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T. Grüter G. Fässler
Erörterung
In einer Erörterung setzt man sich argumentativ mit einem Thema auseinander: Man
geht eine Frage oder ein Problem an, indem man verschiedene Seiten betrachtet und
abschliessend Stellung bezieht.
Erörterungen können entweder frei oder gebunden sein. Die gebundene Erörterung
bezieht sich stets auf eine bereits vorhandene Grundlage. Das kann z.B. ein Zeitungs-
artikel über ein Handyverbot an Schulen oder eine Reportage über die Vorteile von
Recycling sein. In einer gebundenen Erörterung würde man beispielweise auf Grund-
lage des erwähnten Zeitungsartikels bewerten, ob ein Handyverbot an Schulen Sinn
ergibt.
Die freie Erörterung hingegen behandelt ein Thema, ohne sich auf eine bereits vor-
handene Grundlage zu beziehen. Bei der freien Erörterung kann weiter zwischen der
linearen und dialektischen Erörterung unterschieden werden:
• Die lineare Erörterung nimmt sich primär W-Fragen vor: Warum sollte man
Sport machen? Was befeuert den Klimawandel? Der Frage entsprechend ar-
gumentiert die lineare Erörterung vor allem in eine Richtung – sie ist linear
• Die dialektische Erörterung, auch Pro-/Kontra-Erörterung, wägt zwei Positio-
nen gegeneinander ab. Dafür eignen sich in erster Linie Streit- bzw. Entschei-
dungsfragen: Sollen alle Schülerinnen und Schüler Tablets nutzen? Sollen alle
Bürgerinnen und Bürger der Schweiz abstimmen dürfen? Im Laufe einer dialek-
tischen Erörterung würden verschiedene Pro- und Kontra-Argumente genannt
und abschliessend abgewogen werden. Abschliessend würde man sich der Ar-
gumentation entsprechend positionieren und Stellung beziehen.
1) Formulieren Sie für die lineare und dialektische Erörterung je eine Frage
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Wer ein Thema verstehen will, muss es genau analysieren. Eine mögliche Herange-
hensweise könnte sein, Fragen zu stellen. Ein Fragenkatalog zum Beispiel Tierrecht
könnte sein:
Wenn Sie sich genügend mit dem Thema auseinandergesetzt haben, gilt es, Wissen
aufzubauen und Argumente zu finden. Aber wie?
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Frage Antwort
Argumente formulieren
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Die Sprache der Erörterung muss zum Inhalt passen. Dies bedeutet, dass Umgangs-
sprache, Mundart, Modewörter und Ähnliches zu vermeiden sind (es sei denn als Zitat,
zur Illustration oder zur Hervorhebung eines Sachverhalts). Erörterungen werden ge-
nerell im Präsens geschrieben (ausser bei Vorzeitigkeit oder Referenz auf etwas Ver-
gangenes). Zudem ist eine differenzierende Sprache verlangt.
Zum Beispiel:
Rhetorische Mittel
Die schriftliche Erörterung, aber auch ein Votum in einer Diskussion, gewinnen an
Überzeugungskraft, wann man gezielt, aber behutsam auch rhetorische Figuren ein-
setzt. Beispiele aus Texten für oder gegen Tierversuche:
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Faustregel: Nennen Sie die kleinste Einheit dessen, was Sie meinen.
Meinen Sie Hennen, verwenden Sie nicht den Begriff Hühner. Wollen Sie ein Lob auf
Gewürze singen, dann schreiben Sie doch von Knoblauch und Zimt.
Vermeiden Sie Füllwörter. Stutzen Sie, wenn Sie eines der folgenden Wörter verwen-
den wollen, streichen Sie es im Grenzfall: also, an sich, dann, doch, durchaus, eben,
echt, eigentlich, einfach, erheblich, ganz, genau, geradezu, gewissermassen, halt, im-
merhin, irgendeine, irgendwie, ja, nämlich, natürlich, nun, quasi, reichlich, sehr, sozu-
sagen, überhaupt, völlig, wohl, ziemlich.
Streichen Sie nichtssagende Redensarten wie „Der langen Rede kurzer Sinn".
Achten Sie darauf, möglichst dicht zu schreiben. Wägen Sie alle Wörter darauf hin ab,
ob sie unbedingt notwendig sind. Im Zweifelsfall: streichen.
Verben treiben den Satz voran. Verben sind Nomen im Grenzfall vorzuziehen.
Vermeiden Sie jedoch „tote" Verben, die kein Tun beschreiben wie: vorliegen, vorhan-
den sein, sich befinden, sich handeln um, geben (es gibt), aufweisen (statt haben),
darstellen (statt sein), ...
Verwenden Sie Verben anstelle von Nomen, die von Verben abgeleitet sind. Also: an-
wenden statt zur Anwendung gelangen, verwenden statt Verwendung finden, anpas-
sen statt Anpassung.
Adjektive rauben einem Text meist Straffheit und Farbe. Sie müssen sparsam und
wohlüberlegt verwendet werden. Im Zweifelsfall Adjektiv weglassen und umformulie-
ren. versteckter Hinweis > Anspielung; schmale Vertiefung > Rinne
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Adjektive verwenden, wenn sie der Unterscheidung dienen (das blaue Kleid, nicht das
rote), wenn sie eine notwendige Zusatzinformation geben oder wenn sie prall und sinn-
lich sind (das sind sie aber selten).
Verwenden Sie keine Modewörter, die durch übermässigen Gebrauch alle Kraft verlo-
ren haben: krass, mega, voll, toll ...
Verwenden Sie nur Wörter, die zum Thema und zur Textsorte passen, vergreifen Sie
sich nicht im Stil: In einem Brief an die Polizei sollte man nicht das Wart „Bulle" ver-
wenden.
Formulieren Sie überschaubare Sätze; machen Sie einen Satz nicht länger, als bei
lautem Lesen der Atem reichen würde.
Statt: Zwei Königskinder konnten, obwohl sie einander lieb hatten, nicht zusammen-
kommen, weil das Wasser viel zu tief war.
Besser: Es waren einmal zwei Königskinder, die hatten einander so lieb. Sie konnten
aber nicht zusammenkommen, weil das Wasser zu tief war.
Schreiben Sie Sätze wie Pfeile, die vorwärtsstreben; z.B. Schiller „Die Bürgschaft": „Da
treibt ihn die Angst, da fasst er sich Mut und wirft sich hinein in die brausende Flut und
teilt mit gewaltigem Armen den Strom, und ein Gott hat Erbarmen."
Tempo lässt sich in den Hauptsatz bringen, wenn man einer Person mehrere Hand-
lungen zuschreibt: Bastion galt als von Moskau bezahlt, von der DDR gelenkt und von
allen guten Geistern verlassen.
Man versteht die Aussage besser, wenn das Prädikat nicht zu weit vom Subjekt ent-
fernt steht.
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die Wiederholung ist ein bewusst eingesetztes rhetorisches Mittel (Ghandi: „Zuerst ig-
norieren sie dich. Dann lachen sie dich aus. Dann bekämpfen sie dich. Dann hast du
gewonnen.")
Vermeiden Sie eingeschobene Nebensätze (nicht: Wir brachen, als der Nebel sich
lichtete, auf.).
Erwünscht sind:
- oft: angehängte Nebensätze -ohne Handlung und mit Augenmass; ein sinnvoll
angehängter Nebensatz schafft Abwechslung.
- oft: Nebensätze anstelle des Nominalstils verwenden.
Statt: Folglich stiegen die Hoffnungen, dass die Bewältigung der kommenden Heraus-
forderungen und die Anpassung der Wirtschaftsordnung an die veränderten Rahmen-
bedingungen des globalen Wettbewerbs gelingen würden.
Besser: Folglich stieg die Hoffnung, dass es gelingen würde, die kommenden Prob-
leme zu lösen und die Wirtschaft den veränderten Bedingungen des globalen Wettbe-
werbs anzupassen.
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- Ich würde sagen, dass die Musik von Bach unübertroffen ist.
- Die Rallye-Teilnehmerin gab den Kollegen nützliche Tipps für perfektes Fahr-
verhalten.
- Heute sind die Inhaber, die erst vor einem Jahr jeder zehn Millionen investiert
hatten, zerstritten.
- Können eigentlich alle Wörter „Hände und Füsse" haben, wie Luther es ver-
langt?
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Die Einleitung
Die Einleitung führt in ein paar wenigen Sätzen unmittelbar zum Thema, zum Problem.
Ein aktueller Einzelfall, ein ungewöhnliches Erlebnis, das Zitat einer bekannten Per-
sönlichkeit sind Möglichkeiten, eine Erörterung zu beginnen. Die Einleitung muss ab-
geschlossen werden durch die Fragestellung, zu der dann argumentiert wird.
Die Einleitung soll in einem sinnvollen Verhältnis zum Hauptteil stehen, das heisst die
Einleitung muss deutlich kürzer sein als der Hauptteil.
Achtung: In der Einleitung wird noch nicht argumentiert! Die Einleitung soll das Inte-
resse der Leserinnen und Leser wecken und klar zum Thema hinführen.
Beispiel:
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Der Hauptteil
Wie unten illustriert, gibt es zwei Möglichkeiten die Argumente zu organisieren. Wichtig
sind auch Beispiele (Alltag, Gesellschaft, persönliche Erlebnisse), welche die Argu-
mente stützen und den Text abwechslungsreich machen können. Die Argumente müs-
sen in jedem Fall durch textstrukturierende Elemente miteinander verbunden werden.
Grundregel: Wer die Leserinnen und Leser in einem Text überzeugen will, folgt dem
Prinzip der Steigerung. Das wichtigste Argument als Ergebnis beziehungsweise als
Höhepunkt folgt am Schluss.
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Überlegen Sie sich zu zweit, wo die Vorteile und Nachteile der beiden Schemata
sein könnten. Welches Schema ist Ihnen lieber und warum?
Alle Thesen (Behauptungen) müssen durch Beispiele, Belege oder Zitate gestützt
werden, nur so wirkt die Argumentation glaubwürdig.
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Der Schluss
Der Schluss einer Erörterung enthält die begründete Meinung, eine Perspektive für die
Zukunft oder eine vermittelnde Position. Im Schlussteil äussert man seine eigene Mei-
nung und man beantwortet die Fragestellung der Einleitung, indem man kurz darlegt,
was einem zentral erscheint.
Ganz besonders wichtig ist es, einen Bogen zurück zum Anfang zu schlagen, um die
Argumentation abzurunden. Es können auch Hinweise auf ähnliche Probleme oder
kontroverse Fragestellungen in anderen Zusammenhängen gegeben werden.
Achtung: Darauf achten, dass der Übergang vom Mittelteil zum Schlussteil nicht ab-
rupt, sondern fliessend verläuft!
Darstellung der eigenen Meinung (Kurze Darlegung: Was ist mir wichtig?) Abschlies-
sende Stellungnahme zur Fragestellung
Ausblick
Beispiel:
Dürfen wir Menschen über das Leben eines Tieres bestimmen? Dies war die Aus-
gangs/rage. Die Gegenüberstellung aller Argumente lässt keine klare Folgerung zu.
Einerseits müssen wir uns fragen: Ist ein Menschenleben wichtiger als das Leben ei-
nes Tieres? Andererseits stellt sich die Frage, ob wir Menschen das Recht haben,
Tiere für unser Wohlergehen qualvoll sterben zu lassen. Obwohl ich der Meinung bin,
dass wir nicht das Recht haben, Tiere zu quälen, werden Tierversuche wohl noch län-
gere Zeit nicht ganz verboten werden. Deshalb ist der Gesetzgeber aufgefordert,
strenge Regelungen zu erlassen und deren Einhaltung zu überwachen. Aber auch wir
Konsumenten haben es in der Hand, auf Tierversuche Einfluss zu nehmen: Ist es tat-
sächlich notwendig, dass für einen neuen Lippenstift Tiere einen qualvollen Tod erdul-
den müssen? Nehmen wir also unsere Verantwortung wahr und achten auf das Klein-
gedruckte, denn viele einzelne machen einen Unterschied.
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Überarbeitung
Überlegen Sie sich, sobald sie ihren Text fertig haben, wie sie ihn verbessern können.
Folgende Fragen können Ihnen dabei helfen (ergänzen Sie eigene Fragen):
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2. Sporadische Zwischenkontrolle, ob der Aufsatz sich noch mit dem Thema be-
schäftigt.
5. Jeden Satz vor dem Niederschreiben genau überlegen, „komponieren" und For-
mulierungstipps beachten.
7. Stellvertreter-Pronomen (z.B. er, sie, es) müssen stets eindeutig auf ein voran-
8. Zahlen bis zwölf werden als Worte geschrieben (Ausnahme: Datum, Adressen)
10. Beim Durchlesen darauf achten, dass unnötige Wortwiederholungen und Flüch-
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