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Das Magazin der Studierenden der Universität St.

Gallen
April 2009 Nummer 321

Afrika
2 prisma – April 2009
Schwarz und Weiss
Editorial

Franco.Buehlmann@student.unisg.ch
Chefredaktor

A frika – ein Kontinent, den wir


überwiegend als Quelle schlech-
ter Nachrichten wahrnehmen. Täglich
aus der Perspektive berichtet, was Afri-
ka «macht» oder «nicht macht» – der
Westen als Zuschauer. Dass wir aber
ebenfalls festgestellt, dass James Watson
16-mal mehr Gene von dunkelhäutigen
Vorfahren besitzt als ein durchschnitt-
vermitteln uns die Medien ein Bild historisch an vielem mitschuldig sind, licher weisser Europäer; Watson hat
des Schreckens: Naturkatastrophen, kann nicht weggeredet werden: Die anscheinend dunkelhäutige Vorfahren
Diktaturen, Verarmung, Hunger, Aids, künstlichen Grenzziehungen der Ko- gehabt. Nicht sehr intelligent also, seine
Bürgerkriege, Staatszerfall, Flüchtlings- lonialzeit haben verhindert, dass die Aussage.
ströme, Kriminalität, bedrohliches Be- afrikanischen Staaten ein Nationalge-
völkerungswachstum, wachsende Aus- fühl entwickeln konnten. Dies und eine In dieser Ausgabe wollen wir euch
landsverschuldung, schrumpfendes einseitig ausgerichtete Exportwirtschaft einladen, Afrika neu zu sehen. Unser
Sozialprodukt, hohe Kindersterblich- haben sicherlich nicht wenig zur insta- Ressortleiter «Thema» stellt die Flücht-
keit, niedrige Lebenserwartung, rekord- bilen politischen Lage, der Bildung vie- lingsproblematik aus einer etwas ande-
verdächtige Inflationsraten. Sie malen ler autoritärer Regimes und der vorherr- ren Sicht dar. Passend dazu gibt es auch
ein Bild des «Schwarzen Kontinents» schenden Korruption beigetragen. Zwar diesmal ein Doppelbild in der Heftmitte.
– vor allem schwarz hinsichtlich der Zu- hört man immer wieder mal von der De- Zwei prisma-Redaktoren berichten über
kunftsperspektiven. pendenz- und der Modernisierungsthe- ihre Erfahrungen in Südafrika, jeder aus
orie – v. a. an der Uni –, aber doch eher seinem eigenen Blickwinkel. Schliess-
Doch es gibt auch ein anderes Afri- selten und oberflächlich. Interessieren lich schildert ein HSG-Student seine
ka: das Afrika der Vielfalt, Offenheit, wir uns überhaupt ernsthaft für Afrika Reiseerlebnisse in Uganda.
Schönheit, Natürlichkeit und Lebens- oder haben viele diesen Kontinent schon
freude. So werden in Afrika beispielswei- aufgegeben und schauen nur noch (dem Zum Schluss: Hast du gemeint, es
se über 1‘000 eigenständige Sprachen Untergang) zu? würden zwei verschiedene prismas auf-
gesprochen – Dialekte nicht eingerech- liegen? Es ist das gleiche – jedenfalls
net. Namibia beispielsweise, das frühere In mancherlei Hinsicht macht es inhaltlich. Wir haben diesmal je die
Deutsch-Südwestafrika, ist ein multilin- den Anschein. So fällt dem Papst auf sei- Hälfte der Auflage mit einem anderen
guales Land, wobei Deutsch eine aner- ner Afrika-Reise im März nichts Besseres Cover drucken lassen – die beiden unter-
kannte Nationalsprache und eine der ein, als den Gebrauch von Kondomen zu schiedlichen Umschlagfotos verkörpern
weitverbreitetsten Verkehrssprachen verurteilen. Nobelpreisträger sind nicht zwei Blickwinkel. Welches Heft hast du
ist. Was manch ein Schweizer, Deut- besser: So hat James Watson im Oktober instinktiv genommen? Ich lade dich ein,
scher oder Österreicher vielleicht gar 2007 in einem Interview in der «Sunday darüber nachzudenken, weshalb. Vorur-
nicht denken würde: Deutsch ist Haupt- Times» gesagt, dass er die Zukunft Afri- teile, Erwartungen? Obwohl nur das Bild
oder Muttersprache von über 20‘000 kas äusserst pessimistisch sehe, denn auf dem Umschlag anders ist: Vielleicht
Namibiern, auch von älteren Schwarz- «alle unsere Sozialpolitiken basieren auf ist das Lektüreerlebnis je nach Titelfoto
namibiern. Zudem sprechen mehrere der Annahme, dass ihre Intelligenz die- ebenfalls anders.
Hunderttausend Namibier Deutsch als selbe ist wie unsere – obwohl alle Tests
Zweitsprache. sagen, dass dies nicht wirklich so ist». Es
stellte sich dann jedoch schnell heraus,
Die schönen Seiten Afrikas blei- dass diese Meinung eher persönlicher
ben in der medialen Berichterstattung Natur als wissenschaftlich fundiert war.
leider oft im Dunkeln. Und meist wird Ironischerweise wurde im Nachhinein

3 prisma – April 2009


Editorial 3
Leserbrief 65
Das Gerücht 66
Heftvorschau
Zuckerbrot & Peitsche
66
67 T hema
32 Wir blenden Probleme aus
34 Bild von José Palazón
36 Südafrika – Rainbow Nation
39 Uganda hautnah erlebt

A ktuell
8 Terminkalender
9 Kurzmeldungen

S tudentenschaft 3 60°
12 StuPa-Wahlen 42 Kunstmarktkolumne
WG-Contest 43 Rätselspass
Freibier 44 Von alten Meistern, neuen Quacksalbern und
15 Fokus: Sebastian Bekemeier grössenwahnsinnigen Kulturredaktoren
46 Austausch in Paris
48 Intelligentes studentisches Recruiting –
Jobzippers
50 «Kacke ist auch schön»
52 Die Liste

C ampus M enschen
18 HSG-Elite 54 Herausgepickt: Andrea Forrer
20 Feiern für die gute Sache 56 prisma-Kochwettbewerb
21 Dr. Prediger gibt Auskunft 58 Partypictures
Biancas Senftube 60 Profs privat: Christoph Frei
22 Die Schweiz, der Luxuswagen 62 Hans Rüttimann
23 Forum? Find ich dufte.
24 Kalt ist cool – Segeln im Grenzbereich
25 Der Weg der leeren Hand
26 Da liegen die Hasen im Pfeffer
27 Wenn aus Ideen Strategien werden
28 Trends aus der IT-Welt
30 Durch Fallen lernt man gehen

4 prisma – April 2009


Südafrika – Rainbow Nation

Seite 36 Was ist los mit dem Schwarzen Kon-


tinent? Man hört ja meist nur Dinge,
die Übles vermuten lassen. Aber selbst vor Ort waren nur die
wenigsten. Sarah Umbricht und Raffael Hirt hatten die Möglich-
keit, sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Daraus ist für
diese Ausgabe eine Darstellung dieser anderen Alltagsrealität
entstanden, die beide erfahren und schätzen gelernt haben.

Die Liste

Seite 52 Vorbei mit Langeweile! Ob Natur-


freund oder Schluckspecht, in St. Gal-
len kann jeder auf seine Kosten kommen. Valentin Diem bie-
tet einige Optionen, wie man seine Freizeit gestalten könnte.

Hans Rüttimann

Seite 62 Seit zwanzig Jahren hilft Hans


Rüttimann den Professoren dabei,
ihre Präsentationen zum Laufen zu bringen. Im April geht die
HSG-Legende in den Ruhestand. Ob und wie es die HSG ohne
ihn schafft, erfahrt ihr im exklusiven und letzten Interview.

Impressum
Ausgabe 321, April 2009 Finanzen: Till Rahn Anzeigenregie: Metrocomm AG,
Studentenschaft Universität St. Gallen Aktuell: Tobias Kucera Zürcherstrasse 170, 9014 St. Gallen,
Campus: Matthias Mirbeth 071 272 80 50
Redaktion prisma Thema: Marcel Graf Druck: Druckerei Flawil AG,
Oberer Graben 3, 9000 St. Gallen 360°: Valentin Diem 071 394 96 96
071 220 37 43 Menschen: Sebastian Elke Lektorat: Monika Künzi
prisma@myunisg.ch Layoutleitung: Sarah Schranz monika.kuenzi@freesurf.ch
Layout: Bianca Liegmann,
Präsident: Michael Tschumi Michael Pum, Sarah Schranz, Wiedergabe von Artikeln und Bildern,
Chefredaktor: Franco Buehlmann Anselm Ivanovas auch auszugsweise, nur mit Genehmi-
Stv. Chefredaktor: Jeffrey Vögeli Cartoon: Moritz Runge gung der Redaktion.

5 prisma – April 2009


Inserat wird von Metrocomm
nachgeliefert
A ktuell
8 Terminkalender
9 Kurzmeldungen
Terminkalender

14. April 21. April 28. April


B-Foyer Beachvolleyballfeld 18.00 Audimax

ESPRIT-Infostand Beachvolleyball Fun-Turnier Diskussion zum Thema: «HSG = Elite»

15. April Golfclub Waldkirch


30. April
22.00 Elephant Club HSG-Golfturnier 22.00 Backstage

Vote! Party 22.00 Backstage Club Charity Party CEMS

16. April Rüttimann Abschiedsparty


30. April-6. Mai
23. April Spelteriniplatz

ESPRIT-Infoabend Beachvolleyballfeld Zirkus Knie

17. April Beachvolleyball Pro-Turnier


10.-19. Mai
Kunstrasenplatz 20.00 Hotel Einstein 20.30 Grabenhalle

HSG-Fussballturnier Peter Kurer im Dialog Klub Studententheater «HASEHASE»

17. April 24. April 11. Mai


Deadline Anmeldung Sommerprü- 18.00 ganze Stadt 18.15 09-011
fungen 2009
Honky Tonk Festival Daniel Vasella im Dialog Klub

17.-19. April 24. April 12. Mai


Lokremise Deadline Anmeldung Herbstsemes- 20.00 Christkatholische Kirche
ter 2009
Stummfilmfestival UniChor Konzert

20.-23. April 27. April 13. Mai


Uni St. Gallen 19.00 Audimax 22.00 Elephant Club

StuPa-Wahlen Kino an der Uni Semesterend-Party

Legende
Pfeil rechts bedeutet:
Mehr Infos dazu unter
Kurznachrichten

! Die Vollständigkeit und Korrektheit


der Angaben ist ohne Gewähr.

8 prisma – April 2009


A
Kurzmeldungen
unsere Interessen teilen. Schicke jetzt ressierten für Fragen zur Verfügung und
deinen CV an info@effektenforum.ch am Donnerstag, 16. April, veranstalten
und melde dich an! wir zusätzlich einen Infoabend.

Die Kapitäne Peter Kurer Weiterführende Informationen zu


und Daniel Vasella im Dia- unserer Organisation und den Projekten
log Klub von ESPRIT St. Gallen finden sich auf
Die Wirtschaft bleibt auch im Jahr ELSA goes abroad: Karlsru- unserer Homepage www.espritsg.ch
2009 ein stürmisches Gewässer. Der he
Dialog Klub begrüsst als nächste Ge- ELSA, die Jus-Vereinigung an der
sprächspartner Personen, die als Mana- Uni St. Gallen, organisiert regelmässig
ger mitten im Sturm navigieren: Veranstaltungen mit juristischem und
gesellschaftlichem Hintergrund. Als
Am 23. April ist UBS-Verwaltungs- absoluter Höhepunkt steht auch dieses Bist du sozialkompetent?
ratspräsident (dann a. D.) Peter Kurer zu Jahr die ELSA-Reise auf dem Programm: Neben der Ausbildung an der HSG
Gast, der im letzten Jahr die schwierige Vom 8. bis 10. Mai 2009 reisen wir nach ist es für Studierende ausserordentlich
Aufgabe hatte, die Grossbank UBS aus Karlsruhe (D) und lassen uns dort durch wichtig, eine verantwortungsbewusste
dem Beinahe-Crash wieder auf sicheres das Bundesverfassungsgericht führen. Sozialkompetenz zu besitzen, um im
Terrain zu führen. Am 11. Mai folgt dann Neben dem Besuch einer Anwaltskanz- Arbeitsalltag nach ethisch-moralischen
das Gespräch mit Daniel Vasella, Chair- lei und einer Stadtrundfahrt bleibt auch Maximen handeln und führen zu kön-
man und CEO von Novartis, ein erfolg- Zeit, um die Stadt auf eigene Faust zu nen.
reicher und bekannter Konzernlenker erkunden, oder für eine Kanufahrt auf
aus der Realindustrie. dem Rhein. Natürlich soll auch der Aus- Der Malteser Hospitaldienst be-
gang nicht zu kurz kommen! Verpasse zweckt als einziger sozial-aktiver Verein
Die Veranstaltungen sind öffentlich, die ELSA-Reise auf keinen Fall und mel- an der Universität die Unterstützung
die Platzanzahl ist jedoch beschränkt, de dich daher umgehend an unter www. armer, kranker und anderer bedürftiger
der Eintritt ist frei. Details werden auf elsa-stgallen.org. Dort erhältst du auch Menschen. Er ist für alle Studierenden
www.dialogklub.ch publiziert. Bei gros- weitere Informationen zum Programm. und Nichtstudierenden der Region St.
sem Andrang haben Mitglieder den Vor- Für Fragen stehen wir dir jederzeit unter Gallen zugänglich, die sich der Hilfe am
rang. info@elsa-stgallen.org zur Verfügung. Mitmenschen verpflichtet fühlen. Die
Auch Nicht-Mitglieder sind herzlich Mitglieder erkennen dabei, dass es ne-
willkommen! ben der eigenen Karriere auch andere
Menschen zu achten gilt, die auf unsere
Aufmerksamkeit und Hilfe angewiesen
Studentisches Effektenfo- sind. Malteser Hospitaldienst an der
rum – Recruiting Universität St. Gallen (MHD)
Das Effektenforum hat in den letzten ESPRIT St. Gallen sucht E-Mail: malteser@myunisg.ch
Jahren eine Vielzahl interessanter Events Assessment-Studenten
an der Universität St. Gallen durchge- Seit über 20 Jahren betreibt unser
führt. Unter anderem wurden ein Bör- studentischer Verein an der Universität
sensimulationsspiel, Gastvorträge von St. Gallen Unternehmensberatung. Mit
führenden Firmenpersönlichkeiten und individuellen, kreativen und kostengün- oikos Sustainability Award
Finanzinstitutionen, ein Tradingfloor- stigen Lösungen erreichen wir eine sehr 2009 geht an Vincent Rit-
besuch und noch einige weitere Events hohe Zufriedenheit unserer Kunden. tener-Ruff
für die Studenten durchgeführt. Unser Gleichzeitig erhalten Studierende die Nachhaltigkeit und Corporate So-
Ziel ist es, ein vielfältiges Spektrum an Möglichkeit, ihre in Vorlesungen und cial Responsibility schreiben sich viele
Aktivitäten für die Studenten und Aufga- Seminaren erworbenen Kenntnisse in Unternehmen auf die Fahnen. Doch was
ben für die Mitglieder zu bieten, welche die Praxis umzusetzen. steckt wirklich hinter diesen Floskeln?
den Themenbereich der Finanz- und Wie lässt sich Nachhaltigkeit von Unter-
Kapitalmärkte näher bringen. Ausser- Damit wir auch in Zukunft erfolg- nehmen evaluieren? Diesen Fragen ging
dem stellt das Effektenforum mit dem reich Geschichte schreiben können, Vincent Rittener-Ruff (Master of Arts
Reuters DataRoom einen kostenlosen sind wir ständig auf der Suche nach in Accounting and Finance) in seiner
Zugang zu Real-Time-Finanzmarktdaten neuen begeisterungsfähigen und tat- Master-Arbeit mit dem Titel «Holcim
zur Verfügung. Um in Zukunft weiterhin kräftigen Teammitgliedern. Das nächste Sustainability Value – A Corporate As-
erfolgreich gute Events an der Univer- Recruiting findet in diesem Frühjahr für sessment of the Sustainability Value Ap-
sität durchführen zu können, sucht das alle Studierenden der Assessmentstufe proach» nach. Seine Forschungsleistung
Studentische Effektenforum nun nach statt. Beim Infostand am Dienstag, 14. wurde soeben beim Master-Graduation
neuen motivierten Mitgliedern, welche April, steht das ESPRIT-Team allen Inte- Day mit dem oikos Sustainability Award

A 9 prisma – April 2009


2009 prämiert. Diesen Preis für die Switch PWLAN
beste Master-Arbeit im Bereich Nach- Ob in der Hektik eines Bahnhofs,
haltigkeit schreibt oikos St. Gallen seit am Flughafen, beim gemütlichen Kaf-
2008 jährlich aus. Er ist mit 3'000 Fran- fee im Starbucks oder beim Schlemmen
ken dotiert und richtet sich an Master- im McDonalds: Mit dem neuen Switch Der Unihockey Club der Univer-
Studierende aller Fachrichtungen. oikos PWLAN-Angebot geniessen HSG-Ange- sität St. Gallen (UHU St. Gallen) bietet
St. Gallen gratuliert Vincent herzlich zu hörige an all diesen Standorten einen dir ein abwechslungsreiches Training,
dieser Auszeichnung. Interessierte kön- kostenlosen Internetzugang über Wire- Meisterschaftsspiele in der 3. Liga und
nen seine Master-Arbeit unter www. less LAN. Mit wenigen Klicks verbinden ein cooles Team. Wichtig sind bei uns
oikos-st.gallen.org herunterladen. Hier Sie Ihr mobiles Gerät mit einem unserer der Spass am Spiel und ein guter Team-
findet ihr auch Informationen über den Partner-Provider Swisscom, Monzoon, geist. So versuchen wir auch jedes Jahr,
oikos Sustainability Award 2010, für den TheNet oder TPN. Mittels VPN-Client an einem internationalen Turnier teilzu-
ihr euch bis Dezember 2009 mit eurer oder PPTP (z. B. beim iPhone) kann nehmen, wo das Vergnügen auch nicht
Master-Arbeit bewerben könnt. danach eine sichere Verbindung zum zu kurz kommt. Für einen so jungen
HSG-Netzwerk aufgebaut werden. Verein verfügen wir zudem schon über
Die SBB-Businesswagen der 1. Klas- ein vergleichsweise grosses Alumni-
se unterstützen diesen Service ebenfalls. Netzwerk.
Geändert hat sich auch das Authenti- Wenn du also Freude am Unihockey
Lust auf Segeln? Zusammen mit sierungsportal auf dem HSG-Campus. hast und einen Ausgleich zum stres-
Freunden auf dem See die Seele bau- Beim Aufruf einer externen Webseite sigen Uni-Alltag suchst, bist du bei uns
meln lassen und den stressigen Uni-All- aus dem PublicNet wird der Benutzer am richtigen Ort! Die Trainings finden
tag vergessen? automatisch auf die neue Landing Page jeweils donnerstags von 20.30 Uhr bis
Ab dem 7. April startet bei St. Gallen geleitet. Dort stehen die Freischaltung 21.45 Uhr statt. Momentan suchen wir
Sailing die Segelsaison 2009. Jeden per HSG-Konto oder neu die Nutzung dringendst noch einen ersten Torhüter
Dienstagnachmittag ab 16.30 Uhr se- eines der oben erwähnten kostenpflich- und einen Schiedsrichter! Bei Interesse
geln wir von Staad aus auf einem gemüt- tigen Anbieter zur Verfügung. Interne (auch als Feldspieler!) melde dich per E-
lichen H-Boot und geniessen den Abend Services, wie z. B das StudyNet oder E- Mail bei bernhard.reutimann@student.
auf dem Bodensee. Unsere Segelaus- Mail, sind auch weiterhin ohne Authen- unisg.ch oder schaue einfach mal in un-
flüge werden durch erfahrene Skipper tisierung aufrufbar. Weitere Informati- serem Training vorbei.
des Vereins begleitet, so dass Neulinge onen finden Sie am HSG-Anschlagbrett
und alte Hasen eine willkommene Ab- oder unter www.unisg.ch/pwlan.
wechslung zum Alltag finden. Bei gutem Informatikbereich HSG, Richard
Wetter ist auch ein Sprung ins kühlende Schmidli
Nass eine gute Option. Unisport Highlights
Weitere Informationen und Anmel- Neben unserem regulären Sportpro-
dung unter www.stgallen-sailing.org Wir gramm können wir euch für den April
freuen uns auf euch! ein paar Highlights vorstellen:
Euer St. Gallen Sailing Lange haben wir darauf hingear-
Warschau Projekt beitet, im schneereichen Winter stan-
Nachdem der erste Teil unseres Aus- den die Baumaschinen still, doch am
tauschprojektes mit dem Warschauer 17. April sollte es so weit sein: Wir wei-
Chor erfolgreich über die Bühne ging, hen den Kunstrasenplatz ein! Feuert
Kino an der Uni laufen nun die Vorbereitungen für die die Fussballspieler auf dem Rasen an,
Genug von langweiligen Vorle- Reise nach Warschau. Es wird wieder nehmt einen Augenschein vom Kunst-
sungen im Audimax? Genug von den fleissig gesungen, es werden Flüge ge- rasen neuster Technologie und verpflegt
immer gleichen Partys in St. Gallen und bucht und ein Rahmenprogramm aus- euch mit Köstlichkeiten vom Grill.
Lust auf Abwechslung und einen Hauch gedacht. In Warschau werden wir in Nicht auf Kunst-Sand, sondern auf
von Hollywood? Am Montag, dem 27. zwei Konzerten die Gospel mass von richtigem Beachvolleyball-Sand finden
April 2009, ab 19.00 Uhr, präsentiert dir Robert Ray aufführen. Zudem stehen am 21. April das Fun-Turnier und am 23.
die Studentenschaft in Kooperation mit uns 20 Minuten zur Verfügung, in wel- April das Pro-Turnier statt. Anmeldung
PostFinance das Audimax in einer ganz chen wir Schweizer Komponisten – un- ist ab sofort im Sportbüro möglich. Das-
anderen Atmosphäre. An besagtem ter anderen Willy Burkhard – vorstellen selbe gilt für die St. Galler Hochschul-
Montag wird das grosse Auditorium in werden. Am 12. Mai findet ein Konzert meisterschaft Golf, welche am 21. April
einen gigantischen Kinosaal verwandelt in St. Gallen statt. Schwerpunkt dieses im Golfclub Waldkirch stattfindet. Teil-
und bietet dir und deinen Freunden ei- Konzertes werden ebenfalls Werke der nahmeberechtigt sind immatrikulierte
nen kostenlosen Kinoabend. Den Film Schweizer Komponisten Willy Burkhard Studierende einer Schweizer Hochschu-
wählt ihr selbst! In der Pause warten sowie Lorenz Meierhofer sein. Wir wür- le, Universität oder Fachhochschule und
gratis Getränke und kostenloses Eis auf den uns freuen, dich an unserem Kon- Ehemalige solcher Institutionen – bis
dich und deine Freunde. Kino an der zert oder auch bei unseren Proben – je- eHcp 36.0 (PR Spieler spielen mit eHcp
Uni ist ein einmaliger Anlass, den du auf den Dienstag von 19.00 – 21.30 Uhr, an 36.0). Auch dieses Turnier wird mit
keinen Fall verpassen solltest. der Dufourstrasse 77 – zu sehen. einem feinen Grillessen abgerundet.

10 prisma – April 2009


A
S tudentenschaft
12 StuPa-Wahlen
WG-Contest
Freibier
15 Fokus: Sebastian Bekemeier
StuPa-Wahlen Freibier
Erneuerung des Studentenparlaments Die Kolumne des
Präsidenten
I m April finden Wahlen für das Stu-
dentenparlament (StuPa) auf der
Bachelor- und Doktorandenstufe statt.
mien der SHSG und legt die Leitlinien
für deren Arbeit fest. Es verfügt über die
Finanzhoheit innerhalb der SHSG und
H auptsache gute Noten, alle rele-
vanten Punkte wie Praktika und
Auslandsaufenthalt im CV abgehakt
Viele Studierende wissen aber gar nicht genehmigt Budget und Jahresrechnung und nur Karriere und Zukunft im Fo-
genau, was dort überhaupt gemacht des Vorstands und aller rechenschafts- kus. Vorurteile, denen man – an der
wird und welche Funktionen das StuPa pflichtigen Organisationen. Die Parla- HSG studierend – immer wieder be-
erfüllt. mentarier wählen zudem die Vertreter gegnet und die man schnell, natürlich
in die studentischen und universitären sich selbst von den Vorwürfen aus-
Um mögliche Wissenslücken zu fül- Gremien und Kommissionen. klammernd, als Klischees abtut.
len, folgt nun ein kurzer Überblick über
die Aufgaben des StuPa und die Mög- Interessiert? Hiermit sei ein neues Problem in
lichkeiten, die es bietet, um sich für stu- Dann kandidiere für die kommen- den Raum gestellt: politisches Des-
dentische Interessen einzusetzen. de Legislaturperiode oder schau bei interesse, Bequemlichkeit. Viele unter
einer öffentlichen Sitzung vorbei. Die euch werden sich in der Vergangenheit
Das Studentenparlament als Wahlen der Bachelor- und Doktoran- immer wieder über – der jeweiligen
Stimme der Studierenden denvertreter finden vom 20.04. bis zum Meinung nach – universitäre Unzu-
Das StuPa ist das beschlussfassende 23.04. statt und die der Assessment- und mutbarkeiten bei Themen wie Noten,
und gesetzgebende Organ der Studen- Masterstufe zu Beginn des Herbstseme- Prüfungen, Platzangebot oder Mensa-
tenschaft (SHSG) und in dieser Rolle Teil sters. Weitere Infos und Termine unter qualität geärgert haben. Teilweise wird
der studentischen Selbstverwaltung. Es www.myunisg.ch in einem solchen Falle lautstark geme-
ist das oberste Aufsichts- und Kontroll- Garry Spanz ckert, teilweise macht sich leiser Frust
organ der SHSG. Das StuPa kontrolliert breit.
die Arbeit des Vorstands der SHSG so-
wie sämtliche Kommissionen und Gre- Einige Fragen zur Reflexion: Habt
ihr euch schon einmal über eure stu-
dentische Vertretung aufgeregt bzw.
euch gefragt, ob sie sich überhaupt
für euch einsetzt? Wie oft habt ihr in

WG-Contest den letzten Jahren bei den Wahlen der


verschiedenen Organe der Studen-
tenschaft aktiv mitentschieden, wer
Jetzt abstimmen und zwei in den Dialog mit der Uni tritt? Hättet
ihr diesen Artikel auch unter dem Titel
Kästen Schützengarten- «Wahlen» gelesen?

Bier gewinnen! Ab wann spricht man von einer


Demokratie und ab wann ist eine
Wahlbeteiligung nicht mehr niedrig,

D er WG-Contest
prisma, HSG+ und Schüt-
zengarten geht in die näch-
von sondern nur noch peinlich? 40 %?
30 %? 20 %?

ste Runde: Nachdem nun die Ihr seid bezüglich Mitsprache bei
Finalisten feststehen, könnt universitären Themen in der Verant-
ihr ab dem 26. April unter wortung – wählt eure Vertreter!
www.myunisg.ch/video für
euren Favoriten abstimmen und Vom 20. bis zum 23. April könnt
dabei selbst zwei Kästen feinstes ihr Vorstände und Parlamentarier
Schützengarten-Bier gewinnen! der Studentenschaft selbst bestim-
Ebenfalls könnt ihr euch dort die men – weitere Informationen unter
Videos der WGs im Final nochmals www.myunisg.ch
ansehen und ihr findet auch alle wei- Philipp Fleckner
teren Informationen zum Contest.

12 prisma – April 2009


S
S 13 prisma – April 2009
«Schade, dass ich nicht
mit einer Mitarbeit beim
prisma prahlen kann. Es
würde sich im Rückblick
in meinem Lebenslauf gut
machen.»
Gerhard Schwarz, Stv. Chefredaktor NZZ

«Ich empfehle allen Stu-


dierenden mit journalis-
tischen Ambitionen, bei
prisma zu beginnen und
nicht gleich mit einer
Anfrage an uns zu gelan-
gen.»
Res Strehle, Stv. Chefredaktor Tages-Anzeiger

Beginne deine
Karriere bei
prisma ...
Fokus: Sebastian Bekemeier
Wie sieht ein Tag im Leben des Vorstandes «Lehre» der
Studentenschaft aus? Wer ist Sebastian Bekemeier und
warum hat er gerade die Studentenschaft als Neben-
job gewählt? Ein Interview offenbart Erstaunliches: ein
Studentenvertreter, der pro Semester durchschnittlich
drei Vorlesungen besucht.

dium nicht so viel wär’s! Oder sonst auf einen hohen Berg
mit, ich finde zwar klettern oder Fallschirm springen; ein-
die Bücher und fach etwas für den Nervenkitzel. Län-
Skripte schon in- der, die mich sehr interessieren würden,
teressant, aber sind Japan und Australien. Aber erst mal
Vorlesungen zu kommt für mich noch eine lange Zeit
besuchen – einfach Uni, denn ich will gleich bis zum Master
dasitzen und kon- weitermachen. Viel weiter erstreckt sich
sumieren – passt mein Planungshorizont noch gar nicht.
wohl eher nicht zu Ausserdem weiss heute niemand, wie
mir. der Arbeitsmarkt in vier Jahren ausse-
hen wird.
Wo trifft man dich
ausserhalb der Uni Was ist deine Funktion bei der Studen-
an? tenschaft?
Eigentlich nir- Ich bin als Vorstand für die Lehre
gends. Obwohl, tätig, mache also allgemeine Interessen-
irgendwie hängt ja vertretung für die Studierenden gegen-
alles mit der Uni über den Dozierenden und der Univer-
oder meinen Mit- sität. Ebenso setze ich mich für Projekte
studierenden zu- wie die elektronische Notenvoranzeige
sammen. Nirgends ein, die wir im letzten Semester erfolg-
kann man also so reich umsetzen konnten. Manchmal
nicht sagen, ich vertrete ich auch Einzelinteressen und
feiere gerne mit kümmere mich beispielsweise um die
Freunden. Von den Evaluationsteams, die Rekursberatung,
Clubs her bietet den Credit Suisse Award for Best Te-
St. Gallen bedau- aching, die Gastprofessur der Studen-
erlicherweise nicht tenschaft – die übrigens meines Wissens
ganz so viele Mög- europaweit die einzige ihrer Art ist – und
lichkeiten, wie ich so weiter.
sie zu Hause im
Ruhrgebiet habe. Wie sieht ein Tag im Leben des Sebastian
Besonders die Mu- Bekemeier aus?

S ebastian, was studierst du? Und wa-


rum hast du dich für St. Gallen ent-
schieden?
sik trifft leider meistens nicht ganz mei-
nen Geschmack. Aber dennoch, neben
der Uni würde ich Lesen, Feiern und Ki-
Puh, also morgens beginnt der
ziemlich früh, um 6.30 Uhr mit Zeitung
und weissem Tee. Das ist bei mir schon
Ich studiere BWL im vierten Seme- nofilme als meine Hobbys bezeichnen. fast Ritual. Danach bin ich ab 8.00 Uhr
ster, bin also ein «ganz langweiliger» im Büro der SHSG anzutreffen. Manch-
Mensch. Hier in St. Gallen bin ich gelan- Was willst du in deinem Leben errei- mal bin ich sogar der Erste im Büro. Die
det, weil die Uni im deutschsprachigen chen, wo willst du hin? meiste Zeit verbraucht morgens das
Raum für BWL einen hervorragenden Ich möchte unbedingt einmal im Beantworten der E-Mails, meine Korre-
Ruf hat. Allerdings kriege ich vom Stu- Leben den Himalaya besteigen, das spondenz läuft fast ausschliesslich darü

S 15 prisma – April 2009


ber. Danach wechseln sich Sit- Zuerst einmal habe ich unglaublich sind kleine Dinge, die mich manchmal
zungen zu den diversesten Themen bis viele Leute kennen gelernt, habe die viel nerven, aber wo gibt’s die nicht?
zum Abend ab. Vorlesungen besuche ich zitierten Soft Skills verbessert und weiss
übrigens höchst selten! Dieses Semester inzwischen, wie man Sitzungen leitet, Zum Schluss: Wo liegen deine Hoff-
war ich vielleicht drei oder vier Mal an- Diskussionen moderiert und dabei seine nungen für die Studentenschaft?
wesend, im letzten Semester habe ich Ziele verfolgt. Inzwischen verstehe ich Es gibt hier an der Uni mit Sicher-
eine halbe Marketingvorlesung und auch die grundlegenden Abläufe und heit noch viel Potenzial, das man nutzen
zwei Tage Blockseminar besucht. Man das Verhalten einer Organisation wie sollte. Ein uneingeschränkter Zugang
könnte sagen, dass ich praktisch als Vor- der Studentenschaft. Es gibt eigentlich zu Wissen würde mir zum Beispiel vor-
stand arbeite und als Nebenberuf noch nichts, was ich hier nicht gelernt habe, schweben. In der Kommunikation mit
BWL-Student bin. Bis jetzt klappt’s ganz die SHSG gibt mir immer noch sehr viel den verschiedensten Universitätsange-
gut, nicht brillant, aber für mich zufrie- mit. Beeindruckend finde ich vor allem hörigen liegt meines Erachtens viel Po-
den stellend. das grosse Engagement aller Mitarbei- tenzial, gerade was die Expertisen der
ter! Jeder macht hier freiwillig mit, ohne einzelnen Personen und Organisations-
Warum passt du zur Studentenschaft? direkten monetären Nutzen. Und die einheiten angeht. Am liebsten hätte ich
Ich bin ein offener, netter und kom- grosse Professionalität, mit der gearbei- es, wenn viele Studierende mit ihren An-
munikativer Mensch und ich mag meine tet wird, hatte mich anfangs sehr über- liegen zu mir kommen würden – sofern
Arbeit hier, die Studentenschaft ist ein rascht. Die Studentenschaft ist wirklich sie die Lehre an der Universität betreffen
toller Laden! Ich versuche, mich dem- wie ein KMU. –, denn auf sie bin ich angewiesen, um
entsprechend einzubringen, weil mich ihre Interessen gegenüber der Universi-
die Arbeit in der Studentenschaft un- Gibt es auch etwas, das dich stört? tät angemessen vertreten zu können.
gleich viel mehr interessiert und faszi- Natürlich läuft nicht immer alles Annina Bosshard
niert als die Uni. rosig. Wenn man das x-te Protokoll für
eine Sitzung schreiben muss, macht
Was hast du von der Studentenschaft das wahrscheinlich niemandem mehr
gelernt? Was beeindruckt dich an der Spass. Etwas Grundlegendes, das ich
SHSG? verändern möchte, gibt es aber nicht. Es
C ampus
18 Umfrage: Sind wir’s?
HSG = Elite?
20 Feiern für die gute Sache
21 Dr. Prediger gibt Auskunft
Biancas Senftube
22 Die Schweiz ist der Luxuswagen unter den Ländern
Europas
23 Forum? Find ich dufte.
24 Kalt ist cool – Segeln im Grenzbereich
25 Der Weg der leeren Hand
26 Da liegen die Hasen im Pfeffer
27 Wenn aus Ideen Strategien werden
28 Über die Lift09
29 20 Jahre Internet
NASSCOM Leadership Summit 2009
30 Durch Fallen lernt man gehen
Umfrage: Ist die HSG Elite?
Man hört's zwar immer, doch jetzt mal ehrlich: Sind wir's
oder sind wir's nicht?

Pepe Strathoff, Bachelor: Nicolas Glauser, Assess- Sarah Bolleter, Projektleite-


mentstufe: rin «netz+ - HSG Women»:
«Ich denke, dass die HSG eine sehr «Ich empfinde die HSG überhaupt «Natürlich ist die HSG Elite! Zur-
gute Uni ist. Das Studium ist in weiten nicht als «elitär», vielmehr sehe ich kei- zeit ist das Elite-Bild aber noch ziemlich
Teilen sehr gut organisiert und auch nen grossen Unterschied im Vergleich männlich geprägt. Das muss geändert
inhaltlich ziemlich anspruchsvoll und zu anderen Universitäten. Vielleicht werden. Es gibt überhaupt zu wenige
interessant. Es stimmt auch, dass viele stammt der besondere Ruf der Universi- Frauen an der Uni, und noch weniger,
HSGler später sehr gute Jobs haben. Ob tät aus früheren Zeiten. Heute jedenfalls die eine akademische Karriere einschla-
man da von Elite sprechen will, hängt glaube ich, dass sowohl die Lehre als gen oder in der Wirtschaft Spitzenposi-
davon ab, ob man einen solchen Begriff auch die Leute hier ganz normal sind. tionen besetzen. In der Wirtschaft fin-
überhaupt sinnvoll findet und wie man Und auch die Prüfungen sind eigentlich det ein Umdenken statt: Es wird immer
diesen definiert.» gar nicht so schwierig.» deutlicher, dass Frauen sowohl für eine
gute Performance wie auch für die nöti-
ge Balance in Teams fehlen. Mit diesem
Ansatz kann die HSG im positiven Sinn
noch elitärer werden.»

HSG = Elite?
Gehören für dich Vokabeln wie Fragen zu Elite, der Differenzierung Über diese Fragen wird am 28. April
«Lebenslauf optimieren» oder «Indus- des Bildungssystems und wer überhaupt 2009 um 18.00 Uhr im Audimax disku-
triepraktikum» zu deinen Lieblingswör- Elite ist und wer nicht, bewegen nicht tiert. Mit dabei ist Prof. Dr. Eberle, Pro-
tern? Wenn ja, gehörst du jetzt zur «Eli- erst seit der kürzlich veröffentlichten fessor für Gymnasialpädagogik, welcher
te»? Wenn nein, ist dann schon klar, dass Matura-Rangliste der ETH schweizweit sich gegen eine Differenzierung der
du nie zur «Elite» gehören wirst? Die die Gemüter. Auch Initiativen der deut- Schweizer Maturität einsetzt und so die
HSG – so scheint es – begreift das Elite- schen Regierung wie die Schaffung von Frage aufwirft, ob sich Talentförderung
Streben als Tugend und will sich selbst so genannten «Leuchttürmen» in der und Gleichbehandlung nicht wider-
dem Kreis der Elite zuordnen. Doch was Universitätslandschaft haben die Frage sprechen. Weiter wird Prof. Dr. Trost,
macht diese Elite aus und wie entsteht aufgeworfen: «Brauchen wir eine Elite Geschäftsführer von IBT Consulting, in
sie? Wird sie an unserer Universität ge- und wie kommen wir an eine ‹gute› Eli- der Runde Einsitz nehmen. IBT Con-
schmiedet? Ist die HSG überhaupt mehr te?» sulting schafft durch die Entwicklung
als der Durchschnitt? von Auswahl- und Selektionsverfahren,

18 prisma – April 2009


C
Dominik Fuchs, Assessment- Max Winkler, Assessment- Simone Beckers, Assess-
stufe: stufe: mentstufe:
«Ich denke, dass die HSG auf vie- «Mein Vater hat mir im vergangenen «Die HSG ist Möchtegern-Elite. Das
len Gebieten Elite ist. Man erkennt dies Sommer freigestellt, wohin ich gehe – wird vor allem bei den Deutschen deut-
bereits an den Rankings im deutsch- Mannheim oder St. Gallen. Aber da er lich. Sie glauben, nur weil sie den Auf-
sprachigen Raum und an der Internati- selbst früher an der HSG war, bin ich nahmetest bestanden haben die näch-
onalität. Die HSG hat meiner Meinung dann doch hierher gekommen. Dass die sten Ackermanns zu sein. Zudem finde
nach von aussen einen sehr elitären Ruf. HSG Elite ist, versteht sich ja von selbst. ich, dass das Studium nur an der Ober-
Gerade in Zeiten einer Wirtschaftskrise Doch manchmal, wenn ich mich im B- fläche kratzt. Die Prüfungen besteht man
wird man öfters darauf angesprochen. Foyer so umschaue, wundere ich mich hauptsächlich durch Auswendiglernen;
Von innen selbst merkt man jedoch, schon, was da so rumläuft. Woran die eigenständige Denkleistung, durch wel-
dass zwar viele elitäre Elemente vorhan- HSG aber noch arbeiten muss, ist die che sich meiner Meinung nach Elite
den sind, aber auch hier gewisse «Frei- Parkplatzsituation. Für ein anständiges qualifiziert, wird nicht gefördert. Auch
räume» existieren und nicht alle Leute deutsches Auto ist da einfach kein Platz! das respektlose Verhalten gegenüber
in festgelegten Bahnen denken.» Das ist jedenfalls wenig elitär ...» Professoren zeichnet keine Elite aus.»

wie zum Beispiel dem Aufnahmetest für rem Buch «Gestatten Elite», einer kri- sere Sicht der Dinge vertreten. Geleitet
ausländische Studierende an der HSG, tischen Auseinandersetzung mit Elite wird die Diskussion von Urs Leuthard,
aus dem Streben nach einer leistungs- und den Mechanismen unserer Gesell- ehemaliger Moderator der populären
willigen Elite ein äusserst profitables schaft, grossen Erfolg hatte. Bei ihrer Schweizer Politik-Sendung «Arena».
Geschäft. Die Sicht der Arbeitgeber wird Suche nach der Elite gelangt sie an «Ka-
BCG vertreten. BCG, allseits bekannt als derschmieden» wie das Internat Schloss Wir laden euch zur Diskussion ein
eine Top-Unternehmensberatung, die Salem, die EBS in Oestrich-Winkel oder und hoffen, nicht nur beantworten zu
sicher schon für den ein oder anderen die «Elite-Universität» schlechthin: Har- können, ob wir eine Elite brauchen oder
Traum eines HSG-Studenten verant- vard. Gegenstand der Diskussion soll nicht, sondern auch, ob ihr Elite seid ...
wortlich war. Doch wie stellt sich BCG auch sein, ob sie dort wirklich eine wie oder nicht.
zur gesellschaftlichen Verantwortung auch immer geformte Elite gefunden Philipp Schälli
ihrer Elitezöglinge? Der vierte Gast ist hat. Zwei Studierende der HSG werden
die Autorin Julia Friedrichs, die mit ih- auf dem Podium mitdiskutieren und un-

C 19 prisma – April 2009


Feiern für die gute Sache
Der CEMS Club St. Gallen lädt zur Charity Party ins Back-
stage zu Gunsten des Projektes «Schools for Africa»

C EMS ist eine globale Allianz von 27


Business Schools, die gemeinsam
mit über 50 internationalen Firmen und
gieren sich alljährlich für ein karitatives
Projekt. Dieses Jahr arbeitet CEMS mit
UNICEF zusammen, um Menschen, die
Um dem anvisierten Betrag so nah wie
möglich zu kommen, haben wir uns ent-
schlossen, am Donnerstag, dem 30. April
den Corporate Partners einen Master sich in weniger privilegierten Lebens- 2009, eine Charity-Party im Backstage zu
in International Management anbie- situationen befinden, einen Zugang organisieren. Sämtliche Eintritte werden
ten (www.cems.org). Der CEMS Ma- zu Bildung zu verschaffen. Das Projekt zu 100% dem Projekt zugute kommen.
ster ist ein Double-Degree-Programm, nennt sich «Schools for Africa» (www. Damit die Party ein Erfolg wird, sind wir
welches während eines Jahres zusätzlich cems.org/humanprojects/schools). Ziel auf eure Mithilfe angewiesen. Je mehr
zu einem regulären Master absolviert ist, insgesamt USD 100‘000 bzw. USD Leute ihr mitbringt, umso mehr können
wird. Hauptmerkmale des Masters sind 5‘000 pro Member-School zu sammeln. wir zum erfolgreichen Gelingen des Pro-
Management-Kurse in interkulturellen Damit könnte noch in diesem Jahr eine jekts beitragen und umso besser wird
Klassen, Skill-Seminare, in welchen die Schule in Ruanda gebaut werden. Läuft die Party.
Studierenden von Firmenvertretern in alles nach Plan, so kommt bereits im Jahr Don’t miss it!
Soft-Skills trainiert werden, ein Business 2010 eine Schule in Mosambik hinzu. CEMS Club St. Gallen
Project, in welchem die Studierenden
als «Berater» Projekte für internationa- «Schools for Africa»-Party
le Unternehmen bearbeiten, sowie ein Schon mal für einen guten Zweck
Austauschsemester an einer anderen getanzt? Wenn nicht, dann geben wir
CEMS-Universität. Des Weiteren absol- dir nun die optimale Gelegenheit dazu.
vieren die Studierenden ein Ausland-
spraktikum und erlernen zwei Fremd-
sprachen auf Business-Level. Abgesehen
von seinem hervorragenden Ruf findet
der Master auch wegen seines gut funk-
tionierenden Alumni-Netzwerkes und
der engen Zusammenarbeit mit den
Corporate Partners grossen Anklang.

Humanitarian Project
Der CEMS-Club St. Gallen reprä-
sentiert die CEMS-Studierenden an der
HSG. Er steht mit den Alumni sowie
den Corporate Partners in Kontakt und
versucht durch das Organisieren von
Events eine Community zu schaffen,
welche lokale und internationale CEMS-
Studierende vernetzt. Dadurch wird
sichergestellt, dass der CEMS Master
nicht nur eine akademische Bereiche-
rung ist, sondern auch eine Plattform für
kulturelle und persönliche Weiterent-
wicklung bietet. Des Weiteren trägt der
CEMS-Club die Verantwortung für das
CEMS Humanitarian Project auf lokaler
Ebene: Sämtliche CEMS-Universitäten
und -Studierenden dieses Masters enga-

Wann? 30. April, 22.00 – 04.00 Uhr


Wo? Backstage Club
Wieso? Für einen guten Zweck!

20 prisma – April 2009


C
Dr. Prediger gibt
Auskunft
Lebenshilfe für Studis in Zeiten der Biancas Senftube
Krise
E s ist früh, die Professorin mal wieder
in Höchstform, und ich bin müde.
Sie redet sich gerade so richtig über
den nicht vorhandenen Lerneffekt von
«KKarten» in Rage, als mir die vorderen
Reihen etwas komisch vorkommen.

«Love is in the air everywhere I


look around.»

Es ist Frühling. Das machen nicht


nur die beiden gestapelten Hunde auf
dem Weg zur Uni deutlich, sondern
Werter Herr Dr. Prediger, Lieber Beat, eben auch meine Kommilitonen im
Hörsaal. Die Vorlesung kann ich nach

A ls noch recht unerfahrener HSG-


Student sah ich mich kürzlich mit
einem schwerwiegenden inneren Kon-
D as von dir geschilderte Problem ist
keineswegs trivial, sondern dürfte
auch einige deiner Lern- und Leidensge-
dieser Erkenntnis abschreiben. Mal la-
chend, mal völlig schockiert über die
total Freizügigkeit der Gefühle, gehen
flikt konfrontiert. Nein, es handelte sich nossen betreffen. Erst einmal begrüsse die VWL-Stunden wie im Flug vorbei.
nicht um das allgegenwärtige Dilemma ich dein gesellschaftliches Engagement Eigentlich sind solche Paare innert
zwischen Unternehmertum und Karri- abseits des Campus. Ein entscheidendes kürzester Zeit nicht mehr weiter span-
ere im Grosskonzern; es ging vielmehr Element eines jeden erfolgreichen nend, aber als wüssten sie über ihre
um die zielgerichtete Gestaltung meiner Wirtschaftsstudiums ist das informelle Bühnenpräsenz Bescheid, gibt es in
extracurriculären Aktivitäten, zu denen Networking im Rahmen abendlicher regelmässigen Abständen neue Show-
ich auch meine Passion für Partys zähle. Events. einlagen.

Folgendes ereignete sich zu Seme- In Zeiten verarmender Oligarchen, «Love is in the air every sight and
sterstart: Obwohl es Mittwoch war, ent- in denen Begriffe wie «Systemrelevanz» every sound and I don‘t know if I‘m
schloss ich mich kurzerhand, der Einla- und «Abwrackprämie» zu ungeahnten being foolish», als es auf dem Lap-
dung in die Seeger Bar zu folgen und bei Höhenflügen im allgemeinen Sprach- top mit einem harmlosen Bild vom
der dort stattfindenden «Luxury Party» gebrauch ansetzen, lässt sich jedoch letzten gemeinsamen Essen mit den
vorbeizuschauen – ein wenig Exklusi- nicht bestimmen, welchen Stellenwert Schwiegereltern in spe beginnt. Denn
vität hat schliesslich noch keinem CV die Note Luxus bei den Personalverant- als dieser Lacher verstummt ist, läuft
geschadet. Ich gebe zu: Ich genoss den wortlichen überhaupt noch geniesst. in der Reihe davor gleich eine ganze
Abend. Doch bereits am nächsten Mor- Sind heute nicht vielmehr Soft Skills Diashow ab.
gen schossen mir erste Zweifel durch wie Demut und Genügsamkeit gefragt?
den vom Kater malträtierten Kopf. Dein neuer Wagen scheint mir da ein «Don‘t know if I‘m being wise» – sehe
Darf man unter so einem Motto feiern? erster Schritt in die richtige Richtung. ich das neuste Übel kommen: Sie setzt
Und das in Zeiten, in denen der Bonus Denn wie schon der alte Sprücheklopfer an. Ernsthaft, mit einem pinken Stabi-
meines Vaters spürbar geringer ausge- Lessing wusste: «Alle grossen Männer lo. Mitten auf seinem Handrücken, so
fallen war und ich bereits meinen ge- sind bescheiden.» Fürs Partyleben gilt dass ja alle das liebevolle «I love u» be-
leasten BMW gegen einen gebrauchten also die Devise: Dosenbier statt Dom staunen können. Beinahe gleichzeitig,
Opel Corsa (Baujahr 1999) eintauschen Pérignon! Damit punktet man selbst in als ich schon lachend auf den Bänken
musste. Selbst nach reiflicher Überle- Krisenzeiten in jedem Bewerbungsge- liegen, schweift mein Blick nach links
gung fand ich keinen Ausweg aus dieser spräch. und gibt mir den Rest bei jenem Typen
moralischen Fickmühle. Was kann ich in der ersten Reihe, der aus seiner
tun? Hose «Love rules»-Boxers blitzen lässt.
Flehentlich, Hochachtungsvoll, Tränen lachend bleibt es mir nur noch
Ihr Beat W. Lächerli Dein Dr. Hans-Ruedi Prediger einen schönen Frühling mit viel Liebe
zu wünschen.
Yannick Pengl, Max Winkler Bianca Liegmann

C 21 prisma – April 2009


Die Schweiz ist der Luxuswagen unter
den Ländern Europas
Ende Februar fand ein Kolloquium der Schweizerischen
Studienstiftung zum Thema «Die Schweiz auf dem bila-
teralen Weg» statt. Da prisma im Herbst u. a. über einen
Vortrag von Christoph Blocher berichtet hat, geben wir bei
dieser Gelegenheit auch Micheline Calmy-Rey eine Chance.

Jeffrey.Voegeli@student.unisg.ch
prisma-Redaktor

U m alle gut auf den Vortrag der


Bundesrätin vorzubereiten, wurde
zuerst noch ein Seminar zu den völker-
reitet, begaben wir uns also in die Aula
der Uni Zürich, wo die Fans von Miche-
line Calmy-Rey bereits aufgeregt auf den
ressant, zu erfahren, dass die Zusam-
menarbeit in den meisten Bereichen
sehr erfolgreich verläuft. Dies liege vor
rechtlichen Aspekten der bilateralen Stühlen hin- und herrutschten. allem daran, dass man sowieso – auch
Verträge abgehalten. Da wir umfassend unabhängig voneinander – die gleiche
berichten (und sonst nichts zu tun ha- Nach endlosen Vorrednern betrat – beste – Lösung wählen würde. So gese-
ben), war prisma dort auch dabei. Wirk- die Bundesrätin unter stürmischem hen ist es meist auch kein Problem, wenn
lich brillant war die Idee, sich schon mal Applaus das Podium. Die Aussenmini- die Schweiz das geltende EU-Recht, den
ein paar Fragen auszudenken, die an- sterin erläuterte, wie die Schweiz und Acquis, übernimmt.
schliessend an das Referat gestellt wer- die EU ihrer Ansicht nach zueinander
den könnten. Dies verhindert vor allem stehen und wohin sich diese Beziehung Eine Politikerin, die auch
auch, dass Leute nur Fragen stellen, um entwickeln könnte. Dabei leugnete sie denken kann
auch mal gehört zu werden. Leider war keineswegs ihre politische Herkunft. Sie Als möchte sie prisma einen Ge-
der Workshop aber etwas ineffizient or- hob die Gemeinsamkeiten der Europä- fallen tun, machte Bundesrätin Calmy-
ganisiert. Die Aufteilung in Gruppen und ischen Union und der Schweiz hervor Rey sogar eine indirekte Referenz an
deren jeweilige Präsentationen führten (Föderalismus, soziale Gerechtigkeit, den letzten Bundesrat, über den prisma
dazu, dass die Studenten mehr redeten kulturelle und sprachliche Vielfalt etc.) berichtete. Zwar hielt sie sich zurück
als die beiden Experten, die vielleicht und meinte, auch die Schweiz hätte der und sprach lediglich von «rückwärts-
doch mehr Interessantes zu erzählen EU als System der Krisenprävention viel gewandten Kreisen». Es ist aber schon
gehabt hätten. zu verdanken. Die Rede rutschte nie ins klar, welcher Haufen von Dilettanten
Unrealistische ab und es war sehr inte- gemeint ist, wenn es um Leute geht, die
Ein interdisziplinärer Hau- das Völkerrecht als eine Bedrohung für
fen die nationale Souveränität halten.
Trotzdem war das Seminar hoch-
interessant. Vor allem, weil von den Ein angenehmer Kontrast zum
anwesenden Studierenden – solch Referat von Alt-Bundesrat Blocher
exzellente, deren Persönlichkeit, Kre- war, dass Micheline Calmy-Rey ihr
ativität und intellektuelle Fähigkeiten Publikum für intelligent zu halten
angeblich besondere Leistungen in schien. Auf die Intelligenz dieser
Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur Stimmberechtigten zählt sie wohl
und Politik erwarten lassen – nur auch, wenn sie der zukünftigen
wenige HSGler waren. Und die Entwicklung der bilateralen
waren von der sympathischen Beziehungen positiv entgegen-
Sorte. So entstand bei mir der blickt. Bleibt zu hoffen, dass
Eindruck, dass man auch ohne ihre abschliessende Bemerkung
wirtschaftsliberale Indoktri- zur Beziehung zwischen der
nation recht gut durchs Leben Schweiz und der europäischen
kommt. Union nicht blosse Rhetorik
bleibt: Hat Volkswagen Porsche
Durch das Seminar gut vorbe- übernommen oder umgekehrt?

22 prisma – April 2009


C
Forum? Find ich dufte.
Mein Name ist Sepp und ich erzähle euch jetzt eine
unglaubliche Geschichte: die Geschichte, wie ich
CEO einer grossen Schweizer Bank geworden bin

A lles begann am Forum HSG 2009 an


der weltallerbesten Uni überhaupt:
der Universität St. Gallen! Der HSG! Ich
zer Bank zu sein. Wunderbar. Hat mir
sehr gefallen. Eben noch ein paar Frei-
bier abgestaubt und ab nach Hause, tags
a Partner. He’s the Boss. You know, the
Boss of the Bosses.» Gudrun meinte,
dass das Erste war, was Mr. McKinsey zu
kann mich nur noch dunkel an den An- drauf sollten ja schon die ersten Präsen- ihr sagte, nachdem er gehört hatte, dass
meldeprozess erinnern. «HSG-Talents» tationen stattfinden. sie an der Universität St. Gallen studiere:
hiess die komische Datenbank, auf der «Uni St. Gallen? Ahh, Forum HSG!»
man sogar die Daten preisgeben musste, Ich tat mir also in den nächsten Ta- Dieses Forum HSG schien schon wirk-
die nicht mal meine Freunde im StudiVZ gen ein paar Unternehmenspräsentati- lich was zu gelten in der Wirtschaft.
oder Facebook einsehen können. Mal onen an. Diese Beratungsunternehmen:
eben zackig den CV hochladen war da furchtbar langweilig. Die machen doch An einem Mittwoch stand die gros-
nicht. Was soll‘s, dachte ich mir; für ein den ganzen Tag nichts anderes als Prä- se Messe an. Über 90 Unternehmen. Ich
vernünftiges Praktikum bei einem an- sentieren und dann hier, an der weltal- fuhr mit dem Bus zur OLMA, machte
ständigen Unternehmen war ich bereit, lerbesten Uni überhaupt, liefern die so einen Schritt in die Halle und das Erste,
eine Stunde meines Lebens zu investie- eine klägliche Show ab. Also, Berater was ich dachte, war: «Scheisse, Uniform
ren. Es war ja Wirtschaftskrise und die würde ich schon einmal nicht werden. vergessen.» Businessanzüge, wohin das
meisten Firmen recht klamm mit Prakti- So viel stand fest. Auge blickte. Sämtliche Studierenden
kumsplätzen und freien Stellen. schienen sich für diesen Tag besonders
Aber diese Grossbank, die ihren herausgeputzt zu haben. Na ja, merken
Ich freute mich sehr auf das gross CEO geschickt hatte, um mit den Studie- fürs nächste Jahr. Ich hatte mir von er-
angekündigte Opening Panel. Der stets renden zu plaudern, die fand ich schon fahrenen Messegängern sagen lassen,
provokante, aber nicht wenig rhetorisch ziemlich gut. Die machten auch Work- dass die letzte Stunde der Messe die
begabte Talkmaster Michel Friedman shops. Gleich mal anmelden. Auf dem beste sei. Man schlendert einmal durch
versprach eine gute Show. Und das The- Timetable sprangen mir zudem noch jede Reihe, wartet, bis der Hallenspre-
ma «Unternehmertum vs. Grosskon- zwei Company Dinner ins Auge. Biss- cher die Studierenden zum Gehen auf-
zern» hatte mich schon eine Zeit lang chen rumquaken und Futter für lau? Für fordert, und staubt dann sämtliche Rest-
beschäftigt. Sollte ich meine Seele einem einen armen Bettelstudenten wie mich bestände an Goodies ab. So did I. Bei der
multinationalen Konzern verpfänden, genau das Richtige. Also noch eben ein Schweizer Grossbank eben noch einen
wie viele meiner Kommilitonen bereit paar Motivationsletter dafür getippt. Interviewtermin für den Samstag in zwei
zu sein schienen, oder lieber meinen ei- Wochen abgemacht und anschliessend
genen Laden aufziehen, auf die Gefahr An den Tagen des Forums hing ich meine Schätze mit dem kurzfristig ge-
hin, gleich mal pleitezugehen? öfters an diesem grossen weissen Ca- orderten Kleintransporter nach Hause
teringstand herum. Mal auf ein zwang- geschafft. Und dieses Interview war der
Am Panel erfüllte Friedman alle Er- loses Käffchen mit HR-Frau X, mal nach erste Schritt zu meinem Posten als CEO
wartungen. Im vollbesetzten Audimax einem Workshop auf ein Lachsbrötchen. einer grossen Schweizer Bank. Die wei-
machte er jeden Panelteilnehmer min- Da kam eines Tages Kollegin Gudrun teren Schritte erzähle ich euch ein an-
destens einmal so richtig zur Schnecke. vorbei. Sie erzählte von einem Skikurs, deres Mal. Euer Sepp.
Lieblingsopfer schienen zum einen die- den sie geleitet hatte. Teilnehmer unter Tristan Krech
ser Ehssan vom StudiVZ und zum ande- anderem ein Kerl von McKinsey. Seine
ren dieser Herr von der grossen Schwei- Frau deutete Gudrun an: «He’s not just

C 23 prisma – April 2009


Kalt ist cool – Segeln im Grenzbereich
Im April ist es wieder so weit: Teams aus der ganzen Welt
segeln bei der bekannten Course Croisière EDHEC, der
grössten Studentenregatta der Welt, in La Rochelle um die
Wette. Mit dabei: St. Gallen Sailing!

I ch war der Einzige, der in Tennisschu-


hen und einer einfachen Regenjacke
und Hose gekommen war. Der Rest der
und dementsprechend werden die stür-
mische See und starke Gezeiten für viele
aufregende Stunden sorgen. Während
sionellen Fotografen und Kamerateams
besucht. Unter anderem berichtet auch
Eurosport mit einer Sendung über die
neunköpfigen Mannschaft hatte bessere der Regatta müssen sich die Teams so- Highlights des Events.
Ausrüstung. Zum Glück. Denn die sonn- wohl in Langstreckensegeln und Tech-
tägliche Segelausfahrt auf dem Boden- nik als auch in der Navigation beweisen. Halbtages-Ausfahrten auf
see fing nicht mit einem entspannten dem Bodensee
Sonnenbad, sondern mit Schneeschip- La Rochelle liegt rund 150 km nörd- Letztes Jahr war die Teilnahme von
pen auf Deck der rund 11 Meter langen lich von Bordeaux und ist in der Welt St. Gallen Sailing von Erfolg gekrönt.
IMX an. An der Hafeneinfahrt leuchtete der Segler für viel Wind und Wellen, Obwohl der starke Wellengang dem an
das Sturmwarnungssignal in erschre- aber sonst auch mit der malerischen Binnenreviere gewöhnten Team einiges
ckend hohem Takt und das tiefschwar- Innenstadt, die den historischen Hafen abforderte, wurde mit dem 32. Platz von
ze Wasser ausserhalb der Hafenmauer umschliesst, bekannt. Die zehn Meter 54 teilnehmenden Booten ein anspre-
verhiess nichts Gutes. Der Sturm trieb Gezeiten erlauben nur bei Flut ein Be- chendes Ergebnis erzielt – dies vor allem
uns Schnee ins Gesicht und im Stillen fahren des inneren Hafens. auch vor dem Hintergrund, dass unter
hoffte ich auf ein vorzeitiges Ende der den ersten 20 bis 30 Booten ein Gros-
Ausfahrt. Die restlichen Mitglieder des Acht Stunden auf dem At- steil von Profi-Skippern gesegelt wurde.
Regatta-Teams sahen das anders und lantik Natürlich ist es dieses Jahr das Ziel, die
so schlugen wir uns zwei Stunden im Während Mannschaften tagsüber Erfolge der vorausgegangenen Jahre zu
Schneesturm durch den aufgewühlten acht Stunden am Tag auf dem Atlan- wiederholen oder zu verbessern. Nach
Bodensee. Soweit wir das durch den tik sind und danach noch organisato- monatelanger Vorbereitung freuen wir
Nebel mit teilweise unter hundert Me- rische Vorbereitungen für den nächsten uns auf eine erfolgreiche Woche in La
ter Sicht beurteilen konnten, waren wir Tag treffen müssen, lädt der Abend zu Rochelle.
an jenem Tag das einzige Segelboot auf mehr Gemütlichkeit ein. Dabei steht Aber selbstverständlich hat St.
dem See. Allerdings war die Stimmung das Knüpfen sozialer Kontakte mit Stu- Gallen Sailing nicht nur ein Regatta-
nach der Ausfahrt bei einer warmen Tas- denten aus vielen verschiedenen Län- Team, sondern auch ein Freizeit-Team.
se Tee hervorragend. «A true team buil- dern im Vordergrund. Es werden nicht Dieses unternimmt unter der Woche bei
ding experience» hätte jeder Dozent in nur Mannschaften aus Frankreich, gutem Wetter und nettem Wind Halb-
der Management-Vorlesung gesagt. Schweden, Deutschland, der Türkei tages-Ausfahrten auf dem Bodensee.
und der (französisch- und deutschspra- Das ist die perfekte Möglichkeit, an der
Die «Eiserne» Regatta chigen) Schweiz zugegen sein, sondern gleichmässigen Bräunung zu arbeiten,
Das beschriebene Wochenende war auch Teams aus weit entfernten Ländern Freundschaften zu schliessen und dabei
das letzte Training des St. Gallen Sai- wie Kanada und Neuseeland. Im «Event das Bodenseeufer mal aus einer ande-
ling Teams vor der «Eisernen» Regatta, Village» werden den Wettbewerbern ren Perspektive zu sehen. Wir freuen uns
welche die Saison 2008 Ende November und Zuschauern viele Möglichkeiten immer über neue Mitglieder. Erfahrung
abschloss. Die meisten Mitglieder der zum Ablenken und Erfreuen geboten. ist keine Voraussetzung.
Crew jenes Tages werden dieses Jahr an Da jeder studentische Anlass sich Benedict Domke
der 41. Course Croisière EDHEC, der als optimale Gelegenheit zum Informa-
grössten Studentenregatta der Welt in La tionsaustausch anbietet, nutzen Uni-
Rochelle an der französischen Atlantik- versitäten aus aller Welt die «Course
küste, mitfahren. Bei der vom 18. bis 25. Croisière», um die eigene Institution zu
April stattfindenden «Course Croisière» bewerben. St. Gallen Sailing wird die
segeln Teams aus der ganzen Welt eine HSG gegenüber den mehr als 15‘000
Woche um die Wette. La Rochelle ist studentischen Besuchern vertreten. Der
bekannt als ein Mekka des Segelsports Event wird ebenfalls von vielen profes-

24 prisma – April 2009


C
Der Weg der leeren Hand
Karate – die Kampfsportart ohne ersten Angriff

A uf den Spuren von Andy Hug be-


trete ich den in dämmriges Licht
getauchten Raum. Schlagartig blei-
Schon im alten Okinawa war die Kunst
der leeren Hand weit gefürchtet. Aus
Angst des Machtverlusts wurden Ka-
wandle mit dem Gegner, suche nach ei-
ner Möglichkeit zum Konter.

ben meine Augen an den Menschen in ratekas drakonische Strafen auferlegt. Während ich meinem Sieg entge-
den sterilen weissen Anzügen haften. Damit waren sie gezwungen, ihre Kunst gentrete, schwelge ich in Erinnerung an
Schnell stelle ich mich artig zu ihnen im Verborgenen auszuüben: Der Ge- Idole des Kampfsports. Neben Filmen
an das Ende der Reihe. Die Stimme des heimbund war geboren. Geheimhal- wie Karate-Kid und dem Action-Darstel-
Sempai, unseres Lehrers, hallt durch den tungsgründe zwangen zur mündlichen ler Jean-Claude Van Damme gibt es auch
Raum. Wir knien uns hin und schliessen Überlieferung der effektiven Techniken nationale Karatekas, die die Kampfsport-
die Augen. und Kampfkombinationen von Meister art erheblich prägten. Andy Hug gewann
zu Schüler. Dies geschah in der Form nicht nur mehrere Meisterschaften im
Mokuso der Kata – einer didaktischen Abfolge Kyokushinkai Karate, sondern auch die
Die Stille umhüllt mich während der von Kampftechniken. Jede Bewegung, K-1 Weltmeisterschaften und verteidigte
Meditation, Mokuso. Die Aussenwelt jede Technik, jeder Schritt wurde ge- den Titel sechs Mal im Hallenstadion
schiebe ich zur Seite. Die Gedanken ver- nauestens auf das Verhalten mindestens Zürich. Leider starb der in Japan «Tai-
lieren sich und ich geniesse die einkeh- vier attackierender Gegner ausgerichtet. fun» genannte überraschend im Alter
rende Stille. «Mokuso yame» reisst mich Anmutig vollführt der Kämpfer Angriff von 34 Jahren an Leukämie.
aus der Trance. Das Training beginnt. und Verteidigung. Nun bin ich Teil die-
ser Überlieferung, Teil dieser Tradition, Der Weg der leeren Hand
Abwehr, Tritt, Schlag und Wendung. Teil dieses Geheimbundes. Das Training nähert sich dem Ab-
Realitätsnahe Trockenübungen. Vier schluss und ich stelle mich erneut an
Mal versucht und es funktioniert fehler- Kumite das Ende der Reihe der Karatekas. Wie-
frei. Nummer fünf mit einem einschüch- Die Kata darf nicht verändert wer- der begebe ich mich in Meditation. Ich
ternden Schrei, der Mäuse töten kann. den, im Kampf jedoch gilt das Gegenteil. erinnere mich an die Lehren von Mei-
Ein Grinsen sitzt auf meinen Lippen, Wurde Karate jahrelang im Geheimen ster Funakoshi – war er doch der Erste,
als ich mich im Spiegel bei den Grund- ausgeübt, so gewann es insbesondere der nach dem Verbot der Kampfsportart
übungen betrachte. Ziemlich gut … für durch seine Wettkampfform weltweit an Karate stolz in der Öffentlichkeit präsen-
den Anfang. Erste Kampfkombinationen Popularität: das Kumite. Auch ich trete tierte und die heutige Form des Karate
runden das Kihon, die Grundschule, ab. in die Fussstapfen von Andy Hug und entscheidend prägte. Karate-Do – japa-
stelle mich meinem Gegner. Fäuste flie- nisch der Weg der leeren Hand – ist heute
Kata gen durch den Raum, Tritte schnellen nicht nur eine Wettkampfsportart: Kara-
Kata – das Herzstück des Karate. an mir vorbei. Ich bewege mich flink, te ist Selbstverteidigung, Kampfsportart
und Lebensphilosophie zugleich. Oder
in den Worten der Japan Karate Associ-
ation: «Das oberste Ziel in der Kunst des
Karate ist weder Sieg noch Niederlage,
sondern liegt in der Vervollkommnung
des Charakters des Ausübenden.»

«Mokuso yame» – ich öffne meine


Augen.
Sven Wiedmer, Rabea Müller

Am 17. April 2009 findet das 11. Schwei-


zer Karate Hochschulturnier in Bern
statt. Die HSG wird ebenfalls mit einem
Team an der Meisterschaft teilnehmen.

C 25 prisma – April 2009


Da liegen die Hasen im Pfeffer
Wenn die Welt aus den Fugen gerät: Das Studententheater
St. Gallen präsentiert die Komödie «Hase Hase» von Coline
Serreau

W ir sind stolz, Ihnen mitteilen zu


können, dass alles gut geht, es
geht alles gut …»
passt oder nicht. Doch sie ahnt nicht,
dass dies noch nicht das Ende ihrer Sor-
gen ist. Bébert, der mit seinem Medi-
eine prickelnde Komödie über eine Fa-
milie, die durch Dick und Dünn zusam-
menhält. Aus diesen Gründen gehört
zinstudium als letzter Hoffnungsträger «Hase Hase» auch zu den meistgespie-
In der Anderthalb-Zimmer-Woh- der Familie galt, entpuppt sich als Waf- lten Theaterstücken seiner Generation.
nung, in der die Familie Hase auf fenhändler für eine «terroristische» Or-
engstem Raum zusammenlebt, scheint ganisation. Papa findet in dem ganzen Kommenden Mai bringt nun das
vorerst alles in bester Ordnung zu sein. Durcheinander endlich den Mut, Mama Studententheater St. Gallen mit freund-
Sohn Bébert studiert Medizin, Vater zu sagen, dass er seit Wochen arbeitslos licher Unterstützung durch PostFinance
Hase kriegt bald seine langersehnte ist und dass Hase aus dem Gymnasium dieses faszinierende Stück in der Gra-
Gehaltserhöhung und der kleine Hase geflogen ist, weil dieser klüger ist als drei benhalle auf die Bühne. Aufführungster-
ist im Gymnasium. Sogar der Minister- Mathematiklehrer. mine sind der 10./11./12./13./18./19.
präsident verspricht in seiner Ansage: Mai 2009. Billette können ab sofort bei
«Alles geht gut!» Doch diese Idylle der Opfer der Revolution studententheater@myunisg.ch reser-
kleinen Menschen ist dem Untergang «Meine Damen und Herren, in der viert werden. Weitere Informationen zu
gewidmet, als Sohn Jeannot, der ver- vergangenen Nacht ereigneten sich auf den Vorstellungen und zum Stück sind
meintlich in Brüssel arbeitet, plötzlich der Welt ziemlich unerwartete Vorfäl- auf www.studententheater.ch publi-
mit vollen Koffern und der Polizei im le. Es fand eine Art von Umsturz der ziert.
Nacken auftaucht. Auf einmal gerät alles internationalen Finanzwelt statt …» So Karim Weber
ausser Kontrolle. Die bereits verheira- beginnt die Ansage des Nachrichten- Regisseur Studententheater
tete Tochter Marie will nichts mehr von moderators. Bald darauf erfährt Mama
ihrem Mann wissen, nachdem dieser Hase, dass bei diesem Umsturz und dem
zu ihr «Reich mir das Salz» gesagt hatte, damit verbundenen Regimewechsel in
und kehrt deshalb nach Hause zurück. ebenjener Nacht auch ihr Sohn Bébert
Lucie entscheidet vor dem Standesbe- von der neuen politischen Macht fest-
amten, dass für sie die Heirat letztlich genommen wurde. Die gesamte Familie
doch nicht in Frage komme, und landet, schmiedet daraufhin einen Plan, um den
von ihrem Verlobten Gérard gefolgt, in Sohn aus den Händen seiner Entführer
der kleinen Wohnung der Familie Hase. zu befreien. Was dabei rauskommt, wird
Und sogar die depressive und manipu- hier natürlich nicht verraten. Fest steht
lative Nachbarin Frau Duperri entschei- aber, dass es noch zu so manchen Über-
det, dass sie zusammen mit Familie Hase raschungen kommen wird.
in deren kleiner Wohnung hausen will,
da sie ihr schliesslich ihre Matratzen ge- Eine Komödie mit zeitge-
liehen hatte. nössischem Charakter
Finanzkrise, Terrorismus und Ar-
Es kommt noch dicker … beitslosigkeit. Die Thematik des in den
Mama, als Gravitationsfeld der ge- 90er-Jahren geschriebenen Stücks ist ak-
samten Familie, muss sich mit der neu- tueller denn je. Was aber auf den ersten
en Lage zurechtfinden, ob es ihr nun Blick düster erscheint, entpuppt sich als

26 prisma – April 2009


C
Wenn aus Ideen Strategien werden
Gastreferat des diesjährigen Amicitia-Preisträgers Dr.
Marcus Matthias Keupp

A m Dienstag, dem 24. Februar 2009,


war es zum zweiten Mal so weit: Die
Studentenverbindung A. V. Amicitia San
wirklich vor Augen hatte: «Am Anfang
war nicht das Licht, sondern das Cha-
os.» Je mehr man zu wissen glaube, de-
spannenden und kurzweiligen Vortrag
von Herrn Dr. Keupp bedanken. Wir
freuen uns schon jetzt auf ähnlich erfri-
Gallensis der Universität St. Gallen wur- sto weniger wisse man schlussendlich schende Gastvorträge in den kommen-
de durch einen Gastvortrag des amtie- wirklich, so Dr. Keupp. den Jahren.
renden Amicitia-Preisträgers Dr. Marcus Boris Fabian Keller v/o Terrarist
Matthias Keupp, seines Zeichens «Head Zudem war für ihn, nebst seinem
of Research Lab and Habilitand at the akademischen Engagement als Dok-
Institute for Technology Management» torand, die Kunst eine nicht wegzu-
an der HSG, im Restaurant Dufour be- denkende Tätigkeit für das persönliche
ehrt. Nebst den aktiven Mitgliedern der Wohlbefinden als Ausgleich zur wissen- Zur Person
Verbindung, also noch studierenden schaftlichen Arbeit. Auf unterhaltende Dr. Marcus Matthias Keupp wurde am
Amicitianern, wollten sich auch einige und stets humoristische Art und Weise 29.09.1977 in Freiburg im Breisgau ge-
Altherren diese Gelegenheit nicht ent- präsentierte Dr. Keupp die Folien zur boren. Er studierte an der University
gehen lassen. Ideenfindung, in denen beispielsweise of Warwick sowie an der Universität
die Worte «Kunst» und «Nietzsche» ne- Mannheim. Die Dissertation «Subsi-
«Am Anfang war nicht das ben den sorgfältig evaluierten Überthe- diary Initiatives in International Re-
Licht, sondern das Chaos» men zur Dissertation zu lesen waren. search and Development: A Survival
Dr. Keupp stellte den Anwesenden Analysis» verfasste er mit Hilfe seiner
in der knapp einstündigen Power-Point- «Ich sehe den heiligen Gral» Doktorväter Prof. Dr. Oliver Geissmann
Präsentation das Thema sowie den Ent- Die «Erleuchtung» hatte Dr. Keupp und Prof. Dr. Andreas Herrmann an der
stehungsprozess seiner Dissertation vor. bei einem Vortrag des renommierten Universität St. Gallen. Dr. Keupp spricht
«Subsidiary Initiatives in International Forschers Prof. Steven W. Floyd, welcher neben seiner Muttersprache Deutsch
Research and Development: A Survival sich auf dem Gebiet des strategischen fliessend Englisch, Französisch, Latein
Analysis», so der Titel der Arbeit. Gegen- Managements international einen und besitzt gute Kenntnisse in Spanisch
stand von Keupps Doktorarbeit ist die Namen gemacht hat. Das Thema, die und Arabisch. Nebst der akademischen
Überlebensfähigkeit von strategischen «Überlebensfähigkeit von Initiativen», Tätigkeit widmet sich Dr. Keupp auch
Initiativen in einem Unternehmen. war gefunden. Während seines Refe- intensiv seiner Kunst (www.keupp-art.
Simpel gefragt also: Weshalb werden rats betonte Dr. Keupp mehrfach, dass ch).
gewisse Inspirationen verwirklicht? Wa- viele Inspirationen und Informationen
rum kommen andere nicht über das Sta- nicht etwa aus dem Studium von Lehr- Der Amicitia-Preis
dium der Idee hinaus? büchern, sondern vielmehr aus dem Unsere Altherrenschaft (AHAH) der
direkten Kontakt zu Wissenschaftlern A. V. Amicitia San Gallensis prämiert
Was anfangs so unproblematisch und Leuten aus der Wirtschaft sowie aus jährlich die beste Dissertation der wirt-
und einfach erscheinen mag, war und Eigeninitiative und Kreativität hervorge- schaftswissenschaftlichen Fakultäten
ist in Tat und Wahrheit ein langwieriger gangen sind. an der Universität St. Gallen mit einem
und diffiziler Prozess. Gemäss Dr. Keupp Preisgeld von CHF 3'000. Anlässlich der
gab es eine etwa zweijährige Phase im Im Namen der A. V. Amicitia San Doktoranden-Promotionsfeier wird der
Verlaufe der Ideenfindung, in welcher Gallensis möchte ich mich an dieser Preisträger jeweils im September für
er das konkrete Thema der Arbeit nicht Stelle sehr herzlich für den überaus seine herausragende Leistung gekürt.

C 27 prisma – April 2009


Über die Lift09
«Where has the future gone?» –
Die sozialen Auswirkungen der
neuen Technologien

U nter dem diesjährigen Motto


«Where has the future gone?» tra-
fen sich Ende Februar Macherinnen
von Twitter und Yammer liegen jedoch
Welten, deren Differenzierung starke
Implikationen auf Geschäftsprozesse
Innocentive, wo über 90‘000 freie Wis-
senschaftler verkehren, offenlegt.

und Denker aus 40 Nationen in Genf zur ausübt und in Zukunft verstärkt aus- Die Implikationen auf Ge-
Lift09-Konferenz und diskutierten über üben wird. schäftsprozesse
die sozialen Auswirkungen der neuen Soziale Medien basieren auf netz-
Technologien. Anlässlich der ersten Lift- Die sich ändernden Innova- werkartigen Informationsflüssen und
konferenz im Jahr 2006 noch ein Neben- tionsprozesse machen die meist hermetisch geschlos-
aspekt, waren die sozialen Netzwerke im Von Daniel Demel, Interaction De- senen Aussengrenzen zentralistischer
diesjährigen Programm nicht mehr zu signer beim Hörgerätehersteller Pho- Organisationen vermehrt porös. Zu-
übersehen. Bereits bei der Registrierung nak, erfuhr ich an der Lift09 zwischen gleich verlangt eine zunehmende Wett-
konnten die Teilnehmer mittels «Tags» einem Schluck Kaffee und dem stan- bewerbsdynamik den Unternehmen
ihre Interessen bekanntgeben und auf desgemässen Badge-Reiben, dass er bei eine gesteigerte Innovationsgeschwin-
dem am Konferenzbadge angebrachten Phonak jüngst Yammer installiert und digkeit ab, was die aktive Beteiligung am
«Poken» auf ihre Netzwerkprofile ver- Instrumente konzeptioniert hat, um Markt der Ideen – innerhalb und aus-
weisen. Anstatt Visitenkarten auszutau- die Bedürfnisse der Kunden besser zu serhalb der Unternehmung – unerläss-
schen, reichte nunmehr ein kurzes verstehen und sie verstärkt in die Pro- lich macht. Da das Zwitschern von Ge-
Badge-Reiben mit dem Gesprächspart- dukteentwicklung einzubinden. Einige danken menschlich ist und zunehmend
ner aus, um persönliche Kontaktinfor- Kaffeepausen später treffe ich den HSG- durch Technologie katalysiert wird, lässt
mationen weiterzugeben. Alumnus Adrian Locher von Zimtkorn sich der «Abfluss» von Ideen kaum mehr
AG, der mir über ein gemeinsam mit der stoppen, weshalb der strategische Fokus
Der Aufstieg der sozialen Berner Innovationsplattform Atizo rea- auf den «Einfluss» benötigter und pas-
Netzwerke lisiertes Projekt berichtet, mit dem das sender Ideen gelegt werden sollte. Wie
Nachdem sich soziale Netzwerke Vorschlagswesen der Schweizerischen Unternehmen mit dieser Herausforde-
wie Myspace und Facebook zum festen Post ins digitale Zeitalter überführt wur- rung umgehen, welcher Grad an Offen-
Bestandteil von Freizeitkulturen eta- de. Indem Postangestellte an der Verfei- heit angestrebt werden soll und welche
bliert haben und geschäftliche Kontakte nerung der Ideen ihrer Arbeitskollegen strategischen Anlagen unter Verschluss
auf Plattformen wie Linkedin oder Xing beteiligt wurden, konnten im nachgela- gehalten werden müssen, muss jede Or-
gepflegt werden, integrieren auch profit- gerten Ideenmanagement 1‘500 Stellen- ganisation für sich entscheiden. Zur Aus-
orientierte Organisationen diese Instru- prozente eingespart werden, da dezen- wahl stehen das auf einen begrenzten
mente zunehmend in ihre Betriebe. trales Unternehmenswissen nicht mehr Benutzerkreis ausgelegte Yammer-Mo-
länger von zentraler Stelle abgerufen dell sowie das gänzlich offene Twitter-
Dass soziale Netzwerke noch längst werden muss, sondern proaktiv von en- Modell. Der Markt wird entscheiden,
nicht die Reifephase im Produktele- gagierten Mitarbeitern eingebracht wird. welcher Ansatz sich durchsetzen wird.
benszyklus erreicht haben, zeigte sich Während der Pilotphase dieses «Ideen- In diesem Sinne hat die Zukunft erst ge-
unlängst im Interface-Redesign von brutkastens» wurde zudem die Anzahl rade begonnen.
Facebook, welches nach einem geschei- neuer Ideen um fast 30 % gesteigert.
terten Übernahmeversuch von Twitter PS: Die nächste Liftveranstaltung
dessen Kernangebot des «Zwitscherns Yammer und auch der Ideenbrut- findet im Juni 2009 in Marseille statt.
von Informationen» zur zentralen Pro- kasten der Post bedienen sich des Weitere Infos: www.liftconference.com
filfunktion gemacht hat. Twitter, das Crowdsourcing-Ansatzes, beschränken Philip Urech
weiterhin ohne ein eigentliches Er- sich jedoch auf unternehmensinternes
tragsmodell operiert, wird zudem seit Wissenspotenzial. Einen wesentlichen
September 2008 von Yammer, das sich Schritt weiter gehen Unternehmen wie Philip Urech hat soeben sein Bachelor-
auf unternehmensinternen Wissensaus- Procter & Gamble, das den Entschluss arbeit (IA) beendet und lebt momen-
tausch – indem nur Kommunikation in- gefasst hat, 50 % der Produkteinnova- tan in Indien, wo er für das Start-up
nerhalb der Firmendomäne möglich ist tionen von ausserhalb der Unterneh- hub.in|dia Aufbauarbeit leistet und
– fokussiert, herausgefordert. Zwischen mung einzukaufen, und das seine Inno- sich gleichzeitig der Fremdsprache
den vermeintlich ähnlichen Ansätzen vationsbedürfnisse auf Plattformen wie Hindi widmet.

28 prisma – April 2009


C
20 Jahre Internet NASSCOM Leader-
ship Summit 2009
Die Erfinder des Internets an Ein Erfahrungsbericht aus
der Lift09 in Genf Indien von Eric Ledergerber
V or 20 Jahren entwickelte der Brite Tim Berners-Lee am
Laboratorium für Teilchenphysik CERN in Genf die
Grundlagen für das World Wide Web (WWW). Berners-Lee
D ie NASSCOM (National Association of Software and
Services Companies) ist die für Software zuständige in-
dische Handelskammer, zu welcher über 1‘200 indische und
kam 1984 in die Schweiz, um am CERN neue Methoden für internationale IT-Firmen als Mitglieder zählen. Die NASSCOM
die Aufzeichnung und Verarbeitung eines neuen Elektronen- spielt eine führende Rolle bei der Qualitätssicherung von Soft-
beschleunigers zu entwickeln. Ihm wurde aber schnell klar, ware in Indien und veranstaltet Seminare sowie Konferenzen.
dass der Informationsaustausch im Institut dermassen unzu- Eine solche Konferenz ist der jährliche NASSCOM Leadership
reichend war, dass ein neues System entwickelt werden mus- Summit, welcher Mitte Februar in Mumbai stattfand.
ste. Darauf entwickelte er einen Vorschlag für das WWW, der
auf drei Kernpunkten basierte: Erstens entwickelte er die «Hy- Während der dreitägigen Veranstaltung sprach die Bran-
pertext Markup Language» (HTML), welche beschreibt, wie che über die Auswirkungen der Finanzkrise auf den stark vom
Seiten mit «Links» auf unterschiedlichen Rechnerplattformen Export abhängigen IT- und ITes-Sektor (ITes = IT enabled ser-
formatiert werden. Zweitens definierte er mit dem «Hypertext vices). Allerdings hat sich das Wachstumstempo der export-
Transfer Protocol» (HTTP) eine Sprache, um über das Inter- getriebenen Branche infolge sinkender IT-Ausgaben in wich-
net zu kommunizieren. Schliesslich legte er mit dem «Uni- tigen Absatzmärkten wie z. B. den USA verlangsamt. Neue
versal Resource Identifier» (URI) das Schema fest, nach dem Absatzchancen eröffnet der Inlandmarkt, und zwar werden
Dokumentadressen erstellt und aufgefunden werden können. immer mehr neue Lösungen für nationale KMU entwickelt.
Aufgrund fehlender Ressourcen gab das Institut 1993 das Web Die Ansprache von CISCO CEO John Chambers
für die Öffentlichkeit frei. Das WWW war geboren. wurde nicht nur wegen seiner ausgezeichneten Rhetorik hoch
gelobt, er war auch einer der wenigen Teilnehmer, die ver-
The Web will rock the boat! sucht haben, in Innovationslösungen das Potenzial für Indien
Den heutigen Einsatz des Internets nimmt Berners-Lee zu sehen. Für John Chambers gilt Indien als die zukünftige
lediglich als Beginn wahr: «New changes are going to rock the Web 2.0-Destination und Knowledge Economy.
boat even more. When we get new data out there on the web,
things will happen that will change the world, as things will be Des Weiteren waren sich indische Outsourcing-Unterneh-
processed on our behalf by machines which are much more men über einen neuen Customer-Value-Ansatz einig, wo die
powerful». Kollaborativer Datenumgang, soziale Netzwerke Beziehungen professioneller und enger betreut werden. Kurz-
und Semantik werden die Grundlagen der Wirtschaft und der fristig sei es eine kostspielige Strategie, aber langfristig eine
Zusammenarbeit neu definieren. nachhaltige Investition.

Die nächste grosse Entwicklung auf dem Web ist die so ge- Während der ganzen Veranstaltung wurden das Thema
nannte «web-to-mobile-phone»-Initiative. Noch haben 80 % Web 2.0 und neue Internetlösungen stark vernachlässigt. Ob-
der Menschen keinen Zugriff zum Internet. Die zunehmende wohl die NASSCOM mehrere Blogger angestellt hatte sowie
Verbreitung der Mobiltelefonie in Entwicklungsländern eröff- ein Social Network System zur Verfügung stand, war nicht viel
net jedoch neue Möglichkeiten: «Getting the web onto phones von Web-Innovationen zu spüren. Hier sind andere indische
is very important, as there are many more browsers on phones Events wie der TiEs Summit, Headstart.in oder proto.in viel
than on laptops, and in developing societies it‘s really exciting näher am Puls der Zeit und verfolgen Themen wie Entrepre-
as that‘s the only way people use the web.» Es werden nicht neurship und die globale digitale Zukunft.
nur neue Märkte eröffnet, sondern die Teilhabe von Men- Gemäss NASSCOM wird die indische ICT-Branche (Infor-
schen, die bislang von Internet ausgeschlossen waren, wird mation Communication Technology) trotz Finanzkrise im Fis-
gesteigert. Nichtsdestotrotz erkennt Tim Berners-Lee mög- kaljahr 2008/09 erneut einen Umsatzrekord aufstellen. Indien
liche Bedrohungen für das Internet. In einem Interview mit gilt weiterhin als attraktive Destination für die Auslagerung
Swissinfo erklärt er: «The fact that when information travels von Business Process Outsourcing (BPO), Knowledge Process
across the web it isn‘t interfered with, snooped or molested, is Outsourcing (KPO) oder den Shared Service Centers (SSC).
very important.» Wie dies jedoch gewährleistet werden kann, Neue Ansichten, dass Indien als «Crowdsourcing»-Economy
ist nach wie vor ungeklärt. betrachtet werden kann, entwickeln sich erst.
Sebastien Lambercy Eric Ledergerber

Sebastien Lambercy ist HSG Absolvent (IMT), arbeitet für Eric Ledergerber ist im letzten Semester an der HSG (MSC).
ein Immobilienunternehmen in Zürich sowie für das Start- Zurzeit widmet er sich seiner Masterarbeit und ist Gründer
up hub.in|dia, welches er mitgegründet hat. von hub.in|dia.

C 29 prisma – April 2009


Durch Fallen lernt man gehen
Eine Studentin wechselt von der Uni Fribourg an die Uni
St. Gallen. Doch einiges ist anders. Es scheint ihr, als wäre
an der HSG das Studium ein reines Mittel zum Zweck der
Nutzenmaximierung. Scheitern ist ein Tabuthema. Eigenar-
tig, schliesslich lernt man gerade aus Fehlern am meisten.
5.25 5.0
5.5
6.0 5.25 6.0
5.5
6.0
5.0
5.75 5.75
5.5 5.255.75 6.0

5.755.0 6.05.0 5.0 5.56.05.75 5.75


5.25 5.25
5.75

5.05.25
5.75

5.255.25 5.755.25
5.0 6.0 5.5 5.25 5.25

I ch bin neu hier und erklimme jeden


Morgen unter Keuchen die Stufen,
immer höher hinauf, bis ich zuoberst
und Wettbewerbsdenken. Die Univer-
sität ist stolz auf ihre ehrgeizigen Stu-
dierenden, auf die Stehaufmännchen.
es lernt daraus. Der Mensch ist folglich
praxisbezogen. Die Uni St. Gallen be-
kanntlich ebenfalls. Es werden den Stu-
bei der Top-Universität angelangt bin. (Ich stütze diese Aussage auf meine denten viele Praktikumsmöglichkeiten
Um mich herum recken und strecken juristischen und somit analytischen Fä- bei erfolgreichen Firmen (an-)geboten,
die meisten während der Vorlesung ge- higkeiten, welche ich als äusserst ausge- damit sie Erfahrungen sammeln kön-
spannt, beinahe gierig, den Hals. Alle prägt erachte. Schliesslich erkennt nicht nen, mit dem Ziel, daraus zu lernen. Am
wollen hoch hinaus. Ich bleibe unten, jeder auf eine Distanz von 100 Metern, besten lernt man jedoch immer noch
da ich sowieso nichts weiss. Erschöpft in ob die Gucci-Tasche eine Fälschung ist. aus Fehlern.
den Stuhl fallen liegt mir mehr als auffal- Dieses kritische Auge wird übrigens an
len. Versteht mich nicht falsch, ich will der Universität täglich geschult.) Das Ein Student ist (noch) nicht erwach-
mich nicht klein machen. Zu gerne trage Wichtigste im Kampfsport ist jedoch, in sen. Ab und an schliesse ich gerne von
ich hohe Absätze. erster Linie zu lernen, richtig hinzufal- mir auf andere. Den Kindern der Univer-
len. sität wird es verwehrt, hinzufallen, denn
Überall Wettbewerb wenn man fällt, hat man versagt, und die
Inmitten dieses Meeres von hocher- Keine Versager Uni St. Gallen erzieht keine Versager. Sie
hobenen Häuptern mit mehr drin als in Ein Kleinkind verbringt den ganzen züchtet Gewinner. Es scheint, als seien
meinem habe ich kürzlich mit meinem Tag damit, hinzufallen. Es versucht zu Fehler verpönt. Diese Haltung schlägt
Master begonnen. Ich wurde aber be- gehen, bewegt sich im Grunde aber jedoch fehl. Ein Student in St. Gallen
reits vom – oder eben gerade durch plumpsend fort. Durch dieses Plumpsen ist in erster Linie lernwillig und fleissig.
den – Strom abgetrieben und falle im- wird der menschliche Schutzreflex ent- Aber aus Fehlern lernt man. Folglich
mer weiter zurück. Ich kann nicht mit- wickelt. Die Patschehändchen werden sollte ein guter Student auch Fehler ma-
schwimmen. Schliesslich habe ich an eingesetzt, mit dem Ziel, das «Aua» zu chen dürfen. Im Gegensatz zur Univer-
der Universität Fribourg nur plantschen verringern. Wirtschaftlich ausgedrückt: sität St. Gallen bietet Fribourg in diesem
in der Saane gelernt. In St. Gallen wird Mehr Aufwand, im Sinne von effektiver Bereich volle Unterstützung: Man erhält
in Turnhallen beigebracht, wie man Schadensbegrenzung, führt zu mehr für jeden Fehltritt einen ECTS-Punkt.
kämpft, gewinnt und Erster bleibt. Über- Ertrag. Der homo oeconomicus ist ge- Ich vermisse hier den Misserfolg. In die-
setzt bedeutet dies: Businessmodelle, boren. Somit erhält infantiles Verhalten sem Kurs wäre ich gut.
Networking, erfolgreiches Management. (auch in Fribourg lernt man Fremdwör-
Wahrscheinlich ist der Vergleich zu ba- ter; sogar eine ganze Fremdsprache, Liebe Studierende, lasst euch fallen!
nal oder sogar unrichtig und ganz nach wenn man will) eine völlig neue Bedeu- Unter diesem Blickwinkel ist auch die
dem Motto der Uni St. Gallen müsste tung. Dies ist so paradox, dass es schon Tatsache, dass momentan vieles in die
man wohl sagen «höchst» wahrschein- fast wieder affig wirkt. Wenn das Klein- Konkursmasse fällt, erfreulich. Und die
lich. Ich verstehe hiervon nichts. Ich ge- kind zu einem Kind heranwächst, ver- Finanzkrise bietet sich als Chance.
höre nicht zur Kategorie Brain, sondern nimmt es nur allzu oft folgende Worte: Lena Altorfer
Pinky. Eventualiter liegt es in casu auch «Pass auf, dass du nicht hinfällst!» Erst
daran, dass ich Jura studiere. Überspitzt aber nachdem das Kind hingefallen ist,
ausgedrückt, belegen die Studenten trifft es die nötigen Vorkehrungen, da-
Turnunterricht und lernen Kampfsport mit das Umfallen nicht mehr vorfällt –

30 prisma – April 2009


C
T hema
32 Wir blenden Probleme aus
34 Bild von José Palazón
36 Südafrika – Rainbow Nation
39 Uganda hautnah erlebt

Vorwort des Ressortleiters zum Thema:

Dieses Heft zum Thema «Afrika» will und kann nur sehr wenige Aspekte aufgreifen.
Nach einigen Diskussionen haben wir bewusst auf Kontroverses verzichtet, wie
beispielsweise auf die Rassismusfrage.

Denn rassistische Ressentiments scheinen noch weiter verbreitet zu sein, als man
gemeinhin denkt. Dies habe ich bei den Vorbereitungen des Heftthemas erfahren
müssen: Anstatt dass Rassisten sauber mit ihren eigenen Argumenten geschla-
gen werden, finden die nötigen Diskussionen häufig einfach gar nicht statt. Ich
behaupte, dass wir somit die Probleme nur verlagern und ihnen so eine Brutstätte
bieten.

Diese Problemverlagerung wird auch im Artikel zur Sicherung der Schengen-Au-


ssengrenzen deutlich: Wir konstruieren unsere Grenzen so, dass Flüchtlinge schon
fernab Europas nicht mehr weiterkommen. Das Ziel: So sehen wir das Leid nicht
mehr an der Haustür anklopfen.
Wir blenden Probleme aus
In den Nachrichten hören wir öfters von Nussschalen. Die
meisten von uns wissen zumindest, dass es sie gibt. Hört
man von den Schätzungen, dann will man sie erst nicht
wahrhaben, so enorm gross ist die Zahl der zu uns strö-
menden Menschenmassen. Oder man hat sich schon daran
gewöhnt.
Marcel.Graf@student.unisg.ch
Ressortleiter Thema

D ie südlichste Insel Italiens ist durch


die Medien sehr bekannt gewor-
den. Zwar hat sie keine Sehenswürdig-
sperrt, wo ihnen die Abschiebung droht.
Wenn es ihnen gelingt, an der Polizei
vorbei weiter ins Land zu gelangen, dann
ste dorthin verbringen. Dass es dabei
öfters nicht mit rechten Dingen zugeht,
kann man sich bei diesen autokratischen
keiten, aber dafür sehr schöne Strände leben sie in ständiger Furcht vor den Be- Regimes sicherlich denken. So schaffen
und es ist immer warm auf dieser Mittel- hörden und ohne Rechte. Aber nur die es die Flüchtlinge meist gar nicht erst
meerinsel, auch wenn man im Rest von wenigsten schaffen es überhaupt nach bis zum Grenzzaun einer spanischen
Italien schon frieren muss. Allerdings Europa. Experten schätzen, dass auf ei- Exklave, wo ein Reporter eventuell da-
assoziiert man mit der Insel nicht die nen Ankömmling drei Menschen kom- rauf aufmerksam werden könnte, wie
Schönheit der Strände. Nein, die Insel men, die ihr Ziel gar nicht erreichen. Wo vor ein paar Jahren, als Melilla vor den
Lampedusa hat durch die Boatpeople sie bleiben weiss niemand genau. laufenden Kameras von Flüchtlingen
aus Afrika eine starke Präsenz in den belagert wurde. Stattdessen müssen die
Medien erfahren. Frontex Flüchtlinge fürchten, von afrikanischen
Die Schengenländer koordinieren Polizisten aufgegriffen und dann in der
Angekommen ihre Grenzsicherung durch die Orga- Wüste wieder ausgesetzt zu werden;
Letztes Jahr kamen in Lampedu- nisation Frontex. Verschiedene Opera- manchmal auch ohne Wasser.
sa auf einen Einwohner mehr als fünf tionen mit heroischen Namen sichern
Flüchtlinge. Im Flüchtlingslager müs- die Grenzen Europas. «Hera» schützt Um dieser Kooperation der Schen-
sen aufgrund der enormen Überfüllung beispielsweise die Kanarischen Inseln genstaaten und nordafrikanischen Re-
schon fast barbarische Zustände herr- und «Nautilus» hauptsächlich Italien. gimes zu entgehen, setzen sich viele
schen, wenn man den Medienberichten In der Meerenge von Gibraltar hilft ein Flüchtlinge schon im Senegal in das
glaubt. So scheint es dort regelmässig hochmodernes Radar, gezielt Boote ab- Boot, das sie zu den 1‘300 Kilometer ent-
Aufstände zu geben. In absoluten Zah- zufangen. Soweit vertritt Europa seine fernten Kanaren bringen soll.
len reden wir von 32‘000 unerwünschten legitimen Interessen der Einhaltung der
Neuankömmlingen, allein im Jahre 2008, Regeln des Schengenraums. Was man nicht weiss, macht
allein auf Lampedusa. Und es werden einen nicht heiss
immer mehr. Interessant wird die Grenzsicherung In den Schengenstaaten wird kei-
Europas erst, wenn man sich die weitere ne prominente Diskussion über den
Dabei ist Lampedusa nur eines der Strategie von Frontex genauer anschaut: Umgang mit dieser Völkerwanderung
Zentren dieser Völkerwanderung: Re- Man arbeitet mit den Flüchtlings-Tran- geführt. Stattdessen arbeiten diese ge-
gelmässig liest man in den Nachrichten sitländern zusammen. Der Grossteil der meinsam mit zweifelhaften Regierungen
von Flüchtlingen, die vor Sizilien, Gi- Flüchtlinge kommt aus weiter entfernt daran, nicht weiter mit den Folgen des
braltar und den Kanarischen Inseln aus liegenden Regionen Afrikas, wie dem grossen Ungleichgewichts von Afrika
dem Wasser gefischt werden. Die spa- Sudan oder Somalia. Das bedeutet, dass und Europa direkt konfrontiert zu wer-
nischen Exklaven auf dem afrikanischen schon Flüchtlingslager in der Wüste, den. Unsere Staaten bauen Wälle, die
Kontinent schaffen es hingegen nicht fernab von der Küste, eingerichtet wer- Unangenehmes einfach ausblenden sol-
mehr oft in die Schlagzeilen, da ihre be- den. Dafür gibt man Ländern wie Libyen len. Ob dies ein Schritt ist, der langfristig
wachten Zäune mittlerweile sechs Meter Geld: in Form von direkten Finanzsprit- sinnvoll und von uns Bürgern so gewollt
hoch sind und so fast niemanden mehr zen oder Wirtschaftsabkommen. ist, sollte diskutiert werden. Momentan
ungewollt durchlassen. verlagert die Politik das Problem in die
Länder wie Libyen unterstützen Wüste, wo es verdursten soll, oder auf
Wenn sie es dennoch auf Schengener dann die Abwehr «illegaler Flüchtlinge,» das offene Meer, wo das Meer ungese-
Boden schaffen, werden die Flüchtlinge indem sie bereitwillig Flüchtlinge schon hen Menschen das Leben kostet. Vom
in Lager fernab der Öffentlichkeit ge- in der Wüste abfangen oder von der Kü- Leid werden wir nie erfahren.

32 prisma – April 2009


T
14 Menschen starben im Herbst 2005 an den Stacheldrahtzäunen von Ceuta und Melilla. Viele weitere wurden zum Teil schwer
verletzt. Mittlerweile wurden die rasiermesserscharfen Klingen aufgrund von Protesten durch Hilfsorganisationen abmontiert.

1‘200 Schutzsuchende wurden im Herbst 2005 von der marokkanischen Poli-


zei aneinandergekettet und ohne Verpflegung mitten in der Sahara ausgesetzt.

3 Flüchtlinge wurden im Juli 2006 am Grenzzaun zwischen Marokko


und der spanischen Exklave Melilla erschossen. Laut Zeugenaussagen
wurden die Schüsse von marokkanischen Grenzbeamten abgegeben.

3‘500 Menschen wurden zwischen August und Dezember 2006 von den europä-
ischen Frontex-Einsatzkräften in internationalen Gewässern aufgebracht und nach
Senegal oder Mauretanien zurückgeschickt. Frontex-Chef Ikka Laitinen rechtfertig-
te die Aktionen wie folgt: «Das sind keine Flüchtlinge, sondern illegale Migranten.»

400 Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten aus dem südlichen Afrika


wurden zwischen Weihnachten und Jahresende 2006 in Marokko festgenommen
und an der algerischen Grenze ausgesetzt. Dabei kam es zu schweren Misshand-
lungen durch die marokkanischen und algerischen Sicherheitskräfte.

6‘000 Personen kamen laut Schätzungen spanischer Behörden im Jahr 2006 allein auf der
Flüchtlingsroute zwischen Westafrika und den Kanarischen Inseln im Atlantik ums Leben.

Quelle ProAsyl

T 33 prisma – April 2009


34 prisma – April 2009
T
An der Grenze zur spanischen
Exklave Melilla in Marokko
Yoe Yopo wurde von den Sicherheitsleuten, welche die Grenze
schützen, zusammengeschlagen. Bis dieses Bild veröffentlicht
wurde, bestritten die spanische und die marokkanische Regie-
rung seinen Tod. Der Fall wurde nie juristisch aufgearbeitet.
(Angabe des Fotografen)
© José Palazón

T 35 prisma – April 2009


Südafrika – Rainbow Nation
Der Flug nach Südafrika dauert mindestens elf Stunden.
Dennoch scheint es das Land auf dem afrikanischen
Kontinent zu sein, welches Europa am nächsten ist.
Dass es dennoch krass anders ist, zeigen diese zwei
Erfahrungsberichte.

Raffael.Hirt@student.unisg.ch Sarah.Umbricht@student.unisg.ch
prisma-Redaktor prisma-Redaktorin

Raffael: genbogens, den das moderne Südafrika


Apartheid, Rassismus, Kriminalität. darstellt.
Das sind Überbleibsel aus der Geschich-
te Südafrikas. Worte, Vorurteile, Vor- Es ist offensichtlich, dass es in einem
würfe, welche am heutigen Südafrika Land solcher Vielfalt – vier Ethnien, elf
kleben. Korruption, Armut, Hass. Dinge, Sprachen, drei Hauptstädte, kulturelle
vor denen ich Respekt hatte, bevor mein Einflüsse dreier Kontinente – Span-
Austauschjahr in Durban an Südafrikas nungen und Konflikte gibt. Emanzipa-
Ostküste begann. Dinge, nach denen tion und das traditionelle afrikanische
man mich heute noch fragt, wenn ich Bild der Frau lassen sich schlecht ver-
von meinen Erfahrungen erzähle. einbaren, ebenso wenig der Hinduismus
und der europäische Monotheismus.
Ja, ich habe Rassismus gesehen, ja, Rugby war schon immer ein Spiel
ich habe Gewalt erlebt, ja, ich war Opfer der Weissen, seitdem es die Engländer
eines Verbrechens. Aber es sind nicht nach Südafrika gebracht hatten. Dafür
diese Vorkommnisse, Tatsachen, Erinne- spielen mehr Schwarze Fussball, wäh-
rungen, die ich heute mit Südafrika und rend Inder von Cricket begeistert sind.
mit meinem Austauschjahr verbinde. Die derzeitige Regierung versucht, sol-
Südafrika mag ein Land der Diskrimi- chen Unterschieden durch Gesetze
nierung, der Vorurteile, der ungleichen entgegenzuwirken. Dazu legt sie fest,
Chancen sein, doch es ist auch ein Land wie viele Spieler in der Startaufstellung,
der Liebe, der Offenheit, der Vielfalt. Manager in der Geschäftsführung und
schliesslich Angestellte in der Unterneh-
Zwei Gastfamilien empfingen mich mung schwarz, weiss oder «coloured»
mit offenen Armen. Meine Schulklasse sein müssen. Dabei braucht es dies oft-
begrüsste mich klatschend, als ich das mals gar nicht.
erste Mal in der mir ungewohnten Uni-
form durch die Tür trat. Meine Freunde Was Südafrika braucht, ist Akzep-
akzeptierten mich vorbehaltlos, mit all tanz. So wie die sieben Farben nur ge-
meinen Stärken und Schwächen, mit meinsam den Regenbogen ausmachen,
weisser Hautfarbe und Schweizer Pass. ist Südafrikas Existenz auf alle Facetten
Für ein Jahr war ich ein Teil von ihnen. des Landes, der Bevölkerung und der
Kulturen angewiesen. Nur so wird der
Ich lernte zu sprechen wie sie, ihr Regenbogen andauern.
Essen zu mögen, ihre Sportarten zu
praktizieren. Ich lernte, «wir» statt «ihr»
zu sagen, zu akzeptieren und zu verste-
hen. Für ein Jahr war ich ein Teil des Re-

36 prisma – April 2009


T
Sarah: können sich nach Sprache, Hautfarbe, sporadisch «Geld verdienen» (die lukra-
Ich muss sagen, dass ich vor mei- Stamm, Herkunftsgebiet, -stadt oder tivsten Methoden waren der Handel mit
ner Zeit in Südafrika nur eine sehr ab- -viertel unterscheiden. (Verwechsle ja Waffen aller Art, mit Computer-Teilen,
strakte und vage Vorstellung von Rassis- nie einen Zutu mit einem Zulu oder ei- Autos, gewissen Substanzen – auch Dro-
mus und Gewalt hatte. «Coloureds» wie nen Cape Town Xhosa mit einem Johan- gen genannt – und v. a. Hijacking, also
meine Gastfamilie machen etwa zehn nesburg Xhosa!) Autos an Ampeln abwarten und überfal-
Prozent der Bevölkerung aus, sie sind len). Einige Mädchen mussten sich nach
sowohl Schwarze als auch Weisse, weil Für einige an der Schule war ich den Ferien um ihre (eigenen) neugebo-
sie irgendwo bei ihren Vorfahren beides die Europäerin, die keine Sorgen kennt renen Kinder kümmern, andere waren
haben. Man könnte meinen, dass diese und alles hat. Und da in Europa alles im erkrankt oder an Krankheit gestorben
Menschen deshalb Verständnis für bei- Überfluss vorhanden ist, kann man ja und wieder andere hatten die Mutter
de Seiten haben müssen – aber dies trifft problemlos auch einmal etwas entwen- verloren und traten an deren Stelle, das
nicht zu. Schwarze werden von den «Co- den. Obwohl mir so einiges abhanden heisst, sie waren für den Haushalt zu-
loureds» auch «Darkies» genannt oder kam, waren die Leute trotzdem sehr ständig sowie für ihre Geschwister – bis
mit sehr abschätzigem Unterton auch freundlich und mir gegenüber offen. zu zehn an der Zahl –, viele übernahmen
«Nik-naks». Selbst nennen sich die «Co- Für andere war ich ein «Bushie» und auch direkt den Ehefraustatus.
loureds» auch «Bushie». das ist aufgrund des «Kollektivsystems»
für einige wenige die Gelegenheit, eine Für viele Kommilitonen war ich
Es wird grossen Wert darauf gelegt, «offene Rechnung» mit einem Bushie einfach Sarah: eine neue Schülerin, das
dass jede und jeder die korrekte Be- zu begleichen. So wurde ich in kleinere neue Mitglied in der Basketballmann-
zeichnung erhält, denn so wird auf den Sippenkonflikte verwickelt, von denen schaft oder die neue Leichtathletin.
«Wert» der Person hingewiesen – gleich- ich erst im Nachhinein erfuhr. Offenbar Auch war ich als Familienmitglied voll-
zeitig kombiniert mit dem Tonfall, ist hatte ich mich ein paar Mal zu oft mit kommen akzeptiert: Alle Sicherheits-
das immer eine eindeutige Aussage. Es einigen Leuten abgegeben, die einem massnahmen wurden mir genaustens
gibt auch «ntsa Darkies», das sind «gute Kollektiv angehörten, welches sich mit beigebracht. Wenn ich am Abend aus-
Schwarze», und es gibt «schlechte Bus- meinen Gastbrüdern und deren Kol- nahmsweise mit meinen Gastbrüdern
hies». Es ist nicht so, dass alle Schwar- legen nicht so gut verstand. Die Folge weggehen durfte, waren Mummy und
zen partout «schlecht» sind, doch es gilt war: eine Schiesserei nach der Schule Daddy stets wach, bis wir zurückkamen.
diese Vermutung. Es liegt am Einzelnen, zwischen den zwei Sippen. Davon und Ich hatte meinen eigenen kleinen Trupp
das Gegenüber vom Gegenteil zu über- von den vier Verletzten und dem einen von Leibwächtern, bestehend aus mei-
zeugen. Toten erfuhr ich aber erst zwei Monate nen Gastbrüdern und deren (und somit
später. auch meinen) engsten Freunden. Wenn
Ich war ein «Bushie», weil ich mit die Verwandtschaft sich bei uns zuhau-
ihnen lebte; der Zusammenhalt war en- Mit der Anwesenheit nahm man se traf, war ich zusammen mit Mummy
orm. In Johannesburg muss man – um es da auch nicht so genau. Mal waren und meinen kleinen Cousinen um das
überlebensfähig zu sein – einer Gruppe in meiner Klasse 50 Menschen, mal leibliche Wohl der Gäste bemüht: als
zugehören. Das Kollektiv bietet Schutz nur noch 15. Die Gründe waren unter- Master of Tea and Coffee.
gegen die anderen Kollektive. Kollektive schiedlichster Natur: Der eine musste

T 37 prisma – April 2009


«Ich empfehle allen Stu-
Beginne deine dierenden mit journalis-
Karriere bei tischen Ambitionen, bei
prisma zu beginnen und
prisma ... nicht gleich mit einer
Anfrage an uns zu gelan-
gen.»
Res Strehle, Stv. Chefredaktor Tages-Anzeiger

«Die Erfahrungen beim


prisma haben mir auch
im späteren beruflichen
Werdegang immer wieder
geholfen.»
Peter Wuffli, ehemaliger CEO UBS

38 prisma – April 2009


T
Uganda hautnah erlebt
Eine Reise, die ist lustig. Eine Reise, die ist schön. Über das
ganz normale Chaos in Uganda.

I rgendwo im Westen von Uganda brau-


se ich auf einer schlechten Strasse un-
ter der sengenden Mittagssonne durch
haufen, der mindestens 20 Jahre auf dem
Buckel hat und von einem Raser namens
James gelenkt wird, der, wie vom Malari-
tralisierung und direkte Demokratie –
vor einem sich sichtlich amüsierenden
Publikum – abgehalten habe, werde ich
weitläufige Dörfer. Komisch, denke ich afieber gepackt, hupend an seltenen Af- von einem Geografielehrer gefragt, wie
mir, aufgrund der hohen Lage von min- fen und wandernden Kindern vorbei mit viele Tribes es denn in «Switizerland» (so
destens 1000 m ü. M. wird es hier doch etwa 100 Stundenkilometern über tiefe wird es ausgesprochen!) gäbe und wann
selten über 33°C warm, zumindest sagte Schlaglöcher donnert? das Land seine Unabhängigkeit von den
das die Länderinformation der Econo- britischen Kolonialherren erklärt habe.
mist Intelligence Unit vor meinem Ab- Der Grund dafür ist das Mitorgani-
flug. Aber es fühlt sich in diesem wahr- sieren einer Studienreise nach Uganda In Uganda ist die Unterscheidung
scheinlich aus Südkorea importierten für Studierende aus der Schweiz. Wäh- der ethnischen Gruppen nach wie vor
Bus definitiv sehr viel wärmer an. rend drei Wochen sollen die Teilneh- sehr wichtig. Je nach Zugehörigkeit zu
menden einen vertieften Einblick in die einem der 15 Stämme unterscheiden sich
Morgens um halb sieben beginne Bereiche Wirtschaft, Politik, Kultur und Muttersprache, Tradition, Rechtssystem
ich meine Reise auf dem und auch die wirtschaft-
Busbahnhof Kampala. lichen Erfolgsaussichten
Angebote von sichtlich des Einzelnen. Ein Nach-
erfreuten Ugandern für name, der beispielswei-
Busreisen nach Kigali, se mit O beginnt, kommt
Gulu, Nairobi und weitere höchstwahrscheinlich aus
exotische Orte muss ich dem Norden, der Träger
ausschlagen und werde ist ein Acholi und hat bei
nach Zwischenhalten bei der Vergabe von Regie-
Zeitungs- und Halbschuh- rungsposten gemeinhin
verkäufern dann doch schlechte Karten, sofern
irgendwie zum richtigen denn überhaupt in die
Bus geführt. Fünfund- Hauptstadtregion über-
zwanzigtausend Schilling gesiedelt wurde. Weisse
zahle ich für das Ticket, werden ebenfalls in das
welches auf einem ver- tribalistische Kategorien-
gilbten Quittungsbüch- system integriert und wer-
lein ausgestellt wird. Das den als Mzungus («Mu-
sind etwa 22 Franken. Mit sungus» gesprochen)
geschwungenen Buchsta- bezeichnet. Kinder lieben
ben steht Kabale darauf, das Ziel meiner Gesellschaft gewinnen. Dafür haben es, den Touristen hinterherzurennen
Reise. Michael und ich Treffen mit Schlüssel- und «hello Mzungu» zu schreien, dabei
akteuren – beispielsweise mit Profes- überaus herzlich lachend und winkend.
Die letzten Getränke-, Süssgebäck-, soren, mit dem damaligen Innenmini-
Gürtel- und Sonnenbrillenverkäufer ster Ruhakana Rugunda, mit Jürg Eglin Meine siebenstündige Busfahrt
springen vom brummenden Bus und vom IKRK Uganda und mit Jean-Nicolas endet auf einem staubigen Platz in Ka-
wir verlassen Kampala. Die Stadt ist sehr Beuze vom UN Hochkommissariat für bale. Nachdem ich all die neuen Busi-
lebendig und angenehm grün. Es hat Menschenrechte – organisiert. Die 15 nesscards und Telefonnummern mei-
auch zahlreiche Restaurants aus aller Studis kommen in einem Monat an. Nun ner neuen Freunde von der Busfahrt
Welt, viele Bars und andere Ausgehmög- gilt es, die letzten Vorbereitungen vor verstaut habe, holt mich die Chefin des
lichkeiten. Allerdings muss ich schnell Ort zu tätigen. Mushroom Training and Resource Cen-
feststellen, dass das Nachtleben recht ter (MTRC) namens Peace persönlich
überschaubar ist und aus der Schicht «Switzerland – the most peaceful ab. In den westlichen Provinzen werden
der oberen 10'000 und den ansässigen country in the world – is also landlocked seit 1995 Austernpilze im Heimanbau
Weissen besteht, welche sich diesen like Uganda, but why is it so well-develo- angepflanzt und lokal vermarktet. Der
Spass überhaupt leisten können. ped?», werde ich von meinem kontakt- technisch nicht anspruchsvolle Anbau
freudigen Sitznachbarn im Bus gefragt. geschieht mit lokalen Ressourcen, be-
Was ist der Grund für mein Herum- Nachdem ich ein flammendes Plädoyer darf nur geringer Startinvestitionen und
reisen durch Afrika in einem Schrott- für Konkordanz, Föderalismus, Dezen- eignet sich aufgrund des geringen Flä-

T 39 prisma – April 2009


nisse in Accounting, gen Kilos Süsskartoffeln, welche mir von
Audit und Advisory zwei Bäuerinnen kilometerweit nach-
in einem völlig an- getragen werden, wieder nach Kampala
deren kulturellen zurück.
Kontext unter Be- Nach diesem privaten Ausflug, be-
weis stellen: Buch- ziehungsweise Einsatz, geht es nun
haltungsstandards, wieder ans Organisieren der interkultu-
sofern es denn über- rellen Reise. Die nächste Studiengruppe
haupt Dokumentati- wird das MTRC besuchen, da bin ich mir
onen gibt, sehen hier sicher.
etwas anders aus als Martin Bischof
an der Uni gelernt.
Überlegungen zur
strategischen Un- Diese interkulturelle Studienreise nach
ternehmensführung Uganda fand im August 2008 statt. Das
scheinen etwas ganz Projekt wurde von Michael Borgensten
Neues zu sein. Öko- (MIA, HSG) und Martin Bischof (Poli-
nomische Anreizme- tikwissenschaften, Uni Bern) im Rah-
chenbedarfs als Nebeneinkommens- chanismen bei der Gestaltung der Preise men der «Initiative für interkulturelles
zweig in ländlichen Regionen. Durch und Löhne werden eher als betrügerisch Lernen» organisiert.
das MTRC, ein gemeinsames Verarbei- empfunden.
tungs- und Vertriebszentrum, wurden Komm mit und erlebe das Aben-
die profes-sionelle Vermarktung und Nach einem spannenden und lehr- teuer Reisen selbst hautnah! Diesjäh-
der Pilzanbau eines Netzwerks von reichen Aufenthalt in der fruchtbarsten rige Studienreisen führen nach Ne-
bereits etwa 800 Bauern entscheidend Provinz Ugandas, nach vielen guten Pilz- pal, Europa, Syrien, Japan, Thailand,
gefördert. gerichten, Verwandtenbesuchen und Uganda/Ruanda und in den Libanon.
dem Schwimmen im Vulkansee kehre Anmeldung und Infos findest du auf
Hier, bei der Geschäftspartnerin ei- ich mit einer persönlich überreichten www.ifil.ch
ner Bekannten, kann ich meine Kennt- Rap-CD von einem lokalen DJ und eini-
3 60°
42 Kunstmarktkolumne
43 Rätselspass
44 Von alten Meistern, neuen Quacksalbern und
grössenwahnsinnigen Kulturredaktoren
46 Welcome Week
«langue de bois»
Acht POW-Regeln
47 Paris à vélo
Engel & Teufel
48 Intelligentes studentisches Recruiting – Jobzippers
50 «Kacke ist auch schön»
52 Die Liste
Kunstmarktkolumne
Pricing the Priceless

W ährend der Kunstmarkt in der Kri-


se ist, bringt Christie’s Paris die
Sammlung von Yves Saint Laurent unter
hingegen verlassen
sich auf die Erfahrung
ihrer Experten und auf
gen, denn der Typ
braucht offensicht-
lich Cash – und zwar
den Hammer. Was gewagt erschien, ent- Auktionsresultate des ganz dringend.» Und ich
puppte sich als triumphaler Erfolg: 95 Künstlers. Die Romantiker sollte Recht behalten: Wie
Prozent der Arbeiten wurden verkauft, wiederum haben für sich die sich später herausstellte, konnte
also knapp 733 Lots für sagenhafte 372.9 anscheinend klügste Antwort gefunden: mein Kunde das Werk für EUR 9'000 er-
Millionen Euro – die weltweit teuerste Ein Bild ist so viel wert, wie es einem in- werben, also zu 60 % des ursprünglichen
Auktion einer Privatsammlung. dividuell wichtig ist (und dabei betonen Preises.
sie das «individuell» immer ganz beson-
ders). Und die Galeristen? Die verlassen Diese kleine Geschichte offenbart
sich auf gar nichts. Bei ihnen kann es die Tragik des Kunstmarktes: Der Preis,
vorkommen, dass sich der Preis aus ih- speziell von zeitgenössischer Kunst, ist
rer Tageslaune zusammensetzt – oder volatil. Der Wert eines Bildes geht mit
aus der Angst vor der Insolvenz. Ganz dem Markt. In guten Zeiten pushen Ga-
besonders kommt das in der Krise zum lerist und Künstler die Preise nach oben.
Vorschein. Doch bricht die Nachfrage weg, gehen
sie schnell wieder runter. Cash ist wich-
Hier ein Beispiel: Letztens rief mich tiger als stabile Preise. Den Schaden,
ein Kunde an, der an einer Arbeit eines den Galeristen damit anrichten, spü-
holländischen Fotokünstlers interessiert ren sie erst später: Die Kunden, die für
war. Ich wusste, dass der Künstler in EUR 15'000 gekauft haben, werden wohl
den letzten Jahren speziell auf Messen nicht wieder kommen, sobald sie vom
schrecklich gehypt wurde. Ich rief also Preisverlust erfahren.
den Galeristen des Künstlers an und
fragte ihn, ob er diese Arbeit verfügbar Aber dieser Gefahr war sich un-
habe und zu welchem Preis. Natürlich ser Galerist hier im Beispiel durchaus
erreichte ich nur seine Assistentin, die – bewusst. Spitzfindig, wie er ist, beugte
wie immer – keine Auskunft geben durf- er vor, indem er meinem Kunden das
te und mir bestätigte, was ich sowieso höchste Stillschweige-Gebot auferlegte.
schon ahnte: Ihr Chef ist unterwegs und Klar hielt der sich dran – bis zur näch-
die Arbeiten seien äusserst begehrt. sten Party, drei Tage später.
Magnus Resch
Wie durch ein Wunder hatte ich kei-
ne 5 Minuten später ein Angebot in mei-
ner Inbox. Der Galerist schrieb, dass er
das Werk kürzlich noch für EUR 15'000 Der Autor Magnus Resch (24)
Während die ganze Welt über dieses angeboten hatte, es mir aber jetzt für promoviert an der HSG zum Thema
Rekordergebnis diskutiert, taucht im- EUR 12'000 offerieren könnte. Das klingt «Management von Kunstgalerien»
mer wieder die gleiche Frage auf: Wie zunächst nach einem Super-Deal. Doch am KMU Institut bei Prof. Christoph
bestimmt man eigentlich den Wert eines schnell wird klar: Hier versucht mich Müller. Regelmässig berichtet er an
Kunstwerkes? Die Meinungen könnten jemand mit falschen Argumenten zu dieser Stelle vom Kunstmarkt. Magnus
nicht unterschiedlicher sein. Da gibt locken. Ein Galerist, den ich noch nie Resch war bereits im Alter von 20
es einmal die Statistiker. Selbstbewusst gesehen oder gesprochen habe, offeriert Jahren Teilhaber einer Galerie für
füttern sie Excel oder SPSS mit ausge- mir einen Rabatt von 20 %. Ich dachte zeitgenössische Kunst.
wählten Variablen. Die Auktionshäuser mir: «Naiv wäre es, jetzt schon einzustei-

42 prisma – April 2009


3
Rätselspass

Finde die zehn Unterschiede …

Teste dein Wissen:


Mehr oder weniger sinnvolle Sprüche aus Film, Musik und Internet

3 43 prisma – April 2009


Von alten Meistern, neuen Quack-
salbern und grössenwahnsinnigen
Kulturredaktoren
Unsere Kulturredaktoren besuchten zusammen zwei Aus-
stellungen im Kunstmuseum St. Gallen, waren sich endlich
wieder einmal einig und versuchten, die Welt zu zerstören.
Lukas.Amacher@student.unisg.ch
prisma-Redaktor

G rossartiger Mischmasch: Im Kunst-


museum St. Gallen lohnt sich der
Besuch momentan. Und er wird sich bis
Gefühl ein, welches aber immer an die
vorherigen Betrachtungen anknüpft.
Der Einstieg mit Monet, Munch, Lieber-
schliesslich Schweizer Szenen ab. Ich
fand es interessant, zu sehen, wie Bitterli
die heimische Kunst kurz nach der Jahr-
Mitte August immer wieder lohnen. Bis mann und Hodler ist fulminant. Bei ge- hundertwende porträtiert. Zum grossen
dahin ist nämlich unter dem Titel «11 : 1 nauerem Betrachten des gelben Raumes Teil Landschaftsbilder, viel Giovanni
(+3) = Elf Sammlungen für ein Museum» stellt man sogar fest, dass Nedko Solakov
Giacometti, Hodler, Cuno Amiet und
ein Potpourri aus 11 verschiedenen Pri- – der bulgarische Künstler, dem im obe- Felix Vallotton. Die üblichen Stars also.
vatsammlungen zu sehen, welche dem ren Stockwerk eine Einzelschau gewid- Überleitend zu den Jahren nach 1920
Museum geschenkt wurden. und der klassischen Moderne
ist dann im nächsten Raum
Die Schau zeigt nicht nur ein Bild aus dem Jahre 1913:
teilweise unglaublich begei- Die Fantasia coloristica von
sternde und umwerfend schö- Augusto Giacometti. (Man
ne Arbeiten, der Kurator Kon- beachte, dass ich nie von Al-
rad Bitterli verstand es auch, berto Giacometti sprach, also
gekonnt 11 völlig eigenständige bitte verwechselt das nicht.)
Sammlungen und Sammel- Ein unglaublich überwälti-
methoden in eine konsistente gendes Bild, welches meinen
und absolut grossartige Schau Begleiter und mich dazu ver-
zu verwandeln. Dies darf nicht anlasste, uns sofort zu zü-
unterschätzt werden. Private geln, da wir sonst ungeniert
Sammler haben alle eine eige- unsere Samenflüssigkeit auf
ne Sammelmethodik. Einige die Leinwand verteilt hätten.
sammeln mit einem vorgege- Mir fehlt das kunstgeschicht-
benen Ziel, andere frei nach liche Wissen, um lange und
Lust und Laune, je nachdem, ausführlich über das Bild zu
was ihnen gefällt. Der Kurator berichten: was ich aber weiss,
muss es nun verstehen, die- ist, dass ich es geklaut und mir
se 11 Denkweisen zu durch- ins Wohnzimmer gehängt hät-
leuchten und derart sorgfältig te, wäre es nur nicht so gross
auszuwählen, dass er nicht nur Fantasia coloristica von Augusto Giacometti gewesen. Es folgen im selben
eine für das Museum und den Raum Bilder von Léger und von
Betrachter interessante Ausstellung auf met ist (dazu später) – überall seine klei- Le Corbusier, ein kleiner Fontana, ein
die Beine stellt, sondern auch 11 Samm- nen Kritzeleien verstreut hat. Dies zieht Yves Klein und viele weitere, welche er-
lungen so (re-)präsentiert, wie wenn der sich durch die ganze (untere) Schau, wähnenswert wären, aber nicht erwähnt
Besucher sie einzeln betrachten könnte. lockert die teilweise doch eher schweren werden, aus Platzgründen.
Bilder auf und man hat das Gefühl, dass
Einstieg mit Schwergewich- auch diese ältere Kunst nicht so ver- Zwei Herzinfarkte
ten staubt ist, wie manch einer behaupten Der Übergang zur Nachkriegsmo-
Dies hat Konrad Bitterli mit seiner würde. «Augen auf» ist demnach das derne gab mir dann den vermeintlichen
kuratorischen Meisterleistung geschafft. Motto, unter welchem man diese Aus- Rest (denn ich wusste ja nicht, was spä-
Beim Schlendern durch die Räume stellt stellung zu betrachten hat. ter noch gezeigt werden sollte). Mein
sich vor jedem Bildergefüge ein neues Im Folgeraum spielen sich aus- Herz blieb stehen bei den Nagelbildern

44 prisma – April 2009


3
von Günther Uecker, einer grossen Fi-
gur in der Zero-Bewegung. Rechts die
konkrete, geometrische, geplante Na-
gelkomposition, welche die Raumwahr-
nehmung des Besuchers bei frontaler
Betrachtung komplett zerstört; links
die wilde, vermeintlich ungeplante, an-
tigeometrische Nagelorgie, fragil und
umgekehrt an der Wand lehnend, auf
einem Baumstrunk balancierend, wel-
che aber bei näherer Betrachtung im
Holz wunderbare Muster und System
erkennen lässt. Ich drehte mich um und
hatte gleich noch einen Herzinfarkt. Es
hängen da ein Max Bill (ein Bild aus je-
ner Werkreihe, die der bewusste Student Jahre 1967, welche in ihrer Grossartigkeit zipation auch wirklich mitmachen. Das
auch im B-Gebäude betrachten kann) schwerlich zu überbieten sind. Schwarz war toll. Wie dem auch sei, die Solakov-
und ein Josef Albers, den ich in einer auf weiss und weiss auf schwarz, und Ausstellung wirkt unsympathisch und
solchen Farbkombination noch nie zu- das nur jeweils auf einer Seite am Rand egoistisch. Solakovs Reflektionen un-
vor gesehen hatte und der mich auch der Leinwand. Diese Bilder schliessen serer Umwelt scheinen nicht jene Schär-
sehr beeindruckte. Mein Begleiter, Vor- die Ausstellung, die auf einem zwar fe zu besitzen, die ich von einem so ge-
sitzender des Ressorts 360° bei diesem nicht vollständigen, aber umso interes- hypten Gegenwartskünstler erwartete.
Magazin, war anderer Meinung, und so santeren Parcours grosse Werke und Die Ausstellung ist irgendwie beschwer-
kämpften wir mit Fäusten um die Ehre, grosse Sammlungen der Kunstgeschich- lich. Nicht so locker und leichtfüssig, wie
dass nur einer überleben sollte. Ich bin te des 20. Jahrhunderts zeigt, wunderbar man es nach den Kritzelzeichnungen an
noch hier. ab. der Wand in der unteren Ausstellung er-
wartet hätte. Lustig und verwirrend al-
Grosser Abschluss Nedko Solakov leine reicht für mich halt einfach nicht.
Der letzte Raum birgt auch noch Im oberen Stockwerk zeigt das Mir ist das Ganze zu gesucht. Es ist das,
diverse Höhepunkte. Ein interessanter Kunstmuseum St. Gallen wie schon was man von einem solchen zeitgenös-
James Rosenquist mit Fahrradlam- erwähnt eine Einzelschau des bulga- sischen Künstler erwartet, aber nichts
pe neben einem noch interessanteren rischen Künstlers Nedko Solakov. Von Überraschendes. So «contemporary»,
Lichtenstein. Ich mag Roy Lichtenstein den sechs Räumen, die von Solakov mit das Ganze. Ich war völlig enttäuscht und
nicht. Aber diese wohl eher atypische Arbeiten gefüllt wurden, befanden mein wollte schon türmen, als ich im letzten
Arbeit mit Metallfolie gefällt mir. Dane- Begleiter und ich zwei für gut. Der erste Raum die Arbeiten «Good News, Bad
ben hängt Andy Warhols «Campbell’s ist banal. Das grosse gelbe Etwas an der News» sah. Scharf und tiefsinnig liegen
Condensed Tomato Soup» aus dem Jah- Wand, welches Solakov von seinen Assi- sie in der Dunkelheit, durch Lichtpunkte
re 1962, welche man schon viel zu oft re- stenten malen liess und dann vermeint- erhellt, am Boden und zeigen die zwei
produziert und viel zu selten im Original lich vergass, wozu er es malen liess, ist Seiten des Lebens auf eine erfrischende
gesehen hat. Ich sah kürzlich ein Bild auf den ersten Blick witzig, dann aber Art. Diese Arbeit rettete für mich die
aus dieser Serie in grossem Format. Das doch recht fad. Die im zweiten Raum Ausstellung.
kleine im Kunstmuseum St. Gallen steht ausgestellten 99 Zeichnungen mit dem
der 2-Meter-Version schon ein biss- Titel «Fears» sind spannend. 99 Ausei- Weltzerstörung
chen nach, nichtsdestotrotz muss man nandersetzungen mit dem Thema Angst. Auf dem Heimweg auferstand der
es gesehen haben, sonst hat man vom Lässt sich durchaus anschauen, auch Ressortleiter, den ich zuvor getötet hatte,
20. Jahrhundert nichts verstanden! In wenn man viel Durchhaltevermögen übrigens aus seinem Grabe und wollte
der Ecke stehen zwei in Schokolade ge- dafür braucht. Im dritten Raum ist dann als Rache das Raumzeitkontinuum und
hüllte Zwerge von Dieter Roth. Eine in- wieder eine Enttäuschung vorzufinden. so den Planeten zerstören, indem er
teressante Arbeit, aber schade, dass sie Solakov stellte u. a. einen schalldichten jene Minuten zu ignorieren versuchte,
hinter Plexiglas steht, so dass man die Kubus auf, bei welchem er den Besucher welche er gebraucht hatte, um seinen im
Schokolade nicht riechen kann. Hinter auffordert, darin so laut wie nur möglich Kunstmuseum vergessenen Schal zu ho-
der Wand sind dann jene Arbeiten, die zu schreien. Begeistert wollte ich den len. Glücklicherweise konnte ich ihn in
den abschliessenden Höhepunkt einer Kubus betreten, stellte aber fest, dass weiser Voraussicht davon abhalten, und
gelungenen Ausstellung bilden sollten: der Zutritt zum Kubus durch das Muse- so habe ich in der nächsten Ausgabe des
On Kawaras (späte) Werkgruppe von Ta- um verboten wurde. Das zerstört doch prisma wieder die Chance, die Welt zu
gesdaten, welche er schon sein ganzes das ganze Werk. Bei Erwin Wurms Aus- retten!
Leben lang auf Leinwand malt, und Imi stellung vor fast einem Jahr durfte der
Knoebels frühe Linienbilder aus dem Besucher nach Aufforderung zur Parti-

3 45 prisma – April 2009


Welcome- «langue de Acht POW-
Week bois» Regeln
I m September letzten Jahres kam ich
mit viel Gepäck und viel Vorfreude
– aber mit relativ wenig Ahnung über
M itten in Paris liegt die «Sciences
Po» – an der rue Saint-Guillaume,
Nummer 27: Die Adresse ist berühmt,
U m eine POW (Party Of The Week) zu
überleben, müssen einige Regeln
beachtet werden. Was ist jedoch eine
das, was mich genau erwarten würde – und zwar nicht wegen dem Heiligen POW? Die POW wird jeden Donnerstag
an der HEC Paris an. Die Lösung gegen Wilhelm, sondern wegen dieser Schu- von der Studentenschaft (BDE = Bureau
diese Ungewissheit hiess «HEC Inter- le. An diesem Ort haben zahlreiche des Elèves) organisiert und kann etwa so
national Students», das Buddy-System spätere Minister, Premierminister beschrieben werden: Man versetzt den
der HEC. Wie ich herausfand, wussten und Präsidenten studiert – die «Sci- Meeting Point in die A-Mensa, verlangt
diese, dass man den Schock der Ankunft ences Po» gilt als Vorstufe zur zentra- 5 Euro Eintritt und macht OB («open
«auf dem Lande» (zwischen HEC und len Ausbildungsstätte für die höheren bar»), d. h. alle Drinks sind den ganzen
Paris ist zwar nur ein Leerzeichen, aber französischen Verwaltungsbeamten: Abend lang gratis.
doch eine Stunde ÖV) am besten mit der École nationale d’administration
einer abwechslungsreichen Welcome (ENA). Das stimmt aber in letzter Zeit Davon leitet sich schon mal die erste
Week bekämpfen kann. Die erste Woche weniger: Nicolas Sarkozy habe keinen Regel ab: BDE-Leute zu kennen ist hilf-
war damit sehr gut überstanden und ich Abschluss von der «Sciences Po», da er reich, um schnell an Drinks zu kommen
war entschlossen, ab sofort selbst mitzu- wegen seinem damals schlechten Eng- oder sonstige Probleme zu überwinden.
helfen, den nächsten Austauschstudie- lisch durchgefallen sei. Die Schule hat Zweitens: keine «fancy» Kleidung, Turn-
renden über das Trauma ihrer Ankunft aber auch den Ruf, Leute auszubilden, schuhe und ein altes T-Shirt reichen
hinwegzuhelfen. die dann schön die «langue de bois» (siehe Punkt 4!). Drittens: Die Drinks
sprechen können, also eine halbe immer für vier bestellen, das reduziert
Anfang März fand ich mich nun also Stunde reden und nichts sagen. die Anzahl der umständlichen Beschaf-
im roten IS-Dress wieder, Auskunft er- fungsprozesse, aber mehr als vier Pla-
teilend auf Französisch, Englisch und Häufig machen Staatschefs, die in Pa- stikbecher passen nicht in zwei Hände.
Deutsch (Chinesisch wäre hilfreich ge- ris sind, einen kurzen Halt an der «Sci- Viertens: Immer einen Becher auf Re-
wesen, kann ich aber leider nicht) und ences Po». So habe ich hier vor kurzem serve behalten, um damit allfällige fre-
bereit, am eigenen Leib zu erfahren, wie einen Besuch von Evo Morales miter- che und respektlose Party-Besucher zu
eine durch Vereinsarbeit an der HSG leben können, der eine Stunde lang überschütten. Fünftens: Die auf «Dance
geprägte Erwartungshaltung mit fran- von seinen persönlichen Erfahrungen Machine 5» basierenden Choreografien
zösischem Organisationsstil kollidiert als Coca-Produzent und als Politiker der verschiedenen Vereine kennen und
… und wie dabei trotzdem eine sehr erzählte. Die Kurse auf Englisch – oder mitmachen (Integration ist schliesslich
erfolg- und erlebnisreiche Woche he- besser gesagt auf «Franglisch» – sind wünschenswert!). Sechstens: «choper»
rauskommt! Der grosse Vorteil der «fa- sehr interessant. Häufig unterbricht («aufreissen») ist ein Konzept sowohl
çon à la française»: eine angeborene der Professor – der an einem gegen- für männliche als auch für weibliche
Fähigkeit zur Ad-hoc-Improvisation. über den Studenten leicht erhöhten Studierende. Im Gegensatz zur HSG
Und noch wichtiger: die deutlich hö- Tisch sitzt – seine Vorlesung, um zu gibt es hier glücklicherweise mehr als
here Bedeutung zwischenmenschlicher fragen: «Comment dit-on déjà …?» Der 30 % Frauenanteil. Siebtens: Pre-Partys
Kontakte im Vergleich zu irgendwelchen Kurs wird zu einem Ratewettbewerb. («préchauffe») und After-Partys sollten
Planungen oder Regeln. Genau dies ist Das «Gymnasiumgefühl» wird verstär- nur bedingt im eigenen Zimmer orga-
vermutlich der Grund, wieso die mei- kt durch die Anwesenheitspflicht und nisiert werden. In einem 12 m2 Aschen-
sten der Studierenden, welche hier an die Anwesenheitsliste, in die man sich becher zu schlafen, ist weder besonders
der HEC von HEC IS empfangen werden, eintragen muss; bei drei Absenzen – romantisch noch gesund. Achtens: Als
diese Woche sehr lange und sehr positiv begründet oder unbegründet – fällt letzte Regel gilt es, seine Reputation zu
in Erinnerung behalten. man durch. Doch man ist hier mitten pflegen. Das heisst nicht Abstinenz, son-
in Paris, wo es so viel zu unternehmen dern Informationskontrolle. Dafür emp-
Andreas Hellmann, gibt – und so erklärt sich die Anwesen- fiehlt es sich, regelmässig den offiziellen
HEC Paris heitspflicht, denn sonst würden wir Studenten-Klatsch-Blog der HEC (www.
Studenten unsere ganze Zeit in den sortievauhallan.com) zu besuchen.
Cafés rund um die «Sciences Po» ver-
bringen. Marc L.,
HEC Paris
Alexander Barclay,
Sciences Po Paris

46 prisma – April 2009


3
Paris à vélo
D er französische Sänger Joe Dassin
singt in seinem Lied «À vélo dans
Paris»: «Dans Paris à vélo on dépasse
d a n n
kann man
entlang dem
geschieht auto-
matisch nach
der Bezah-
les autos, à vélo dans Paris on dépasse Flussufer (la lung ei-
les taxis.» – «Bist du lebensmüde?», war Seine) Fuss- und ner ge-
die meistgehörte Reaktion, als ich kund- Radwege benutzen, ringen
tat, dass ich mir ein Fahrrad besorgen zudem wird vorsich- Benut-
wollte. Mag ja sein, dass zu Joe Dassins tiges «Trottoirfahren» in zungsge-
Zeiten im Jahre 1972 das Verkehrschaos Frankreich sogar von der bühr via Bank-
um einiges geringer war, doch ich liess Polizei toleriert. Ein «VTT» karte, für nur 29
mich dadurch nicht einschüchtern. (vélo tout terrain) ist zu empfeh- Euro kann man die
Und es hat sich gelohnt! Die erste grosse len, denn damit kann man die un- Fahrräder ein ganzes Jahr
Fahrradtour hat mich vom «Land» – da, zähligen Randsteine in der Innenstadt frei benutzen. Ein anderer
wo der Campus der HEC liegt – bis in die pannenlos überwinden. Das «Vélo» ist Trend ist «Paris Rando Vélo»; das
Grossstadt und zu deren Wahrzeichen, übrigens in Paris generell im Aufwind: sind organisierte Massenausfahrten
dem Eiffelturm, geführt. Es ist schon ein Wie in vielen anderen Grossstädten gibt auf dem Fahrrad, so wie man das z. B.
gutes Gefühl, wenn man nach 90-minü- es seit Juli 2007 auch in Paris so genannte von den Inlineskatern (Monday Night
tiger Fahrt plötzlich vor dem imposanten «Stadtvelos» (hier «Vélib» genannt), die Skate) kennt. Und übrigens: Auch mit
Turm steht. Mit einer guten Strassenkarte man an vielen öffentlichen Orten neh- dem öffentlichen Verkehr ist man nicht
ausgerüstet, kann man den Grossstadt- men und wieder abstellen kann. 20'600 viel schneller beim Eiffelturm. «Vive le
gefahren aus dem Wege gehen: Über Fahrräder sind auf 1'451 Stationen ver- vélo» also!
Nebenstrassen gelangt man in die Stadt, teilt. Das Aufschliessen des Fahrrades Franco Buehlmann, HEC Paris

Engel & Teufel


Wie bringt man 80 Studenten in zwei 10-m2-Zimmer?
Oder: Wie ruiniert man schon in der zweiten Semester-
woche zwei Zimmer auf dem Campus?

M an folge folgender Anlei-


tung:
Man fährt in den Austausch nach
ss verkleidet aus (so heiss, dass
einer irgendwann auf die Idee
kommt, mit dem Feuerlöscher
Paris (genauer gesagt: ins Nir- auf dem Gang zu spielen). Man
gendwo nach Jouy-en-Josas) und spielt bis in die frühen Morgen-
wartet, bis Karneval ist (damit stunden laute Musik ab (so, dass
auch ja alle in Partystimmung man am nächsten Tag sicherlich
sind). Unter dem Motto «Sexy von jedem Nachbarn mit einem
Angels & Horny Devils» (um bösen Blick begrüsst wird) und
dem Besäufnis einen Sinn zu erhält am Schluss der Party von
geben) stellt man den Event auf den französischen (und schon
Facebook und löst aus Versehen seit langem auf dem Campus
einen Schneeballeffekt aus (da- wohnenden) Mitstudenten das
mit auch sicherlich mehr als die Prädikat «Beste Party, die es
geplanten 40 Leute erscheinen). je gab» verliehen. So einfach
Um die durstigen Kehlen zu versorgen, Gegenstände ausser Reichweite der Gä- geht das!
geht man in den nächsten Supermarkt, ste (und stellt am nächsten Tag fest, dass
kauft 35 Liter Alkohol (5 Liter feinsten trotzdem einige Dinge offenbar neue Zwei werdende anonyme Alkoholiker
französischen Wein, 20 Liter Bier, 10 Besitzer gefunden haben). Die Gäste vom Campus der HEC:
Liter Wodka, Martini, ...). Sicherheits- kommen schlussendlich 1 Stunde später T. M. & M. M., HEC Paris
halber verstaut man alle persönlichen als geplant, sehen dafür wirklich hei-

3 47 prisma – April 2009


Intelligentes studentisches
Recruiting – Jobzippers
Seit kurzem ist eine neue Recruiting Webseite für
Studenten in den Weiten des World Wide Web zu
finden. Unser Redaktor Lukas Amacher sprach mit
dem Gründer Peter Vogel über die Seite und über
unternehmerische Erfahrungen.

Lukas.Amacher@student.unisg.ch
prisma-Redaktor

B ei uns an der HSG hört man oft: «Ich


will Unternehmer werden». Mit Job-
zippers haben du und dein Team etwas
Kollegen ein Lifestyle-Magazin für die
Bodensee-Region mit einer Auflage
von 35'000 Exemplaren gegründet. Dies
bung» von Produkten statt, sozusagen
die Wegbewegung von physischen Pro-
dukten hin zu immateriellen Dienstlei-
auf die Beine gestellt, das schon über 82 hat mich sicherlich unternehmerisch stungen?
(inter-)nationale Firmen beeindruckt geprägt, gerade weil ich in dem Alter Ich finde es sehr beneidenswert,
hat. Wie hat das Ganze angefangen? bestimmt einige zusätzliche Hürden wenn man mit solchen Ideen so schnell
Den Grundstein zu Jobzippers ha- nehmen musste, um Kunden zu ge- so viel Geld machen kann. Als Maschi-
ben mein Mitgründer und ich Ende winnen. Im Jahre 2004 habe ich an der nenbauer schüttle ich da natürlich ein
November 2007 gelegt, als wir merkten, ETH Zürich ein Maschinenbaustudium wenig den Kopf, da für mich ein Mehr-
dass es im Bereich des studentischen begonnen. 2007 habe ich dann den Ba- wert mit etwas Greifbarem assoziiert
Recruitings ein enormes Defizit gibt. chelor in den USA am Georgia Institute ist. Man sieht ja bei einigen dieser
Damals haben wir uns selber ein we- of Technology abgeschlossen. Seit Ende Plattformen, dass sich die Investoren
nig mit dem Thema Berufseinstieg be- 2007 bin ich im Masterstudium der Me- damit schwertun, nur annähernd die
schäftigt und mussten feststellen, dass dizintechnik an der ETH und schliesse horrenden Beträge, die sie einst in die-
«Career Services» an Hochschulen nur dieses Ende März ab. se Unternehmen gesteckt haben, wieder
selten gut umgesetzt sind. (Die HSG ist zu erwirtschaften. Das Internet bietet
sicherlich eines der Ausnahmebeispiele, Hast du von akademischer Seite her ir- natürlich enorme Möglichkeiten, ins-
wo viel Zeit und Geld investiert wurde, gendwelche unternehmerische Bildung besondere, wenn man ein global aktives
um etwas Sinnvolles auf die Beine zu oder denkst du, dass man Unternehmer- Unternehmen gründen will. Das war frü-
stellen. Das ist an vielen anderen Hoch- tum eher im Blut hat? her nicht so einfach möglich. Aber man
schulen nicht der Fall.) Daher bieten wir Ich hatte bisher weder eine unter- darf sich als Gründer einer Internet-Fir-
eine zentralisierte Lösung an, die den nehmerische noch eine wirtschaftliche ma nichts vormachen. Viele Firmen ver-
Hochschulen die Mühen erspart, etwas Bildung. Ich denke nicht, dass dies eine schwinden mindestens genauso schnell
Eigenes aufbauen zu müssen. Da wir Voraussetzung ist, um ein erfolgreicher wieder, wie sie entstanden sind. Daher
beide keine Programmierer sind, war der Unternehmer zu sein. Ich denke, dass sollte man umso mehr darauf achten,
nächste logische Schritt, ein funktionie- für das Unternehmertum am Anfang ei- dass das USP der Firma die Gründung
rendes IT-Team auf die Beine zu stellen. nige Grundkonzepte ausreichen (Busi- rechtfertigt. Immaterielle Dienstlei-
Hier haben wir dann im Dezember 2007 ness Development und Finanzplanung). stungen werden nie physische Produkte
über einen Bekannten von mir einen Das sind aber alles Dinge, die man sich ersetzen. Es ist lediglich eine Erweite-
Glücksgriff gemacht und zwei Program- mit ein wenig Fleiss sehr schnell selber rung der Produktpalette, die den Abstra-
mierer sowie einen Designer gefunden. beibringen kann. Ich glaube, dass das hierungsgrad immer weiter treibt.
Danach haben wir ein Konzept erstellt Commitment des Teams sowie das USP
und uns an die Umsetzung gemacht. des Produktes viel wichtiger sind als der Glaubst du, dass sich Sozialnetzwerke
Hintergrund des Gründers. auszahlen werden oder dass sie früher
Wie sieht dein Lebenslauf aus? Hast du oder später wegen mangelnder Profita-
studiert? Was denkst du zum Internetunterneh- bilität wieder umgestaltet werden müs-
Ich wurde 1984 in München gebo- mertum (Facebook etc.)? Glaubst du, sen?
ren. Ich bin amerikanischer und öster- dass das Internet im Bereich der Unter- Ich denke, dass solche Netzwerke
reichischer Staatsangehöriger. Im Jahre nehmungsmöglichkeiten überbewertet eine unglaubliche Macht haben. Das
2000 habe ich gemeinsam mit einem wird, oder findet einfach eine «Verschie- sieht man ja auch an den kürzlich durch-

48 prisma – April 2009


3
geführten Änderungen der AGB von sonstigen Un-
Facebook, die zu einem globalen Auf- terlagen.
stand geführt haben (bzw. noch führen
werden). Personalisierte Werbung ist Wenn ich das
grundsätzlich eine sehr lukrative Angele- so höre, so
genheit, auch wenn derzeit der Revenue- scheint mir
Stream der Website-Werbung sicherlich Jobzippers vor
nicht der interessanteste ist. Ich sehe die allem für die
Entwicklung solcher Internet-Portale Firmen sehr at-
ein bisschen wie Grundlagenforschung. traktiv zu sein.
Man experimentiert, modifiziert – und Wo liegt denn
plötzlich hat man eine Lösung. Auch genau der Vor-
wenn man nicht sofort weiss, was man teil für die Stu-
nun mit diesen bahnbrechenden Resul- denten?
taten anfangen soll: irgendwann wird Jobzippers
eine profitable Anwendung kommen. bietet Studie-
renden neben
Erkläre mir das Prinzip von Jobzippers. den oben ge-
Was ist die Neuheit und der Vorteil ge- nannten Punk-
genüber anderen Jobplattformen und ten weitere
Recruiting-Diensten? Vorteile: Zum einen müssen sich die den, selber vom Mentee-Status in den
Jobzippers bindet sich an Hoch- Studierenden durch unsere Anbindung Mentor-Status zu wechseln, um wiede-
schulen an und baut dadurch ein zen- an die Hochschulen bei uns nicht regis- rum den nachrückenden Studierenden
tralisiertes Netzwerk von Career Ser- trieren, sondern können sich einfach mit beim Berufseinstieg zu helfen. Hier soll
vices auf. Dies bietet zum einen den der Matrikelnummer einloggen. Dieses gerade an Hochschulen, an denen noch
Mehrwert, dass Unternehmen über System besteht bisher für die Schweiz kein ausgeprägtes Alumni-Netzwerk exi-
eine zentrale Plattform gleichzeitig auf und Deutschland und wir planen, dies stiert, ein solches aufgebaut werden.
mehrere Hochschulen zugreifen kön- sobald wie möglich auf weitere Länder
nen. Darüber hinaus bieten wir neben auszuweiten. Es gibt nichts Schlim- Gab es Business Angels, andere Kapital-
der Vernetzung zur Industrie auch eine meres, als sich auf dutzenden verschie- geber oder Förderungen in irgendeiner
Vernetzung innerhalb der Hochschulen denen Portalen Accounts anlegen zu Art? Wenn ja, in welchem Stadium?
an, d. h. dass sich Institute präsentieren müssen. Zum anderen soll ein Career Am Anfang dachten wir, dass wir
sowie Thesen ausschreiben können. Es Center nicht nur eine Übersicht der Venture Capital aufnehmen müssten,
gibt eine Vielzahl von Jobbörsen im In- verfügbaren Jobs, sondern einen kom- um ein erfolgreiches Start-up zu sein.
ternet, aber um ein Career Center be- pletten Service anbieten. Dazu muss Wir haben uns dann aber dagegen ent-
treiben zu können, muss eine sehr breite man die Studierenden bereits während schieden, um unseren Einfluss im Un-
Produktpalette angeboten werden. Job- des Studiums für das Portal begeistern ternehmen nicht zu verlieren. Darüber
zippers offeriert neben den klassischen können, z. B. durch diese bereits ange- hinaus wollten wir ein gewisses Mass an
Elementen – Unternehmensporträts sprochenen Web-2.0-Features, die Ver- Flexibilität behalten, da wir ja auch noch
und Ausschreibungen für Jobs, Praktika, mittlung von Hilfsassistentenjobs, Prak- unser Studium zu absolvieren hatten.
Trainee- und PhD-Positionen sowie für tika sowie Bachelor- und Masterarbeiten Gerade am Anfang hat uns unser Advi-
Thesen – auch noch weitere Produkte: in den einzelnen Instituten der Hoch- sory Board sehr geholfen, grundlegende
Der CV-Generator ermöglicht es Studie- schule (durch das flächendeckende Dinge zu beachten. Seit Januar werden
renden und Absolventen, schnell und Netzwerk an Career Services kann auch wir auch durch das KTI Start-up-Förder-
effizient einen Lebenslauf anzulegen. nach hochschulübergreifenden Arbeiten programm der Schweizer Eidgenossen-
Dieser kann für alle Bewerbungen über recherchiert werden, was wiederum die schaft unterstützt. Die Finanzierung von
Jobzippers direkt in die virtuelle Bewer- Internationalität fördert). Hierfür ist na- Jobzippers läuft derzeit komplett über
bungsmappe eingebunden sowie un- türlich eine enge Zusammenarbeit mit mich. Das Ziel ist, noch im nächsten
mittelbar in ein PDF-File umgewandelt den einzelnen Instituten notwendig. Mit Quartal schwarze Zahlen zu schreiben.
werden und dient auch dazu, dass sich Abschluss des Studiums sollte der Stu-
Unternehmen bei den Studierenden be- dierende dann über das Portal den rich-
werben können und nicht (nur) umge- tigen Einstiegsjob oder aber auch eine
kehrt. Darüber hinaus bieten wir einen PhD- oder Trainee-Stelle finden können.
Event-Kalender sowie Event-Manage- Das Mentoring-System soll dabei helfen,
ment an Hochschulen, Mentoring- und den richtigen Weg einzuschlagen. Nie-
Alumni-Systeme, Stipendienservices in mand kann einem bessere Ratschläge
Kooperation mit der Regierung und Un- geben als jemand, der irgendwann ein- Peter Vogel ist 25 Jahre alt, studiert an
ternehmen sowie «Web 2.0»-Funktionen mal dasselbe mit denselben Vorausset- der ETH mit Bestnoten und ist in sei-
für Studierende wie z. B. die Vermittlung zungen durchgemacht hat. Sobald der ner Freizeit Sportfanatiker. Sein Portal
von Nachhilfe oder der Austausch von Account an der Hochschule ausläuft, www.jobzippers.com ist online gegan-
Dokumenten, Büchern, Prüfungen und werden die Kandidaten dazu eingela- gen.

3 49 prisma – April 2009


«Kacke ist auch schön»
Der Kulturaustausch zwischen den Studenten einzelner Stu-
dienrichtungen sollte gefördert werden. Zu diesem Zweck
wurde das Gespräch mit Bernhard Hegglin, einem Kunst-
studenten an der Kunsthochschule Bern, gesucht. Der Nach-
wuchskünstler ist so gar nicht HSG-like.

Valentin.Diem@student.unisg.ch
Ressortleiter 360°

vom Austausch unter mei- Nichtkünstlern. Also, wenn du ange-


nen Kollegen. Es herrscht schissen bist, machst du einfach nichts,
überall Chaos: in der Küche, es ist allen egal. Das ist eigentlich super.
am Arbeitsplatz. Es ist nicht
klar, für was dies und jenes Kämpfst du mit irgendwelchen Vorurtei-
gebraucht werden sollte – len?
was man nicht braucht, das Die Frage ist irgendwie ein biss-
hat es im Überfluss und um- chen schwierig, also, nicht schwierig.
gekehrt. Eigentlich alle – das heisst, der grösste
Teil – aus meinem Umfeld sind selbst
Wie viele Vorlesungen hast praktizierende Künstler oder setzen sich
du? zumindest intensiv mit der Materie aus-
Gesamthaft einen Tag. einander.
Dazu kommen noch prak-
tische Kurse wie Werkstatt Praktizierend? Das klingt nach Sekte,
oder was man eben will. Ei- verdammte Künstlermafia!
nen weiteren Tag verbringe Also der Klassiker; du triffst alte
ich mit Gesprächen mit ex- Schulkameraden und die fragen: «Was
ternen Experten und Men- machst du so, ein bisschen malen?» An-
toren. fangs hat mich das gestört, jetzt sage ich
einfach, ja, ich male Bildli.
Was wird in den Vorle-
sungen behandelt? Wie man Aber mal im Ernst, was machst du wirk-
Kunst macht? lich?
Nein, es geht um zeitge- Ach hör' auf, das weiss ich doch
nössische Kunst. Mal dies, nicht, ich bin noch am suchen. Ich hoffe
mal das, eigentlich recht trotzdem, irgendwann so etwas wie ein
unakademisch. Thema zu finden. Aber im Moment ma-
che ich Skulptur.
Also muss man sich das wie
im Handarbeitsunterricht Wie bist du auf die Idee gekommen,
an der Primarschule vor- Kunst zu studieren?
Wie sieht ein normaler Arbeitstag von stellen? Das war das einzige, was ich konn-
dir aus? Nein, nein, es sind schon richtige te (lacht). Es ist wirklich so. Alle sagten,
Wir haben relativ selten Vorlesung. Vorlesungen, mit Referaten und an- dass ich das machen sollte.
Gut ausgeschlafen gehe ich so um 10.00 schliessender Diskussion. Wenn es aller-
Uhr aus dem Haus. Gegen Mittag kreuze dings um technische Aspekte wie Zeich- Ich dachte immer, Künstler wären die
ich dann im Atelier auf. Nach dem Mit- nen geht, bin ich mehr ein Autodidakt. letzten Freigeister, denen es egal ist, was
tagessen arbeite ich bis zirka 21.00 Uhr die Gesellschaft sagt.
abends an meinen Projekten. Wie ist es, ohne Auftraggeber, Klienten Ich mache schon das, worauf ich
oder Chef zu arbeiten? Lust habe; es ist mehr ein Idealfall, denn
Hast du ein eigenes Atelier? Grundsätzlich stellen sich Künstler mein Umfeld unterstützt mich in mei-
Wir arbeiten in einem Gemein- ihre Probleme selber. Das ist vielleicht nen Vorhaben. Es gibt keinen Grund,
schaftsatelier. Die Arbeit lebt so auch auch ein Hauptunterschied zu den «nein» zu sagen.

50 prisma – April 2009


3
Was sind deine Motivationen im Studi- lichen HSG-Studenten
um: Eher im materiellen Sinne erfolg- Gedanken gemacht.
reich zu werden oder dich selbst zu fin- Desinteresse ist ja nicht
den? zwingend negativ. Ich
Es geht primär um Selbstverwirkli- glaube, ihr wollt den
chung. Das heisst allerdings nicht, dass ganzen Tag die Welt ret-
Materielles nicht auch erstrebenswert ten, weil ich das nicht
ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich mache.
beides erreichen kann.
Interessierst du dich für
Du willst also auch finanziell erfolgreich den Kunstmarkt?
sein? Bedingt schon. Es
Ja, sicherlich. Es wäre zu romantisch ist spannend, weil es
zu sagen, es ginge nur um die künstle- mich tangiert, aber es
rische Entwicklung. ist jetzt nicht das Superthema. Ich habe Gehst du abstimmen?
noch nie eine Arbeit verkauft. Doch, Ja, aber unter Anleitung meines Va-
Ab wann ist man denn finanziell erfolg- meine Abschlussarbeit, das waren viele ters (lacht).
reich? kleine Zeichnungen, die habe ich für
Wenn man genug zum Leben hat. CHF 2.50 im 6er-Set verkauft. Was machst du am liebsten?
Nein, das ist noch nicht erfolgreich, oder Ich mache nichts am liebsten. Aber
schon? Ich glaube schon. Würdest du ausstellen, wenn du könn- sehr gerne rede ich über Kunst.
test?
Du machst gerade deinen Bachelor. Wie Jetzt gerade nicht. Die Arbeit, die Was wolltest du der Welt schon immer
viele Studenten sind in deinem Lehr- mich momentan beschäftigt, erscheint einmal mitteilen?
gang? mir noch zu wenig ausgereift. Ältere Seid nett zueinander. Das ist mir
Ich schätze mal 40 Studenten. Dabei Werke würde ich schon ausstellen. sehr wichtig, das ist das Letzte, was ich
muss man aber noch wissen, dass viele sagen werde.
irgendwo sonst ihr Atelier haben und Was ist für dich ultimativ hässlich?
vielleicht einmal im Semester an die Uni Alles ist auf seine Art schön. Kacke Noch sonst etwas?
kommen. ist auch schön. Wenn etwas nicht schön Danke, danke, danke!
ist, dann fehlt etwas, obwohl, es ist sehr
Wieso studierst du ausgerechnet in schwierig, bewusst Hässliches zu pro- Nein, nein, ich sage danke.
Bern? Ist das nicht ein wenig langsam? duzieren. Ich finde beispielsweise den Bitte.
Es macht Sinn für die künstlerische Hummer H2 extrem hässlich. Und diese
Entwicklung, nicht «zuhause» zu studie- Lego Bionic Spielzeuge, grauenhaft.
ren. Bern ist perfekt, gerade weil es ruhig
und langsamer als beispielsweise Zürich Hast du ein Lieblingsmuseum?
ist, das gefällt mir. Das Helmhaus gefällt mir gut. Die
Kunsthalle Bern ist toll und letztens Bernhard Hegglin ist 20 Jahre alt und
Wie stellst du dir den HSG-Alltag vor? war ich in München im Haus der Kunst, studiert an der Kunsthochschule Bern
Da fallen mir nur Klischees ein. Ich welches beeindruckend riesig ist. In- «Fine Arts». In seiner Freizeit kocht er
glaube, ihr müsst viel zuhören, viel lesen haltlich ist die Kunsthalle Bern mein gerne Hotdogs, Risotto und Eintöpfe,
und Probleme lösen. Ich habe mir nicht Favorit. dazu trinkt er Tee.
wirklich jemals über den durchschnitt-

3 51 prisma – April 2009


Die Liste
Die besten Orte in St. Gallen und Umgebung,
um sich die Zeit zu vertreiben.

Valentin.Diem@student.unisg.ch
Ressortleiter 360°

Kunstmuseum St. Gallen


Ein wirklich gut kuratiertes Museum, die Ausstellungen sind top. Ausserdem fühlt man sich nach dem Besuch
immer so unglaublich gebildet und interessant.

Trischli
Wer noch nie mit einer (noch angezogenen) Hose neben dem Bett aufgewacht ist und ein paar Trischlidollars
in seinem Hosensack gefunden hat, der hat keine Ahnung vom Ausgang in St. Gallen.

Restaurant Jägerhof
Das Mittagsmenü ist das unbesiegbare Angebot. 17 Gault-Millau-Punkte, drei Gänge für CHF 22.50 – noch
Fragen?

Appenzell
In dieser Märchenlandschaft ist einfach alles schön. Sogar Wandern.

Pier 7462 Uttwil


Die Bar ist direkt am Wasser. Hier können Sportmuffel endlich mal mit Sportfreaks zusammen etwas unter-
nehmen. Die einen nutzen das Wakeboarding-Angebot, die anderen schauen Raketen leckend zu.

Schiessstand in Abtwil
Einfach mal Dampf ablassen und wild um sich schiessen ist eine der besten Therapien gegen jegliche Pro-
bleme.

Spaziergang im Peter und Paul


Die verdammten Wildschweine sollen endlich mal aus ihrer Hütte kommen!

Kinok
Das Alternativkino zeigt wirklich sehenswerte Filme. Dazu gibt es auch noch ein Glas Wein.

Badi Rotmonten (nur im Sommer)


Was gutes Lernen bedeutet, demonstrieren in der Sommerlernphase immer wieder die paar Spassvögel, die
mit nasser Badehose bekleidet an der Uni rumgeistern. Es funktioniert ganz leicht: eine Stunde in der Badi Rot-
monten, zwei Stunden in der Bib, dann wieder Volleyball, etc.

Drei Weihern (auch im Winter)


Wer noch nie vom «Baum» in die entenkotverseuchte Brühe gesprungen ist, geht definitiv zu oft in die Bib.
Man munkelt, in einer verregneten Herbstnacht auch schon nackte HSGler auf dem Inseli gesichtet zu haben.

Säntispark
Zum Relaxen bieten sich die Saunalandschaft und das Sprudelbad an. Um gegen das schlechte Gewissen
anzukämpfen, kann man auch noch ein paar Klimmzüge im Solebad machen.

Die Terrasse des Restaurants Scheitlinsbüchel


Im Biergarten kann man über die ganze Stadt blicken, bis zum Bodensee, und tief in die Schäume stechen.
Danach gibt es sogar noch die Möglichkeit, bei den nahe gelegenen drei Weihern besoffen Minigolf zu spielen.

Bowling
Die Königsdisziplin unter den Barsportarten hat das schweizerische Kegeln verdrängt, weil es jeder Trottel
einigermassen lernen kann. Am Mittwoch gibt es Discobowling gleich neben der Olma.

52 prisma – April 2009


3
M enschen
54 Herausgepickt: Andrea Forrer
56 prisma-Kochwettbewerb
58 Partypictures
60 Profs privat: Christoph Frei
62 Hans Rüttimann
Andrea Forrer

Herausgepickt
Wie bist du zur HSG gekommen? für meine weiblichen Vorbereitungs-
Ich wurde auf der Strasse angespro- prozeduren, dann gehe ich zusammen
chen. Man erzählte mir von einer kleinen mit einem zwischenmenschlich inte-
idyllischen Stadt mitten in den Bergen … ressanten, emotional intelligenten Men-
und dann mit dem Zug. Nein, ich wollte schen in ein schönes Restaurant mit
die Möglichkeit nutzen, die mir damals gutem Essen. Danach wird ein leckerer
als bestmöglich erscheinende Ausbil- Cocktail in einer «fancy» Bar geschlürft.
dung zu geniessen, um mir so die Chan-
ce zu geben, letztendlich auch wirklich Welche drei Dinge würdest du auf eine
den für mich richtigen Beruf wählen zu einsame Insel mitnehmen?
können. Parisienne Orange («i dä Box»), Fo-
toapparat und so einen Zauberhut, aus
Was gefällt dir hier? dem man alle Dinge holen kann.
Dass der Bus direkt vor den Vorle-
sungssaal fährt. Und die kleinen Ponys Wie bereitest du dich auf die Prüfungen
auf der Weide vor dem Provisorium. Und vor?
dass ich hier an meine Grenzen stosse, Mit Lernplänen, die ich am besten
was einen nur weiterbringen kann. Zu- schon zu Beginn des Semesters angefer-
sätzlich habe ich wertvolle Freunde ge- tigt habe, nur um ihnen dann nicht ge-
funden. recht werden zu können. Das heisst, ich
lerne in einem Wechselspiel zwischen
Was stört dich? möglichem Lerntod und dem Versuch,
Ich habe manchmal Mühe mit dem dem Leben erhalten zu bleiben. Also mit
Andrea Forrer Ambiente. einem Riesenstress. Dieses Drama spielt
Geburtsdatum 21.07.1987 sich dann in der Bibliothek der Uni ab.
Kommt aus Muttenz (BL) Was würdest du an der HSG ändern? Der einzige Vorteil ist dabei, nach den
Beziehungsstatus Single Unabhängig von der Realisierbarkeit Prüfungen mit dem Gefühl des Neuge-
Wohnsituation Allein in der Räu- würde ich zunächst einmal die Uni ver- borenseins den Berg hinabrauschen zu
berhöhle grössern und verschiedene Fakultäten können und die Welt umarmen zu wol-
Semester 4. Semester integrieren, welche dann ihre Footprints len.
Studienrichtung BWL bezüglich ihrer Eigenheit im Wirtschafts-
Lieblingslied Love is Noise alltag hinterlassen. Das würde für mehr Wie würde dein Traumberuf aussehen?
(The Velvet) Abwechslung und Anregungen sorgen. In einem klimatisch warmen Land
Liebslings-TV-Serie Navy C.I.S. und in einem Betrieb mit einer offenen,
Lieblingsfilm Gran Torino In einer langweiligen Vorlesung ... sympathischen und ehrlichen Kultur im
Lieblingsgetränk Cosmopolitan ... gibt es «20 Minuten» oder Tag- Bereich des Personalwesens oder Mar-
Lieblingsbar Rouge (Basel) träumereien, wie man die Welt verbes- ketings.
sern könnte (zum Beispiel: integrierter
Starbucks an der Uni und Siesta-Räume Vor 10 Jahren war ich …
mit Hängematten). … ahnungslos, mit der Vorstellung,
die Welt erobern zu wollen.
Wie gestaltest du deine Freizeit?
Freizeit ... ja ... wenn möglich mit In 10 Jahren werde ich …
waghalsigen Versuchen, zusammen mit … noch weniger Ahnung haben und
einer Kommilitonin um sechs Uhr mor- die Welt beherrschen … und hoffentlich
gens im Schnee bei gefühlten -50° C jog- meine Werte, Vorstellungen, Illusionen
gen zu gehen. Ansonsten mit dem Tref- und Träume beibehalten.
fen von Freunden und Familie. Martin Schulz

Wie sieht für dich der perfekte Abend


aus?
Zunächst brauche ich genug Zeit

54 prisma – April 2009


M
prisma-Kochwettbewerb
Nach dem perfekten Mittagessen war
prisma diesmal wieder zu einem klassi-
schen Dinner eingeladen
Jeffrey.Voegeli@student.unisg.ch
prisma-Redaktor

N ach einem appetitanregenden Spa-


ziergang auf den Rosenberg wurde
ich von den vier Bewohnern willkom-
weit das Land mit den meisten Miche-
lin-Sternen pro Kopf. Noel, Robert und
Gabriel haben als Bürger dieses Schla-
men geheissen. Schön ruhig ist es dort raffenlandes also bestimmt einen guten
oben, wo viele Bäume zwischen den Einfluss auf Oliver, den Deutschen.
Häusern stehen und man – wüsste man
es nicht – vergessen könnte, dass man in Nicht nur sind drei von vier Bewoh-
der Grossstadt St. Gallen ist. Leider wird nern Schweizer, diese sind auch alle auf
die Ruhe durch die Zöglinge des Insti- der Assessment-Stufe. Ich deute es als
tuts auf dem Rosenberg empfindlich ge- gutes Zeichen, dass trotzdem regelmäs-
stört. Es scheint, man bringe den Schü- sig Zeit für gemeinsame Essen bleibt.
lern dort nicht bei, dass die Tatsache, Wie mir erklärt wurde, wird jeweils am
dass der Passant kein Russisch versteht, Montag festgelegt, wer wann kocht. Da-
nicht unbedingt ein Grund ist, sich der- nach braucht sich jeder nur noch um
art laut zu unterhalten. Es ist aber offen- seinen Tag zu kümmern und kann sich
sichtlich doch ganz lustig, wenn man in während dem Rest der Woche einfach
der Nähe des Instituts wohnt: Wo sonst an den gedeckten Tisch setzen. Am Wo-
kann man beobachten, wie jemand für chenende findet dann auch in dieser
den nicht mal zweihundert Meter lan- WG der übliche Exodus statt und man
gen Schulweg ein Taxi nimmt, weil die geht heim zur Mami, um sich den Bauch
Absätze keine mehr als zwanzig Meter gleich noch mal vollzuschlagen.
lange Strecke zulassen?
Bedienung wie im Restau-
«In dubio pro reo» rant
Mit solchen Anekdoten und der all- Die Tatsache, dass wir erst spät ka-
gemeinen Vorstellungsrunde ging auch men und beim Kochen nicht dabei wa-
der Apéro mit Bruschetta ganz schnell ren, gab dem Ganzen ein angenehmes
vorbei und wir wurden zu Tisch gebe- «Restaurantfeeling». Wenn man sich
ten. Schade daran, dass es so schnell nicht mit der harten Arbeit auseinander-
ging, bis wir zu Tisch gebeten wurden, setzen muss, die hinter jedem Gericht
ist, dass ich gar keine Gelegenheit hat- steht, isst es sich viel unbeschwerter.
te, beim Einkauf oder bei den Vorbe- Man hat dann auch nicht den Eindruck,
reitungen dabei zu sein. So bin ich bis man müsse die Mühe mitbewerten, son-
heute im Ungewissen darüber, ob nicht dern kann sich ganz auf den Geschmack
doch ein wenig getrickst wurde. Um den konzentrieren. Bei der Vorspeise war
Spass an der Sache zu erhalten, müssen der ausgezeichnet. Die Tomaten hat-
wir uns wohl alle auf die Ehrlichkeit der ten ihren Eigengeschmack gut behalten
vier Köche verlassen. Es ist auch schwer und die Suppe war auch nicht zu auf-
vorstellbar, dass ein geistig gesunder dringlich gewürzt. Den Minzpesto dazu
Mensch betrügen sollte, nur um den Ein- halte ich für eine gute Idee. Vielleicht
druck zu vermitteln, er könne kochen. aber wäre eine Warnung angebracht
Dieser Eindruck wurde uns tatsächlich gewesen, dass schon eine Messerspitze
effektvoll vermittelt. von dem Zeug der Suppe nicht nur eine
Note, sondern einen komplett anderen
Dies liegt sicherlich daran, dass die Geschmack verleiht. Weiterhin wäre es
Schweizer in dieser WG in der Überzahl zu empfehlen gewesen, die Teller vorzu-
sind. Schliesslich ist die Schweiz welt- wärmen oder bereits auf dem Menuplan

56 prisma – April 2009


M
kommen, wie er es sich gewünscht hatte. wesen war, habe ich einen Nachschlag
Dieses Filet hat mich aber auch darauf nicht ausgeschlagen. Wie schon bei der
gebracht, dass wir bei der Bestimmung Suppe ist es den Köchen sehr gut gelun-
des Budgets die abnehmenden Grenz- gen, den Geschmack der wichtigsten
kosten ausser Acht gelassen haben. Wie Zutat zu erhalten. Weder war die Beila-
sonst wäre es möglich, dass sich alle bis- ge zu dominant, noch war die Sache zu
herigen Teilnehmer über zu wenig Geld süss. Das wäre allerdings auch nicht so
beschwert und Schwein serviert haben. tragisch gewesen. Gerade an dem Punkt,
Wir möchten uns an dieser Stelle für die- wo normale Menschen eigentlich nicht
sen Berechnungsfehler entschuldigen. mehr weiteressen, wurde eine kleine
Begabte Studenten sind eingeladen, ihre Käseplatte aufgetragen. Diese, im Ver-
Berechnungen zum Thema Grenzkosten bund mit einem Dessertwein, gab allen
bei viergängigen Menus an die Redakti- so schön den Rest, dass sich die Runde
on zu schicken. Sollten wir Verwendung bald auflöste.
für die erwarteten bahnbrechenden
Erkenntnisse haben, werden diese mit Unvergleichlich …
Eintrittskarten zur nächsten prisma- Die schwierigste Aufgabe des pris-
Party belohnt. ma-Genussredaktors ist es, die bishe-
rigen zwei Konkurrenz-WGs zu verglei-
Aber zurück zum Hauptgang. Da chen und zu bewerten. Wie kann man
anzukündigen, dass die Suppe eine lau- schmeckte wirklich alles ausgezeichnet. das perfekte Mittagessen mit einem klas-
warme ist. Mein Problem war, ähnlich wie schon sischen Abendessen vergleichen? Beide
bei der Suppe, dass manche Zutaten waren, was das Handwerkliche betrifft,
Mit der zweiten Vorspeise wurde mehr Geschmack entfalteten als andere. nahe an der Perfektion. Zwar hatte ich
dann alles ausgeglichen, was an der Deshalb schmeckte das Filet halt etwas in der letzten Ausgabe einen Gang we-
Suppe zu bemängeln war. Abgesehen mehr nach dem Speckmantel als nach niger und nur ein Getränk. Dafür bin
davon, dass es grundsätzlich bei jedem der Kuh. ich aber heute noch beeindruckt von
Essen mehrere Vorspeisen geben sollte, der Energie, mit der die Schnitzel ange-
schmeckten die selbst gemachten Ravi- Die Nemesis gangen wurden. Am Ende bleibt nur, die
oli auch wirklich gut. Die Gastgeber ga- Und dann kam die Nemesis. Oder Reminiszenzen an die guten alten Tage,
ben denn auch unumwunden zu, dass zumindest wurde sie auf der Karte ange- ebenso wie die Freude über die schog-
Jamie Oliver ihnen ein wenig behilflich kündigt. Meine Gedanken überschlugen gigste Schoggitorte, hintanzustellen und
gewesen war. Wenn man sich für einen sich, während ich darüber nachdachte, sich streng an die vier Punktekategorien
echten Gourmet hält, rümpft man viel- welches Dessert dieses Prädikat verdie- zu halten.
leicht die Nase über so einen Fernseh- nen würde. Vor meinem inneren Auge
koch. Für den kulinarisch eher einfach sah ich eine Torte, die man nicht durch
gestrickten prisma-Redaktor war es bei die Tür kriegt und die so viele Kalorien Das Rating
weitem gut genug. Ich nehme das auch hat, dass man in manchen Ländern ein Organisation 10
8
als weiteren Beweis, dass es besser ist, ganzes Dorf versorgen könnte (siehe
ein einfaches Rezept gut umzusetzen, Thema).
als ein anspruchsvolles zu versauen. Dekoration 9 10
Mit den Kalorien lag ich richtig, mit
Die Kuh im Saumantel dem Umfang nicht. Was ich bekam, war Komposition 8 10
Glücklicherweise haben die zwei die angeblich «schoggigste Schoggitor-
Chefköche Noel und Oliver aber auch te der Welt», serviert mit Erdbeercoulis
Ausführung 7 10
den Hauptgang nicht versaut. Im Gegen- und Vanilleeis. Auch wenn die Ankün-
teil, jeder am Tisch hat sein Filet so be- digung vielleicht etwas vollmundig ge-
32

M 57 prisma – April 2009


Summer Semster Begin Party
25. Februar 2009, Elephant Club
nächste Party: 15. April 2009, Elephant Club

58 prisma – April 2009


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M 59 prisma – April 2009
Profs privat: Christoph Frei
«Manchmal ist der Weg tatsächlich so gut wie das Ziel»

Annika.Sonderegger@student.unisg.ch Sarah.Umbricht@student.unisg.ch
prisma-Redaktorin prisma-Redaktorin

W as uns wohl bei ihm, dem vieler-


orts gelobten Professor im Be-
reich International Affairs, erwarten
war damals gerade zwei
Jahre alt –, verliess die
Familie den grossen
wird? Wuchernde Pflanzen, Wände vol- Bauernhof. Im Alter
ler Bilder aus aller Welt, Berge von Bü- von 13 Jahren trat der
chern über Politik? Gespannt steigen wir Jüngste, wie seine Brü-
die Treppe hoch, nachdem wir endlich der vor ihm, in eine Klo-
das richtige Haus gefunden haben. Herr sterschule ein; es folgten
Frei erwartet uns in der offenen Tür mit sieben Jahre klassisch-
einem Angebot zum Kaffee. Auf dem humanistischer Aus-
Weg zum Wohnzimmer stellt er uns zu- bildung. Anschliessend
nächst einmal «Nelson» vor: eine schma- studierte er an der HSG
le, hohe Holzfigur, die er in Südafrika Staatswissenschaften –
gefunden hat. Nelson sei fast immer gut jene interdisziplinär an-
gelaunt. gelegte Studienrichtung,
die heute «International
Das Wohnzimmer ist dank der vie- Affairs» heisst.
len Fenster und zwei Erker angenehm
hell, alles ist sehr ordentlich, mit stil- Haustiere sind nicht
vollem Mobiliar ausgestattet und mit zu sehen, Kinder auch
wenigen – dafür umso besser zur Gel- nicht. Ist er verheira-
tung kommenden – persönlichen Noten tet? – Fast. In diesem
versehen. Neben Nelson hängt beispiels- Frühling geniesst der
weise ein grosses Bild im Wohnzimmer. Professor tatsächlich
«La monarchie fatiguée» nennt es sich seine letzten Tage als Lediger: Im Juli mer fährt die Grossfamilie mit Sack und
(von Alain Gazier) und ist bleibende Er- wird er seine Partnerin im engsten Kreis Pack zusammen weg. «Das sind ruhige,
innerung an einen fast siebenjährigen heiraten. «Michi» nennt er sie liebevoll gute Tage.»
Lebens- und Forschungsaufenthalt in und erwähnt mehrfach Anekdoten und
Paris. Erlebnisse, die er mit ihr teilen durfte – Früher war Frei «fast ungesund
und kommt darob ins Schwärmen. sportlich» (Tennis, Squash, Fussball etc.),
Von der Klosterschule an heute lässt er es ruhiger angehen, geht
die HSG Als Grossfamilie aber immer noch gerne zum Schwim-
Christoph Frei wurde 1960 gebo- gemeinsam men, im Sommer zum Golfen, im Winter
ren und ist im Kanton Thurgau verreisen zum Curling. Die Begeisterung für Sport
mit vier Geschwistern auf- Die Tat- hat er von der Zeit in der Klosterschule:
gewachsen. Nachdem sache, dass «Nur zwei Beschäftigungen gab es dort:
der Vater früh Christoph Frei das Studium – und eben Sport.» Über-
verstorben reichlich spät heiratet, bedeutet haupt habe ihn die Klosterschule als
war – Chri- nicht, dass ihm familiärer Zusam- Person nicht unwesentlich geprägt: «Vor
stoph menhalt nicht wichtig wäre – im Ge- allem bin ich dankbar für einen ziem-
genteil: «Meine eigene Familie ist ein lich gut verankerten Fundus, auf den ich
Glücksfall gewesen; noch heute zählen bei Bedarf zurückgreifen kann.» – Wie
Mutter, Schwester und Brüder gewis- hält er es mit der Religion? «Ich stehe zu
sermassen zum engeren Freundeskreis. meiner religiösen Heimat, selbst wenn
Wir haben und wir pflegen diesen im Laufe der Zeit auch in dieser Hinsicht
Zusammenhalt.» Jeden Som- neue Erfahrungen und Denkhorizonte

60 prisma – April 2009


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Kopf- vs Feuermensch gang zur Wissenschaft ist kaum reprä-
Wer diese Art von Leidenschaft ver- sentativ für die HSG.» In diesem Zu-
spürt, kennt keine Probleme mit Moti- sammenhang fasst er zusammen: «Vor
vation. Frei bezeichnet sich selber als allem im Vergleich mit jüngeren Kolle-
«privilegierten Menschen». Überhaupt gen bin ich sicher ein untypischer Fall.»
ist «privilegiert» ein Wort, das immer Ein Grenzgänger zwischen etablierten
wieder fällt. Der Begriff der «Work-Life- Disziplinen, ein Wanderer aber auch
Balance» will Christoph Frei dagegen zwischen Theorie und Praxis. Kein Wun-
gar nicht gefallen; für ihn sind der, dass er sich heute gerade auch dort
beide Dinge nicht trennbar. Er einsetzt, wo es um den «Praxisbezug» an
habe das Glück, «Work» und der HSG geht. Professor Frei respektiert
«Life» nicht gegeneinander ausspie- den Spezialisten und weiss um dessen
len zu müssen. Dennoch ist er froh Wert und Funktion, selber aber kulti-
um Michi, die ihn hin und wieder viert er seit 25 Jahren das Überschrei-
darauf aufmerksam macht, dass es ten fachlicher Grenzen und wünscht
noch «andere schöne Dinge» im sich auch von den Studierenden, dass
Leben gibt. sie nach Kräften über den eigenen Tel-
lerrand hinausschauen: «In dieser Hin-
hinzugekommen sind.» Viele Reisen ha- Zuhause wird auch schon mal ge- sicht sollten Sie all die wunderbaren
ben offenbar nicht nur die Ausstattung stritten. Während der Professor jeweils Möglichkeiten nutzen, die Ihnen unsere
der Wohnung geprägt, sondern auch die nach logischen und belegbaren Argu- Universität heute bietet, angefangen mit
Wertetafel unseres Gastgebers. menten sucht, beruft sich Michi – eine dem grossen Austauschangebot.» Pro-
klassisch ausgebildete Sängerin – fast fessor Frei rät: «Studieren Sie Ihren In-
Reisen macht dankbar immer auf ihr Bauchgefühl: «Ich bin teressen nach, testen Sie Möglichkeiten
In ruhigen Stunden hält er sich am ein Feuermensch, du bist ein Kopf- aus, erwägen Sie stets auch Alterna-
liebsten in der helleren Ecke des Sofas im mensch, das ist dein Pech.» Aber auch tiven, und nehmen Sie die Wahl dieser
Wohnzimmer auf und liest dort gern die diese Konstellation sei «interessant», oder jener Vertiefungsrichtung nicht zu
NZZ, den Economist oder den New Yor- solche Diskussionen führten mithin zu ernst!» Wichtig sei die Methodik, das so-
ker. Das Lesen, aber auch das Sammeln gänzlich neuen Perspektiven – und sie lide Erlernen des Handwerklichen: «Das
von Büchern sei ihm eine Leidenschaft; relativierten die eigene Sichtweise auf können Sie immer und überall nutzen.»
vieles warte noch auf die Lektüre. Eine gesunde Art. Gute Noten, die Wahl des Studienortes,
andere Leidenschaft bleibt auch weiter- die fachliche Vertiefung; all dies seien ja
hin das Reisen. Über viele Jahre hinweg Theorie und Praxis nur Teile einer umfassenden Ausbildung
investierte Frei wesentliche Teile seiner Immer wieder hat Frei in der Pri- der eigenen Persönlichkeit. Andere pro-
freien Zeit in ausgedehnte Exkursionen vatwirtschaft gearbeitet. «Im Rahmen filierende Elemente müssten hinzukom-
und Aufenthalte in allen Ecken der Welt. der eigenen Biografie relativieren diese men – und nicht alles davon lasse sich
«Reisen relativiert, es bereichert, macht Erfahrungen wesentlich die Bedeutung an der Uni finden.
bescheiden und vor allem dankbar» – des akademischen Bereichs; mein Zu-
nicht allen ginge es so gut wie uns.

Zum Begriff der Leidenschaft hat


Christoph Frei offenbar einen vertrauten
Bezug: «Sie zeigt sich auch und vor allem
dort, wo man sich in einer Tätigkeit ver-
liert, wo selbst die Zeit zur Nebensache
wird.» Neben Büchern und Reisen nennt
er das Schreiben, aber auch die Lehre,
im Sinne aktiver Auseinandersetzung
und Kommunikation, als solche «Lei-
denschaften». In eine Doktorarbeit zum
deutsch-amerikanischen Realisten Hans
J. Morgenthau hat er seinerzeit fast fünf
Jahre investiert («jede Stunde davon hat
sich gelohnt»), später arbeitete er über
Jahre hinweg in französischen Biblio-
theken und Archiven. Karrieretechnisch
sei das nicht wirklich effizient gewesen –
beglückend aber schon. «Manchmal ist
der Weg tatsächlich so gut wie das Ziel.»

M 61 prisma – April 2009


Hans Rüttimann
Ohne ihn hätte so mancher Professor seine
Präsentation nicht zum Laufen gekriegt:
Nach zwanzig Jahren an der HSG geht Hans
Rüttimann in Pension. prisma hat er noch
ein letztes Interview gewährt.

Jeffrey.Voegeli@student.unisg.ch Jennifer.Kahn@student.unisg.ch
prisma-Redaktor prisma-Redaktorin

W ie sind Sie zur HSG gekom- auch die Verbindung zur Uni aufrecht- all den Tagungen. Ich schätze aber die
men und wie ist Ihr Werdegang erhalten. Ich werde auch den Kontakt zu relative Freiheit, die wir hier haben, auch
verlaufen? all den Organisationen weiter pflegen. wenn es oft viele Stunden Präsenz sind.
Ich habe am 16.2.1989 – mit einem Die Arbeit geht auf jeden Fall nie aus. Vor allem, weil jetzt die Vorlesungen im-
Tag Verspätung – meine Stelle angetre- mer öfter bis zehn Uhr abends dauern.
ten. Ich war technischer Assistent im Wird Ihnen die Uni fehlen, oder Sie der Die Belastung ist gross, weil man einfach
B-Gebäude, welches dann im Juni eröff- Uni? immer da sein muss.
net wurde. Von den drei Personen, die Wenn man die Studenten und Pro-
damals im B-Gebäude arbeiteten, bleibt fessoren so hört … allen werde ich wohl Wird jetzt, wo der verständnisvolle Herr
nach mir noch einer übrig. Von der nicht fehlen, aber wohl doch einigen – Rüttimann weg ist, die Bürokratie um
Technik verstand ich eigentlich anfangs ihr hättet ja sonst nicht dieses Interview sich greifen?
nicht so viel, ich war damals sogar ein organisiert. Ich habe immer gern mitor- Klar, je grösser alles wird, desto mehr
wenig erschrocken, als ich die vielen Ka- ganisiert und geholfen; so zum Beispiel Bürokratie braucht es, desto schwerfäl-
bel sah. Damals war die liger wird alles. Früher
Technik allerdings noch
weit weniger entwickelt
«Wer den Herrn Rüttimann an der gab es hier viertausend
Studenten, jetzt sind
als heute. Einen Beamer
gab es nur im Audimax
Uni nicht kennt, der hat in seinen es sechstausend. Man
muss alles genauer pla-
und Computer hatte nur
die Verwaltung. Heute
Studienjahren geschlafen.» nen. Früher hat man sich
einfach kurz besprochen
hat man ja von allem (Langhaariger Mitarbeiter des Hausdienstes; und jeder wusste Be-
immer das Neuste, Dia- scheid. Im Gegensatz zu
projektoren und Videos möchte jedoch anonym bleiben) früher ist weder die Ver-
benützt niemand mehr. waltungsdirektion noch
beim Uniball und Unifest. Die Studenten die Raumdispo im Bibliotheksgebäude
Freuen Sie sich auf den Ruhestand? machen so etwas ja oft zum ersten Mal untergebracht. So braucht es mehr E-
Ich sehe das mit einem lachenden und schätzen die Hilfe. Mails und genauere Absprachen, damit
und einem weinenden Auge. Ich möchte alles klappt. Man muss deshalb auch
die schöne Zeit mit den Professoren und Wer ersetzt Sie und wie kann die arme immer da sein. Zum Glück war ich in
den Studenten nicht missen, freue mich Sau das jemals schaffen? meiner ganzen Zeit an der HSG niemals
aber auch darauf, mal etwas anderes zu Zum Glück ist Guido Giessinger wirklich krank und habe nur ein einziges
machen. Bevor ich hier anfing, arbeitete schon im Juni letzten Jahres zu uns ge- Mal verschlafen.
ich als Schreiner, ebenfalls 20 Jahre lang. stossen. So konnten wir vieles schon
Sie sehen also: zwei rechte Etappen. gemeinsam erarbeiten. Er versteht von Haben Sie durch die HSG auch einen
Technik ehrlich gesagt auch mehr als Vorteil, wenn Sie jetzt mit Ihrem Restau-
Was sind Ihre Pläne für danach? ich. Ich bin froh, hat die Verwaltung so rant ein eigenes Unternehmen führen?
Ich werde meine verschiedenen Lie- reagiert. So musste er sich nicht inner- Das ist ja nicht wirklich ein Un-
genschaften und mein Restaurant weiter halb eines Monats alles Wissen aneig- ternehmen. Wir haben einfach beim
pflegen. Durch das Restaurant kann ich nen. Man hat ja schon auch mitgelebt an Renovieren des Hauses gemerkt, dass

62 prisma – April 2009


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da alte Wandmalereien drin sind. Um
dieses Kulturgut zu erhalten und zu
pflegen, haben wir ein Restaurant, das
«Haus hinter den Schiben», daraus
gemacht. Sonst hätten wir das Haus
einfach vermietet. Jetzt machen meine
Frau und ich das zusammen. Abends
nach der Arbeit gehe ich ins Restau-
rant und bin dort beschäftigt. Nach der
Pensionierung kann ich dann einfach
morgens ein wenig länger ausschla-
fen. Durch die Uni haben wir aber viel
Kundschaft gewonnen. So bekommt
man auch in der Freizeit eine Verbin-
dung zu den Vereinen und Instituten Lehrling in St. Gallen, hatte ich ein Bild
und es entsteht viel Mund-zu-Mund- von den HSG-Studenten als Schnösel
Propaganda. So sind kürzlich sogar mit Krawatte. Als ich dann anfing, an
ehemalige Austauschstudenten extra der HSG zu arbeiten, habe ich aber
aus Italien hergekommen und haben gemerkt, dass sich die auch nicht wie
dann bei mir gegessen. Herrgötter aufführen und Menschen
sind wie alle anderen. Wie bei allen
Was ist die beste Erinnerung an die Kindern muss man halt ab und zu sa-
Zeit an der HSG? gen, wenn etwas nicht geht.
Ein Highlight im eigentlichen Sinn
gab es nicht, eigentlich habe ich die Ar- Was können Sie der Uni noch für einen
beit immer gern gemacht. Eine der ne- Ratschlag auf den Weg geben?
gativsten Erinnerungen hat allerdings Die Uni sollte nicht mehr grösser
mit dem prisma zu tun. Ihr hättet mich werden. Die Infrastruktur stösst jetzt
mal beinahe meinen Job gekostet. Ir- schon an ihre Grenzen. Man hinkt mit
gendein Redaktor fand es lustig, zu be- der Entwicklung immer hinterher und
richten, dass im Audimax die Notaus- darunter leidet die Qualität.
gänge verschlossen waren. Da das die
ganze Verwaltung gelesen hatte, gab es
einen ziemlichen Rüffel und beinahe
Abschiedsparty
ein böses Nachspiel. Die offizielle Abschiedsparty von Herrn
Wie haben sich die Studenten in den Rüttimann findet am 21. April ab 22.00
letzten zwanzig Jahren verändert?
Eigentlich nicht sehr. Früher, als Uhr im Backstage statt.
M 63 prisma – April 2009
64 prisma – April 2009
Leserbrief: Reply:
M it grossem Interesse widmete ich
mich einigen spannenden Arti-
keln rund um das Thema «Gewissen».
ten Tat mit solchem Argwohn begegnen
zu können? Um meiner Besorgnis etwas
Transparenz zu verleihen, möchte ich
A ls Erstes möchte ich dir für deine Kri-
tik an meinem Artikel danken! Egal
ob positiv oder negativ, ein Leserbrief
Jedoch musste ich mit Bedauern fest- kurz eine ähnliche Situation schildern. befriedigt das gewisse journalistische
stellen, dass ein Artikel, zumindest aus Ego, welches uns Schreiber überhaupt
meiner bescheidenen Sicht, durchaus Als ich heute Morgen das B-Ge- erst dazu treibt, Texte zu verfassen. Es
als provokativ und abschätzig gegen- bäude verlassen wollte und noch einige tut gut, zu wissen, dass sie auch gelesen
über Christen gewertet werden kann. Schritte vor dem Ausgang war, hat sich werden.
Vorweg, ich schätze die Arbeit sehr, die eine Kommilitonin die Zeit genommen,
jedes Teammitglied für die Entstehung mir die Tür offen zu halten. Ich war für Als zweiter Punkt folgt natürlich mei-
einer jeden Ausgabe mit einbringt. Ich diese nette Geste sehr dankbar und sie ne Entschuldigung dafür, dich in deinem
komme jedoch nicht umhin, einige sehr zeigte mir dadurch, dass sie nicht nur Glauben angegriffen und verletzt zu ha-
kritische Worte an den werten Herrn auf sich bedacht war, sondern Rücksicht ben. Keinesfalls wollte ich mit meinem
Verfasser des besagten Artikels zu rich- auf ihre Mitmenschen nimmt, was ja Text deine Religion (oder auch jeglichen
ten. Es handelt sich hierbei um den heutzutage bei weitem keine Selbstver- anderen Glauben) in ihren Grundsätzen
schon sehr anstössig betitelten Artikel: ständlichkeit mehr ist. Nun, ich hoffe, erschüttern oder in den Dreck ziehen.
«100 % Jesus, 100 % Bad Luck». die wenigsten hätten sich in dieser Situ- Ich verstehe meinen Text als humori-
ation Horror-Szenarien überlegt, wie sie stische Satire, als übertriebenes Weiter-
Noch ehe man sich in den Text hi- für ihre gut gemeinte Tat dann für im- spinnen einer in der heutigen Welt nicht
neinwagt, wird man bereits als Christ mer in der Hölle schmoren würden, weil ganz alltäglichen Situation. Daher ist dei-
vor den Kopf gestossen. Mein Glaube dies und jenes dadurch noch zusätzlich ne Ernsthaftigkeit bei der Lektüre wohl
an Jesus Christus soll mir also zu 100 verursacht worden wäre. etwas unangebracht; meiner Meinung
% Pech bescheren? Nun, ein Titel darf nach solltest du trotz deines Glaubens
ja provokant sein und zum Lesen des Da es ja nun solche Individuen von in der Lage sein, die lustige Seite des
Artikels verleiten, doch finde ich, dass zweifelhafter Moral zu geben scheint, beschriebenen Moments zu erkennen.
man sich hier schon ziemlich weit aus drängt sich mir unweigerlich die Frage Es wäre aber gelogen, wenn ich sagen
dem Fenster gelehnt hat. Das Schlimm- auf: Wie kann die prisma-Redaktion ei- würde, dass ich mit meinem Text nicht
ste befürchtend, las ich mich also durch nen solchen Artikel verantworten bzw. auch beabsichtigt habe, Menschen wie
die kleine Anekdote des Autofahrers rechtfertigen? Nennt mich altmodisch, den Lenker des besagten Autos zu einer
mit dem erwähnten Sticker auf seinem aber meines Erachtens sollte ein Artikel gewissen Selbstreflexion anzuregen. Ge-
Wagen, und siehe da, zu meinem Er- einen sinnstiftenden Zweck erfüllen, den schehen solch gute Taten wirklich nur
staunen hatte der Autofahrer weder was ich jedoch im besagten Text nirgends aus Selbstlosigkeit oder steckt vielleicht
Schlimmes verbrochen, noch ist ihm ein finde. Alles, was ich persönlich heraus- nicht doch ein gewisser Egoismus, wie
Unglück widerfahren. Komisch, dachte lesen kann, ist ein fast schon beschä- ich ihn im Artikel auf übertriebene Wei-
ich mir, lautete der Titel doch «100 % Je- mendes Unwissen über die christliche se zu beschreiben versuchte, mit drin?
sus, 100 % Bad Luck», also wo blieb denn Theologie und eine besorgniserregende
nun das Bad Luck? Intoleranz gegenüber Andersgläubigen. Ich hoffe, ich konnte dich mit die-
Ich rate dem Autor deshalb dringend, ser Antwort in meinen Denkprozess mit
Mich über die fehlende Moral der seine Wissenslücken zu füllen, um künf- einbeziehen und dir die Logik hinter
Geschichte wundernd, las ich wei- tige Fehltritte zu vermeiden. Kleiner meinem Artikel erklären. So kannst du
ter, und dann merkte ich schon relativ Tipp: We are saved by grace! Ausserdem mir vielleicht auch die nicht so gewollte
schnell, wohin das Ganze führen sollte. sehr empfehlenswert zum Thema Unter- Attacke auf deinen Glauben verzeihen,
Die folgenden Zeilen strotzten nur so schiede zwischen dem Christentum und denn bedenke 1. Johannes 4-18: «Gott
vor Abneigung und Unverständnis ge- anderen Weltreligionen: http://www. ist Liebe», also hasse mich nicht.
genüber dem christlichen Glauben. youtube.com/watch?v=S7NluO3h1qE Raffael Hirt, Redaktor
Nicht genug, dass Christen als selbstge- (3:40 min)
rechtes Pack abgestempelt werden, wel-
che nur darauf aus sind, ihre guten Ta- Abschliessend möchte ich die Au- Auf Wunsch von Alex publizie-
ten vorzuweisen, nein, die Krönung des toren zukünftiger Artikel bitten, sich ren wir an dieser Stelle seine E-Mail-
Ganzen ist ja, dass sich der Autor eine doch vorher Gedanken zu machen, ob Adresse. Er möchte damit den Lesern
fiktive Geschichte einfallen liess, einzig der geplante Artikel wirklich sinnvoll ist die Gelegenheit geben, ihn persönlich
und allein, um eine wohl gemeinte Tat oder man nur seine persönliche Aversi- zu kontaktieren, falls sie seinem Kom-
schlussendlich als fatalen Fehlentscheid on gegen etwas Bestimmtes zum Besten mentar zustimmen oder widersprechen
enden zu lassen, welcher dann mit der geben möchte. möchten. prisma möchte ebenfalls eure
ewigen Verdammnis bestraft wird. Ich Meinung dazu wissen und druckt selbst
frage mich ganz ehrlich: Was für ein Alex Svijic, eine Stellungnahme des Redaktors
Mensch tut so was? Ich meine, wie weit alex.svijic@student.unisg.ch dazu ab. Schreibt uns eure Meinung an
muss man sinken, um einer gut gemein- prisma@myunisg.ch

65 prisma – April 2009


"LA
"LA"LA
"LA"LA"LA

Das Gerücht
"LA"LA"LA"LA"LA
"LA"LA"LA"LA"LA"LA"LA
"LA"L"LA"LA"LA"LA"LA"LA"LA
"LA"LA"LA"LA"LA"LA"LA"LA
"LA"LA"LA"LA"LA"LA"LA
"LA"LA"LA"LA"LA vor dem Staat auf die Knie, Manager Staatsmacht zu stürzen. Win-win also.
"LA"LA"LA
springen von Dächern. Doch was pas-
"LA
siert mit der Bevölkerung? Ein Wort ist in Sind die Schneeschaufler an der
aller Munde: Konjunkturankurbelungs- HSG tatsächlich aus diesem Grund
programm. unterwegs? Ist es das Ziel, ihnen Arbeit

U nscheinbar sehen sie aus, die Män-


ner in ihren orangen Westen. Da- Ein kurzer Rückblick: 1932. Die Welt-
runter tragen sie Winterjacken, doch wirtschaft liegt in Scherben. Die Bubble
zu geben und sie damit davon abzu-
lenken, dass ihre Misere vielleicht von
Abgängern ebendieser Universität ver-
trotzdem scheint ihnen eher kalt zu sein. an der Börse ist geplatzt, alle rennen ursacht wurde? Falls ja, geht der Plan
Kein Wunder, bei dieser Aufgabe. Sie herum wie Hühner auf dem Hof. Nur auf. Alle arbeiten und keiner scheint
schaufeln Schnee, den ganzen Nachmit- einer sticht aus der Masse hervor: Fran- revolutionäres Gedankengut zu hegen.
tag lang. Es scheint kein System dabei zu klin D. Roosevelt. Er rettet die Mensch- Kann man also in Zukunft weitere Kon-
sein, jeder arbeitet für sich, schippt die heit mit Werkzeugen wie dem AAA, CCC junkturankurbler an der HSG beobach-
weissen Massen weg aus dem ihm zu- oder dem TVA. Seine Politik nennt man ten? Man denke an Platzanweiser in
geteilten Segment. Manchmal scheint den New Deal, sein Vorgehen «priming den überfüllten Assessmentvorlesungen
es, dass sie sich gegenseitig in den Weg the pump», was sich am besten als «die und an technische Assistenten, welche
kommen und sich den Schnee gegen- Pumpe pumpen» übersetzt. Was sich al- unfähigen Dozenten die Funktionen des
seitig hin und her schieben. Erst nach bern anhört, wird heute weltweit wieder neuen Präsenta-tionstools im Audimax
ausführlicher Betrachtung wird klar, praktiziert. Der Staat macht sich zum verständlich machen. In diesem Fall
dass das ultimative Ziel ist, das gesamte Narren, indem er sinnlose oder anson- würde sich, rein als HSGler denkend, die
Flachdach der Turnhalle von Schnee zu sten nie auch nur als durchführbar ange- Krise gelohnt haben. Vielleicht befreien
befreien. «Runter auf den Flachplatz» sehene Projekte auf die Beine stellt, um die Männer in den orangen Westen aber
scheint die Devise zu lauten. Aber bloss den Pöbel zu beschäftigen. Zum einen auch nur das Dach der Sporthalle von
nicht zu schnell. hilft dies, den Konsum der Bevölkerung der gefährlichen Schneelast. Auch wenn
einigermassen konstant zu halten und man es an der HSG nicht gerne hört:
Die Wirtschaftskrise ist in vollem somit die Konjunktur zu stärken, zum Es hängt nicht alles immer nur mit der
Gang. Die Aktienkurse purzeln von anderen kommt es dem beschäftigten Wirtschaft zusammen!
Hausse zu Baisse, Unternehmen fallen Pöbel weniger schnell in den Sinn, die Raffael Hirt

Heftvorschau Depeschen in den Grosskanton


Zur aktuellen Lage mit freundlicher Genehmigung
der taz aus Berlin – die tageszeitung

Guten Tag, meine Damen und Herren!


«verboten» enthüllt exklusiv den Inhalt der aus der Schweiz an den preussischen
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück verschickten Drohbriefe: «Grüss Gott, sehr
geehrter Herr Steinbrück. Bitte lassen Sie unser liebes Bankgeheimnis in Ruhe.
Vielen Dank im Voraus, unterwürfigst: Ihr Anonymus.» Schlimm! Oder: «Lieber
Herr Steinbrück, ich bin ein grosser Bewunderer Ihrer Kunst. Weiter so! Ihr Speichel-
leckerli.» Übel! «verboten» schenkt Herrn Steinbrück deshalb diesen Gratis-Witz zur
Die nächste Ausgabe von prisma Beruhigung:
wird wieder etwas bunter! Das Thema ist
nämlich «Boulevard». Bisher angedacht Ein Deutscher will in einer Schweizer Bank Geld anlegen. «Was wollen Sie denn
sind eine Fotostrecke (im «Bravo»-For- einzahlen?», fragt der Bankangestellte. Flüstert der Kunde: «Eine Million.» – «Sie
mat) und ein Interview mit dem preus- können ruhig lauter sprechen», antwortet der Angestellte, «Armut ist hier in der
sischen Finanzminister über seinen Schweiz keine Schande.»
Urlaub in der Schweiz! Also, wenn euch
lustiger Schwachsinn einfällt, meldet
euch! Nächster Redaktionsschluss:
Der Redaktionsschluss ist der Montag, 20. April 2009
20.04.2009, prisma liegt dann ab dem
11.05.2009 an der Uni auf.

Im November dieses Jahres feiert


prisma sein 50-jähriges Jubiläum! Zuschriften an prisma@myunisg.ch
66 prisma – April 2009
Zuckerbrot Peitsche
31 Tage lang hatte ich sehnsüch-
tig auf sie gewartet – und dann

K ritiker und Querdenker


sind an der HSG nicht
erwünscht – auf jeden Fall
das. Irgendwie hatte ich sie mir an-
ders vorgestellt – grösser, attrak-
tiver, etwas Besonderes. Aber sie war
nicht, wenn es um das Bank- dann halt doch nur eine ganz ordi-
geheimnis geht. Nachdem das näre 4, meine Note im BWL-Pflichtfach
Schweizer Genital nur knapp ei- «Organisieren und Führen». Mit einer
ner Auflistung der OECD und einem Gewichtung von stolzen 6 Credits hat-
Kavallerieangriff von unseren Freunden te mir das kleine Luder sichtbar den
aus dem Norden entgangen ist, erfährt Schnitt dezimiert. Dabei hatte ich so ein
es nun Kritik aus den eigenen Reihen. gutes Gefühl bei uns beiden.
Ulrich Thielemann, Vizedirektor des
HSG-Instituts für Wirtschaftsethik, kri- Gut, gibt es an der HSG die
tisierte an einem Hearing vor dem Prüfungseinsichten, und so besuche
Finanzausschuss des Deutschen ich jene für ebendieses Fach mit der
Bundestags, dass es den führenden Hoffnung auf eine rasche Erleuchtung.
politischen Kräften in der Schweiz Schnell ist die Erleuchtung nicht
an jeglichem Unrechtsbewusstsein zu haben, denn der Raum ist mit
in Bezug auf die Verweigerung des quengelnden Warteschlangen durch-
Informationsaustausches in Steuer- zogen. Nicht wenige Studenten,
fragen mangele. darunter auch ich, haben etwas an
ihrem Resultat auszusetzen; ich
Wie unerhört! Und das von einem jedoch in einem Ausmass, das
HSG-Dozenten! Kein Wunder, gerät hoffentlich Seltenheitswert
ob dieser Ungeheuerlichkeit auch besitzt: Bei einer erreichbaren
Herr Prof. Jäger in Rage und Gesamtpunktzahl von 120
provoziert mit seiner Verurtei- zählte man bei meiner Prüfung
lung von solchen Polemisie- 71.5 Punkte. Nur dass diese
rungen (St. Galler Tagblatt 71.5 Punkte eigentlich schicke
vom 28. März 2009) doch 99 gewesen wären, hätte man sie
glatt selbst ein Schmun- richtig addiert. Heisst im Klartext:
zeln. Auch die HSG ist 5.5 und nicht 4. Nachdem ich über eine
brüskiert und entschuldigt h a l b e Stunde von Pontius zu Pilatus
sich beim verunglimpften durch den Raum gewatet
Teil des Schweizer Volkes. war, wurde das von
den verantwortlichen
Das Schweizer Kinderkarus- Personen dann auch
sell um das Bankgeheimnis dreht anstandslos registriert. Aber
sich munter weiter. Am frivolen Trei- es stelle sich einer vor, ich wäre
ben beteiligt: der Indianerstamm der nicht an die Prüfungseinsicht gegangen.
Schweizer, ein Regiment von hässlichen Andere Kommilitonen hatten weniger
Deutschen, Indianerhäuptling Merz, Glück beim Punktesuchen und wurden
La Paloma Calmy-Rey, Peitschen-Peer, gar mit Antworten wie «Bei mir hätten Sie
Freizeitnationalist Thomas Müller und für diese Antwort noch weniger Punkte
neu: der böse Wirtschaftsethiker aus bekommen» oder «… das erklär ich
St. Gallen! Ihnen jetzt nicht» abserviert – auch
nicht gerade zuckerbrotverdächtig.
Das Zuckerbrot geht deshalb an die
Schweiz und an Deutschland. Möget ihr Für derartig grobe Mathe-
brüderlich teilen und von der lustigen Schnitzer bei einer einmonatigen
Karussellfahrt bald wieder zurück zum Warteschleife gibt es eine Peit-
Tagesgeschäft finden, wo man Probleme sche und ein paar symbolische
löst statt schafft. Stellt Meinungsfreiheit Minuscredits fürs Kopfrechnen.
und Diplomatie wieder über eure natio- Jennifer Kahn
nalen Genitalien.
Tobias Kucera

67 prisma – April 2009


68 prisma – April 2009

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