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FITG-Journal
Industrie- und Technikgeschichte
in Frankfurt und der
Rhein-Main-Region

Zeitschrift des Förderkreises Industrie- und Technikgeschichte e.V. No.: 02-2007 September 2007

Inhalt: Editoral: Frankfurter Sammler · Es wird spannend – Buchbesprechung · Industriekultur – zum Anbeißen ·
1 100 Jahre Wasserwerk Hattersheim· technikum29 · Leonhard Euler in Hessen · Weblinks zur Industriegeschichte
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FITG-Journal
Industrie- und Technikgeschichte
in Frankfurt und der
Rhein-Main-Region
Zeitschrift des Förderkreises Industrie- und Technikgeschichte e.V. No.: 02-2007 September 2007

Inhalt 100 Jahre Wasserwerk Hattersheim Seite 18

Editorial: Frankfurter Sammler technikum29


oder die Schätze des Herrn Kratz von Heribert Müller Seite 19
von Wolfgang Giere Seite 3
Leonhard Euler in Hessen
Neuer IHK-Präsident in Frankfurt von Wolfgang Kirsten Seite 23
von Wolfgang Giere Seite 4
Interessante Weblinks zur Industriegeschichte Seite 13
Es wird spannend – Auszug aus dem Buch
„Und man sieht nur die im Lichte“ von Hanno Trurnit Seite 5 Beitrittserklärung Seite 29

Buchbesprechung: Die Geschichte von Gas und Strom,


Wärme und Wasser in Frankfurt und der Region Impressum
von Wolfgang Giere Seite 14 ISSN-Nr.: 1613-5369
Herausgeber: Förderkreis Industrie- und Technikgeschichte e. V.
Leserbrief: In diesen heiligen Hallen Seite 16 Vorsitzender: Prof. em. Dr. med. Wolfgang Giere
Waldschmidtstraße 39 · 60316 Frankfurt am Main
Industriekultur – zum Anbeißen Seite 17 Fon: 069 - 43 03 09 · Fax: 069 - 43 03 00
E-Mail: w.giere@fitg.de
Web: www.fitg.de
Stammtisch · Stammtisch · Stammtisch Verantw. Editor: Dr. Wolfgang Kirsten
die nächsten Stammtische des FITG finden statt am Donnerstag, E-Mail: wolfgang.kirsten@kgu.de
den 20. September und am Donnerstag, den 18. Oktober um 18 Uhr Mitarbeit: Ursula Rösner
im Oldtimer-Stübchen bei der Technischen Sammlung Hochhut, Konto: 653 497 · Frankfurter Sparkasse · BLZ: 500 502 01
Frankenallee / Hattersheimer Str. 2 – 4, Frankfurt am Main Gestaltung: Schwarz auf Weiß, Darmstadt, saw@hdhd.de
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Editorial
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Frankfurter Sammler oder


die Schätze des Herrn Kratz

E
s gibt Sammler, die sich frühzeitig um den Sendertechnik im Frankfurter Raum (und einige
Erhalt von Zeitdokumenten gekümmert andere interessante Sammlerstücke), zusam-
haben. Sie haben systematisch Flohmärkte mengesucht (siehe auch FITG-Journal 01/2006,
besucht, als die noch von Hausratsentrümpelungen Februar 2006). Außerdem hat er bei Auflösung
und nicht mit Billigware aus Fernost bestückt einschlägiger Institutionen manches vor dem Ver-
wurden. Sie haben gezielt nach Objekten in ihrem schrotten retten können. So ist seine unver-
Interessengebiet gesucht. So hat z.B. der alte Herr gleichliche Sammlung aus der Frühgeschichte des
Hochhut seine unvergleichlichen Schätze zu- Rundfunks im Frankfurter Raum entstanden.
sammengetragen, so hat aber auch unser Mitglied, Manches habe ich selbst noch erlebt: Radiogeräte
Herr Kratz, seine Geräte zur Rundfunk- und mit Kristalldetektoren und Variometern, Röh-
rengeräte der Frühzeit, die ersten „Superhets“,
Radios, die selbst kleine Sender waren.
In und um Frankfurt gab es Firmen, deren
Namen heute keiner mehr kennt. Herr Kratz hat
sie gesammelt. Unglaublich die Vielfalt der Strom- Kristalldetektorempfänger
versorgungen in den Anfangsjahren der Jubel-
elektronik. Das reichte von Batteriebänken bis zu Das beweist eine kleine aber feine Ausstellung
Generatoren. Es gibt in der Sammlung Kratz im Zeppelinmuseum in Zeppelinheim. Sie ist
übrigens nicht nur Radioempfänger, sondern auch höchst sehenswert und noch bis zum 9. September
Sendestationen. Und für die brauchte man Leis- geöffnet. Die Initiatoren verdienen höchstes Lob
tungsröhren, unförmige Glasgebilde mit bizarr für die Schaffung dieser neuen Möglichkeit, privat
anmutendem Innenleben. Herr Kratz kann das ge- gehortete, in Schränken, Regalen und im Kel-
samte Spektrum der Röhrentechnik mit den zu- lerwinkeln untergebrachte Schätze ans Licht zu
Werbeschilder für längst vergessene Firmen gehörigen Stromversorgungen lückenlos belegen. holen, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
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Editorial
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Neuer IHK-Präsident
in Frankfurt
Hans-Joachim Tonnellier ist neuer Präsident der ist er unter anderem Mitglied im Kuratorium
IHK Frankfurt. Die Vollversammlung wählte ihn Frankfurter Domkonzerte, in der Vereinigung von
am 27. Juni 2007 als Nachfolger von Freunden und Förderern der Univer-
Dr. Joachim v. Harbou an die Spitze sität Frankfurt sowie in der Sencken-
der drittgrößten Industrie- und bergischen Naturforschenden Gesell-
Handelskammer Deutschlands, die im schaft. Der 59-Jährige ist zudem Mit-
Ausstellung historischer Radioröhren kommenden Jahr ihr 200-jähriges Be- glied im Beirat des Königsteiner
stehen feiert. Forums sowie der Deutschen Flug-
Der Raum im Zeppelinmuseum ist sehr begrenzt, Zur Person: Hans-Joachim Ton- sicherung in Langen. Hans-Joachim
aber die Ausstellung beweist, besser ein kleiner nellier, geboren am 13. März 1948 in Tonnellier ist verheiratet und hat
Ausstellungsraum, in dem man gezielt einzelne Saarlouis, absolvierte von 1967 bis eine Tochter und einen Sohn.
Themen behandeln kann, als ganz darauf ver- 1969 eine Banklehre bei der Kreis- Der Förderkreis Industrie- und
zichten zu müssen, weil es immer noch kein Tech- sparkasse Saarbrücken. Nach wei- Technikgeschichte wünscht dem
nikmuseum in Frankfurt gibt. Herzlichen Dank teren beruflichen Stationen in der neuen Präsidenten Freude, Erfolg
den Initiatoren Chelius und Kratz! Das gute Bei- Branche und einem Studium an der und Anerkennung bei der Arbeit.
spiel sollte Schule machen. Schließlich gibt es Bankakademie in Frankfurt, trat Tonnellier am 1. Gleichzeitig bedanken wir uns aufrichtig für die
noch viele private Sammlungen in Frankfurt und März 1981 in den Vorstand der Frankfurter Volks- bisher so gute Unterstützung und Zusammen-
Umgebung. bank ein, seit 1. Juli 1997 ist er Vorsitzender des arbeit. Wir würden uns freuen, wenn sie sich in
Vorstandes. Zukunft fortsetzte und vielleicht sogar neue
Ihr Wolfgang Giere Während seiner Amtszeit hat Tonnellier die Po- Akzente erhielte.
sition der Frankfurter Volksbank als zweitgrößte
Zeppelin-Museum Zeppelinheim Primärbank im Genossenschaftssektor unter Wolfgang Giere, Vorsitzender FITG
Kapitän-Lehmann-Str. 2 anderem durch zwölf Fusionen gestärkt.
63263 Neu-Isenburg / Zeppelinheim Seit vielen Jahren engagiert sich Tonnellier
Öffnungszeiten: Freitag: 13 bis 17 Uhr und auch in der IHK Frankfurt. Seit 1998 ist er Mit-
Samstag und Sonntag: 10 bis 17 Uhr, Eintritt frei glied des Bankenausschusses und seit April 2004
www.zeppelin-museum-zeppelinheim.de gehört er der Vollversammlung an. Darüber hinaus
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Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region
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Aber es gibt auch makabere Versuche: Eine

Es wird spannend elektrisierte Leiche öffnet die Augenlider und


zuckt mit den Gesichtsmuskeln – das Vorbild für
Mary Shelleys „Frankenstein“: Tote werden mit
Elektrisiermaschinen sind bald auf den Jahrmärkten zu Hause Hilfe der Elektrizität wieder zum Leben erweckt –
und für viele Menschen der erste, allerdings etwas befremdliche nicht ganz unrealistisch, wie das Elektroschock-
Verfahren später zeigt. Elektrisiermaschinen sind
Kontakt mit der neuen Energie. bald auf den Jahrmärkten zu Hause und für viele
Menschen der erste, allerdings etwas befremdliche
Auszug aus „Und man sieht nur die im Lichte“ von Hanno Trurnit
Kontakt mit der neuen Energie. 1844 wird der
Pariser Place de la Concorde mit elektrischem Bo-

G
egen Ende des 19. Jahrhunderts hat der trische Funken springt über, der Alkohol ent- genlicht erhellt, und im englischen Birmingham
Frankfurter Baurat William H. Lindley sei- zündet sich. „Ahhh!“, ruft das Publikum. errichtet die galvanotechnische Firma Alkington
nen zweiten großen Auftritt. Sein Bruder
hatte ihm über einen Vortrag berichtet, den
Charles William Siemens, ein Neffe von Werner von
Siemens, Anfang November 1882 in London über
die Vorzüge der elektrischen Beleuchtung und die
Einfachheit der Stromverteilung gehalten hatte.
Lindley kann allmählich den tatkräftigen Ober-
bürgermeister Dr. Johannes Miquel (der vorher
Bürgermeister von Osnabrück war und später
preußischer Finanzminister wird) für den Ge-
danken interessieren, in Frankfurt ein Elektrizi-
tätswerk zu bauen. Nach dessen Vortrag bildet der
Magistrat am 21. Januar 1887 eine Kommission
zum Studium der Elektrizitätsversorgungsfragen.
So ganz fremd war die Elektrizität ja nieman-
dem mehr. Um 1750 galt sie als belächelter
Scherzartikel. Beliebt war folgende Vorführung:
Eine Person sitzt auf einer Schaukel, hält in einer
Hand einen Löffel mit Alkohol und berührt mit
der anderen eine Elektrisiermaschine. Der elek- 1894 geht das Frankfurter Kraftwerk mit acht Maschinensätzen für zusammen 6000 Kilowatt in Betrieb.
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Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region
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die wahrscheinlich erste elektrische Kraftanlage: Die elektrische Energie wird auch von höchster wird nicht rasten, ehe er auch diese kostbare Natur-
Eine Dampfmaschine treibt den magnetelek- Stelle gefördert: 1852 hatte der französische Kai- kraft sich dienstbar gemacht hat. In ihr liegt wohl
trischen Generator mit vier feststehenden Huf- ser Napoleon II. einen Preis von 50 000 Francs für die Zukunft der künstlichen Beleuchtung.“
eisenmagneten. die nützlichste Erfindung auf dem Gebiet der Elek- Glücklicherweise entwickelt Werner von Sie-
Das Bogenlicht verblüfft alle, die einen Versuch trizität ausgesetzt, den 1864 ein Herr Ruhmkorff mens 1866 seinen Dynamo, der im Vergleich mit
damit erleben, wie etwa den Redakteur der „Ga- mit einem Induktions-Apparat erringt, der erheb- seinem magnet-elektrischen Vorgänger mit einem
zette de France“, als 1855 die Ingenieure Lacas- liche Fortschritte beim elektrischen Bogenlicht er- Fünfzehntel des Gewichts und dem drei- bis vier-
sagne und Thiers ihre Probe in Lyon starten: möglicht. fachen Wirkungsgrad aufwarten kann. Friedrich
„Die Spaziergänger, die sich gestern abend gegen Die Bogenlampen haben zunächst einen von Hefner-Alteneck erfindet den Trommelanker
neun Uhr in der Umgebung des Château Beaujou „kleinen“ Nachteil: Für jede Lampe ist ein eigenes und die Differentialbogenlampe, und 1876 kann
aufhielten, wurden plötzlich von einer Lichtflut über- „Kraftwerk“, zumindest eine Batterie notwendig. Pawel Nikolaijewitsch Jablochkoff, der in Paris
schwemmt, die so hell wie die Sonne war. Tatsächlich Die beiden Kohlestifte, zwischen denen der elek- lebt, erstmals in London seine „Jablochkoff’sche
hätte man annehmen können, die Sonne sei auf- trische Lichtbogen entsteht, müssen in kurzen Kerze“ vorführen: Vier Bogenlampen können
gegangen, und diese Illusion war so wirksam, dass Zeitabständen nachreguliert und alle zehn Stun- gleichzeitig in einen Stromkreis eingeschaltet
die aus ihrem Schlaf geweckten Vögel in diesem den ausgewechselt werden. Die Gasfachleute, arg- werden.
künstlichen Tageslicht zu singen anfingen...“ wöhnisch beobachtend, was da auf ihren Markt Diese Bogenlampen geben wirklich eine enor-
In der Pariser Oper wird Meyerbeers Oper „Der zukommt, finden 1862 noch andere Haare in der me Lichtfülle ab – für kleinere Räume eignen sie
Prophet“ 1849 eine Sensation, dank des spekta- Suppe („Journal für Gasbeleuchtung“): sich überhaupt nicht. Am häufigsten wird Bogen-
kulär inszenierten Sonnenaufgangs mit Hilfe des „In Paris soll man bei der Beleuchtung des Place licht genutzt für Großbaustellen (erste bekannte
elektrischen Bogenlichts, das gleich anschließend du Palais Royal durch electrisches Licht die Er- Anwendung in Deutschland: 1869 beim Bau der
sinnigerweise mit dem Ballett „Electra“ in London fahrung gemacht haben, dass jeden Abend, und na- Braunauer Eisenbahnbrücke in München), Straßen
Premiere feiert. Und 1850/51 tingelt „Der Pro- mentlich nach warmen Tagen, sich die Insecten in und Plätze, Bahnhöfe, öffentliche Gebäude und
phet“ mit dem prophetischen elektrischen Son- solchen Schwärmen um die Flamme versammelten, Theater.
nenaufgang auch durch die deutschen Großstädte. dass dadurch zeitenweise das Licht fast erlöscht Im Jahr 1871 soll auch der Turm der Frankfur-
Der in Springe bei Hannover geborene Uhr- schien. Morgens fanden sich die verbrannten Körper ter Katharinenkirche elektrisch beleuchtet worden
macher Heinrich Goebel entwickelt 1854 in New der Thiere zu vielen Tausenden am Boden der sein. Der Ingenieur H. G. Möhring schlägt 1882
York eine brauchbare elektrische Glühlampe. Sie Laterne angehäuft.“ dem Magistrat vergeblich vor, den Opernplatz mit
findet keine Verbreitung, weil das im Kolben „Dies Alles waren und sind noch Versuche, elektrischen Leuchten zu erhellen. Aber am
notwendige Vakuum noch nicht wirtschaftlich theure kostspielige Proben, die bis jetzt zu keinem 2. Dezember 1882 brennt dann doch das erste
hergestellt werden kann und eine kontinuierlich praktisch brauchbaren Ergebnisse geführt haben“, elektrische Licht in Frankfurt: im Hause Ross-
arbeitende Stromquelle fehlt. Immerhin bestätigt urteilt Frankfurts Gaswerkdirektor Joh. Simon markt 14.
ein Gericht später in einem Prozess mit Edison Schiele 1863 hellsichtig, aber dem schaffenden Die erste elektrische Fabrikbeleuchtung richtet
Goebels Vorreiterrolle. Menschengeiste ist die Möglichkeit gezeigt und er Zénobe Theophile Gramme aus Paris, der auf der
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Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region
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Wiener Weltausstellung gerade seine dynamo-


elektrische Maschine zur Beleuchtung und Kraft-
übertragung vorgestellt hatte, 1873 bei einer
Eisengießerei im zu dieser Zeit deutschen Mühl-
hausen im Elsass ein. 1876 beleuchten die
Fried.Krupp-Werke in Essen ihre Fabrikräume mit
elektrischem Bogenlicht.

Das Theater brennt


Die Erfolge des elektrischen Bogenlichts haben die
Gasfachleute nicht ruhen lassen. Sie kontern mit
einer „Intensivbeleuchtung“, etwa dem Regene-
rativ-Brenner von Siemens, der mit einer bis dato
nicht gekannten Lichtfülle glänzt.
1881 stellt Thomas Alva Edison auf der Ersten
Internationalen Elektrizitäts-Ausstellung in Paris
ein komplettes System vom Stromerzeuger bis zur
letzten Lampe vor, das allerdings erst gegen Ende
der Ausstellung richtig funktioniert. Ende des
Jahres findet es nachträglich bei Theaterleuten
besonderes Interesse: Das Wiener Ring-Theater
wird von der Gasbeleuchtung in Brand gesetzt –
379 Todesopfer. Ein Fachmann errechnet 1882,
dass „innerhalb der letzten vier Jahre fast 100
Theater in Asche gelegt worden sind“. Das alte
Schon neun Jahre bevor das Frankfurter Elektrizitätswerk anläuft, ermächtigt der Magistrat das Tiefbau- Residenztheater in München wird 1883 als erste
amt 1885, ein Kabel in den „Fußsteig“ der Großen Eschenheimer Straße zu legen, um der Frankfurter Gas- deutsche Bühne von Gaslicht auf elektrische Be-
gesellschaft „elektrische Beleuchtungsversuche“ zu ermöglichen. Auch Büros, Werkstätten, Lagerräume und leuchtung – mit 800 Glühlampen – umgestellt.
Wohnungen des Tiefbauamtes sollen angeschlossen werden. Die Maschinen für den „elektrischen Licht- Die erste elektrische Straßenbeleuchtung mit
betrieb“ stehen im Hintergebäude der Großen Eschenheimer Straße 29. 1891 wird das Gebäude bei der Glühlampen in New York sichert sich Edisons Kon-
„Durchführung der Schillerstraße vom Börsenplatz aus“ abgerissen, der Versuch eingestellt. kurrent Charles F. Brush: 1871 erhellt die Firma 14
alle Bilder: mit freundlicher Genehmigung der Mainova AG Straßen im Zentrum Manhattans, den Union
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Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region
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Square und den Madison Square. Die 55 elek- München eine Internationale Elektricitäts-Aus-
trischen Lampen ersetzen 430 Gasbrenner. Erst stellung.
später folgt Edison in dem ihm zugeteilten Dis- Der bayerische „Märchenkönig“ Ludwig II. baut
trikt. nicht nur schöne Schlösser, er ist auch neuer
In Berlin fährt 1881 die erste elektrische Stra- Technik zugetan: Schon seit 1873 verbreiten 64
ßenbahn nach Lichterfelde, 1882 der erste Bogenlampen in der Venusgrotte (nach Wagners
Oberleitungs-Bus über den noch ungepflasterten „Tannhäuser“) in Ludwigs Schloss Linderhof ihr
Kurfürstendamm (eigentlich eher eine Kutsche berühmtes „blaues Licht“. Ludwigs mit Putten ge-
an einer Laufkatze; allerdings verkehren in der schmückter Pferdeschlitten gleitet nachts, wenn
Hauptstadt 1895 noch Pferdebahnen, Pferde-Om- der menschenscheue Monarch keine Begegnungen
nibusse und 1896 eine Dampf-Straßenbahn). fürchten muss, bereits um 1870 mit elektrischer
Über die Bahn Berlin-Lichterfelde unterrichtet Beleuchtung durch die Parks. Besonders angetan
die Thüringer Elektricitäts-Lieferungs-Gesell- sind die Fachleute auf der Ausstellung von den
schaft Gotha später die Leser ihres „Nachrichten- „geschmackvollen Lüstern“, den elektrischen
blatts“: Leuchten, und die werden später viel dazu
„Der Motor leistete bei 15 Kilometer Stunden- beitragen, die altmodischen Gasbeleuchtungs-
geschwindigkeit fünf Pferdestärken. Die Stromzu- anlagen zu verdrängen. In einem großen Versuchs-
führung erfolgte durch die Schienen. Natürlich gab theater wird die Verwendbarkeit des elektrischen
es bei dieser Bahn anfangs Schwierigkeiten. Für die Lichts für die Bühne demonstriert, wobei sich vor
Isolierung der Wegeübergänge war nicht gesorgt, so allem die feine Regulierbarkeit der Edison-Lampen
dass die Pferde beim Überschreiten elektrische vorteilhaft vom Bogenlicht abhebt. Die thürin-
Schläge erhielten, auf die Knie stürzten und dann gische Glasbläserfirma Greiner & Friedrichs aus
durchgingen. Weitere Schwierigkeiten folgten da- Stützerbach stellt sich mit ihren Glühlampen den
raus, dass die Lichterfelder Schuljugend die Bahn- amerikanischen und englischen Konkurrenten.
anlagen zu wissenschaftlichen Forschungen be- Interessanterweise wird von zwei später für be-
nutzte. Kleine und große Kinder führten durch sonders wichtig gehaltenen Tatsachen zunächst
Metalldrähte Kurzschluss herbei ...“ kaum Notiz genommen – dass nämlich ein Teil des
Zwei Jahre später geht man bei der Bahn von Stroms für all die ausgestellte Pracht 57 Kilometer
Frankfurt am Main nach Offenbach, der „Knoche- weit von Miesbach hergeleitet wird und dass
mihl“, dazu über, den Strom per Oberleitung zu- neben dem Franzosen Marcel Deprez (der im ver-
zuführen. gangenen Jahr ein ähnliches Experiment in Paris
Am 16. September 1882 eröffnet der bayerische
König Ludwig II. im Königlichen Glaspalast zu Manchen ist das neue Licht zu grell (1885 in Paris).
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Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region
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gezeigt hatte) der junge Baupraktikant Oskar von Firma später einige der ersten Elektrizitätswerke
Miller dahinter steckt, der später die Stromver- errichtet, in der Nürnberger Kaiserstraße die erste
sorgung Bayerns, der Pfalz und Thüringens in dauernde öffentliche Straßenbeleuchtung mit
einen größeren Rahmen stellen wird. Dagegen elektrischen Bogenlampen ein – eine Turbine im
wird gebührend vermerkt, dass „die lange Reihe benachbarten Fischbach treibt den von Schuckert
der Dynamomaschinen verschiedener Systeme ... entwickelten Stromerzeuger. Drei Bogenlampen
durch eine Batterie von 18 Lokomobilen mit zu- ersetzen 35 Gaslaternen. Berlin erhält seine erste
sammen 260 Pferdekräften in Bewegung gesetzt“ elektrische Beleuchtungsanlage (von Siemens &
wird. Nun ja, von Millers Maschinerie lässt kaum „Schalt- und Apparatewände“ der ersten Elek- Halske) ein Vierteljahr später – am Potsdamer
2 PS in München ankommen. Anders als Edison trizitätswerke sind wahre Schmuckstücke. Platz und in der Leipziger Straße.
1881 in Paris erzeugt von Miller den Strom in Die Reichsregierung in Berlin führt nun unter
Miesbach nicht mit einer Dampfmaschine, sondern nahe gelegenen Ortes erglühen ließ und einen Bismarck Sozialversicherungen ein, in die auch die
in einem Wasserkraftwerk. Elektromotor zum fleißigen Gesellen machte. Betriebe eingebunden werden: 1883 die Kranken-
1827 hatte der britische Ingenieur James B. Wie man Strom weiterleiten konnte, war von versicherung, 1884 die Unfallversicherung, 1889
Francis in USA den Prototyp einer Wasserturbine der Telegraphie her bekannt, die man schon seit die Invaliditäts- und Altersversicherung. Seit
entwickelt, und bis 1849 war Francis’ Maschine so längerem an den eingleisigen Bahnstrecken ein- längerem wird von Staats wegen für höhere Re-
weit optimiert, dass sie die Wasserkraft zu 90 Pro- setzte, um die Züge vorausmelden zu können: Gut allöhne, ausreichende Ernährung, mehr Erholungs-
zent ausnutzte – das waren dreimal so viel wie leitender Kupferdraht wurde an Holzmasten auf- zeit, menschenwürdige Wohnverhältnisse gesorgt.
beim herkömmlichen Wasserrad. gehängt – isoliert durch Porzellanglocken. An Das Bildungsniveau des deutschen Arbeiters über-
Selbst an kleinen Wasserläufen verrichteten Ge- kritischen Stellen wurde der Draht mit Gutta- steigt bald weit das bisherige Maß in anderen
treidemühlen, Sägewerke, Klopf- und Hammer- percha, einer Art Naturkautschuk, ummantelt. Die Ländern. Es war auch Zeit: 3 Millionen Deutsche
werke ihr Handwerk. Flüsse und Bäche trieben über früher sprichwörtliche Pünktlichkeit der deut- wandern 1866 – 1893 auf der Suche nach besseren
große, hölzerne Wasserräder die Mahlwerke an. schen Züge war nicht zuletzt auf die genau ge- Bedingungen aus großenteils nach Amerika.
Da kam die Elektrizität gerade recht. Fast jeder henden Bahnhofsuhren zurückzuführen, die elek- Der „Zauberer vom Menlo-Park“, der 1882 in
Müller kannte jemanden, der jemanden kannte, trisch betrieben wurden und damit einheitliche New York das erste öffentliche Elektrizitätswerk
der mit Strom schon einmal in Kontakt gekommen Zeit anzeigten. eröffnet hatte, setzt sich gegen seine zahlreichen
war. Allenthalben fanden Elektrizitäts-Ausstel- In den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts Konkurrenten aus aller Welt schließlich durch,
lungen statt. Mit einigen Informationen, ein biss- existierten bereits hunderte von kleinen Wasser- weil er nicht nur ein genialer Erfinder, sondern ein
chen Geschick war es kein großes Problem, das kraftwerken. 20 Jahre später, als Strom verlustarm noch besserer Propagandist seiner Erfindungen
Bachwasser zu bewegen, künftig mit dem Mühlrad transportiert werden kann, werden auch die ist: Am 31. Oktober 1884 marschieren etwa 250
einen Generator zu drehen, der nicht nur die Lam- Wasserkräfte der großen Flüsse genutzt. Arbeiter aus Edisons Elektrizitätswerks durch New
pe vor dem eigenen Haus, sondern vielleicht auch Im Juni 1882 richtet Johann Sigmund Schu- York. Jeder trägt auf seinem Kopf einen Helm mit
andere Lampen über einer Straße, einem Platz des ckert, ein ehemaliger Mitarbeiter Edisons, dessen einer Edisonlampe darauf und ist über Drähte mit
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Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region
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einer dampfbetriebenen Stromerzeugungsanlage gegenüber rund 3000 mit gleicher Helligkeit


verbunden, die in der Mitte des Zuges auf einem heute. 1886 geht auch in Dessau ein öffentliches
pferdebespannten Wagen mitgeführt wird. Elektrizitätswerk in Betrieb.
Als 1885 die von der Deutschen Edison Gesell- Und in Frankfurt? Auch da gibt es schon seit
schaft gegründete Aktiengesellschaft Städtische Jahren elektrischen Strom, allerdings noch kein
Elektricitäts-Werke Berlin ihren Strom aus dem öffentliches Elektrizitätswerk. Wie fast überall
ersten deutschen öffentlichen Elektrizitätswerk haben auch hier Industriebetriebe die Vorzüge der
liefert, reißt das die Berliner allerdings nicht von neuen Energie längst erkannt und eigene „Block-
den Stühlen: Strom wird nur am Abend geliefert. anlagen“ gebaut, bevor öffentliche Stellen sich
Die privaten Kunden müssen sogar warten, bis die endlich aufraffen, Elektrizitätswerke für die All-
Reichsbank und das Königliche Schauspielhaus, gemeinheit zu errichten. Als das erste größere
die den meisten Strom verbrauchen, ihre Tore öffentliche Elektrizitätswerk 1886 in Berlin ins Das Gelände der Internationalen Elektrotechni-
schließen, damit der Griff zum Schalter erhellende zweite Betriebsjahr geht, stehen in der Reichs- schen Ausstellung 1891 zwischen Gallusanlage und
Folgen hat. hauptstadt nicht weniger als 170 private Block- Hauptbahnhof.
Da auch häufig Stromausfälle zu beklagen sind, stationen. Ein Jahr vorher waren es in Leipzig 23,
mosern die Berliner lauthals: „Een richtiger Jas und in Frankfurt arbeiten 1894, bei Eröffnung des uneinig. Soll die Energie als Gleichstrom geliefert
wird det im Leben nich!“ Mit seinem Lohn könnte öffentlichen Elektrizitätswerks, 87 (die meist werden? Oder als Drehstrom (die neueste Idee)
ein Arbeiter gerade vier Glühlampen betreiben – durch Deutzer Gasmotoren angetrieben werden). oder einphasiger Wechselstrom? 1889 bittet die
Schon darum steht die Stadt unter Zugzwang. Stadtverordneten-Versammlung die Elite der eu-
Außerdem bemühen sich große Elektrofirmen nach- ropäischen Elektrotechnik in eine Sachver-
drücklich um einen Auftrag für den Bau einer Elek- ständigen-Kommission: Professor Galileo Ferraris
trizitätszentrale in Frankfurt. So holt die 1887 ge- (Turin), Professor Dr. Erasmus Kittler (Darmstadt),
bildete Kommission Erfahrungsberichte aus Berlin, Direktor Friedrich Uppenborn (München), Pro-
Wien, Luzern und Rom ein und schreibt den Bau fessor Weber (Zürich), Baurat William H. Lindley
des Elektrizitätswerks aus. Aber weder das Ergebnis (Frankfurt) ... Selbstverständlich können auch
dieser Ausschreibung noch das der zweiten aus dem diese Herren sich nicht einigen.
Jahr 1888 befriedigt die Kommission. Da hat Leopold Sonnemann, Begründer der
Im neuen Frankfurter Personen-Hauptbahnhof „Frankfurter Zeitung“, Bankier und Stadtverord-
strahlen vor der Eröffnung am 18. August 1888 neter, eine Idee, deren Erfolg die gesamte Elek-
zum ersten Mal die von einer eigenen Station ge- trizitätswirtschaft revolutionieren sollte: In einer
speisten elektrischen Lampen die ganze Nacht. internationalen Ausstellung auf dem Frankfurter
Wie lange brennt die Glühlampe? Edison und seine Was das öffentliche Elektrizitätswerk angeht, Messegelände sollen die Firmen den neusten Stand
Mitarbeiter warten gespannt. so scheinen die Fachleute nach wie vor völlig der Technik vorführen.
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Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region
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Auf der dann fünf Monate lang auf dem das in Amerika für den elektrischen Stuhl!) durch geben, weil die Drähte auf 3000 Telegraphen-
Gelände der alten Westbahnhöfe geöffneten In- vier Länder: Württemberg, Baden, Hessen und masten (mit 12 000 Öl-Isolatoren) entlang der
ternationalen Elektrotechnischen Ausstellung Preußen auf das Ausstellungsgelände, wo auf Bahnlinie gelegt werden. Die Badener verlangen,
Frankfurt a. M. von 1891, die offiziell der „Popu- Knopfdruck 1000 elektrische Lampen aufleuchten dass jede Leitungsstange eingezäunt wird. Von
larisierung der Elektrotechnik“ dienen soll (wie und ein Wasserfall zu plätschern beginnt. Ins- 234 PS Turbinenleistung kommen 181 PS an –
gesamt sind Bogen- und Glühlampen mit der über 77 Prozent. Bei Oskar von Millers Demons-
Leuchtkraft von einer Million Kerzen in Betrieb. tration mit einer 1400-Volt-Gleichstromanlage
Gleichzeitig führt Wilhelm Lahmeyer (dessen über 57 Kilometer zwischen Miesbach und Mün-
Gesellschaft 1898 als Hauptaktionär zu den Grün- chen waren es 1882 nur rund 22 Prozent gewesen.
dern des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitäts- Kaiser Wilhelm II. und Prinz Heinrich lösen für
werks in Essen gehören wird), die Gleichstrom- 30 Mark Eintrittskarten und können die Aus-
Übertragung von Offenbach nach Frankfurt über stellung längere Zeit unerkannt durchstreifen.
17 Kilometer vor.
Vom 25. bis 29. August 1891 organisiert die
Stadt Frankfurt außerdem einen Deutschen
Städtetag: Rund 400 Vertretern von 148 deutschen
Städten werden die Elektrizitätseinrichtungen der
Einen der größten Stände auf der Internationalen Frankfurter Ausstellung gezeigt und theoretische
Elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt stellt Erkenntnisse über die Elektrizität vermittelt.
1891 – neben AEG, Siemens und Schuckert – die Aber die Frankfurter Zeitung erhofft sich für
bekannte Elektrofirma Helios auf, die dann nach die Zukunft mehr:
der „Elektrokrise“ 1903 pleite ist. „Von dem Uebergang der Verwaltung großer
Elektrizitäts-Centralen in die Hände der Städte,
die Frankfurter Zeitung schreibt), demonstrieren welchen die nächste Zukunft hoffentlich bringen Publikumsmagnet der Ausstellung ist der künst-
der Franzose Marcel Deprez, der Russe Michael von wird, darf man sich auch insofern große Vortheile liche Wasserfall, den das rund 175 Kilometer ent-
Dolivo-Dobrowolsky und der Deutsche Oskar von für die Elektrotechnik im Allgemeinen versprechen, fernte Kraftwerk antreibt.
Miller eine Sensation: die erste Drehstrom-Über- als die technischen und finanziellen Erfahrungen
tragung über eine längere Entfernung. Von der alsdann durch Veröffentlichung und Austausch der Als Besuchermagnet ist die Ausstellung ein
nicht ausgelasteten Turbine des drei Jahre alten Gesamtheit in viel höherem Grade nützlich sein Erfolg: Über eine Million Interessenten stürmen
Württembergischen Portland-Cement-Werks in können, wie es bis jetzt unter der Alleinherrschaft die Hallen. Als Entscheidungshilfe ist sie eine Ka-
Lauffen am Neckar fließt die Energie über 178 der Privatunternehmer möglich war.“ tastrophe: Unter den Fachleuten beginnt erneut
Kilometer in einer 25 000-Volt-Leitung (bisher Der Generalpostmeister Heinrich von Stephan die Diskussion über die zukunftsweisende Tech-
waren 3000 Volt die Höchstmarke gewesen – und musste seine Zustimmung zum Stromtransport nik: Gleichstrom oder Dreh-/Wechselstrom? Wie
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soeben bewiesen worden war, lässt sich elek- Betrieb der Elektrizitätsversorgung. Für die spä- „Die Söhne kommender Jahrhunderte werden auf
trische Energie als Drehstrom – im Gegensatz zu tere Leistung von 6000 Kilowatt werden 24 Kessel- uns gewiß als sinnlose Verschwender mit Geringschät-
Gleichstrom, wo die optimale Entfernung bei bis einheiten und 8 Maschinensätze benötigt. Am zung herabblicken, wenn sie herausrechnen, dass wir
zu 600, in Extremfällen bis 2000 Metern gesehen 8. Dezember 1894 fließt der Strom zunächst aus von dem Heizwerth, der in den Brennmaterialien vor-
wird – über größere Entfernungen ohne allzu hohe drei Generatoren mit je 500 Kilowatt in das 60 handen ist, nur den zehnten Teil als Wärme aus-
Verluste transportieren. Andererseits kann man Kilometer lange Verteilungsnetz. Die Verbraucher nutzen und den Rest als Ruß und Rauch in die Luft
Gleichstrom einfach in großen Batterieanlagen werden mit einer Spannung von 123 Volt beliefert. lassen“.
speichern, in ruhigeren Zeiten wird die Strom- Wie in Frankfurt bleiben aber zunächst auch Sieben Jahre später erklärt der Direktor der
erzeugung also einfach abgeschaltet. Und in vie- anderenorts viele Fabrikbesitzer bei ihren eigenen Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, Friedrich
len Orten sind schon Gleichstrommotoren in Be- Blockstationen. 1895 besitzen in Deutschland Kohlrausch, dass „einige Quadratmeilen in Nord-
trieb, die sich leicht und ohne hohe Verluste re- 2003 Industriebetriebe eine Blockstation für ihre afrika“ genügten, um das gesamte Deutsche Reich
geln lassen und darum mehr und mehr die Pferde Stromversorgung, 1907 sind es bereits 71000. Wie mit Solarenergie zu versorgen. Er schlägt vor, sich
vor den Straßenbahnen ersetzen. der „Finanzherold“ 1894 mitteilt, kostet der Strom sofort einen entsprechenden Anteil an geeigneten
Entschieden ist der Streit eigentlich erst, als für eine Lampe von 16 Kerzen Leuchtkraft aus der Gegenden zu sichern.
die meisten deutschen Städte längst mit Gleich- Blockstation je Stunde 1,83 Pfennig, vom Elek- In Hanau (das später sein Gas aus Frankfurt
strom erschlossen sind – zugunsten des Dreh- trizitätswerk aber 4 Pfennig. beziehen wird) will das Gaswerk auf dem Land-
stroms. Manchen Städten hängt die langfristig 80 Pf zahlen die Frankfurter für die Kilowatt- wirtschaftsfest 1892 dem aus der engeren und
falsche Entscheidung noch bis Mitte des 20. Jahr- stunde Lichtstrom – das ist der Arbeiterlohn für weiteren Nachbarschaft herbeigeströmten Volk ein
hunderts nach, als sie Stadtteil um Stadtteil von zwei Stunden. Oder der Preis für 27 Eier oder ein Schauspiel und dem Festausschuss eine gute Ein-
Gleich- auf Wechselstrom umstellen müssen. Pfund Butter. 20 Pf werden für Kraft- und Wär- nahme bereiten. Der Festausschuss hatte sich mit
In Frankfurt fällt die Entscheidung für „Ein- mestrom berechnet. Dazu kommt eine Zählermiete dem Fleischer nicht über die Art einigen können,
phasen-Wechselstrom mit Hoch- und Nieder- zwischen 15 und 60 Mark jährlich. Im ersten Jahr wie der ganze, 650 Pfund schwere Ochse gebraten
spannung 2850/123 Volt“. Am 12. Oktober 1893 werden rund 1,4 Millionen Kilowattstunden abge- werden soll. Die Männer des Gaswerks bauen ein
beschließen die Stadtverordneten endlich – nach rechnet, 527000 Mark nimmt das Unternehmen ein, Blechhaus, das den ganzen Ochsen am Spieß um-
sieben Jahre dauernden Diskussionen und Ver- davon 88 Prozent für Licht-, 11 für Kraft- und 1 gibt, konstruieren einen Brenner mit regulier-
handlungen mit allen denkbaren Fachleuten und Prozent für Wärmestrom. Aus Pacht und Gewinn- baren Flammen und für das Drehen der Welle eine
Firmen – den Kraftwerkbau; da waren schon etwa anteil erhält die Stadt etwa 190 000 Mark oder eine komfortable Zahnrad-Übersetzung. Obendrauf
40 deutsche Städte vorangegangen. Kapitalverzinsung von 9,5 Prozent – schon im kommt eine „Reclame-Laterne mit rothen Schei-
An das Baugeschäft Philipp Holzmann & Co. ersten Jahr ist die Anlage ein Geschäft. Für die Er- ben“ und der Aufschrift „Koche mit Gas“. Nach
geht der Auftrag für den Hochbau in der Gutleut- zeugung einer Kilowattstunde werden 3,16 Kilo- sechseinhalb Stunden sind alle Teile gar und 300
straße, der später den Namen „Kraftwerk West“ gramm Kohle verbraucht (80 Jahre später reicht ein Kubikmeter Gas verbraucht. Zuschauer bezahlen
tragen wird. Die Firma Brown, Boveri & Cie., Baden Zehntel dieser Kohlenmenge). Weitsichtig schreibt sogar ein Eintrittsgeld, um an dem Ereignis teil-
(Schweiz, BBC), erhält den Auftrag für Aufbau und die Familienzeitschrift „Gartenlaube“ schon 1893: haben zu dürfen.
12
Die Geschichte von Gas und Strom in Frankfurt und der Region
13

Auf dem Wohltätigkeitsfest „Alt-Frankfurter zur Verbesserung der Frankfurter Luft beigetragen Interessante Weblinks zur
Tage“ für die Frankfurter Künstlergesellschaft und hatten, in Pension geschickt und durch Elektro- Industriegeschichte
den Kronberger Krankenhausverein gestalten die motoren ersetzt werden. Auch die seit 1888 von Adler Motoren Veteranen Club
Damen der Frankfurter Gesellschaft 1896 „Le- der Frankfurter Lokalbahn AG vom Eschenheimer www.adler-veteranen.de
bende Bilder“, die zum ersten Mal mit elektrischen Tor nach Eschersheim betriebene Pferdebahnlinie
DECHEMA Gesellschaft für Chemische
Glühlampen effektvoll beleuchtet werden. (die bald wegen der kaum pferdetauglichen
Technik und Biotechnologie e.V.
Zwischen 1895 und 1900 steigt der Stromver- Steigungen auf Dampfbahnbetrieb umgestellt wird
www.dechema.de
brauch in Frankfurt von 2 auf 17 Millionen Kilo- und auf der später die erste U-Bahn fährt) und die
wattstunden. 1899 zieren die ersten elektrischen seit 1889 von der Frankfurter Waldbahn-Gesell- Fahrzeugveteranenverein Dreieich
Leuchten vor allem die Hauptverkehrs- und Ge- schaft mit Dampfzügen betriebenen Strecken nach www.fvvd.de
schäftsstraßen der Stadt Frankfurt am Main. Aber Neu-Isenburg, Schwanheim und Niederrad (1907 Feldbahnmuseum: www.feldbahn-ffm.de
noch lange werden die Gaslaternen die gewaltige eingestellt) werden nach und nach auf elektrische
Historisches Museum der Stadt Frankfurt
Überzahl bilden. 1939 verbucht das Gas noch den Straßenbahnen umgestellt.
www.historisches-museum.frankfurt.de
Löwenanteil mit 11 123 von 17 164 Laternen.
„Die Lustigen Blätter“ haben die Hand am Puls Dieser Artikel ist den Seiten 81 bis 91 aus dem IHK Frankfurt
der Zeit und begrüßen das 20. Jahrhundert pro- Buch von Hans Trurnit: „Und man sieht nur die www.frankfurt-main.ihk.de
phetisch: im Lichte“ mit freundlicher Genehmigung der Institut für Neue Technische Form
Mainova AG entnommen. www.intef.de
„Nach langem und schwerem Daseinskampf Siehe auch Buchbesprechung in dieser Ausgabe Museum der Stadt Rüsselsheim
schiebt ab das alte Jahrhundert mit Dampf. auf den Seiten 13 bis 14. www.stadt-ruesselsheim.de/rd/1127.htm
Wir brauchen ein neues Fluidum:
Museum für Rechner-, Computer und
Heil Dir elektrisches Säkulum!“ Kaffeekocher und
Kommunikationstechnik
Heizgerät aus dem
www.technikum29.de/
Noch hält die Zugkraft der AEG-Programm 1897
„Gründerjahre“ an, Deutschlands In- Institut für Neue Technische Form
dustrie beginnt England einzuholen. www.intef.de
Das Frankfurter Kraftwerk muss Hessisches Wirtschaftsarchiv
ständig erweitert werden, zumal www.hessischeswirtschaftsarchiv.de/
1898 die 650 Pferde der bisher von
Stadtwerke Verkehrsmuseum Frankfurt
einer Belgischen Gesellschaft auf 16
www.hsf-ffm.de
Linien betriebenen Frankfurter Stra-
ßenbahn, deren Hinterlassenschaf- Zeppelin-Museum Zeppelinheim
ten auf den Schienen nicht gerade www.zeppelin-museum-zeppelinheim.de/

13
Buchbesprechung
14

Hanno Trurnit: 1953 (vgl. Karte auf S. 170). Andere Städte kön-
nen auch nicht, wie Frankfurt, auf die epoche-
machende große Elektrotechnische Ausstellung
Und man sieht nur 1891 zurückblicken (S. 87) und auf die interna-
tionale Luftschifffahrt-Ausstellung am Rebstock,

die im Lichte vorwiegend mit Leuchtgas-gefüllten Ballonen und


Zeppelinen (S. 106). Sehr spezifisch ist natürlich

Die Geschichte von Gas und Strom, Wärme und Wasser


in Frankfurt und der Region.
besprochen von Wolfgang Giere

W
ie bespricht man ein Buch, das auf jeder gebunden. 256 Seiten umfasst der reichlich be-
Seite Dutzende von Fakten, meist meh- bilderte Text, 30 Seiten der Anhang mit Betrach-
rere interessante Bilder, eine fortlaufende tungen über künstliche Beleuchtung und deren
Jahresleiste, Zitate (viele sogar uff escht frang- Beziehungen zur Cultur, Vortrag, 1863(!) gehalten
forderrisch) präsentiert, eine illustrierte Chrono- in der Versammlung des Vereins deutscher Inge-
logie der Industrie- und Technikgeschichte? nieure in Braunschweig von S. Schiele (Director
Das Werk wurde von Mainova bei einer Ver- der Neuen Frankfurter Gasgesellschaft), Zeittafel,
anstaltung des FITG mit einem Vortrag von Herrn Literaturverzeichnis, Index.
Higman über die Geschichte der Gasversorgung am Was ist spezifisch für Frankfurt? Zunächst
15. März 2007 in der Industrie- und Handels- sicher die Konkurrenz von gleich zwei Gaswerken,
kammer verteilt. In einem Zuge habe ich es ge- eines englischen und eines deutschen, mit je ei-
lesen. Vieles konnte ich selbst erinnern, vieles genem Röhrennetz. Erst von den Nazis werden sie
kam bei der Lektüre wieder, vieles habe ich dazu vereint. Dann auch die Vielfalt der unterschied-
gelernt. lichen Stromsysteme, die es bis nach dem 2. Welt- Herausgegeben aus Anlass des 175-jährigen Be-
Das Buch ist, auch dank eines ausführlichen krieg gab (obwohl ich mich an dieselbe Situation stehens der Frankfurter Gas- und Wasserversorgung
Namens- und Ortsindex eine Fundgrube. Es ist auf- in Duisburg erinnere). Es gab 120 V und 240 V von der Mainova AG, Frankfurt am Main im Frank
wändig gemacht, blendend gestaltet, erstklassig Wechselstrom, Drehstrom mit 127/200 V und Trurnit & Partner-Verlag GmbH. Frankfurt, 2004
(zweispaltig) gesetzt, illustriert und gedruckt, gut 220/380 V von verschiedenen Versorgern noch 286 Seiten
14
Buchbesprechung
15

auch die Wasserversorgung, seit 1690 mit Lauf- Kochen und Fernwärme. Amüsant wirken auf uns Jubiläumsjahr“ (125-jähriges Jubiläum der Gas-
brunnen auf den Plätzen, dann mit Dampfpumpen heute die angepriesenen Haushalthilfen, etwa werke 1953), „Ende einer langen Geschichte“
aus dem Stadtwald, später liebäugelte man mit Gasbügeleisen und Gaswaschmaschinen (Sn. 108, (Fusion mit den Gaswerken Höchst 1982), „Der
Fernwasser aus Vogelsberg und Spessart. „Das Pro- 122) oder Elektrobügeleisen und Elektro-Bottich- Markt formiert sich neu“. Man kann durchaus, ge-
blem: Die Gebiete lagen jenseits der Grenze in Waschmaschinen (Sn. 115,123). leitet vom Inhaltsverzeichnis, bei einzelnen Ka-
Kurhessen. Diese Hürde wurde von Otto von Bis- An mehreren Stellen wurde bereits die enge Ver- piteln einsteigen. Wenn man jedoch von vorne bis
marck beiseite geräumt“ (S. 65/66), nämlich 1866 knüpfung der Zeitgeschichte mit der städtischen hinten liest, findet man immer wieder auch auf-
im Krieg gegen Österreichs Hegemonie im Infrastrukturgeschichte angesprochen. Sie zieht schlussreich Statistiken über die Benutzung und
Deutschen Bund, bei dem Frankfurt in Königgrätz sich durch das ganze Buch und ist blendend gelöst. das Vorhandensein von Verbrauchsgeräten, z.B. die
auf der Verliererseite kämpfte und anschließend In jedem Kapitel werden die allgemeingeschicht- Zahl der Straßenlaternen, Verbreitung von Wasser,
Preußen einverleibt wurde. Auch die eigenen Wer- lichen Ereignisse gekennzeichnet, auch wenn sie Gas und Elektrizität in Privatwohnungen, Herde,
ke in den eingemeindeten Städten, z. B. in Höchst keine unmittelbaren Folgen für die Versorgung Kühlschränke, Waschmaschinen usw. sowie ihre
und Heddernheim gab es so nur hier bei uns. Frankfurts mit Gas und Elektrizität, Wärme und Förderung durch gezielte Werbemaßnahmen, staat-
Weniger spezifisch, sondern eher typisch für Wasser hatten. Geschickt versteht es der Autor, liche Förderung, Schauküchen („Gaspassage“ in
die Infrastrukturentwicklung in großen Städten trotz strikt durchgehaltener Chronologie, ablesbar Frankfurt), vertriebsunterstützende Organisatio-
verlief der Konkurrenzkampf zwischen Gas, Elek- an der Jahreszahlenleiste unten auf jeder Seite, nen.
trizität und Ölprodukten (speziell Petroleum) zur einzelne Themen zu bündeln und geschlossen ab- Insgesamt ist es dem Autor gelungen, ein
Beleuchtung. Vaterländisch betont wurde er im zuhandeln: „Der Weg aus der Finsternis“ für die rundes und nie langweiliges Bild der Entwicklung
ersten Weltkrieg: „Deutsches elektrisches Licht Straßen-, Theater- und Hausbeleuchtung mit Gas; zu zeichnen. Die Darstellung ist ansprechend illus-
kann uns von keinem Feinde verteuert oder gar „Auf der Suche nach neuen Quellen“ zur zentralen triert, erstklassig recherchiert und belegt, ja sogar
entzogen werden, es ist nach jeder Richtung hin der Trinkwasserversorgung; „Errungenschaften der immer wieder auch humorvoll. Das liegt nicht nur
beste u. billigste Ersatz für Petroleumlicht“ (Flug- Haustechnik“ über traumschön altertümliche „rö- an den teilweise erheiternden Abbildungen, z.B.
blatt der Geschäftsstelle für Elektrizitätsver- mische, gotische und Arabesk-Kronleuchter“ (S.53); der einer komfortablen Dusche, für die man das
wertung 1915, S. 115). Die Notrezepte zum Ener- „Der glühende Strumpf“ über die bahnbrechende Wasser in einen Überkopf-Behälter pumpen kann
giesparen der Nachkriegszeit (Turmkochen, Erfindung des Auer-Glühstrumpfes; „Es wird (S. 59). Köstlich sind auch passend eingestreute
Kochkiste) wiederholen sich nach dem zweiten spannend“ über die ersten Elektrizitätswerke* – um Zeitungsausschnitte, Leserbriefe und Mundart-
Weltkrieg. Ich kann mich noch gut daran er- nur einige Beispiele zu nennen. Ausführlich wird gedichte. Sprachlich ist das Werk klar und deut-
innern. Auch den berüchtigten „Kohlenklau“ auf neben den Errungenschaften für die Verbraucher lich, redaktionell ausgezeichnet bearbeitet. So ist
den abgebildeten Plakaten (S. 155) habe ich sofort auch die institutionelle Entwicklung dargestellt in das Buch weit mehr als eine Reklameschrift der in-
wiedererkannt. Kapiteln wie „Rettung aus England“, Gemeinsam in stitutionell noch durchaus jungen Mainova. Es ist
Ein anderes Thema, das sich durch das Buch die Zukunft“, „Neues Amt, neuer Wind“, „Im eine hocherfreuliche Fundgrube für jeden, der an
zieht und gründlich abgehandelt wird, ist die Wär- Industrie- und Technikgeschichte interessiert ist,
meversorgung: Hauswärme, Warmwasserbereitung, * siehe auch Abdruck ab Seite 4 in diesem FITG-Journal und als Lektüre sehr empfehlenswert.
15
Tage der Industriekultur
16

Durchführung wurde von den Mitarbeitern der


Stadtentwässerung Frankfurt gemacht.

„In diesen heiligen Hallen“ Wir hatten bereits letztes Jahr die Möglichkeit,
an dieser Führung teilzunehmen. Ein höchst in-
formativer und ungewöhnlicher Spaziergang unter
dem Pflaster der Stadt, in diesem Fall eher unter
Zu den „Tagen der Industriekultur Rhein-Main“ Schwemmkläranlage Europas“ auf dem Programm dem Park der Taunusanlage.
erreichte uns folgender Leserbrief: der „Tage der Industriekultur Rhein-Main“ in Treffpunkt war der Lindley-Besuchereingang in
Frankfurt. Verantwortlich ist, wie im letzten Jahr, der Taunusanlage. Mitarbeiter der Stadt hatten
Auch dieses Jahr stand wieder die Veranstaltung Wolfgang Schwan vom Förderkreis der Industrie- Informationstafeln aufgestellt und standen den
„Auf den Spuren des Erbauers der ersten und Technikgeschichte. Die Organisation und ca. 50 interessierten Mitbürgern für den weiteren
Programmablauf zur Verfügung.
Die Schwemmkläranlage ist ein herausragendes
Zeugnis Frankfurter Industriekultur des 19. Jahr-
hunderts. William Lindley, Engländer, hatte be-
reits einen Ruf als Ingenieur, als er den Auftrag
bekam, den Bau der Kanalisation zu übernehmen.
Man wusste, dass die unhygienischen Zustände
in den Städten Seuchen begünstigten. Und in
vielen großen Städten wurde Abhilfe geschaffen
durch den Bau von Kanalisationsanlagen. In Lon-
don wurde der Anfang gemacht, in Deutschland
waren Hamburg und Frankfurt die ersten Städte.
Kiel, Stettin und Düsseldorf, um nur einige zu
nennen, folgten.
Als wir hinab stiegen in die Kanalisation
wurden wir empfangen von Mozarts „In diesen
heiligen Hallen“. Ein Sänger der Frankfurter Oper
überraschte uns mit diesem Lied aus der Zauber-
„Lindley-Besuchereingang“ an der Taunusanlage. Ganz links Leserbriefschreiberin Helga Germer, rechts da- flöte. Es war durch die hervorragende Akustik ein
neben Wolfgang Schwan (FITG), ganz rechts ist der Sänger Matthias Ernst Holzmann (Rückenansicht) von Ohrenschmaus und in mehrfacher Hinsicht pas-
den Städtischen Bühnen Frankfurt, im Gespräch mit Werner Kristeller (Leiter der Stadtentwässerung in send. Die wunderschön gemauerten Gänge wurden
Frankfurt). von eigens ausgebildeten Maurern geschaffen. Bis
16
Tage der Industriekultur
17

vor einigen Jahren bildeten die Stadtwerke Frank-


furt noch selbst Maurer für Tiefbau aus. Aus- Industriekultur – zum Anbeißen!
gestattet mit Schutzkleidung, hatten wir dann die
Möglichkeit, einen Teil der ca. 1.600 km der un- Besucherrekord bei Tagen der Industriekultur Rhein-Main
terirdischen Kanäle und Schächte in Augenschein
zu nehmen. Eine empfehlenswerte Veranstaltung,

W
ie der Geschäftsführer der KulturRegion werden können. Betriebe wie Coca Cola, Wacker’s
und auf diesem Wege möchte wir Wolfgang Frankfurt RheinMain gGmbH, Konrad Kaffe oder die Höchster Porzellan-Manufaktur
Schwan und allen Mitwirkenden noch einmal Dank Dörner, erfreut feststellte, verzeichneten wollen darauf reagieren und in Zukunft mehr
sagen. die diesjährigen „Tage der Industriekultur Rhein- Führungen anbieten. Auch bei Henkell in Wies-
Nora Bartl · Dr. Rolf-Reiner Bartl · Helga Germer Main“ rund 11.000 Teilnehmer. Das sind circa 10 % baden und dem Peter-Behrens-Bau von Infraserv
mehr als im Jahre 2006. "Damit entwickeln sich in Höchst überstieg die Nachfrage das Angebot um
die „Tage der Industriekultur Rhein-Main“ als ein Vielfaches. Das Frischezentrum in Kalbach bot
Zusatztermine für Führungen an, die nun bereits
bis ins Frühjahr vergeben sind, so viele Menschen
interessierten sich dafür.
Es gab viele „versteckte“ Orte zu entdecken:
Hattersheim etwa vermeldet einen Besucherrekord
mit je rund 1.000 Teilnehmern bei den Veran-
staltungen in der Urbansmühle und im Jugendstil-
Wasserwerk von hessenwasser. Hier nahmen die
feste Größe im Kultur- und Freizeitangebot in der Teilnehmer einen Weg von 2,5 km über die ge-
Rhein-Main Region. Dies wäre ohne die Unterstüt- pflasterte, grün überwucherte Wasserwerkchaus-
zung der Beteiligten in Unternehmen, Kommunen see zu Fuß, per Rad oder Fahrradrikscha in Kauf,
und Institutionen nicht möglich geworden. Damit um zum verwunschenen 100jährigen Jugendstil-
sind wir auf einem guten Weg der Vernetzung und Wasserwerk zu gelangen.
Bündelung zwischen den Akteuren“, so Dörner. Auch das alte Druckwasserwerk im Frankfurter
Dass es nicht noch viel mehr waren, lag an den Westhafen, das erstmals bespielt wurde mit
Kapazitätsengpässen bei den meisten Führungen. Theater, und der Schlachthof in Offenbach ver-
Die Firmen wurden förmlich überrollt von der zeichneten Besucheranstürme. Esskultur gepaart
Nachfrage: Bei allen Führungen in produzierenden mit industriellem Charme gab es im Haus für In-
Unternehmen (mit entsprechender Teilnehmer- dustriekultur in Darmstadt und vor der beein-
Abb. 2. Blick in die Kanalisation und in das Mauer- beschränkung) war die Nachfrage so groß, dass ein druckenden Kulisse im Kraftwerk Staudinger in
werk. Vielfaches an Besuchern hätte untergebracht Großkrotzenburg.
17
Tage der Industriekultur
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Viele Besucher haben einen persönlichen Be- gistrierte zwischen 4.000 und 7.000 Seitenauf- Tage der Industriekultur Rhein-Main. Geschäfts-
zug zu den Unternehmen und berichteten spontan rufen pro Tag. Wer nächstes Jahr nicht zu spät führer Konrad Dörner stellt in Aussicht: „Wir
vor Ort z.B. von ihrer Lehrzeit bei der Union- sein will für die Besichtigungen, sollte sich dort werden für das Jahr 2008 ein noch umfassenderes
Brauerei in Groß-Gerau oder bei der Naxos-Union für den newsletter registrieren. Hier gibt es auch attraktives Programm für die Menschen der Region
in Frankfurt am Main. Eine Teilnehmerin erzählte, Informationen für Veranstaltungen außerhalb der vorbereiten.“
wie sie als Lehrmädchen bei der Urbansmühle im
2. Weltkrieg als eine der Wenigen genug Mehl für
Brot erhalten habe.
Im fünften Jahr der „Tage der Industriekultur
100 Jahre Wasserwerk Hattersheim am Main –
Rhein-Main“ gibt es mittlerweile viele Fans und Hessenwasser gibt Monographie zum Jubiläum heraus
„Wiederholungstäter“. Sie nutzten die vier Rou-
tentage für einen privaten Bildungsurlaub und Das Wasserwerk Hattersheim, von Beginn an eines lass genommen eine Monographie über dieses in
waren kreuz und quer in der Region unterwegs. der Highlights der Route der Industriekultur, hat seiner Gesamtheit im Rhein-Main-Gebiet einzig-
Neben interessierten Einheimischen aus der vor genau 100 Jahren seinen Förderbetrieb auf- artige Wasserwerk herauszugeben. Der Autor,
näherer Umgebung und Region kamen auch genommen. Dies hat der heutige Betreiber der An- Volker Rödel, bettet die Darstellung der Ge-
Touristen und Zugereiste. Teilnehmer kamen zum lage, die Hessenwasser GmbH & Co. KG, zum An- schichte des Wasserwerks und seiner architekto-
Teil auch von außerhalb der Region, aus Fulda, nischen und technischen Besonderheiten in einen
Mannheim, Rheinhessen und Franken (Bayern). kurzen Abriss der Geschichte der Frankfurter
Neben Familien mit Kindern und interessierten Wasserversorgung ein, für die dieses Wasserwerk
Pensionären waren viele einzelne Berufstätige bis in die neunziger Jahre des letzten Jahr-
unterwegs sowie Freundesgruppen jüngeren hunderts eine zentrale Bedeutung hatte. Das Buch
Alters. (76 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Fotos) ist
„Industriekultur ist attraktiv und gesell- zum Preis von € 9,90 an folgenden Stellen
schaftsfähig geworden“ berichtet Projektkoor- erhältlich:
dinatorin Sabine von Bebenburg. „Die Menschen • Frankfurt: Buchhandlung Walter König, Dom-
sind aufgeschlossen für das Thema und nehmen straße 6, 60311 Frankfurt, Telefon: 069-296588
die Angebote der KulturRegion Frankfurt Rhein- • Hattersheim: Stadtpunkt Hattersheim, Bahn-
Main, mit Anderen gemeinsam neue Facetten der hofsplatz 1, 65795 Hattersheim am Main, Telefon:
Region kennen zu lernen, sehr gut auf“. „Die 06190 970-272 bis -274 oder direkt bei der:
Stimmung war prächtig“ berichten auch die Ver- • Hessenwasser GmbH & Co. KG, Taunusstraße 100,
anstalter vor Ort. Iron Lady – die Dampfpumpmaschine im Wasser- 65421 Groß-Gerau; Telefon: 069-25490-2335, Mail:
Das Interesse ist ungebrochen: Die Website werk Hattersheim – gebaut im Jahre 1927 von kommunikation@hessenwasser.de (zzgl. € 1,45
www.route-der-industriekultur-rhein-main.de re- Thyssen/DEMAG Versandkosten)
18
techikum29
19

um einen Kontrast zu den Öffentlichen zu bieten.


Das technikum29 zeichnet sich dadurch aus, dass

technikum29 praktisch alle Exponate funktionsfähig demons-


trierbar sind.
Aus dem zunächst sehr begrenztem Sammel-
gebiet entstand ein mittlerweile relativ großer
Technikbereich, dessen Entwicklung unsere Ge-
von Heribert Müller, Kelkheim genwart und insbesondere unsere Zukunft exorbi-
tant beeinflusst.

D
as technikum29 ist ein Museum für Kom- geräten aus den 30er Jahren) im Laufe der Zeit ein Die Menschen sind fasziniert von archäolo-
munikations-, Rechner- und Computertech- ganzes Gebäude voll mit Technik, deren Entwick- gischen Ausgrabungen aus der Steinzeit, sie be-
nik in privater Trägerschaft. lungsgeschichte faszinierend ist. fassen sich engagiert mit der Entwicklungs-
Nicht selten entwickelt sich aus einem zu- Private Museen können selten mit üppigem geschichte von Dinosauriern, sie studieren Kunst-
nächst harmlosen Hobby (hier war es die Sammel- Raumangebot glänzen, daher muss es versuchen, und Musikgeschichte, vergessen aber mittlerweile
und Restaurationsleidenschaft von Rundfunk- sich durch besondere Eigenschaften zu profilieren, den Aufbruch in die Geschichte der Gegenwart,
der nur durch den Fortschritt der Kommunika-
tions- und Computertechnik möglich war.
In einigen Jahren werden unsere Kinder zwar
hin und wieder eine Dampflok in voller Fahrt be-
wundern können; ein komplettes Rechenzentrum
der 60er Jahre ist jedoch stumm und leblos, wenn
wir die komplexen Kenntnisse hierüber nicht in
die Zukunft retten: Das ist unser hehres Ziel.
Das Museum ist relativ „breitbandig“, damit die
Besucher auch etwas finden, mit dem sie sich evt.
identifizieren können. Hier die Themen:
(Bild-)Telegraphie, Rundfunk, Fernsehen, Ton-
und Bildaufnahme, sowie Meßtechnik bilden den
Bereich der Kommunikation.
Die (Morse-)Telegraphie besticht durch wun-
derschöne, technisch sehr transparente Geräte.
Diese Art der Kommunikation stand dem „nor-
Bild 1: technikum29 in Kelkheim/Taunus malen“ Menschen jedoch nicht zur Verfügung. Wir
19
techikum29
20

Bild 2: Tragbare Telegraphenstation der Fa. S.-A. Hasler, Bern Bild 3: Rundfunkgerät DeTeWe Novodyn R.E. 59 von 1926

beschränken uns auf eine tragbare Telegraphen- wirklichen Experten bedient werden konnte. Einer auf Draht, Band oder Folie zeigt den Fortschritt
stadion der Firma S.-A. Hasler, Bern (Bild 2). der interessantesten 3-Kreiser dieser Zeit, der der Entwicklung.
Im Museum gibt es noch viele Geräte aus dieser DeTeWe Novodyn R.E. 59 (Deutsche Telephonwerke Ein großes Schwerpunktthema ist die Rechner-
und späteren Zeiten, wobei während der Führung u. Kabelindustrie AG, Berlin) war damals nur für und Computertechnik. Dieser Bereich nimmt den
eine kleine Auswahl gezeigt wird. Hierzu gehören gut betuchte Bürger erschwinglich. Rundfunk größten Platz im Museum ein. Wir können hier
auch die Bildtelegraphen (z.B. Fultograph von hören war trotz des äußerst bescheidenen Klang- Geräte in Funktion zeigen, die Sie sonst nirgend-
1929), Faximilegeräte, Fernschreiber, Hellschreiber erlebnisses eine wirkliche Faszination. wo sehen werden. Das beginnt mit elektromecha-
und vieles mehr. Später wurden aus den Rundfunkgeräten rich- nischen Rechenautomaten und endet im komplet-
Wie hat sich die Entwicklung des Rundfunks ab tige Möbelstücke deren Spitze in den Musik- ten ca. 5 Tonnen schwerem Rechenzentrum.
den 20er Jahren vollzogen? An einem Beispiel- schränken der 50er Jahre gipfelte. Nein, einen ZUSE-Rechner haben wir leider
gerät Baujahr 1926 (Bild 3) kann man erkennen, Auch der Fernseh-, Video-, Tontechnik ist ein nicht. Die wenigen, die es gab, sind entweder vor
dass die aufblühende Technik damals nur von eigener Raum gewidmet. Die Schallaufzeichnung langer Zeit sorglos verschrottet worden oder sie
20
techikum29
21

stehen (leblos) in den großen Museen. Bei dieser


komplexen Technik sind wir besonders gefordert.
Nicht reparierbare oder wenig interessante Rech-
ner kommen nicht ins Museum.
Im Rahmen dieses Beitrages können wir nur
exemplarisch auf ein paar Stücke der uralt-EDV-
Technik eingehen. So läuft im technikum noch
eine Tabelliermaschine (Vorgänger der Großcom-
puter) aus dem Jahre 1956. Sie kostete damals
260.000,- DM, eine horrende Summe. Dazu gehört
ein ganzer Pulk von Lochkartengeräten, natürlich
alle funktionsfähig. Beim „Klappern“ dieser vor-
wiegend elektromechanisch arbeitenden Geräten
wird die Vergangenheit der EDV noch einmal
präsent.
Wir zeigen auch ca. 350 kg schwere „Mini-
computer“ (ab Bj. 1965), welche Vorgänger der
heutigen PC´s sind (Bild 4). Spielen Sie z.B. im
Museum gegen einen solchen Computer mit 8 kB
Arbeitsspeicher Schach… Sie werden vermutlich
verlieren!
Eine Besonderheit ist sicher der Großrechner
„UNIVAC 9400“ aus dem Jahre 1969 (Bild 5).
Diesen Rechner mit einem Gesamtgewicht von
über 5 Tonnen und einer Leistungsaufnahme von
über 15 kW zur vollen Funktion zu bringen, war
und ist eine große Herausforderung; doch er läuft
und kann z.B. ihren persönlichen Biorhythmus be-
rechnen und ausdrucken.
Einen solchen Rechner mit all seinen Ge-
räuschen (der Raum vibriert!), seinen vielen
Lämpchen, dem superschnellen Lochkartenleser
usw. in Aktion erleben zu können, ist zumindest Bild 4: „Minicomputer“ der Firma DEC, Typ LAB 8e, Bj. 1970
21
techikum29
22

Bild 5: UNIVAC 9400 Großrechner, Bj. 1969 Bild 6: Ausschnitt eines Festwertspeichers

im Rhein-Main-Gebiet nur hier möglich. Wir gehen zeichnet ein lebendiges Bild dieser glanzvollen Das technikum29 ist ein „Lernmuseum“, es ist
jedoch davon aus, dass in Europa kein zweiter, Ära und das macht den Unterschied. damit auch für den Besuch von Studentengruppen
ähnlich großer alter Rechner noch in Aktion ist. Auch interessante Innenansichten aus den vor- und Oberstufenschüler geeignet.
Die Entwicklung der Rechner- und Computer- handenen Frühcomputern sind in Vitrinen aus-
technik ist schon sehr speziell, sie kann jedoch, gestellt. Hier als Beispiel (Bild 6) ein Ausschnitt Die Öffnungszeiten des technikum29 in Kelk-
wenn man sie in Funktion erleben kann, selbst eines gefädelten ROM (Festwertspeicher) aus heim im Taunus sowie weitere Informationen kön-
Laien faszinieren. Die funktionierende Technik einem NIXDORF Rechner. nen Sie unter www.technikum29.de erfahren.
22
Leonhard Euler
23

Leben und …
1707 Leonhard Euler wird am 15. April als Sohn des
Pfarrers Paul Euler in Basel geboren

Leonhard Euler in Hessen 1720 Studienbeginn an der Universität Basel


1722 Mathematik-Vorlesungen bei Johann I Bernoulli
1723 Promoti-
on zum
Eine kleine Betrachtung zu seinem 300. Geburtstag Magister.
Immatri-
kulation
an der
von Wolfgang Kirsten Theologi-
schen Fa-
kultät
1727 Euler be-

A
m 15. April war der 300. Geburtstag von thematischen Schaffens ein. Er gab hier eine erste
teiligt
Leonhard Euler, der 1707 in Basel geboren systematische Darstellung der Theorie, wobei er sich an
ist. Euler ist ohne Zweifel nicht nur der zum ersten Mal viele der heutigen üblichen Be- einer
Preisfrage
größte Mathematiker seiner Zeit, sondern war zeichnungen einführte (siehe Kasten links).
der Pari-
einer der schöpferischsten Menschen überhaupt. Euler war aber nicht nur Mathematiker. „Euler ser Aka-
Er war ein ausgesprochen produktiver Ma- war ein typischer Geometer, der neben der ma- demie der
Wissen-
thematiker. Besonders seine Bücher zur Analysis thematischen Theorie auch stets die Anwendungen schaften und erhält mit einer Schrift über die
nehmen auch heute noch den ersten Platz ma- im Blick hatte“, liest man daher auch in dem „Le- güngstigste Bemastung von Schiffen einen zweiten
xikon der Mathematik“ aus dem Spektrum Aka- Preis; Berufung an die Petersburger Akademie
1733 Übernahme der Professur Daniel Bernoullis für Ma-
demischer Verlag (2001). Seine wissenschaftlichen thematik in Petersburg
Bezeichnung Definition Bemerkung Tätigkeiten umfassten nicht nur die Mathematik 1734 Heirat mit Kathrina Gsell. Aus dieser Ehe gingen
Basis des und Physik (hier insbesondere die Mechanik, der 13 Kinder hervor, von denen lediglich 5 das Er-
e e = 2,71828… natürlichen wachsenenalter erreichten
Hydromechanik, die Hydraulik und die Optik), 1735 Beteiligung an der Erstellung der Generalkarte
Logarithmus
π π = 3,14159
sondern er hat auch in den Ingenieurwissenschaf- Russlands
Kreiszahl 1741 Einladung von Friedrich II. nach Berlin, um die
ten, der Astronomie, der Musik und der Philo-
i i = √-1 imaginäre Einheit sophie Wesentliches veröffentlicht. Sogar über die
dortige Akademie aufzubauen
1746 Einweihung der Berliner Akademie.
f(x) Schreibweise einer Funktion Artillerie hat er ein Buch verfasst, übrigens eines 1750 Euler trifft seine Mutter in Frankfurt, um sie nach
Berlin zu holen
sin x trigometrische Funktion der wenigen Bücher in deutscher Sprache. Seine 1755 Auswärtiges Mitglied der Pariser Akademie
anderen Bücher schrieb er überwiegend in la- 1766 Rückkehr nach Petersburg – auf Einladung von Za-
cos x trigometrische Funktion
Σ
teinisch, viele auch in französisch. All seine rin Katharina II.
Summenzeichen 1771 vollständige Erblindung
Bücher wurden noch zu seiner Lebenszeit in die 1783 Euler stirbt am 18. September an Hirnblutungen
Auswahl von Bezeichnungen, die Euler einführte wichtigsten europäischen Sprachen übersetzt.
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Leonhard Euler
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Weltweit wird sein 300. Geburtstag mit einem den Lehrstuhl für Mathematik an der Universität … Wirken Eulers
„Euler-Jahr 2007“ gefeiert, wobei die Schwer- Basel.
Euler war ein extrem produktiver Wissenschaftler. Insge-
punkte der Aktivitäten in den Städten und Eulers Vater – Paul Euler – hatte an der Univer- samt gab es 866 Publikationen von ihm, u.a.:
Ländern liegen, in denen Euler gelebt hat. Hierzu sität Basel ebenfalls Theologie studiert, aber 1729 Unendliche Reihen
1730 zwei bedeutende Arbeiten über geodätische Linien
gehören neben Petersburg und Berlin insbeson- gleichzeitig die Vorlesungen von Jacob Bernoulli 1731 Versuch einer neuen Musiktheorie
dere Basel. Dort wurden und werden das ganze besucht. Daher war er in der Mathematik bewan- 1734 Untersuchungen über die Eulersche Konstante
Jahr verschiedene Veranstaltungen durchgeführt, dert und schätzte sie. Euler schreibt selbst in 1735 Summe der reziproken Quadratzahl
1735 Lösung des Königsbergers Brückenproblems
vergl. www.euler-2007.ch. einer kurzen Autobiographie (vergleicht Fellmann 1736 Lehrbuch der Mechanik (2 Bände)
In diesem Aufsatz wollen wir an Leonhard 1995), dass er „bey Zeiten“ von seinem Vater den 1738 Rechenbuch (2 Bände)
1742 Beweis des „kleinen“
Euler erinnern, der Begründer vieler technischer ersten Unterricht – auch in Mathematik – erhielt. Satzes von Fermat
Grundlagen aus dem Bereich der Ingenieurwissen- Leonhards erstes mathematisches Buch war die 1744 Variationsrechnung;
schaften war. Es gibt aber auch einen kleinen Be- „Coss“ und die „Algebra“ in der Ausgabe von Lehrbuch der Theorie
der Bewegung von
zug zu unserer Gegend, dem Rhein-Main-Gebiet: Michael Stifel – ein sehr schwieriges Buch in Planeten und Kometen
Euler besuchte zweimal Frankfurt. Über seine diesem Alter. 1744–53 Zum Prinzip der
kleinsten Aktion
erste Reise 1727 gibt es überraschenderweise Im Geburtsjahr Eulers war Jacob Bernoulli be-
1745 Neue Grundsätze der
Neuigkeiten, weil der Gießener Mathematiker reits gestorben und sein Bruder Johann I. über- Artillerie
Manfred Börgens erst kürzlich zum „Euler-Jahr“ nahm den Lehrstuhl in Basel. Er beschäftigte sich 1747 Vieldeutigkeit des
Logarithmus
einen Abschnitt in Eulers Tagebuch transkribiert, insbesondere mit Anwendungen des neuen Infini- 1748 Einführung in die
kommentiert und publiziert hat. Wir wissen daher tesimalkalküls in der Mechanik und Hydraulik. Analysis (2 Bände);
zum ersten Mal etwas Näheres über Eulers Reise Im achten Lebensjahr schickte man Leonhard Differentialrechnung (2 Bände)
1749 Wissenschaft vom Schiffswesen (2 Bände)
durch Hessen auf dem Weg nach St. Petersburg in in die Lateinschule nach Basel. Dort lebte er bei 1750 Betrachtungen über Raum und Zeit
Russland. seiner Großmutter mütterlicherseits. Das Gymna- 1751 Theorie der Mondbewegung
1753 Turbinenbau und Hydrodynmaik; Mondtheorie
sium war offensichtlich in einem schlechten Zu- 1756 Entwicklung der Variationsrechnung von Lagrange
Eine kleine Bibliographie stand – beispielsweise wurde die Mathematik auf 1758 Polyedersatz; Eulersche Kreiselgleichungen
Antrag der Bürgerschaft gestrichen. Wie viele 1762 Achromatische Linsen
1765 Theorie der Bewegung von Festkörpern
Das Leben von Euler ist verwoben mit der Ma- andere Eltern engagierte Paul Euler für seinen 1768 Lettres à une princesse d’Allemagne
thematikerdynastie der Bernoulli, einer Schweizer Sohn einen Privatlehrer, den jungen Theologen 1768–70 Integralrechnung (3 Bände)
1769–71 Universelle Optik (3 Bände)
Gelehrtenfamilie holländischer Herkunft. Der Johannes Burckhardt, der ein begeisterter Ma- 1770 Vollständige Anleitung zur Algebra (2 Bände)
erste war Jacob I. Er studierte Theologie in Basel, thematiker war und als der „Lehrmeister des 1772 Zweite Mondtheorie
beschäftigte sich aber offenbar heimlich mit der großen Euler in der Mathematik“ (nach Daniel 1773 Vollständige Theorie der Konstruktion und
Steuerung von Schiffen
Mathematik. Nach einer ausgedehnten Reise Bernoulli, zweiter Sohn von Johann I.) bezeich- 1775 Allgemeines Prinzip vom Drehimpuls
durch Europa zu den damaligen bedeutenden Ma- net wurde. Mit dreizehn wechselte Euler in die 1777 Koeffizientenbestimmung für trigono-
metrische Reihen
thematikern und Physikern übernahm er ab 1687 Universität und im Herbst 1723 erlangte er die
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Magisterwürde. Gleich danach immatrikulierte er St. Petersburg Freunde von Euler waren. Er selbst erhielt
sich an der theologischen Fakultät, jedoch lag gleichfalls das Angebot nach Petersburg zu kom-
sein Hauptinteresse nach wie vor bei den höheren Der russische Zar Peter der Große hatte 1724 den men, das er mit Freude annahm.
Vorlesungen Johann Bernoullis. Euler wurde ein Plan, eine Akademie der Wissenschaft zu gründen. Per Schiff, mit der Postkutscher und zu Fuß
enger Freund der Familie und konnte jeden Sonn- Seine Witwe Katharina I. führte die Pläne letzt- erreichte er im Mai 1727 – nach siebenwöchiger
abend seinen Lehrer besuchen und ihm die endlich aus und ein Jahr später wurden die Söhne Reise – St. Petersburg.
Schwierigkeiten vorlegen, vor denen er während von Johann Bernoulli – Nikolaus und Daniel Dort änderte sich jedoch die politische
der Woche stand. Bernoulli – nach Petersburg gerufen, die beide Situation, weil eine Woche vorher die Kaiserin Ka-

Beiträge Eulers zur Schiffstheorie


Eine Arbeit von Euler aus der Basler Zeit ist besonders aus „Im ersten Band behandelt Euler die allgemeine Gleichge- nah war und großen Erfolg hatte: Euler bekam vom französi-
unserer Sicht interessant. Die Pariser Akademie stellte im wichtstheorie schwimmender Körper und studiert – damals ein schen König für die Einführung des Buches an den Marine-
Jahr 1726 die öffentliche Preisfrage, wie die günstigste Be- Novum – Stabilitätsprobleme sowie kleine Schwingungen in der schulen eine Belohnung in Höhe von 6000 Livres.
mastung eines Schiffes wäre. Er beteiligte sich an dieser Nachbarschaft des Gleichgewichtszustands. (...) Der zweite Die Formeln und Berechnungen Eulers gehören bis heute
Preisaufgabe, obwohl er, außer den Frachtschiffen auf dem Band bringt Anwendungen der allgemeinen Theorie auf den zum Rüstzeug der Konstrukteure, Statiker und Schiffsbauer.
Rhein, noch nie ein Schiff auf dem Meer gesehen hatte. Eu- Spezialfall des Schiffes. Mit der Scientia navalis hat Euler sozu- Deshalb hat er es wohl auch zum Comic-Helden geschafft:
lers Arbeit wurde mit dem zweiten Platz bedacht. sagen eine neue Wissenschaft begründet und auf die Entwick- „Leonhard – ein Mann, mit dem man rechnen kann“ (ISBN:
Im Jahr 1753 fragte die französische Akademie der Wissen- lung der Seefahrt sowie des Schiffsingenieurwesens nachhaltig 978-3-7643-7779-3, Birkhäuser Verlag, 2007)
schaften erneut, wie „die Wirkung des Windes beim Antrieb eingewirkt.“ (aus der Bibliographie von Fellmann (S.45))
von Schiffen zu ersetzen“ sei. Im Unterschied zu der Publikation bei der Preisfrage 1753
Daniel Bernoulli und Euler reichten lange Traktate ein, wo- richtete sich die Scientia navalis an den Wissenschaftler und
bei Bernoulli gewann. Aber auch Eulers Text wurde publi- wurde kaum von den Praktikern verstanden und verwendet.
ziert, weil er viele Neuigkeiten enthielt. Beispielsweise hat Daher publizierte Euler ein weiteres Buch im Jahr 1773 in
Euler zum Antrieb von Schiffen eine Schiffsschraube zum französischer Sprache unter dem Titel „Théorie complette de
ersten Mal herangezogen. Er hatte auch das Prinzip des la construction et de la manoeuvre des vaisseaux“, das praxis-
Rückstoss verbessert, die
heute bei den Jetskis – ei-
ner Art Wassermotorräder –,
aber auch in großen Schif-
fen verwendet wird, wenn
diese in untiefen Gewässern
fahren müssen (siehe auch
Frans Cerulus (2007)).
Grundlage dieser eingereich-
ten Preisfrage war die Hydro-
mechanik, die von Euler in
einer großen Arbeit über die
„Schiffstheorie“ („Scientia
navalis“), die in zwei Bänden
1749 veröffentlicht wurde.

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Leonhard Euler
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tharina I. gestorben war. Seine akademischen Er- heute schmunzeln lässt (zitiert aus www.euler- Euler hatte auf dieser Reise Tagebuch geführt,
nennungen waren zunächst in Schwebe und man 2007.ch/tafeln, einem Projekt der Alten Kanton- das heute im Archiv der Akademie der Wissen-
berief ihn aufgrund seiner Preisschrift aus der schule Aarau, A21): schaften in St. Petersburg aufbewahrt wird. An-
Pariser Akademie im Jahr 1726 zur Bemastung „15 Pfund Kaffee, 1 Pfund vom besten grünen Tee, lässlich des 250. Geburtstags von Euler wurde es
eines Schiffes in die russische Flotte, bevor er be- sowie ½ dutzend bouteilles gutes dantziger brannt- 1957 von einem russischen Wissenschaftler er-
soldetes Mitglied der Akademie wurde. Nach der weins, 12 dutzend feine tabacpfeifen und etliche wähnt und in einem Tagungsband einige Seiten
Rückreise seines Freundes Daniel Bernoulli im dotzend cartenspiele.“ faksimiliert, die die Reiseroute zwischen Frankfurt
Jahre 1733 nach Basel erhielt er dessen Mathema- Die eben beschriebene Reiseroute ist aus Eulers und Einbeck (südliches Niedersachsen) beschrieb.
tikprofessur. Bibliographien gut bekannt (siehe aus der Biblio- Auf diese Publikation ist der Giessener Mathe-
graphie von Fellmann). Frankfurt ist dabei nicht matikprofessor Manfred Börgens wieder unlängst
Euler in Frankfurt erwähnt, obwohl man die Vermutung haben könn- gestoßen. Er hat dieses nur sehr schwer lesbare
te, dass seine Route in dieser Zeit über Frankfurt Dokument transkribiert (siehe Abb. 1 auf Seite 26)
Euler hat bei seinen Reisen Frankfurt zweimal be- führte. Eine Anfrage des Autors an das Institut für und hat es zum Eulerjahr zusammen mit Jürgen
sucht: einmal während seiner oben erwähnten Stadtgeschichte in Frankfurt am 21.6.2007 führte Wagner von der Wetterauer Zeitung unter dem
Reise von Basel nach St. Petersburg und noch ein- zu keinen weiterführenden Informationen (siehe Titel „Zu Friedberg aß ich zu Mittag. Leonhard
mal 1750, um seine verwitwete Mutter nach Berlin im Kasten). Eulers Reise durch die Wetterau 1727“ als Fried-
zu holen, die ihrerseits von Basel kommend nach berger Hochschulschriften Nr. 17 veröffentlicht.
Frankfurt reiste. Sehr geehrter Herr Dr. Kirsten, Man findet diese Schrift auch im Internet. (Link
Die erste Reise begann am 5. April 1727 in zu Leonhard Euler haben wir leider nur eine Mappe mit siehe Literaturverzeichnis)
Zeitungsausschnitten, in der sich ein Abdruck zweier
Basel. Er fuhr zunächst mit einem Schiff den Briefe des Sohnes Johann Albrecht Euler von 1771 und Dabei stellte sich heraus, dass die Tagebuchein-
Rhein hoch und erreichte 5 Tage später Mainz. 1781. tragung vom 11. und 12. April 1727 während sei-
Von dort fuhr er in einer Postkutsche über Fried- Die Artikel zu Leonhard Euler aus der Allgemeinen Deut- ner Reise durch Hessen ein echtes Fundstück ist
schen Biographie (6. Bd. S. 422-431) und der Neuen Deut-
berg, Wetzlar nach Marburg, wo er den damals be- schen Biographie (4. Bd. 1959. S. 688-689) kennen Sie si- und bisher in keiner Euler-Biographie erwähnt
rühmten Philosophen und Naturwissenschaftler cherlich. wurde. Wir zitieren aus dieser Hochschulschrift:
Archivalien zur Person haben wir leider überhaupt nicht
Christian Wolff besuchte. Einen Tag später führte „Euler schrieb mit Bleistift, der an vielen Stellen
finden können. Meldeunterlagen gibt es für die Zeit vor
seine Reise weiter, über Hannover, Hamburg nach 1868 nicht. Die Torbücher, in denen der Ein- und Ausgang verwischte. Er hielt das Tagebuch während der un-
Lübeck, wo er ein Schiff in Travemünde bestieg von Personen durch die Stadttore verzeichnet wurde, exi- ruhigen Kutschfahrt offenbar auf den Knien.
stieren nicht mehr.
und an Wismar, Rostock und Reval vorbei zur Dennoch lässt sich entziffern, was er über seine
Festungsinsel Kronstadt. Mit einem Boot erreichte Mit freundlichen Grüßen Fahrt durch unsere Region schrieb. Es ist nur we-
er nach kurzer Überfahrt das Festland. Dort ge- Im Auftrag nig, aber dennoch ein interessantes historisches
Volker Harms-Ziegler
langte er zu Fuß nach St. Petersburg. Institut für Stadtgeschichte Dokument. So fällt auf, dass Euler – ganz Mathe-
Daniel Bernoulli hatte vorher nach Basel ge- Münzgasse 9 matiker – die Streckenlängen und die Kosten der
schrieben, was er mitbringen solle und was uns 60311 Frankfurt Postkutschenfahrt akribisch notiert. Friedberg liegt
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Leonhard Euler
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demnach von Frankfurt eineinhalb Posten entfernt, Folgende Stationen (siehe Abb. 2) in Deutsch- 11.4. mittags Rast in Friedberg
die Kosten für diese Etappe betrugen eineinhalb land durchreiste Euler (aus Börgens/Wagner): 11.4. Wetzlar
Gulden („florin). Ein stolzer Preis, bekam man 05.-9.4. Basel – Mainz auf einem Rheinschiff 12.4. mittags Rast in Marburg (bei Prof. Wolff)
doch beispielsweise 1715 für zwei Gulden an- 09.4. Fähre über den Rhein nach Mainz-Kastel 12.4. Josbach (Euler schreibt fehlerhaft Gosberg)
nähernd einen Sack Getreide.“ 10.4. Frankfurt 13.4. Hannoversch Münden
14.4. Alfeld
15.4. Aufenthalt in Banteln (Kutschschaden)
15.4. Hannover
Abb. 1: Aus dem Tagebuch Eulers 16.4. Wietzendorf
(in der Transkription von Börgens/Wagner) 17.4. Bergedorf
18.4. Hamburg (Aufenthalt)
11. Reiseten wir von Frankfort
um 8 uhr weg, auf Friedberg.
Welche frühere Reichsstadt 1½
Posten von Frankfort entfernt
ist und also mich kostete 1½
fl. Zu Friedberg aß ich zu Mittag.
Von dar nahmen wir die Post
auf Buzbach, ein ½ Post der
Weg, und kostet ½ fl. Von dar
weiter auf Wetzlar 1 Post
dahin kostet 1 fl., dar wir zu
Nacht aßen und übernachteten.
12. Um 9 uhr verreiseten wir nach
Gießen, 1 Posten kost 1 fl. Von
dar nach Marburg, 1½ Post,
da ich bey H. Pr. Wolf meine
Aufwartung machte. Kost 1½,
von dar nach Gosberg 1¼
Post weit, kostet 1½ fl, da wir
übernachteten. Abb. 2: Eulers Reiseroute in Deutschland von Basel
nach Travemünde (aus der Hochschulschrift von
Börgens/Wagner).
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Leonhard Euler
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23.4. Weiterfahrt durchziehende Pferde zusammen mit den Wagen ben: auf der Hinreise fuhr Euler über Kassel nach
24.4. mittags Rast in Schönberg und Kutschen versorgt. Hier hat auch Euler ver- Frankfurt und zurück über Hanau und Fulda u.a.
24.-25.4. Lübeck mutlich in diesem Posthof oder in einem der Frankfurt war der südlichste Punkt seiner Reise. In
26.-28.4. im Hafen von Travemünde benachbarten Gasthäuser zu Mittag gegessen. seine Geburtsstadt Basel kam er übrigens niemals
an Bord des Schiffs nach Reval Nach Hattersheim kam das Städtchen Höchst, zurück. Leonhard Euler starb am 18. September
das heute zu Frankfurt gehört. Euler ist durch die 1783 in St. Petersburg an einem Schlaganfall.
heutige Bolongarostraße gefahren, die als Haupt-
Die Route von Mainz-Kastel straße durch die Altstadt führte. Literatur
nach Frankfurt Der nächste Ort war Nied, der wegen der Manfred Börgens, Jürgen Wagner (2007) „Zu Fried-
Den ersten Tag des Landwegs – am 10.April 1727 – Brücke über den Fluss Nidda eine besondere Be- berg aß ich zu Mittag“. Leonhard Eulers Reise
von Mainz-Kastel nach Frankfurt können wir sehr deutung hat. Die Stadt Frankfurt unterhielt diese durch die Wetterau 1727. Friedberger Hochschul-
gut rekonstruieren, weil diese alte Handelsstraße Brücke zur Sicherheit des Messeverkehrs lange schriften Nr. 17. Siehe auch im Internet:
gut bekannt ist. Auf der einen Seite war dieser Zeit, und besaß auch das Brückenrecht. dok.bib.fh-giessen.de/opus/volltexte/2007/3766
Handelsweg als eine viel befahrene Ost-West-Ach- Auf der Mainzer Landstraße ist Euler am Nach- /pdf/FriedbergerHochschulschrift17.pdf
se von Wien nach Brüssel (und weiter nach Hol- mittag an der Galluswarte angekommen, die Teil
land) eingebunden. Auf der anderen Seite war der der ehemaligen äußeren Stadtbefestigung – der so Frans Cerulus (2007) Über die Mechanik von
örtliche Verkehr zwischen Mainz und Frankfurt genannten Frankfurter Landwehr – war. Wenig Schiffen. Aus: Uni Nova, „300 Jahre Leonhard
damals schon gut frequentiert, denn Mainz ist später ist er durch das Taunustor nach Frankfurt Euler“, Wissenschaftsmagazin der Universität
durch den Rhein an einer europäischen Haupt- und hat hier in einem uns unbekannten Gasthof Basel, 105.
verkehrsader gelegen, während Frankfurt am übernachtet, um am nächsten Morgen weiter nach
Kreuzungspunkt wichtiger Handelsstraßen liegt. Friedberg zu reisen. Emil A. Fellmann (1995) Euler. Rowohlt.
So hat Euler am 10. April 1727 sehr wahr- (Anmerkung d. Verf.: Die deutsche Bibliographie
scheinlich um acht Uhr morgens Mainz-Kastel ver- ist im Buchhandel vergriffen, die englische Über-
lassen und hat – vorbei an den Weinbergen – nach
Zweite Reise setzung ist allerdings erst 2007 erschienen.)
einer knappen Stunde Hochheim erreicht. Durch Eulers zweite Reise nach Hessen führte direkt nach
die Mainzer Straße in der heutigen Altstadt ist er Frankfurt. Sein Vater Paul Euler war im März 1745 Fritz Nagel (2007) Leonhard Euler und die Wonnen
von Hochheim nach Wicker und Weilbach weiter gestorben und Euler holte jetzt seine Mutter nach der Wissenschaft. Begleitheft zur Ausstellung in
gefahren. Dann folgte das Städtchen Hattersheim, Berlin. Sie kam ihm aus Basel den Rhein hinunter der Universitätsbibliothek Basel,
das etwa zwischen Mainz und Frankfurt liegt. Die entgegen und er traf sie zum ersten Mal wieder www.euler-2007.ch/ausstell.htm
Fürsten von Thurn und Taxis hatten hier eine nach 23 Jahren im Juni 1750 in Frankfurt. In-
kaiserliche Reichpoststation errichtet, bei der gesamt dauerte diese Reise 20 Tage. In der Hoch- Elena S. Pini (Zeichnungen), Andreas K. Heyne, Alice
auch die Pferde gewechselt wurden. In der Blüte- schulschrift von Börgens/Wagner werden auch die K. Heyne (Text) (2007) Leonard Euler – Ein Mann mit
zeit wurden jährlich in Hattersheim bis zu 72.000 verschiedenen hessischen Reisestationen beschrie- dem man rechnen kann. Birkhäuser Verlag.
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Internes
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Beitrittserklärung
Der Förderkreis Industrie- und Technikgeschichte Ich / Wir erkläre(n) hiermit den Beitritt zum För- Einzugsermächtigung
e. V. ist im Vereinsregister beim Amtsgericht derkreis Industrie- und Technikgeschichte e.V.
Frankfurt am Main unter der Nr. 8966 einge- und bin / sind bereit einen Jahresbeitrag in Höhe Hiermit ermächtige ich den Förderkreis Industrie-
tragen. Der Verein verfolgt steuerbegünstigte von und Technikgeschichte e.V., den Mitgliedsbeitrag
gemeinnützige Zwecke. vom nachstehenden Konto bis auf Widerruf abzu-
Steuer-Nr.: 045 250 6884 5 - K 32 q 40 Euro als ordentliches Mitglied buchen.
Finanzamt Frankfurt am Main – Börse q 15 Euro als SchülerIn / StudentIn /
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