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Leistungsorientierung
in
der


Kommunalverwaltung


Armin

König



Leistungsorientierung in der
Kommunalverwaltung

Von Armin König

Was ist schon alles dazu geschrieben worden: Leistungsorientierung


im Öffentlichen Dienst und speziell in der Kommunalverwaltung ist
spätestens seit dem Neuen Steuerungsmodell der KGSt zu einem
Reizthema geworden, über das Personalräte, Gewerkschaften, Bür-
germeister, Professoren und Medien trefflich streiten können. Die
Einführung der leistungsorientierten Bezahlung im Rahmen des
TVÖD und die extrem unterschiedliche Behandlung in den Kommu-
nen sorgen für zusätzlichen Diskussionsstoff. Meist herrscht in der
Debatte die normative Sicht vor. Die Sozialwissenschaftlerin Andrea
Tabatt-Hirschfeld hat das Thema Leistungsorientierung in einer
überzeugenden Dissertation ausführlich und systematisch unter-
sucht.

Zunächst stellt sie fest, dass das in vielen Gemeinde erprobte (und
zum großen Teil gescheiterte) Neue Steuerungsmodell die Ökonomi-
sierung der Verwaltung und die Einführung von Kennzahlensyste-
men begünstigt habe, während Instrumenten der Personalentwick-
lung weniger Beachtung beigemessen worden sei. Deshalb erkundet
Tabatt-Hirschfeld nun Möglichkeiten, in der schwierigen Balance
zwischen Rechtsgrundlagen, Außen- und Binnenorientierung, zwi-
schen Eigen- und Gemeinwohlinteressen, zwischen Hierarchie,
Netzwerkorganisation und Organisationskultur Anreizmöglichkeiten
für die Beschäftigen zu entdecken.

Es würde zu weit führen, hier die Dissertation ausführlich zu be-


sprechen - wer will, kann beispielsweise die Rezension von Prof. Ge-
org Kortendieck auf Socialnet nachlesen (oder meine eigene).

Hier nur ein paar grundlegende Erkenntnise:

Kritik an der herkömmlichen Personalpolitik

Die herkömmliche Personalpolitik im öffentlichen Dienst ist nur be-


dingt geeignet, Mitarbeiter zu motivieren. Das gilt auch nach der
Einführung des Neuen Steuerungsmodells mit seiner ökonomisti-
schen Grundausrichtung. Insbesondere die Budgetierung wird ver-
worfen. Stattdessen soll ein Netzwerkmodell aufgebaut werden, das
sich des Wissensmanagements anstelle des Kostenmanagements
bedient. Entschieden wird nach diesem Ideal nicht mehr vorwiegend
Top-down durch das Management, sondern in vernetzten Systemen,
bei denen auch bottom-up-Vorschläge der Mitarbeiter eine Chance
zur Umsetzung haben. Außerdem weist dieses wissensbasierte Sy-
stem über die Binnenorientierung der Verwaltung hinaus. Bürger,
Kunden, Umwelt werden stärker berücksichtigt als bisher (Stake-
holder-Perspektive).
Lernende Organisation statt kontrollgeprägte Verwaltung

Dem stark Kontroll-geprägten Personalwesen des öffentlichen Dien-


stes (Einhaltung von Vorschriften und Budgets) setzt die Autorin
(inzwischen Professorin in Coburg) neue Denkmuster, offene Infor-
mationssysteme und eine lernende Organisation entgegen. Organi-
gramme und Stellenbeschreibungen, die im Öffentlichen Dienst so
ungemein wichtig sind - etwa bei Höhergruppierungen und Beförde-
rungen - sollen künftig nicht mehr das A und O der Personalfüh-
rung bleiben. Erwünscht sind stattdessen offene Kommunikation
und eine Organisationskultur, in der Fehler erlaubt sind, um Selbst-
koordination und Kompetenzzuwächse zu ermöglichen. In der in
Verwaltungen oft diskutierten Frage, ob systematische Leistungsbe-
urteilungen oder Zielvereinbarungen besser ist, bleibt Andrea Ta-
batt-Hirschfeld unentschieden. Sie schlägt ein Kombimodell vor und
empfiehlt Chefs, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern regelmäßig
Feedback zu geben. Offenbar geschieht dies viel zu selten.

Unzufriedene Mitarbeiter verursachen großen Schaden

Bemerkenswert sind die Erkenntnisse, dass durch unzufriedene


Mitarbeiter, die in die innere Emigration gegangen sind, ein enor-
mer gesamtwirtschaftlicher Schaden (durch Fehlzeiten, mangelnde
Produktivität, Fehler) entsteht, der von Gallup auf 250 Milliarden
Euro geschätzt wird. Als Gründe für das Nicht-Engagement werden
Managementfehler, autoritärer Führungsstil, fehlende Anerkennung
für die Mitarbeiter, mangelnde Förderung und fehlende Chancen,
eigene Ideen einzubringen genannt.
Sozialkompetenz von Führungskräften unterentwickelt

Völlig unterschätzt wird bisher die Sozialkompetenz von Führungs-


kräften. Von ihnen werden umfassende soziale Kernkompetenzen,
Offenheit und Kommunikationsfähigkeit gefordert. Gleichzeitig
muss von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nun Entscheidungs-
freude, Kooperations- und Konfliktfähigkeit und die Bereitschaft zu
gemeinsamer Zielentwicklung erwartet werden.

Gemeinwohlorientierung hilft motivieren

Auch ideelle Faktoren sind viel stärker als bisher zu gewichten. Das
ist auch der überraschendste Befund von Tabatt-Hirschfeld.

Demnach spielt die Gemeinwohlorientierung einer Kommunalver-


waltung bei der Leistungsorientierung der Mitarbeiter eine uner-
wartet große Rolle. „Je stärker die Vernetzung zwischen Gemein-
wohlorientierung und Organisationskultur, bzw. Netzwerkstruktur
und Gemeinwohlorientierung ist, desto wirksamer ist dies für die
kommunale Leistungsorientierung.“ Partizipation, Vernetzung mit
anderen Akteuren, Kooperationen, Wissensvermittlung und Han-
deln für das Allgemeinwohl motivieren die MitarbeiterInnen, wenn
sie dafür Anerkennung, Lob und auch finanzielle Belohnungen er-
halten.

Ohne Sozialkompetenz der Vorgesetzten ist die Umstellung nicht zu


erreichen. Chefs müssen bereit sein, kooperativ Ziele zu finden und
zwischen den unterschiedlichen Akteuren zu moderieren und Inter-
essen auszugleichen. Dann ist Leistungsorientierung in der Kom-
munalverwaltung auch in der Breite möglich.

Leider fällt ein Schatten auf diese positive Entwicklung: Die restrik-
tive Finanzpolitik konterkariert die Reformbemühungen und könnte
am Ende das kleine Pflänzchen Hoffnung platt machen.

Das Buch:

Andrea Tabatt-Hirschfeldt: Leistungsorientierung in der Kommu-


nalverwaltung. Chancen - Hindernisse - Wirkung. ZIEL Ver-
lag (Augsburg) 2009. 427 Seiten. ISBN 978-3-940562-14-2. D:
36,80 EUR, A: 25,50 EUR, CH: 44,00 sFr. Blaue Reihe - Sozial-
Wirtschaft Diskurs.

(c) 2010 Armin König

Rezension auch in

Politbuch


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