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Die hippen Xanthippen

"Gemeine Intrigen und knisternde Erotik" verspricht RTL für seine neue Serie über
"Spielerfrauen"
"Das geheime Leben der Spielerfrauen", Teil 1, RTL, 21.15 Uhr.
VON JAN FREITAG
"Hauptsache, sie kommen pünktlich!" Bemerkungen über den Beischlaf sind
immer ein Schenkelklopfen wert und wenn sie einer wie Bruce Arena auch
noch auf die schönste Nebensache der Welt bezieht, sinkt das Niveau rasch
auf Grasnarbenhöhe. Sex sei also auch während einer Fußball-WM okay,
beteuerte der US-Coach während des vorigen Weltturniers. Zumindest, sofern
die Disziplin nicht leide.

Weitere Details über das Lustleben des gemeinen Kickers ließ er zum
Hauptsache blond! Leidwesen einschlägiger Medien offen. Ganz anders RTL: Wie oft, warum,
(RTL)
wann und mit wem die Spieler des imaginären Erstligisten 1. FC Düsseldorf in
Bett gehen, das zeigt der Kölner Sender mit seiner neuen "Prime-Time-Serie".

Spielerfrauen heißt das (selbstredend) brandneue Fernseh-Event der Produktionsfirma Zeitsprung, die
die großen Privatkanäle regelmäßig mit Filmen und dergleichen versorgt. Und wie bei RTL kaum anders
zu erwarten, zielen Optik, Inhalt, Besetzung der vier Folgen auf leicht erreichbare Hirnregionen. Schade
eigentlich, bietet das Thema doch in Zeiten, da Frauen langsam die Männerdomäne Fußball knacken,
durchaus Potenzial.

Ballgefühl oder nicht?

Der Arbeitstitel lautete Ballgefühl. Er hätte auch Boulevard Bundesliga oder ähnlich lauten können. "Mehr
Gucci als Grätsche, mehr Königsallee als Kicker" - was alliteriert, ist gut, dachte sich ein überdrehter
Moderator bei der aufwendigen Preview mit Sekt und Austern im rustikalen Stadion des FC St. Pauli.
Anders ausgedrückt: Man will also gar nicht das Erfolg versprechende Vehikel Fußball für quick quellende
Quotenquantensprünge nutzen, sondern hinter die Kulissen einer fürwahr glitzernden Welt blicken, die
bislang so noch nie ausgeleuchtet worden sein soll.

Dass Michael Souvignier mit seiner Behauptung, "die erste Fußballserie im Fernsehen" zu verantworten,
übers Ziel hinausschießt, belegt da nur zweierlei: Der Produzent weiß,
Fußball als TV-Stoff
wie man eine Sendung am umkämpften Serienmarkt platziert
Der Boulevard lechzt nach Tratsch
(Stichwort Alleinstellungsmerkmal); er hat wohl weder Manni der im Seitenaus, so wie das Feuilleton
Libero noch Kreisklasse gesehen, den Genre-Grundkurs geschwänzt. der Siebziger nach Realismus im
Volkssport Nr. 1 suchte. In Wim
Vielleicht ist Spielerfrauen deshalb aber auch ein wenig mehr Wenders' Film "Die Angst des
Tormanns beim Elfmeter" etwa
Motorradcops als sagen wir: Sex and the City. Denn Fußball kann transportierte es folglich soziale
man verpacken wie man will - ein wenig prollig muss das Ganze Probleme, und Rainer Boldts Drama
schon abgefilmt werden. Und vielleicht erinnern deshalb die extrem "Fehlschuß" verwob Sport mit
poppig durchgestylten Darsteller trotzdem eher an Charlotte, Migrantenschicksalen. In beiden
Fällen ist Fußball nur Mittel zum
Miranda, Carrie, Samantha und ihre wechselnden Lover als an sagen
Zweck.
wir: Martina und Stefan Effenberg. Man mag Gaststar Reiner Calmund
ja durchaus Glauben schenken, er kenne "die Biester ganz gut", wie Eigentlich genau wie bei
der Ex-Manager zum Authentizitätsgehalt befragt antwortete. "Wer Spielerfrauen. Nur, dass RTL selbst
unter dem Anspruch von "Bild"
mit Gaby Schuster zu tun hatte, der kommt auch mit Petra Faller und
zurückbleibt, Nachrichten zu
Vera Kahmke zurecht." Doch Niki Greb und Elen Schlootz, die beiden erzeugen. "Fußball beherrscht den
Filmfrauen der Filmfußballprofis Ben Tewaag und Axel Wedekind, sind Teil des Gehirns eines Mannes, der
so maßlos überdramatisierte Hyper-Xanthippen, dass das wahre nicht erwachsen werden will",
glaubt Produzent Souvignier. jfr
Leben unweigerlich zur Klosterschule schrumpft.

Dabei tat das gar nicht Not. Denn seit eben jene Gaby Schuster, die
ihren Gatten trotz Oberlippenbart zum ersten globalen Marketingerfolg des deutschen Fußballs machte,
den Berufsstand Spielerfrau ins Leben rief, hat die Riege der Superzicken ihren festen Platz im Gewerbe.

Noch 1994, als Bianca Illgner, Martina Effenberg und Angela Häßler die Themen Sex und WM
medienkundig verknüpften, galt alles hinter den Kulissen im Vergleich zum grünen Rasen als
nebensächlich. Schließlich hatten sogar die Hauptakteure (Spieler) damals noch handfesten Boden unter
den Füßen. Erst als die Übertragungsrechte der Bundesliga zehnstellige Summen kosteten, war der Weg
frei für Seifen-Opern-Sternchen der Marke Claudia Strunz oder Verena ohne Nachnamen. Und die
Bayerngattinnen singen für einen guten Zweck.

Bis auf Lolita Matthäus hatten es Spielerfrauen bis dato wenn überhaupt, dann nur im Scheidungsfall von
Nationalspielern auf Titelseiten gebracht; Verena, Oliver Kahns junge Gespielin, schafft das (mal
abgesehen vom Reklamewert für das Buch des Titanen) nun ohne jeden rechtfertigenden Anlass. Da ist
es folgerichtig, dass einer der Hauptdarsteller (Rhon Diels) aussieht wie David Beckham, und Anna
Huber, im Film wie im Realen Topmodell, verteufelt an ein Spicegirl erinnert. Und irgendwie geistern
Stefan, Martina und Claudia Effenberg beharrlich durch den Plot.

Sex-Börse Bundesliga

So gesehen macht RTL die erfolgreiche Werbekampagne für das biografische Machwerk Ich hab's allen
gezeigt kurzerhand zum Regelfall für den Bundesligaalltag und scheint die verlassene Gattin als
Ghostwriter auf der Lohnliste zu führen. "Irgendeine steht immer parat, ist verfügbar. Für die Mädels ist
es natürlich ein Riesengeschäft, so in die Medien zu kommen", diktierte Martina Effenberg nach der
Scheidung in die Bild-Blöcke. Sex-Börse Bundesliga.

Es klingt, als hätte sie der Popband Lourex gelauscht. "Ich wollte nie eine Spielerfrau werden", singen die
drei Hamburgerinnen, meinen aber den Amateurbereich. Ganz oben indes treffen Profis auf Profis. Die
BZ hat 2002 eine "Sexy WM-Elf der Spielerfrauen" aufgestellt und fand bei den Tottis, Figos und Rauls
nur Mannequins. Kein Wunder, dass da der 1. FC Düsseldorf zu Real Madrid wird. Udo Lattek hat in der
Welt gar eine "Spielerfrauen-Mafia" ausgemacht und will "regelrechte Wettbewerbe um die dicksten
Klunker erlebt" haben. Dass er nur die üblichen Verdächtigen Bianca I., Angela H. und Martina E. nennt,
belegt vor allem dies: eine fieberhafte Suche nach Glamour im Milliardengeschäft Fußball, das nichts
mehr benötigt als flächendeckende Aufmerksamkeit.

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