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[...

] Was die Schwierigkeit betrifft zu begreifen, wie es Gott freistand und fr ihn indifferent
gewesen ist, zu bewirken, dass es nicht wahr wre, dass die drei Winkel eines Dreiecks gleich
zwei rechten sind, oder ganz allgemein, dass die Gegenstze nicht zugleich sein knnten, so
kann man diese Schwierigkeit leicht auflsen, indem man ferner in Betracht zieht, dass unser
Geist endlich ist und auf solche Weise geschaffen wurde, dass er auch jene als mglich
begreifen kann, die Gott htte mglich machen knnen, die er aber dennoch unmglich
machen wollte. Denn die erste Betrachtung lsst uns erkennen, dass Gott nicht dazu bestimmt
worden sein kann zu bewirken, dass es wahr sei, dass Gegenstze nicht zugleich sein knnen,
und dass er infolgedessen das Gegenteil htte bewirken knnen. Die zweite Betrachtung
versichert uns, dass wir obwohl es wahr ist nicht versuchen drfen es zu verstehen, denn
unsere Natur ist dessen nicht fhig. Und wenn Gott auch gewollt hat, dass einige Wahrheiten
notwendige seien, so heit das nicht, dass er sie notwendigerweise gewollt hat; denn es ist
ganz etwas anderes, zu wollen, dass sie notwendig seien, und es notwendigerweise zu wollen
oder gentigt zu sein, es zu wollen. [...]

R. Descartes, Brief an Mesland, 2. Mai 1644


Descartes, Oeuvres et lettres. Paris: Gallimard, Bibliothque de la Pliade, 1952. S.1162

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