Sie sind auf Seite 1von 2

Zur Entstehung von Burschenschaften

Die seit Beginn des 18. Jahrhundert - als Vorbilder gelten die Französische Revolution im Jahre 1789 und die
amerikanische Unabhängigkeitserklärung (Sezessionskrieg 1761-65) - breiten sich in Deutschland die Ideen
des Liberalismus und Nationalismus aus.

Der Liberalismus definiert sich darin, daß die Macht soll vom Volke ausgehen ("Volkshoheit" /
Volkssouveränität) solle, aber gleichzeitig die staatliche Macht durch eine Verfassung mit Grundrechten und
Gewaltenteilung eingeschränkt werden solle. Staat, Gesellschaft und Wirtschaft sollen so gestaltet sein, daß
eine ungehinderte Entfaltung des Einzelnen möglich ist, d.h. keine staatliche Bevormundung. Der
Nationalismus beschreibt das Bewußtsein, durch gemeinsame Sprache, Kultur und Geschichte einer Nation
anzugehören, die in einem einheitlichen Nationalstaat ihren institutionellen Rahmen findet.

Um 1810 entwerfen Friedrich Friesen, Friedrich Ludwig Jahn und andere Schüler Johann Gottlieb Fichtes den
Plan einer Deutschen Burschenschaft: Sie soll die alten Verbindungen an den Universitäten ersetzen und das
Studentenleben "moralisch verbessern sowie den deutschen Sinn beleben". Der Kampf gegen die französische
Besatzung soll aufgenommen werden. In Folge beginnen Jahn und Friesen Turnübungen zur
Wehrertüchtigung in Berlin.

In den Befreiungskriegen gegen Napoleon schlägt Scharnhorst Anfang Januar 1813 dem preußischen König
die Bildung von Freikorps vor (vgl. E.G. Schmidt, "Die deutsche Volksbefreiung von 1813", Marburg, Vortrag
Rahmen eines BA, SS 2000). Die Freiwilligen mußten sich selbst bewaffnen und konnten aus allen deutschen
Staaten stammen. Die Gedanken fallen bei den noch landsmannschaftlich organisierten Studenten auf
fruchtbaren Boden. Begeistert gliedern sich große Teile der Studentenschaft in die Reihen der Kämpfer gegen
Napoleon ein. In Breslau - die Stadt und Schlesien waren nicht französisch besetzt - wurde unter Major Lützow
das Lützowschen Freikorps gebildet, das erstmals nicht auf den König von Preußen, sondern auf das Deutsche
Vaterland vereidigt wurde (die Vereidigung erfolgte am 27. März 1813 in der Kirche von Rogau, am Fuße des
Zobten-Berges). Die Männer verstanden sich somit als Angehörige eines deutschen Nationalheeres.

Unter den Freiwilligen waren auch Friedrich Ludwig Jahn, Karl Friedrich Friesen, Joseph v. Eichendorf und
Theodor Körner. Die Uniformfarben (schwarz-rot-gold) des Lützowschen Freikorps werden später zu den
Farben der Burschenschaft und schließlich deutsche Nationalfarben (Die alte Breslauer Burschenschaft der
Raczeks, eine der ältesten Burschenschaften, gegründet im Jahre 1817, trägt bis heute als Chargenwichs
Uniformmäntel, die denen des Lützow'schen Freikorps nachempfunden sind). Wegen der Beteiligung an den
Befreiungskriegen halten die meisten Burschenschaften bis heute an dem Prinzip der Wehrhaftigkeit fest und
nehmen aus diesem Grund auch heute keine Wehrdienstverweigerer in ihre Reihen auf.

In der Völkerschlacht bei Leipzig endet Napoleons Herrschaft über Deutschland. Der von Napoleon gebildete
Rheinbund zerfällt, die deutschen Staaten werden wieder selbstständig. Nach dem Sieg über Napoleon läßt
der Wiener Kongress jedoch die Hoffnungen auf eine nationale und liberale Erneuerung Deutschlands unerfüllt.

Am 12. Juni 1815 kommt es in Jena zur Gründung der Urburschenschaft: Vor der Gaststätte "Tanne" in Jena
senken sich die Fahnen der Landsmannschaften zum Zeichen ihres Aufgehens in der Burschenschaft. In der
Folge kommt es auch in fast allen Hochschulstädten zur Gründung von Burschenschaften. Zunächst 1816 in
Breslau, Erlangen, Tübingen, Marburg, Gießen; 1817 in Heidelberg, Königsberg, Rostock, Kiel; 1818 in Halle
Greifswald, Berlin, Freiburg, Leipzig Würzburg, Prag, Wien, Lyzeen.

Das eigentlich Neue lag darin, daß die Burschenschaft das Volk und die Verantwortung des Einzelnen
gegenüber dem Ganzen in den Mittelpunkt des studentischen Lebens stellte. "Als ein Bild ihres in Einheit und
Freiheit erblühenden Volkes" wollte die Burschenschaft für die Überwindung der nationalen Zerrissenheit
wirken. Das politische Engagement, welches die Burschenschaften von allen anderen Verbindungen
unterscheidet, findet schließlich seinen Ausdruck in dem Wahlspruch "Ehre - Freiheit - Vaterland".

Das könnte Ihnen auch gefallen