Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
kritischer Infrastrukturen
mit der GAMMA - Methode
Funktionssicherheit Stromversorgung im
Krankenhaus
und
Versorgungssicherheit Treibstoffversorgung
März 2010
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 1
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort .................................................................................................................................. 3
2 Einleitung ............................................................................................................................... 4
Quellenverzeichnis ................................................................................................................. 55
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... 56
Tabellenverzeichnis ................................................................................................................ 57
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 2
1 Vorwort
Im Rahmen des Projekts SIMKRIT: „Simulation Kritischer Infrastrukturen für das
Krisenmanagement“ gilt es u.a. die Fragen zu beantworten:
In einer anderen Arbeit [Ref. 10] wurde ein theoretischer Rundgang durch die neuere
Literatur zum Thema „Kritische Infrastrukturen“ gemacht.
Die vorliegende Arbeit stellt sich die Aufgabe, anhand von zwei ausgewählten
praktischen Beispielen kritischer Infrastrukturen (die Funktionssicherheit der
Stromversorgung in einem Krankenhaus und die Versorgungssicherheit der
Treibstoffversorgung) die komplexen Zusammenhänge gemäß der obigen
Fragestellung fassbar abzubilden. Dazu wird als Werkzeug ein Verfahren zur
Visualisierung des vernetzten Denkens, die GAMMA-Methode (GAnzheitliche
Modellierung und MAnagement komplexer Systeme [Ref. 3]), benutzt.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 3
2 Einleitung
Einige Leitfäden des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
geben eine gute Einführung in die Vorgehensweisen zum Schutz kritischer
Infrastrukturen (z.B. der kritischen Infrastruktur <Krankenhaus>) [Ref. 1].
Nach [Ref. 1] hängen die Sicherheit, ökonomische Prosperität und soziale Wohlfahrt
unserer Gesellschaft von einem komplexen System miteinander vernetzter
Infrastrukturen ab (siehe Abbildung 1). Kritische Infrastrukturen werden definiert als
„Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche
Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende
Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere
dramatische Folgen eintreten würden“. Kritisch bezieht sich dabei auf die
Bedeutsamkeit einer Infrastruktur oder ihrer Komponenten in Bezug auf die
Konsequenzen, die eine Störung oder ein Funktionsausfall für die Aufrechterhaltung
der Gesamtdienstleistung und letztlich für die Versorgungssicherheit der Gesellschaft
mit wichtigen Gütern und Dienstleistungen insgesamt hat.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 4
Energie,
Versorgung (Wasser, Lebensmittel, Gesundheit, Notfallversorgung)
Informations- und Kommunikationstechnologie,
Transport und Verkehr,
Gefahrstoffe (Chemie- und Biostoffe, Labore, etc.),
Banken und Finanzen,
Behörden, Verwaltung, Justiz,
Medien, Großforschungseinrichtungen und Kulturgüter
Die Abhängigkeit der Gesellschaft von Kritischen Infrastrukturen und ihre Anfälligkeit
bei Infrastrukturausfällen ist einem dynamischen Wandlungsprozess ausgesetzt.
Denn die Veränderung gesellschaftlicher, politischer und ökonomischer
Rahmenbedingungen (demografischer Wandel, Privatisierung, Liberalisierung und
Wettbewerb) kann nicht nur Auswirkungen auf die reguläre Versorgung der
Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen haben, sondern auch negative Effekte
auf die Versorgungssicherheit in Krisen- und Katastrophensituationen hervorrufen.
Die allgemeine Definition Kritischer Infrastruktur kann direkt und konkret auf
Einrichtungen des Gesundheitswesens übertragen werden: Krankenhäuser, wie
auch viele andere Einrichtungen des Gesundheitswesens sind kritische
Infrastrukturen, denn ein großflächiger und längerfristiger Ausfall von
Gesundheitsdienstleistungen hätte dramatische Folgen für die gesamte Gesellschaft.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 5
Schutz der kritischen Infrastruktur im Krankenhaus
Das Krankenhaus als Teil des Gesundheitswesens ist nicht nur als Ganzes eine für
die Gesellschaft unverzichtbare kritische Infrastruktur. Dieses hoch sensible und
komplexe System ist selbst auch von einer Vielzahl anderer „kritischer
Infrastrukturen“ abhängig. Diese Abhängigkeiten (Abbildung 2) existieren auf
verschiedenen Ebenen innerhalb und außerhalb des Krankenhauses:
Das Krankenhaus ist von der dauerhaften und zuverlässigen Verfügbarkeit anderer
Infrastruktursysteme und deren Dienstleistungen abhängig, auf die es gerade in einer
Extremsituation nicht verzichten kann. Beispiele:
- öffentliche Wasserversorgung
- Telefon- und Internetverbindungen
- Lebensmittelversorgung
- Energieversorgung
- Banken
Das Krankenhaus ist darauf angewiesen, dass eine Vielzahl hoch spezialisierter
Organisationen und Akteure innerhalb der Gesundheitsbranche zuverlässig arbeiten.
Beispiele:
- Rettungsdienst
- Apotheke
- Labor
- Niedergelassene Ärzte
- Öffentlicher Gesundheitsdienst
- medizinische Fachabteilungen
- Küche
- EDV
- Verwaltung
- Sterilgutversorgung
Ebene 4: Komponenten
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 6
Fallen z.B. auf einer Intensivstation unverzichtbare Komponenten aus (z.B. Heizung,
Beatmungsgerät, Personal, oder gleichzeitig die Strom- und Notstromversorgung, so
kann dies zu unmittelbaren Konsequenzen für die Patienten führen.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 7
machen, sollte daher z.B. mit Hilfe von Komponenten eines Prozessmodells versucht
werden, die entscheidenden Aspekte herauszuarbeiten.
Ein Prozess ist die Summe der Tätigkeiten und Bearbeitungsschritte im Laufe der
Leistungserbringung einer Organisation. Ein vereinfachtes Beispiel für einen
typischen Prozess in einem Krankenhaus zeigt Abbildung 3.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 8
Eine Notwendigkeit:
Das Hinterfragen von Modellbildung und Simulation kritischer Infrastrukturen
Nach [Ref. 9] sind kritische Infrastrukturen (wie zum Beispiel auch Infrastrukturen in
einem Krankenhaus oder Infrastrukturen zur Sicherstellung der Treibstoffversorgung)
komplexe Systeme, deren Überlebensfähigkeit zu gewährleisten ist. Die Erfahrungen
mit komplexen Systemen haben gezeigt, dass das Wissen über Einzelteile nicht
ausreicht, komplexe Systeme zu erfassen und zu bewerten. Mindestens genau so
wichtig ist es, die Vernetzung der Einzelteile zu berücksichtigen.
Bei der Modellierung komplexer System werden jedoch häufig Fehler gemacht.
Suboptimierung und Auswahl nicht zutreffender Zielfunktionen sind oft bei der
Analyse komplexer Systeme zu beobachten. Anstatt sich auf die Überlebensfähigkeit
des Gesamtsystems zu konzentrieren, verfolgen die Planer oft Reparaturstrategien.
Die Konsequenz ist, dass Nachhaltigkeit, Stabilität und Robustheit des Systems nicht
gefördert werden, was gerade bei kritischen Infrastrukturen ein verhängnisvoller
Fehler wäre.
Probst and Gomez [Ref. 8] u.a. zeigten, dass die Methode des Vernetzten Denkens
das Verhalten komplexer Systeme hinreichend genau beschreiben kann, selbst wenn
nur Rohdaten der einzelnen Komponenten vorliegen, aber die Abhängigkeit der
Komponenten untereinander erfasst sind.
Es bietet sich also durchaus an, z.B. die GAMMA – Methode zur Untersuchung und
Visualisierung kritischer Infrastrukturen einzusetzen.
Diese Methode ist übrigens seit den 90er – Jahren erfolgreich bei Industrieunterneh-
men und im Dienstleistungssektor bei der Lösung komplexer vernetzter Aufgabenstel
lungen im Einsatz [Ref. 4], [Ref. 8].
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 11
3 Grundgedanken zur GAMMA-Methode1
Gemäß Schäfer [Ref. 2] sind mittlerweile zahlreiche Methoden entwickelt worden, um
komplexe Situationen handhabbar zu machen. Hier wird ein Ansatz vorgestellt, der
Hilfestellung beim Umgang mit komplexen Situationen leistet. Das
augenscheinlichste Instrument, um komplexe Situationen in den Griff zu bekommen
ist der Erwerb von Problemlösungskompetenzen anhand spezieller Trainingsmodelle,
die bereits seit längerem in zahlreicher Form mit unterschiedlichen Schwerpunkten
angeboten werden. So sehr sich komplexe Situationen gerade dadurch auszeichnen,
dass schematische Lösungen versagen, so können anhand von speziellen Trainings
dennoch Problemlösungsstrategien eingeübt und realitätsnahe Erfahrungen im
Umgang mit komplexen Aufgabenstellungen gesammelt werden.
Als Hilfsinstrument in der Phase der Orientierung und auch der Planung kann das mit
dem Brainstorming verwandte Mind-Mapping genutzt werden. Ausgehend von einer
zentralen Aufgabenstellung und einer anschließenden freien Ideensammlung wird
die Aufgabe systematisch in Kategorien und Unterkategorien zergliedert und
visualisiert. Bei jeder neuen Idee kann stets geprüft werden, ob diese eine eigene
Kategorie darstellt oder eventuell nur Unterpunkt einer anderen Kategorie ist. Somit
kann auch anhand dieses Instruments in kurzer Zeit ein Überblick über eine
Aufgabenstellung gewonnen werden.
1 ®
GAMMA =GAnzheitliche Modellierung und MAnagement komplexer Systeme [Ref. 3]
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 12
Bei der GAMMA-Methode wird typischerweise in vier Phasen vorgegangen.
In Phase 1 wird das Problem als solches erfasst; die anzustrebenden Ziele und deren
Einflussfaktoren werden hierbei herausgearbeitet.
In der vierten und letzten Phase werden die Variablen herausgearbeitet, die besonders
großen Einfluss auf das System haben und die deswegen für die Entwicklung von
Problemlösungsstrategien besondere Bedeutung haben.
Nach dem GAMMA-Praxis-Handbuch [Ref. 4] von Prof. Dr. Hanns Hub ist eine
ganzheitliche (holistische) Methode der Problembearbeitung eine
Denkverfahrensweise, die das natürliche Denken unterstützt und dort helfen kann,
wo das natürliche (ganzheitliche) Denken verloren gegangen ist, weil es durch
andersartiges Denken verdrängt wurde. Der Grund für diesen Verlust liegt
insbesondere im herkömmlichen Denkmuster (Paradigma) der Wissenschaft: Die
Interpretation von „Wissenschaftlichkeit“ ließ bei den Elementen „Modell“ und
„Modellanalyse“ (siehe Abbildung 4) nur das zu, was in eine „sichere“, exakte Form
gebracht werden kann.
Subjektiver Filter
der Wahrnehmung
Auseinandersetzung
Entscheidung mit dem Abbild
Aktivität - Modellanalyse -
In der Folge bedeutet dies eine Reduktion der Wahrnehmung auf das, was
mathematisch faßbar und bearbeitbar ist. Die so vermittelte „Sicherheit“ ist jedoch
trügerisch, denn die einseitige Betrachtung führt häufig nur zu „exakten Antworten“
auf die „falschen Fragen“ (siehe [Ref. 4]).
Man kann sich nun mit Check- und Fragelisten seiner eigenen Problemstellung
nähern.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 13
Abbildung 5: Checkliste für das Arbeiten nach der GAMMA-Methode [Ref. 5]
Problemfeld /
Untersuchungsgebiet
ABRENZUNGS- UND
DEFINITIONSPHASE
Situationsbeschreibung
Ziele der Untersuchung
Relevante Einflussgrößen
- davon Zielgrößen
LERNPHASE
(Modellanalyse)
Beeinflussung Liste der Elemente
1 Nettoumsatz
100 6 2 Kundenbindung
3 Fluktuation
Dynamik und
A 4 Qualität Mitarbeiter
90 5 Kundenbetreuung
6 Motivation
11 7 Provision Vertrieb
80 8 Kosten
Intensität des 70
60 1 3
11
A 12
13
14
15
16
Akzeptanz Angebot
Preise
Rabatte
Wettbewerb
Budget- Rahmen
ProvisionsSatz
5 10
40
verstehen Intensität
30
13
20
16 A
4 15 14
Qualität 0
3
Mitarbeiter 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
14 Fluktuation
7
Wett- Einflussnahme
Provision
Verhaltensmöglichkeiten
bewerb
Vertrieb
2 6
Kunden- 5
Motivation
16
Provisions-
11 Satz
Akzeptanz
Angebot 10 1
Absatz Nettoumsatz
15
Budget-
Beeinflussung 8 Liste der Elemente
Rahmen Kosten
1 Nettoumsatz
100 6 2 Kundenbindung
3 Fluktuation
4 Qualität Mitarbeiter
3 5 Kundenbetreuung
12 90
13 9 6 Motivation
Preise
Rabatte Deckungs- 7 Provision Vertrieb
80 beiträge 8 Kosten
9 Deckungsbeiträge
8 10 Absatz
70 11 Akzeptanz Angebot
12 Preise
13 Rabatte
14 Wettbewerb
60 15 Budget- Rahmen
16 ProvisionsSatz
9 11 10 1
50 4
5 12 7
40 16
2
30
20
10
13
0 15 14
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Einflussnahme
STRATEGIEPHASE
Folgenabschätzung 4
Qualität
Mitarbeiter
3
14 Fluktuation
System
2 6
Kunden- 5
Motivation
bindung Kunden-
betreuung
16
4 Provisions-
Handlungsspielräume
Qualität Satz
3 11
Mitarbeiter Akzeptanz
14 Fluktuation
Angebot 10 7 1
Wettbewerb
17 Provision
Absatz Nettoumsatz
Vergütung Vertrieb
15
Budget- 8
Rahmen Kosten
festlegen und
2 6
Kunden- 5
Kunden- Motivation
bindung
betreuung
12
13 Preise 9
16
Rabatte Deckungs-
Provisions-
Alternativen
beiträge
11 Satz
4 Akzeptanz
Qualität Angebot 1
5
3 10
Mitarbeiter
Fluktuation Nettoumsatz Qualität
14
7
Absatz 4
Wett-
15 Prov ision Mitarbeiter
bew erb
Budget- Vertrieb 8
Fluktuation
2
Kunden-
bindung
5
Kunden-
betreuung
6
Motiv ation
Rahmen
12
Kosten
austesten
Festlegung von
13 Preise 9
16
Rabatte Deckungs-
Prov isions-
11 Satz 6 beiträge 2
Akzeptanz Kunden- 3
Angebot 10 1 Kunden- Motivation
Absatz Nettoum satz bindung
15
betreuung
konkreten Handlungs-
Budget- 8
Rahmen Kosten
12
13 9
Preise 1
alternativen
Rabatte Deckungs-
beiträge Vergütung
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 14
Tabelle 1: Phasen der Untersuchung nach der GAMMA-Methode [Ref. 5]
Dokumentieren mit Hilfe von Eingabe der Faktoren und Ziele, Protokollierung der
GAMMA Definitionen
System Elemente platzieren Vorbereitung einer Netzdarstellung
modellieren
Elemente charakterisieren Beeinflussbare Größen, Zielgrößen. Kennzeichnung
durch Farbe und Form
Wirkungsbeziehungen Zwischen welchen Elementen bestehen
angeben Wirkungsbeziehungen?
Wirkungsintensität angeben Wie stark ist die jeweilige
Beeinflussung?
Wirkungsart angeben Verstärkend oder abschwächend?
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 15
Allgemeine methodische Erkenntnisse zur Arbeit mit GAMMA [Ref. 6]
GAMMA ist ein nützliches Hilfsmittel zur Visualisierung von Ursache-
Wirkungszusammenhängen
Wir können uns leichter mit anderen austauschen, da sichtbar wird, worüber
geredet wird.
GAMMA fordert und fördert auch das Nachdenken über die zeitliche Dauer von
Prozessen bzw. auch darüber, dass Wirkungsreaktionen oft erst mit einer
Zeitverzögerung eintreten.
Die GAMMA-Methode ist ein Hilfsmittel und ersetzt nicht die geistige
Arbeit an der Durchdringung der Komplexität.
Zur Erfassung aller wichtigen Aspekte ist ein heterogenes Team förderlich.
Beim Prozess der Definition der gegenseitigen Einwirkungen ergeben sich ständig
neue wichtige Aspekte
Die Nutzen-Reflektion:
Zur Methode:
Erweiterung der Darstellungs- und Handlungsmöglichkeiten
Methode – richtig angewandt (!) – verhindert
"Schnellschüsse"
o Es ist gut, die Meinung anderer zu suchen
Bedeutung der "weichen" Faktoren wird angemessen berücksichtigt
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 16
Plakative Zusammenfassung:
Statt dessen:
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 17
4 Beispiel Stromversorgung Krankenhaus
4.1 Ausführliche Infrastrukturdarstellung
Dort wird in tabellarischer Form u.a. für verschiedene Szenarien (Stromausfall < 8 h,
Stromausfall 8-24 h, Stromausfall > 24 h) eine Auswirkungsanalyse und eine
Entscheidungsunterstützung für einen Stromausfall im Krankenhaus angeboten.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 19
sogar unmöglich machen.
17. Klima Patienten benötigen ein ausgewogenes
Temparatur-Umfeld. Für Kälte- und
Hitzesituationen ist Vorsorge für
Funktionssicherheit zu
gewährleisten.
18. Allgemeine Versorgung Medikamente, Lebensmittel,
Hygieneprodukte, Wäscherei usw.
19. Personal Anpassung (Mobilisierung,
Erweiterung) des Personals ist ggf.
zur Übernahme sonst automatisch
betriebener Hilfsmaßnahmen
erforderlich
20. Entsorgung Wasser, Fakalien, Infekionsmaterial
usw.
21. Funktion Haustechnik
22. Funktion Verwaltung
23. Strom V Stromlastverteiler Verwaltung
24. Funktion Med. Versorgung
25. Strom M Stromlastverteiler Medizinische
Versorgung
26. Notstrom Zentral Zentrale Notstromversorgung muss
ausreichend und sehr stabil sein.
Wartung, regelmässige Funktionstest.
Alternative? Notstromgeräte für M,
H, V ?
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 20
Nun gilt es, Wirkungsbeziehungen anzugeben [Ref. 5]:
Wie stark sind die Wirkungen der Einflussgrößen untereinander? (In der
Netzdarstellung wird die unterschiedliche Wirkungsstärke durch diie Dicke der
Pfeile visualisiert.
Begriffe:
gleichgerichtet = Verstärkung (Abschwächung) von X führt dazu, dass sich
verstärkend auch Y verstärkt (abschwächt).
entgegengerichtet Verstärkung (Abschwächung) von X führt dazu, dass sich Y
= abschwächt (verstärkt).
abschwächend
Verstärkend Plus-Pfeilspitze
abschwächend Minus-Pfeilspitze
Die Symbole + stehen für verstärkend und ein – für abschwächend. In dem
Krankenhausbeispiel treten nur gleichgerichtete Wirkungsarten auf. Daher wird in
diesem Fall auf die zusätzliche Kennzeichnung durch die Plus-Pfeilspitze verzichtet.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 21
Abbildung 8: Netzdarstellung Funktionssicherheit Strom im KKH
Es ist ersichtlich, dass man sehr schnell ein undurchsichtiges Netz von
Abhängigkeiten zu durchdringen hat. Daher empfiehlt es sich Unterstrukturen zu
bilden (Teilnetze/Subnetze).
Es ist in der Regel möglich, ein größeres Netzwerk in genügend kleine Teilnetze zu
zerlegen. Die einzelnen Teilnetze können dann ausgedruckt und auf einer
geeigneten Fläche so angebracht werden, dass man manuell die Verbindungen
zwischen den Elementen verschiedener Netze anbringt.
Bei der Teilnetzanalyse geht es um die Analyse eines Ausschnittes aus einem
Gesamtsystem. Bei der Subsystemanalyse geht es dagegen um die Analyse eines
einzelnen Elementes des Gesamtsystems. Das betrifft jene Elemente des Systems,
welche selbst den Charakter von Systemen haben.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 23
Abbildung 9: Netz „Medizinische Versorgung“ Strom im KKH
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 24
Abbildung 10: Netz „Haustechnik“ Strom im KKH
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 25
Abbildung 11: Netz: „Verwaltung“ Strom im KKH
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 26
Bislang wurden lediglich die Netzdarstellungen erörtert. Nun ist es an der Zeit, eine
Einflussanalyse durchzuführen. Folgt man dem GAMMA-Tutorial [Ref. 5] so ergeben
sich die folgenden Fragestellungen:
x Koordinaten, wie aktiv ein Element in diesem Netz ist, wie stark es aktiv in
diesem Netz wirkt: Achse Einflussnahme
y Koordinaten, wie passiv ein Element ist, wie stark es in diesem Netz beein-
flusst wird: Achse Beeinflussung
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 27
D.h., je aktiver ein Element ist, desto weiter rechts ist es im Koordinatensystem
angeordnet.
Je mehr ein Element beeinflusst wird, je passiver es ist, desto weiter oben wird es
im Koordinatensystem angeordnet.
Zur leichteren Übersicht und Analyse wird die grafische Darstellung in vier
Quadranten unterteilt, für die sich die folgenden Bezeichnungen eingeführt haben:
Passiv Kritisch
Elemente in diesem Elemente in diesem
Quadranten beeinflussen Quadranten beeinflussen
andere Elemente wenig , andere Elemente stark ,
werden ihrerseits jedoch werden aber auch
stark von anderen ihrerseits stark von
Elementen beeinflußt. anderen Elementen
Sie werden auch als beeinflußt.
"reaktiv" bezeichnet.
Puffernd
Elemente in diesem Aktiv
Quadranten beeinflussen Elemente in diesem
andere Elemente wenig Quadranten beeinflussen
und werden auch wenig andere Elemente stark ,
von anderen Elementen werden ihrerseits jedoch
beeinflußt. nur wenig von anderen
Sie werden auch als Elementen beeinflußt.
"träge" bezeichnet.
Die Grenzen zwischen diesen Bereichen sind natürlich fließend. Dies wird auch
durch die Farbübergänge in der GAMMA-Grafik angedeutet.
Die Aktiv- bzw. Passiv-Werte = x/y-Koordinaten eines Elementes errechnen sich aus
der Zahl und dem Gewicht der abgehenden (aktiven) bzw. eingehenden (passiven)
Verbindungen. Dies kann an folgender Matrixdarstellung erläutert werden:
Dabei gilt:
Die Zeilen enthalten die von dem jeweiligen Element ausgehende Wirkung auf
die jeweils anderen: Zahlenwert, welcher der Pfeilstärke entspricht.
Zeilen- und spaltenweise werden die Zahlenwerte addiert.
Der höchste Aktiv- oder Passiv-Wert wird als Normgröße (100 %) angesetzt, auf
welche alle Werte in der grafischen Darstellung skaliert werden.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 28
... auf die anderen Größen
(Passiv) Zeilensumme
1 2 3
wirkt
nicht
Wirkung Wirkung
direkt auf Aktiv-summe
1 von 1 auf von 1 auf
sich zu 1
2 3
selbst
zurück
wirkt
Wirkung nicht
Wirkung Wirkung
der jeweiligen direkt auf Aktiv-summe
2 von 2 auf von 2 auf
Größen (aktiv) sich zu 2
1 3
... selbst
zurück
wirkt
nicht
Wirkung Wirkung
direkt auf Aktiv-summe
3 von 3 auf von 3 auf
sich zu 3
1 2
selbst
zurück
Passiv- Passiv- Passiv-
Spaltensumme summe summe summe
zu 1 zu 2 zu 3
Beispiel:
Der höchste Summenwert ist hier der Aktiv-Wert für Einflussgröße 3, der Wert 6.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 29
Bedeutung der Werte:
Nach [Ref. 8] besteht der Vorteil einer Einflussmatrix darin, dass sie klare Hinweise
darauf gibt, wo beim Eingriff in die Problemsituation mit den größten Hebelwirkungen
gerechnet werden kann, und wo wegen zu erwartender Kettenreaktionen Vorsicht
am Platze ist.
Auch ohne Visualisierung sieht man die wesentlichen beeinflussten Größen: die
Funktion der medizinischen Versorgung (24), die Funktion der Haustechnik (21), die
interne Stromversorgung (2), Stromversorgung für den medizinischen Bereich (25).
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 30
Wirkungsvoller jedoch ist die grafische und farbige Darstellung der Einflussgrössen
für die Funktionssicherheit der Stromversorgung in einem Krankenhaus in einem
Enflussgrößen – „Koordinatensystem“.
Die Positionen geben Hinweise darauf, welche Rollen die einzelnen Einflussfaktoren
im System spielen. Man könnte auch sagen, die Einflussanalyse ist ein Bild der
"Kräfteverhältnisse" im Netz.
Die Größe 21, 24 und 2, die Funktionsfähigkeit der Haustechnik und die
Funktionsfähigkeit der medizinischen Versorgung, sowie die interne
Stromversorgung liegen im blauen Quadranten (links oben), dem Quadranten für
die überwiegend "passiven" (also beeinflussten) Elemente. Hier ist bei weiteren
Analysen vor allem zu betrachten, wie sich die verschiedenen Einwirkungen auf ein
solches Element verhalten.
Liegen Elemente innerhalb des grünen Quadranten (links unten), so werden sie als
"träge" bezeichnet als Ausdruck dafür, dass diese Elemente wenig beeinflussen und
wenig beeinflusst werden.
Man kann aber auch erkennen, dass z.B. bei einer stärkeren aktiven Einflussnahme
der Größe 16, der Funktionsfähigleit der Informations- und
Kommunikationstechnik (IKT), diese zunächst eher „träge“ Größe 16 zu einem
„treibenden“ (roter Bereich, rechter unterer Quadrant) bzw. sogar zum „kritischen“
Element (gelber Bereich, rechter oberer Quadrant) werden kann.
Nach [Ref. 9] werden Störungen der als „aktiv“ oder „kritisch“ gekennzeichneten
Größen das Verhalten des Gesamtsystems der kritischen Infrastruktur empfindlich
beeinflussen.
Betrachten wir das vorliegende Wirkungsnetz genauer, so stellt man fest, dass es
bezüglich der Funktionsfähigkeit des internen Stromnetzes keine dämpfende
Rückkopplung, sondern nur verstärkende Rückkopplungen besitzt (Abbildung 20).
Die GAMMA-Methode erlaubt auch die Betrachtung von Zeithorizonten (kurz-, mittel
oder langfristig). Je nach Anwendung sollte von vornherein festgelegt werden, was
unter kurz-, mittel oder langfristig verstanden werden soll.
Wie lange dauert es, bis die Auswirkungen eines Eingriffs über die
Beziehungskette einbestimmtes Element erreichen?
Wie früh muss man eingreifen, damit die Wirkung rechtzeitig eintritt?
Die bisherige Analyse der Wirkungsketten beschränkte sich auf Aufschlüsse über
Verlaufs-Strukturen. Hier wird die Frage nach den Verlaufs-Zeiten angegangen.
Soweit man die erforderlichen numerischen Zeitangaben machen kann, ist es
möglich, mit GAMMA die zeitliche Ausbreitung von Veränderungen zu untersuchen.
Auch diese Analyse wird grafisch unterstützt.
Die zeitliche Analyse mit GAMMA ist praktisch nur sinnvoll in einem kleinen Netz
oder einem Teilnetz, in welchem die dargestellten "Impulse" verfolgt werden können.
Das Teilnetz muss so gewählt werden, dass nur die für die Fragestellung relevanten
Wirkungsketten enthalten sind.
Die Hauptschwierigkeit bei dieser Analyse ist offensichtlich: Woher nimmt man denn
die Zeitangaben? Vor dieser offensichtlichen Hürde sollte man allerdings nicht zu
rasch kapitulieren.
Es können u.U. schon grobe Schätzungen genügen, die sich etwa auf Grenzwerte
beziehen, wie minimale bzw. maximale Zeiten, um eine realistische Vorstellung
darüber zu erhalten, innerhalb welcher zeitlichen Spannbreite mit bestimmten
indirekten Wirkungen zu rechnen ist.
Gerade bei dieser Analyse empfiehlt sich der Einsatz des Presentation Masters
(GAMMA), um mit ihm einzelne Zwischenergebnisse bei der Netzentwicklung und -
analyse festzuhalten. Damit können sie später leicht wieder nachvollzogen werden.
Außerdem stehen sie zur Verfügung für Präsentationen. Man sollte also vor dem PC
sitzen und die zeitliche Analyse mit GAMMA in einem schrittweisen oder aber
schnellen Modus durchzuführen.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 33
Abbildung 13: Wirkungsaufnahme <Strom intern> im KKH-Netz, Teil 1
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 34
Abbildung 14: Wirkungsaufnahme <Strom intern> im KKH-Netz, Teil 2
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 35
Abbildung 15: Wirkungsaufnahme <Strom intern> im KKH-Netz, Teil 3
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 36
Abbildung 16: Wirkungsaufnahme <Strom intern> im KKH-Netz, Teil 4
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 37
Abbildung 17: Wirkungsausbreitung <Strom intern> im KKH-Netz, Teil 1
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 38
Abbildung 18: Wirkungsausbreitung <Strom intern> im KKH-Netz, Teil 2
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 39
Abbildung 19: Wirkungsausbreitung <Strom intern> im KKH-Netz, Teil 3
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 40
Abbildung 20: Verstärkende Rückkopplungen <Strom intern> im KKH-Netz
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 41
Abbildung 21: Momentaufnahme Zeitanalyse im KKH-Netz
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 42
4.2 Kompakte Infrastrukturdarstellung
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 43
Tabelle 4: Element-Matrix Funktionssicherheit Strom im
kompakten KKH - Netz
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 44
Abbildung 25: W.Aufnahme <Strom int.> im kompakten KKH-Netz, Teil 2
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 45
Abbildung 27: W.Ausbreitung <Strom int.> im kompakten KKH-Netz, Teil 1
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 46
Abbildung 29: W.Ausbreitung <Strom int.> im kompakten KKH-Netz, Teil 3
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 47
5 Beispiel Versorgungssicherheit Treibstoff
Nach [Ref. 7] kommt der Treibstoffversorgung besonders in der Krisenbewältigung
eine zentrale Bedeutung zu, da neben dem regulären Basisbedarf (z. B. PKW, LKW)
der Bedarf für Notstromaggregate und zusätzliches Transportaufkommen gedeckt
werden muss. Die benötigten Treibstoffe werden vorwiegend aus Rohöl gewonnen
und werden im Allgemeinen entsprechend des Erdölbervorratungsgesetzes in drei
Erzeugnisgruppen eingeteilt: Motorenbenzine; Dieselkraftstoff, leichtes Heizöl,
Leuchtöl und Flugturbinenkraftstoff; mittelschweres und schweres Heizöl.
Die Verteilung von Treibstoffen an den Endkunden geschieht über den Heizölhandel
bzw. über die Abgabe an Tankstellen. Die Mehrzahl der Tankstellen in Baden-
Württemberg wird von den drei großen Mineralölkonzernen Shell, Esso und Aral/BP
betrieben. Hinsichtlich der Notstromversorgung von Tankstellen ist eine
allgemeingültige Aussage schwierig, da es hierzu keine verbindlichen Regelungen
gibt und die Ausstattung im Ermessen des Betreibers vor Ort liegt. Eine
Notstromversorgung der Tankstellen ist nur ausnahmsweise gewährleistet. Da alle
Tankstellen nahezu täglich mit Mineralölprodukten beliefert werden müssen, kommt
dem Funktionieren der Logistikkette (Tanklastwagen) eine entscheidende Bedeutung
zu.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 49
Die Mineralölraffinerie Oberrhein wird von 2 Pipelines (SPSE aus Marseille und TAL
aus Triest) mit Rohöl versorgt. Sind diese Pipelines von einem Stromausfall
betroffen, können Überwachungs-, Mess- und Regelungssysteme für 72h über
Batterie betrieben werden. Die Pumpen und Schieber der Rohrleitungssysteme sind
jedoch nicht mit stationären Notstromaggregaten ausgerüstet. Diese können aber bei
Versorgungsunterbrechungen manuell betrieben werden (Schieber), und es stehen
mobile Notstromaggregate zur Versorgung der Pumpen zur Verfügung. Des Weiteren
hat ein Gespräch mit der Deutsche Transalpine Ölleitung GmbH (TAL) ergeben, dass
auch beim Totalausfall einzelner Pumpen die Förderung von Rohöhl (mittels weiter
entfernter Pumpen) noch möglich ist. Der Durchsatz wäre dann aufgrund des
verringerten Leitungsdrucks allerdings geringer. Wäre aufgrund eines vollständigen
Ausfalls der Pipelines keine Anlieferung von Rohöl mehr möglich, würden die
Rohölvorräte der Raffinerie ca. 3 Wochen ausreichen.
Die MiRO betreibt auf Ihrem Gelände 2 Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von ca.
70 MW sowie ein eigenes Stromnetz, das zwar an das öffentliche Netz gekoppelt ist,
aber im Inselbetrieb und bei voller Deckung des Strombedarfs der Raffinerie
gefahren werden kann. Die Abkopplung des werksinternen Netzes vom öffentlichen
Netz läuft beim Ausfall des öffentlichen Netzes vollautomatisch und gewöhnlich ohne
Probleme ab. Die meisten Anlagen sowie alle benötigten Sicherheits- und
Serviceinfrastrukturen werden über das eigene Elektrizitätsnetz betrieben, so dass
die Produktion auch im Falle eines Stromausfalls aufrecht erhalten werden kann. In
der MiRO sind lediglich der Cracker und der Kalziner nicht an das eigene Netz
angeschlossen. Diese Anlagen werden bei Stromausfall im öffentlichen Netz über
eine unterbrechungsfreie Notstromversorgung sicher heruntergefahren. Der Ausfall
dieser Anlagen hat jedoch zur Folge, dass Produktionsrückstände nicht weiter
verarbeitet werden können und eine Zwischenlagerung notwendig wird. Die
Herstellung der Mineralölprodukte wird dagegen nicht gestört. Da es beim Ausfall der
Stromversorgung zum Aushärten der aktuellen Crackercharge in der Anlage kommt,
sind hier vor Wiederinbetriebnahme umfangreiche Reinigungs- und
Instandhaltungsmaßnahmen notwendig, die bis zu 2 Wochen in Anspruch nehmen
können. Durch einen Zusammenbruch des externen Stromnetzes ist zudem mit dem
Ausfall des Gaskompressors zu rechnen. Dieses führt zu einer erheblichen
Außenwirkung und zu Gasverlusten, da das ausströmende Gas über die Notfackel
sicher abgebrannt werden muss. Um im Falle eines Stromausfalls mögliche Verluste
und Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, würde die Produktion, obwohl
dies eigentlich möglich wäre, nicht weiter auf 100% gefahren. Würde es zu einem
Zusammenbruch des eigenen Inselnetzes kommen, würde die gesamte Produktion
still stehen, da insbesondere kein Dampf mehr zur Verfügung stünde. Alle Anlagen
würden durch eine USV-gesicherte Sicherhaltsabschaltung heruntergefahren. Das
Wiederanfahren der Anlagen würde in diesem Fall längere Zeit in Anspruch nehmen,
und viele Stoffströme müssten abgefackelt werden (Verluste und Außenwirkung).
Insgesamt ist festzustellen, dass die MIRO im Falle eines Stromausfalles, zwar
eingeschränkt aber dauerhaft betriebsfähig wäre.
Die erzeugten Produkte der Raffinerie werden über Tankkraftwagen (TKW), Schiffe
und Kesselwagen abtransportiert. Während die Verladung mit Schiff und TKW auch
bei Stromausfall unproblematisch ist, ist der Abtransport über Kesselwagen ohne
Stromversorgung nicht mehr möglich.
Im Tanklager ist bei Stromausfall besonders die Aufrechterhaltung von
Sicherheitseinrichtungen wie Brandmeldeeinrichtungen, Löschanlagen,
Überfüllungssensoren, Leckageüberwachungen und Kommunikationsnetzen von
Bedeutung. Daher stehen in vielen Tanklagern Notstromversorgungen zur
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 50
Verfügung. Diese sind jedoch nicht vorgeschrieben, und der Grad der Notversorgung
ist sehr unterschiedlich. Da bei Stromausfällen die stromunabhängigen Pumpen der
Schiffe zur Verfügung stehen, sind ein Entladen der Schiffe und das Befüllen der
Tanks jederzeit möglich (Überfüllungssensoren müssen hierzu Notstrom versorgt
sein). Das Verladen der gelagerten Produkte aus den Tanks in TKWs ist jedoch nur
dann möglich, wenn die Tanklager eigenen Pumpen Notstrom versorgt sind. Die
Pumpen der TKWs können lediglich bei Heizöl und Diesel eingesetzt werden und
nicht für Ottokraftstoff, da hierfür explosionsgeschützte Pumpen notwendig sind.
Insgesamt ist eine verallgemeinernde Bewertung von Tanklagern schwierig, da die
Auswirkungen stark von der Ausstattung der Notstromversorgung abhängen. Im
Tanklager Karlsruhe wäre prinzipiell sowohl das Entladen von Schiffen als auch das
Beladen von TKWs und damit der Abtransport der gelagerten Mineralölprodukte auch
bei einem Ausfall der Stromversorgung möglich. Bei bisherigen Stromausfällen
wurde jedoch zur längeren Aufrechterhaltung der Notstromversorgung die Verladung
in TKWs meist eingestellt oder stark reduziert. Dies führte unter anderem zur Bildung
von längeren Staus an der TKW-Verladung.
Für Flughäfen gibt es für den Fall eines Stromausfalles weit reichende und sehr
detaillierte internationale/nationale Vorgaben, die von vielen deutschen
Flughafenbetreibern im Rahmen ihrer Vorsorgemaßnahmen häufig noch übertroffen
werden. Bei Stromausfall wird die Stromversorgung im Sekundenbereich auf USV
umgeschaltet, um so besonders in sicherheitsrelevanten Bereichen einen
ungestörten Ablauf der Prozesse zu gewährleisten. Welche weiteren Bereiche und
Prozesse an die Notstromversorgung angeschlossen sind, unterscheidet sich von
Flughafen zu Flughafen (meist große Schiffsmotoren, die auch mit Kerosin betrieben
werden können). Die zeitliche Limitierung der Notstromversorgung kann jedoch
aufgrund der großen Treibstoffvorräte an Flughäfen als unkritisch angesehen
werden.
Die Belieferung von Tankstellen ist generell auch im Falle eines Stromausfalles (bei
genügendem Angebot aus Tanklagern und Raffinerien) ohne Probleme möglich. Zur
Befüllung der unterirdischen Tanks werden keine Pumpen eingesetzt, sondern es
wird lediglich der Potenzialunterschied zwischen TKW und dem tiefer gelegenem
Tank genutzt. Problematisch ist bei Tankstellen hingegen die Entnahme aus den
Bodentanks. Die hierzu benötigten Pumpen und Zapfsäulen sind stromabhängig und
müssen zudem explosionsgeschützt sein. Da die meisten Tankstellen nicht über
Notstromaggregate verfügen, stellt bei Stromausfall die Verteilung an den
Verbraucher den entscheidenden Engpass in der Treibstoffversorgungskette dar.
Eine sinnvolle Lösung hierfür könnte die Versorgung einzelner
Schwerpunkttankstellen mit mobilen Notstromaggregaten bieten, da manuelle
Entnahme der Treibstoffe aus den Tanks aufgrund der Explosionsgefährlichkeit und
der technischen Gegebenheiten an den Tankstellen nicht möglich ist (Ex-geschütze
Pumpen sind notwendig). Welche Schwerpunkttankstellen mit mobilen
Notstromaggregaten versorgt werden sollten, müsste gemeinsam von Behörden,
Mineralölkonzernen und Mineralölverbänden (z. B. UNITI) identifiziert werden.
Bei einer nationalen Versorgungskrise ist es generell möglich, dass die vom EBV
eingelagerten Reserven freigegeben werden, sofern nur Deutschland betroffen ist.
Sind auch andere Länder involviert, müsste die Freigabe über das IEA-Govering
Board, in dem Deutschland durch das BMWi vertreten ist, erfolgen. Pläne zur
Umsetzung der Verteilung bei Stromausfall und zu einer möglichen Priorisierung der
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 51
Empfänger existieren derzeit nicht. Sollte eine Rechtsverordnung über die Freigabe
ergehen, dauert es ca. einen halben Tag bis die Freigabe der Reserven durchgeführt
werden kann. Die hierfür notwendigen Abstimmungen laufen meist telefonisch ab.
Hierzu stehen jedoch keine gesicherten Kommunikationsnetze, sondern lediglich das
Mobilfunknetz zur Verfügung. Als besonders kritisch ist zudem der Ausfall von IT-
Systemen zu bewerten, da ohne diese eine Freigabe nicht durchgeführt werden
kann. Da das Rechnernetzwerk des EBV in Hamburg nicht notstromversorgt ist,
würde der EBV bei einem längeren Stromausfall (weniger als 8 Stunden) nach
Hannover in ein gesichertes Rechenzentrum umziehen. Problematisch könnte zudem
sein, dass möglicherweise nicht alle Mineralölkonzerne und Betreiber von Tanklagern
darauf vorbereitet sind, eine Freigabe aufgrund einer Energiekrise technisch
umzusetzen(weitere Details siehe [Ref. 7]).
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 52
Abbildung 33: Einflussanalyse Versorgungssicherheit Treibstoffversorgung
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 53
Bei den gewählten Eigenschaften des Wirkungsgefüges der Elemente sind die
„treibenden Kräfte“ für die Versorgungssicherheit der Treibstoffversorgung die
Elemente 7 und 9, also die Planung der Treibstoffversorgung und die
Informations- und Kommunikationstechnik (IuK). Als „kritische“ Größen erweisen
sich die Elemente 5 und 8, also die Verteilung der Treibstoffe und die
Funktionsfähigkeit der Stromversorgung.
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 54
Quellenverzeichnis
Ref. 2: Sascha Schäfers: „Umgang mit Komplexität“, FÖV Speyer, Dezember 2009
http://www.hfv-speyer.de/Hill/Lehrangebot/Wintersemester-2009/Selbstorganisiertes_Lernen/H%C3%B6rer-
Doks/Sch%C3%A4fers/Seminararbeit%20Endversion.pdf
Ref. 3: GAMMA Software , Version 4.2, Oktober 2007, TATA Interactive Systems GmbH, Tübingen
Ref. 4: Hanns Hub: „Praxisbeispiele zum ganzheitlich-vernetzten Denken“, Verlag der Deutschen
Management-Gesellschaft (DMG-Verlag), Bonn/Nürtingen, 2007
Ref. 9: W. Schmitz: „Modellbildung und Simulation für kritische Infrastrukturen“, Februar 2004
http://www.competence-site.de/downloads/93/9f/i_file_3951/B2_M%26S%20f%C3%BCr%20CI.doc
Ref. 10: F. Fischer: Simulation kritischer Infrastrukturen (SIMKRIT) - Vom Denken in Systemen
zu Prototypen von Simulationsmodellen - Ein subjektiver Rundgang durch die Fachliteratur
Karlsruher Institut für Technologie (K.I.T.), IKET, Februar 2010
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 55
Abbildungsverzeichnis
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 56
Tabellenverzeichnis
___________________________________________________________________________
Friedmar Fischer; Visualisierung kritischer Infrastrukturen mit der GAMMA-Methode 57