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Tobias Schmid Klasse 4r 03.03.

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Deutsch Aufsatz

1.c) Fenster

Oft schaute er aus dem Fenster, als wäre dahinter all seine Hoffnungen und Träume 

versteckt.   Es   schien   als   würde   seine   Seele   durch   dieses   Fenster   hinaus   fliegen. 

Hinweg über das stürmische Wasser, in eine Welt voller Freude. Es schien als würde 

sie solange in die Unendlichkeit fliegen, bis er einschlief oder der Aufseher ihn mit 

kräftiger Stimme schroff anschrie, er solle wieder an die Arbeit. Die wenigen Tage die 

er nun schon auf See war kamen ihm wie Jahre vor. Vor zehn elend langen Tagen 

der Arbeit und Erschöpfung waren sie losgefahren und niemand wusste genau wie 

lange es noch gehen würde bis sie endlich ankamen. Er war einer der wenigen die 

nicht von amerikanischen Wohltätern gratis in die Freiheit gefahren wurden. Er war 

kein   Schriftsteller,   kein   Politiker   und   auch   sonst   keine   berühmte   Person.   Nur   ein 

normaler Jude der zu spät gemerkt hatte was sich anbahnt und deshalb seit bald vier 

Jahren auf der Flucht war. Als ihm der Kapitän der Seemöwe angeboten hatte ihn 

nach Amerika zu fahren, hatte er gedacht es sei wieder einer seiner fantasievollen 

Träume.   Da   sich   der   Kapitän   aber   auch   nach   langem   schweigen   nicht   in   Luft 

aufgelöst hatte begann ihm zu dämmern was für eine Chance sich für ihn offenbarte. 

Ihm waren Tränen der Freude und der Erleichterung über die Wangen geflossen. Der 

Jude   sah   den   Kapitän   als   Wohltäter.   Der   Kapitän   sah   den   Juden   als   unbezahlte 

Arbeitskraft. Dass er auf dem Schiff arbeiten musste war dem Gejagten egal. Doch 

nach zehn Tagen von mühsamster Arbeit kamen in ihm langsam Zweifel auf. War 

dies die richtige Entscheidung? Vielleicht hätte er in seinem Versteck bleiben sollen. 

Doch nun war es zu spät. Er war auf dem Weg nach Amerika. Weit weg von dem 

besetzen Calais wo es nur so von Deutschen wimmelte. Weit weg von allen Sorgen. 

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Und er spürte wie sein Blick einmal mehr zum Fenster glitt. Und einmal mehr versank 

er   in   seinen   Träumen.   Doch   dieses   Mal   wurde   er   nicht   von   dem   Schreien   des 

Aufsehers aus der Welt der Hoffnungen gerissen. Dieses Mal war es das kalte Leder 

eines Gürtels, welcher mit einer enormen Wucht die Haut auf seinem Rücken aufriss. 

Als er sich umdrehte, sah er hinter sich das wutverzerrte Gesicht, des stämmigen 

Mannes,  welchen  er gleichermassen  fürchtete  und  hasste. Er  hörte  den  Schreien 

nicht mehr zu. Er spürte auch nicht wie das Blut seinen Rücken hinunter tropfte. Er 

spürte nur noch die enorme Wut welche sich in seinem ganzen Körper ausbreitete. 

Er nahm den Besen, auf dem er sich gerade noch abgestützt hatte, und schlug damit 

so fest er konnte auf den Aufseher ein. Er traf ihn so fest, dass der sonst standfeste 

Felsen durch den Raum flog, als wäre er so leicht wie eine Feder. Es dauerte wenige 

Augenblicke   bis   er   merkte,   dass   der   Aufseher   nicht   wegen   Verletzungen   einen 

Moment   am   Boden   blieb   sondern   weil   er   etwas   aus   seiner   Jacke   nahm.   Als   er 

endlich Begriff was für einen metallenen Gegenstand der Aufseher umschloss war es 

schon zu spät. Im nächsten Moment bohrte sich das Blei in sein Bein. Der pochende 

schmerz in seinem Bein und das hämische Grinsen des Aufsehers waren alles was 

er noch sah bevor er in die Ohnmacht fiel.

Als er die Augen wusste er erst nicht wo er war. Nachdem er sich umgeschaut hatte 

wurde   ihm   klar,   dass   er   sich   wohl   auf   der   Krankenstation   des   Schiffes   befinden 

musste. Es war ein hell ausgeleuchteter fensterloser Raum. Er war der einzige der 

hier lag. Noch bevor er sich länger umschauen konnte, kam der Kapitän ins Zimmer. 

Von seinen Worten verstand er nur die hälfte, da der Schmerz ihn immer wieder an 

den   Rand   der   Bewusstlosigkeit   führte.   Er   begriff   jedoch,   dass   der   Kapitän   nicht 

gekommen war um ihm gute Besserung zu wünschen sondern um ihm zu sagen, 

dass diese Tat ihn noch sehr viel kosten würde. Dies untermalte der Seemann, indem 

er mit voller Wucht auf die Wunde schlug. Kurz nachdem der Kapitän den Raum 

verlassen hatte, kam der Aufseher in den Raum. In der rechten Hand hielt er zwei 

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Krücken. Er drückte sie dem vor Schmerz halb Bewusstlosen Juden hin und schrie, 

er solle aufstehen und wieder an die Arbeit. Als dieser keine Reaktion zeigte nahm er 

den Griff seiner Pistole und schlug damit auf die Stelle, wo vor ein paar Tagen eine 

Bleikugel eingedrungen war. Da der Flüchtling nicht noch mehr Schmerzen ertragen 

wollte nahm er die Krücken und stemmte sich mit grosser Anstrengung auf die Beine. 

Er folgte dem Aufseher in den Maschinenraum. Es war früh am Morgen. die ersten 

Sonnenstrahlen schienen schwach durch die kleinen Bullaugen. Alles war still und 

friedlich.   Für   einen   Moment   keimte   in   ihm   die   Hoffnung   auf,   er   könne   auf   seine 

Pritsche liegen, aus dem Fenster schauen und Einschlafen. Doch der Aufseher hatte 

andere Pläne. Er wies auf das Seil, welches vom Flaschenzug herunterhing. Dem 

Flüchtling wurde klar, dass das Schiff in den wenigen Tagen in denen er Bewusstlos 

war den halben Atlantik überquert hatte. Sie würden in wenigen Stunden in New York 

eintreffen. Und nun musste die ganze Fracht, welche zusammen mit den Flüchtlingen 

über den Ozean transportiert wurde abgeladen werden. Damit der Kran im Hafen die 

Fracht an Land bringen konnte musste zuerst die Fracht auf das Deck geschaffen 

werden.   Für   genau   dies   hatte   der   Aufseher   den   gejagten   Juden   aus   dem 

Krankenzimmer geholt. Aus Angst vor weiteren Schlägen arbeitete dieser als wäre 

der Teufel persönlich hinter ihm.

Das Schiff kam am frühen Nachmittag desselben Tages in New York an. Als erstes 

wurde eine mannshohe Holzkiste von Bord getragen. Hinterher eine wunderhübsche 

weinende junge Dame.

Itzhak Pfefferberg starb noch auf dem Schiff an den blutenden Wunden, welche der 

Aufseher im zugefügt hatte, nachdem er zusammengebrochen war. Das letzte was er 

sah waren die Augen seiner geliebten. Er schaute in ihre Augen, als wäre dahinter all 

seine   Hoffnungen   und   Träume   versteckt.   Es  schien   als   würde   seine   Seele   durch 

dieses Fenster hinaus fliegen.

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