das jetzt mal
nachwirken. Und bin bei der Meinung aber dann geblieben.

Aber gebildet hast du sie fast augenblicklich? Kann man das sagen?

Relativ augenblicklich. [Aufmerkend nach Denkpause:] Ja, ich muss vielleicht noch
sagen: sie war beeinflusst vielleicht auch weil ich am Montag einen Film gesehen
habe wo es darum ging: bei einer schwangeren Frau hatte es eine
Chromosomenveränderung beim Baby und man durfte abtreiben. Und dann die
Entscheidung: ja oder nein. Es war so ein Dogma-Film.

Das hat dich beeinflusst.

Das hat mich beeinflusst. Der ist mir einfach grausam eingefahren. Und dann ist
genau das mit dieser Abstimmung gekommen und dann muss ich sagen, war meine
Grundgestimmtheit vielleicht schon ein wenig kritischer. Aber ich denke, ich hätte
sowieso so entschieden.

Okay, und war das im Sinn des Films, denkst du? Hat auch der Film eine
kritische Haltung vertreten?

Ja, würde ich sagen. Also im Film hat dann diese Frau das Kind abgetrieben.

Aha. Aber das war negativ dargestellt?

Jein. Ja, ja – [abrupt] Das kann ich so nicht sagen.

Ambivalent?

Ambivalent, ja.

Kann man so weit gehen zu sagen, dieser Film war der Anlass deiner
Meinungsbildung?

Nein.

Welches war dann der eigentliche Anlass? Der Moment, in dem du gewusst
hast: das ist jetzt mal meine Meinung, zumindest vorläufig.

Ja, schon der Gesetzestext.

Der als Teil der Abstimmungsunterlagen geschickt wird?

Ja. Und ich habe wie gemerkt ... es hat ja zu diesen Abstimmungsunterlagen auch
noch die Meinung derer, die dagegen sind [schmunzelt] – und die finde ich auch
jenseitig, also das ist mir dann extrem zu anders. Also ich bin dann nicht eine von

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diesen Radikalverfechterinnen, die findet: Leben und Heiligtum und Gott und Kirche
und alles Hässliche, Böse ... Aber mir war es einfach zu heikel ... aufgrund von dem
...

Also mehr aus wissenschaflichen Gründen?

Ja, würde ich jetzt so sagen.

Hast du eine Sendung gesehen oder einen Artikel gelesen oder ein Gespräch
geführt bevor es zu dem konkreten Anlass mit den Abstimmungsunterlagen
gekommen ist?

Nein.

Aber den Film hatten wir erwähnt.

Ja – und ich habe mit einer Freundin in letzter Zeit noch viel darüber diskutiert: was
ist gesund, was ist krank. Wieviele Tests soll man bei einem Embryo machen,
wieviele nicht. Soll man ein behindertes Kind akzeptieren oder nicht. Ja.

Hast du in jener Situation mit dieser Freundin deine Meinung gesagt?

Ja.

Als du sie sagtest, hast du dir da alle Argumente nochmals vor Augen geführt
und so die Meinung kundgetan – oder hast du sie als einen einzelnen
Standpunkt in den Raum gestellt?

Hm – das weiss ich nicht mehr. Also wir haben ... Sie hat vor allem ihre Meinung
gesagt. [lacht] Das war ziemlich heftig. Und ich konnte ihr in gewissen Punkten
beipflichten und in anderen nicht, und die habe ich dann schon gesagt. Sie geriet
[fortgesetztes Lachen] in Rage zu dem Thema.

Wie wichtig ist es eigentlich für dich, was Experten, Wissenschafter sagen, die
sich direkt mit dieser Materie beschäftigen?

Rein zur Informationsgewinnung wäre es grundsätzlich wichtig für mich, was die
sagen. Einfach, um mehr Infos zu haben und klarer Bescheid zu wissen über ein
bestimmtes Thema. Aber nicht unbedingt um meine Meinung zu bilden. Also wenn
das jemand nun total pro vertreten würde, das würde mich wahrscheinlich nicht so
beeinflussen, mehr die Information an sich, würde mich dann ... Einfach damit ich mir
besser ein Bild machen kann.

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Obwohl du ja vorhin sagtest, du seiest nicht in dem Sinne dogmatisch
dagegen, sondern quasi: die wissenschaftlichen Fakten seien für dich noch ein
wenig schwammig ... Es wäre ja auch denkbar, dass ein Wissenschafter so
überzeugende Fakten präsentiert, dass er deine Meinung auch ändern könnte?

Ja, vielleicht.

Abgesehen jetzt von diesen Wissenschaftern: gibt es eine Person, aus dem
privaten Kreis, deren Meinung dir besonders wichtig ist?

Vielleicht schon meine engsten Freundinnen. Aber mehr aus Interesse, glaube ich.
Also: was finden jetzt die.

Und im Sinne eines Dich-an-ihnen-orientieren?

[bestimmt] Nein.

Kannst du dich an eine vergangene Abstimmung erinnern, die mit dem Thema
zusammenhängt?

Ja, irgendwas mit Klonen, aber ich weiss nicht mehr genau, was.

Es gibt ja auch Parteiempfehlungen. Orientierst du dich bei diesem Thema


Stammzellenforschung an Parteien?

Nein.

Wir haben vorhin die Medien schon mal kurz angesprochen. Wenn wir jetzt
allgemeiner fragen: Orientierst du dich jeweils an Empfehlungen von
Tageszeitungen und anderen Medien?

[schmunzelt] Eigentlich nicht, weil ich ja keine Zeitung lese. Und – also wenn man
jetzt nochmals auf Parteien zurückgeht, dann ist es so, dass ich mich nicht an den
Parteien orientiere, aber zum Beispiel alles was die SVP befürwortet, stelle ich mal
kritisch in Frage [lacht].

Wenn wir an Stammzellenforschung denken: ich hatte den Eindruck, schon


vorher, bei den frühen Stichworten, hast du auch einen emotionalen Aspekt
gezeigt – wie ist es denn mit den Gefühlen bei dir? Was hast du für Gefühle bei
dem Wort?

[Pause]

[Unterstützend] Oder wie geht es dir bei dem Thema?

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Ja, also es macht mir ein Teil Angst, muss ich sagen. Ich kann es wie nachvollziehen
auch, dass wir eigentlich immer gesünder sein wollen, alle Krankheiten unterdrücken
und dass wir alle Behinderungen unterdrücken wollen – und gleichzeitig finde ich
aber auch ... dass ... dass ja eigentlich ... dass wir das nicht zu entscheiden haben.
Und ich arbeite viel mit behinderten Menschen zusammen, die haben eine hohe
Lebensqualität und sind tolle Menschen und da bekomme ich wie Mühe mit der
Vorstellung, dass man das von Anfang an verhindern möchte, dass sowas passieren
kann, weil ich ... Ja, es macht mir eigentlich Angst, dass wir das jetzt entscheiden, ob
das wertvoll ist oder nicht.

Wer hat denn das zu entscheiden?

[leise] Ja, die Natur denke ich oder das Schicksal oder wie man das sagen möchte.

[Unterstützend] Okay. [Abwartend, ob noch mehr kommt. Dann:] Gibt es etwas,


das dich bei dem Thema besonders aufregt oder aber freut?

Nein.

Hast du vielleicht doch mal bei einem Gespräch oder bei einem Medienbeitrag,
der dir vielleicht doch mal zur Stammzellenforschung "über den Weg gelaufen
ist", emotional reagiert?

Nein.

In jenem Entscheidungsmoment, von dem wir vorher einmal gesprochen


haben: hast du dich dort auch auf dein Gefühl verlassen?

Ja.

Würdest du sagen: überwiegend?

Ja. In Anbetracht dessen, dass ich eben relativ wenig andere Informationen hatte,
würde ich sagen ja, überwiegend.

Dann bist du wohl auch nicht dagegen, wenn die Menschen so vorgehen und
einmal in sich horchen und nach dem Gefühl abstimmen statt Pro und Kontra
zu sammeln und die gegeneinander abzuwägen?

[lacht] Kann man nicht so einfach sagen. Grundsätzlich finde ich es gut, auf den
Bauch zu hören, aber ... ähm ... ja, das ist noch schwierig, zu sagen [lacht] ... Es
kommt ein wenig darauf an, welche Menschen das so machen.

Kannst du das noch etwas näher erläutern?


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Also Leute, die eine relativ gute Bildung haben und relativ viel informiert sind und das
mit einbeziehen können quasi, finde ich okay. Aber einfach so aus einem Lustprinzip
heraus etwas so zu entscheiden finde ich eigentlich nicht unbedingt das Richtige.

Und wie wichtig sind für dich ethische Überlegungen beim Thema
Stammzellenforschung?

Eigentlich sehr wichtig.

Kannst du dazu noch etwas sagen? Ethik ist ja ein weites Feld ...

Eben das ist für mich wie die Frage: was ist denn mit diesen vielen Embryonen, die
da offenbar herumschwirren? Wo ich eigentlich ein wenig schockiert war, dass es da
irgendwelche eingefrorenen Menschen gibt. Also Menschen in Anführungszeichen ...
Wo ich mich auch frage, was ist denn mit denen? Wenn man sie nicht für die
Stammzellenforschung verwendet, was macht man dann mit denen? Und: Wieviel
Recht haben wir, in das alles einzugreifen.

Wenn ich richtig informiert bin, wären die alle todgeweiht. Ich glaube, die
schwirren nicht so rum. Ich glaube, es ist ganz eng definiert, was das für
Embryonen sein müssen. Solche, die etwa bereits Produkt einer Abtreibung
sind, die bei Nichtverwendung durch die Stammzellenforschung in jedem Fall
...

... Vernichtet würden.

Genau. Wie es jetzt schon geschieht, eigentlich.

[Pause]

Die nächsten Fragen beschäftigen sich damit, wo du deine Informationen zum


Thema her hast. Von deinem geringen Medienkonsum hast du vorhin schon
gesprochen. Dennoch wollen wir da noch etwas genauer hinsehen: Waren
deine wesentlichsten Informationen die Abstimmungsunterlagen?

In diesem Fall, ja.

Den Film hattest du erwähnt ...

Genau – der hat mir zwar keine Informationen geliefert. Mehr eine Stimmung.

Ich zähle noch einige Medien auf: Fernsehen?

[bestimmt] Nein.

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Radio?

Manchmal. Wenn man es jetzt verallgemeinert. Jetzt nicht, bei der


Stammzellenforschung.

Und Internet?

Nein.

Würdest du jetzt noch, nach der Abstimmung, auf einen Artikel oder
Medienbeitrag zum Thema stossen: würdest du dich mit dem noch
auseinandersetzen?

Ja. Aber es müsste ein Artikel sein. Ich sehe nicht fern. Aber ich würde nicht extra
was suchen.

Denkst du oft über das Thema nach?

Eher selten.

Kommen dir Personen aus Politik und Gesellschaft in den Sinn – du machtest
vorhin einmal einen negativen Kommentar zur SVP – die sich zu dem Thema
geäussert haben?

Nein.

Stammzellenforschung ist ja eigentlich noch ein recht schwieriges Thema. Es


geht um Medizin, Technik, Wissenschaft. Die wenigen Medien, die du da
konsumiert hast – auch Abstimmungsunterlagen sind ja ein Medium: fandest
du das schwer oder kompliziert?

Nein. Und nicht besonders informativ, eigentlich.

Du hättest gern mehr gehabt?

Von dort schon, ja. Den Gesetzestext fand ich letztlich noch am Informativsten.

Den Gesetzestext selbst.

Eigentlich, ja.

Der reine Stoff, sozusagen.

[schmunzelt]

Das heisst eigentlich: mit dem Umfang der Beilagen warst du nicht ganz
zufrieden?

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Ja, vor allem mit dem Kontra nicht. Das Kontra, das waren so ein paar ... ein paar
plakative Aussagen, die eigentlich nicht gut begründet waren. Aber das ist ja klar, es
ist immer so. Der Staat sagt ... ist pro – und dann kommen die bösen Kontras, die
plakativen Kontras.

Nicht die, die für dich wichtig sind.

Ja, also mir ist es eigentlich zu wenig neutral letztlich.

Du sagst ja, du hast relativ wenig Medien konsumiert. Trotzdem: Was hältst du
denn vom Grundsatz, den vielleicht andere Leute haben könnten: Je mehr
Informationen, desto besser?

Den finde ich eigentlich gut.

Kannst du das womöglich noch etwas aufgliedern: auf dich selbst bezogen, auf
das Thema bezogen?

Ich denke, gerade bei einem solchen Thema wäre es wohl gut, man wäre genauer
informiert als ich jetzt, hätte mal einen ausführlicheren Artikel gelesen. Manchmal
finde ich auch im Radio so Diskussionssendungen noch ganz interessant. Wo man
nochmal hört, was die für Argumente bringen und mal schauen, was man mit denen
anfangen kann.

Es gibt noch ein paar mehr denkbare Informationsquellen: Bücher ... Hast du
mal etwas recherchiert zu dem Thema?

Nein, also ich würde mir jetzt nicht ein Buch zu dem Thema kaufen.

Kommt dir sonst noch etwas in den Sinn an möglichen Einflüssen?

Vor allem Gespräche mit anderen Leuten. Hören, was die finden. Oder auch jemand,
der da ein wenig genauer Bescheid weiss. Ich habe ja eine Kollegin, die Ärztin ist. Ich
hätte das noch spannend gefunden, wenn die mir das noch etwas genauer hätte
erklären können, was denn das bedeutet. Was überhaupt Stammzellen in dem Sinn
sind und all die Sachen. Das hätte ich interessant gefunden.

Hat die Kollegin das denn ein Stückweit gemacht?

Nein, denn ich habe sie nicht mehr gesehen. [Schweift ab]

[Dank für das Gespräch]

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