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SO III IID ARIA DI III YS one ta Penne NER 5 v : . g | RANA IS, LAR BES ER RE RRR ; | see ee) Se OE Op GRE TRON AOC ONE Trevue ‘Treu bis zum letzten Atenizug - Pflicht — die Tugend der Preufien .. Robert Bosch / Treue zum Werk Richard Wagner / Des Fithrers Verhti grofien Meister .... Wir geben das Erbe weiter Ein Grenzwall wird Siedlungsraum. Sterne als Wegweiser... Ein Soldat-erlebt einen Baum - Yamato Die Vision des groften Kénigs... Thr seid geborgen im Herzen der Heimat Die Drohne hat keinen Vater . Rundbrief des Scurifileiters der fH Leithefte an die ff-Manner . Sudetenland — ein Bridcenhoger Sich dem Osten 39 4 Alfred Rosenberg: Die Pflicht unseres Daseins / Werner Beumelburg: Das héchste Gut der deutschen Seele / Hans Carossa: Geheimnisse / Robert Hamerling: Das _ger- manische Jahrhundert / Kurt Kuberzig: Mein Kind Erwin Guido Kolbenheyer: Gottes Wort / Wilhelm Pleyer: Lied der Sudetendeutschen. Als Motiy dieses Heftes haben wir auch fiir das Titelblatt die Treue gewahlt. Ste wird versin Tickt durch die alte germanische Bandverscili gang. Kiinsilerische Gestaltung: Hans Klocker Yerantwortlicher Herausgeber: Der Reichsfihrer f, /4-Hauptamt Berlin W 35, Liitzowstrafte 48/49. Druck: Buchgewerbehaus M. Miiller & Sohn, Berlin SW 68. Der Einzelpreis des Heftes betrigt 40 Reichspfennig. Bestellungen, Zahlungen und Auslieferung beim #-Drucksdhrifienversand, Berlin SW 68, Wilhelmstrafte 122. Postscheckkonto: Berlin 6783. Bankkonto: Berliner Stadtbank, Berlin SW 68, Friedridhsiralle 46, Girokasse 9, Girokonto: 1157 (ISG REGO ORR ERB RRRAROCROOROER SERGE ERROR OOROR ISYDPILTZEII a ARADO GEER ERA RE DEORE EOE EEE RRORER 4 ESP PRT TPF G AD DER IIOS PILI PL POT FOIE |) RRR REE RRR ELE EEE RARER ARAB ROR BDL ER ROP LE EDR Dv Grhebungen des Gemiltes find es, die vieles tragen helfen, was fonft den Men{djen gufammenbreden liege. Wer aber made wird, mége id) fragen, ob er dent tikecyaupt ein Derlangen nad) diefen tieferen Regurigen des Gemtites gefpriet hat, und er wird dann vielleidyt nicht felten fic) felbft und feiner Sdwarhheit Me Scyuld gufdyreiben miifen, wenn ev unfalig war, fid) dort jene Reaft zu fudjen, Die andeve Pienfdyen leidstee Here werden lagt iver die Unvillen, ja aud) mandmal Ungeredye tigkeiten eines Menfdyenlevens. Er mag fidy aud) feagen, ob ex felb(t nady Lebenstameraden gefudt hat, de ihm in feinen fyweren Stunden gue Geite fteyen, oder ob er nur als griess gedimiger Deveingetter, auf fidy allein geftellt, das Hafein zu meifteern verfudst, es vielleidyt veefludt hat. Es wied [ids jeder diefe Seage beantworten F6nnen, Ob ec wirklich) fic) Verntitjte, fene Cinbeit der inneren Reaft zu begreifen, Me heute den deutftyen Goldaten und den deutftyen Sanger als verftiedene Erftyeinungsformen der gleiden deutfyen Dolfsfeele gufammenfiigt. Ge wird dann verftehen, dak Inftinft und Tat und Inz ftintt und Gdjau im Grunde das gleide find, und da8 Geftalt im Perk, Geftalt im Gemiit gufammen die Geftalt des Lebens bedingen. DKefem immer erneut fid) im Kampf bewshrens den Leben Dienen wie alle, und defen Dtenft fiegveidy duedygufiijven in der Verteidigung haljee ‘Werte, ift die Yodyte PNidt unferes Dafeins. ALFRED ROSENBERG RRR REPEAL A RAIA ARRR RRR ARR RRO RRO RRC ORR OREO ROOR CREE GILG. aI Ds RRRPPRELILILS A RT RE RRR ARR ORR EERIE RBEES DR DIRT PRPS IIPS ILL L FFP IF S| LBRERESR RARER QLOERR ERO OER ELE ORR R REEL ORL RR ROR RROD RRR TREU UND UNVERZAGT / PLASTIK VON KURT ZIMMERMANN TREUE er gegenwiirtige Krieg liefert taglich Beweise kiihnen Wagemuts und einzigartigen Heldentums. Ungezihlt aber ist das scheinbar kleine und namenlose Heldentum der deutschen Soldaten. Es ist die stille, zaihe Bewihrung der Treue und der Zuyerlissigkeit. Die Treue der Gesinnung ist es gewesen, die einzelne Einheiten unseres Heeres und unserer Walfen-# drei- Monate lang iroiz Hinschliefung und Abscaniirung yoo normaler Zufuhr standhalten lie® und der Ostfront die Festigkeit und Tlirte verlich, die bei dieser Kilie und diesem Massenansturm des Peindes allein eine Katastrophe verhinderte. Was das heifit, weift nur der, der die Formen kennt, unier denen der Krieg im Osten sich abspielt. Wenn der Gegner versucht, unsere Strategie nachzuahmen, so erleidet er jedesmal Schiftbruch, Generalfeldmarschall Rommel. hat es- ausgesprochen: ,,Ein- kreisungssdilachien, wie sie im gegenwiirtigen Kriege geschlagen werden, kann man nur mit deutschen Soldaten schlagen.* Was sich hier bewihrt hat, gilt fiir alle Zukunft. Treue ist die deutsche Tugend. Treue ohne Inhalt gibt es nicht. Sie hat nichts zu tun mit Sturheit: die mégen die Gegner besitzen. Sie deckt sich auch nicht mit Hartnackigkeit oder Zuverlissigkeit allein, obwohl das ihre notwendigen Begleiter sind. Treue, Glaube und Ehre sind wie drei Schalen um einen kostbaren Kern. Der Kern aber ist die Seele unseres Volkes, jenes einzigartige innere Reich, aus dem die kiinstlerisch formende, musizierende, die Welt mit immer neuen Gestaltungen von Traumgesichten iiberraschende Kraft emporsteigt, dic unser kostbarster Besitz ist. Das Wissen um diesen Reichtum ist in dem einen weniger, in dem anderen klarer vorhanden. Es gibt keinen deutschen Menschen ohne Ideal. Treue ist nichts anderes als ein Sichbekennen zu dem eigenen Tnneren, ur eigenen Berufung, aur eigenen Aufgabe. Im Grunde genommen sind Handlungen der Treue, die in Stunden héchster Not aus innerer Verpflichtung entspringen, religidse Akte. Davon wissen die Men- schen zu erziihlen, die jene Augenblicke kennen — sie. sind nicht hiufig im Leben —, in denen man der inneren Berufung gewissermafen auf die Spur kommt, die Verpflicitung einen iiberkommt. Das gilt fiir politische Kimpfer genau so wie fiir Denker, Kiinstler und Erfinder. Das haben auch die -Kameraden erlebt, die auf scheinbar verlorenem Posten in Eis und Schnee in Treue zum Fiihrer und zur Heimat ausgeharrt haben. Seine Aufgabe wie einen Befchl des Himmels erkennen, heiftt fiir den deut- schen Menschen treu sein. Treue ist immer etwas Gottgebundenes. Daran aweifelt nur der oberfléchliche Skeptiker. Die Treue zur Heimat, die Treve zur Bewegung, die Treve zum Fithrer wurzeln leizien Endes in der Kraft der inneren Vorstellung. Wer innerlich arm ist, kann auch nicht wahrhaft treu sein. ‘Treue ist die wortlose Sprache inncren Reichtums. Treue erweist sich durch die Tat. In Zeiten der Not und des Ungliicks hat jas deutsche Volk immer am treuesten erwiesen, und zwar der kiimp- 1 fende Teil dieses Volkes, also der Teil, der diese Not litt und am schwersten daran irug. Das waren die Soldaten in den Schiiizengritben des letzten Weltkrieges. Das waren dic ersten Mitkémpfer des Fiihrers. In diesem Krieg tragt die Front wiederum die Haupilast; aber auch die Heimat gibt tiglich Beweise der ticfsten Treue in Enthchrung und Entsagung. Zur Treue gehirt Bestindigkeit. Es wire widersinnig zu denken, ich wechsle meine Heimat, oder ich wechsle mein Volk. Unser Leben wird einmal sinn- voll gewesen sein, wenn wir uns treu geblieben sind. Es gehért auch alles zusammen. Treue ist in Wahrheit nichi teilbar. Dem Fihrer treu bleiben, der Heimat treu bleiben, der Frau und den Kindern treu bleiben, das ist eine Treue. Die # ist ein Orden der Treue. Treue zum Fithrer, Treue zu den Kame- raden, Treue zur Heimat und zur Familie sind Feuer, aus denen wir brennen. Wir kennen unser Volk. Wir wissen aus seiner unheilvollen Geschichte, daft seine Gutgliubigkeit und Harmlosigkeit von Verfiihrern schwer miflbraucht worden ist. Die 44 soll den Schutzwall bilden um unser héiligstes Kleinod, um den inneren Reichtum des deutschen Volkes. Ein tiefer Glaube an die gittliche Berufung unseres Volkes und seines Fihrers erfiillt uns. Er macht uns reich. Er macht uns hart und unerbittlich. Er gibt uns die Kraft der Treue in den Stunden diuferer und innerer Belasiung. Gd. D, Treue ift das hédfte Gut der deutitjen Geele und thee Vollendung. Gs ift micjt jeder berufen, Grofes zu fmaffen fiir fein Datecland. Aber das ewige Gajicefal migt uns nit nad) dem Umfang unferer Taten, fondern nad Der Gefinnung, aus dev fie ent{tanden, und nad dem Biller, den wie aufwandten, um unfere PAlict zu erfiillen. Das heigt aber mitts anderes, als dag dec Magia’ unferes Lebens in der Treue liegt, mit der wir an unferem Daters land hangen, und es heift ebenfo, dag die Creue das Licht ift, das den einzelnen in Me Gemeinihaft fiiyct. Die Treue ift die lebte und Ysdsfte Stufe, die unfece Geele auf iyeem HSeg erretdyt, und wee fie ecworben, der hat vor dem Sdpicfal beftanden. ‘Werner Veumelburg ‘ Treu bis zum letzten Atemzug un, das geschah also in den Tagen, da die Russen mii Schneeschuh- bataillonen iiher den gefrorenen [Imensee und das vereiste Moor am Ostufer durchgebrochen waren und in den ersten Stunden dieser ihrer Winteroffensive einige Dirfer in der Flanke einer Division genommen hatten, die spiter zuriickerobert wurden. In diesen erbitterten Kampfen gegen eine erdriickende Ubermacht geriet durch einen pléizlichen Uberfall bei stockfinsterer Nacht die Granatwerfergruppe in sowjetische Gefangen- schaft, Wahrend es der Kompanie im letzten Augenblick noch gelungen war, einer Umgehung auszuweichen und sich vorliufig einige hundert Meter bis zum Waldrand zuriiccenzichen, war diese Granatwerfergruppe, die bis zuletzt gefeuert hatte, im Riiccen abgeschnitten worden und mitsamt ihrem schweren Granatwerfer in die Hiinde des Feindes gefallen. »Es ging alles so plétzlich“, sagte er, und es schien nun, als wolle er mir alles ganz genau erzihlen, .eh’ wir iiberhaupt zur Besinnung gekommen waren, hatten sie sich hinterriicks wie die Katzen auf uns gestiirzt und hielien uns die Laufe ihrer Maschinenpistolen vor die Brust. Wie soll ich dir diesen Augenblick der Gefangennahme schildern? Mein erster Gedanke war: ,,S0, jetzt ist alles aus.’ Dann schwirrten mir unzihlige andere Ge- danken durch den Kopf. Doch endlich wuchsen aus der Fiille und dem Durcheinander plitzlicher Einfalle zwei Gedanken, die mich in dieser Nacht dann nicht mehr loslieffen. Der erste war ein beruhigender: Ich dachie an viele guie Kameraden, die wihrend dieses Feldzuges gefallen waren, und wurde ruthiger und gefaRter. SchlieBlich hatten wir in diesen Monaten schon manches Mal dem Tod ins Auge gesehen und waren schon vorher, ein jeder fiir sich, liingsi mit ihm fertig geworden. Der Zweite beunruhigte mich. Ich dachte: Unser schwerer Granatwerfer! Unsere Munition! Damit werden sie nun unsere eigenen Kameraden beschieflen, und das ist eine Schande. Und das dachten alle! Denn als sie uns mit vorgehaltener Pistole die Taschen durchwithlten, uns alles raubten, von der Uhr bis zur Brieftasche, als sie uns vorlaufig in einen alien Schuppen gezerrt haiten und wir in Kilte und Finsternis zusammen- hodcten, da hirte ich aus den wenigen Worten, die zwischen uns fielen, dak diese Gedanken alle bewegten. im iibrigen mochte uns zu Muie sein wie einem Schiftbriichigen, der sich. zwar noch iiber Wasser hilt, der aber doch genau weif, daf ihn die Wellen bald verschlingen werden. Dann aber, im Morgengrauen, schlugen die ersten Granaten unserer deutschen Artillerie in unserer Nihe ein, und nun war es . uns wie dem Schiffbriichigen, der am Horizont auf einmal eine Rauchfahne entdeckt hat, »Sie kommen zuriidc!" sagte einer, und seine Stimme war voller Hoffnung. Sie greifen wieder an!“ meinte ein anderer, und ein Hoffnungsfunken wollte in uns Feuer entfachen. ,Sie lassen uns nicht im Stich! Sie werden heute morgen zum Gegenangriff antreten!“ sagte der Gruppenfithrer, und wir begannen wieder an unsere Errettung zu glauben. Ja, als die Morgen- 3 démmerung durch die Ritzen unseres Schuppens drang und die Salven unserer Ariillerie in immer kiirzeren Abstanden im Dorf einschIngen, sahen wir wieder hoffnungsfroh und zuversichilich den komimenden Stunden enigegen ..." Der Ladeschitize des schweren Granatwerfers hielt in seinem Bericht an. ..Bs ist dann aber doch alles ganz anders gekommen. Gegen Morgen zerrten uns ein paar schwerbewaffnete Bolschewisten nach draulen. Wir glaubien, dafi nun das iibliche Verhér kommen wiirde. Doch sie schleppten uns in unsere alte Granatwerferstellung. Sie fuchtelten mit Pistolen vor uns herum, es waren Offiziere oder auch Kommissare. Ein Dolmetscher, seinem Anssehen nach Jude, macite uns klar, daft es fiir uns tiur noch zwei Még- lichkeiten gabe. Entweder — er zeigte auf dic vielen Pistolen, die ihre Linfe auf uns richteten — entweder wiirden wir jetzt alle erschossen, oder wir wiirden jetzt auf den Waldrand, in dem Bereitstellungen unserer Kom- panien erkannt seien, mit unserem eigenen Granatwerfer schieen, Das aber unverziiglich und sofort, Oder die Pistolen. Wir hatten die Wahl. Falls wir feuern wiirden, gargntierte uns das Oberkommando der Roien incon dade aven uit cttovietan Tusa’ Wir bissen uns anf die Lippen. Vor Wut. * Wir wuftten: Auf Kameraden schietten? Niemals! Trotzdem gab uns unser Werferfiihrer den Feuerbefehl. Jeder yon uns ging an seinen ihm bestimmten Platz, Mich wies unser Grappenfthrer aurick. Laden, sagte er, wiirde er dieses Mal selber. Nun, du kennst den sciweren Granatwerfer. Seine Bedienung ist im Prinzip so einfach. Die Granate wird yon oben in das Rohr hereingelassen und zischt daun von selbst nach Bruchteilen von Sekunden durch die Luft. 4 Der Werferfiihrer nahm die erste Granate. Lieft sie in das Rohr fallen. Im selben Augenblick aber, sage ich dir, ch’ daft die erste Granate das Rohr verlassen hatte, schob er eine zweite der ersten Granate nach. Diese Sckunden werde ich nie, nie im Leben vergessen. Es folgte das, was kommen muffie und was der Werferfiihrer bewultt gewollt hatte: ein Rohr- krepierer, eine ungeheure Detonation, die den Granatwerfer und alle Um- stehenden zerfeizte. Tot die bolschewistischen Offiziere, die sich an dem Anblidk hatien ergiitzen wollen, — gefallen meine drei Kameraden. Weil der Werferfiihrer mein Amt als Ladeschiitze selbst itbernommen hatte, und ich darum nur abseits stand, geschah mir nichts. Das wilde Durcheinander, das im selben Augenblick bei den Sowjeis entstand, gab mir selbst die Még- Tichkeit, durchzubrennen. ‘Das Dorf aber wurde am selben Tag von unseren Infanieristen im Gegenangriff genommen...“ In der Nacht hatte ich noch Wache. Es war eine helle, kalie Marznacht, In unbeschreiblich tiefem Blau stand Stern an Stern, und wie die Ehre und die Treue besiiindig und erhaben weit tiber unserem kleinen Leben stehen, so zogen sich — iiberstit von tausendfachem Flimmern — die breiten Him- melsstraRen hin. PK, Willi Dikmann Gebeimniffe Stern mug verbrennen Golang wit ieren, flaflos im Raume, watyen die Mitte. . * damit um Erden Jn bitter Eintradt das Leben getint. fucyert wit Licht. Blut mug veefinFen, Und alle Wunder viel Blut, viel Ceanen, geftvehn an Ufecn. damit uns Erde ‘Bait dedngen alle 3ur Heimat wird. gum feefen Gtrand. ‘Yo Redfte rafen ‘Bie find beladen in wundem Aaffe, Wit Stoff dee Sonne. quillt lautce Reiltcaft ‘Weir miiffen feywinden, aus gutem Tod. fo fac? find wie, Ss gibt fein Ende, nue gltijendes Dienen, Serfallend fender wit Stralen aus, HANS CAROSSA Pflicht ~ die Tugend der Preuffen “ ar jemals wohl in der Geschichte ein Volk so hoffnungslos zertreten wie das deutsche nach dem Dreifiigjahrigen Krieg? Der Westfiilische Friede stellte die deutsche Zerrissenheit unter die Aufsicht fremder Grof- miichte; dreifig Jahre Krieg auf deutschem Boden hatien Wohlstand und Arbeiislust vernichtet. Die Acker lagen wiist, die Dérfer in Triimmer: die deutschen Menschen waren seelisch zerbrochen, ohne Selbst- vertrauen, bewunderten knedhtisch alles, was aus Frankreich kam; die Fiirsten und der Adel verschwendeten die Stcuergelder des Volkes, in den Stidten herrschte Bestechlichkeit und Vetternwirischaft. Wie sollte es aus dieser Tiefe je wieder einen Aufstiez geben? Welch ungeheure Kraftanstrengung gehérte dazu! Wie aber sollte dieses zerbrochene, ver- kommene Volk zu solcher Anspannung der Krafte je fahig scin? ,Die Seligkeit ist fiir Gott, alles andere muff mein per Da wurde in einem kleinen deutschen Lande, in Brandenburg-Preuften, der Wille wach, das Unmigliche miglich zu machen. Die Fiirsien dieses Landes dachten noch nicht an Deutschland, sie dachten nur an ihr eigenes kleines Land, Und.doch kam alles, was sie taten, dereinst dem ganzen deuischen Volke zugute. Der Grofte Kurfiirst legte den ersten Grund, und der Sol- datenkénig Friedrich Wilhelm I. baute weiter. Er war der Mann, der an die Riesenaufgahe ging, das Volk zu einer villig neuen Haltung zu erziehen. Er formie sich Beamte und Soldaten, genau und sorgsam bis in die kleinste Kleinigkeit, piinktlich anf die Minute, in strenger Zucht und unbedingtem Gehorsam das Ich dem Ganzen opfernd, die Leistung bis aufs hichsie steigernd. Mit Haut und Haar verlangie der Kénig den Menschen fiir seinen _ Dienst: ,,Die Seligkeit ist fiir Gott, aber alles andere muff mein sein.” Er lobie nicht, er lohnie nicht, er dankte nicht; was sie taten, war selbstver- stiindlich, denn es war ibre Pflicht. Damals, in diesen Jahren, da das PreuBentum gehimmert wurde, erhielt das Wort Pflicht seinen chernen. unerbitilichen Klang. Unter dieser Pflicht stand der Konig genau so wie der letzte Soldat und der letzte Beamte. Niichiern, herb und hart war dieses preultische Pflichigebot, aber es ziichtete Menschen, die das Letzte aus sich herausholten, die die Bequemlichkeit und den Genufi dem Dienst des Ganzen zum Opfer brachten. Es war hart und oft schmerzvoll. aber es mufite sein. Aus diesem preufischen Pflichtgefiihl sind die Tatea des Siebenjiihrigen Krieges erwachsen, die der Welt wie unfaflbare Wunder er- schienen, mit Hilfe dieses preuffischen Pflichtgefiihls hat Bismarck die deutsche Zwietracht gebiindigt und das Bismarck-Reich gesdhaffen: dieses Pflichtgefith! wuchs itiber Preufiens Grenzen hinaus und durchdramg ganz Deutschland, es hartete und straffte das oft zu weiche, verschwommene deutsche Wesen, es gab die Kraft zu den Taten von Verdun und Flandern im Ersten Weltkrieg, zum Bestehen des russischen Winters im Zweiten Welt- 6 ieg. Es gab dem deutschen Volk die Kraft, den schweren Weg vom West- lischen Frieden zur Reichsgriindung in Versailles und zum Grof- deuischen Reich Adolf Hitlers zu gehen. Es weitete und vertiefie sich im Laufe der Jahrzehnte; auf den Soldatenkénig folgten Scharnhorst, Gneisenan, Clausewitz und Moltke, und preuftisches PflichtbewuBtsein ging schliefilich in den Nationalsozialismus cin. Freirvillige Pflichterfiillung Mit grimmiger Harte, oft mit Schimpfen und Priigeln hatte Friedrich Wilhelm. das Pilichtbewutsein in die Menschen hineingebrachi. Sie zitterten yor ihm, und das Muft, unter dem sie standen, war bei vielen die Furdat vor der Strafe. Es ging damals in den harten Anfangen wohl nicht anders. Aber schon Friedrich Wilhelm war sich klar, dafi die Pilichterfiillung unter dem Druck der drohenden Strafe nur ein Notbehelf war. Wenigstens fiir die Offiziere verlangie er schon eine hihere Form: ,Derjenige Offizier, welcher sein devoir (Pflicht) nicht aus eigener Ambition (Ehrgefiihl) tut, sondern zu seinem Dienst angehalten werden muf, meritieret (verdient) nicht, Offizier zu sein.” Hier tritt an die Stelle des dufleren Mui das innere Muft aus eigenem Antrieb. An Stelle der Strafe iritt als trethende Kraft das Ehr- gefubl. Pflicit bleibt es so und so, und der widerstrebende innere Schweine- hund mut so und so kleingemacht werden; aber das eine Mal geschieht das dureh den erhobenen Stock des Korporals, das andere Mal durch das innere Gebot der Anstiindigkeit. Aus dem Heer des Soldaienkénigs wurde das Heer Friedrichs des Groen, das Heer des Siebenjiihrigen Krieges. Nie hatte es die furchibaren sieben Jahre durchkampfen konnen, wenn es nur durch Zwang und Gewalt zusammengehalten gewesen wiire. Schon in den Ba- taillonen des alten Fritz lebte etwas, das héher war als erzwungener Ge- horsam: eine freiwillige Hingabe an die Persénlichkeit des grofien Fiihrers, Finfzig Jahre spiiter wurde aus diesem Heer das Volksheer der Befreiungs- kriege. Scharnhorst und Gueisenau erhohen die Forderung, da damit die hohere Form der Pflichterfiillung im ganzen Heer lebendig werden miifie. Gneisenan empiérte sich iiber die Meinung, ,,da8, weil einige des Priigelus wert sind, alle gepriigelt werden miissen‘; nicht im Holze, sondern im Ehr- gefiihl miisse man die Beweggriinde zum Wohlverhalten zu finden vermégen. Die Manner der Befreiungskriege hatien ihren Idealismus an der Phi- losophie des Kénigsberger Philosophen Kant gestarki, »Pilicht, du. er habener grofer Name”, schrieb er, ,der du nichts Belicbtes, was Ein- schmeichelung bei sich fiihrt, in dir fassest, sondern Unterwerfung verlangst, doch auch nicht drohest..., sondern blof ein Geseiz aufstellst, welches von selbst im Gemtite Eingang findet." Nicht Lockung mit Lohn, nicht Drohung mit Strafe, sondern nur die scilichte, einfache Einsicht, daft das Pflichtgebot notwendig erfiillt werden muf: so stellt Kani den Begriff der Pflicht in héchster Klarheit hin. Solange der Mensch sich von Hoffnung auf Lohn oder von Furcht vor Strafe, und sei es in noch so verfeinerter, getarntcr Form, beeinflussen lait, solange ist von sittlichem Handeln, von Pilichterfilluns im héchsten Sinne nicht die Rede.- Das ist eine ungeheuer hochgespannte Forderung, welche hichsten Idealismus verlangi, Es ist klar, daft die meisten Menschen nicht die Kraft des Willens und der sittlichen Selbst- iiberwindung besitzen, um diese Forderung voll zu erfiillen. Die meisten brauchen doch eine Unterstiitzung ihres Willens, der vor dem Pflichigebot ausweichen méchte — es braucht ja nicht immer gleich in der Form des Stockes zu sein. Schon die Miglichkeit einer Bestrafung wirkt antreibend. Aber Ideale miissen hichstgesteckte Ziele sein. Und eines diirfen wir sagen: Seit den Tagen des Soldaienkinigs ist unser Volk in den Antrieben zu seiner Pflichterfiillung dem Ideal Kants immer niher gekommen. Die Forderung, die Friedrich Wilhelm glaubte nur fiir die Offiziere erheben zu kénnen, da@ an Stelle der Strafe und des Zwanges das Ehrgefiihl zu treten habe, diese Forderung erheben wir heute fiir das ganze Volk. Es wird immer eine Masse geben, die diesem Anruf gegeniiher taub bleibt. Sonst kénnten ja eines Tages Gerichte, Gefangnisse und Strafgesetz abgeschafit werden. Fs hat verschwtirmte Menschen gegeben, die einen solchen Zustand fiir moglich hielten; wir wissen, dafi das wirklichkeitsfremde Tréumerei ist. Auch wenn durch Erbauslese die Zahl der Uniermenschen und der Minderwertigen immer weiter herabgesetzt wird, so werden immer viele bleiben, die des Riicshalts am Strafgesetz bediirfen. Aber, wie Gneisenau sagt, weil einige des Priigelns wert sind, miissen darum alle gepriigelt werden? Das Ringen darum, die Zah] der Auserlesenen zu vergréfiern, die aus eigener innerer Finsieit und Anstindigkeit das Gebot der Pilicht er- fiillen, nur weil es Pflicht ist, muB ewig weitergchen. Es gibt Menschen, die die Kriegsgesetze der Ernahrung aus diesem Grunde innehalten, andere, die es aus jenem tun. Es gibt Menschen, die ihre Arbeit fleifig und ehrlich verrichien aus diesem Grunde, andere ans jenem. In den Schulen geht die Bemiihung dahin, die Kinder zu ehrlicher Arbeit ohne Vortduschung einer nicht vorhandenen Leistung lediglich auf Grund von Stolz und Ebrgefih] zu erziehen. Wir diirfen den Glauben haben, daf es in unserem Volk noch viele Krifte gibt, die solener Pilichierfiillung fahig sind; es kommt nur darauf an, sie zu wecken. Das Gebot aus dem Innern Eines ist sicher: hiichsie Leistungen werden nur erreicht durch das Gebot, das aus dem Innern kommi, durch Pflichterfillung im Kantschen_Sinne. Friedrich der Grofe spricht in seinen Briefen von ,,einer religiésen Hingabe an seine Pilichten“. Als er nach der furchtbaren Katastrophe von Kune: dorf alles fiir verloren hieli, die Fithrung abgab und zum Tode entschlossen war, da dauerte es doch nur wenige Tage, und er hatte sich wieder in der Hand. ,,Verlalt dich darauf", sdirieb er seinem Bruder, ,,solange ich dic Augen offen habe, werde ich fiir den Staat sorgen, wie es meine Pilicht ist.” Nie dagewesen, unerhért in seiner erbarmungslosen preufischen Harte ist der Anruf, mit dem er den schwer yerwundeien, schreienden Junker auf dem Schlachtfeld von Leuthen zur Haltung brachte: ,,Sterb’ Er anstindig, Junker!" Nur einer durfte ein solches Wort wagen: Friedrich. Aber dieses preullische Pilicht- und Ehrgebot, welches hente allgemein deutsch geworden ist, ist doch im Kern nichis anderes als ein altes ger- manisches Evbe, das in Preufen nen zum Leben erweckt worden ist. Unser Yolk triigt es als rassisches Erbe von Anfang an in sich. Als die burgundi- sehen Helden von den asiatischen Horden der Hunnen in der Etzelburg 8 eingeschlossen sind und ihren letzien Kampf kampfen, bei dem es nicht mehr um Sieg und Rettung, nur noch um tapferes Sterben geht, so erzahlt das Nibelungenlied, da bietet die Kénigin Kriemhild ihren Briidern freien Abzug, wenn sie ihr Hagen, den Mirder Siegfrieds, auslicfern. Der Jiingste der Kénige, Giselher, ein halbes Kind noch, hiingt am Leben und kann sich nur schwer von den Hoffnungen lésen, aber ohne einen Augenblick des Zauderns weist er die Rettung um diesen Preis der gebrochenen Kamerad- schaftstreue und der gebrochenen Ehre von sich, Die Wirklichkeit der Ge- schichte entspricht dem Ideal der Sage: Der letzie Gotenkiinig Teja ktimpft am Vesuy, wie Friedrich im Siebenjihrigen Kriege kémpfie. Diese Ger- manen kennen freilich noch nicht das Wort Pflicht, und ihr Opfer geschieht nicht in dem Bewufitsein, dai es fiir den Staat oder das Volk sein mul; sie handeln_einzig aus dem inneren Gebot der Ehre; aber was sie tun, ist dennoch im Wesen nichts anderes, als was spiiter Friedrich Wilhelm, Friedrich der Grofte, Kant, Gneisenau verlangten. »ch kann nicht anders“ Wenn eine Mutter, die ihr Kind umsorgt, antworten wiirde: Ich tue nur meine Pflicht, dann hiitten wir ein Gefiihl des Befremdens. Warum? Pflicht, auch wenn sie nur aus dem inneren Mufi getan wird, ist eben doch immer ein Muli und verlangt Selbstiiberwindung. Die Mutter aber kann gar nicht anders; sie miifite sich gerade Gewalt antun, um nicht so zu handeln. Hier geschieht das edle Handeln aus innerer Notwendigkeit, aus einem edlen Trieb heraus. Hier istim Grunde nicht die cinzclne Tat gut, sondern der ganze Mensch ist gut. Solches selbsilose Handeln voll aufopfernder Hingabe aus innerem Trieb gibt es auch schon bei Tieren; wir brauchen auch hier nur an Beispiele der Mutterliebe zu denken. Sich selbst iiberwindendes Handeln aus bewuftier Pflichterkenntnis vollbringt dagegen nur der Mensch. Man kann viel dariber sireiten, was das Hihere sei; man kann geliend machen, daft das Pflichigebot harter und schwerer zu erfiillen sei und das Handeln aus edlem Trieb ja keine Selbstiiherwindung fordere, aber demgegeniiber auch wieder, daf die gesamte Charakteranlage, die sich zur edlen Tat nicht erst zu itberwinden brauche, hher siche als die, die erst ein inneres Widerstreben niederkimpfen miissé. Der Sireit ist im Grunde miifig, auch geht beides oft ineinander iiber. Wenn Luther vor dem Wormser Reichstag sein ,,Ich kann nicht anders“ spricht, wenn der Philosoph Giordano Bruno, der als erster mit den Augen des Geistes die Unendlichkeit des Weltenraumes schauie. den Widerruf vor den Priestern der rémischen Kirche verweigerte und auf dem Scheiterhaufen starb, dann liegt in diesem [ch kann nicht anders“ ein Bekenntnis zu einem hichsten Pflichtgebot aus innerer Notwendigkeil, zu der Trene gegeniiber sich selhst und der Sache, der Idee. Die Freiwilligen von Langemarck stiirmten mit dem Deutschlandlied in den Tod, hingerissen vom groflen Schwung der Be- geisterung. In den folgenden Jahren aber kam das Granen der groBen Materialschlachien, und nun mufie doch wieder das harte Gebot der Pilicht wirksam werden. Der Fiihrer schildert das im .Kampf{": Es kam die Zeit, da jeder zu ringen hatte zwischen dem Trich der Selbsterhaltung und dem Mahnen der Pflicht... Je mehr sich aber diese Stimme, die zur Vorsicht mahnie, mithte, je lanter und eindringlicher sie lockte, um so schirfer wird dann der Widerstand, bis endlich nach langem inuerem Streite das Pilicht- bewuftisein den Sieg davontrug. Schon im Winter 1915/16 war bei mir dieser Kampf entschieden. Der Wille war endlich restlos Herr geworden. Konnte ich die ersten Tage mit Jubel und Lachen mitstiirmen, so war ich jetat ruhig und enischlossen. Dieses aber war das Dauerhafte." Der Befehl des Gerissens Es gibt eine tagliche Pilichierfiillung, die treu und bray die taglichen Vorschriften und Befehle erfiillt. Sie darf in ihrer Bedeutung in keiner ‘Weise herabgesetzt werden, sie ist notwendig; aber sie muft sich bewuRt bleiben, daf sie nicht das Letzte und Hichsie ist. Es kénnen Lagen ein- treten, wo Vorschriften gebrochen werden miissen, Befehle nicht befolgt werden diirfen, ein véllig selbstiindiges Handeln auf eigene Verantwortung Notwendigkeit wird. Als der preufische Kénig Friedrich Wilhelm III. sich 1812 zum Biindnis mit Napoleon gegen Rufiland entschlof, da gab es preuftische Offiziere, die es nicht ertrugen, fiir den Unierdriicker ihres Vaierlandes zu kiimpfen, die darum den Abschied nahmen und in russische Dienste traten. Zu ihnen gehérte Carl von Clausewitz. Manner wie Yorck, die ganz in der aliprenRischen Tradition wurzelien, nannten dies Verhalten Pilichivergessenheit und Fabnenflucht. Yorek erhielt vom Kénig den Befehl, das Kommando iiber das preufische Hilfskorps unter Napoleon zu iiber- nehmen, und so bitter es ihm war, er tiberwand sich und tat stumm seine Pflicht. Dann aber kam die Stunde, da Napoleon geschlagen war, da alles den General Yorek drangte, den Anschluf an die Russen zu erklaren, und da alle seine Bemiihungen, Weisungen vom Kinig aus Berlin zu erlangen, ergebnislos blicben. Nun wurde gerade dieser Mann vom Schicksal vor die Entscheidung gestellt, die engere Pflicht zu brechen um der weiteren und hbheren willen. Und er tat tapfer den Schriti, so schwer es ihm wurde, handelte gegen den Befehl des Kénigs und erklarte in der Miihle von Tau- roggen das preullische Korps fiir neutral. Damit erdffnete er den Be- freiungskrieg. Fiir das, was er tat, nahm er die volle Verantwortung auf sich: Ich schwore Eurer Koniglichen Majestit, schrieb er, daft ich auf dem Sandhaufen ebenso ruhig wie auf dem Schlachifelde, auf dem ich grau geworden bin, die Kugel erwarten werde.* Er brach den Befehl, den ihm der Staat gegeben hatte, und gehorchte, wie vorher Clausewitz dem Befehl des Gewissens, um dem Volk die Treue zu halien. Unier diesem Befehl des Gewissens hahen die Manner der Freikorps am Annaberg ge- kampft, hat die nationalsozialistische Bewegung von Anfang an gestanden. Seit den Tagen Friedrich Wilhelms I. ist die Idee der Pflicht immer tiefer und weiter geworden, sie hat immer mehr an Freiwilligkeit und eigenem Antrieb in sich aufgenommen. Sie isi von Preuflen ber ganz Deutschland hin gewachsen. Aber immer muff sie den unerbittlich harten Kern der eisernen preufischen Pflichterfiillung behalten, der einzig den schwersten Belastungsproben gewachsen ist. Denn Deutschland, das Land der Mitte. auch wenn es fiihrendes Land Enropas ist, wird immer gefahrlicher leben als andere Vélker. Darin ruht seine Verpilichtung und seine GroBe. Wirich Haacke Go fab das Geherauge eines Didters die Fulunft Europas Der isterreichische Dichter Robert Hamerling schrich vor jetzt rund 100 Jahren (gestorben 1889) itber das ,germanische Jahrhundert”: Whine hellen Gegeraugen taucy’ icy efn in ew’ge Lichte, Und vor meine Geele teeten gufunftsftwangere Geficyte: lus dem uc) verhtillten Duntel cinft'ger (iefals{dwerer Zeiten Gely’ te} eine hohe Géttin nay und immer naher fiyveitent. Du, o zwanzigites feit Chriftus, waffentliccend und bewundert, int witd did) die Maywelt nennen das germaniftye Fabryundect. Deutfiyes Vole! Die weite Srd_ witd von Deinem Rum ergitteen, Denn Geridt wieft Du einft yalten mit den Seinden in Gewittern. Englands unberdyrten Boden wird Dein ftarker Sug betreten, Danterfillt wird Deine Stiheung dann gu ihrem Herrgott beten. Und den ténernen Rolog, Rufland, ftirzéeft Du zervorften, Qin des Oftens weiten Landern wird der deutfdye QAdler horften. Ofterceith, Du totgeglaubtes, eye hundect Yabr’ vergehen, Wdielt Du ftolz und jugendtedftig in dem Deuthhen Rete fteher. ‘Mut des neuen Woymens Reiche wird fidy ftolz einft Deutftyland Cudy verein’gt in junger Seetheit wird die Ueeaine glangen. [Reéngen, Deutfihes Vole, ich ére Flingen fajon de Sl6ten und die Geigen Und de Paufen und Trompeten zu dem grogen Giegesreigen. Sreue Hic} der Heldengeiten, das Gelhie tft Div vervandet. Sirdjte nidjts von Deinen Seinden! wWabeheit ya’ idj Die veretindet. rT ae ROBERT BOSCH Treue zum Werk Js der Mechanikus Bosch 1887 im Hinterhaus der Rotebiihlstrafe 75b in Stuttgart Besuch bekam, ahnie er noch nichi, welche Felgen dieses Er- @ignis haben wiirde. Ein gewisser Herr Daimler Kam mit einem besonderen Anliegen. Er wollie keine Klingelanlage, wie Bosch sie mit seinem Gesellen und seinem Laufjungen sonst in Wohnhiusern und Gasthofen einrichtete Der Besucher, der trotz seines vor vier Jahren geschaffenen ersten schnell- laufenden Verhrennungsmotors und des ersien Motorrades, das er danach bauie, noch lange nicht der welthcriihmte Mann war, wollte einen Zinder fiir seine orésfesten Benzinmotore. Ob Bosch ihm diesen Apparat kon- struieren wiirde? — Der Bauer und Kronenwirt Servatius Bosch von Albeck bei Ulm hatie Robert, sein achtes Kind, 2u einem Mechaniker und Optiker in Ulm 15jahrig in die Lehre gegeben. Das war aber nicht etwa Roberts Wunsch gewesen. Thm hatte der Sinn nach den Naturwissenschafien gestanden, besonders der Botanik. Doch des Vaters Spruch hatte ihn geazwungen, sich mit den An- fongseriinden derFeinmechanik ebenso wie mit der Binrichtung elekirischer Telephon- und Lichianlagen veriraut zu machen. Nach seiner Dienstzeit bei den Pionieren in Ulm finden wir ihn bei Sehuckert in Niirnberg und — von Hause aus bemiiteli und somit besonders ungchunden — in den Ver- einigten Staaten. 12 Mit der schwibischen Griindlichkeit und Zihigkeit hat sich Bosch dann der Anregung Daimlers gewidmet. Gewif gab es Vorbilder in den Ziindern, z.B. an den Deutz-Motoren. Troizdem war das, was Daimler wiinschte, cine konstruktiv neue Aufgabe. So entstand noch im Jahre 1987 der erste Bosch-Niederspannungs-Magnetziinder mit Abreiftvorrichtung, dem neun » Jahre spiiter der tausendste folgte. 1901 zog Robert Bosch in das nenerbante Fabrikgebaude, in dem seine nun 45 Arbeiter gegen Mitte des Jahres den zehntausendsten Magnetziinder fertigstellien, wahrend daneben bereits Versuche mit einem neuartizen Hochspannungsziinder anlicfen. So arbeitet Bosch mit Energie, ja Leidenschaft. Nicht die Leistung schlocht- hin, die itberdurchschnitiliche Leistung erhebt cr zum Prinzip, zam Prinzip, das spéter unter dem Namen ,,Bosch-Qualitit" seinen Erzeugnissen den Weltmarkt 6ffnet. Mit den Erzeugnissen Geld verdienen? Gewif, die Ar- beiter und Werkstoffe miissen bezahlt werden. Doc .lieber Geld verlieren als Vertrauen“ — cin Grundsaiz, der ihn auf seinem Woege zum Grofunter- nehmer und Wirtschafispionier unabdingbar begleitet, mit all der clasti- schen Konsequenz, die gerade den Schwaben kennzeichnet, und die Robert Bosch im Verein mit seinen charakterlichen Kigenschaften zu cinem der erfolgreichsten Unternehmer Dentschlands macht. 1912 der 1000000ste Magnetziinder. 1913: 3750 Képfe Belegschaft. In- zwischen die Aufnahme des Baues von Lichtmaschinen, und Scheinwerfern, dann auch Anlassern — die Bosch-Kerzen werden zu einem Begriff. Der Krieg und die Nachkriegsjahre bringen zwar Veriinderungen — doch der Aufstieg wird dadurch nur kurz unterbrochen. Das Bosch-Horn tritt seinen Siegeszug durch die Welt an. 1923 sind bereits iiber 100.000 Bosch-Licht- maschinen und Bosch-Hérner in die Welt gegangen, die Zahl der Beschal- tigten tibersteigt 10000. 1925 wird der Bau von Einspritzpumpen und Diisen fiir Dieselmotoren in Angriff genommen. 1928 kommt der Bosch- Winker. Beinahe die meisten Erzeugnisse sind in mehreren Millionen im Gebrauch. Die Motorisieramg im neuen Reich bringt dem Hause Bosch naturgemiR neue, tthergroRe Aufgaben, ist das Haus doch mit der Motori- sicrung aufs innigsie verbunden, ja es hat daran einen Anteil, den man als entscheidend betrachten darf. 1936, am Ende einer fiinfzigjhrigen Ent- widclung, verfiigt Robert Bosch iiber 16.000 Arbeiter und Angesiellie, Was sind nun die Griinde solcher Erfolge, solchen Aufstieges, solcher Ent- widklung? Bosch, der als 81jahriger im Marz dieses Jahres 2u scinen Ahnen einging, cin Deutscher bis in jede Faser, und im besonderen ein Schwabe — er hatte so ganz und gar nichts Amerikanisches an sich. Er war anstiindig — von einem Ausmalt, von dem andere iiberzeugi sind, da es den geschaft- lichen Erfolg unméglich macht. Er hatte Haltung, war klar, treu, freiheit- lich, menschenliebend und wurde seinen Arbeitern und Angestellten ,,Vater Bosch". Er war kein Erfinder, doch er holte die bestgecigneten Fachleute heran, setzt@ sie an die Konstruktionen, férderte die Besien unter seinen Mitarbeiiern und war gewissenhaft bis ins Letzie, Er stand zu seinen Fr- zeugnissen. Nur Qualitatserzeugnisse wurden hergestellt, nur Qualitits- erzeugnisse verliefen sein Haus. Um Qualitatsarbeit zu erreichen, hat er nichts gescheut, was in seinen Krafien stand. Und es stand viel in seinen Kriiften, so viel, daf die Qualitét seiner Erzougnisse zum Begriff auf der Welt wurde. Bosch hat fiir die Motorisierung mit seinen Mitarbeitern 13 — und gerade auf leiztere Feststellung hat er immer Wert gelegt — einige ganz grundlegende Voraussetzungen geschaffen. Das Automobil trug seine Arbeit voran — aber andererseits férderte Bosch durch seine Zu- behGrieile die Entwicklung des Automobils. Diese technische Wechselscitig- keit fand in ihm den Mann, der das Zeug, den Charakier und den Weit- blick hatte. Nur unter diesem Gesichtspunkt aber kann man seinen Auf- stieg vom Mechanikus der achtziger Jahre, vom Handwerksmeister zum weltbekannten Wirischaftsfiihrer sehen. Sein Hochspannungsmagnetziinder ermiglichte erst den schnellaufenden Ottomotor. Nicht minder wichtig ist seine betriebssichere Hochspannungsziindkerze, das Bosch-Horn, die span- nungsregelnde Lichtmaschine. Seine Einspritzpumpe gab den Ansto8 zum Siegeszug des Diescllastwagens. Seine Leichtéleinspritzung ermiglichte mit die unvorstellbaren Geschwindigkeiten der scinellsien Flugzeuge. Wenn Bosch nach der Jahrhundertwende den Achtstundentag einfiihrte, spiter eine Alters- und Hinterbliebenenfiirsorge schaffte, die .,Bosch-Hilfe“, heute mit einem Kapital von 34 Millionen Reichsmark, so spricht daraus die Ver- bundenheit mit seinem Betrieb, die ihn eben zum ,,Vater Bosch“ machte. Es mag seinen ganz persénlichen Neigungen entsprochen haben — und mit ein Ausgleich fiir seine ersten jugendlichen Berufspliine gewesen sein — das Robert-Bosch-Krankenhaus" zu stiften, eine Klinik der homdopathischen Heilkunde, heute als Forschungsstiitie anerkannt. Es entspricht dariiber hinaus so ganz der unermiidlichen Produktivittit seiner Persinlichkeit, was wir im ,.Bosch-Hof* vor uns haben. Dieser entstand aus einem Torfwerk in Oberbayern und umfafii heute mehrere Hife mit zusammen tiber 1700 ha Flache. Dieses Mustergut, von dem fast die Hiilfte der landwirtschaftlich genutzten Flache durch Urbarmachung von Hochmooren gewonnen wurde, ist ein wichtiger Versorger der Haupistadt der Bewegung geworden. Bosch hat es sich nie verdrieBen lassen, gegen Leistungen mit Leistungen aufzukommen, So hat ein einzelner aus Treue zu seinem Werk, zur Ver- pilichtung etwas Einmaliges, Gediegenes zu schaffen und das Geschaffene immer mehr zu vervollkommnen, fiir die Volksgemeinschaft Wertvolles und Bleibendes geleistet. Je bescheidener die Mittel waren, die ihm anfangs zur Verfiigung standen, je stiirker die Hindernisse, die sich ihm entgegensiellten, desto treuer blich er der inneren Verpflichtung gegeniiber, dic er als Auf- gabe sah wie der Kiinstler sein Werk. Premmipretthar oe a oe a SS Des Filhrers Verhaltnis zu dem grofen Meister Es ist weder Zufall noch Laune, daft der Fiihrer von allen Meistern der deutschen Tonkunst gerade Richard Wagner seine besondere Liebe und Verehrung entgegenbringt und das deutsche Kulturkleinod Bayreuth mit der fiirstlichen Grofziigigkcit betreut, die der Meister zu seinen Lebzeiten bei den Lenkern des soeben unter Preufens Fi ‘tihrung neugeschaffenen Deut- schen Reiches so schmerzlich missen mufite. Gewift ist von den Angehirigen der Familie des Bayrenther Meisters dem Fiihrer schon friih tiefsies Verstehen und gliubigstes Hoffen entgegen- gebracht worden. Richard Wagners Schwiegersohn, Hl. St. Chamberlain, der Gate seiner vor kurzem verstorbenen jiingsten Tochter Eva, hat am 1. Ja- nuar 1924 in dunkelster vilkischer Zeit in einem offenen Briefe zur Er- quickung von Tausenden von Deutschen voll seherischer Kraft das herr- lichste Bekenntnis zu Adolf Hitlers Persénlichkeit und Wirken niedergelegt. Wenn er in diesem Briefe sagt, daft der Herd, worauf sich die Glut entfache, in der Hitlers Gedanken geschmiedet werden, das Herz sei, und dafl der Fiihrer sein deutsches Volk mit inbriinstiger Licbesleidenschaft liebe, so rihrt er damit an die starke innere Wesensverwandischaft der beiden Groften, Wagner und Hitler. Denn auch Wagner hat das deutsche Volk leidenschaftlich_gelicbt und hat fiir sich als Gegenleistung fiir das, was er dem deutschen, Volke schenkte, nichts gefordert als ,.wahro Lice". Zu seiner Begliidsung wurde ihm diese auch zuieil, wiewohl nicht in dem umfassen- den, meingeschréinkten und iiberschwenglichen Mafle wie dem Fithrer, dem das deutsche Volk ja auch nicht anders zu danken vermag als durch seine nimmer aufhérende, leidenschaftliche Liebe. Das Erinnern des Fiihrers an die ihm schon vor 1923 bewiesene Zuneigung und Treue des Hauses Wahnfried erklaért aber noch nicht seine Begeisterung und Verehrung fiir den Bayreuther Meister: Der Fiihrer will mit der Art und Weise, wie er Bayreuth fordert, Tausenden von deutschen Volks- genossen den Genufi eines der erhabensten Kulturgiiter der Menschheit er- mdglichen, und zwar nicht um teures Geld nur, wie im vergangenen Kaiser- reich, sondern unenitgeltlich, wie es sich Richard Wagner von Anfang an ersehnt hatte. Damit begleicht Adolf Hitler auch eine lingst fillige Dankesschuld an den deutschgesinntesten Meister deutscher Tonkunst; denn keiner unter den grofen deutschen Tondichtern hat sich nachgewiesener- mafen so viel ernste Sorgen um Deutschland gemacht, keiner hat so un- ermiidlich in Wort und Schrift mutvoll wihrend seines ganzen Lebens an vorderster Stelle fiir Deutschland gestritten, und keiner hat, wie Richard Wagner, so scharf geschen und so klar erkannt, ,,wo sich die wabren Feinde des Deutschtums bergen. Und der Fuhrer weil, daft die hohe und ernste Kunst Richard Wagners dem Besucher der Bayrenther Fesispiele eine tiber alles wandervolle Ermutigung des eigenen Lebensgcistes, cine Steigerung des ihm so hocinéligen Lebens- mutes zur vollen freien Lebensfrendigkeit, cine Frheiterung des immer umdrohten Lebenshorizontes durch die erhabenen und schénen Bilder der idealen Kriifte im Menschenwesen” bedeutet. Und so wie der Fithrer selbst immer wieder als Besucher der Bayreuther Fesispiele sich ins Helle und Freie dieser idealen Kunst tréstlich begliickend erheben lafit, so ist er dafiir besorgt, daB auch im dritten Jahre des gewaltigen Ringens um die Freiheit Deutschlands und der ganzen Welt die hohe, mit schénem Ernst dureh- leuchtete Kunst Richard: Wagners wieder Tausenden schaffender deutscher Miner imd Frauen den Glauben an Deutschland siirkt und ibnen die Hoffnung, diese Tochter der ewigen Liebe, die den mit dem Leben kimp- fenden Menschen nicht sinken laft, wiederum neu belebt. Welch cin weltenwendendes Zeitgeschehen liegt zwischen dem aufriittelnden Erleben der ersten Lohengrin-Auffihrung des zwilfjahrigen Knaben Adolf Hitler in Linz und dem Tage, da der aus dem Schofie des Volkes ans eigener Kraft zum Fiihrer aller Deutschen aufgestiegene Kanzler des Deut- schen Reiches machtvoll seine schiitzende Hand iiber das Werk des Bay- reuther Meisters erheben kann! Wie erinnerungsméchtig diese erste Lohen- grin-Auffihrung in Adolf Hitler lebt, davon zeugt die Schilderung in »Mein Kampf", in welcher der Fiihrer der strahlenden Bilder dieses Lohen- grin-Erlebens mit den Worten gedenkt: ,Mit einem Sehlage war ich gefesselt Die jugendliche Begeisterung fiir den Bayreuther Mister kannie keine Grenzen. Immer wieder zog es mich zu seinen Werken, und ich empfinde es heute als ein besonderes Gliick, daft mir durch die Bescheidenheit der pr: ziellen Auffiihrung die Méglichkeit einer spateren Steigerung erhalten blieb. Welch tiefen Waltens geheimnisvoller Krafte werden wir inne, wenn wir bedenken, daft die Weissagung an Konig Heinrich, die der Dichter Richard Wagner Lohengrin in den Mund lest: Dir Reinem ist ein grofer Sieg verlichn. Nach Deutschland sollen noch in fernsten Tagen des Ostens Horden siegreich niemals ziehn™, heute in eisenklirrender Zeit mit dem miichtigsten Aufgebot, das je, solange die Erde sieht, kampfend iiber diesen Planeten schritt, der Mann wahr- macht, dem einst als Knabe machtvoll diese Verse an das Herz rithrten! Hans Gansser 16 RICHARD WAGNER / PLASTIK VON ARNO BREKER Die Tontunft unferer grogen Meifter, inavefondere Ridjavd tWagners, ift diver alle Zeiten yinweg nie verfiegender Reaftquell unferee Mation. In dev deutfdyen Mupie ift deutfije Religiofiteit und Innes lidqeeit Geftatt geworden. Vor ite neigen wie uns als vor dem tiefert Geyeimnis deutfder Geele, Wein Rind Gin Rind ift mic geboren. ‘Vic lagen in der Sdylacyt; da bat mich foldyes VEiffen beglticet und ftarP gemadyt. Gin Rind mit zacten Gliedern, mit Aanden feidenweid. Rein Bild in meinem Herzen Fommt foldjee Fartheit gleidy. Die Sdylacht, Me wird geftylagen; mein Rind, das lachelt bald. In unfece tiefften Créume das fitwere Seuer allt. Yas fann mic nod) geftyeyen? Bu Fyaufe fpielt mein Rind mit taufend bunten Blumer und mit dem Dbendwind. In allen unfeen Gdjladten, beim Marit) und nadyts im Felt, da [ptict mein Herz die Liebe, Die uns veerbunder halt. Die fiyweren Waffen (eyweigen, dev Abend laftet {cywer, und mit den beaunen Webel Fommt weit die Gelnfudyt yer. Tey weig, woftir id) Fampfe; zu Haufe ladt mein Rind, Und dacum bint fo ftacfer als Gdmerz und Opfec find. KURT KUBERZIG »ICH WEISS, WOFUR ICH KAMPFE!" DIE KLEINE PUPPENMUTTER Wir geben das Srbe weiter Fohann MWridael Dietfdy AT17, 7 Rinder ‘Thomas Cheiftof Dietid) ¥1710 41774, 4 Ainder Yoyann Veit — Dietid) ¥ 1752 A 1812, 13 Ainder Rarl Fatov Diet) ¥ 1798 4 1863, 7 Kinder Johann Auguit Dietity y 1838 41874, 5 Kinder Duguit Ludwig Dietfty ¥ 1969 4 1954, 5 Rinder Georg Suiedvidy Dietfdy oo Cyeiftine, gev. Saymite 1907 16.6. 1934 Asie Helga ¥ 14.6. 1936 Rlaus Y 19.5, 1939 Volfer ¥ 19.4. 1942 ‘In Dankbavkett: Cheiftel und Georg Diet ty Ve mir liegt dieses Blatt. Es ist eine Geburtsanzeige, die kiirzlich in einer Zeitung zu lesen war. Lieber Leser, du mu@t einmal aufmerksam die Kinderzablen des Mannesstammes dieser Familie in den einzelnen Gene- rationen verfolgen. Du kannst vieles daraus lernen. Es ist, wie wenn du eine Familienchronik aufschligst. Jedes Blatt darin spricht seine eigene Sprache, Scheinbar sind das tote Namen und tote Zahlen, Die Namen von Mannern und Frauen, die vor uns waren und dahingegangen sind. Wer tiefer blidct, erkennt aber Leben hinter diesen trockenen Aufzeichnungen: das miihevolle, sorgenbeladene aber auch mutige und vor allem kinderfrohe Leben unserer Vorfahren. Da haben in dieser Familie Dietsch — es kinnte auch deine eigene sein oder die tausender lebender Deuischet — in efem Jahrhundert drei Generationen miinnlicher Ahnen 24 Kindern das Leben geschenkt. Hast du schon einmal in deiner eigenen Familienchronik nach- geblittert? Es geniigt nicht, daB du weifit, wer dein Groftvater war, wer dein Urgroftvater und dessen Ahnen gewesen sind und wozu sie es im Leben gebracht haben; ob sie tiichtig waren, fleiftig und begabt, in welcher Rich- tung ihre Talente sich enifaliet haben. Es gelingt dir vielleicht, manches in deinem eigenen Wesen und Schicksal damit besser zu verstehen. Aber das 17 Buch der Vergangenheit kannst du doch nicht ganz aufschlieflen. Alle diese Dinge gehen dahin, du selbst wie dein Vater und seine Vorfahren gehen durch dieses Lieben, durch Leid und Freud hindurch und tragen ihr Schiek- sal bald iapfer und mutig, bald scheint’s tiber ihre Kraft au gehen. Aber eines bleibt in dicsem unendlichen Strom erkennbar und wirksam: die Zahi erbgesunder Kinder, die sie hinterlassen haben. Und du magst blattern, in welcher Chronik du willst, immer driingt sich dir die Erkenninis auf: unsere Ahnen haben den Mut und auch die Kraft zur grofen Kinderzahl gehabt und damit fiir das deutsche Volk mehr geleistet, als wenn sie ein schénes Andenken ihrer Vortrefflichkeit, Ttichtigkeit und Begabung hinterlassen hitten. Und wir miissen klar sehen: sie haben es nicht schiner gehabt im Leben als wir, 0 nein! Allein in diesen bundert Jahren zwischen 1700 und 1800, in denen diese Familie Dietsch eine kinderreiche — und noch nicht einmal die kinderreichste — Familie war, haben schwere Kriege Europa erschiitiert und unsere deutsche Erde ist vielmals das Schlachifeld europai- scher Heere gewesen. Und doch. ‘Trotz aller Miihsale, irotz aller wirtschaft- licher Not ist der Mut und das Verirauen in eine giitige Vorsehung, die das Schicksal unseres Volkes lenkt, so stark gewesen, da cine lebensfrohe Kinderschar diesen vielfach bedriickten, in Sorge und Not lebenden Eltern entwadisen ist und ihnen mitgeholfen hat, das Leid der Zeit 2u iberwinden. Sichen wir nicht fast beschiimt vor solcem Beispicl? Blittere in deiner eigenen Familienchronik nach. Du wirst ahnliches finden, Und damals hat man weniger geroufit von Erbgeseizen und Familienkunde als heute. Die wissenschafilichen Erkenntnisse iiber alle diese Dinge sind ja erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts und in unserer Zeit aufgetancht. Man hat weniger davon gewullt, aber man hat auf alle Fille aus einem elementaren Instinkt heraus gehandelt. und das Widktigste gelan, ras zu tun ist: in einer grofen Kinderzahl das Ahnenerbe iber die Verginglichkeit der -Generationen hinausgehoben und damit dazu beigetragen, da der ewige Blutstrom des deuischen Volkes nicht versiest. Sage nidit, wir seien kliger, forigeschrittener als unsere Abnen. Das Schicksal wird uns einst nicht nach unseren Morten ridiien, sondern nach unseren Taten. Sage nichi, die Gegenwarissorgen seien zu grof, das Woh- nungsproblem sei nicht gelést, die Hausgchilfinnenfrage sei schwierig; oft feblt nur der Mut und vor allem der Enischluf dazu, auf bequeme Lebens- fihrung zu verzichten. Die Verluste des Welikrieges 1914 bis 1918 und des gegenroiirtigen Krieges konnen aber nur ausgedlichen werden durch erhokte Kinderzahl in den Familien. Es ist daher dem Vaterland niitzlicher, wenn. an Stelle der vielfach iiblichen Geburisanzeigen, in denen hocherfreute Eltern in mehr oder weniger ge- schmackvoller Form die Geburt ihres ersten und sehr oft einzigen Kindes mit riesigem Getiise anzeigen, solche Geburtsanzeigen erscheinen wie die obige: sie enthilt eine Verpflichtung fiir den, der sie verffentlicht, und fiir den, der sie liest, und damit fir uns alle. Ga. 18 Ein Grenzwall wird Siedlungsraum A 1s das Reich infolge innerer Uneinigkeit aus sich heraus nicht mehr die Kraft besaf, die Tiirken endgiiltig aus Europa zu vertreiben, hat es einen Schutzwall gegen weitere itirkische Einfalle errichiet. Vom Karpaien- bogen bis zur Adria als Glanzleistung deutschen Organisationstalentes ent- stand die Milifirgrenze. Unter deutscher Fithrung waren anch die inner- halb dieses Raumes lebenden fremden Volker hereit, fiir das Reich, aber damit auch fiir ihre Heimat und ihr Volk, Wache zu stehen, Deutsch war die militiirische Fiihrung, deutsch die Verwaltung, deutsch die Zucht und Ordnung, und doch konnte in der Militérgrenze jedes Volk nach seiner arteigenen Kultur leben. ‘ Die Grenzer waren aber nicht nur Soldaien, sondern auch Bauern. Thre dienstfreie Zeit war ausgefiillt mit Feldbestellmgen, mit Viehhiiten und anderen Arbeiten. Denn ein jeder hatte als Lehen Haus und Feld, und somit war sein Wachestehen gleichzeitig Schutz seines eigenen Hab und Gutes. Dieser Wall sicherte durch Jahrhunderte dem Lande.den Frieden. Unter dem Schutze der Militéirgrenze konnie das Hinterland in Ruhe und Frieden der Arbeit nachgchen. Viel galt es zu schaffen. Die unter der Tiirkenzeit verwiisteten Landereien mufften von neuem urbar gemacht werden, Walder wurden gerodet, Siimpfe irockengelegt und Brache unter den Pflug ge- nommen. Der deutsche Bauer schritt allen voran. Ex war den anderen Vélkern Lehrmeisier. So entstand zu einer Zeit, in der das Reich dahin- siechte, hier im Stidosten eine neue deutsche Welt. Ein deutsches Dorf wuchs - neben dem anderen. Eine Mauer von Soldaten Die ersten Anfiinge der Militargrenze gehen auf die Zeit nach der Schlacht von Mohatsch 1525 zuriid. Als die Tiirken grofe Teile Ungarns und Kroatiens besetzten, griffen die dsterreichischen Grenzlander zur Selbstwehr und organisierten einen Grenzschutz. Mit einem Statut vom Jahre 1630 erhilt die Militiirgrenze cine festere Form. Im Zuge der Tiirkenvertreibung aus dem Donauraum wird die Militargrenze immer mehr nada Siiden ver- legt und hat nach dem Frieden von Passarowitz 1718 ihre gréfite Aus- dehnung. Von der Adria lings der Save und Donau bis Siebenbiirgen zieht sich der Schutzsireifen. Auf diesem 1750 Kilometer langen Streifen leben zur Zeit der gréften Ausdehnung im Jahre 1848 rund 1 250000 Kinwohner. . Neben ihrer Hauptaufgabe, Schutz des Reiches gegen tiirkische Einfalle, haben die Grenzer als tiichtige Soldaten auch an allen tibrigen Fronten gekampfi, sowohl im Dreiltigiihrigen Krieg wie auch hei der Abwehr ver- schiedener franzisischer Finfalle. Bei der Niederwerfung des madjarischen Aufstandes vom Jahre 1848 haben sie sich hervorragend hewiahrt. Zur Zeit ihrer gréfiten Ausdehnung konnte die Militargrenze ein Aufgebot von etwa 120000 Mann stellen. In den Revolutionsjahren 1848/49 standen 20 Prozent der Bevélkerung unter Waffen. Dieses Aufgebot war nur durch die vollkommene organisatorische Erfassung der Gesamtbevilkerung miglich. Da die Zivilverwaltung innerhalb der Militiirgrenze ebenfalls in den Hiinden des Militars lag, war die Erfassung ee 3 erleichtert worden. Schon hei der Geburt wurde der Grenzer in die Standes- liste eingetragen, womit praktisch erstmalig die Wehrkartei erscheint. Von seiner Kindheit an wuchs der Grenzer in die militirische Ordnung hinein. Im wehrfihigen Alter wurde er zur Ausbildung und zum aktiven Dienst einberufen. Daneben war er aber als Kolonist zur Arbeit beurlaubt. Doch auch zu Hanse ging di Ausbildung weiter. Mehrmals im Jahre stand er im Kordondienst, d. h. im Patrouillen- und Wachdienst entlang der Grenze. Mithin_war er mehrere Monate im Jahre unter Waffen. Nach zchn bis zwilf Dienstjahren trat er in das Reserveverhaltnis. Die Grenzer waren durch diesen Dienst besonders ziihe, mit dem Geliinde vertraute Krieger, die sich besonders fiir Bandenkriege und Sicherungsdienst eigneten. BUCHEN- » FE i DE iseaD SERBIEN Dieser Schutzwall Mitteleuropas hatte gleichzeitig die Aufgabe eines Sanitétskordons, der Europa vor dem Einschleppen der verschiedensten orientalischen Seuchen zu beschiitzen hatte. Viele Seuchen, wie Pest, nahmen ihren Weg iiber den Balkan nach Mitteleuropa. Seit Errichtung des Sani- tatskordons kam tiber den Balkan keine Pest mehr nach Europa. Der Sanitatskordon bestand in der Hauptsache aus Quarantinestationen, die bei den Grenziibergangen eingerichtet waren. Soldaten werden Wehrbauern Die Militargrenze war immer auch auf den wirtschaftlichen Fortschritt ihres Gebietes bedacht. Ihre wirtschaftliche Organisation erfafte das gesamte Land mit seiner Bevélkerung in ihrem Bereich. Der dem Feind abgerungene Boden, Ud- und Neuland, wurde urbar gemacht und von den Grenzern bearbeitet. Jede Grenzerfamilie erhielt als Lehen Land zugeteilt, dessen GrdRe sich nach der Dienststellung des einzelnen sowie nach der Ergiebig- keit des Bodens richtete. Alle Angehérigen einer Sippe oder einer Familie bildeten die sogenannte Hauskommunion, die gemeinsam den zugeteilien Boden bewirtschaftete. Der Vorstand der Hauskommunion war fiir diese Bewirtschaftung verantwortlich. 20 Die riesigen Waldungen in Kroatien und Slawonien wurden ebenfalls als Gemeinschafisbesitz von der Militirgrenze bewirtschaftet. Die Ertrignisse aus den Waldungen bildeten das finanzielle Riickgrat der Grenze. An Steuern hatten die Grenzer lediglich Gemeindeumlagen zu zahlen, wohl waren sie aber verpflichtet, neben dem Waffendienst jederzeit auch Arbeit dienst zn Ieisten, die Frauen genau so wie die Manner. Mit diesen Arbeits- kriften hat die deutsche Fithrang Kulturarbeit von geschichtlicher Grolte vollbrachi, So wurden im ganzen Donauraum Siimpfe trockengelegt und viel mehr Land gewonnen als durch die beriihmten Trodkenlegungen an der Kiiste der Niederlande. Mit der Trockenlegung schwanden auch dic Malaria und andere Seuchen. Seit der Rémerzeit haben nirgendwo Soldaten eine tihnliche Leistung vollbracht. So wurde dieses mit deutschem Blut dem. Feinde abgerungene und urbar_gemachte Land vor allem dank dem Ein- saize deutscher Kolonisten die Kornkammer Europas Der Grenzroall ein Vorposten deutscher Kultur Die Militérgrenze war nicht nur auf den wirtschaftlichen, sondern auch auf den kulturellen Fortschritt bedacht. So wurden iiberall Grundschulen und in einzelnen Regimentsorten auch héhere Schulen errichtet. Der Haupt- unterricht wurde den Grenzern in ihrer Muttersprache gegeben; der deut- schen Sprache, als Sprache des Militérs und der Zivilverwaltung, wurde selbstverstandlich, und zwar dort, wo es sich nicht um deutsche Gebiete handelte, der ihr gebiihrende Platz eingeraumt. Jeder Grenzer war aus eigenem Antrieb bestrebt, Deutsch zu erleruen, und war stolz, wenn er dic Sprache seiner Vorgesetzten sprechen konnte. Juden durften in der Militar- grenze keinen Grund erwerben und wurden in den Stidien nur in ganz beschrankter und genau festgelegter Zahl geduldet, Die habsburgische Dynastie in Wien war sich jedoch ihrer dentschen Auf- gabe nicht bewuftt und lieferte das heif erstrittene Siedlungsland dem madjarischen Chauvinismus aus. — Bald nach dem Ausgleich vom Jahre 1867 und der Uberlassung dieser Gebiete an Ungarn setzten die Madjaren in den Jahren 1871 bis 1873 die Auflésung der Militirgrenze durch. Eine deutsche Organisationsleistung weltgeschichilichen Ausmafes zerfiel damit und geriei bei den nachfolgenden Generationen immer mehr in Vergessen- heit. Doch gerade heute, wo nach den deuischen Waffensiegen das deutsche Volksium wieder als ordnende Macht in diesem Raum anttritt, miissen wir uns auf unsere geschichtlichen Leistungen und die deutsche Sendung in diesem Raum besinnen. So stehen heute an einem Abschnitt der ehemaligen Milittirgrenze die Sol- daten einer bodenstindigen #-Freiwilligen-Division. Es sind deutsche Bauern, die zum Schutze ihrer Heimat und ihrer Sippen unter Waffen stehen. Sie wollen also Wehrbauern, Bauern und Soldaten zugleich sein. Mit ihnen stehen manche Séhne dieser Militargrenzvélker im Osten und kampfen wieder unter deutscher Fiihrung, freiwillig, wie es ihre Vater taten. Sie wissen, dafi aus der Waffenbriiderschaft der Schlachtfelder im Osten die neue, gréfere europiische Einheit emporwachsi. Sie wissen, dal, sie im Inieresse dieser Einheit so manche Opfer zm bringen haben. Sie wissen aber auch, dali dieser grifferen Kinheit dem deutschen Volk kraft seiner Leistungen die Fithrung zufallt. 2 STERNE ALS WEGWEISER Es ist eine bekannte Tatsache, daft die Gestirne seit alters her zur Orien- tierung benutzt werden, ein Verfahren, das in der astronomischen Navi- gation auf Sce und in der Luftschiffahrt seine Vollendung gefunden hat. Fiir den Frontkimpfer ist aber nieit so sehr die Ermitilung seines Stand- ortes nach geographischer Breite und Lange von Bedentung, als vielmehr die Festlegung der Himmelsridhiungen zur Bestimmung der Marschrichtung, wenn die iiblichen Hilfsmittel ausgefallen sind oder jeglicher Lichischein unbedingt vermieden werden muf. Im folgenden sollen daher diejenigen Verfahren betrachiet werden, die Siellung und Lauf der Gestirne zur Rich- tungshestimmung verwenden. : Am Tage kommt bei klarem Himmel eigentlich nur die Sonne in Frage. Die héchste Stelle ihres Tagesweges gibi uns die Siidrichiung. Das ist zwar leicht ansgesprochen, aber die praktische Durchfiihrung laft viel zu wiin- schen iibrig. Zunachst fehlt im Felde hierzu die nétige Zeit. Trotzdem sei das Verfahren hier erértert. Ein Pfahl wirft einen Schatten. Der kiirzeste Schatten gehért zur Siidstellung der Sonne. Die Genanigkeit der Beob- achtung wird erhéht, wenn man bedenkt, daft gleichen Schatienlingen zu beiden Seiten der Stidrichtung gleiche Abweichungen des Schattens von der Siidrichtung entsprechcn — ebener Boden vorausgesetzt —, so daft also Siiden immer ‘wieder erhalien wird, wenn man den Richtungsunterschied zwischen gleichen Schatten halftet. Dieser Schattenwerfer ist uralt, lift jede Genauigkeit zu — kostet jedoch Zeit. Schnell sind die Himmelsrichtngen gefunden, wenn eine ungefiihr richtig- gehende Uhr vorhanden ist. Die deutsche Sommerzeit ist die Ortszeit des 30. Liingenkreises Ost, das ist etwa die Linie Leningrad—Kiew. Das Ver- fahren beruhi auf der Uberlegung, daft der kleine Zeiger der Uhr wei volle Drehungen wahrend eines Umlaufes der Sonne von Siid bis wieder herum nach Siid macht. Wiirde der Weg der Sonne parallel zum Horizont laufen — wie es am Nordpol der Fall ist —, so wiirde der kleine Zeiger doppelt so rasch wandern wie die Sonne. Wir halten die Uhr nun so, daft das Ziffer- blatt horizontal liegt und der kleine Zeiger nach der Sonne zeigt. Mittags um 12 fallt dann die Siidrichtung mit der Richtung des kleinen Zeigers 2n- sammen. Um 3 Uhr nachmittags hat er schon einen Viertelkreis zuriick- gelegt, die Sonne: aber erst hiervon die Hiilf'e. Siiden liegt also in der Mitte zwischen der 12 und der 3 auf dem Zifferblatt. Noch ein Beispiel: 6 Uhr abends, kleiner Zeiger auf die Sonne gerichtet. Siiden liegt dann in der Mitte zwischen der 12 und dem kleinen Zeiger, also dort, wo die Ziffer 3 ist. um 8 Uhr abends also dort, wo die Ziffer 4 steht. Nachmittags gchen wir immer von der 12 im Sinne des forischreitenden Uhrzeigers zum Kleinen Zeiger, vormittags natiitlich entgegengesctzt. Man mache sich das ctwa fiir 9 Uhr friih klar. Befinden wir uns aber) nicht auf der Linie Leningrad— «Kiew, so miissen wir dstlich davon die Zeitangabe der Uhr fiir jeden Grad um 4 Minuten vermehrt, westlich davon um 4 Minnten vermindert denken, ehe wir die Mitte zwischen 12 und dem kleinen Zeiger suchen. Wesentlich fiir die ganze Methode war unsere Annahme tiber den Lauf der Sonne. Wir 22 fe 3 : sind aber mehr oder minder weit vom Nordpol entfernt. Je weiter wir uns yon ihm entfernen, um so mehr weicht der Sonnenweg von dem Lauf des Horizontes ab, um so steiler verliuft er. Der kleine Zeiger wandert nicht mehr doppelt so schnell wie die Sonne. Gehen wir noch weiter nach Siiden, etwa nach Afrika, so ereignet es sich schlieflich, daB der Sonnenlauf durch den Himmelsscheitel fiihrt. Damit ist die Richtung des kleinen Zeigers un- bestimmt und die Methode wird unbrauchbar. Der tigliche Sonnenlauf bietet noch eine andere Méglidikeit dar. Die Aul- gangsstelle wandert mit der Jahreszeit. Am Friihlingsanfang (21. 3.) und Herbstanfang (23. 9.) geht die Sonne tiberall — von den Polen abgesehen — im Osien auf und im Westen unter. Die Lageiinderung der Aufgangsstelle ist zn dieser Zeit am gréfiten. Ende Juni (21. 6.) und Ende Dezember (21. 12.) liegt die Aufgangsstelle ungefiihr in Nordost, baw. Siidosi, wenn wir an- nehmen, daf wir uns in mittlerer geographischer Breite auf der Nordhalb- kugel befinden. Sie andert sich einen Monat vorher und nachher kaum merklich, Fir die iibrigen Monaie ist eine Schiitzung vorzunehmen. Ist die Sonne nicht allzu weit vom Horizont entfernt, solaft sich unter Hinzufiigung des ortsiiblichen An- oder Abstieges die Auf- oder Uniergangsstelle er mitteln, An Stelle der Sonne lift sich auch der Mond benutzen, jedoch erfordert er erheblich mehr an Aufmerksamkeit. Man muff sich dariiber klar sein, daa z.B, der Vollmond der Sonne genau gegeniibersteht, er also sinngema® be- nutzt werden kann. Sbnliches gilt fiir das erste und letzte Viertel. Am nichilichen Himmel ist die Orientierung sehr viel einfacher. Unsere Erdkugel dreht sich in 24 Stunden einmal herum, und daher sicht es so ans, als ob die Himmelslandschaft voriiberzieht, so wie wir aus dem fahrenden Zug die Telegraphenstangen in enigegengesetzier Vahririchtung voriiber- fliegen sehen. Der ruhende Punkt am Firmament liegt daher anf der ver- langerten Erdachse, ganz in der Nahe des Polarsternes oder Nordsternes. Gehen wir von ihm senkrecht hinab zum Horizont. so ist Norden gefunden. Es kommt also lediglich darauf an, diesen Nordstern zu finden. Die Auf- suchung geschicht vermittels des Grofen Wagens, des bekanntesten Stern- bildes. An die geknickie Deichsel schlieften sich die Vorderriider an. Ver- Yangert man die Verbindung der beiden Hinterrader fiinffach nach der Seite des Deichselknicks, so stéft man in ziemlich sternarmer Gegend auf einen hellen Stern, den gesuchten Polarstern. Wichtig ist hierbei dic Tat- sache, da der Grofe Wagen in unseren Breiten iiberhaupt nicht untergebt, dh, also das ganze Jahr iber zur Aufsuchung des Nordsternes geeignet ist. Das Verfahren ist so einfach, daf es mit 2um eisernen Bestand der Aus- bildung gehéren sollte. Wenn man noch héhere Anforderungen an die Ge- nauigkeit stellt, so denke man sich den Polarstern mit dem Deichselknidk verbunden und vom Nordstern eine doppelte Vollmondbreite auf dieser Linie abgetragen. Lotet man diesen Punkt auf den Horizont herab, so ist Norden gefunden. Nachts kann man dic Himmelsrichtungen anch aus dem Lauf der Sterne ab- lesen, jedoch erscheint das Verfahren nur dann angebracht, wenn grifere Teile des Himmels bedeckt sind und die Aufsuchung des Polarsternes nicht durchfibrbar ist. Ist nur der Wagen zu sehen, so ist damit auch schon die i 23 Richtung zum Polarstern festgelegt, selbst dann, wenn auch die beiden Hinterrader unsichtbar sind. Hin anderes brauchbares und leicht zu be- haltendes Sternbild steht dem Wagen in bezug anf den Polarstern gerade gegeniiber. Man braucht nur die Wagenmitte mit dem Polarstern zu ver- binden und diese Strecke um sich selbst zu verlingern. Damii stofen wir auf das Sternbild Kassiopeia, das grofle W am Himmel. Erscheint es aber an der héchsten Stelle des Himmels, wenn wir nordwiirts blidcen, so hat es die Gestalt des M. Je nachdem wie es in einer Wolkenliicke erscheint, gibt es einen Hinweis, wo der Polarstern zu denken ist. R Endlich sei_ noch der Beobachtung horizontnaher Sterubilder gedacht, deren Auf- bzw. Untergangssielle bekannt ist. Der Himmelsgleicher kann als der ‘Weg eines genau im Osten auf- und im Westen untergehenden Gestirns be- schrieben werden. Leider gibt es nur wenige helle Sterne anf dieser Linie. Das bekanate Sternbild Orion wird von ihr in den drei Giirtelsternen, auch Jakobsstab genannt, geschnitten. Der Adler berithrt mit der linken Fligel- spitze gerade den Himmelsgleicher Beide Beispicle lassen sich in Ost und West verwenden Mégen auch sonst unsere Gedanken beim Anblick der Sterne andere Wege echen, heute sollien auch die fernen Gestirne ihren Beitrag zur Ertingung des Sieges leisten, und wenn hier und da cinmal die Gestirne als Richtungs- weiser dienen konnten, dann haben diese Zeilen ihren Zweck erfiillt. ee eit Porte von Robert Bory ‘Chaeakter haben {ft vor allergvopter Bedeutung. Gin renfey von Cyaratter itigt Und betvdigt nidit und Halt fein Tort. * ‘Immer have teh nady dem Grundfats geyandelt: ,2 fever Geld vertieren als Devtrauen.” Die Unantaftvackeit meiner Verfpredungen, der Blaube an den Weert meiner Pare und an metn 2Wort ftanden mic (tete yover ate ein poriibergeyender Gewinn. * ‘ler aufeidytig fetnen Weg fucht, ete (einem Gew/ffen verantwortlicy, dem dirfen wit unfere Adjtung nicht verfagen, ec mag mit uns oder gegen uns geben. Ga were untlug, 3u vertangen, dag Ednftig fid) jeder einfad) mit dem begnaigt, was man ihm bietet. os witd aud) Painftig Rampf (etn, aber es follte ein eyetidjer, anfidndiger Rampf fein 2 £ { und 5 zeigen die einpriigsamsten § , den Groflen Bar oder Grofien Wagen und en Orion. Wie Bild 2 ist die Orientierung nach dem Groen Wagen besonders leicht TZ (1830-1900) rr rc ell Gottes Wort G, hat ein fed Rreatue ihe eigen Gpeady, damit fie in den Himmel dringet. Gebet die Blumen, fie beten mit Sarven und preifen alfo den Mtaienhimmel mit zartet Dtften. Und yovet Ne ‘Végel, die Bienen, feyet das fthilleende Edistein und wie Me Mrucen um den Abendftrayl tangen. WU das ift (don, und was ftyén ift, das ift aud) ein Gebet, fo fein Himmel findt. Tht nit ein jeglites: Stern, Ment, Tier, Gottes Wort? Sind geffiet, wadfen und verdecben nad) der Stund, de ift in iyce Mature eingeordnet von Anbeginn. Go wit ihnen lauftjen in ire Tiefe, fo béren wir das ewig Gotteswort, gefprodjen duce die Maur. ‘WGie k6nnen dee Gott-Matue nidts neymen und nidjts yingufligen. Gelbft dev ievende Waln ift notwendig und hat feine Zeit. Yon innen, aus dem eignen Gelbft yeraus, mug fic) das Yohere Leven entwieten. So hat ein fedlides Ding fein Gfab und beides, gu wirken und zu leiden, ift die vor Gott eingepflangt Rraft in uns, und ift die Motu felbften. Gott braudyt ein jeden mit feinem Willen, nad feinem ‘Paillen, zu [einem Beillen. ERWIN GUIDO KOLBENHEYER ALTE FICHE / BLEISTIFTZEICHNUNG \ \ Gin Goldat erlebt einen Baum Bei einer Geliindeiibung war einem Soldaten eine Eiche aufgefallen, die er wegen ihrés ausgepriigien Wuchses zu zeichnen sich vorgenommen hatte. Am\nichsten dienstfreien Sonntag ging er hinaus, den Zeichenblock unter dem Arm, die Zeichenstifie in der Tasche. Es war noch \friih am Tage. Hart knallten des Soldaten Stiefel auf dem Pflasier der morgenstillen Sirafen, Bald hatte er die Steinwiiste der GroR- stadigarnison im Ricken. Noch einige mit Grin durchsetzte Vorstadtstrafen, dann stand er vor dem Wald, dem weiten, stillen Wald. Der Mann ziigerie einzuireten. Eine Welle wiirzigen Kiefernduftes schlug ihm entgegen. Das war eine andere Welt als die, aus der er socben kam. Er hielt den Atem an. — Und wahrend er ihn pfcifend von sich stieft, stieR er zugleich die Hast der Grofistadt von sich. Tief hob und senkte sich die Brust. Gelassen schritt er in die feierliche Halle. Er fiihlte sich im Einklang mit sich selbst und mit der Welt um ihn. Er wnllte beides ans der gleichen Mitte her hewegt, sich selbst und die ihn rings umgchende Natur. Nun brauchte cr sich nicht mehr zu wappnen gegen etwas auRer ihm. Denn hier gehérte alles ihm. Es war um ihn und in ihm. Das Raunen und das Fliistern in den Zweigen und den Tiefen, es war in seiner Brust. Das Fluten und Gkinzen der Farben, des Lichts und der Schatten, er hatie es als Bild in sich. Die starken und zarten Formen der Baume und Griiser, er brauchie sich nicht Mithe zu geben, sie zu betrachten. Das Gesetz,*nach dem sie waren, war sein eigenes. Seine Augen und Obren waren nach innen ge- tichtet. Und doch fand alles Eingang, das Nachste und das Fernste, die Griiser und die Baume, die Végel und Eichkatzen, der See und der Himmel, der Nebel und die Morgensonne, das Zwitschern und das Ranschen, eine - ganze Zauberwelt von Ténen und Gestalten. Und das war dem Soldat das tief Begliickende: klar und bewuft erlebte ez das alles als eine unabiinderliche Ordnung. Ein Singen und Klingen erwachte in der Ferne, kam niiher, schwoll an zu rauschenden Akkorden. Begann es in dem Fliistern des Geaweigs, im Sang der Vigel oder in der Brust des Mannes? Gestalten wuchsen aus dem Boden, wie von Kiinstlerhand gemeifielt, wiirdig einer Welt voll Schinheit. Bildtafeln fiillten Flachen cines Raumes, der nicht zu iibertreffen war an schlichter Form und doch so reich an Formen wie der Wald. Da stand die Eiche des Soldaten, die er sich unterfangen wollte, mit dem Stift auf em Papier zu bannen. Jetzt wuffte er, wie er sic zeichnen mufite, nicht als ein Spiel von Linien, wie er sie friher sah, nein so, wie er sie heute, jetzt erlebte, als das Gesetz des Schipfers, das sein eigenes war. Mit 25 eRe einem Bleistift auf Papier? Ja, mit Bleistift auf Papier, das war sein fester Wille, wollte er das Gottgesetz im Baume niederschreiben, Halt, mein Lieber, rief der Gott, so leicht hast du mich nicht — und er ent- zog sich ihm gerade in dem Augenblick, als der Soldat sich anschickte, die ersie Linie auf das Papier zu setzen. Da stand die Eiche, ein Baum wie alle anderen, aus Stamm, Geaweig und Blattwerk, mit zernarbier Rinde, grau und griin, ein Gewirr yon Licht und Schatien. Wo war das Gitilidie daran? Da saft der arme Mann, ein Kénig, der sein Reich verloren hatte. Jetzt hatte er sich zu entscheiden, Wiirde er den Kampf aufnchmen oder verzichten? Er entschied sich als Soldat. Er trat an zum Kampf, zum Kampf mit Gott. Nicht cher wiirde er das Ringen enden, als bis er Gott gezwungen hatie, ihn als Werkzeng anzunehmen. Es war ja nicht. Ver- messenheit, was ihn so handeln hief. Er wollte ja nur dienen, das ewige Geseiz aufschreihen fiir die Briider, damit sie besser den Weg zu eigenem Erleben finden. Das war sein Gottesdienst an diesem Sonntag. Nachdem er sich so noch cinmal Rechenschaft fiir sein Tun gegeben hatte, machie er sich an die Arbeit. Er setzte alle Waffen ein, den Willen und die Phantasie, die Vorstellung und den bewufften Verstand. Alles sammelie er auf einen Punkt, auf den Punkt, in dem die Spitze seines Stiftes das Papier beriihrie. Mit allen seinen angespannien Kraften begann er nun die Eiche zu erschaffen, Er vollzog an ihr die Schépfung neu. Kraftvoll aus der Wurzel lieft ex sie erwachsen in den Stamm, die Aste, Zweige und Bliiiter. Und wie er sie zum Leben erweckte, erlebte er mit ihr die Hunderte von Jahren durch. Er war bei ihr im Jubeln mit der Sonne, im Ringen mit dem Wind, in den Jahren reicher Nahrung und in den Jahren des Hungers. Mit feinsten Sinnen spiirte er, wie hier der Ast sich riickwiirts wenden muftte, im schinsten Schwunge aufgehalten, ob er wollte oder nicht. Er mufte sich versagen, um dafiir nach verzweiflungsvollem Hin und Her um 80 schéner sich dem Ganzen einzufiigen. Nichts konnte wachsen, wie es wollte, Eins mufie sich zum anderen fiigen. Da ging es oft hart her. Gar® manchem Zweiglein hitte es besser behagt, sich in anderer Richiung 2u be- wegen. Nein, dem Ganzen dienen, forderte das Gesetz des Baumes. Auch das vergalt der Zeichner nicht, was scheinbar gegen das Geseiz ver- stieft, die diirren Aste und das von Miftwuchs und Fraft befallene Gezweig, das zugrunde gehen mufite, weil es nicht geniigend Lebenskraft besaft oder einer fremden Kraft erlag. Immer tiefer drang der Soldat in das Wesen seines Schaffens ein, Er hitte jetzt genau so gut auf einem kahlen Felsen im Meer sitzen kénnen oder in einer stillen Stube. Den Baum da vor sich hatte er schon lange nicht mehr angesehen. Aus sich heraus erschuf er ihn, War er noch selbst der Schaffende? Oder schuf in ihm und aus ihm der im ewigen Gesetz der Schépfungen Gemeinsame? Ja, von dem Wollen des Soldaten iiberwiltigt, war er in die Brust des Menschen eingekehrt. Mensch und Gott waren eins geworden, eins im Werk, das nun vollendet war. aK, 26 _ YAMATO Yamato ist der Name einer japanischen Landschaft. Da aus diesem \Raum heroorragende japanische Soldaten heroorgegangen sind, ist der Wame Yamato ein Sinnbild fiir Tapferkett und Pflichterfilllung gerorden, Nichts laft sich von einem fremden Volk auf das eigene iibertragen. Aber ernen kénnen. roir aus dem japanischen Beispiel, rie Tapferkelt und Mut im religidsen Grundgefthl rourzeln. 's geschah im Jahre 1932 wesilicher Zeitrechnung, da ein japanischer Major, bei den Kiimpfen um Schanghai schwer verwundet, die Besinnung verlor und so das Ungliick hatte, in die Hinde des Feindes zu fallen. Durch die vorriickenden japanischen Truppen wurde er hernach wieder befreit und zuriickgefiihrt. Eines Tages war in der Presse zu lesen, dafi der Major gerade auf dem Schauplatz der Kimpfe, in deren Verlauf er gefangen- genommen worden war, sich den Freitod gegchen hatte. Was vermittelt uns dieses Vorkommnis? — Nur weil er verwundet und besinnungslos lag, war der Offizier gefangengenommen worden; war dat eine Schande fiir einen Krieger? Warum bereitete er seinem Leben ein Ende, statt sich weiter fiir das Vaterland einzusetzen und ihm mit scinen Kenninissen, seiner Erfahrung, seinem Mut und seinem Geist zu dienen? — Nur aus dem Yamato-Geist her, jenem Geist des japanischen Menschen, ist seine Handlungsweise zu erkliren, In den Sagas im westlichen Japan ist die Tradition des kraftvollen Ritter- geistes ganz besonders lebendig geblieben; die Grundlage fiir die Geistes- erziehung des Saga-Ritters ist in dem Buch ,Hagakure", einem Werk iber die ritterliche Moral, zu erblicken, in dem es heift: ,,Wenn du zwei Wege — Leben oder Tod — zu wihlen hast, so wahle den letzteren.* Der Major, der diese Lehre tief in sich irug, ging den Weg des Todes. Doch warum soll man den Tod suchen? | In dem Ritterkodex der japanischen Krieger von heute, ,Senjinkun“ oder die Lehre im Kriegslager, heifit es:.,,Lebend sollst du nicht die Schande des Gefangenen tragen; nach dem Tode sollst du nicht den schlechten Ruf von » Schuld_und Unheil hinierlassen." Von alters her gilt es in Japan als eine grofe Schande, in Gefangenschaft weiterzuleben; eher soll man sterhen. Es mégen im gegenwirtigen Krieg — anders als in alten Zeiten — gewisse Faille nicht zu vermeiden sein, in denen man gefangengenommen wird; man mag durchaus der Ansicht sein, man brauche nicht unbedingt zu sterben, sobald man nur mit den hochentwickelten neuzeitlichen Waffen seine Pflicht. ja, sein Auferstes getan hat, und man niitzt seinem Lande viel mehr, indem man am Leben bleibt und seine Bestimmung — sei es im Kriege oder im Frieden — erfiillt. Eine solche Anschauung hat-eine gewisse Berechtigung: der japanische Soldat indessen denkt anders: Wenn er in der Schande der ~ Gefangenschaft weiterlebt, so bedeutet dies, dal er nicht his. zum Tode ge- kampft hat, daf er noch die Méglichkeit gehabt hat, weiterzukampfen, und er ist_von tiefem Bedauern dariiber erfiilli, dai er fiir Tenno, Vaterland und Volk nicht bis zum Tode gckampft hat. Ti ~Sei es zur See, wo meinen Leih das Seewasser tauft, Sei es zu Land, wo mein Gebein in den Bergen das Moos deckt — Allein fiir den groflen Herrscher will ich kiimpfen Ohne einen Gedanken an mich.“ Wie dieses uralte Lied, das wir immer wieder anstimmen, zum Ausdrack bringt, ist es tiberhaupt nicht denkhar, daft der Soldat ins Leben zuriick- kehrt. — Lord Nelson sagte bei seinem Tode: ,Gott sei Dank, ich habe meine Pflicht getan"; der Japaner aber kimpft nicht um der Pflicht willen, sondern um sein Leben aufzuopfern. Erwin Balz, einer der besten Kenner Japans, berichtet ein eigenes Erlebnis aus der Zeit des Russisch- Japanischen Krieges: Ein japanischer Bekannter besuchte ihn mit seinem Sohn, der am niichsten Morgen an die Front einriiccen sollie. Nachdem der junge Mensch sich verabschiedet hatie, unterhielt sich Dr. Bilz mit seinem japanischen Be- kannten iiber den Krieg; der alte Mann erzithlte ihm,.da@ er vor vier Jahren ‘beim Boxeraufstand den iltesten Sohn verloren hatte und nun den zweiten in den Krieg schickte. Er fuhr fort, da sein in Ehre getragencs Familienwappen nunmehr keinen Trager mehr haben werde, da er keine weiteren Sdhne habe. Biilz sagie ihm iréstend: ,,Nicht alle, die zur Front sehen, sind zum Fallen bestimmt; ich glaube, Ihr Sohn wird mit grofem Waffenruhm heimkehren.“ Der alte Vater schiittelte den Kopf und ent- gegnete: Nein, mein Sohn geht in den Kampf, um den Heldentod zu finden, nicht um lebend heimznkehren.* — Erwin Biilz stellt fest: Es war ein gelassenes Wort, wie es einem Philosophen zukommt. Diese Einstellung ist der wahre Grund, warum Japan bisher keinen Krieg yerloren und auch im gegenwértigen Krieg Grofostasiens wundervolle Erfolge errungen hat. Es ist nichis anderes als eine todesmutige Tat, in den denkbar kleinsien Unterseebooten an die gewaltigen Kriegsschiffe der USA.-Flotte heranzugehen und sie zu versenken. Die Selbstvernichtung der japanischen Flieger hat den Sinn, sich selbst als einen Teil der Bomben- last zu betrachten und in den Feind zu stiirzen, um ihrer Bestimmung gerecht zu werden. Am 12. Dezember vorigen Jalires gab das Kaiserliche Hauptquartier bekannt, daft neun von zehn Marineflugzeugen sich selbst erfolgreich vernichtet haben. Dieser Heldengeist ist es, der das japanische Reich geschiitzt; dieser Heldengeist hat es der japanischen Wehrmacht be- reits in den Jahren 1274 und 1281 gestattet, mit nur 50000 Mann die weit iiberlegenen Mongolen, die etwa 150000 Mann zablten, vernichtend zu schlagen und ihren furchtbaren Uberfall abzuwehren. Im Chinesisch- Japanischen Krieg von 1894/95 und im Russisch-Japanischen Krieg von 1904/05 wurden die glinzenden Siege Japans eben durch diesen Geist herbeigefiihrt. Und auch die Soldaten, die heute im unerhért weiten Raum des Pazifiks zu Land, zur See und in der Luft kampfen, sind alle daranf gefaftt, dem Vaterland ihr Letztes zu opfern und in die Reihen der Gitter einzugehen. Diejenigen, die einen solchen Geist als Fatalismus bezeichnen und in ihm eine sinnlose Verachtung des teuren menschlichen Lebens erblicken, sind weit entfernt davon, den japanischen Soldatengeist zu verstehen. Die kiihnen Waffentaten der japanischen Soldaten sind Offenbarungen chen 28 me RP Japanische Darstellung eines Samurai-Kriegers, der sein Leben der Ehre und dem Volke weiht - wees oe ae dieses kraftvollen Geistes, der fiir das Bestehen und die Ehre des Reichs, fiir die Gerechtigkeit und den wahren Frieden wirkt. Es wiirde auch ein unverzeihlicher [rrtum sein, wollte man in diesem Geist auch nur eine Spur urspriinglicher Brutalitat sehen. Die Liebe. des japa- nischen Menschen zur Blume ist bekannt; seine Asthetik laBt ihn jedoch nicht die Blume allein suchen, vielmehr schdtzt er sie im organischen Verein mit den Blaitern und Zweigen; deshalb schneidet er niemals die Bliite allein ab, sondern ft sie an ihrem Zweig. Die japanische Zivili- sation hat ihren Menschen nicht allein den hohen Opfergeist, sondern auch ein empfindsames Mitgefiihl beigebracht. Dieses Mitgefiih] bewiihrt sich in der Haltung des japanischen Soldaten gegeniiber dem Feind. besonders dem gefangenen. Aus dem Mittelalter wird hierfiir ein schlagender Beweis berichtet: Im Jahre 1184, im Verlauf eines erbitterten Biirgerkrieges, be- siegte der hervorragende Krieger Kumagai einen Ritter aus dem feindlichen Lager, Atsumori, und nahm ihm nach der damaligen Kriegssitte den Kopf. Atsumori zéhlte noch nicht zwanzig Jahre, und von seinem friihen Tod erschiittert, legte Kumagai das Schwert ab, verliefi den Ritterstand und wurde Priester, um als solcher sein Leben mit Gebeten fiir das Scelenheil des Gefallenen zu verbringen. im vergangenen Weltkrieg gelangten japanische Freiwillige, die in der kanadischen Armee dienten, an der Westfront zum Einsatz; unter ihnen befand sich der Freiwillige Isomura, der bei einem Angrifff auf einen deut- schen Verwundeten sticf. Der Verwundete gab durch schwache Bewegungen zu erkennen, daft er furchtbaren Durst. litt, und ohne zu zégern gab ihm Isomura aus seiner Feldflasche zu trinken, in der sich noch ein letzter Rest kostbaren Wassers befand. Mitilerweile war ein britischer Soldat heran- gekommen, der den verwundeten Deutschen mit dem Bajonett anfiel: Isomura warf sich dazwischen und rief: ,Siehst du denn nicht, da der Mensch schwer verwundet ist?“ — ,,Ach was", enigegnete der Brile, .ver- wundet oder nicht verwundet — jeder Feind mehr, der getétet wird, ist fir uns ein Gewinn.* — ,,Wo ist denn deine chrisiliche Nachstenliebe?“ Die habe ich 2u Hause gelassen, als ich in den Krieg zoe", entgegnete der Brite. Ebenfalls im Weltkrieg hért der japanische Freiwillige Morooka einen blut- jungen Gegner, den er mit dem Bajoneit angriff, ,Mutter!" rufen. Als er das Wort hérte, das ihm bekannt war, konnte er nicht zum zweitenmal mit dem Bajonett gegen den Feind stoften, und dieser soll auf diese Weise. wenngieich verwundet, geretiet worden und spiiter in die Heimat zuriick- gekehrt sein. Die Japaner halen es zwar fiir unter ihrer Wiirde, gefangengenommen zu werden,’ doch haben sie ein tiefes Mitgefiihl fiir die Gefangenen, die sie selbst machen. Im Laufe des russisch-japanischen Krieges kamen viele Russen als Gefangene nach Japan, und keiner unter ihnen wird sich wohl ohne Dankbarkeit der grofizigigen Behandlung erinnert haben, die, ihm in Japan zuteil wurde. Eine solehe Haltung gegeniiber dem verwundeten Feind gilt in Japan seit alters als Tugend. Aus der Geschichte geht deutlich hervor, daft die am Mongoleneinfall beteiligien feindlichen Koreaner, die in japanische Hand fielen und keiner besonderen Behandlung wert waren, eine menschenfreundliche Aufnahme gefimden haben; der Kaiser voa 30 Korea hat sich sogar veranlaftt gesehen, der japanischen Regierung in einem Schreiben seinen Dank fiir cine solche Behandlung zum Ausdruck zu bringen. Hierbei ist zu bedenken, daft es sich beim Mongoleneinfall um eine denkbar gefahrliche Bedrohung Japans und seines Volkes gehandelt hat. * Im Russisch-Japanischen Krieg fiel der I. Division und der Il. japanischen Armee die Fiirsorge fiir die ersten russischen Gefangenen zu; es wurde eine Besichtigung der Gefangenen befohlen, die den Zwed hatte, die japani- schen Soldaten mit den Uniformen, Kennzeichen und Merkmalen des Gegners vertraut zu machen. Eine Anzahl Mannschaften einer bestimmten Kompanie siellie sich bei der Besichtigung jedoch nicht ein, und als Grund hierfiir wurde folgendo Uberlegung festgestellt: Es ist eine Schande, als Soldat gefangengenommen zu werden, und es ist unertriglich, als Ge- fangener das Gesicht dem Feinde zeigen zu miissen; der Samurai begrcift die Gefiihle des Samurai und erspart ihm diese Demiitigung. — Aus diesem. Grunde nahmen die Soldaten an der Besichtigung der russischen Gefangenen nicht teil. — Die feindlichen Offiziere, die den Befehl gaben, alle Japancr, selbst die gefangenen, zu téten, diirften die Haltung der japanischen Sol- daten nicht verstanden haben. Auf einem der Schaupliiize des gegenwartigen Krieges GroBostasiens, den Philippinen, wurde Anfang Januar eine Anzahl japanischer Zivilisten von den USA.-Truppen niedergemetzelt; in der Geschichte Japans kommen solche Greueltaten nicht vor. Die Japaner kimpfen heute fiir das Vaterland und fiir alle Vilker Gro ostasiens, sie kimpfen einen opfervollen, schweren Kampf, in dem sie an sich selbst die hiirtesten Anforderungen stellen; nichisdestoweniger haben sie tiefes Miigefiihl fiir die Mitmenschen, und aus diesem Umstand werden im Verlauf der Kampfe zahlreiche bezeichnende und riihrende Vorkomm- nisse entstehen, die in die Geschichte des Krieges eingehen und dort ihrer- seits Zeugnis ablegen werden fiir den Geist Japans, den Yamato Tamashii. Kazuichi Miura Uno gaven wie ofe treue Jnr die und mie und allen, ‘UND nidjts fonft auf dec Felt, da waidyft fie fray und fpat, Das {ft genug, und Feiner” und mitten, wo wit fallen, {ft dann vor uns geftellt, da wird fie ausgefat. : Sie tann uns feiner (dymahen, Und haben wir die Treue ba halt Fein Seind mehr Sehritt, ‘und nidyts fonft auf der t8eit, die Fann dev Tod nidt mayen das ift genug, und Feiner mit feinem yarten Gdynitt. {ft dann vor uns geftellt. HANS BAUMANN Der Tod begleitete mit einladender Geste den Weg, auf dem Offiziere und Soldaten ihren todwunden Konig Friedrich trugen, ihn aus dem Fihrhause bei Otscher hin- iiber iiber die Oderbriicke nach dem Schlosse Reitwein zu bringen, Als er auf der Beustatt lag, ganz allein im diisteren Raum (die Offiziere besprachen im Neben- zimmer das Ungliick des Tages), pochte der Tod beim Kanig an: Folge mir, verlelt den Weg des Leidens und der Qualen. Ausruhen sollst du von den Miihsalen des Lebens. Siche, ich schenke dir Ruhe und Frieden. Des Kinigs Gedanken kreisien um das Blutbad von Kunersdorf, er v Geiste das Liirmen der Schlacht, fiihlte die vereinigte Streitmacht der Ru Osterreicher heranfluten, feucrte sein Heer zum Kempfe an, muBte aber doch erkennen, daft der Hunde dort zu viele waren, die das edle Wild zu Tode hetzen wollten Flir einen Augenblidc kam das volle Bewufttsein auriids. Die zittrige Hand ergriff ein Blatt und brachte den Befehl an den General Fink zu Papier. Als der General an das Krankenlager trat, bewegten sich die blassen Lippen des Konigs. Er suchte mit letzter Kraft die Zeilen des Blattes 2» wiederholen: Die ungliidsliche armée, so ich [hm ibergebe, ist nicht mehr im Stande, sich mii den Russen 2u schlagen... Wen Laudon nach Berlin wolte, Soldien kénte Er unter wegens attaquiren und Schlagen. Solches, wo es guht gehet, gibt dem ungehik einen anstandt und hilt die suchen auf, Zeit gewonnen ist Sehr vihl bei diften desparaten Umstinde Der Kiénig liegt allein. Dunkelbeit fillt den Roum, und in ihr werden aufs neue die Stunden der unseligen Sehlacht wach: In dem Fiebertranm stiirzen Pferde, sterhen Krieger, in den Ohren braust der gelle Ruf des Kampfgewiihls, Da heben sich die Augenlider, der Blick fallt in den Spiegel an der Wand: Der Kénig schaut ein weilles Angesicht und im Schatien tiefer Hihlen verglimmende Augen. Ein Sehrei michte sich der Kehle entringen, Der Tod legt die Hand auf die Sehulter des Kénigs und spricht leise, ganz leise, giitige Worte, um ibn aus dem qualvollen Leben des ewigen Kampfes zu locken, Das Herz schligt matt. Der Konig hat seit der verlorenen Schlacht nichts mehr an Speise und Trank zu sich genommen. So hat die Erscheinung des Todes es leicht, den Gedanken ans Sterben zu nihren. Ein ermatteter Leib ist rascher bereit, das Leben aufaugehen. — 32 Hinter der Gestalt des Todes erscheint plitzlich das strenge Gesicht des Vaters. Hab’ ich ans Sterben gedacht, Sohn, glaubt er zu vernehmen, ,als alle Glieder im Schmerz zu zerreiften schienen, als die Gicht meinen Korper plagte? Mein Leben war nur Arbeit, Sorge und Qual. Es gab ungezihlte Stunden, da mir der Tod Rettung gewesen wiire, Aber mich hielt die Pilicht! Immer den Weg der Pilicht gehen, das macht den Mann zum Manne. Nur so erringst du sehlieftlich die Krone des Kiimpfens. Und wisse, Sohn, héher als ich und du gilt Preufien!™ Friedrich fahrt empor. ,Preufen!" geht es laut tiber seine Lippen. Der treue Diener, der im Nehenraum Wache hilt, blickt erschredst durch die leicht gebfinete Tir, Er sieht den Todesschweift an der fahlen Stirn seines Kénigs und gieBt ihm ein wenig Wein iiber die zitternden Lippen. Er wird froh, weil der matte Leib es annimmt. Mit leisem Schritt entfernt sich der Diener wieder. Fine Weile geht hin. Der Kénig rafft sich empor, starrt in das fladcernde Licht der fast herabgebrannten Kerze. Das Leben verlischt wie das Licht’, denkt es hinter der hohen Stirn, Nur, da das Licht als lebloses Ding keine Qualen erduldet, keine so unsagbare Not des Leibes und des Geistes* Wieder sehiittelt das Fieber den Kénig. Die Rechie greift nach dem Rock auf dem Stuhl und holt die kleine Silberbiichse hervor. Aber wie er den Behiilter mit Gift in der Hand fuhli, beginnen die Krafte des Lebens dem Leibe Bewulitsein zu geben. Noch einmal glaubt er des Vaters Worle 2u héren. ,Héher als ich und du gilt PreuBen.” Der Satz schieBt ihm durch Hirn und Herz, Und nun, da der Kinig wieder Bewullisein gewinnt, ist auch die Kénigsseele wach. Soll ich dir folgen, :Tod? Fuhrst du das Heer aus der Niederlage.2u neuem Sieg? Sterben ist leicit in diesen Stunden unaussprechlicher Not. Immer den sthweren Weg wihlen, den Weg der Hirte, der eisernen Pflicht. Allein,so gewinnt der Mensch die Krone der Kampfe.* Sowie des Kinigs Geist wieder solche Gedanken denkt, wiichst der Wille zum Leben und zum Kampf. Eine Stunde verrinnt noch, in der die Kréfte zusammenstrimen. »Preuflen braucht den Willen des Kénigs, wenn die Armee auf den Schlachtfeldern liegt, Ersatz kaum ausgebildet ist, das Offizierkorps zumeist aus Knaben besteht.* Die Worte, die er cinst an Voltaire schrieb, steigen in der Erinnerung herauf: .Jch aber, dem der Schiffbruch droht, muf, mutig trotzend dem Verderben, als Kénig denken, leben..." Er setat den Gedanken fort, anders als einst in der Stunde, da er ihn zu Papier gebracht’— ,,und darf nicht sterben. Nein!* Das letzte Wort wirft er laut und entschieden in den Raum. Der Leibjiger tritt gleichsam befohlen ins Gemach. Der Kinig sitzt aufrecht »Bring Er mir das Friihstiide!" fordert er den Diener auf. Dieser, véllig tberrascht liber die schier wunderbare- Wandlung des Zustandes seines Kénigs, erfiillt eiligst das Gebot. Der Konig lift den Adjutanten bestellen, Als der Offizier hdchst tlber- rascht ins Zimmer tritt, findet er den Kinig hereit, Befchle auszugcben. Die Lage sei also nicht aussichtslos?” — ;Russen und ihre Verbiindeten seien uneinig tiber den Fortgang der Auseinander- Setzung mit Brandenburg. Sie scheuen auch nach Kunersdorf den Wagemut Prenftens." Des Kinigs Feuerseele lodert hell aul. ,Wo sieht der Feind?” wEr lagert zur Stunde in den Waildern zwiscien der Oder und der Reppener Allee.” {Schreib Er meinem Bruder! gebietet der Kinig dem Offizier. Ich verkiindige das Wunder des Hauses Brandenburg. Der Feind hatte cine aweite Schlecht wagen und den Krieg beenden kinnen, Er-hat es nicht gewagt: unsere Lage ist weniger ver- oweifelt, als sie gestern war.” 33 Wahrend der Offizier die Worte: niederschreibt, tritt der Konig, nun schon den Soldatenrock um die Schultern, neben ihn. Die blauen Augen irelfen den Blick des Adjutanten, Der Ktnig schligt thm auf die Schultern: »Stelle Er sich vor, wes mein Geist in dieser Nacht gelitien, Fast war das Maft meiner Leiden zu groft. Der Tod schien Rettung zu sein. Hire Er. Als mich der Tod aus dem Leben locken wollte in dieser Nacht, habe ich, obschon das Sterben leicht gewesen wire, dem Tode den Gehorsam verweigert. Im dunkelsten Augenblick griff meine Hand nach dieser Dose, die das Gift enthilt. Weift Er, was es heiftt, wenn ich lebend hier stehe? Oft ist es leichter, aus dem Leben zu gehen, als nicht zu sterben. Der schwerere Weg ist im Leben immer der richtigste. Ich habe ihn gewahlt, damit mein Staat aufrechterhalten bleibe. Der Wille ist sttirker als Tod und Verderben!* Heilige Stille erfillt den Raum. Der Offizier steht in vollendeter Haltung vor dem Konig. »Mégen die Jungen der Nation es fiir alle Zeiten merken. Es gibt Augenblicke, in denen der Tod aus dem Leben lockt vor der Zeit. Wer dem Tode folgi und sich zum Gift oder zur Kugel fliichtet, ist ein Schwachling und bt am Leben Verrat!" — Des Kénigs Mut und der Wille zum Leben retteten Prenften. Auf die Niederlage vor Kunersdorf folgten die Siege von Liegnitz und Torgau. Und Preuflen gewann den Siebenjithrigen Krieg. Das preuflische Wunder war Friedrich selber, Das Wunder war der Gedanke der Pilicht. Er wurde in Preufen geboren, und seine vollkommenste Verkérperung wat der Konig Gerhart Schinke Joe feid geborgen im Herzen der Heimat er Rhein irtigt Eisschollen. Die Morgensonne treibt mit den blanken ‘g Kristallen ihr glitzerndes Spiel und verklart die Mauern der alten 4 Stadt am Sirom. Ich suche ein Haus, in dem wohl wenig Sonne sein mag seit jenem Tage, der vor einem halben Jahre die Botschaft vom Heldentod des einzigen Sohnes brachte. Aber die Mutter ist gefa8t und kann auch schon wieder ein wenig [réhlich sein. Ich finde anch die Quelle dieser tapferen Uberwindung: ,,Ich habe eigentlich immer nur fiir meinen Sohn gearbeitet und gesorgt. Jetzt will ich der Idee dienen, fiir die er gefallen ist, so gut ich kann. Ich habe eine Miitterberatungsstelle iibernommen, und sehen Sie, ich nuihe gerade fiir die NSV." Ich muft der Mutier vom letzten Abend ihres Sohnes erzihlen, yom sieg- reichen Durchbruch durch die Stalin-Linie, vom Gefecht im Morgengrauen und vom tapferen Sterben ihres Sohnes. Und das macht die Mutter so stolz, daB ihr Sohn nun auf jener Hohe am Sbrutsch ein schines Grab gefunden hat, die er mit seinen Mannern bis zum Letzten verteidigte. — Uber dem Land an der Ruhr liegt im hereinbrechenden Abend grau der Qualm der Schlote, Eine dunkle Schwere liegt auch tiber dem Haus, das ich betrat. Zwei Sohne blieben vorm Feind, Die Trauer der Eltern ist bis ins Innerste beherrscht. Der Vater, em alter weiflhaariger Offizier, spricht von 34 eS eee den Séhnen. Es ist ein ganz alter Mannschaftshaus-Kamerad darunter. Was unseren gefallenen Kameraden in den Jahren des Aufbaus der Hauser be- wegte, das hat der Vater miterlebt. Und nun midhte er, daft diese Bindung und Lebenserfiillung, die sein Sohn in unseren Hausern fand, bleibt in der Bindung seiner Familie an die Hauser. Das Einzelschicksal versinkt im Gespriich. Der alte Soldat miéchte héren, wie die Front ist, wie der Gegner ist, und er findet auch Worte der Zukunfits- gliubigkeit: ,,Man kann es nicht glauben, dali sie tot sind. Sie kommen wieder und bleiben mit dem Sieg und der gliicklichen Zukunft." Seine Augen gehen zu den Bildern der Sthne. In einer Vase bliiht langstieliger weifter Flieder. Ein kleiner heller Schein steht in den Augen des Vaters. — In einer kleinen Stadt 1m winterlichen Thiiringerland. Der einzige Sohn ist geblicben. Die Mutter zeigt mir seine letzten Briefe: .Es ist mein Trost, daft ihm das erfiillt wurde, stiirmen und siegen zu diirfen. Wir waren so ge- wohnt, daft er ganz in der Idee aufging. Sein Tod muf uns ja die Krénung seiner Haltung sein.” — Stutigart. Hier muf ich vier Trauerhiuser aufsuchen. Einmal treffe ich niemand an. Der Vater ist auch Offizier, und die Mutter versieht den Haus- halt einer kinderreichen Familie. Mit einer Mutter sitze ich vor dem blumengeschmiidcten Bild des gefallenen Sohnes. Es fallen wenig Worte; aber eines blieb mir haften: »Was mich so traurig macht — daft nun gar nichts bleibt von meinem Sohn. Wenn er wenigstens ein Kindchen hinterlassen hatte. Da kénnte man doch sein Gesicht noch sehen, denn das witre sicher darin." — An der Nordsee in einem Lehrerhaus. Auch hier kommt ein Sohn nicht wieder. In den Tagen der Tranernachricht ist die Schwester mit ihren Kindern zu ihren Eltern geeilt. Die beiden Kleinen sind Trost und Freuden- bringer in aller Trauer. Die Mutter hat einen unerfiillten Wunsch: Wenn er doch Kinder hinterlassen hatte. Ich wei es jetzt: man soll auch in Not- zeiten — ja gerade dann — Kinder haben. — Bei der Mutter eines gefallenen Kameraden weilt die Braut. Ihre tiefen tapferen Wort sind mir unvergellich: Mein Gliick habe ich hingeben miissen; aber es kommt da dafiir das Glick vieler junger Menschen in Friede und Freud’ einer besseren Zukunft." — Im diémmernden Abend stehe ich am Meer. Meine Gedanken wandern zu den Kameraden, die wir im Osten zur Ruhe betteten. Ihre frohe Jugend, ihr Tatendrang sind stumm und kalt. Thr tiefster Glaube, ihre beste Sehn- sucht aber strémten ins Herz der Heimat, machen die Trauer stolz und richten auf aus der Bitiernis des Opfernmiissens zu glaubigem Vertrauen auf Zukiinftiges, das Gliick und Freude sein wird. Das Meer rollt, Welle um Welle, ins Dunkel. Sterne glimmen auf — iiber uns und tiber euch, ihr stillen Kameraden in fremder Erde. Aber ihr seid uns ja ganz nahe im ewigen, heiligen Herzen der Heimat. Theo Hickfang 5 Die Drohne hat keinen Vater Eine wichtige Tatsache fir die Lehre von der Vererbung Noa dem! matirseed ichtlichen Umesh wissen wir, dafi ein Lebewesen immer cin Produkt von Vater und Mutter ist; biologisch gesprochen heiftt das: Erst muft sich das weib- liche Ei mit der minnlichen Samenzelle ver- einen, das Fi muft also befruchtet werden, ehe ein neues Lebewesen daraus entstehen kann. So ist es in der Regel, und wir sind von dieser naturgesetzlichen Tatsache so iiberzeugt, daft wir nur mit Verwunderung yon einer Aus- nahme Kenntnis nehmen. Und doch gibt es solche Ausnahmen — wie iiberall im’ Leben —, und der Biologe_kennt diese Erscheinung unter dem Namen .,Parthe- nogenesis” (parthenos = Jungfrau, genesi Erzeugung) und versteht darunter die ,,jung- fréuliche Geburi", bei der ein neues Lebe- wesen aus einem unbefrnchteten Ei entsteht. Diese héchst merkwiirdige Erscheinung lift sich wissenschaftlich noch nicht recht erkliren, sie mufi zuniichst als cine cinfache Tatsache hingenommen werden. Zu solchen aus einem unbefruchteten Ei hervorgegangenen Lebe- wesen gehért auch die Drobne. Wir crinnern uns, daB es im Bienenstaat drei Gruppen von Bienen gibt. Zuniichst ist da die schon durch ihre Grife hervorragende Kénigin, die die Aufgabe hat, méglichst viele Fier zu legen. Sie erfiillt diese Aufgabe auch mit gréftem Eifer, denn sie legt taglich im Friihjahr und Sommer die siattliche Zahl von 500 bis 2000 und sogar 3000 Eiern — im Jahr ins- gesamt 150.000 bis 200000 Stick — zum Wohle ihres Volkes. Eine andere Aufgabe hai die igin nicht zu erfiillen, nur fiir den notwendigen Ge- burteniiberschult in ihrem Staate muB sie sorgen. Dafiir wird sie von der zweiten Gruppe im Bienenstaat, den sogenannien Acbeiterinnen, audi redlich belohnt, indem diese ihre Kénigin krafiig niihren und dingstlich schiitzen und auch fiir die Pflege und Aufzucht der Brut sorgen. Aber da ist noch eine weitere Gruppe von Bienen anzutreffen, niimlich die Drohnen, die Miinnchen im Staate (sie miiften deshalb eigentlich der Drohn heifien). Diese Minner haben nichts zu tun und sind richtige Faulpelze. Sie kémnen sich nicht einmal hinreichend ernihren und wiirden elendig zugrunde gehen, wenn sie nicht von den Arbeitsbienen von Zeit zu Zeit den stidsstoffhaltigen Futtersaft als Ereiinzung der Honignahrung dargereicht erhielten. 36 a Sia ag | a Trotz ihrer Faulheit ist die Drohne ein ganz wichtiges Tier im Bienenstaat. Sie hat eine einzige Aufgabe zu erfiillen, die darin besteht, die Kénigin zu befruchten. Dazu unternimmt die junge Kénigin an einem schénen Sommertage einen Hochzeitsflug und 1éft sich in der Luft von einer Drohne hegatten. Die Drohne stirbt und die Kénigin fliegt allein weiter zu ihrem Volk. Die befruchtete Kénigin hat yon der Drohne etwa 200 Millionen mannliche Samenfiidchen mitbekommen, die sie in einer besonderen Blase in ihrem Kérper aufbewahrt. Diese Samenfiiden bleiben befruchtungs- und lebens- féhig. Die meisten Eier. die die Kénigin ihrem Volke schenkt, werden von einem solchen Samenfaden aus ihrer Vorratskammer befruchtet. Daraus enistehen dann wieder Arbeiterinnen und bei besonders guter Pflege und reichlicher Fiitterung der Larven Kéniginnen. Und nun das Merkwiirdige: Die Kénigin legt auch Eier, die aus einem noch unbekannten Grunde nicht yon einem solchen Samenfaden befruchtet worden sind. Solche Eier diirfien den biologischen Gesetzen nach nicht zur Entwicklung kommen. Aber die Natur schlégt uns hier ein Schnippchen und Jat aus diesen Eiern doch Lebewesen entstehen, niimlich Drohnen. Damit unterliegen also die Drohnen ganz ungewohnten Verwandtschafis- und Vererbungsgesetzen. Da sie aus unbefruchteten Eiern hervorgegangen sind, kinnen sie also keinen Vater haben. Aus dem gleichen Grunde bringen sie natiirlich auch keine Erbeigenschaften des Vaters mit, sondern nur solche der Mutter. Aber dafiir stehen die Drohnen in engster Beziehung zum Groftvater. Ist doch die Mutter der Drohne immer als Produkt von Kénigin und Drohne aus einem befruchteten Ei hervorgegangen und enthilt somit Erbmerkmale von ihrer Mutter und von ihrem Vater. Erb- fakioren von beiden Eltern gehen nun auch in die nachste Generation tiber, damit also auch auf die aus einem unbefrachteten Ei enistehende Drohne. Sie kann also nur Erbmerkmale von Mutter und Grofteliern besiizen, nicht aber solche eines Vaters. Diese sonderbaren Verwandtschafisverhaltnisse haben die Drohnen zu einem interessanten Forschungsgegenstand der Biologie gemacht. Man kann an den Drohnen bestimmte Erbgesetze kennenlernen, wie sie bei anderen Lebewesen nicht festzustellen sind. Auch in der praktischen Bienenzucht macht man sich diese Erkenntnis zunuize. Ein Imker wird eine Kénigin niemals linger als zwei Jahre ihrem Volk belassen. Danach besteht die ‘Gefahr, dai der Vorrat an Samenfiden aus ihrer Befruchtung aufgebraucht ist und sie nur noch unbefruchteie Bier absetzt, die sich zum Entsetzen des Bienenyaters zu lauter Drohnen entwickeln wiirden, Der ,,Weisel ist »drohnenwiitig, stellt der Imker fest und wechselt die Kénigin aus, denn die freftbegierigen, notorischen Faulenzer im Bienenstaat sind in zu groler Anzahl hichst unerwiinscht. Und noch etwas kénnen wir daraus lernen: Auch in dieser Abweichung von der Grundregel der Natur, daft jedes Lebe- wesen einen Vater hat, wird ein geheimnisvoller, ordnender Wille sichtbar, der dahin wirkt, dali nur verhiilinismaig wenige Minnchen erzeugt werden, die im Bienenstaat fiir die Erhaltung der Art vollig geniigen. Bruno Baege, 3 An meine Kameraden! Bei der Schriftleitung der /4-Leithefie kommen tiglich Briefe der Front- kameraden an, in denen alle méglichen Fragen gestellt werden. Die Kame- raden wenden sich an uns mit ihren persénlichen Sorgen und Néten, und wir sind gern bereit, mit Rat und Tat Abhilfe zu schaffen, wo es méglich ist. Dazu zunichst grundsitzlich: Es ist sehr erfreulich, daf die #-Leithefte zu einem wirklichen Band zwischen Front und Heimat geworden sind, und wir werden alles tun, dieses Band immer fester und inniger zu gestalten. Die #4-Leithefte sollen nicht etwa nur unterhalten oder belehren, sondern sie sollen allen #f-Kameraden einen festen Hali bieten in ihrem schweren Kampt und Bausteine unserer religidsen und politischen Lebensanschauung geben. Es ist nicht unsere Aufgabe, hicr anf Einzelfragen einzugehen. Diese werden, wie seither, in unmittelharem Briefwechsel mit den Kameraden erledigt. Soweit es sich aber um Fragen grundsaizlicher Art handelt, die fiir alle Be- deutung haben, sollen sie hier besprochen werden. Es tritt zum Beispiel die Frage anf, ob man sich jetat schon fiir die Osisiedlung bewerben kénne odez miisse, Nach einer Mitieilung des Reichskommissars fiir die Festigung dent: schen Volkstums in Berlin solleh Kriegsteiinehmer withrend des Krieges sich nicht fiir den Osten bewerben. Es wird dafiir Sorge getragen werden, daB nach dem Kriege cine geniigende Anzahl von Objekten den Kriegsteil- nehmern zur Verfiigung steht. Andere Kameraden wollen wissen, wie die Frau daheim, die ein Kind erwartet, eine $f-milige, schéne Geburtsfeier der Familie vorbereiten kdnue, Dazu sei bemerki, daft das 4f-Hauptamt im August ein monatlich erscheinendes Heft ,,Die Feier* herausgeben wird, in dem praktische Anweisungen und Ratschlige fiir die Gestaltung von Feiern der Sippe (Lebensfeiern) gegeben werden. Das Heft ist durch das /f-Haupt- amt, Berlin W 35, Liiizowsiralle 48/49, zu beziehen. Hine grofe Sorge bereitet vielen Kameraden die Beireuung der Frauen der Kameraden, die auf dem Felde der Ehre geblieben sind. Bei jedem Ober- abschnitt der #4 befindet sich ein Fiihrer, der sich mit dieser Aufgabe befalit. Die Kameraden diirfen beruhigt sein, es wird alles getan, daf die Frauen und Hinterbliebenen der Gefallenen nicht allein stehen. Es ist unsere heilige Pilicht, die Kameradschaft der #f-Angehérigen in jeder Lebenslage prak- tisch zu pflegen. Die $f will zeigen, daB sie, dem Willen des Reichs- fiihrers-#4 entsprechend, nicht ein Mannerbund ist, sondern eine Gemein- schafi aller Angehérigen, auch der Frauen und Kinder der 4f-Manner. Wir werden im nichsten Rundbrief auf weitere grundsitzliche Fragen eingehen und nehmen Anregungen gern entgegen. Der Schrifleiter der #/-Leithefte ‘ Gudetenland ein Brickenbogen nach dem Osten Ds: »béhmischen Wilder” haben den angeblichen Kessel Bohmens" im Denken unseres Volkes beinahe abgeschlossen, wihrend doch diese Kette eigenfarbiger Landschafien mit dem gesamideutschen Schaffen aufs engste verwoben war. Kin Voitersreuth oder Konradseriin, ein Ullersdorf oder Wiirbental und all die anderen Rodungsdérfer und -stidte haben seit fast 800 Jahren den breiten Waldgiirel am Fufle und an den Flanken des groflen Gebirgsbogens aufgelockert. Vom hiiringer Wald spannt er sich mit dem Erzgebirge, Riesengebirge und Alivater bis zu den Karpaten. Selbst der Buhmerwald, der eigentliche Querriegel innerhalb des von West nach Ost flutenden deutschen Lebens, ist schon seit der Zeit, da die Hohen- staufen im Egerland die Landschaften Béhmens mit dem alien Reichsboden verwoben, auch von der béhmischen Seite her deutsches Siedelland ge- worden. Bauern und Glasmacher, Bergknappen und Stadtbiirger haben so neben den vorwiegend tschechiscuen Teilen der Linder einen geschlossenen deutschen Boden geschaffen, das Sudetenland. Von den sechs alten Stiimmen. des Reiches haben mindesiens vier hier unmitielbar Menschen eingeseizt. Zn den reichen Diirfern des Egerlandes waren die Kinschichten des Bdhmer- waldes wie die Waldhufendérfer an den Gebirgshichen des Erzgebirges hinzugewachsen und die Berghiuersiedlungen an den Ziun- und Silber- adern. Das tippige Elbetal und der rote Hopfenboden des Saazer Bedxens haben den erfindungsreichen Gebirglern in den kargen Talern ostwarts der Elbe nachbarschaftlich zur Seite siehen kinnen. Die Schénhengster Bauern auf den grofen Héfen und die selbsthewuften ‘Teftaler haben mit den Waldbauern und Holzarbeitern rings um den Altvater und im Gesenke zu- sammengearbeitet, und im Gartenland des Olmiitzer Beccens kam ebenso wie in der Odersenke und im Kuhliindchen ein gut Teil Bauernlandes in die deutsche Hand. Von den ersten deutschen Biirgern Prags, die dem Przemyslidenherzog den Freibrief abgerungen hatten, wurde das wache Reichsbewulitsein iiber die dem Reiche ,allzeit getreuen™ Stadte wie das Reichspfand Eger, Briix (unter den Briidern Gorenz) oder die deutsche Ordensstadt Troppau, an_denen Hussitenstiirme zerbrachen, weitergegeben. Von den reichshewufiten Herren von Schlidc auf Elbogen und Joachimsthal fihet die Tradition zu Wallen- stein, den Herzog von Friedland, der als Generalissimus die Erneuerung des Reiches auf Kosten des habsburgischen Territorialstaates entwarf, und dafiir auf Geheift des Hofes von einem englischen Offizier in Eger niedergestolen wurde. K's war wohl einer der nachhaltigsten Schltige, die dieses Deutsch- tum trafen, als nach der Schlacht am Weifen Berg Kaiser Ferdinand die troizig lutherischen Biirger und nahezu den ganzen deutschen Adel des Landes verwies. Bis zum Sturmjahr 1848 dauerte es nun zwei Jahrhunderte, da konnten die spanischen, schottischen, welschen, tschechischen und anderen neuen Grundherren wohl am Wiener Hofe Deutsch lernen, aber nicht 39 Fithrer in dieser Volksgruppe werden; die mufiten in dem Sudetendeutsch- tum selbst heranwachsen. Zwei Wesensziige hat dieses Siedlungsland, das da auf halbem Weg nach dem weiteren deutschen Osten liegt, in seinen Menschen besonders geweckt, und.weder der ischechische Nachbar noch die wechselnde wirtschafiliche Er- gicbigkeit des Gebirgshodens haben diese Widerstandskriifte zur Ruhe kommen lassen. Das eine Mal galt es, nach den hussitischen und anderen Rebellionen die ganzen béhmischen Linder immer wieder in das Gefiige des Reiches einzubauen, Handel und Wandel einzurichten. Das andere Mal galt es, die neu entdeckten Erzadern zu erschlieBen, nach ihrem Versiegen den Weg in neue Handwerke, vor allem in die Weberei, zu finden und schlieflich aus den zahllosen Gebirgswebern, aus den Glashiitten und iiber Heilquellen und Kohlenflizen Industrien und einen Wirischafiskérper auf zubauen, um das fehlende Brot kaufen zu kénnen. War das Brot nicht im Lande und im Siidosten der ésterreichischen Monarchie zu finden, dann er- schlossen sie sich die Weilen der Well, wenn es sein multle, selbsi als deutsche Musikanten. Die einsamen Waldtiler und selbsthewuftten Klein- stidte haben ein yollkhaftes Kulturschaffen entwickelt, das vom Reichtum des Egerliinder Fachwerkhauses bis zum unerschipflichen Volksliederschata des Kuhlindchens reicht. Die unermiidliche Formenfrende der ,nord- béhmischen* Glasmacher und der ,,westbéhmischen* Porzellanformer weist aber ebenso auf jenes schipferische Handwwerkertnm hin, das ans dem Nebeneinander frinkischen wie schlesischen Wesens gewinnt und aus diesem Erbgut dem gesamideuischen Schaffen dauernde Werte brachte. Wie ge- waltig der Finschmelzunasvorgang gewesen ist, der Menschen aus den ver- schiedenen deutschen Stiimmen auf diesem Boden schon im Mittelalter geistig gesamtdeutsches Reichsland schaffen lief, daftir ist wohl das Streit- gespriich des Ackermanns mit dem Tod, das der Egerlinder Magister Jo- hannes um 1400 als Stadtschreiber in Saaz niederschrieb, die stirkste Urkunde in der neuhochdeutschen Sprache. In den Zeiten kulturbewuftter Kaiser auf der Prager Burg waren diese Candschafien die Bluispender der deutschen Stadtinsel in der tschechischen Binnensee. Sie bewahrien aber ihre vielfaltigen Bindungen mit den Ganen des Reiches und damit ihre kulturelle Sonderentwicklung neben der Prager Hofkultur. Nur so ist zu verstehen, welch bedeutungsvolle Einbruchssiellen in den schwarz-gelben Grenzmauern die grofen Badeorte der Goethezeit, Marienbad, Karlsbad und Tepliiz, damals fiir das Hereinfluten der deut- schen Bewegung wurden. Die letzten hundert Jahre, die seit dem Aus- marsch der Freikorps aus den bihmiscien Waldern gegen Napoleon ver- gangen sind, erlebien hier das Aufwachsen des politischen Bildes von der Volksgemeinschaft zn einem den alten Staatsgedanken sprengenden Glauben. Wahrend in diesen ,,béhmischen Landschaften“ deutsche Kiinstler wie C. D. Friedrich und Adalbert Stifter die-Urspriinglichkeit vilkischen Lebens entdeckten und diese ,,Romantik” dem gesamtdeutschen Volke er- schlossen, sammelte sich das Sudetendeutschtum politisch und wirischaftlich zn jener Grenzmark, die inmitten des staatlichen Zerfalles Siidosteuropas und seiner habsburgischen und’ franzisisch-tschechischen Konstruktionen einer der unerschiitterlichen Pfeiler fiir das kommende Grofideutsche Reich wurde, Kurt Oberdorffer 40 Lied dev Gudetendeut(ten Alls Géer wit Famen in faatlofe Ydildnis, es guollen Mie Gdbollen von unferem Pflug. Ybir fallten viel Baume, wit hellten Me Raume, wit fyufen diefes Zand, das die Heimat uns teug. Wir deangen ins Herze den Bergen um Crze, wit gruben und huben viel Reitytum hervor. Die Fife erlohte, es ftiegen Me Grylote nod tibern Wochften Turm deiner Dome empor. Aix fthafften und cafften, vergeffen des Geiftes, da traf uns, o Here, deine vichtende Hand! Yiun fehn dein Gebot wir, nun danten der FTot wir und beten nur um eins: Hever, {hiem unfer Land! WILHELM PLEYER OZ ANIAS LAVHOSANVT Yad TIVEdd av HOSLOA WAG LONVYd OS NV” NACIMSad NAG NI UAT aA

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