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Das Magazin der Studierenden der Universität St.

Gallen
Mai 2010 Nummer 328

Geld
erdmannpeisker
annpeisker
rdmannp
Erst denken,

erdm
dann drehen.
deric
Fede o, SSppeeeeddccuubbeerr & Rivellutionär
rico,

ERFRISC
SCHE
CHEE
DEINEN
GEIST!
MIT RIVELLA
GRÜN. lang-lebe-anders.ch
Editorial

Machtwechsel
Layout

N ach Golde drängt, am Golde hängt doch alles.


Ach wir Armen».
Jeffrey.Voegeli@student.unisg.ch
So sprach Gretchen und es hat nicht schön Chefredaktor
geendet, mit ihr. Folgt man den gemeinhin geäus-
serten Ansichten, dann wird es manchem von uns Luc-Etienne.Fauquex@student.unisg.ch
Designierter Chefredaktor
ähnlich ergehen. Die Gier, das Hängen am und
Drängen nach besagtem Gold, sei schuld an allem.
Finanzkrise, Arbeitslosigkeit, sich verschlech-
terndes soziales Klima, vermutlich auch am sich
verschlechternden globalen Klima.

Zum Glück gibt es da noch Gegenstimmen.


Wenn auch ebenso fiktiv wie Goethes Gretchen, so
N ichts ist so beständig wie der Wandel.» Ange-
sichts der gegenwärtigen Finanzlage seines
Heimatlandes und der ungewissen Zukunft des Eu-
nimmt Gordon Gekko sein Schicksal wenigstens roraums würde sich der griechische Philosoph He-
selbst in die Hand. Zu meiner grossen Enttäu- raklit in seiner Aussage zweifellos bestätigt fühlen.
schung ist er in der Fortsetzung von «Wall Street» Doch nicht nur in der Finanzwelt, sondern auch
(siehe unser Filmtipp auf Seite 42) scheinbar ehr- an unserer Uni bahnen sich in nächster Zeit um-
lich geworden. Meine Empfehlung ist deshalb, den wälzende Veränderungen an. Zum einen wird das
neuen Film mit Vorsicht zu geniessen und gegebe- A-Gebäude wiedereröffnet. Zum anderen geht die
nenfalls beim Original zu bleiben und auch dort Demokratur von Ernst Mohr als Rektor genauso zu
niemals den Schluss anzusehen, wo alles den Bach Ende, wie die Terrorherrschaft Peter Schildknechts
runter geht. als Betreiber der Mensa. Man sieht: Wandel kann
eine Chance sein.
Doch genug der Fiktion. Ob es uns nun passt
oder nicht, ohne Geld hört die Welt auf sich zu Auch prisma wird mit einem rundum erneu-
Ressorts

drehen. Ohne Geld wären drei Viertel der Kurse erten Team ins nächste Semester starten. Wird das
an unserer Alma Mater wertlos. Und gäbe es am Heft jetzt auf den Kopf gestellt? Nein, unser Ziel ist
Ende nicht Geld in Form von (angeblich) astrono- es weiterhin möglichst nahe am Puls der Studenten
mischen Einstiegsgehältern, hätten wir nicht das der HSG zu sein: mit unterhaltsamen Berichten,
Problem mit den unglaublich vielen Assessis. Alles fundierten Reportagen und – wo angebracht – mit
gute Gründe, sich diesem Thema einmal vertieft kritischen Kommentaren. Das wird auch im näch-
zuzuwenden. Über Beraterhonorare und Invest- sten Jahr so bleiben. In diesen stürmischen Zeiten
mentbankerboni haben wir allerdings nichts ge- soll prisma ein sicherer Wert sein – eine Anlage, die
schrieben. Dafür werden einige alternative Kon- ins Portfolio jedes HSG-Studenten gehört.
zepte vorgestellt, die man nicht gleich übernehmen
muss, die aber sicher einige gute Ideen anregen Doch wir möchten auch Neues wagen. Denn
werden. die Wechsel in der Redaktion schaffen Raum für
frische Ideen. Wir sind offen für jede Art von Vor-
Zuletzt ein Wort in eigener Sache. Nach dieser, schlägen, Anregungen oder Kritik. Ob Fanpost per
meiner letzten Ausgabe als Chefredaktor übergebe Email oder Liebesbrief auf duftendem Papier, ob
ich die inhaltliche Leitung von prisma diesen Som- obszönes Drohschreiben oder Anzeige wegen Ruf-
mer an Luc-Etienne Fauquex. Ich hoffe, wir konnten mord – wir wollen eure Meinung! Auch via Website,
die hochtrabenden Versprechungen meines ersten Blog und Facebook-Gruppe könnt ihr Verbesse-
Editorials halten und ihr habt in einem konstant rungen vorschlagen. Schliesslich machen wir das
besser werdenden prisma viele Artikel gefunden, Heft nicht für Geld (ausser in dieser Ausgabe), son-
die euch auf neue Ideen gebracht, geärgert oder ge- dern für euch.
freut haben.

3 prisma – Mai 2010


Inhaltsverzeichnis

Was würden Sie arbeiten…? Phänomen Chatroulette – ein Selbstversuch

Seite 36 Was würde passieren, wenn jeder


Bürger pauschal und bedingungs-
los 2000 Franken pro Monat vom Staat erhalten würde? Die Vi-
Seite 46 Jeder hat schon mal davon gehört,
vielleicht auch schon mal auspro-
biert. Aber was passiert wirklich, wenn man sich länger als
sion eines bedingungslosen Grundeinkommens hat erbitterte 15 Minuten ins Chatroulette begibt? Finden sich wirklich nur
Debatten über diese Frage ausgelöst. Ermöglicht das Grun- nackte Männer und Verrückte? In einem Selbstversuch ist
deinkommen ein effizienteres und gerechteres Wirtschafts- prisma dem Phänomen Chatroulette auf den Grund gegan-
system oder ist es eine realitätsferne Utopie einiger Sozial- gen.
Spinner? Prisma stellt die Initiative Grundeinkommen aus
Basel vor.

Heft Studentenschaft
3 Editorial 14 «Dies academicus»– Dies was?
59 Cartoon 15 «Man hätte den Backstein gleich gegen
62 Das Gerücht Glas tauschen sollen»
Bilderrätsel 17 International Week - eine Reise wert
63 Zuckerbrot & Peitsche Rügen im Studentenparlament

Aktuell Campus
8 Terminkalender
10 Kurzmeldungen 20 Chancengleichheit nach Darwin
21 Bildung zum Schnäppchenpreis
22 Weltpolitik für Anfänger
23 Startsummit 2010
24 Kritik des Kontextstudiums
27 Wir Schwarzfahrer
28 Schweizer Sonnenschein in Dublin
29 HSG im Ausnahmezustand
30 Offener Brief
4 prisma – März
Mai 2010
2010
Impressum
Ausgabe 328, Mai 2010
Studentenschaft Universität St. Gallen
Redaktion prisma
Oberer Graben 3, 9000 St. Gallen,
prisma@myunisg.ch, 071 220 37 43

Präsidentin: Bianca Liegmann


Chefredaktor: Jeffrey Vögeli
Finanzen: Max Winkler
Layoutleitung: Sarah Schranz
Aktuell: Raffael Hirt
Campus: Luc-Etienne Fauquex
Thema: Yannick Pengl
360°: Lynn Reinhart
Menschen: Matthias Mirbeth
Layout: Martin Schulz, Raphael Güller,
Bianca Liegmann, Michael Pum
Cartoon: Moritz Runge
Im Gespräch: Albert Nufer Cover: Nada Thomi

Seite 57 Seine Kleidung hat Löcher und


Risse, und in den siebziger Jahren
lebte er von gerade mal zwei Franken pro Tag: Geld war für Al-
Anzeigenregie: Metrocomm AG,
St. Gallen, 071 272 80 50
Druck: dfmedia, Flawil, 058 344 96 96
bert Nufer noch nie wirklich wichtig. Im Interview mit prisma Lektorat: Monika Künzi
erzählt das St.Galler Stadtoriginal von einem alternativen Leb-
ensentwurf abseits des finanziellen Reichtums, seiner Karri- Wiedergabe von Artikeln und Bildern,
ere als Politiker und seinem Umgang mit Drogen, Frauen und auch auszugsweise, nur mit Genehmigung
moderner Technik. der Redaktion.

Thema Menschen
32 «Joe-Yourself» 52 Umfrage: Wieviel bist du wert?
Being Joe Ackermann HSGler bestimmen ihren eigenen Marktwert
34 Geld, Wert und Gesellschaft 54 Profs privat: Daniele Caramani
Reinhold Harringer im Interview Auch ein Akademiker darf bei der WM fiebern
36 Was würden Sie arbeiten…? 56 Herausgepickt: Paul Odefey
Die Initiative Grundeinkommen Der AC-Präsident räumt auf mit Klischees
39 Mit Handys aus der Armut 57 «Auch das Unbequeme muss auf den Tisch»
Komplementärwährung per Mobilfunk Ein Freigeist über seine Lebensprinzipien
40 20 Sack Hirse reicht fürs Jahr
Geld in Kamerun

360°
42
44
45
prisma empfiehlt
Entrepreneure in der Praxis
Georgien
prisma-hsg.ch @
46 Phänomen Chatroulette - ein Selbstversuch • Sieh dir das aktuelle Heft – und alle vorherge-
47 Die Liste henden Ausgaben – auch online an!
48 Studium mal anders • Auf unserem Blog informieren wir dich mit
50 Verkratzte Rolex Daytona im Pfandleihhaus dem Newsticker über das Weltgeschehen.
• Ob Buch, Verein oder Dozenten – bei uns
findest du zu allem was …

55prisma
prisma– –März
Mai 2010
Der LEADER ist eine Marke – und davon
profitieren ab sofort auch Sie
Der LEADER ist zum Label für ein starkes Unternehmertum mit Visionen geworden. Ab sofort können
Sie nun dieses Label auch für Ihre eigenen Ziele nutzen. Ob Firma,Verband oder Organisator einer Veran-
staltung: Wir sind Ihr Partner und realisieren mit Ihnen ein Magazin, das vollumfänglich oder teilweise an-
zeigenfinanziert ist, professionell umgesetzt wird und direkt von unserer Marke profitiert. Bei Fragen stehen
wir Ihnen per Telefon unter 071 272 80 50 oder via Email unter info@metrocomm.ch gerne zur Verfügung.
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A ktuell
8 Terminkalender

10 Kurzmeldungen
Agenda

Mai
Uniorchester
DI HSG Shop Sommerkonzert
Standverkauf
25
Christkatholische Kirche SG - 20.15
B-Foyer – 10:00 - 13:00
Höhepunkte sind Ausschnitte aus «Le Cid» und
Im Zuge eines Verkaufsstands werden die neues- das erste Klarinettenkonzert von C. M. Weber.
ten Produkte und die bekanntesten Bestseller ins Zudem wird mit diesem Konzert nach sechsjäh-
B-Gebäude gebracht. Weiterer Termin: 27. Mai riger Zusammenarbeit Dirigent Prof. Guntram
von 11 bis 14Uhr. Simma verabschiedet.

St. Gallen Sailing


Freizeitsegeln SA HSG
29
Kreuzlingen – nachmittags
Dies academicus
In diesem Jahr wollen wir mit den Lacustre ge- HSG
mütliche Stunden auf dem Wasser fernab von
Büchern und Skripten verbringen. Informati-
HSG
onen auf www.stgallen-sailing.org. Weiterer Ter-
Semesterende
HSG
min: 4. Juni 2010.

Unigay
get2gether
Church-Bar - 20.30

MI prisma

26 Semester End Party


Elephant
Juni
Unisport DO Unisport
SHM Fussball Männer Wanderung/ Berglauf
Freiburg 10 Hoher Kasten
Das Team für die Schweizer Hochschulmeister- Die traditionelle Bergwanderung auf den Hohen
schaft (SHM) rekrutiert sich aus dem Unisport- Kasten ist eine willkommene Abwechslung in
Mannschaftstraining. Auskunft erteilt Unisport- der Lern- bzw. Prüfungsphase. Ein gemütliches
lehrer Sandro Felber (sandro.felber@unisg.ch). Nachtessen rundet den Anlass ab. Details unter
www.sport.unisg.ch. Ausweichtermin ist am 17.
Juni.

DO com,ma
BBQ
27 MO Universität

Der Kommunikations- & Marketingverein lädt


21 Beginn der Sommerprüfungen
alle MSCler, Vereinsinteressierten & Mitglieder SA
herzlich ein. Nicht-MSCler melden sich unter
info@comma-hsg.ch an. Genaue Infos unter
www.comma-hsg.ch

8 prisma – Mai 2010


A
Juli September

DO Unisport DO HSG
Fussball-Einladungsturnier Notenversand (zentral)
01 Kunstrasen - 18.00 2
Der FC Kantonsrat, der SC Stadtparlament, die
HSG-Verwaltung und ein Akademikerteam spie-
len auf dem Kunstrasenplatz ein Turnier mit an- MO
schliessendem Grillabend. Zuschauer sind herz-
13 Universität
lich willkommen. –
FR Startwoche

DO HSG 17
Notenvoranzeige (dezentral)
08
08:00 Assessment; 11:00 Bachelor; 14:00 Master; MO Universität
Semesterbeginn
16:00 Doktoranden
20 HSG

DO
HSG
Notenversand (dezentral)
15

MO toxic.fm
Ausbildungsprogramm
26
Details auf www.toxic.fm

August
DO HSG
Notenvoranzeige (zentral)
19
08:00 Assessment; 11:00 Bachelor; 14:00 Master;
16:00 Doktoranden prisma-hsg.ch @
Kurzfrisige Änderungen und die neusten Ter-
MO mine findest du auf dem prisma-Blog!
21 Universität
– Sommerprüfungen
17
A 9 prisma – Mai 2010
Netzwerk im deutschsprachigen Raum Unternehmensbesichtigungen in allen
wurde HSG Alumni im Rahmen des vom Branchen wollen wir unsere akade-
Verband alumni-clubs.net (acn) ausge- mischen Kenntnisse mit Erfahrungen
lobten Alumni-Preises «Premium D-A- aus der Praxis verknüpfen. An unseren
CH» 2010 verliehen. Teilnahmeberech- Events erhalten wir Informationen aus
tigt waren Alumni-Organisationen an erster Hand über das tägliche Geschäft,
AIESEC St. Gallen – kick-off for Hochschulen und ausseruniversitären Prozesse und die Kultur des Unterneh-
a new vision Forschungseinrichtungen im deutsch- mens und knüpfen wertvolle Kontakte
For more than half a century, sprachigen Raum. zu unterschiedlichen Firmen. Unsere
AIESEC – the world’s largest student-run Das Netzwerk von HSG Alumni zählt engagierten Mitglieder teilen die Pas-
organization – has made it possible for über 19'000 Mitglieder und ist weltweit sion für Corporate Spirit, fördern den
students all around the world to parti- mit über 90 Clubs und Chapters prä- Austausch untereinander und bauen ein
cipate in international internships and sent. Das Ziel von HSG Alumni ist es, die nachhaltiges Netzwerk auf.
to become part of the unique AIESEC- Vernetzung unter den Ehemaligen zu Wenn du diese Leidenschaft gerne
experience at one of the more than 400 fördern sowie deren Verbundenheit mit mit uns teilen möchtest, dann kannst
conferences hosted around the world ihrer Alma Mater aufrechtzuerhalten - du dich online unter www.studentsbusi-
every year. The local committee (LC) und damit einen Nutzen für die Ehema- nessclub.ch bewerben.
of AIESEC St. Gallen has participated ligen und die Universität, die Studieren-
in this year’s Kick Off Conference in den und Dozierenden aus St. Gallen zu
Fiesch, with more than 200 other Swiss schaffen.
students and some international par- www.alumni.unisg.ch
ticipants. Together we installed a new
AIESEC vision to be achieved in the five
coming years. The conference also inclu- Die Consulting Days rücken nä-
ded a lot of fun activities, workshops and her!
parties. Currently, AIESEC St. Gallen is Die Woche vor dem Break im Herbst hat
working on different projects and events es richtig in sich! Von 26. bis 28. Okto-
such as Career Unlimited, Emerge, Latin ber ist unser Campus wieder Schauplatz
American days and the Global Village eines hochkarätigen Recruiting-Events.
(that will present the cultural diversity of Hier die Highlights:
the University of St. Gallen) that will all Ladengeschäft ab HS10
take place next term. AIESEC St. Gallen Der HSG Shop zieht im Sommer ins A- • Die Keynote Speech läutet die Con-
is happy to be able to offer you these dif- Gebäude, wo am Anfang des Herbstse- sulting Days am Dienstagabend ein.
ferent cultural up-coming events and in- mesters ein richtiges Ladengeschäft er- Lasst euch von einer inspirierenden
ternational conferences. öffnet wird! Damit ist der Weg zum Shop Rede auf die kommenden Tage ein-
For further information don‘t hesi- noch kürzer! Zudem könnt ihr euch bald stimmen.
tate to visit our website: www.aiesecsg. über neue Produkte freuen. Wir freuen • Die Career Fair am Mittwoch prä-
ch uns auf euren Besuch in unserem bishe- sentiert euch die Vielfalt der Consul-
We are looking forward to getting to rigen Büro in der Guisanstrasse 7 im 2. tingbranche. In einer lockeren At-
know you! OG immer montags von 12–14 Uhr und mosphäre könnt ihr erste Kontakte
donnerstags von 14–16 Uhr. zu den Unternehmen knüpfen.
• In zahlreichen Workshops erlauben
euch die Unternehmen einen Blick
hinter die Kulissen zu werfen. Be-
werbt euch und ergattert einen der
heiss umkämpften Plätze!
• In der Panel Discussion am Don-
nerstagabend streiten sich erlesene
HSG Alumni ausgezeichnet Vertreter aus Wirtschaft und Ge-
HSG Alumni, die Ehemaligenorganisa- sellschaft über ein aktuelles Thema
tion der Universität St. Gallen, erhielt im - ein würdiger Abschluss für einen
Rahmen des Alumni-Preises «Premium erfolgreichen Event.
D-A-CH» die Auszeichnung als «hoch-
professionelles Netzwerk». HSG-Alum- Also: Save the date und geht nicht zu früh
ni-Geschäftsführer Alexander Burtscher Passion for Corporate Spirit – in die Ferien! Vielleicht startet für euch
hat am 7. Mai in Berlin den Preis entge- Students Business Club schon diesen Herbst eine erfolgreiche
gengenommen. «Eine schöne Bestäti- Der Students Business Club ist eine Karriere als Berater. Die Unternehmen
gung, dass wir auf einem sehr guten Weg neue und einmalige Plattform, um mo- sind an Bord, jetzt seid ihr gefragt! We
sind», sagt Burtscher. tivierte und engagierte Studenten mit keep you posted on www.consulting-
Die Anerkennung als professionellstes Praktikern zusammenzubringen. Durch club.ch/consultingdays

10 prisma – Mai 2010


A
haben wir mit Swing und Pop überzeugt, an einer Fachhochschule oder Univer-
ab Herbst wird unser Repertoire wieder sität? Und Sie haben eine innovative
erweitert. Während des Semesters bie- Geschäftsidee oder einfach Lust, ein
ten wir nicht nur Chorproben, sondern Semester lang an einem spannenden
Wechsel im prisma-Vorstand treffen uns auch wöchentlich zu un- Start-up-Projekt mitzuarbeiten und da-
Nebst dem im Editorial angekündigten serem Stamm und veranstalten ein Pro- bei wertvolle unternehmerische Kom-
Wechsel der Chefredaktion von Jeff Vögeli benwochenende, um uns besser kennen petenzen zu entwickeln? Dann ist das
zu Luc-Etienne Fauquex besetzte prisma zu lernen und Spass miteinander zu ha- der richtige Moment, um die Heraus-
an der Generalversammlung auch die ben. Hast du Freude am Singen? Dann forderung zu packen und in den kosten-
weiteren Vorstandsposten neu. Im neuen komm nächstes Semester vorbei für losen Semesterkurs venture challenge
Semester sind bei uns an der Macht: eine Schnupperprobe – immer diens- einzusteigen.
tags in der Christkatholischen Kirche St. • Ab 20. September, jeweils am Montag,
• Präsidentschaft: Charlotte Claesson Gallen um 19:00 Uhr. Weitere Informa- ZHAW Winterthur
• Layout: Michael Pum tionen findest du auf unserer Internet- • Ab 22. September, jeweils am Mitt-
• «Aktuell» & Finanzen: Tristan Swysen seite: www.unichor.ch. Wir freuen uns woch, Uni Basel
• «Campus»: Katrin Stutz auf dich! • Ab 28. September, jeweils am Diens-
• «Thema»: Marisa Steiner tag, ETH
• «360°»: Gabriel Schmid • Ab 30. September, jeweils am Don-
• «Menschen»: Annegret Funke nerstag, ETH (Kurs 2)
• Mehr Infos: www.venturelab.ch/
Wir beglückwünschen sie zu ihrer Wahl vchallenge
und wünschen ihnen viel Erfolg.
Sportliche Erfolge und Spitzen-
tennis in St. Gallen
Die Unihockey-Mannschaft der
HSG errang an der Schweizer Hoch-
schulmeisterschaft in Lausanne einen
Das A-Gebäude wird wieder be- gewichtigen Erfolg. Mit dem Gewinn
setzt… der Bronzemedaille schafften es die
Pünktlich zu Semesterbeginn, am Unihockeyaner erstmals überhaupt aufs
21. und 22 September, feiern wir die Wie- Podest. Uni Bern gewann die SHM vor
derinbesitznahme des A-Gebäudes mit Zürich und St. Gallen. Am Dublinfest in
zwei Tagen voller Programm. Die lange Irland nahmen 14 Lacrosse-Universitäts-
Zeit der Entbehrungen und dem Studie- teams aus England, Schottland, Irland
ren in einer Baustelle neigt sich endlich und der Schweiz teil. Das HSG Lacrosse
dem Ende zu - das soll gefeiert werden; Team war die einzige Mannschaft vom
blockt euch deshalb die Termine bereits europäischen Festland. Sie wurde erst
heute in der Agenda. im Final vom Gastgeber UC Dublin be- Neugründung: Verein Beider
zwungen und belegte somit den zwei- Basel
ten Turnierrang. Der Unisport bewarb Jetzt gibt es ihn endlich: Den Verein
sich bei der European University Sports Beider Basel (VBB). Der Verein vereini-
Association erfolgreich um die Austra- gt die Studentinnen und Studenten der
gung der European Universities Ten- Universität St. Gallen aus der Region
nis Championship 2011. Somit werden Basel. Durch regelmässige Anlässe und
vom 5.–11. September 2011 mehr als spannende Events soll das Netzwerk
100 Tennisspieler/innen von vielen Uni- zwischen den Studierenden aus der
versitäten Europas in St. Gallen um den Region Basel gestärkt und ein Erfah-
Studenten-Europameistertitel kämpfen. rungsaustausch zwischen den Semes-
tern ermöglicht werden. Hast du Lust,
neue Leute aus deiner Region kennen
zu lernen? Möchtest du spannende und
UniChor sucht Verstärkung lustige Events erleben? Dann bist du bei
Nach unseren erfolgreichen Kon- uns genau richtig. Jeder, der sich auf ir-
zerten letzte Woche suchen wir auch für gendeine Weise mit der Region Basel
nächstes Semester wieder begeisterte verbunden fühlt, ist bei uns herzlich
Sängerinnen und Sänger für den Uni- willkommen. Melde dich am besten
Chor der HSG. Wie jedes Jahr ist es uns einfach per E-Mail an vbbunisg@myu-
wichtig, zwei unterschiedliche Pro- Fit fürs eigene Business mit nisg.ch oder besuche unsere Facebook-
gramme im Laufe des Jahres aufzufüh- venture challenge Gruppe. Wir freuen uns auf viele neue
ren. Im vergangenen Frühjahrssemester Sie studieren, lehren oder forschen Gesichter!

A 11 prisma – Mai 2010


© UBS 2010. Alle Rechte vorbehalten.
UBS sucht aussergewöhnliche Talente und bietet
individuelle Entwicklungsmöglichkeiten.
Die Wahl des Arbeitgebers nach dem Studium ist eine wichtige Entscheidung. Zwei HSG-Absolventen erzählen, was
ausschlaggebend war, und weshalb sie den richtigen Weg eingeschlagen haben.

Weshalb habt Ihr Euch für UBS entschieden? fordernd, deswegen braucht es eine gute Mischung von Geduld,
A.N.: Ich habe mich für UBS entschieden, weil eine Grossbank viele Überzeugungstalent und Durchsetzungswillen.
Optionen offen hält. Heute leite ich im Bereich Product Management
das Fixed Income Team. C.H.: Das Investment Banking ist ein sehr anspruchsvolles und
schnelles Business - da sind Eigenschaften, wie ein analytisches
C.H.: Meine Wahl fiel auf UBS, weil globale Ausrichtung und Präsenz Urteilsvermögen und die Fähigkeit, unter Zeitdruck zu arbeiten,
verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten bieten – auf Produktebene von Vorteil.
aber auch in geographischer Hinsicht. Ich habe meine Entscheidung
nie bereut, denn das Investment Banking stellt täglich neue Heraus-
forderungen. Anna-Huong Nguyen
Lic. Oec. HSG, Volkswirtschaft mit Vertiefung
Was gefällt Euch an Eurer Funktion? Finanz- und Kapitalmärkte, Universität St. Gallen
A. N.: Mit Menschen aus der ganzen Welt zusammenzuarbeiten, Product Manager Fixed Income & Multi-Asset
welche unterschiedliche Ansprüche und Interessen haben, Solutions, UBS Global Asset Management
fasziniert mich.

C.H.: Mich faszinieren die Dynamiken und Abhängigkeiten der


Finanzmärkte. Die Finanzindustrie ist sehr komplex und arbeitet Cyril Hafner
globaler als die meisten anderen Branchen. Master in Business Administration mit Vertiefung
Banking and Finance, Universität St. Gallen
Was muss man mitbringen, um in der Finanzindustrie Associate Director, UBS Investment Banking
erfolgreich zu sein? Department
A. N.: In der täglichen Arbeit ist fachliches Wissen ebenso wichtig
wie «Soft Skills». Die Aufgaben sind sehr vielseitig und heraus-

www.ubs.com

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S tudentenschaft
14 «Dies academicus»– Dies was?

15 «Man hätte den Backstein gleich gegen

Glas tauschen sollen»

17 International week - eine Reise wert

In
Kommentar des Präsidenten
«Dies academicus» – Dies Was?
D en höchsten Feiertag des akade-
mischen Jahres, den akademischen
Jahresabschluss «Dies academicus», fei-
teresse der HSG-Studentinnen und Stu-
denten am «Dies academicus» in den
letzten Jahren immer stärker zurück-
spräche bei Apéro und Bankett mit gratis
Mittagessen, Olmabratwürsten und Frei-
bier sorgt die Gastregion Toggenburg für
ert die HSG am 29. Mai. Dieser Tag bietet gegangen ist. Deshalb werden, um die musikalische Untermalung.
uns die Gelegenheit, die Identifikation Attraktivität dieser akademischen Party
aller Studierenden mit: ihrer Alma Ma- zu steigern, in diesem Jahr erstmals – Das diesjährige Engagement der
ter zu zelebrieren. auf Initiative der Studentenschaft – die Vereine soll nur ein erster Schritt sein,
Vereine AIESEC, START, oikos und SPF den «Dies academicus» stetig – auch in
Zuoberst auf der Agenda steht das in den «Dies academicus» eingebun- den nächsten Jahren – spannender zu
Feiern. Zudem werden Personen geehrt, den. Als Botschafter des studentischen gestalten. Von Seiten der Studenten-
die sich ausserordentlich für die Uni- Engagements werden sie uns in ihre schaft ist der «Dies» als Fest der ganzen
versität und für uns Studierende einge- interaktiven Präsentationen einbinden. Uni mit grosser Beteiligung der Studie-
setzt haben. Die Studentenschaft ehrt Vielleicht kommt ein Mitglied von oikos renden geplant. Momentan werden
mit dem «Mentorpreis» und mit dem auf dich zu und fragt dich über deine En- dazu Konzepte erarbeitet, um Teilnah-
«Teaching-Award» Persönlichkeiten, die ergiebilanz aus. «A Day in the Life of an me und Einbindung aller zu erreichen.
sich besonders und nachhaltig um die Enterpreneur» könnte dir bei START be- Nutzt also die Gelegenheit – ob in Schale
Studierenden, die Studentenschaft und gegnen und brisante politische Diskus- geworfene(r) Assessi, Absolventin, Dok-
die Lehre verdient gemacht haben. Wer sionen mit Experten hat eventuell SPF in torandin oder Masterstudentin, um in
das sein wird, sei hier noch nicht verra- petto. Es stehen noch viele Türen offen, festlicher Umgebung vor den Sommer-
ten ... lasst euch überraschen! Still wird es am ferien noch einmal die HSG zu feiern.
29. Mai übrigens nicht zu- und herge- Bis am 29. Mai!
Es ist eigentlich schade, dass das In- hen. Neben viel Zeit für interessante Ge- Sebastian Bekemeier

Gesunde Energie
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«Man hätte den Backstein gleich
gegen Glas tauschen sollen»
Die Vorstandskandidaten im Gespräch
Warum ist euch die Studentenschaft ei- Maline Meiske: ... Spass! Es gibt
gentlich wichtig? Team-ups und man lernt seine Kollegen
Tobias Wedhorn: Weil sie die Inte- richtig gut kennen und entwickelt tiefe
ressenvertretung der Studierenden ist. Freundschaften.
Oft wird gesagt, dass die Studentenschaft
für die Studierenden gar nichts machen Max Hesse: Wir müssen unser Ange-
würde, sondern Selbstbelustigung be- bot attraktiver machen, auch wenn man
triebe. Die Kritikpunkte sind nicht im- sicherlich Zeit investieren muss. Aber
mer berechtigt, aber leider kommt es wenn man in der Startwoche von seinen
wirklich nicht bei den Studierenden an, Tutoren gesagt bekommt, dass man ein
was genau wir wirklich machen. Es ist hartes Jahr vor sich hat und es nichts zu
eine Hauptaufgabe des Vorstandes, sich lachen gibt, ist es natürlich unsere Auf-
zu überlegen, wie wir kommunizieren gabe, diese Meinung zu knacken und zu
wollen und auf welchem Weg. zeigen, dass es auch anders geht.

Marie Lechler: Wenn ein einzelner Wie wollt ihr diese Angst knacken?
Student zur Universitätsleitung geht Max: Ich denke, Transparenz ist
und etwas verändern will, hat er keine eines der wichtigsten Themen über-
Chance. In der Studentenschaft haben haupt. Man hätte bei der Renovierung
wir Zugeständnisse von der Universi- des Studentenschaftsgebäudes die Back- Kommen wir zu den Wahlen ...
tätsleitung bekommen, wir haben den steine gleich durch Glas ersetzen sollen. Max: Es ist natürlich schade, dass
direkten Kontakt zur Univerwaltung und sich nicht mehr Studenten zur Wahl stel-
zum Rektorat. Ich sehe die SHSG eigent- Carl: Man könnte auch einen Blog len. Ich war neulich ziemlich geschockt,
lich als einzigen Kanal der Studenten, einrichten, wo genau diese Dinge kom- als mich ein Kollege fragte, ob man denn
etwas an der Uni zu bewegen. Genau muniziert werden, der könnte dann die Vorstände wählen könne, wo man
deshalb bin ich hier. auch mit Facebook und Twitter ver- das mache und ob das einzig dem Stu-
knüpft werden. dentenparlament oder den Studenten-
Malte Otremba: Die SHSG hat die schaftlern vorbehalten sei.
Macht, die Meinung von allen mit ein- Wenn wir schon bei Twitter sind, eine der
zubeziehen. grossen Fragen: Was macht ihr als Vor- Carl: Man muss eben informiert
stände den ganzen Tag? sein und die paar Klicks sind anschei-
Julian Bodenschatz: Aber um etwas Max: Das müssten wir Christian fra- nend schon eine Hürde. Man hätte die
zu verändern, ist es wichtig, den Zugang gen ... Kandidatenprofile richtig publik ma-
zu erleichtern. Die Studenten sollen uns chen sollen. Die Zettel im B-Foyer sind
ihre Interessen ja auch mitteilen können. Tobias: Twitter wäre da schon erstens zu lang ...
lustig; «Der Vorstand macht gerade Kaf-
Carl Schweinitz: Es geht eben nicht, feepause». Max: ... und zweitens stehen sie hin-
dass der Vorstand sich hinstellt und sagt, ter einer Säule.
die Studierenden hätten diese und jene Carl: Ja, warum nicht? Wenn das ge-
Interessen, also hört uns zu. Es ist wich- wünscht wird. Hinzu kommt Christian Funk, der Präsi-
tig, dass der Vorstand die Meinungen dent der Studentenschaft vom nächsten
und Interessen von den Studierenden Max: Das ist eben das grosse Miss- Jahr ... Wie siehst du deine Arbeit in den
selbst aufnimmt und damit zur Uni geht. verständnis: Wir sind immer noch Stu- folgenden Monaten?
dierende. Man hört oft Sprüche, die Christian: Der Präsident hat ja zwei
Was hat euch die Studentenschaft ge- Vorstände zu Anzug tragenden Vor- Funktionen: Zum einen ist er der Politi-
bracht? standsmaschinen machen. Wir trinken ker, der repräsentativ dabei sein muss,
Felix Leopold: Es ist schon etwas abends immer noch unser Bier und sind und zweitens ist er der Manager, der die
Grossartiges, ein Projekt durchzuführen nicht auf Sekt und Selters umgestiegen. Vorstände koordiniert. Er hat natürlich
und zum Erfolg zu bringen. Ich empfin- Man darf uns einfach nicht als Aliens ziemlich lange Arbeitszeiten. Das ist der
de die Arbeit hier eigentlich nicht als Ar- aus der Guisanstrasse 9 sehen. Wir sind Grund, warum er dann auch nicht an je-
beit zusätzlich zur Uni, sondern als ... Studierende, wie alle anderen auch. der Party mehr herumrennen kann.

S 15 prisma – Mai 2010


Wie sieht die Aufgabe deiner neuen Kol- Carl: Ich
legen hier aus? möchte am lieb-
Christian: Oh, die haben viel zu tun! sten von mir und
Es gibt die verschiedensten Aufgaben- uns sagen können,
bereiche. Das operative Zeug sollte man dass wir die Stu-
nicht unterschätzen. Im Ressort Lehre dentenschaft und
habe ich das konkret erlebt. Ich hatte mit die Studierenden
sehr vielen Mails pro Tag zu tun, man wieder näher ha-
geht mit Studenten zusammen zu Jan ben zusammen-
Metzger, spricht ein Problem durch und wachsen lassen.
berät. Dann gibt es viel Gremienvertre- Dass wir wieder
tung, da heisst es danach nicht: «Aha, eins werden und
die Studentenschaft hat mal wieder die nicht mehr als
Welt verändert», aber es ist notwendig, zwei angesehen
dass die Perspektive der Studierenden werden.
von jemandem vertreten wird.
Christian: Wir haben grosse The- Maline: Ich möchte gerne von uns
Als Schlussfrage möchten wir gerne wis- men in der Studentenschaft, wie Kom- sagen können, dass wir die bestmög-
sen, was ihr in einem Jahr gerne von euch munikation und Transparenz; grosse lichen Augen, Ohren und die bestmög-
sagen können wollt. Themen an der Uni, wie Überfüllung, liche Stimme für sämtliche Studieren-
Tobias: Wenn ich jemand sagen Grössenwachstum und studentisches den waren.
hören würde: «Wir haben echt eine gei- Engagement. Wir haben die einmalige Annegret Funke &
le Studentenschaft und die Leute er- Möglichkeit, richtig viele Grundlagen Annina Bosshard
reichen etwas für unsere Uni, es macht für Verbesserungen zu legen. Ich freue
Spass hier zu studieren!», dann bin ich mich aufs nächste Jahr, das wird eine
vollauf zufrieden. ganz neue Erfahrung.

Was denkt ihr?


Désirée Eugster, Jens Fischer, 6. Theo Suellow, 4.
6. Semester Semester, VWL Semester, VWL
«Über die Stu- «Für die Stu- «Die SHSG
dentenschaft bin dentenschaft lief sollte mit mehr
ich gar nicht infor- es ja nicht so gut relevanten The-
miert. Ich werde in letzter Zeit. men werben wie
auch nicht wählen Aber ich find’s gut, zum Beispiel mit
gehen. Der einzige was sie machen, «Preispolitik in der
Kontakt, den ich da sind viele Leu- Mensa». Das wür-
mit der SHSG hatte, war das Erstseme- te dahinter, die sich viel Mühe geben. de mich interessieren. Die Arbeit der
sterpackage.» Wenn man nicht selber bei der Studen- SHSG an sich gefällt mir bis jetzt aber
tenschaft tätig ist, sieht man ihr Engage- nicht schlecht, das Potenzial und das
ment wenig.» Geld werden aber manchmal falsch in-
Juliane Röthig, 6. vestiert.»
Semester, BWL
«Der Studen- Thomas Pattloch,
tenschaft fehlt der Assessmentjahr Pedro Ruedin,
Kontakt zu den «Leider kriegt man Master MBF
Studierenden. nicht viel mit, was «Compared to
Wenn man nicht wirklich bei der America, sports
selbst dabei ist, Studentenschaft here are way too
ist die SHSG das passiert. Warum expensive and the
grosse Unbekannte. Alles läuft extrem zeigen sich Mit- infrastructure is
über Kontakte; wenn man die Studen- glieder und Vor- terrible. Every-
tenschaftler nicht kennt, kennt man die stände nicht mehr physisch, an Stän- where people are
SHSG nicht. Es ist toll, dass sie grosse den hier im B-Gebäude, genauso wie so narrow-minded, very eager to follow
Events organisieren, aber jeder Student die Vereine? Was mir schliesslich ganz rules. In our Master, 90 % of the IT infra-
sollte teilnehmen können, ohne Bewer- wichtig wäre, ist eine Bier- respektive structure is in German, it is so difficult
bungsschreiben und CV. Zudem sollten Champagnerleitung direkt ins Audimax to find my way through. Couldn’t the
die Vorstände versuchen, besser mit und natürlich eine endgültige Durchset- access to an English-based IT infrastruc-
dem StuPa klarzukommen.» zung der höheren Frauenquote!» ture be less complicated?»

16 prisma – Mai 2010


S
International Week
– eine Reise wert

W as bringt einen 60-jährigen DJ


dazu, auf der Bar abzutanzen,
und eine Horde Touristen, vor einem
auf vielfältige Art und Weise vorgestellt.
Das Programm jeder IW führt durch Kul-
tur, Wirtschaft, Bildung und Politik eines
Teilnahme an allen International Weeks
ist kostenlos, alle Studierenden der Uni
St. Gallen können teilnehmen. An dieser
riesigen, dampfenden Pferdeapfel ein Landes. So kamen die Teilnehmer der Stelle bedanken wir uns gerne bei un-
Gruppenfoto zu schiessen? Wer bringt diesjährigen Swiss IW in den Genuss, seren Sponsoren Bühler, Sulzer, Präsenz
estländischen Fischermädchen das den Titlis zu besteigen, einem Vortrag Schweiz und dem EDA, die einen we-
Snowboarden bei und israelischen Wü- der «UN Conference of Trade and Deve- sentlichen Teil zur einer erfolgreichen
stenkriegern das Schlitteln? Keine Ah- lopment», kurz UNCTAD, beizuwohnen, SIW 2010 beigetragen haben! Du glaubst
nung?! Wer ermöglicht es Studierenden, die traditionsreiche Uhrenmanufaktur das alles nicht? Dann besuch www.my-
eine 1.5 Millionen Franken teure Uhr von Piaget zu besichtigen oder den CFO der unisg.ch/iw und überzeuge dich selbst.
Piaget zu tragen? Tipp: Es ist nicht dein Bühler Group persönlich kennen zu ler-
Papa. Die richtige Antwort ist natürlich nen. Dies sind nur einige wenige Höhe- Falls das für dich einfach zu gut
die «Swiss International Week 2010» der punkte im spannenden Programm. In- klingt, um nicht selber eine IW auf die
Studentenschaft. ternational Weeks finden in allen Teilen Beine zu stellen, und du gerne etwas
der Welt statt. Egal für welchen Erdteil mehr beitragen möchtest, freuen wir
Während einer International Week du dich interessierst, eine IW gibt dir den uns auf deine Bewerbung für das Orga-
(IW) wird den Teilnehmern – Studieren- besten Eindruck in kürzester Zeit. Effi- nisationsteam der Swiss IW 2011!
den aus aller Welt – das Gastgeberland zienter geht’s nicht! Und das Beste: Die Andreas Juchli

Rügen im Studentenparlament
Der Parlamentarier Tristan Krech, Präsident des Studentenparlaments, wurde gerügt aufgrund von:
- Verstoss gegen das Pflichtenheft des Studentenparlamentsbüros
- Vertretung eigener Interessen unter dem Deckmantel des StuPa-Präsidiums
- Mangelhafter diplomatischer Kommunikation mit der Universitätsverwaltung

Der Parlamentarier Kaessra Schneeberger und die Parlamentarierin Deborah Schaub wurde gerügt
aufgrund von mangelnder Anwesenheit an den Sitzungen des Studentenparlaments.

S 17 prisma – Mai 2010


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Wir brauchen DICH als


RedaktorIn, FotografIn
oder LayouterIn

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Redaktionssitzung:
jeden Dienstag, 20 Uhr,

PRISMA
Oberer Graben 3
FOR
NEAREST RECRUITING STATION
OR prisma@myunisg.ch
C ampus
20 Chancengleichheit nach Darwin
21 Bildung zum Schnäppchenpreis
22 Kommentar zu «Bildung zum Schnäppchenpreis»

Weltpolitik für Anfänger - National Model United Nations


23 Startsummit 2010
24 Kritik des Kontextstudiums
27 Wir Schwarzfahrer
28 Schweizer Sonnenschein in Dublin
29 HSG im Ausnahmezustand - 40 Jahre Symposium
30 Offener Brief an den Nachfolger von Ernst Mohr, PhD
Chancengleichheit nach Darwin
«Survival of the fittest» scheint eine beliebte Vorgehens-
weise der HSG zu sein. Zumindest, was das Auswahl-
verfahren für einen Gaststudienplatz im Ausland betrifft.
Andere Möglichkeiten zum Austausch wie das Freemover-
Programm fördern den «Survival of the richest». Chancen-
gleichheit? Fehlanzeige.

D er Trend zum Austauschsemester


nimmt seit Jahren zu. Auch an der
HSG ist der Wettbewerb für einen der
über 500 Gaststudienplätze an einer
Universität im Ausland gross. Einerseits
wegen dem unvergesslichen Erlebnis,
das an «Auberge Espagnole» erinnert.
Zum anderen, weil es mittlerweile kein
Geheimnis mehr ist, dass Personalchefs
Bewerber mit Auslandserfahrung bevor-
zugen. Hochschulen der Ivy League und
die Grandes Écoles liegen deshalb ganz
vorne bei den Präferenzen der Bewerber
für ein Auslandssemester. Auch das Ex-
change Office der HSG wirbt im Internet Quelle: Michael Klant , [Hrsg.] , Schul-Spott : Karikaturen aus 2500 Jahren Pädagogik, Fackelträger, Hannover 1983, S. 25

mit unzähligen Gründen, ins Ausland zu


gehen. An Beispielen von sozioökono- denten und persönliche Umstände keine
mischen Diskriminierungen mangelt es Rolle. Auch die Motivation der Studie-
Für eine erfolgreiche Bewerbung gilt nicht: Tim (Name geändert) stammt aus renden wird nicht in Betracht gezogen.
es ein grosses Hindernis zu bewältigen: einer Arbeiterfamilie. Er ist der Erste in Ausschlaggebend sind ausschliesslich
den magischen Notendurchschnitt von seiner Familie, der an einer Universität der Notendurchschnitt des Bewerbers
4,5 beim Abschluss der Assessment-Stu- studiert. Um sich das Studium und den und dessen Präferenzangabe von Uni-
fe. Er ist für die einen eine Eintrittskarte Unterhalt zu finanzieren, hat er neben versitäten. Obwohl man davon ausge-
für einen beneidenswerten Lebensab- dem Studium zwei Jobs und arbeitet zu- hen muss, dass nicht alle Studenten die
schnitt und für andere eine Hürde, die sätzlich noch in den Ferien. Die Zeit, die gleiche finanzielle und familiäre Unter-
Träume zerstören kann. Das Studien- ihm zum studieren bleibt, muss er effi- stützung haben, und obwohl dieser so-
semester im Ausland bleibt ein Privi- zient nutzen, um seinen strengen Lern- zioökonomische Hintergrund für deren
leg derjenigen, die genügend Zeit für plan einhalten zu können. Dennoch hat Lernerfolg entscheidend sein kann, gibt
Fleiss besitzen. Obwohl die HSG noch er es nicht geschafft, einen Notendurch- es im Auswahlverfahren der HSG für ei-
andere Austauschprogramme hat, z.B. schnitt von 4,5 am Ende der Assess- nen Austauschstudienplatz keine aus-
Swiss Mobility und Freemover, bieten ment-Stufe vorzuweisen. Auf die Frage, gleichenden Massnahmen. Als solche
diese keine echte Alternative für die an welcher Universität er während eines würden sich zum Beispiel Motivations-
Studenten, denen die finanziellen Mit- Auslandssemesters studieren möchte, schreiben und Bewerbungsgespräche
tel fehlen. Denn auch wenn diese zwei antwortet er im Gespräch: «Der Zug ist anbieten, da sie den sozioökonomischen
Programme keine Notenbarriere für die für mich abgefahren, den Traum hab ich Hintergrund des Bewerbers berücksich-
Bewerbung haben, muss der Freemo- um eine Dezimalstelle verpasst.» tigen. Solange aber keine vergleichbaren
ver die Studiengebühren an der auslän- Massnahmen in das Auswahlverfahren
dischen Universität selbst tragen, was in Beim Auswahlverfahren für Aus- aufgenommen werden, kann von Chan-
einigen Ländern dem Jahreseinkommen tauschstudienplätze spielen soziale cengleichheit keine Rede sein.
einer Mittelstandsfamilie entsprechen Kriterien wie etwa der Bildungsgrad der Sarah-Marie Männche
kann. Eltern, die finanziellen Mittel des Stu-

20 prisma – Mai 2010


C
Bildung zum Schnäppchenpreis
An Schweizer Hochschulen nimmt die Anzahl auslän-
discher Studenten zu. Die Kosten für die Kantone sind
gewaltig. Eine Erhöhung der Studiengebühren für Auslän-
der ist unumgänglich.

Luc-Etienne.Fauquex@student.unisg.ch
Ressortleiter Campus

S ie kommen abends in die Beiz und


rufen lautstark: «Ich bekomm ‘n
Bier.» Weil sie unsere Universität über-
Franken. Doch für den Universitätskan-
ton entstehen Kosten von bis zu 21‘000
Franken pro Jahr und Student in Rechts-
ein Postulat in diesem Sinne eingerei-
cht. Auf Anfrage von prisma wollte die
Universitätsleitung «derzeit gegenüber
füllen, muss man eine Stunde früher oder Wirtschaftswissenschaften. der Öffentlichkeit keine Stellung zum
aufstehen, um einen Platz im Audimax Postulat» nehmen.
zu ergattern. In Gruppenarbeiten sind Hier liegt der Kern des Problems.
sie schlicht unerträglich. Denn bei Schweizer Studenten wird di- Zurzeit zahlen ausländische Stu-
ese Differenz zumindest teilweise durch denten pro Semester lediglich 150 Fran-
Jedoch wollen wir uns an dieser den Wohnkanton getragen. Doch für ken mehr als Schweizer. Eine massvolle
Stelle weder den üblichen Klischees Ausländer, die in der Schweiz studie- Erhöhung wäre angebracht und für die
über unsere deutschen Kommilitonen ren, bezahlt das Herkunftsland dem Betroffenen verkraftbar. Die zusätz-
noch der allgegenwärtigen Germano- Standortskanton der Hochschule kei- lichen Einnahmen würden das Budget
phobie hingeben. Die Deutschen, die in nen Rappen. Für diese Kantone sind der Kantone erheblich entlasten – ihnen
der Schweiz studieren, sind zum grös- die finanziellen Folgen einer Zunahme stünden mehr Mittel für Investitionen
sten Teil freundlich, produktiv, integra- ausländischer Studenten gewaltig: Nach in die Bildung frei. Diese sind nötig, um
tionswillig. Doch bei aller Übertreibung Berechnungen der «NZZ am Sonntag» in der Schweiz weiterhin von hervor-
wurde im Rahmen der Diskussion über beliefen sich die ungedeckten Ausbil- ragenden Hochschulen profitieren zu
das problematische Verhältnis zu den dungskosten im Jahre 2008 auf 560 Mil- können. Denn gute Infrastruktur, inno-
Einwanderern aus dem Norden eine in- lionen Schweizer Franken. Angesichts vative Forschung und kompetente Be-
teressante Frage aufgeworfen: Sollen die dieser Zustände wurde jüngst im Zür- treuung der Studenten haben nun mal
Studiengebühren für ausländische Stu- cher Regierungsrat und an der Rekto- ihren Preis.
denten erhöht werden? renkonferenz der Schweizer Universi-
täten (CRUS) laut über eine Erhöhung
Die Kosten des Bildungstouris- der Studiengebühren für ausländische
mus Studenten nachgedacht.
Fakt ist: Durch die Vereinheitlichung
der Hochschuldiplome und die Förde- HSG: kein Kommentar!
rung der studentischen Mobilität hat die Die Universität St. Gallen hat seit
Bologna-Reform zu einer starken Zu- längerer Zeit den Ausländeranteil auf

K
nahme ausländischer Studenten in der 25% beschränkt, um die Kosten zu
Schweiz geführt. An Schweizer Universi- kontrollieren und eine ausgewogene
täten und Fachhochschulen stammt in- Durchmischung der Studenten zu er-
zwischen jeder sechste Student aus dem möglichen. Das Problem wird dadurch
Ausland. Insbesondere für Deutsche ist aber nicht gelöst: Solange die Anzahl
die Schweiz ein attraktiver Studienort Schweizer Studenten an der HSG zu-
Kommentar
– nicht nur dank der sprachlichen und nimmt, steigen auch die Ausbildungsko-
geografischen Nähe. Denn die Schwei- sten für Ausländer proportional weiter.
Den Kommentar zu diesem
zer Hochschulen bieten hohe Bildungs- Eine einseitige Erhöhung der Gebühren Artikel findet ihr auf der
qualität zu einem günstigen Preis. Für bedürfte allerdings einer gesetzlichen
ein Studienjahr zahlt man hierzulande Grundlage auf kantonaler Ebene. Kürz- nächsten Seite
Gebühren in Höhe von ungefähr 2‘000 lich hat die SVP im St. Galler Kantonsrat

C 21 prisma – Mai 2010


K
Kommentar
Kommentar zu «Bildung zum
Schnäppchenpreis» auf Seite 22
Valentin.Diem@student.unisg.ch
prisma-Redaktor

D urch das Entrichten des Studien-


beitrages wird dem Studenten die
Möglichkeit zur Nutzung des universi-
Form eines überdurchschnittlich hohen
Einkommens, stiftet, einen dienlichen
Effekt für die individuel-persönliche
werden, wärend Ausländer wieder in
ihr Heimatland zurückkehren? Für den
Weltfrieden? Sicherlich nicht. Es ist ja
täten Angebots eröffnet, welches vom Entwicklung bei, was letztlich auch der nicht so, dass die meisten ausländischen
schweizer Steurzahler zur Verfügung gesammten Bevölkerung, oder zu min- Studenten in ihrem Heimatland keinen
gestellt wird. Denn studieren bedeu- dest dem näheren Umfeld der gebildeten Zugang zu adäquater Bildung hätten;
tet eine Investition in Humankapital, Bürger zu gute kommt. Bildung braucht viel mehr ist es ein Luxus im Ausland
welches in einer Dienstleistungsgesell- der Mensch für ein geistig erfülltes Le- zu studieren, aus welchen Motiven man
schaft so wertvoll ist, dass es durchaus ben. Wie viel allerdings, muss jeder dies tut, spielt gar keine Rolle. Wie viel
Sinn macht, dass der Staat das Studium selbst entscheiden und kann auch jeder Luxus man sich gönnt, muss jeder für
unterstützt. Diese Bildungssubventi- selbst entscheiden, gerade weil Bildung sich selber entscheiden, denn er kostet
onen sind aber mit einem zukünftigen subventioniert wird. Problematisch Geld, welches bekanntlich knapp ist.
Gegenwert, nämlich einer gesteiger- wird es erst, wenn offensichtllich keine Luxus ist eben gerade teuer, weil er über
tenProduktivität der studierten Arbeits- Verbindung zwischen dem Studenten ein vertretbaren Mindeststandard hi-
kraft zu rechtfertigen, welche indirekt einer Universität und dem Finanzierer nausgeht und deshalb von jedem selbst
über die Steueren das investierte Kapital dieser Institution existiert. Weshalb soll bezahlt werden muss. Ausländische Stu-
wieder in die Gesellschaft zurückführt. der schweizer Steuerzahler die auslän- denten können zwar eine Bereicherung
Dies widerspricht auch nicht dem Hum- dischen Studenten in einem gleich ho- für die Einheimischen sein, doch auch
boldtschen Bildungsideal, nachdem Bil- hen Mass unterstützen wie die Einhei- das ist Luxus, welcher nicht durch den
dung Selbstzweck ist. Tatsächlich trägt mischen, welche höchstwahrscheinlich Staat finanziert werden sollte.
Bildung, auch wenn sie keinen direkten zukünftig etwas zur Schweiz in welcher
ökonomischen Nutzen, zum Beispiel in Form auch immer positiv beitragen

Weltpolitik für Anfänger –


National Model United Nations
N MUN, die weltweit grösste UN-
Simulation für Studierende, ver-
eint jährlich Politikbegeisterte in New
die Arbeit, sondern vor allem auch die
Begegnungen und angeregten Diskus-
sionen mit Studierenden aus aller Welt,
York, um sie eine Woche lang möglichst machen diese Konferenz zu einem ein-
realitätsnahe den Arbeitsalltag eines zigartigen Erlebnis.
UN-Delegierten leben zu lassen. Wer
meint, dieser bestehe grösstenteils aus NMUN und die HSG
gemütlichem Kaffeetrinken und Po- Der Kurs zur Konferenz, der an der
litgesprächen, der täuscht sich gewal- HSG jeweils im Herbstsemester ange-
tig. Während draussen auf dem Times boten wird, richtet sich an Studierende
Square Touristen ihre Erinnerungsbilder aller Majors, die sich für die UN und die
knipsen, werden in den Verhandlungs- mit ihr verbundenen Aufgaben interes-
räumen Resolutionen erarbeitet, Posi- sieren. Verschiedene Auszeichnungen
tionen verteidigt, Kooperationen gebil- sprechen für die überzeugende Arbeit,
det und Reden gehalten. Man ist nicht welche in den vergangenen Jahren von
mehr Studierender der HSG, sondern den Delegierten der HSG geleistet wur-
Teil der fiktiven UN und stellt sich, wie de. Egal ob Botswana oder Island ver-
dies in der UN eben so gemacht wird, treten wird, die Studierenden scheinen
brenzlige Fragen zu Themen wie der Eli- sich auf der ganzen Welt wohl zu fühlen.
minierung von internationalem Terro- Für ambitionierte Studierende, die ger-
rismus und Klimawandel. In kurzer Zeit ne mal ihre Fähigkeiten als Diplomaten
wird versucht, kreative und praktische unter Beweis stellen möchten, ist NMUN
Lösungen für diese globalen Probleme eine einmalige Chance, die man nicht
zu finden. Dass der Weg das eigentliche missen sollte.
Ziel ist, gilt auch fürs NMUN. Nicht nur Lynn Reinhart

22 prisma – Mai 2010


C
Von Zweifel zu Köppel
Für die Jungunternehmer an der HSG und solche,
die es noch werden wollen, fand Ende April der
Startsummit statt.

Jeffrey.Voegeli@student.unisg.ch
Chefredaktor

M it Hansheinrich Zweifel eröffnete


ein Unternehmer alter Schule den
Anlass. Auch wenn man beim Stichwort
Ständen präsentierten sich Start-ups aus
den verschiedensten Sektoren. Sehr be-
liebt war der Stand von À La Carte Maps.
gestellt werden musste. Die anwesenden
Gründer nahmen sich alle Zeit der Welt,
um mit den neugierigen Studenten über
Start-up heute schnell an Hightech und Ob das an dem grossartigen Produkt lag ihre Projekte zu sprechen, und der eine
Internet denkt, konnten die Anwesenden oder daran, dass dieses Unternehmen oder andere kam dabei bestimmt auf
sicherlich auch von seinen Erfahrungen leicht zu verstehen ist, lässt sich nicht sa- eine eigene Idee.
als Pommes-Chips-Fabrikant profitie- gen. Etwas vereinsamt war im Vergleich
ren. Damit man sich noch vertiefter dazu der Stand von PanTherapeutics. Abgeschlossen wurde der diesjäh-
mit den Weisheiten Zweifels bekannt Kein Wunder, vermutlich kennen sich rige Summit von einem echten Publi-
machen konnte, lag auch dessen Buch die wenigsten in der Krebsforschung kumsmagneten: Roger Köppel. Schade
«Chips Geschichten» am Summit auf. aus. Potenziellen Jungunternehmern sei war nur, dass er fast vollständig auf Po-
jedoch gesagt, dass man in diesem Be- lemik verzichtete und in sehr seriöser
Jedem das Seine reich richtig schön reich werden kann, Manier über Unternehmertum sprach.
Nach der Eröffnungsrede gingen wenn man ein bisschen Glück hat. Auch Einer seiner zentralen Punkte war da-
die Teilnehmer zu den verschiedenen Actelion war mal ein Start-up. Jetzt ist bei, dass Unternehmer nur derjenige
Workshops. Diese fanden an Tag eins die Firma im SMI. ist, dem auch wirklich die Mehrheit des
und zwei des Summits jeweils parallel Unternehmens gehört und der für sei-
statt und gaben den Teilnehmern die Neben den Keynote Speeches waren ne Entscheidungen direkt mit seinem
Möglichkeit, einen Einblick in verschie- die Table Sessions vermutlich der unter- Vermögen geradesteht. Sicherlich kein
dene Herausforderungen des Unterneh- haltsamste Teil des Summit – das Abend- schlechter Ansatz, gerade da vielerorts
mertums zu erhaschen. Von Marketing programm mal ausgenommen – da hier alles eigenverantwortliche Handeln als
über Markteintrittsstrategien bis hin wirklich die Gelegenheit geboten wurde, unternehmerisch bezeichnet wird.
zur Finanzierung durch Venture Capital jede dumme Frage zu stellen, die gerade
waren die verschiedensten Themenbe-
reiche abgedeckt. Die Teilnehmer ka-
men denn auch grossteils schwärmend
aus den Workshops heraus. Allerdings
gab es auch leise Kritik. Wie mir einige
Teilnehmer in einer der zahlreichen Ver-
pflegungspausen sagten, sei der Lern-
effekt nicht ganz so gross gewesen wie
erhofft. Vermutlich hätte man mehr pro-
fitiert, wenn es ausschliesslich um die
Erfahrung der anwesenden Unterneh-
mer gegangen wäre und man nicht die
Zeit mit dem oberflächlichen Entwerfen
von Strategien verbracht hätte.

Table Sessions
Bei den so genannten Table Sessions
gab es reichlich Gelegenheit, verschie-
dene Jungunternehmer nach ihren Er-
fahrungen, ihrer Motivation oder ihrem
Geschäftsmodell zu befragen. An klei-
nen (und etwas improvisiert wirkenden)

C 23 prisma – Mai 2010


Kontextstudium: ein struktureller
Nachteil?
Das Kontextstudium ist mittlerweile fest im Curriculum
der HSG verankert und geniesst breite Wertschätzung.
Im prisma-Interview bezieht der Kontextstudium-Kritiker
Prof. Manfred Gärtner Stellung und plädiert für eine
Stärkung der eigentlichen Kernfächer.
Max.Winkler@student.unisg.ch
prisma-Redaktor

S eit bald 10 Jahren bietet die HSG nun


die Bologna-Studiengänge Bachelor
und Master an, deren Einführung aus-
wir uns nicht an eine wissenschaftliche
Evaluation der ‚Errungenschaften‘ der
Studienreform heranwagen, zu denen ja
durch das Kontextstudium haben wir
weiterhin die Vorgabe, im Fach selbst
internationales Niveau zu erreichen.
serdem zu einer umfassenden Neukon- auch das Selbststudium gehört. Ob uns
zeption der Lehre genutzt wurde. Pro- jemand beneidet ist aber sowieso nicht Sie sehen also das Niveau der Lehre durch
minentestes Kind dieser Neukonzeption entscheidend. Es ist der ‚Markt‘, breit das Kontextstudium bedroht?
ist das Kontextstudium, das seitdem 25% verstanden, unter Einbezug der Gesell- Bezüglich der Themen erreichen wir
des Lehrplans jedes Studenten ausmacht schaft, der beurteilt, ob das Kontext- sehr wohl internationale Standards, und
und für dessen Einführung sich die HSG studium für unsere Absolventen netto unsere Studenten reproduzieren dieses
gerne auch im In- und Ausland auf die einen Zusatznutzen hat oder ob die in Wissen auch an Prüfungen. Im Ver-
Schulter klopfen lässt. Namhafte Uni- anderen Bereichen entstehenden Defi- gleich mit anderen Universitäten bieten
versitäten im deutschsprachigen Raum zite überwiegen. wir allerdings viel zu wenig Gelegenheit,
kopieren bereits das St. Galler Modell. Erlerntes zu üben, so dass es an Anwen-
... so heisst es auch in demselben Artikel dungskompetenz mangelt.
Doch möglicherweise trüben die St. weiter: «Das Kontextstudium war für
Galler Hochglanzprospekte den Blick viele eine lästige Pflicht – vor allem für Also fehlt durch das Kontextstudium vor
auf wachsende Probleme innerhalb der Betriebswirtschaftler, die hatten bloss allem die Zeit für Übungsgruppen und
eigentlichen Kernfächer, auf dessen Ko- ein müdes Lächeln dafür übrig. Einige Tutorien?
sten sich das Kontextstudium im Curri- Studenten forderten bereits sogar die Ab- Da das Kontextstudium bleiben
culum etabliert hat. Dieser Meinung ist schaffung des Obligatoriums. Allerdings wird, müssen alternative Lösungsansät-
auch VWL-Prof Manfred Gärtner, der im ohne Erfolg.» ze gefunden werden, um die an der HSG
prisma-Interview seine Kritik an der St. Ich war zur Zeit der Reform bezüglich knappere Zeit im Fachstudium effizient
Galler Konzeption des Kontextstudiums des Kontextstudiums skeptisch. Und was zu nutzen. Ich denke da zum einen tat-
formuliert, die dadurch entstandenen im erwähnten Artikel über Betriebswirt- sächlich an die Übungsgruppen. In den
Probleme für die volkswirtschaftliche schaftler steht, gilt für Volkswirtschaftler Pflichtfächern der volkswirtschaftlichen
Lehre erläutert und gleichzeitig Wege genauso. Inzwischen habe ich meinen Abteilung haben wir rechnerisch 50 Teil-
aufzeigt, wie diese Probleme pragma- Frieden mit dem Kontextstudium ge- nehmer, wodurch eine persönliche Be-
tisch gelöst werden könnten. macht, auch weil die Programmleitung treuung und Interaktion verunmöglicht
seit einigen Jahren ein sehr offenes Ohr wird.
Das St. Galler Tagblatt schrieb am 9. Juni für unsere Anliegen hat. Mittlerweile
2009: «Das Anfang des Jahrtausends ein- gibt es ein höchst reichhaltiges und in- Sie haben sich also mit dem Kontextstu-
geführte Kontextstudium sei ein «brand», teressantes Angebot, das ein VWL-Stu- dium abgefunden und die eigentlichen
um den andere Wirtschaftsuniversitäten dium gut ergänzen kann, wodurch sich Reformansätze sollen innerhalb des ver-
St. Gallen beneiden.» Wie passt das mit das Problem zumindest etwas entschärft bliebenen Fachstudiums erfolgen?
Ihrer Kritik zusammen? hat. Grundsätzlich besteht aber ein Di- So kann man das zusammenfassen.
Das ist eine Behauptung. Ich kenne lemma im Sinne einer Konkurrenz um Sicher kann man darüber diskutieren, ob
keine Zahlen, die dies bestätigen oder die Zeit der Studierenden. Denn trotz das Kontextstudium tatsächlich dieses
widerlegen. Es ist generell schade, dass Inanspruchnahme unserer Studenten Volumen beanspruchen muss, aber es

24 prisma – Mai 2010


C
ist kontraproduktiv, in dieser Frage neue scheiden. Die Beseitigung administra- dann suboptimal sein. Hinderlich sind
Streitigkeiten vom Zaun zu brechen. tiver Einschränkungen würde kaum auch die Vorgaben bezüglich Prüfungs-
etwas kosten. Die angesprochenen Ver- form und -zeitpunkt. In Pflichtfächern
Gab es diesbezüglich hinter den Kulissen besserungen im Bereich der Übungen haben die Prüfungen im zentralen Prü-
viele Streitereien? hätten aber spürbare Kostenfolgen. fungsblock stattzufinden. Die Prüfung
Die Einführung des Kontextstudi- Doch kann ich mir durchaus Budgetbe- zur Makroökonomik III findet 2 Monate
ums, und übrigens auch des Selbststu- reiche vorstellen, in denen gespart wer- nach der letzten Vorlesung statt! Da ist es
diums, war nicht einstimmig. Solche den könnte... nur rational, wenn sich Studierende im
Projekte sind Resultate universitätspoli- Semester auf die dezentralen Leistungen
tischer Prozesse. Mit meiner skeptischen ... möglicherweise beim Kontextstudium? – eben das Kontextstudium – konzentrie-
Haltung war ich bei weitem nicht allein. Ja, wobei ich einräume, dies nicht ren und sich mit den Kernthemen ihres
Aber, wie bereits gesagt: Das Kontextstu- aus einer objektiven, gut informierten Studiums erst nach Semesterende be-
dium kann ein wirtschaftliches Studium Warte beurteilen zu können. Aber auch fassen, wenn ihnen Dozierende eigent-
bereichern. Auch ist in der kulturwis- das Wachstum in einigen Bereichen lich nicht mehr zur Verfügung stehen.
senschaftlichen Abteilung inzwischen unserer Verwaltung verdient einen kri- Dies stellt nicht nur die Prioritäten auf
viel investiert und Kreatives produziert tischen Blick. Um die Zusatzkosten über- den Kopf. Auch ein effizienter Einsatz
worden, was das Dilemma beträchtlich schaubar zu halten, könnten vermehrt von Steuermitteln sieht anders aus. Wei-
entschärft, und weshalb den Verant- Doktoranden herangezogen werden, die tere Stolpersteine entstehen dadurch,
wortlichen die Chance zugestanden nicht teuer, aber qualifiziert genug sind, dass wir Prüfungsmerkblätter lange vor
werden sollte, das Kontextstudium wei- um selbst bei einer massiven Erhöhung Semesterbeginn einreichen und Prü-
ter zu entwickeln. Mein Fokus liegt auf der Zahl der Übungsgruppen hohe Qua- fungen selbst deutlich vor Semesteren-
Reformimpulsen im Bereich des Fach- lität zu gewährleisten. de anfertigen sollen. Dadurch wird ein
studiums, wo wir durch administrative flexibler Bezug zur aktuellen Praxis, jetzt
Stolpersteine behindert werden. Wir Darüberhinaus würde die Abschaf- etwa zur Griechenlandkrise, massgeb-
könnten im Fachstudium auch ohne Be- fung unnötiger Reglementierungen lich erschwert.
schneidung des Kontextstudiums mehr erhebliche Qualitätsreserven freiset-
erreichen, liessen sich diese aus dem zen, ohne das Budget zu strapazieren. Zurück zum Kontextstudium: Was halten
Weg räumen. Beispiel: Ich muss 50% meiner Pflicht- Sie von dessen offiziellen Anspruch, Per-
veranstaltungen im Selbststudium an- sönlichkeiten zu bilden?
Gegen diese Bemühungen, Stolpersteine bieten. Das ist, als würde man einem Da mutet sich eine Universität zu
aus dem Weg zu räumen, gibt es interne Tennisspieler ein Korsett anlegen, das viel zu. Durch das Angebot des einen
Widerstände, denn Ihre Vorschläge wie nur bestimmte Bewegungen zulässt. oder anderen fachfremden Kurses wird
kleinere Übungsgruppen oder verbesserte Dozierende wissen selbst besser, ob und keine Persönlichkeit gebildet. Natürlich
Betreuung erfordern in erster Linie grös- in welchem Ausmass sie das Selbststudi- spielt das Studium eine Rolle, doch wer-
sere finanzielle Ressourcen. um für ihr Thema und Konzept nutzen den Persönlichkeiten früher und breiter
‚Widerstände‘ ist zu hart ausge- können. Verweigert man ihnen diese geprägt: Im Elternhaus, in der Schule,
drückt. Aber es fehlen offene Ohren. Freiheit, kann man das nur als Misstrau- durch die Gesellschaft. Sicherlich kön-
Bezüglich der Kosten muss man unter- en interpretieren. Das Ergebnis muss nen wir formulieren, wie wir uns ideale

C 25 prisma – Mai 2010


Absolventen vorstellen, doch bezweifle der Gesellschaft unterordnen? Liegt darin der Wissenschaft war St. Gallen vor 20
ich, dass wir sie in diesem Sinne formen nicht gerade die zukünftige Aufgabe des Jahren ein Aschenputtel. Mittlerweile
können. Viel wichtiger ist, was wir vor- Kontextstudiums, auf diese Fragen effizi- sind wir hinter Zürich auf dem zweiten
leben. ent neue Antworten anzuregen? oder dritten Platz in der Schweiz und
Ich glaube nicht, dass Menschen so haben ehrgeizige internationale Ziele.
Die HSG musste sich vor einem Jahr auf- funktionieren. Wir können Studenten Andererseits sollen keine Studenten mit
grund ihrer vermeintlich neoliberalen nicht vorbeten, was der Sinn des Le- einem fachlich unverantwortlich dün-
Eindimensionalität heftige öffentliche bens ist, wie ihre Prioritäten sein sollten nen Bachelor oder Master die HSG ver-
Kritik gefallen lassen. Im Gegenzug ver- oder wie Unternehmen zu funktionieren lassen. Da haben wir im Fachstudium
wies die Universitätsleitung damals im- haben. Wir können unsere Studenten den strukturellen Nachteil namens Kon-
mer wieder auf das Kontextstudium, um bilden – und da spielt das von Ihnen textstudium. Dies können wir teilweise
die Offenheit der St. Galler Lehre zu be- Angesprochene schon rein – um auch abfedern, weil wir überdurchschnittlich
legen. Ist das Kontextstudium eine Alibi- Bewusstsein für Themen zu schaffen, gute und motivierte Studenten haben.
Übung um lästigen Kritikern auszuwei- welche in der Hetze des Fachstudiums Wenn wir zusätzlich kontraproduktive
chen? aus dem Blick zu geraten drohen. Genau administrative Einschränkungen zu-
Zunächst einmal: diese Schuldzu- genommen sollte dies in einem guten rückfahren und zur Intensivierung der
weisungen resultierten aus einer weit- Fachbereich auch Teil des Fachstudiums Arbeit in kleineren Gruppen auch Geld
gehenden Unwissenheit darüber, was sein. Leider haben wir in der Vergangen- in die Hand nehmen, dann werden wir
die HSG im Allgemeinen und unsere heit diesbezüglich Fehler gemacht, wie weiterhin und künftig vermehrt stolz auf
Ökonomen im Speziellen lehren. etwa Professuren für Wirtschafts- und unsere Absolventen sein können.
Dogmengeschichte auslaufen zu lassen
Zu Ihrer Frage: nach aussen war es zugunsten einer Stärkung im Bereich
für die Universitätsleitung sicherlich ein Methoden und Finance. Das Kontext-
willkommenes, einfaches Argument, studium hilft hier tatsächlich, entstan-
auf das Kontextstudium hinzuweisen. dene Lücken zu schliessen.
Jedoch glaube ich nicht, dass das Kon-
textstudium in dieser Frage von sub- Die durch den neuen interkan-
stanzieller Bedeutung ist. tonalen Finanzausgleich möglichen
zusätzlichen Professuren an der HSG
Also eine plumpe Antwort auf eine plum- bieten die Möglichkeit, das Kompe-
pe Kritik? tenzspektrum der Volkswirtschaftlich
Kann man vielleicht so sagen. Je- Abteilung (VWA) wieder aufzufüllen
denfalls wäre das Argument nicht aus- und unsere Massenveranstaltungen auf
reichend, um die Fortführung des Kon- mehrere Schultern zu verteilen. Leider
textstudiums zu rechtfertigen. Wollen zeichnet sich ab, dass davon kaum etwas
wir Lehren aus der Krise ziehen, braucht in der VWA ankommen soll. Dies hielte
es mehr als ein In-sich-Gehen der Uni- ich für eine wenig durchdachte Reakti-
versitäten. Die Gesellschaft insgesamt on auf die jüngste Kritik. Mit künftigen
muss sich überlegen, ob wir richtige Pri- Krisen werden wir nicht besser umge-
oritäten setzen. hen, wenn wir noch weniger vom Fach Foto: Universität St. Gallen (HSG)/Hannes Thalmann
verstehen, dafür aber mehr und mehr
Kann an dieser Stelle das Kontextstudi- ringsum garnieren. Die Garnitur kann
um nicht anknüpfen, um breitere Blick- kein Fundament ersetzen.
winkel zu ermöglichen und um diese Prof. Dr. Manfred Gärtner
Sinnfrage umfassender zu beantworten? Haben Sie die Befürchtung, dass die VWL-
Gerade in Bezug auf die Rolle der Wirt- Qualifikation der HSG-Absolventen lang- Professor für Volkswirtschaftslehre mit
schaft: Verstehen wir diese weiterhin als fristig nicht mehr erstklassig bleibt? besonderer Berücksichtigung der Wirt-
Selbstzweck oder lässt sie sich nunmehr Bezüglich des Rufs seiner VWL in schaftstheorie

26 prisma – Mai 2010


C
Wir Schwarzfahrer
Eine prisma-Umfrage hat ergeben, dass eine
Vielzahl der HSG-Studenten in den Bussen
der VBSG nicht bezahlen.

45% 12%
43% Ich bezahle Ich bezahle
Ich fahre immer! ab und zu
schwarz!
mit sich bringen. Man schädigt somit
durch sein unfaires Verhalten sowohl
sich selbst als auch die Allgemeinheit.

Würde ein Ticket existieren, das den


Bedürfnissen und dem Geldbeutel eines
Studenten angepasst ist, könnte sich das
Problem von selbst lösen: z.B. mit einem
Abo, das die HSG in Kooperation mit der
VBSG herausgibt und direkt bei der Se-

B eförderungserschleichung. Das ist


Beamtendeutsch und beschreibt
die Benutzung öffentlicher Verkehrsmit-
Der typische Schwarzfahrer ist
deutscher IAler
Im Vergleich der Nationalitäten stel-
mestereinschreibung erworben werden
kann. Bis es so weit ist, wird sich aber
noch der ein oder andere seine Beförde-
tel ohne gültigen Fahrschein. Ein häss- len die Deutschen mit fast zwei Dritteln rung erschleichen.
liches Wort. Es klingt mies und es klingt den grössten Anteil dar. Dagegen stammt Fabian Fechner
falsch. nur gut ein Viertel der Schwarzfahrer
aus der Schweiz. Das muss allerdings
Letztlich trifft es aber den Kern der nicht heissen, dass die schweizerischen
Sache sehr gut. Denn mal abgesehen von Studenten moralischer sind als ihre aus- Wie erkenne ich Fahrtkarten-
ein paar Freaks, denen es den nötigen ländischen Kommilitonen. So besitzt kontrolleure?
Kick verleiht, fühlt man sich verdammt eine Mehrheit der befragten Schweizer
schlecht beim Schwarzfahren. Man ist ein Generalabonnement, da sie ohnehin • Kontrolleure sind nie alleine, son-
angespannt, weil man weiss, dass man viel in der Schweiz mit Bus und Bahn dern immer mindestens zu zweit
etwas Falsches tut. Man sieht sich ner- unterwegs sind. Beim Blick auf die Stu- unterwegs!
vös um, ob der eingestiegene Fahrgast diengänge haben die IA-Studenten beim
nicht doch ein Kontrolleur ist. Man Schwarzfahren klar die Nase vorn, ge- • Sie steigen meistens getrennt ein,
bleibt lieber in der Nähe des Fahrkarten- folgt von den BWLern. halten aber Blickkontakt!
automaten stehen, anstatt bequem Platz
zu nehmen. Nun ist die VBSG gefragt • Es ist unwahrscheinlich, dass Kon-
Bei dieser Situation macht es nun trolleure Musik hören, Zeitung lesen
auch Sinn, sich mal in die Lage der VBSG oder telefonieren!
Schwarzfahren an der HSG hineinzuversetzen. Eine Erhöhung der
Dennoch scheinen all jene Schat- Kontrollen mag in diesem Falle Abhilfe • Sie haben keine bzw. höchstens klei-
tenseiten des Schwarzfahrens nie- schaffen. Aber es bleibt eine Massnah- ne Taschen bei sich!
manden wirklich abzuschrecken. Bei ei- me, die lediglich die Wirkung bekämpft
ner repräsentativen Umfrage hat prisma und die Ursachen des Problems unbe- • Kontrolleure tragen nie Anzüge,
ermittelt, dass über die Hälfte aller HSG- rührt lässt. Auch den Studenten muss sondern sind leger und bequem ge-
Studenten in den öffentlichen Verkehrs- klar sein, dass die Folgen dauerhafter kleidet!
mitteln unserer Stadt zumindest ab und Beförderungserschleichung letztlich
zu nicht bezahlen. Geht man von 6500 auf sie zurückfallen. Die Defizite in den • Kontrolleure setzen sich praktisch
Studierenden aus und zieht noch jenes Kassen der Verkehrsbetriebe werden mit nie hin!
Viertel ab, das den Bus im Moment gar Steuergeldern ausgeglichen oder durch
nicht nutzt, kommt man auf ca. 2680 Sparmassnahmen kompensiert, welche • Mindestens einer der Kontrolleure
Schwarzfahrer. zuweilen harte Einschnitte beim Service ist immer ein Mann!

C 27 prisma – Mai 2010


Schweizer Sonne in Dublin
Das Lacrosse-Team der HSG hat am Universitätsturnier
in Dublin teilgenommen. Die Sunnyboys berichten von
ihrem Ausflug auf die irische Insel.

S emesterbreak im April, Lacrosse


spielen in Dublin. Oder wenn man
den Worten eines Organisators glaubt:
Denn das Thema der anstehenden Par-
ty war «Vicars and Tarts» – oh Herz, was
willst du mehr? Aus Gründen der guten
tingham bekamen wir die Gelegenheit
für eine endgültige Revanche gegen den
Lokalmatadoren vom UCD. An den Sieg
«Sport by day … Party by night!» Das Sitten wird hier auf eine fotografische glauben, um jeden Ball kämpfen, keinen
Dublinfest ist ein fünftägiges Universi- Dokumentation der Nacht verzichtet. Meter kampflos aufgeben und somit
tätsturnier für Lacrosse, Football, Rug- dem Gegner den Schneid abkaufen – so
by, Netzball, Badminton, Squash und Glücklicherweise meinte es der lautete die Devise. Gesagt, getan. Frühe
Cheerleading. Die Tatsache, dass sich Spielplan gut mit uns Schweizern. Bis Gegentore konnten vermieden werden
jeweils Männer-, Frauen- und auch 13:45 Uhr hatten wir Zeit, um den Ka- und es zeichnete sich ein hochklassiges,
Mixedteams in den jeweiligen Sportar- ter zu zähmen und den Fokus auf die ausgeglichenes Finalspiel ab.
ten messen, verleiht «der Tour», wie sie nächsten Spiele zu setzen. Dies gelang
liebevoll genannt wird, eine ganz spezi- uns wesentlich besser als den Jungs Leider konnten die herausgespiel-
elle Atmosphäre. aus Essex – 6 zu 0. Das Spiel gegen die ten Chancen nicht verwertet werden.
Titelverteidiger UCD aus Dublin sollte Resultat: 2 zu 3. Zu verlieren macht kei-
Endlich Spiele und irisches gleichzeitig die Revanche für die letzt- nen Spass; vor allem nicht, wenn man
Wetter jährige Finalniederlage sein. Doch UCD nicht von einem übermächtigen Geg-
Erster Gradmesser war die Mann- zeigte den Schweizern, wo der Ire sein ner, sondern von sich selbst geschlagen
schaft Nottingham A: 8 zu 1 für die Sun- Guinness zapft: Das Spiel ging 1 zu 7 wird. Die letzte Party mit der Trophäen-
nyboys. Als Zweites kam Leicester, das verloren. Mit der Wut im Bauch wurde übergabe war trotz allem äusserst wild.
mit 11 zu 1 abgefertigt wurde. Und weil danach Birmingham überrollt und Piz- Im Jubel und Trubel wurden Pullover,
es sich ungeschlagen besser feiern lässt, za bestellt. Anschliessend haben wir mit T-Shirts und sogar die kleine Trophäe
versuchte man auch gegen Manchester Damen aus York einen guten Punsch ge- aus bisher noch ungeklärten Gründen
B zu reüssieren. Resultat: 9 zu 0. trunken. Den Rest des Abends haben wir verloren. Nächstes Jahr holen wir uns
vergessen. den grossen Pokal – der ist schwieriger
Nach den Simpsons im Fernsehen, zu verlieren.
Pizza auf dem Teller und ein wenig Final Day Rafael Buchli
Schönheitsschlaf war man gespannt auf Nach Siegen im Viertel- und Halbfi-
die verkleidungsfreudigen Insulaner. nal gegen zwei Mannschaften aus Not-

28 prisma – Mai 2010


C
HSG im Ausnahmezustand
– 40 Jahre Symposium
Sobald überall Securitas stehen und man einen mühsa-
men Umweg zur Bibliothek gehen muss, ist es mal wieder
so weit: Das Symposium hat begonnen.
U nter dem Thema «Entrepreneurs
– Agents of Change» versammeln
sich Führungskräfte und Studenten aus
der ganzen Welt, um eifrig zu diskutieren
und Ideen auszutauschen. Zu so einem
Anlass zeigt sich die HSG natürlich nur
von ihrer besten Seite. Verkleidet im
orange blauen Symposium-Gewand er-
kennt man die Uni als normaler Student
beinahe nicht wieder. Es wird an nichts
gespart. Die riesigen Buffets sind beina-
he schon legendär und selbst die Toi-
letten werden neu beschriftet. Nicht zu
vergessen ist das imposante weisse Zelt,
dessen Aufbau bereits im März begon-
nen hat und das mehr als genug Platz
schafft. Den Gästen, darunter Bundes-
präsidentin Doris Leuthard, Josef Acker-
mann und Thomas Borer-Fielding, soll
es an nichts fehlen. Bescheidenheit ist
sicherlich keine Tugend, der während
den zwei Tagen gefrönt wird.

Der Wert des Symposiums


Während den Podiumsdiskussionen Eigenschaften eines Unterneh- der es schwerfällt zu glauben, dass sie
zeigt sich der wahre Wert des Sympo- mers von den Anwesenden in ihren Armani-
siums. Der Dialog mit den jungen Füh- Aber was zeichnet den Unternehmer Anzügen geteilt wird.
rungskräften von morgen wird von den überhaupt aus? Eine Vision muss man
Managern am meisten geschätzt. Die haben und Leidenschaft für die Sache, Was kommt danach?
angenehme und lockere Atmosphäre im meint Christian von Koenigsegg, selbst Mit all den neuen und alternativen
Audimax spiegelt dies wider. Einzigartig Gründer und CEO von Koenigsegg Au- Ansätzen im Hinterkopf machen sich die
ist der offene Austausch, der durch diese tomotive AB. Denn der Weg kann steinig Manager am Wochenende auf den Weg
Plattform möglich wird. Denn Probleme sein. Deshalb muss man auch gewillt nach Hause. Bleibt nur zu hoffen, dass
gibt es genug, die gelöst werden müssen. sein, Risiken einzugehen, und keine das Gesagte nicht allzu schnell wieder
Allgegenwärtig sind die aktuelle Finanz- Angst vor Verlusten haben. Faisel Rah- vergessen geht. Schade auch, dass die
krise und die Ausschreitungen in Grie- man, sozialer Unternehmer im Bereich Mehrheit der HSG-Studenten das Sym-
chenland. Das herrschende System hat von Mikrokrediten in Grossbritannien, posium nur von weitem mitbekommt.
versagt, neue innovative Lösungsansätze behauptet sogar, ein Unternehmer ma- Tatsächlich werden sie richtiggehend
sind gefragt. Um jedoch Veränderungen che seine Sache erst richtig, wenn er abgeschottet von der High Society des
einleiten zu können, braucht es Unter- mindestens zweimal gescheitert sei. Was Wirtschaftslebens. Falls ihr euch trotz-
nehmer. Denn der Kern von Unterneh- aufzeigt, wie hart sich das Leben als Un- dem für das Thema interessiert, dann
mertum sei Innovation, behauptet Lord ternehmer gestaltet. Aus diesem Grund schaut auf der Homepage www.stgallen-
Giffith, der als Moderator durch die ver- kann der Wunsch, reich zu werden, auch symposium.org vorbei. Dort findet ihr
schiedenen Diskussionen führt. Der nicht genügen, um unternehmerisch tä- Videos von allen Podiumsdiskussionen
ägyptische Unternehmer Shafik Gabr tig zu werden. Angad Paul, CEO von Ca- und interessante Interviews.
führt den Gedanken noch aus und sagt, paro plc, meint, dass Geld für ihn nur ein
dass Unternehmer eine kritische Rolle Werkzeug darstellt, welches es braucht, Desirée Germann
in der Transformation spielen, welche um die Dinge am Laufen zu halten. Viel-
die heutige Zeit prägt. leicht eine idealistische Vorstellung, bei

C 29 prisma – Mai 2010


An den Nachfolger von Ernst Mohr, PhD

A ls Student an der HSG möchte ich Ihnen als Erstes meine


Bewunderung und meinen Dank aussprechen. In diesen
harten Zeiten, in denen wir nicht einmal mehr alle einen hohen
Einstiegslohn und einen sicheren Job garantiert haben, braucht
es eine grosse Persönlichkeit an der Spitze unserer Universität.
Dass Sie sich für diesen – zugegeben prestigeträchtigen – harten
Job opfern, ist Ihnen hoch anzurechnen. Nicht nur verzichten Sie
auf einen grossen Teil Ihrer Privatsphäre, Sie haben auch in die
ausserordentlich grossen Fussstapfen Ihres distinguierten Vor-
gängers zu treten.
Der Genannte hat in den letzten Jahren souverän vorgelebt,
wie man Krisen meistert und für vollständige Zufriedenheit unter
den Stakeholdern der Uni sorgt. Dies hat nicht zuletzt mit seiner
ausserordentlichen Offenheit gegenüber ordinären Studierenden
zu tun. Auch bei Ihnen würde es mich freuen, wenn Sie in ange-
regten Diskussionen auf die Studierenden eingehen und hin und
wieder vielleicht sogar Vorschläge aus dem Plenum aufnehmen
würden. Hier liegt der Einwand nahe, das Rektorat arbeite eng
mit der Studierendenvertretung zusammen. Nur ist das eben so
eine Sache: Ist man erst einmal in einer Machtposition, hebt man
schnell etwas ab und vergisst, dass man nicht gewählt wurde, um
Statuten wortwörtlich auszulegen und interne Machtkämpfe zu
gewinnen, sondern um Ziele zu erreichen. Dieser Gefahr sind Sie
als erfahrener Professor oder erfahrene Professorin natürlich we-
niger ausgeliefert.
Um zu hören, was das Plenum meint, was die heissen The-
men an der Universität sind, brauchen Sie nicht einmal ausführ-
lich mit Studierenden zu sprechen. Einmal prisma lesen genügt,
und Sie wissen Bescheid. Wenn Sie diese Ausgabe als Beispiel
nehmen, dann sehen Sie, wie dringlich sich die Uni mit den fach-
fremden Kursen beschäftigen sollte. Es hat sich gezeigt, dass die
Studierenden sich gern neben dem Studium mit ihren Interes-
sengebieten beschäftigen – wenn man sie denn lässt – und nicht
unbedingt so erpicht darauf sind, über die oft gleichen Themen
auch noch Referate zu halten.
Zuletzt noch ein Wort zur Eloquenz, die von einer öffent-
lichen Person ja gefordert wird. Leider wird es Ihnen auch in
diesem Bereich kaum gelingen, Ihren Vorgänger in den Schatten
zu stellen. Die tiefen Weisheiten, welche er vielen von uns zum
Abschluss des Studiums auf den Weg gegeben hat, werden uns
anleiten, bis wir uns dereinst auf den wohlverdienten Bonustopf
zurückziehen. Ich rate Ihnen, sich hier nicht auf einen Wettbe-
werb einzulassen. Das Beste ist wohl, Sie finden Ihren eigenen
Stil. Zum Üben kann ich Ihnen die Ansprache von Gordon Gecko
aus dem grossartigen Film «Wall Street» empfehlen. Schliesslich
– und das ist das Wichtigste – sind Sie Rektor bzw. Rektorin der
HSG. Und das verpflichtet.

Mit besten Grüssen


Jeffrey Vögeli

30 prisma – Mai 2010


C
T hema
32 «Joe-Yourself»
34 Geld, Wert und Gesellschaft hängen zusammen
36 Was würden Sie arbeiten, wenn für Ihr Einkommen gesorgt wäre?
39 Mit Handys aus der Armut
40 20 Sack Hirse reicht fürs Jahr
Joe yourself!

Ausscheiden.

Aufsetzen.

Fotografieren.

Gewinnen.

Wer hat sich an dieser Uni schon einmal vorgestellt, Josef


Ackermann zu sein? Wohl jeder.

Jetzt könnt ihr auch so aussehen und dafür sogar noch etwas
gewinnen.

Fotografiert euch, nachdem ihr euch gejoe‘d habt! Die bes-


ten Einsendungen (prisma-Facebook-Fanpage oder prisma@
myunisg.ch) werden mit 2 VIP-Tickets für die nächste prisma-
Party belohnt!

32 prisma – Mai 2010


T
T 33 prisma – Mai 2010
Geld, Wert und Gesellschaft
hängen zusammen
Reinhold Harringer, Leiter des städtischen Finanzamts, im
Gespräch über Konsumgutscheine, Schwächen unseres
Geldsystems und die gesellschaftliche Funktion des
Mammon.

Raphael Güller

Im vergangenen Jahr hat die Stadt die St. Wie bewerten Sie rückblickend die Gut-
Galler Bevölkerung mit Konsumgutschei- schein-Aktion?
nen beglückt. Ein adäquater Weg aus der Es ging darum, einen Beitrag zur
Finanzkrise? Stabilisierung der Konsumnachfrage
Yannick.Pengl@student.unisg.ch
Natürlich ist das keine Lösung der all- zu leisten und ein positives Zeichen für
Ressortleiter Thema
gemeinen Finanzprobleme. Aber die St.Gallen zu setzen: „Geht doch mal wie-
Lösung des „Geldproblems“ kennt wohl der einkaufen.“ Wir konnten alles im
niemand und auch die Ökonomen sind geplanten Rahmen durchführen und die
in den letzten beiden Jahren beschei- zahlreichen positiven Reaktionen haben
dener geworden. Daher muss man auch gezeigt, dass die Bevölkerung diese Ge-
im Kleinen gangbare Wege suchen. Das ste der städtischen Behörden schätzte.
versuchen wir hier in St.Gallen: Einer- Vor diesem Hintergrund empfinde ich
seits die Gutscheinaktion, andererseits die Aktion nach wie vor als einen Erfolg.
komplementäre Tauschsysteme wie z.B.
die Zeitbörse. Warum dann Gutscheine und keine Steu-
ersenkung?

34 prisma – Mai 2010


T
Weil Gutscheine wesentlich effizi- schaften des Geldes zusammen: Unser Das ist zweifellos der Fall – und das
enter sind als eine Steuerfusssenkung: Geld entsteht zum weit überwiegenden Geldsystem hat dazu einen wichtigen
Um im Konsum die gleiche Wirkung zu Teil aus der Kreditvergabe der Privat- Beitrag geleistet. Aber niemand wird be-
erreichen, hätten über eine Steuerfuss- banken, d.h. es beruht auf dem Schul- streiten, dass damit auch gewaltige Pro-
senkung etwa dreimal mehr Mittel ein- denmachen. Ich frage mich, ob das der bleme verbunden sind. Das Verteilungs-
gesetzt werden müssen. Zudem ist der beste Weg ist. Denn eine Geldschöpfung problem ist beispielsweise überhaupt
psychologische Effekt, einen solchen über Kredit hat einige unangenehme Ne- nicht gelöst. Von der Umweltproblema-
Gutschein in der Hand zu halten, deut- benwirkungen: Geld verschwindet auch tik ganz zu schweigen. Wachstum halte
lich besser, als wenn die Steuerrechnung wieder, wenn Schulden zurück bezahlt ich für notwendig, wenn es darum geht
etwas geringer ausfällt. Ausserdem wird werden. D.h. im Umgang mit Schulden echte Bedürfnisse zu befriedigen. Aber
durch das Verfallsdatum und die auf sind wir sehr widersprüchlich: Sie sind in vielen industrialisierten Ländern geht
St. Gallen beschränkte Gültigkeit des einerseits die Basis des Geldes und im es nicht mehr um Bedürfnisbefriedigung
Gutscheins der regionale Konsum viel Moment auch das wichtigste Mittel um der Menschen, sondern um wirtschaft-
direkter stimuliert als durch jede steuer- das Finanzsystem zu retten. Anderseits liche Zwänge, die sich unter anderem
politische Massnahme. wird das Schuldenmachen kritisiert. Da- aus dem Geldsystem ergeben – man lese
bei wird gerne übersehen, dass Schulden dazu die Bücher von H.C. Binswanger.
Wurde das Ziel, die lokale Wirtschaft zu gleichzeitig immer auch Guthaben sind
stärken, erreicht? und dass auch die Gläubiger im Grunde Wenn das Geldsystem nicht mehr zu
Das lässt sich nicht quantifizieren. gar kein echtes Interesse an einem Ab- Wachstum und Wohlstand führen soll,
Aber die zahlreichen Rückmeldungen bau von Schulden haben. Ihr Interesse welche gesellschaftliche Rolle schreiben
aus dem Gewerbe und der Bevölkerung an einer andauernden Verzinsung der Sie ihm dann zu?
lassen darauf schliessen. Erstaunlich ist Schulden ist wesentlich grösser. Natürlich soll das Geld zu Wachs-
ja auch, dass 97 Prozent aller Gutscheine tum und Wohlstand führen; dazu ist es
eingelöst wurden. Natürlich kann man Welche Alternativen sehen Sie? da. Aber wir sollten das Geldsystem so
sagen, aus volkswirtschaftlicher Sicht Kurz- und mittelfristig gibt es wohl gestalten, dass es nicht zu einem Wachs-
wäre die Aktion nicht nötig gewesen, keine andere Lösung, als das bestehen- tum um des Geldes Willen führt, dass
die Wirtschaft sei aufgrund weltwirt- de System mit besseren Regeln (Eigen- es Ungleichheit nicht fördert, dass es
schaftlicher Gegebenheiten wieder an- mittelvorschriften, Verbot einzelner soziale Bindungen nicht zerstört son-
gesprungen. Aber beim Entscheid über gefährlicher Instrumente, Transakti- dern solche schafft. Solche Lösungen
die Gutscheine gab es deutliche Signale, onssteuern usw.) zu optimieren. Ob das sollten wir suchen. Ein Beispiel in die-
dass die Umsätze im Detailhandel zu- auch langfristig ausreicht, würde ich be- sem Zusammenhang ist die Zeitbörse,
rückgehen würden und die Lage sah be- zweifeln. Es sollten auch andere Geld- in der mittlerweile über 400 Menschen
ängstigend aus. schöpfungsmechanismen gesucht und aus dem ganzen Kanton Leistungen ver-
komplementäre System geprüft werden. schiedenster Art gegen Zeit tauschen.
Mit den Gutscheinen hatten Sie also Stichworte dazu sind etwa die Idee des Eine Stunde Leistung berechtigt zum
mehr als eine kurzfristige Krisenpolitik Vollgeldes, welches die Geldschöpfung Bezug einer Stunde Gegenleistung und
oder die kreative Verwendung des Jah- wieder dem Staat zurückgeben will. In nebenbei wird das soziale Miteinander
resüberschusses im Sinn. Um was ging es der Form könnte dies über eine Vertei- gefördert.
wirklich? lung pro Kopf erfolgen, wie wir es mit
Genau um die Argumente, welche den Gutscheinen gemacht haben. Auch Konnten auch die Gutscheine einen Bei-
der Stadtrat in seiner Botschaft aus- wenn die Gutscheine selbstverständlich trag in diese Richtung leisten?
führte: Stabilisierung des Konsums, För- kein eigenständiges Geld waren, der Ich glaube, dass die Bevölkerung ge-
derung der lokalen Wirtschaft, positives Weg der Verteilung hat gut funktioniert. spürt und geschätzt hat, dass man auch
Zeichen für St.Gallen. Aus meiner Sicht auf Gemeindeebene etwas tun kann.
sollte darüber hinaus auch die Geldfra- Darüber hinaus sollten zum beste- Im Grunde genommen handelt es sich
ge etwas thematisiert werden, denn die henden Geldsystem auch komplemen- beim Gutschein um eine moderne Form
letzten beiden Jahre haben einmal mehr täre Tauschsysteme entwickelt und ge- des Bürgernutzens, wie er in der Schweiz
gezeigt, dass diese Probleme ungelöst fördert werden: Wer nur auf einem Bein in vielen Ortsbürgergemeinden aus-
sind. steht, kommt eher ins Schwanken, als geschüttet wurde und zum Teil immer
wer mehrere Standbeine hat. So hat z.B. noch wird: Am Ende des Jahre bekommt
Wo sehen Sie die Probleme unserer heu- eine Studie zum WIR-Geld ergeben, dass der Bürger einen Anteil dessen, was sein
tigen Geldordnung? Komplementärwährungen antizyklisch Gemeinwesen erwirtschaftet hat. Früher
Das lässt sich in ein paar Sätzen nicht wirken und eine Wirtschaft stabilisieren waren das Fleisch, Wein oder Brennholz,
so schnell erklären. All jenen, die sich können. in St. Gallen wurde letztes Jahr einen Teil
für diese Fragen interessieren möchte des Haushaltsüberschusses in der Form
ich die Bücher von H.C.Binswanger oder Stand unsere Wirtschafts- und Geldord- von Gutscheinen verteilt. Die meisten
Bernard A. Lietaer empfehlen. nung in den letzten 200 bis 300 Jahren Leute hatten daran Freude. Und gemein-
nicht im Zeichen von Wachstum und same Freude schafft Gemeinschaft.
Die Probleme hängen mit dem Geld- Fortschritt, die unseren heutigen Wohl-
schöpfungsprozess und einigen Eigen- stand erst möglich gemacht haben?

T 35 prisma – Mai 2010


Was würden Sie arbeiten, wenn
für Ihr Einkommen gesorgt wäre?
Die Initiative Grundeinkommen aus Basel strebt eine
Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen
an. Grundeinkommen für alle? Bedingungslos? prisma
unterhielt sich mit Daniel Häni, einem der Initianten.

Max.Winkler@student.unisg.ch
prisma-Redaktor

I n der Schweiz herrschte bis 2007 qua-


si Vollbeschäftigung, womit sie global
ziemlich alleine auf weiter Flur dastand.
Konsumzwang, dennoch erzielt es jähr-
lich etwa 3.5 Millionen Franken Umsatz.
Häni setzt mit der Einladung zum be-
ren. Doch was ist eigentlich ein bedin-
gungsloses Grundeinkommen genau?
Das deutsche «Netzwerk Grundeinkom-
Gerade noch Neuseeland konnte bis zur dingungslosen Verbleib in seinem Café men» definiert: «Das Grundeinkommen
Wirtschaftskrise ähnlich erfolgreiche also bereits im Kleinen erfolgreich um, ist ein Einkommen, das bedingungslos
Arbeitsmarktstatistiken vorweisen. Die wofür er sich im Grossen in der Öffent- jedem Mitglied einer politischen Ge-
Mehrheit aller Industriestaaten kämpft lichkeit engagiert. Das «unternehmen meinschaft gewährt wird.» Es stellt ei-
dagegen schon seit den späten 1970ern mitte» ist nämlich auch die Brutstätte nen individuellen Rechtsanspruch dar,
mit dem Phänomen der strukturellen der Initiative für ein bedingungsloses soll die Existenz sichern und die gesell-
Massenarbeitslosigkeit. Politiker aller Grundeinkommen in der Schweiz, wel- schaftliche Teilhabe ermöglichen, wird
Couleur fordern daher seit Jahren Wirt- che Häni vor vier Jahren zusammen mit ohne Bedürftigkeitsprüfung ausgezahlt
schaftswachstum um jeden Preis, ob- dem Künstler Enno Schmidt gründete. und bedeutet, dass kein Zwang zur Er-
wohl es längst offensichtlich ist, dass der Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, werbsarbeit mehr besteht.
Arbeitsmarkt aufgrund der fortschrei- zunächst die Idee des bedingungslosen
tenden Rationalisierung und Digitali- Grundeinkommens in der Schweiz be- Für Häni ist das bedingungslose
sierung der wirtschaftlichen Leistungs- kannt zu machen, um schliesslich eine Grundeinkommen die erste positive Vi-
erbringung auch in Zukunft die soziale Volksinitiative zu dem Thema zu lancie- sion des 21. Jahrhunderts. Und wer es
Integration aller Menschen nicht ge- nicht gerade mit dem ehemaligen Bun-
währleisten kann. Der emeritierte HSG- deskanzler Helmut Schimdt hält («Wer
Professor Peter Ulrich stellt deshalb Visionen hat, sollte zum Augenarzt»),
fest, dass das traditionelle Denken in dem wird rasch klar, dass da eine Idee
BIP-Quantitäten die Entwicklung neuer, am Reifen ist, die sich als ähnlich funda-
qualitativ besserer Organisationsmodel- mentaler Paradigmenwechsel heraus-
le behindert. Doch wie könnte solch ein stellen könnte wie seinerzeit die Ein-
Modell aussehen? führung des Frauenstimmrechts oder
die Abschaffung der Sklaverei. Weil Ein-
Der aus der Nähe von Bern stam- kommen nicht mehr als Bezahlung von
mende Unternehmer Daniel Häni führt Arbeit, sondern als Ermöglichung zu
seit fast zehn Jahren das «unterneh- arbeiten verstanden werden soll, postu-
men mitte» in der Basler Innenstadt. liert das bedingungslose Grundeinkom-
Wo früher jahrzehntelang die Schwei- men im Grunde ein neues Freiheitsver-
zerische Volksbank ihren Hauptsitz hat- ständnis, nach dem jeder frei sein soll,
te, ist heute ein Kaffeehaus mit über 1000 auf eine traditionelle Erwerbstätigkeit
Gästen am Tag und Raum für Kultur- zu verzichten, ohne dadurch in existen-
schaffende, Designer, Architekten oder zielle Nöte zu geraten. Häni prophezeit
Theatermacher – ein Ort der Begegnung. als Konsequenz einen Boom kreativer
Bemerkenswert ist: Im Kaffeehaus in der und sozialer Impulse, für die in der heu-
ehemaligen Schalterhalle gibt es keinen tigen Ordnung keine kaufkräftige Nach-

36 prisma – Mai 2010


T
frage besteht, und spricht in diesem Zu- Grundeinkommen zu einem richtigen rechts. Häni nennt drei praktikable Lö-
sammenhang von «Sinnmaximierung» Markt hin verändern, in dem beide Par- sungsvarianten: Erstens könne man
als oberstes Ziel allen Wirtschaftens. teien sich annähernd auf Augenhöhe diese Arbeiten besser bezahlen und bes-
begegnen. Wie der Unternehmer Häni sere Arbeitsbedingungen schaffen, so
Das bedingungslose Grundeinkom- erklärt, «müssen die Unternehmen dann dass die Arbeit attraktiver wird. Zweitens
men als simplen Solidaritäts- oder Sozi- mehr darauf schauen, warum die Men- könne man sie teilweise automatisieren
alhilfegedanken abzutun, ist allerdings schen bei ihnen arbeiten sollen, wenn und wegrationalisieren und drittens
eine Denkfalle, da so lediglich neuer diese weniger dazu gezwungen wären». könne man ja das, wofür man meint, an-
Wein in alte Schläuche gegossen wird. Eine von den Initianten durchgeführte dere zwingen zu müssen, es zu tun, auch
Offensichtlich entwickelt es die Idee der Umfrage deutet nicht darauf hin, dass selber machen.
sozialen Hilfe weiter, wendet sich aber viele Menschen ihre Erwerbstätigkeit
andererseits auch von ihr ab. Denn ein schnurstracks einstellen würden (siehe Selbst wenn die Menschen grös-
bedingungsloses Grundeinkommen ist Box), zumal ein Grundeinkommen nur stenteils wie zuvor weiterarbeiten: Ist
nicht Ausdruck einer Heilslehre und be- einen Basisbetrag für ein gesellschafts- denn ein solches Einkommen für alle
deutet «nicht Solidarität mit den sozial würdiges Leben garantiert, welcher in überhaupt finanzierbar? Um diese Fra-
Schwächeren». Vielmehr will es die in- der Schweiz zwischen 2‘000 und 2‘500 ge zu beantworten, muss man zunächst
dividuelle Eigenverantwortung stärken, Franken liegen könnte, und der darü- verstehen, dass das Grundeinkommen
Lösungen durch die Menschen ermög- ber hinausgehende Lebensbedarf nach die bestehenden Einkommen (jeder
lichen und, mit Enno Schmidt gespro- wie vor erworben werden muss. Und und jede hat heute bereits ein Einkom-
chen, «jeden zum Unternehmer seiner wer macht dann unsere «Drecksarbeit»? men, sonst könnte er gar nicht leben) in
eigenen Biografie machen». Diese Frage stellte sich schon öfters in seiner Höhe ersetzt und in dieser Höhe
der Geschichte, beispielsweise erhoben bedingungslos macht. Es handelt sich
Besteht denn dann nicht die Gefahr, weisse Baumwollplantagenbesitzer in nicht um viel mehr Geld. Nur wer heute
dass viele Menschen gar nicht mehr ar- den amerikanischen Südstaaten diesen weniger hat, würde finanziell besser ge-
beiten? Weil der Arbeitnehmer leichter Einwand, als die Abschaffung der Skla- stellt. Die Frage ist also, wie die Trans-
als zuvor auf ein Arbeitsangebot ver- verei in den USA diskutiert wurde, und ferzahlung des Grundeinkommens or-
zichten kann, würde sich der Arbeits- Schweizer Medien stellten dieselbe Fra- ganisiert wird. Dafür schlagen die Basler
markt erst durch ein bedingungsloses ge bei der Einführung des Frauenstimm- Initianten um Daniel Häni vornehmlich
eine Besteuerung des Konsums vor. Weil
dies die zukünftige Steuer sei, «die ge-
Würden Sie mit einem bedingungslosen Grundeinkommen noch arbeiten? rechte Steuer, für den fairen, auch glo-
60 % JA balen Handel».
30 % JA, aber Teilzeit oder neue Stelle
10 % erst mal ausschlafen Die Finanzierbarkeit eines Grund-
einkommens ist unter Ökonomen um-
Glauben Sie, dass andere noch arbeiten würden? stritten, wie der Autor dieses Artikels
80 % NEIN bei einem Gespräch mit dem HSG-Öko-
www.initiative-grundeinkommen.ch nomen Jörg Baumberger erfahren konn-

T 37 prisma – Mai 2010


te. Und doch hat beispielsweise die deut-
sche Konrad-Adenauer-Stiftung, die der
CDU nahesteht, verschiedene Szenarien
durchgerechnet und die Finanzierbar-
keit bestätigt. Neben den ökonomischen
Argumenten erläutert Häni auch die
grössere sozialphilosophische Dimen-
sion der konsumorientierten Besteue-
rung. Wir sehen uns heute einer arbeits-
teiligen Wirtschaft gegenüber, in der wir
nicht mehr das konsumieren, was wir
selber hergestellt haben, sondern von
der Leistungserbringung anderer leben.
Dieser Tatsache trägt die Mehrwert-
steuer Rechnung, weshalb sie auch als
Steuer der Fremdversorgung bezeich-
net werden kann. Als ob wir uns immer
noch selber versorgen würden, bemisst
sich die Einkommenssteuer jedoch an-
hand der individuellen Leistung, hemmt
diese dadurch und gehört deshalb in ei-
ner arbeitsteiligen Wirtschaft im Grunde
entsorgt.

Wie wird in Deutschland Einkommen


erzielt?
40% durch Erwerbstätigkeit
30% durch Angehörige
20% durch Rente
10% durch Arbeitslosengeld oder Sozi-
alhilfe

bereits heute leben ca. 60 % der Deut-


schen von Transfers
www.initiative-grundeinkommen.ch

Es gibt also gute Gründe, diese Ini-


tiative zu beachten. Es gilt alte Denk-
muster aufzubrechen, wonach nur, wer
Erwerbsarbeit leistet, etwas Gutes tut,
und wonach sich Wirtschaft als Selbst-
zweck versteht. Wie schon erwähnt,
gewährt das bedingungslose Grundein-
kommen jedem Bürger eine nie dage-
wesene Freiheit, eigenverantwortlich
das zu tun, was er für richtig hält. Damit
korrekt umzugehen, wird der kritische
Erfolgsfaktor auf dem Weg zu einer
Realisierung sein. Erste Feldversuche in
Namibia, Brasilien und zu Zeiten Mil-
ton Friedmans auch in den USA liefer- Der Film-Essay von Daniel Häni und Enno Schmidt kann kostenlos heruntergela-
ten bereits vielversprechende Resultate. den werden.
Das bedingungslose Grundeinkommen http://www.kultkino.ch/kultkino/besonderes/grundeinkommen
hat das Potenzial, zum nächsten grossen
Meilenstein in der Geschichte indivi- Darüber hinaus könnt ihr auf Facebook ein Fan der Initiative werden.
dueller Freiheit zu werden. http://www.facebook.com/bedingungsloses.grundeinkommen

38 prisma – Mai 2010


T
Mit Handys aus der Armut
Zwei Jahrzehnte nach dem Ende der Apartheid-Ära in
Südafrika hat die Rassentrennung noch Nachwirkungen,
auch in der Wirtschaft. Die Firma Uconomy versucht,
Differenzen zwischen Arm und Reich mit Komplementär-
währung und Mobile Banking zu überbrücken.
Raffael.Hirt@student.unisg.ch
Ressortleiter Aktuell

W oodstock ist eine schöne Ge-


gend. Nicht der schönste Suburb
Kapstadts, und sicherlich auch nicht
2009 ans Kap der Guten Hoffnung und
Florian gründet die Unternehmung Uco-
nomy. Diese bietet ein Servicepaket, mit
plementär ergänzen kann. Vor allem am
Beispiel WIR lässt sich erkennen, dass
komplementäre Währungen eine kon-
der reichste. Vielmehr ist Woodstock dessen Hilfe einerseits Kleinunterneh- trazyklisch-stabilisierende Ergänzung
das Symbol der modernen Kultur Kap- mer ihre Geschäfte finanzieren können, zur Währungspolitik darstellen können.
stadts, das immer mehr Vergleiche mit indem sie Kredite in der Komplementär-
San Francisco und Sydney laut werden währung erhalten, Kapitalgeber den Ver- Den Break-even-Punkt von Ucono-
lässt. Florian Lucke wohnt seit knapp lauf ihrer Investition andererseits genau my sieht Florian in zirka zwölf Monaten.
einem Jahr in Woodstock. Nicht weil er verfolgen können. Schliesslich erlauben «Bis dahin sollten wir ungefähr 30‘000
es schön findet – zumindest nicht nur –, die Trading Points – wie die Uconomy- Kunden haben», sagt er. Die Voraus-
sondern auch, weil ihn die soziale Struk- Komplementärwährung genannt wird setzungen sind durchaus gegeben. Das
tur Südafrikas fasziniert. Und weil er et- – einen einfacheren geldlosen Handel südafrikanische Mobilfunksystem kann
was verändern möchte. als die in ärmeren Gebieten Südafrikas die Technologie problemlos tragen und
weit verbreitete Tauschkultur. Insgesamt die potenziellen Kunden sind sowieso
Während des Studiums kam Flo- soll so erreicht werden, dass Geld länger bereits mit Handys ausgestattet. «In den
rian die Idee, armen Sektoren eines in den ärmeren Communities zirkuliert, Armenvierteln sind Mobiltelefone echte
Wirtschaftssystems mit Hilfe eines auf bevor es sie wieder verlässt, wodurch Statussymbole, so dass bereits Kleinst-
Mobiltelefontechnologie basierenden mehr Wertschöpfung generiert wird. unternehmer mit einem Umsatz von 250
Komplementärwährungssystems bei Euro im Monat Smartphones besitzen»,
der Optimierung des Wertschöpfungs- führt Florian aus. Es sieht also ganz so
prozesses zu helfen. In armen Commu- aus, als ob Florians fast schon idealis-
nities ist der so genannte Multiplikator- tische Ziele bei der Gründung von Uco-
effekt oft extrem tief – Geld, das in das nomy erfüllt werden könnten: «Denen,
System hineinkommt, verlässt es beina- die hart arbeiten wollen, eine Chance
he sogleich wieder, statt einige Male zu zu geben, sich sowie ihre Familien und
zirkulieren und so Mehrwert zu schaf- Nachbarschaften aus der Armut zu be-
fen. Durch die Komplementärwährung freien.»
soll das Geld nun an die Community
gekoppelt werden, womit der Multipli-
katoreffekt erhöht wird. Florian Lucke ist
32 Jahre alt und
Südafrikas Probleme als Chan- Die Zukunft: Lancierung – und kommt aus Berlin.
ce dann? Nach einer Lehre
Die wirtschaftlichen Ungleichhei- Bisher blieb es allerdings bei der als Möbeltischler
ten, die Apartheid in Südafrika verur- Firmengründung. Erste Pilotprojekte studierte er Corpo-
sachte, sind noch immer nicht ausgegli- wurden gerade erst lanciert und be- rate Management &
chen. Die Unterschiede zwischen Arm finden sich momentan in einer sechs- Economics an der
und Reich sind derart gross, dass man monatigen Testphase. Florian Lucke ist Zeppelin University in Friedrichshafen.
von zwei unterschiedlichen Wirtschafts- jedoch zuversichtlich, dass sein Projekt
systemen, von first und second econo- funktionieren wird. Vergleichbare Sy- Uconomy hat am 22. April den zweiten
my, spricht. Damit bildet Südafrika ei- steme wie Banco Palmas in einer der Platz in einem landesweiten südafri-
nen beinahe optimalen Standort für die ärmsten Gegenden Brasiliens oder auch kanischen Businessplan-Wettbewerb
Umsetzung von Florians Idee – zumal die Schweizer WIR-Bank zeigen, dass gewonnen. Mehr darüber sowie Infor-
die Region am Kap seiner Freundin sehr ein so genanntes Bartersystem das nati- mationen zu Social Investments bei
gut gefällt. So ziehen die beiden im Mai onalstaatliche Währungskonstrukt kom- Uconomy auf www.uconomy.net

T 39 prisma – Mai 2010


20 Sack Hirse reichen fürs Jahr
In Kamerun ist Geld stets ein Thema. In Gesprächen,
in Träumen und auch in Scherzen.
Fernsehen kennen, aus Soaps und aus
den Disney-Channel-Serien. Dort, wo
das Geld auf der Strasse liegt, wird das
Leben sicher einfacher sein.

Aber das Leben der Menschen in


Kamerun hat auch schöne Seiten. Viele
besitzen wenig, und das Wenige, das sie
besitzen, teilen sie gerne. Auch mit der
weissen Schweizerin, welche nur zu Gast
ist. Ein Besuch ist jederzeit willkommen,
ja, Menschen sind gar enttäuscht, wenn
man sie nicht besucht, obwohl man in
der jeweiligen Gegend war. Dabei ist
es üblich, immer eine Kleinigkeit mit-
zubringen, wie zum Beispiel ein paar
Kekse, Joghurt, Brot oder Wassermelo-
nen. Beim Gastgeber wird man dafür
verpflegt. Bei der Ankunft – der Fernse-
her läuft bereits, damit man sieht, dass
ein Fernseher im Haus vorhanden ist
– wird man gefragt, was man gerne trin-
Wer auch einmal ein Land zwischen 3 und 6 Monaten von einer neuen Seite kennen lernen ken möchte. Der Gastgeber schickt ein
möchte: www.ifye.ch Kind des Hauses in den nächsten Laden,
welcher gleich um die Ecke liegt. Jeder
Wunsch ist willkommen und die Familie
wird alles versuchen, den Wunsch zu er-

F ür die meisten von uns sind CHF 1.25


kaum der Rede wert. An unserer Uni
kriegt man nicht einmal einen Automa-
die man bar bezahlen muss, bevor man
überhaupt einen Arzt zu Gesicht be-
kommt, ein Hindernis. Glücklicherweise
füllen. Auch auf dem Land ganz im Nor-
den wird zumindest Wasser angeboten.
Ist man angekün-digt, kann es vorkom-
tenkaffee dafür. In Kamerun müssen 7 sind die Dorfbande stark und die Men- men, dass ein Huhn zu Ehren des Gastes
Millionen Menschen (bei einer Bevöl- schen versuchen einander zu helfen. geschlachtet wird, welches man dann
kerung von 19 Millionen) mit weniger Vor allem alte Menschen sind oft auf die alleine oder, sofern man den Mann des
pro Tag auskommen. Trotzdem – oder Unterstützung von Verwandten, welche Hauses einlädt, zu zweit essen soll. Bei
gerade deshalb – spielt Geld in Kamerun in der Stadt leben, angewiesen. Und ge- einem solchen Huhnessen mit dem Fa-
eine ganz andere Rolle als bei uns in der nau dorthin, in die reiche Stadt, zieht es milienoberhaupt erfuhr ich auch, dass
Schweiz. Bei meiner dreimonatigen Rei- die junge Bevölkerung von Kamerun. er und seine Familie – eine Frau, zehn
se durch dieses Land konnte ich erfah- Zuerst in die näher gelegenen Klein- Kinder und, so Gott es will, werden es
ren, wie man dort mit Geld umgeht. städte, dann nach Douala: Kameruns noch mehr – pro Jahr gerade einmal 20
Wirtschaftszentrum, pulsierende Me- Sack Hirse zum Überleben brauchen.
Ein trauriger Aspekt ist die uner- tropole mit über 3‘000‘000 Bewohnern, Das reicht für die Familie und für ein
müdliche, geradezu verzweifelte Suche und jeden Tag werden es mehr. In Dou- paar Hühner, welche man dann bei Be-
nach Geld. Ganz im Norden des Landes ala geht die Suche nach Geld weiter. Das such schlachten kann. Der gleiche Mann
besitzen die Menschen kaum finanzielle Leben ist in der teuersten Stadt Afrikas fragte mich auch, ob die Schweiz in Süd-
Mittel. Oftmals können wenige Francs nicht einfach. Es gibt viele Arbeitskräfte amerika liege, und als ich das verneinte,
den Unterschied zwischen Leben und und wenig Jobs. Und sollte man wirklich meinte er: «Ja, dann muss es wohl auf
Tod bedeuten. Eine Malaria-Erkrankung einen Arbeitsplatz finden, brauchen die dem Kontinent Frankreich liegen.» Da
kann man, wie ich selber herausfinden Verwandten im Dorf Geld für Medika- er seine 10 Kinder zur Schule schicken
musste, mit ca. 7‘000 Francs (CHF 21.-) mente und den Schulbesuch der Kin- möchte, bat er mich darum, seinem On-
vollständig bekämpfen. Aber auch mit der. So ziehen die Träume weiter und kel in Douala mitzuteilen, dass er Geld
weniger kann man wieder gesund wer- die Menschen richten ihre Hoffnung auf für die Schule brauche.
den. Für viele Menschen sind jedoch Europa oder Amerika. Europa, welches Annika Sonderegger
schon die ersten 500 Francs (CHF 1.50), die meisten Kameruner nur aus dem

40 prisma – Mai 2010


T
3 60°
42 prisma empfiehlt
44 Entrepreneure in der Praxis
45 Georgien - das postsowjetische Transformationsland
46 Phänomen Chatroulette - ein Selbstversuch
47 Die Liste
48 «Mobilität darf nichts Selbstverständliches sein»
50 Verkratzte Rolex Daytona im Pfandleihhaus
prisma empfiehlt
«Durchschaut» von Jack Nasher
Dr. Jack Nasher verspricht in seinem Buch, was sich wohl jeder mal
insgeheim gewünscht hat: fähig zu sein, das Gegenüber zu durch-
schauen und jede Lüge zu entlarven.

D azu stellt er fünf Prinzipien vor, die


als Grundlage für das Entlarven von
Lügen dienen. Diese klingen logisch
solch interessanten Informationen über
Körpersprache, Mimik und Stimme. Als
Leser fühlt man sich beinahe etwas über-
und sind überraschend einfach. Reicht fordert von der Flut an möglichen Anzei-
das jedoch aus, um jede Lüge erkennen chen für eine Lüge. Denn das Erkennen
zu können? Ich habe den Autor gefragt. von Lügen ist nicht das Einfachste auf
der Welt. Ein Anzeichen allein genügt
Wie kann ein Normalbürger das Entlar- nicht, um mit Bestimmtheit sagen zu
ven von Lügen erlernen? können, wer lügt und wer die Wahrheit
Mein Buch vermittelt das nötige spricht. Dazu sind mindestens drei An-
Wissen, um Lügen erkennen zu kön- zeichen nötig, die gleichzeitig auftreten.
nen. Das reine Wissen um bestimmte Nichtsdestotrotz, die Faszination bleibt.
Techniken reicht bereits aus, um seine Wie lebt es sich wohl, wenn man all die-
Fähigkeiten zu verbessern. So kann es se Erkenntnisse verinnerlicht hat?
beispielsweise hilfreich sein zu wissen,
dass den Lügen oft die Details fehlen. Wie hoch ist ihre persönliche Trefferquote
Wahre Aussagen charakterisieren sich im Entlarven von Lügen?
nämlich durch Detailreichtum. Um die Ich denke, diese liegt bei etwa 95 %.
Techniken in meinem Buch zu üben, be- Ich bin kein Naturtalent, diese Fähigkeit
obachtet man am besten die Menschen habe ich mir selbst angeeignet.
um sich herum. Angst und Schuldge-
fühle sind zwei Emotionen, welche die In welchen Situationen war Ihnen dieses
Lüge oft begleiten und am besten er- Wissen schon mal nützlich?
kennbar sind. Man geht davon aus, dass Diese Fähigkeiten sind in den ver-
damit die durchschnittliche Trefferquo- schiedensten Bereichen des Lebens von Durchschaut: Das Geheimnis, kleine
te im Erkennen von Lügen bis zu 90 % grossem Nutzen. Sei es beim Kauf eines und große Lügen zu entlarven.
gesteigert werden kann. Gebrauchtwagens, bei Vertragsverhand-
lungen oder bei einer Wohnungsbesich- Erschienen bei Heyne Verlag
Gibt es Menschen, die von Natur aus gut tigung. Man lässt sich nicht mehr über München, 2010
darin sind, Lügen zu erkennen? den Tisch ziehen. Das Beobachten von
Solche Naturtalente gibt es. Paul Finanzministern oder Verwaltungsrats-
Ekman hat in seinen Studien entdeckt, präsidenten gibt mir auch Aufschluss
dass so genannte «Wizards», also Magi- darüber, in welche Aktien ich investie-
er, existieren, die eine Trefferquote von ren und von welchen ich besser die Fin-
95–99% aufweisen. Ihre besondere Fä- ger lassen sollte. Zunehmend populär
higkeit liegt darin, dass sie Mikro-Aus- wird es auch für Unternehmen und die
drücke intuitiv erkennen. Polizei, solche Beratung hinzuzuziehen.

Mikro-Ausdrücke sind wirklich Obwohl es sich beim Buch von Jack


empfundene Emotionen, die nur für Nasher um ein Sachbuch handelt, liest
etwa eine halbe Sekunde in unserem es sich zuweilen wie ein Krimi. Ge-
Gesicht aufflackern. Sie lassen sich nicht schichten über erfolgreiche Betrüger
überspielen und sind daher ein sicheres und dubiose Praktiken der CIA verspre-
Zeichen dafür, ob das Gesprochene mit chen Abwechslung und machen das
dem Gefühlten übereinstimmt oder ob Buch zu einer interessanten Lektüre.
wir lügen. Jack Nashers Buch ist voll von Desirée Germann

42 prisma – Mai 2010


3
Ein Leben für die Gier
Am 24. September kommt die von Bankern und BWLern heiss
ersehnte Fortsetzung von «Wall Street» in die Kinos.

G ier ist gut, Gier ist richtig, Gier funk-


tioniert!» Mit diesem immer wie-
derkehrenden Mantra der Gier zog der
Street den Puls der Menschheit dar-
stellte und manch einer wahrscheinlich
wirklich glaubte, dass die Gier die USA
Oliver Stone
ist ebenso mit von
de Partie wie Michael Douglas, der sich
Investmentbanker Gordon Gekko den retten würde. Es war eine Zeit, in der noch einmal die Ehre gibt und erneut
erfolglosen Broker Budd Fox in seinen der amerikanische Traum für viele wahr die Figur des Gordon Gekko verkörpert
Bann und Regisseur Oliver Stone im wurde und für viele ebenso schnell wie- Doch dieser hat sich ebenso verändert
Jahre 1987 Millionen Zuschauer in die der zerplatzte. Genau diesen schmalen hat wie seine Umwelt.
Kinos. Bis heute bekommen Banker bei Grat zwischen Erfolg und Niedergang,
«Wall Street» glasige Augen und feuch- zwischen Reichtum und Ruin bringt «Wall Street: Geld schläft nicht» be-
te Hände. Michael Douglas brillierte in Stone in eindrücklicher Weise auf die schreibt seinen Wandel vom rücksichts-
diesem Streifen an der Seite eines un- Leinwand, wenn er den Zuschauer lehrt, losen Antagonisten zum ehrenhaften
schuldigen Charlie Sheen und erhielt dass Geld manchmal auch wie ein Tritt Aufklärer. Unglaubwürdig aufgrund sei-
dafür seinen zweiten Oscar. Der Film in den Arsch sein kann. ner kriminellen Vergangenheit versucht
spielt in einer Zeit, in der Manhattan das Gekko im Jahre 2008 die Aufmerksam-
Finanzzentrum der Welt und die Wall Doch wenn jemand etwas lehrt, keit der Gesellschaft zurückzuerlangen
heisst das noch lange nicht, dass ein an- und ein Bewusstsein für die nahende
derer auch etwas lernt. Diesen Schluss Krise zu schaffen.
mag man ziehen, wenn man sich «Wall
Street» 23 Jahre nach seiner Veröffentli- Dass die Blase trotzdem geplatzt ist
chung durch die Brille der grössten Fi- und die grenzenlose Gier der Banker die
nanzkrise der jüngeren Vergangenheit internationale Wirtschaft zu Grunde ge-
ansieht. Und das mag auch Gorden Gek- richtet hat, wissen wir heute bereits. Wa-
ko denken, wenn er in «Wall Street: Geld rum es so weit kommen konnte und ob
schläft nicht» nach 23 Jahren, die er we- Gordon Gekkos Sinneswandel wirklich
gen Insidergeschäften absitzen muss- zu trauen ist, erfahren wir ab dem 24.
te, aus dem Knast entlassen wird. Zwar September 2010 in den Kinos.
sehen Handys im 21. Jahrhundert nicht Fabian Fechner
mehr aus wie Backsteine, doch an den
Finanzmärkten hat sich nichts geändert.

Black Joe Lewis & The Honeybears


Auf der Suche nach Sommermusik muss man sich meist zwischen
Party und Gemütlichkeit entscheiden. Black Joe Lewis & The Honeybears
vereinen diese Sommerlebensgefühle, und dies nahe der Perfektion.

E in streunender, aber stadtbekannter


Musiker wird 2007 als Opening Act
für Little Richards Show auf dem Ge-
Beispielsweise die Stimme von Joe Le-
wis, die heiser und dreckig klingt, aber
mit so viel Herzblut eingesetzt wird,
Erste Erkenntnis nach dem ersten
Reinhören: Zwischen stierem Süd-
Staaten-Country-Festival und unglaub-
lände der University of Texas in Austin dass sie einfach grossartig die einzel- licher Coolness muss ein unheimlich
gebucht. Ihm wurde eine Live-Band zur nen Tracks und deren musikalische Sets dünner Grat sein. Black Joe Lewis & The
Verfügung gestellt, und siehe da: Es ent- ergänzt. Die Sets selber sind, obwohl Honeybears sind saucool und passen zu
steht eines der besten Bluesrock- und einem immer die gleichen Instrumente heissen Grillabenden sowie zu schwü-
Soulensembles dieses Jahrzehnts. Nun ins Ohr stechen, abwechslungsreich ge- len Nachmittagen, die man faul auf ei-
ist klar, dass diese Musikrichtung nicht staltet. Die Basslines, Schlagzeugsets, ner Wiese verbringt.
den Geschmack von jedem trifft. Aber Gitarrenmelodien und Bläserarrange- Guillaume Gabus
wer querfeldein mit fast jeder Bluesgrös- ments werden mit einer solchen Varianz
se von James Brown bis Robert Johnson zusammengestellt, dass man sich fragt,
verglichen wird, muss etwas richtig ge- ob überhaupt dieselbe Band am Werk
macht haben. ist. Von Soul-Funk im Track «Sugarfoot»
bis hin zu Boogie-Blues im Track «Boo-
Musikalisch sind mehrere Elemente gie» wird vieles von dem geboten, was
des Albums, das schon seit Anfang April das afro-amerikanische Musikkulturgut
2009 auf dem Markt ist, hervorzuheben. zu bieten hat.

3 43 prisma – Mai 2010


Entrepreneurship in der Praxis
ShelterBox ist eine internationale Hilfsorganisation, die
Menschen in prekären humanitären Notsituationen unter-
stützt. Die Schweizer NGO befindet sich noch in den Start-
up-Phase, sie hat jedoch Grosses vor. prisma hat mit
Stefan Grösser, Vizepräsident von ShelterBox Schweiz,
gesprochen.

Lynn.Reinhart@student.unisg.ch
Ressortleiterin 360°

ShelterBox ist eine «international disaster men, um den Einsatz bei Naturkatastro-
relief charity». Was soll man sich darun- phen zu optimieren.
ter vorstellen?
ShelterBox hilft überall dort, wo Welche Verbindung besteht zum Entre-
Menschen über akute Ersthilfe hinaus preneurship-Programm der HSG?
längerfristig humanitär versorgt werden ShelterBox Schweiz ist gerade mal
müssen, bis die ursprüngliche Infra- 16 Monate alt! Wir befinden uns also in
struktur wiederhergestellt ist. Leidvolle der Start-up-Phase. Meine Ausbildung
Beispiele der jüngsten Zeit sind Haiti, zum Entrepreneur an der HSG hilft mir
Mexico und China, wo ShelterBox im bei der Weiterentwicklung von Shelter-
Einsatz war und zum Teil immer noch Box. Zudem arbeite ich mit zwei Entre-
ist. Den Hilfsbedürftigen werden Notun- preneurship-Studierenden zusammen,
terkünfte sowie lebenswichtige Materi- um Handlungsbedarfe zu identifizieren, Du arbeitest als wissenschaftlicher Mit-
alien für die ersten sechs Monate nach Lösungen zu erarbeiten und diese zu arbeiter an der HSG. Fehlt dir nicht die
der Katastrophe zur Verfügung gestellt. implementieren. Praxisorientierung, die für das Manage-
Eine ShelterBox, eine 58 kg schwere, ment eines Start-up notwendig ist?
praktische Transportkiste, enthält mehr Warum setzt du dich für ShelterBox ein? Das mögen Andere abschliessend
als 150 Einzelteile, um eine Grossfami- ShelterBox hilft Notleidenden auf einschätzen. ShelterBox kann sicherlich
lie zu versorgen. Diese spezielle Art der der ganzen Welt schnell und effizient. von meiner praktischen Erfahrung im
Hilfeleistung wird durch kein anderes Für mich ist es wichtig, dass ich mich Projektmanagement wie auch meiner
Hilfswerk erbracht. mit der Leitidee und den Werten der Or- wissenschaftlichen Ausbildung profitie-
ganisation identifizieren kann; dies ist ren. Für mich als Realist gehen Wissen-
Es gibt verschiedene andere Hilfswerke. bei ShelterBox der Fall. Der Grossteil der schaft und Praxis Hand in Hand. Denn
Was zeichnet ShelterBox aus? Mitarbeitenden unterstützt die Organi- mit den Worten von Kurt Lewin gesagt,
Die von über zehn Ländern getra- sation ehrenamtlich. ShelterBox ist ein gibt es nichts Praktischeres als eine gute
gene und in England ansässige Organi- Beispiel dafür, dass eine Idee die Realität Theorie. Die Zukunft wird zeigen, ob
sation ShelterBox International führte positiv verändern kann. sich dies bewahrheitet. Noch ein Hin-
in ihrem 10-jährigen Bestehen über 80 weis an dieser Stelle: Von den bald acht
Einsätze in mehr als 50 Ländern durch Was ist das Ziel von ShelterBox Schweiz? Mitarbeitern von ShelterBox Schweiz
und konnte sich so mehrfach beweisen ShelterBox International hat die Vi- kommen drei von der HSG.
und stetig verbessern. Der Gründer von sion, das weltweit führende Hilfswerk
ShelterBox, Tom Henderson, war ein für Notunterkünfte in Katastrophen- Was sind deine nächsten Schritte?
Rettungstaucher der britischen Royal situationen während der ersten sechs ShelterBox strategisch und operativ
Navy, wodurch er die Bedürfnisse der Monate zu werden. Dies ist sehr ambi- voranzubringen. Ausserdem werde ich
Notleidenden genau kennt und die Shel- tioniert. Wir möchten unseren Beitrag mein Doktorat dieses Jahr abschliessen.
terBox entsprechend darauf abstimmen leisten um dieses Ziel zu erreichen. Für Nächste Projekte sind bereits geplant.
und eine Lücke im humanitären Un- uns ist es deshalb wichtig, die Start-up-
terstützungssystem schliessen konnte. Phase schnell hinter uns zu bringen und Vielen Dank.
ShelterBox arbeitet darüber hinaus ef- an Grösse und Stabilität zu gewinnen:
fizient mit anderen Hilfswerken zusam- Wir sind auf einem guten Weg dazu.

44 prisma – Mai 2010


3
Georgien – das postsowjetische
Transformationsland
Die Studentenorganisation IFIL.ch organisiert diesen
Sommer eine Reise in eine Kaukasusrepublik mit langer
Konflikttradition.

A ls Militärbeobachter arbeitete ich


zuerst für die UNO in Abkhasien
und nach Ausbruch des Kaukasuskon-
als OSZE-Blaumütze ins Krisengebiet
zurück – eine eindrückliche und lehr-
reiche Erfahrung. Empfangen werde ich
jedoch auf seinem Weg zum Ziel immer
wieder schwierige Klippen umschif-
fen. Während zwei Wochen gewinnen
fliktes zwischen Georgien und Russland von Tausenden Vertriebenen, zerstörten die Reiseteilnehmenden einen ver-
für die OSZE im Grenzgebiet von Süd- Häusern und einer äusserst prekären Si- tieften Einblick in die Bereiche Politik,
ossetien und Georgien. Die Aufgaben cherheitslage. Wer wird diese Menschen Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft.
während meines ersten Einsatzes als in eine neue Zukunft begleiten? Der ge- Beispielsweise besuchen wir Binnen-
unbewaffnete Blaumütze in Georgien orgische Staat? Diese Fragen beschäf- flüchtlingscamps in der ehemaligen
gestalten sich vielfältig: Zum einen gilt tigen meine Kollegen und mich. Denn Konfliktzone und haben die Möglichkeit,
es, den ausgehandelten Waffenstill- auch wir als Militärbeobachter können mit Vertriebenen zu sprechen. Weitere
stand zu überwachen, und zum anderen bei unseren regelmässigen Besuchen Gespräche führen wir mit einer Jugend-
führen die Militärbeobachter auf ihren den Binnenflüchtlingen in den Lagern organisation, Studenten in Tbilisi und
täglichen Patrouillenfahrten Gespräche ausser Gesprächen und unserer Präsenz mit dem georgischen Ministerium für
mit der lokalen Bevölkerung über die keine aktive Hilfe anbieten, sondern Flüchtlinge und Unterkunft. Die DEZA
Sicherheitslage in der Region und über sie nur ein Stück in ihrem Tagesablauf gewährt einen Einblick in ihre tägliche
ihre Lebensbedingungen, Sorgen und begleiten. Nach jedem Treffen mit den Arbeit und auch ein Gespräch mit dem
Gefahren. Wichtige Gesprächspartner Menschen bleibt ein Gefühl der Ohn- Chefredaktor einer grossen georgischen
für uns sind aber auch die russischen macht zurück, das mich nicht loslässt. Tageszeitung steht auf dem Programm.
Soldaten an den Strassenkontrollposten Im September 2009 bietet sich im Rah- Daneben soll aber auch genügend Raum
entlang der De-facto-Grenze zu Abkha- men der Abschlussarbeit meines Nach- und Zeit für die landschaftlichen und
sien oder Südossetien. Auch die Milizi- diplomstudiums «Konfliktanalyse und kulturell-kulinarischen Höhepunkte des
onäre regionaler Gruppen suchen wir Konfliktbewältigung» an der Uni Basel Landes gegeben sein.
regelmässig für den Informationsaus- die Gelegenheit, zu erfahren, was aus Josef Frei
tausch auf. Ziel aller Gespräche ist es, den Menschen geworden ist und wie
aus den verschiedensten Puzzleteilen sie ihr Leben meistern. Ich besuche die
der Informationsbeschaffung ein mög- Vertriebenencamps entlang der Kon- IFIL (Initiative für Interkulturelles Ler-
lichst realistisches Bild der Situation in fliktzone und führe einerseits Interviews nen) ist eine studentische Initiative, die
den Konfliktzonen zu erhalten. Das Puz- mit den Menschen über ihren Alltag und Projekte mit einem interkulturellen Fo-
zle ist deshalb so wichtig, weil aufgrund andererseits will ich vom Ministerium kus durchführt. Neben der Reise nach
der Angaben von uns Militärbeobach- für Flüchtlinge und Unterkunft wissen, Georgien führt IFIL im Sommer Studi-
tern der UNO-Sicherheitsrat jeweils die wie sie den Ansturm von 26‘000 Vertrie- enreisen zu folgenden Destinationen
weiterführende Strategie festlegt. benen bewältigen. durch: Uganda/Ruanda, Israel/Palä-
stina, Brasilien, Japan, Kambodscha,
Georgien nach dem Kaukasus- Die Reise durch Georgien London, an die UNO in New York sowie
konflikt Georgien hat als postsowjetisches an die EU-Institutionen in Strassburg,
Kurz nach Ausbruch des Kaukasus- Transformationsland die Richtung zu Luxemburg und Brüssel. Weitere Infos
konfliktes Anfang August 2008 reise ich einer Demokratie eingeschlagen, muss und Anmeldung unter www.ifil.ch

3 45 prisma – Mai 2010


Phänomen Chatroulette
– ein Selbstversuch
Seit November 2009 kann man als Webcam-Besitzer
mit Wildfremden aus aller Welt chatten.

I n den Medien hat man schon vieles ge-


hört von der neuen Innovation im In-
ternet: Chatroulette verbindet nach dem
Zufallsprinzip Teilnehmer miteinander,
welche sich nicht kennen und nach dem
Zusammentreffen wohl auch nie wieder
sehen werden. Von Skurrilem und Amü-
santem wird berichtet, so beispielsweise
von jenem Teilnehmer, der vor seiner
Webcam seelenruhig am Drogen-Porti-
onieren war und von seinem Gesprächs-
partner vorsichtig gefragt wurde, ob ihn
das Zuschauen nicht störe. Turkey urban poor dann völlig durchdrehen, klicke ich auf
Nach etlichen Fehlversuchen finde next und lande bei einem 29-jährigen
Die Erwartungen sind also hoch, als ich schliesslich einen Gesprächspartner. Franzosen namens Laurent. Ich nutze
ich das erste Mal die Seite www.chatrou- Er heisst Gökhan und kommt aus Ama- meine verkümmerten Französischkennt-
lette.com aufrufe. Prompt startet auch sya in der Türkei. Gökhan ist 18 Jahre alt nisse, da Laurent kaum Englisch spricht.
schon meine Webcam, und ich erscheine und Gymnasiast. Später hat er Grosses Als wir auf Chatroulette zu sprechen
im unteren Teil des Bildschirmes. Der vor: Er will in Oxford studieren. Mitten im kommen, erzählt Laurent von einem
obere Teil ist für meinen Gesprächs- Gespräch kommt ein Freund Gökhans Gespräch mit einem vermeintlichen
partner vorgesehen. Ich klicke auf «New ins Bild und spielt auf seinem Radio in Taliban. Dieser habe wilde Drohungen
Game» und es geht los. voller Lautstärke türkische Popsongs ab. ausgesprochen und ihm per Zeichen-
Dazu legt er einen wilden Tanz hin. Die sprache zu verstehen gegeben, dass er
Interessant für Urologen Stimmung bei Gökhan gleicht der auf ihm die Kehle durchschneiden wolle. Als
Wer nun jedoch sofort einen sym- einem Basar. Als ich ihn frage, was bei Laurent schliesslich das Gespräch been-
pathischen Gesprächspartner erwartet, ihm los sei, ist sein einziger Kommentar: det, schliesse auch ich das Fenster von
wird enttäuscht. Es folgt vielmehr ein «Friend. Turkey urban poor.» Was genau Chatroulette.
sekundenschneller Wechsel von Bildern er damit meint, frage ich ihn nicht, denn
und kurzen Einblicken in die Räume an- sein Englisch reicht nicht für genauere Was bleibt nun als Fazit dieses
derer. Immer wieder steht «Connected», Auskünfte. Selbstversuches? Wenn man keine zu
unmittelbar gefolgt von «Your partner grossen Erwartungen hat, kann man sich
disconnected. Looking for another part- Bekiffte Russen und drohende mit Chatroulette sicher die Zeit vertrei-
ner, please wait …» Man braucht also Taliban ben. Die Begegnungen bleiben jedoch
ausreichend Geduld, bis sich etwas er- Als Gökhan schliesslich die Ver- meist recht oberflächlich, und nach den
gibt. bindung unterbricht, dreht sich das üblichen «Woher kommst du?»- und
Noch weit störender ist, dass man ständig Roulette erneut. Nach den üblichen «Was arbeitest du?»-Fragen ist oft die
auf Perverse stösst. Die so entstehenden Flops lande ich als Nächstes bei einer Luft raus. Trotzdem kann Chatroulette
Anblicke mögen allenfalls für Urologen Gruppe von Russen, welche ziemlich durchaus Suchtpotenzial haben, denn
und Fruchtbarkeitsforscher aufschluss- angeheitert scheinen. Sie haben keinen es geschieht häufig Amüsantes und Un-
reich sein, für den normalen Nutzer sind Wodkarausch, sondern halten stolz ein vorhersehbares, und man weiss nie, was
sie schlicht abstossend. Man ist jeweils Säckchen mit Hanf in die Kamera und einen als Nächstes erwartet.
froh, dass der «next»-Button unverzüg- schreien dazu so laut «Weeeeed!!», dass Gabriel Schmid
lich die Verbindung unterbricht. sich der Ton überschlägt. Als die Russen

46 prisma – Mai 2010


3
Die Liste
Unkonventionelle Arten Geld zu verdienen
Valentin.Diem@student.unisg.ch
prisma-Redaktor

Professioneller Gamer
Die sehen zwar sehr lächerlich aus, verdienen aber vor allem in Südkorea sehr viel Geld und lassen sich
dort wie Rockstars feiern. Hier in Europa sind das eigentlich immer Trottel, die in den Neunzigerjahren hän-
gen geblieben sind. Oder sie sehen zumindest wie solche aus.

Strassenmusikant
Eine besonders ehrliche Arbeit. Leider hat das Niveau in den letzten Jahren stark abgenommen, was
vermutlich mit einem nicht zu unterschätzenden Alkoholproblem einiger Künstler zusammenhängen dürf-
te. Es gibt eben verschiedene Varianten: Die einen Strassenmusiker machen ihrer Berufsbezeichnung alle
Ehre und interpretieren kunstvoll berühmte Stücke der Klassik auf Klavier oder Querflöte, während andere
(Penner) im Bongounterricht wohl eher geschlafen haben. Da man beim öffentlichen Musizieren, wie
auch bei jeder anderen Arbeit, einen gewissen Grad an Können vorweisen muss, gebührt nur den
ernstzunehmenden Musikern das heissbegehrte Münz der Passanten.

Strippen im Blue Point oder anderen Füdlischuppen


Als Voraussetzung sollte man schon einen einigermassen trainierten Body mitbrin-
gen ... Man erinnere sich nur an die qualitativen Durchhänger, die wortwörtlich auf der
Bühne vom alten Trischli runterhingen ... Schade, dass durch den Umbau des legendären
Ladens, in dem sich ganze Generationen von HSGlern mit dem Kauf von Trischlidollars und
Losen finanziell ruinierten, niemand mehr an Stangen zu tanzen scheint.

Die Clochard-Strategie
Die romantisch angehauchte Strategie der Clochards ist sozusagen das aktive Nichtstun. In der
Gewissheit, dass immer etwas passieren wird, geht es also nur noch darum, seine eigenen Ansprü-
che so weit zu reduzieren, dass man erkennt, dass das wahre Geschenk des Lebens zu leben selbst ist.
So hat auch Eichendorffs Taugenichts am Ende die heisse Jungfrau abgeschleppt.

Klingonisch-Lehrer
Vermutlich ist Klingonisch die coolste Sprache überhaupt. Neben der Lehrtätigkeit (z.B. am Klingon Lan-
guage Institute KLI) kann man auch noch mit einer beliebten Zusatzqualifikation als Klingonenpriester für
die ultimativen Freaks klingonische Hochzeiten veranstalten.

Sein Geld investieren


Das tönt ziemlich langweilig, vor allem wenn man in Öko-Fonds, ethische und nachhaltige Geldanlagen
investiert. Dabei könnte man sich doch auch den Sünden zuwenden und seine Kohle beispielsweise im Vice
Fund anlegen; dort findet man aus Prinzip nur Aktien von Waffenhändlern, Alkohol- und Zigarettenprodu-
zenten sowie Glückspielveranstaltern. Und natürlich stimmt die Performance auch.

Eine Sekte gründen


Wichtig ist nur, Anhänger mit einer festen Arbeit zu rekrutieren, da diese (logischerweise) neun Zehntel
ihres Lohns für ihren und den Seelenfrieden des Gurus abliefern müssen. Arbeitslose und Penner hingegen
haben richtige Probleme und sind daher in der Betreuung viel zu teuer.

Werbung auf dem eigenen Blog


Haha ... Verarscht! Mit einem Blog kann man sowieso kein Geld verdienen.

Hanfpflanzen im Schlafzimmerschrank züchten


Soll bei Studenten ein sehr beliebtes Mittel sein, das am Mittwochabend geplünderte Konto wieder auf-
zufrischen. Allerdings muss aufgepasst werden, dass die ganze Ware nicht schon vor dem Verkauf in der
eigenen Bong knisternd verglimmt.

3 47 prisma – Mai 2010


«Mobilität darf nichts Selbstver-
ständliches sein»
Christoph Zurflüh studiert im 2. Semester Verkehrssys-
teme an der ZHAW. Im Gespräch mit prisma erzählt er
von der Faszination des Verkehrs, den Grenzen der Mobili-
tät sowie dem ewigen Kampf zwischen Ampel und Kreisel.
Matthias.Mirbeth@student.unisg.ch
Ressortleiter Menschen

man natürlich ein sehr gutes Zusam-


mengehörigkeitsgefühl auf.

Aber ihr seid die Ersten, die so etwas stu-


dieren?
Ja, der Studiengang wurde 2009
zum ersten Mal angeboten und ist bis-
lang einzigartig in der Schweiz. Indus-
trie und Verwaltung haben sich gesagt,
es kann doch eigentlich nicht sein, dass
die Schweiz, ein Land mit einer stolzen
Verkehrstradition und dem dichtesten
Bahnnetz der Welt, keinen einzigen
Bachelor-Studiengang anbietet, der den
ganzheitlichen Blick auf dieses Thema
ermöglicht. Also hat man sich entschie-
den, den Studiengang zur Verfügung zu
«Wir versuchen, das Verkehrssystem als Ganzes zu sehen»
stellen.

Das heisst also, ihr kommt später alle ein-


Christoph, wie kommt man denn zu so tung hat sich bislang eigentlich recht gut mal in diesen Betrieben unter?
einem Studiengang? erfüllt. Sagen wir mal so, wir haben mo-
Ich glaube, das kommt ganz einfach mentan elf Vollzeitstudenten und unge-
von meiner Faszination vom Verkehr. Wie muss man sich denn das Studium fähr elf unterstützende Unternehmen.
Ich finde es sehr spannend, wie tagtäg- vorstellen? Und bei unserer Abschlussfeier wird
lich Millionen von Menschen und Gü- Das Studium ist auf zwei Säulen dann ausgewürfelt, wer wohin kommt ...
tern von einem Ort zum anderen kom- aufgebaut. Der eine Teil besteht aus aber Spass beiseite: Ich denke, die Un-
men. Wenn man beispielsweise mal an eher wirtschaftlich-orientierten Ma- ternehmen haben ein Interesse daran,
einem Montagmorgen in Zürich am nagement-Modulen, der andere aus dass dieser Studiengang auch ein Erfolg
Hauptbahnhof steht und die Masse an Engineering-Kursen. Ziel soll sein, aus wird. Deshalb sind beispielsweise auch
Menschen beobachtet, die alle ein an- uns Generalisten zu machen, die die einige hochrangige Verkehrsspezialisten
deres Ziel erreichen wollen, und dann Zusammenhänge überblicken, das Ver- aus diesen Firmen bei uns als Dozenten
sieht, wie gut das Zusammenspiel von kehrssystem also als Ganzes sehen. Da- tätig. Da bekommt man dann durch Fall-
Bus, Bahn, Auto etc. funktioniert, dann für braucht es sowohl die technische wie beispiele einen guten Einblick in die täg-
ist das eben beeindruckend. auch die wirtschaftliche Perspektive. liche Arbeit, was extrem aufschlussreich
ist. Und bislang hat man uns auch im-
Und du wolltest wissen, warum das so Wie viele seid ihr denn in eurem Studien- mer vermittelt, dass es um unsere spä-
gut funktioniert? gang? teren Jobaussichten nicht allzu schlecht
Ja, so ungefähr. Als ich mich für den Da wir der Pionier-Jahrgang sind, steht ...
Studiengang entschieden habe, wollte hält sich die Anzahl noch in Grenzen.
ich sowohl einen wirtschaftlichen, ei- Momentan sind wir 19 Studenten, wobei Wo siehst du dich denn später selbst ein-
nen technischen, aber eben auch einen aber acht von uns zugleich auch noch in mal?
gesellschaftlichen Blick auf das Thema Teilzeit bei Verkehrsunternehmen ar- Ich schwanke da noch zwischen
Mobilität gewinnen. Und diese Erwar- beiten. Bei einem so kleinen Kreis baut zwei Möglichkeiten. Zum einen könnte

48 prisma – Mai 2010


3
ich mir vorstellen, dass ich bei einem dich eigentlich spannend zu beobach- Aber eigentlich gefällt mir die Seilbahn
städtischen Verkehrsverbund mich mit ten? am besten (lacht).
längerfristiger Angebotsplanung be- Ich fand es im Grunde genommen
schäftige. Das heisst, Wege zu finden, ein schönes Zeichen der Natur, um uns Eine Frage hab ich noch: Was ist denn
wie Städte mit einer jährlichen Mobi- zu zeigen, dass wir doch noch nicht al- jetzt besser, Ampel oder Kreisel?
litätswachstumsrate von zwei Prozent les im Griff haben. Aber zugleich fand Das kann man pauschal gar nicht
umgehen können. Denn man muss sich ich es auch beeindruckend, wie toll das so einfach sagen. Beispielsweise sind
das vorstellen, solch eine Rate bedeutet System insgesamt auf den kompletten zweispurige Kreisel auf viel befahrenen
zwanzig Prozent mehr Mobilität inner- Ausfall der Flugzeuge reagiert hat und Kreuzungen dem Verkehrsfluss eher
halb von zehn Jahren. Das sind natür- auf Auto oder Bahn umgestiegen ist. hinderlich, weil fremde Autofahrer das
lich enorme Herausforderungen für die Und vielleicht hat es ja den einen oder System dahinter einfach nicht mehr ka-
Städte. Die andere Möglichkeit wäre, anderen zum Nachdenken gebracht, ob pieren. Oder auch Fussgängerüberwege
bei einem privaten Verkehrsunterneh- der nächste Flug von Zürich nach Mün- können der Effizienz von Kreiseln hin-
men auf leitender Ebene zu arbeiten. chen nicht doch besser mit der Bahn be- derlich sein. Aber wenn ich mich an ei-
Das kommt natürlich nicht von heute wältigt werden kann. ner ganz normalen Kreuzung zwischen
auf morgen, dazu muss man zuerst viel Ampel und Kreisel entscheiden müsste,
Erfahrung sammeln. Und wenn alles gut Was ist eigentlich dein Lieblingsverkehrs- dann ganz klar: Kreisel vor Ampel!
läuft, dann erfüll ich mir noch meinen mittel?
Berufswunsch fürs Alter: Direktor der Hmm, vermutlich das Tram. Man
Bergbahn Davos – Klosters (lacht)! sieht am meisten von der Stadt und ist Weitere Informationen zum Studien-
zugleich auch noch schnell unterwegs. gang auf www.engineering.zhaw.ch/vs
Du sprichst von enormen Wachstumsra-
ten bezüglich des Verkehrsaufkommens.
Stossen die Systeme denn nicht irgend-
wann an ihre Grenzen?
Man befürchtet schon seit einigen
Jahren, dass man bereits am Limit sei,
dennoch geht es immer irgendwie wei-
ter. Man muss eben versuchen, die Effizi-
enz der Systeme zu verbessern. Etwa mit
Modellen, die eine kürzere Zugfolge auf
der Schiene erlauben, oder mit Compu-
ter-Systemen, die den Verkehrsfluss auf
der Strasse optimieren. Weiter sollten
wir schauen, das die Verkehrsmittel
wesensgerecht eingesetzt werden: Für
manche Strecken eignet sich das Auto
besser, für manche eher die Bahn und
für wieder andere das Velo.

Aber irgendwann sind auch diese Effizi-


enzpotenziale ausgereizt ...
Ich denke, man muss dies in einem
grösseren Zusammenhang sehen. Es
stimmt, ewig kann diese Entwicklung zu
mehr Mobilität nicht weitergehen. Allein
schon wegen der Unterhaltskosten wird
man sich ein stetiges Wachstum nicht
leisten können. Langfristig betrachtet
müssen sich die Menschen eben auch
fragen, ob es tatsächlich sein muss, täg-
lich hunderte von Kilometern auf Stras-
se oder Schiene unterwegs zu sein, bloss
Fotos: Sarah Schranz

um zum Arbeitsplatz zu kommen. Mo-


bilität ist in den letzten Jahren zu etwas
Selbstverständlichem geworden, und
das sehe ich als ein Problem.

Die Aschewolke vor einigen Wochen hat


gezeigt, wie stark unser Leben von Ver-
«Das Zusammenspiel von Bus, Bahn & Auto ist einfach beeindruckend.»
kehrssystemen abhängig ist. War das für

3 49 prisma – Mai 2010


Verkratzte Rolex Daytona
im Pfandleihhaus
Endlich geht es wieder los! Champagner, Frauen, schnelle
Autos und Kunst. Die Highlights der Kunstmarktsaison
kommen und Galeristen eilen, ihre Rolex Daytona zum Blit-
zen zu bringen. Blöd nur, dass das Pfandleihhaus sie nicht
in der Box gelagert hat; jetzt ist sie so verkratzt.

W as haben sie 2009 nicht alles mit-


gemacht, die lieben Galeristen.
Verheerender kann ein Jahr kaum sein.
natürlich ganz anders. Auch wenn er
noch hohe Schulden aus 2009 mit sich
trägt: Jetzt will er es wissen und geht an
Zur Kolumne: Der Autor promoviert
zum Thema «Management von Kunst-
Verkäufe sind komplett eingebrochen. die Messen in Basel. 30‘000 Euro Kredit galerien» am KMU Institut. Regelmässig
Wer kauft schon in unsicheren Zeiten kann er bei der Bank gerade noch raus- berichtet er an dieser Stelle vom Kunst-
Kunst?! Zahlen von Galerien haben wir schlagen. Die Chinesen werden schon markt. Er war bereits im Alter von 20
keine, doch die Ergebnisse von den Auk- kaufen. Er sollte sich jedoch bewusst Jahren Teilhaber einer Galerie für zeit-
tionshäusern sprechen eine deutliche sein: Die Chinesen bleiben mittlerwei- genössische Kunst.
Sprache. 2009 hat Sotheby’s sage und le lieber zu Hause, um Kunst zu kaufen.
schreibe 53 % Prozent weniger Umsatz Ihre Hausmesse, die HKK Art Fair, ist im
gemacht. Bei Christie’s sieht es nicht Mai und damit vor den Messen in Basel.
besser aus.
Und wenn es nichts wird mit dem
Doch seit Anfang des Jahres ist end- guten Verkauf, macht es ja auch nichts.
lich wieder Dampf im Kessel. Nein, die Die Daytona kann er ja wieder ins Pfand-
Szene blüht sogar wieder. Das Startsignal leihhaus bringen. Vielleicht kriegt er da
war das Rekordergebnis von Giacometti im Juni schon die Memberkarte.
für $ 100 Millionen. Sotheby’s hat im er- MR
sten Quartal 2010 ein Umsatzwachstum
von 118 % im Vergleich zur Vorjahres-
periode. Der Aktienkurs zog ebenfalls
an: Nach dem freien Fall der Aktie von $
50 auf unter $ 10 liegt sie jetzt bei über
$ 33. Das Wall Street Journal rät sogar,
Sotheby’s Aktien zu kaufen.

So viele positive Signale lassen un-


serem Galeristen keinen Zweifel: Der
Kunstmarkt ist wieder da! Doch leider
nicht ganz. Verantwortlich für den Auf-
schwung ist der neue Kunstmarkt, vor
allem China. Hier wurden die besten
Auktionsergebnisse verzeichnet. In den
beiden wichtigen Auktionen 2010 (20.
Jahrhundert und Zeitgenössische Kunst)
lag das Gesamtergebnis jeweils um fast
HK$ 30 Millionen über dem Schätzpreis.
Das plötzliche Aufblühen ist also dem
chinesischen Markt geschuldet; defini-
tiv nicht dem westlichen.

Der deutsche Galerist aus Berlin,


mit dem ich kürzlich sprach, sieht das

50 prisma – Mai 2010


3
M enschen
52 Umfrage: Wieviel bist du wert?

54 Profs privat: Daniele Caramani

56 Herausgepickt: Paul Odefey

57 «Auch das Unbequeme muss auf den Tisch»


Umfrage

Wie viel bist du wert?


Geld ist ein Thema, das die Studierenden der Universität St. Gallen durchs Studium begleitet wie kein ande-
res. Sei es die Berechnung von Unternehmenswerten oder die Evaluation von Risiken bezüglich verschie-
dener Anlagen, alles dreht sich letztendlich um das Suchen und Finden der besten Investition. Aber ist der
HSG-Student selbst eine sichere Anlage? Und wenn ja, wie hoch ist der eigene finanzielle Wert? prisma hat
die Studierenden zu einer Eigenevaluation eingeladen.

Tristan, Assessment-Stufe Kim, Assessment-Stufe


Ich bin mir nicht sicher, wie hoch mein Wert ist, aber höchst- Laut einem ägyptischen Händler bin ich sieben Kamele wert.
wahrscheinlich leidet er unter den Entwicklungen des Euro- So viel hat er meinen Eltern zum Tausch angeboten.
Franken-Kurses.

André, Bachelor-Stufe Felix, Dominic, Konrad, Peter, Bachelor-Stufe


Wäre ich am 4. September 2009 in Kunduz, Afghanistan bei Felix: 15 Sfr.
einem Luftangriff ums Leben gekommen, hätte meine Fami- Dominic: Nach vollendetem Studium an der HSG: unbezahl-
lie als Entschädigung 2000 $ sowie einen Brunnen in meinem bar!
Heimatdorf erhalten. Konrad: Mindestens einen Ferrari 250 GTO.
Peter: Cristiano Ronaldo wird auf 100 Mio. geschätzt, dem-
nach bin ich mindestens 110 Mio. wert.

52 prisma – Mai 2010


M
René, Bachelor-Stufe Melanie und Annick, Assessment-Stufe
Ich bin mindestens 95 Jahre wert! Wir sind so wertvoll, dass kann man gar nicht messen. Aber
der Wert ist natürlich immer von der individuellen Wahrneh-
mung abhängig.

Jürgen, Master-Stufe Sasha, Master-Stufe


Wenn Lionel Messi 250 Mio. wert ist, dann lieg ich auf jeden Ich bin mindestens 5 Jahre Universitätsausbildung und ein
Fall unter dieser Zahl. paar weitere Jahre Erfahrung wert. Man muss also viel studie-
ren und arbeiten, um meinen Anforderungen gerecht zu wer-
den.
Lynn Reinhart &
Charlotte Claesson

M 53 prisma – Mai 2010


Profs privat: Daniele Caramani, Professor für
Comparative Politics

«Wenn Italien spielt, sperre


ich mich ein»
Raffael.Hirt@student.unisg.ch
Ressortleiter Aktuell

D aniele Caramani ist Vollbluta-


kademiker. «Ich könnte mir nie
vorstellen, woanders zu arbeiten. Die
liebsten in eine Stadt – auch wenn’s
schwierig ist mit den Kindern. Anson-
sten bleiben wir gerne auch daheim.»
Mailand, Paris, Genf, Florenz,
Mannheim, Zürich, St. Gallen
Caramanis starkes Heimatgefühl
vorherrschende lebendige Atmosphä- Daheim, das ist Zürich, das Seefeldquar- gegenüber Zürich erstaunt eigentlich,
re, die neugierigen und interessanten tier, von wo er täglich nach St. Gallen denn er ist in seinem Leben schon ziem-
Menschen, die man trifft, das Klima des pendelt. Warum gerade die Limmat- lich viel herumgekommen. Er wuchs in
Lehrens und Lernens – das alles macht stadt? «Zu Zürich habe ich dank den El- Mailand auf, wo er auch die Schule be-
die Uni zu einem unvergleichlichen Ar- tern meiner Mutter – einer Schweizerin, suchte. Als er 15 war, zog seine Familie
beitsplatz. In St. Gallen sind vor allem die mit meinem Bruder und mir immer jedoch nach Paris, wo er das Gymnasi-
die Lage und die Architektur super.» Schweizerdeutsch sprach – einen Be- um absolvierte. Danach studierte er erst
zug. Wir verbrachten jedes Jahr unsere International Relations, dann Politik-
Ihm gefällt aber nicht nur die HSG; Sommerferien im Seefeld – früher, als es wissenschaften in Genf – einer Stadt, die
auch jede andere Uni, an der er zuvor noch bescheiden war.» Und heute hat er von den internationalen Organisationen
war, hat ihn beeindruckt. Generell faszi- dort, trotz der «Exklusivität», die er we- erstickt würde und abends mausetot sei,
nieren ihn die europäischen Städte, wo der im Seefeld noch als Attribut der HSG findet Caramani. Seine Promotion er-
man die Geschichte der Musik, Literatur mag, eine Wohnung für sich und seine ledigte er in Florenz am Europäischen
und Kunst noch so richtig spürt. «Wenn Familie gefunden und will sich nicht Hochschul Institut (EUI), danach hatte
wir in den Ferien wegfahren, dann am vorstellen, woanders zu leben. er eine Post-Doc-Anstellung in Mann-
heim inne, einer fantastischen Uni für
Sozialwissenschaften, wie er meint. Und
heute ist er glücklich mit seiner Profes-
sur in St. Gallen.

«Ich finde schon, dass wir sehr pri-


vilegiert sind in diesem Beruf. Man lernt
ständig dazu und schon das ist wunder-
schön. Dazu kommt das Lehren und das
Forschen.» Beides gefällt Caramani, vor
allem auch, weil man damit etwas an die
nächste Generation weitergibt. Aber es
sei auch schwierig und brauche Opfer-
bereitschaft, zum Beispiel wenn Freunde
mit 25 Jahren bereits grosse Karriere ma-
chen und viel verdienen, während man
die Professur erst sehr viel später erhält
– Caramani selbst war 37.

«Politik hat die Macht, alles zu


zerstören»
Trotzdem war es für Caramani
von Anfang an klar, dass er sich der
«Die Kleinen sind eine gute Bande, alles kleine Torino-Fans!» Akademia widmen würde. Auch die
Politik hätte ihn nie angezogen. «Als

54 prisma – Mai 2010


M
Caramani mit Frau Sarah und Kindern Elena (7), Luca (5), Dario (3) und Sofia.

Politiker braucht man sehr starke Über- Mittelfristig hofft Caramani, die Politik-
zeugungen und grundlegendes Ver- wissenschaften auf die eine oder andere
trauen in die Menschheit. Ich selbst bin Art auf der Assessmentstufe zu etablie-
eher ein Zweifler und Pessimist.» Ihn ren.
interessieren vielmehr die Prozesse hin-
ter der eigentlichen Politik sowie deren Lesen, Fussball – und die Fami-
statistische und grafische Aufarbeitung. lie
«Statistik ist wortwörtlich die Lehre des Daniele Caramani scheint aber
Staates» . In den Zahlen findet man das nicht der Akademiker zu sein, der in
Skelett des politischen Geschehens.» In seinem Privatleben völlig in seinem
Wahldaten könne man eindeutig die Ge- Fachbereich versinkt. Zur Entspannung
burt des Nationalstaates und der Mas- liest er gerne – meist abends und meh-
sendemokratie erkennen – die radikalste rere Bücher parallel. Momentan liegen
Veränderung der Politik. «Demokratie ist auf seinem Nachttisch Roberto Bolaño, Zur Person
immer das beste System, das man haben Amos Oz und Stefan Zweig – «der hat ei-
kann. Auch in der modernen Epoche der nen wunderschönen Schreibstil!» Geboren am 26. Juni 1968 in Mailand.
Globalisierung wird der Nationalstaat
noch nicht obsolet.» Trotz Massende- Die Familie – er hat fünf Kinder, wo- Lieblingsspeise: Safranrisotto, auch
mokratie und Wohlfahrtsstaat ist Politik von ein bereits fast erwachsener Sohn in mal selbst gekocht
für Caramani am Ende aber vor allem Italien lebt – ist ihm sehr wichtig. «Die
durch Konflikt definiert. «Es geht um Kleinen sind eine gute Bande, alles klei- Lieblingswein: Santa Cristina – im
Macht und deren Gebrauch. Die Politik ne Torino-Fans!» Beim Fussball müssen Coop für unter zehn Franken zu haben
hat die Macht, alles zu zerstören.» aber sogar Frau und Kinder zurücktre-
ten. «Wenn Italien spielt, schliesse ich Lieblingslektüre: europäische Literatur
Dieser reflektorische Gehalt seiner mich ein. Costa Rica gegen Argentinien und Romane
Arbeit – vor allem im Vergleich zur ak- kann ich auch in einer Bar schauen,
tionsorientierten Tätigkeit in der Politik aber mit gli azzurri leide ich alleine vor Lieblingsmusik: klassisch (über allem
an sich – zieht Caramani noch immer in dem Fernseher.» Als erneute Weltmei- die Streichquartette von Beethoven),
seinen Bann. Zwei seiner momentanen ster sieht er die Italiener jedoch nicht. aber auch rockig (z.B. Rolling Stones
Tätigkeiten sind die Chefredaktion der «Wenn’s Maradona nicht verdirbt, ge- und U2)
Swiss Political Science Review, die er winnt Argentinien.» Aber auch England
noch bis Ende dieses Jahres innehat, unter Capello, wie immer Brasilien und Lieblingskünstler: Picasso – ein mo-
und die Organisation an der HSG des vielleicht sogar Spanien schätzt er stark dernes Genie, der alle klassischen Ele-
europäischen Jahreskongresses für Po- ein. «Als Fan der Titelverteidiger kann mente vereint
litikwissenschaft 2011. Das Ziel ist der ich aber ein wenig relaxter an die Sache
Aufbau des Fachbereichs der Politikwis- rangehen», sagt Caramani und lacht. Lieblingsort in St. Gallen, der Schweiz
senschaften an der HSG. «Wir wollen und weltweit: die Uni; der Morte-
damit unsere Sichtbarkeit verbessern, ratschgletscher im Engadin; Fiesole
uns vernetzen und die Forschungsqua- bei Florenz
lität steigern.» Das sei bisher auch sehr
gut gelungen, auch wenn die Forschung Lieblingsfussballclub: FC Torino –
aufgrund der fehlenden zeitlichen Res- nicht Juventus!
sourcen bei ihm etwas gelitten habe.

M 55 prisma – Mai 2010


Paul Odefey, AC–Präsident

Herausgepickt
«Das Tolle am AC ist, dass wir eine
riesige Gruppe von Freunden sind»
Wie bist du darauf gekommen, an der aufgrund eines Mangels an Wissen. Ich
HSG zu studieren und dem AC beizutre- würde sagen, mittlerweile gibt es andere
ten? Vereine, die schlimmer sind als wir. Na-
Ich hab das meinem Bruder abge- men möchte ich aber keine nennen.
guckt, der auch schon an dieser Uni und
Mitglied im AC war. Sind denn auch die auf den Kleiderstil
bezogenen Klischees unbegründet? Man
Kannst du uns eigentlich mal euren Ver- sieht ja schon viele ACler in ähnlicher
einszweck verraten? Kleidung, zum Beispiel mit aufgestelltem
In erster Linie sorgen wir für die Ver- Kragen …
ständigung zwischen Ausländern und Es geht doch nicht darum, ob man
Schweizern. Zudem bieten wir natürlich den Kragen aufgestellt hat oder nicht,
eine Anlaufstelle für Ausländer, so zum sondern, dass man offen ist und Lust
Beispiel für Austauschstudenten, die hat, neue Leute kennen zu lernen! Zu-
neu an der Uni sind. sammen shoppen gehen wir auf jeden
Fall nicht. Es ist doch einfach so, dass
Und was macht ihr ausserhalb der Uni? die, die in das Klischee passen, mehr
Paul Odefey Wir organisieren unterschiedliche auffallen als die anderen.
Aktivitäten, unter anderem Partys, eine
Alter 21 jährliche Reise nach Mailand und ein Kannst du uns erklären, warum es dieses
Ski-Weekend. Zudem treffen wir uns Jahr keinen Bad-Taste-Gewinner gab?
Herkunft Hamburg oft am Wochenende, weil viele von uns Es gab einfach so viele tolle Verklei-
Ausländern wegen der Distanz nicht dungen! Einer ist zum Beispiel selbstiro-
Studium BWL, 4. Semester nach Hause fahren können. Das Tolle nisch als Klischee-Deutscher mit weis-
am AC ist, dass wir eine riesige Gruppe sen Socken und Sandalen gekommen,
Lieblingsautor Oscar Wilde von Freunden sind. Zu unseren Events was mir super gefiel. Andere fanden
kommen oft mehr als siebzig Leute! stark geschminkte oder halbnackte Leu-
Musik Johnny Cash te kreativer. Letztlich konnten wir uns
Was für Nationalitäten habt ihr denn im nicht entscheiden und haben darum ge-
Film Heat AC? sagt: Die ganze Party ist der Gewinner.
Ganz verschiedene. Natürlich Deut-
Essen & Trinken In der Mensa am sche und Österreicher. Dann auch viele Was würdest du an der HSG ändern,
liebsten Schnitzel Austauschstudenten, zum Beispiel aus wenn du könntest?
mit Salat, ansonsten: Belgien, Holland oder Schweden. Und Bei mir gäbe es ein alljährliches Ok-
Steak und Eistee übrigens haben wir auch Schweizer Mit- toberfest an der Uni. Und wie fast jeder
glieder. wünsche ich mir eine bessere und billi-
gere Mensa.
Und das trotz der Klischees, die unter
den Schweizern über euch herrschen? Ihr Möchtest du noch Werbung für den AC
habt ja nicht den allerbesten Ruf. machen?
Diese Vorurteile sind unbegrün- Man kann sich immer beim Stamm
det! Vielleicht waren sie früher berech- anmelden, der dienstags in der Galleria
tigt – mittlerweile aber nicht mehr. stattfindet. Die Frauenquote ist bei uns
Der aktuelle Vorstand versucht, ihnen ziemlich nach St. Galler Standard, aber
entgegenzuwirken. Nur wer uns nicht die Ladies sind im Schnitt hübscher!
kennt, glaubt dieses Gerede über den Marisa Steiner
AC. Klischees entwickeln sich ja immer

56 prisma – Mai 2010


M
«Auch das Unbequeme muss
auf den Tisch»
Das St. Galler Stadtoriginal Albert Nufer über
seine Prinzipien – in der Politik sowie im Umgang
mit Drogen, Frauen und moderner Technik.
Yannick.Pengl@student.unisg.ch
Ressortleiter Thema

Albert, wie hältst du’s eigentlich mit dem


Betäubungsmittelgesetz?
Warum fragst du?

Wir haben auf dem Open Air St. Gallen


am selben Joint gezogen.
Ich rauche ab und zu Gras oder
Hasch. Wenn ein Freund mit einem gu-
ten LSD-Trip oder etwas Meskalin vor-
beikäme, wäre ich jederzeit dabei. Aber
ich renne dem nicht nach. Mit dem Sprit-
zen habe ich schon lange aufgehört und
würde das auch nicht mehr machen.

War das früher anders?


Ja, es hat mich ungeheuer interes- «Ich habe immer genau das vertreten, was ich denke und fühle.»
siert, was alles in einem vorgeht, wovon
man keine Ahnung hat. Um 1968 war ich
drei Jahre in Montreal in Kanada und
habe das alles kennen gelernt. Von Ma- auch noch das – jetzt gehen wir zur Ge- Wie bitte?
rihuana über Heroin bis zu den ganzen genoffensive über. Ich wäre lieber gleich im Stadtpar-
chemischen Drogen. In meinen Zürcher lament gesessen, obwohl alle gemeint
Hippiejahren habe ich auch damit ge- Wie sah die aus? haben: Du spinnst.
handelt, allerdings strikt beschränkt auf Ich habe den grössten Saal im Hotel
Gras und LSD. Ekkehard gemietet, den Zeitungen eine Eine nachvollziehbare Reaktion.
Annonce geschickt und Plakätchen an Im Stadtparlament sitzen die ver-
Mittlerweile brichst du kaum noch Ge- die Mauern geklebt, um eine grüne Be- ständigeren Leute, die lösungsorien-
setze, sondern erarbeitest sie selbst mit. wegung ins Leben zu rufen. Es kamen tierter politisieren. Die Mitglieder des
Wie bist du zur Politik gekommen? sechzig, siebzig Leute und zwei Monate Kantonsrats waren von gestern und vor-
Schon als junger Bursche war ich später waren wir eine politische Partei. gestern. Trotzdem habe ich meine Zeit
sehr an der Politik interessiert und habe als Kantonsrat genossen. Wir waren zu
die Ereignisse in den Medien verfolgt. Und nach den Wahlen sass Albert Nufer klein für eine Fraktion und daher konnte
Mein Einstieg in die offizielle Politik war plötzlich im Parlament? ich überall mitreden, was ich auch gerne
dann aber eine lustige Geschichte. So schnell ging es nicht. Bevor wir getan habe.
an den ersten Nationalratswahlen teil-
Ich höre. nahmen, hatte sich unsere Bewegung Du dürftest in beiden Parlamenten einen
Ich sitze wie jedes Jahr meine 10 schon gespalten. Als Grünalternative schweren Stand gehabt haben.
Tage im Knast, weil ich aus Prinzip kei- erreichten wir keinen Sitz. Wir hatten Ganz schlimm war es im Kantons-
nen Militärpflichtersatz bezahle. Dort darauf verzichtet, uns mit dem Landes- rat – die kamen sich alle so vornehm vor.
schalte ich das Radio an, und das Er- ring zu verbinden. Das war ideologisch Auch später im Stadtparlament waren
ste, was ich höre, ist der Innerrhoder richtig, aber taktisch unklug. sie wütend auf mich. Zu meiner ersten
Ständerat Carlo Schmid-Sutter, wie er Sitzung kam ich barfuss auf dem Velo
in bekannter Manier auf die Drücke- Du hast schnell dazugelernt. und wurde vom Schweizer Fernsehen
berger und Staatsfeinde einprügelt. Das Bei den anschliessenden Kantons- begleitet. Die dachten: Wir sind Rechts-
war 1983. Ich habe mir gesagt: So, jetzt ratswahlen habe ich einen Sitz bekom- anwälte, Professoren, uns gehören Fir-
reicht’s – ich sitze im Knast und dann men, den ich eigentlich gar nicht wollte. men und wegen diesem dahergelaufe-

M 57 prisma – Mai 2010


nen Hippie kommt zum ersten Mal das Du hast dich dein ganzes Leben mit Ge-
Fernsehen ins Parlament. legenheitsjobs über Wasser gehalten. Gibt
es nicht einfachere Wege, seinen Lebens-
Dein Erscheinungsbild kann man unterhalt zu verdienen?
durchaus als kalkulierte Provokation Doch, aber ich liebe die Abwechs-
auffassen. lung und Geld war mir nie wichtig. Ge-
Nein, ich bin mein ganzes Leben so rade in meinen Hippiejahren in Zürich
herumgelaufen! Ich freue mich, wenn war es hart. Das Standardmenu sah so
die anderen in toller Schale kommen. aus: ein Roggenbrot, 70 Rappen, eine
Aber ich verkleide mich doch nicht. Packung getrocknete Bananen, 70 Rap-
Meine Kleider haben halt Löcher und pen, und vielleicht noch eine Büchse
mal einen Fleck oder Riss. Sardinen, 90 Rappen.

Hast du denn niemals gegen deine Prin- Na dann: guten Appetit. Hattest du we-
zipien gehandelt? Warst du beispielswei- nigstens ein Dach über dem Kopf?
se immer ehrlich? Selten. Im Winter habe ich in Ab-
Ich hatte keine Probleme. Ich wollte bruchhäusern gewohnt und im Sommer
nie Karriere machen und habe immer in Feld und Wald. Bei Regen habe ich die
genau das vertreten, was ich denke und Nacht in einer Telefonkabine oder unter
fühle. Es ist mir doch wurst, wenn mich einem Fahrradständer verbracht – ich
deshalb alle beschimpfen. Auch das Un- habe das wirklich genossen.
bequeme, sofern es der eigenen Über-
zeugung entspricht, muss auf den Tisch. Hättest du dir damals nicht etwas mehr
Geld gewünscht?
Also lieber ein paar Feinde mehr? Kurz bevor ich von der Kantons-
Die beruhigen sich auch wieder. Ich schule geflogen bin, habe ich mir über-
möchte mich nur nicht vor mir selbst legt, ob ich mit 25 die erste Million ma-
schämen müssen. chen und dann richtig reich werden will.
Ich kam zu dem Schluss: Nein, das lohnt
Du steigst nun nach mehr als 20 Jahren sich nicht! Man muss derart viel Zeit und
aus der Politik aus. Was hast du erreicht? Kraft dafür einsetzen und wenn man erst
Es macht mir Freude, dass sich heu- eine Million hat, dann will man zehn.
te die Wirtschaft und alle politischen
Parteien für die alternativen Energien Du und Millionär?
engagieren. Nur die SVP hat das immer Das wäre damals sehr einfach ge-
noch nicht begriffen. Als ich vor mehr wesen. Man konnte Osthandel betrei- Albert Nufer geniesst in St. Gallen
als 20 Jahren argumentiert habe, dass ben, da die USA und Europa die UdSSR Legendenstatus. Der 67-Jährige Lokal-
die Sonne gratis scheint und auch genug und ihre Satellitenstaaten boykottierten. politiker sass 20 Jahre für die Grünen
Erdwärme vorhanden ist, wurde ich aus- Mein Nachbar hat das erfolgreich ge- und Grünliberalen im St. Galler Stadt-
gelacht. macht und hat mir auch eine Lehrstelle parlament (1987–2007) sowie insgesamt
angeboten. Er hatte übrigens drei äus- sechs Jahre im Kantonsrat (1988–89 und
Bei den Stadtparlamentswahlen warst serst hübsche Töchter. 2004–2009). Im vergangenen November
du viermal in Folge Panaschierkönig. gab er seinen Sitz ab und verabschie-
Wie erklärst du dir die Zustimmung auf Apropos: Warst du jemals verheiratet? dete sich aus der Politik. Aufgewachsen
fremden Wahllisten, gerade aus dem bür- Neeiiin! im Appenzeller Hinterland, schlug er
gerlichen Lager? sich zeit seines Lebens als Strassenwi-
Die Leute mögen es, wie ich mit den Aus Prinzip oder aus Erfolglosigkeit bei scher, Land- und Gelegenheitsarbeiter
Platzhirschen umgehe, selbst wenn sie den Frauen? durch. Nufer verfügt weder über eine
meine Ideen nicht teilen. Anderen ge- Der Unabhängigkeit halber. Wenn feste Anschrift noch über Telefon oder
fällt, dass ich mich nicht um die Partei- man gerne möglichst frei ist, geht das E-Mail-Adresse. Über den ehemaligen
disziplin schere, sondern nach bestem nicht mit Frau und Kindern. Ich habe Generalsekretär der St. Galler Jungsozia-
Wissen und Gewissen entscheide. Ich meinen Geliebten immer gesagt: Ich listen bringe ich seine Lieblingskneipen
bin zum Beispiel ein grosser Freund der bin gern dein Geliebter, aber ich möch- in Erfahrung und treffe ihn eines Abends
HSG und habe sie im Parlament immer te weder dein Ehemann noch der Vater in gemütlicher Jassrunde im «Drahtseil-
unterstützt. Den Linken und Grünen hat unserer Kinder sein. Wenn du einen bähnli». Er stellt sich mir als «dä Albert»
das gar nicht gefallen, obwohl viele ihrer Besseren hast, nimm den. Mich kannst vor und notiert unseren Gesprächster-
besten Leute dort studiert haben. du ruhig stehen lassen, no problem! min in seiner abgewetzten Agenda.

58 prisma – Mai 2010


M
Cartoon

59 prisma – Mai 2010


Bad Taste Party
28. April 2010, Elephant Club

60 prisma – Mai 2010


Fotos von: Marco Andreoli

61 prisma – Mai 2010


Bla
Bla Bla
Bla Bla Bla
BlaBlaBlaBlaBla

Das Gerücht
BlaB laBlaBlaBlaBlaBla
BlaBlBlaBlaBlaBlaBlaBlaBla
BlaBlaBlaBlaBlaBlaBlaBla
BlaBlaBlaBlaBlaBlaBla
BlaBlaBlaBlaBla
BlaBlaBla prisma-Führungsetage stolpert über Sexskandal. Was als harmlose Weiterbil-
Bla
dungsfahrt in die Hansestadt Hamburg begann, endet in veritablem Skandal.
Massive personelle Konsequenzen sind die Folge.

P risma-Chefredaktor Jeffrey Vögeli


stellt seinen Posten zur Verfügung.
Er zieht damit die Konsequenzen aus
Layoutchefin, die während der Vorfälle
nichts ahnend auf einer Schranz-Party
im benachbarten Techno-Tempel ego
tionelle Qualität sowie funktionierende
und transparente Führungsstrukturen
als die wichtigsten Erfolge. Vögeli, der
den Vorkommnissen in Hamburg, in weilte. sich zu den Vorwürfen nicht persönlich
die auch die Ressortleiter Matthias Mir- äussern möchte, lässt über seinen An-
beth und Yannick Pengl sowie CFO Max Der Anlass des Hamburg-Aufent- walt mitteilen: «Schmutzige Witze kann
Winkler verwickelt sein sollen. Brisantes halts war der kollegiale Austausch mit jeder reissen. Ein schmutziges Leben
Bildmaterial eines denkbar-campus-Pa- der ZEIT-Redakation, der von CFO Wink- muss man leben.» Als Nachfolger Vö-
parazzo zeigt Vögeli in einem Freuden- ler als «benchmarkingtechnisch äusserst gelis soll in Kürze Luc-Etienne Fauquex
haus nahe der Reeperbahn, umringt von ergiebig» eingestuft wurde. Augrund der präsentiert werden, der im vergangenen
mehreren minderjährigen Pummelchen abendlichen Eskapaden rückt dieser As- Jahr durch kritische Unabhängigkeit, sti-
im Engelskostüm. Während Mirbeth pekt jedoch in den Hintergrund. listischen Glanz sowie strikte Trennung
auf kritische Nachfrage des Studenten- von Beruflichem und Privatem auf sich
schaftspräsidenten die aufkeimenden Neben Vögeli werfen auch Mirbeth, aufmerksam gemacht hat.
Gerüchte zunächst zurückwies, Zitat: Winkler und Pengl das Handtuch, um
«Wir sind hier doch nicht bei den Re- prisma vor weiterem Schaden zu bewah-
gensburger Domspatzen», schaffen die ren. Aus Solidarität mit den Kollegen und
kompromittierenden Aufnahmen Ge- Protest gegen die «unerträgliche mediale
wissheit. Auch das Studierendenmaga- Hetzkampagne» treten Raffael Hirt, Lynn
zin prisma hat seinen Missbrauchsskan- Reinhart und Präsidentin Bianca Lieg-
dal und befindet sich, was redaktionelle mann ebenfalls zurück. Liegmann be-
Unfehlbarkeit anbelangt, nun auf Augen- tont: «Die Verdienste des Vögeli-Teams
höhe mit der katholischen Kirche. Völ- um prisma sind unumstritten», und er-
lig schockiert zeigt sich die abtretende wähnt strategische Ausrichtung, redak-

Finde die zehn Unterschiede

62 prisma – Mai 2010


Zuckerbrot Peitsche
S trategische Studienplanung
ist an der HSG fast ein so
wichtiges Thema wie Geld.
V or kurzem war wieder einmal die
angeblich legendärste Party in
St. Gallen: die Bad Taste Party. Wer
Welches Fach ist beson- liebt es nicht, sich mal richtig ge-
ders leicht zu bestehen? hen zu lassen und seine schlimm-
Wie viele Credits kann ich sten Sachen aus dem Schrank
pro Semester erfüllen, ohne hervorzuholen, Oma um ihre Kü-
aufgrund akuter Überbela- chenschürze zu fragen oder eine Stipp-
stung zu kollabieren? Solche visite ins Brockenhaus zu machen? Die
Fragen sind nicht nur während den Studenten gehören dort übrigens schon
unzähligen Bidding-Runden brandheiss, zur Stammkundschaft, und mir wurde
auch während dem Semester werden beim Bezahlen viel Spass beim Feiern
die Aufwände in den unterschiedlichen gewünscht.
Kursen evaluiert, verglichen und rege
diskutiert. Auch wenn die Wahl des Die Verkleidungsaktion hielt na-
Wegs des geringsten Widerstandes türlich, was sie im Vorfeld versprach.
in der Natur des Studenten liegen Mangelnde Kreativität kann man uns
mag, geht dabei etwas leider oftmals Studenten nicht vorwerfen. Und obwohl
vergessen: Das Studentendasein ist sich ganze Horden von pinken Leggins
mehr als Kurse, Prüfungen und No- und allerlei Leder im Elephant einfan-
ten, es ist ein Lebensstil. Nur studie- den, verdienen die Organisatoren der
ren, um studiert zu haben, ist eine tri- Bad Taste Party diesmal eine Peitsche.
ste Angelegenheit. Man möchte seinen
Kindern doch später mehr von seiner Der Vorverkauf lief nicht
Studienzeit erzählen können, als wie ganz so, wie erwünscht, obwohl
viele Plätze im Audimax vorhan- dem Hausdienst die Schuld da-
den und nach welchem System für in die Schuhe geschoben wur-
die Bücher in der Bibliothek de. Leute, die AC-Mitglieder sind,
geordnet waren. waren nicht auf der Gästeliste und
mussten sowieso draussen anste-
Den Anspruch zu er- hen. Der Club war um elf Uhr schon
heben, eine stressfreie gerammelt voll, um drei aber schon wie-
Studienzeit an der HSG zu der halb leer. Ob es wohl an der Musik
verbringen, wäre nicht nur lag, welche anscheinend auf
vermessen, sondern auch Repeat lief? Und was pas-
etwas naiv. Bei allem Arbeiten sierte eigentlich mit dem
sollte der Spass jedoch niemals Bad Taste Contest? War dies
vergessen gehen, der Ernst des Le- nicht einer der wichtigsten Grün-
bens wird uns schon noch einholen. de, warum wir uns alle bis zur Lächer-
Ein weiser Mann hat mal gesagt: Es gibt lichkeit verkleidet hatten? Wollte der AC
Wichtigeres im Leben, als beständig des- etwa ein Zeichen gegen Konkurrenzver-
sen Geschwindigkeit zu erhöhen! In die- halten und Wettbewerb setzen?
sem Sinne: ein Hoch auf den Studenten,
der sich gegen ein zusätzliches Pflicht- Es bleibt nur zu hoffen, dass
fach entscheidet und für ein bisschen sich die Veranstalter nächstes
mehr Lebensqualität; der Kurse wählt, Jahr nicht mehr auf ihren
nicht weil sie wenig Aufwand verspre- Lorbeeren ausruhen – und
chen, sondern intellektuell herausfor- die legendärste Party wieder
dern und den Menschen im Studenten hält, was sie verspricht.
ansprechen. Er soll uns allen ein Vorbild
sein, auch wenn bei der Planung des Martin Schulz
nächsten Semesters alle guten Vorsätze
wieder über Bord geworfen werden.

Lynn Reinhart

63 prisma – Mai 2010


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