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Denken in Systemen– Systemisches Denken

Institute of Nuclear and Energy Technologies

Friedmar Fischer
Institut für Kern- und Energietechnik (K.I.T. - CN)

KIT – University of the State of Baden-Württemberg and


National Large-scale Research Center of the Helmholtz Association www.kit.edu
Nachdenken über Kritische Infrastrukturen

„Die Bevölkerung hoch entwickelter Gesellschaften,


Hauptgegenstand und Auftraggeber staatlichen
Handelns, ist heute mehr denn je von technischen,
ökonomischen, sozialen und administrativen
Dienstleistungen und der Verfügbarkeit umfassender
infrastruktureller Versorgungsleistungen abhängig“
Aus: BBK 2008, Nationales Krisenmanagement im
Bevölkerungsschutz, Bonn, Bundesamt für
Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Das bedeutet, dass auch Entscheidungsunterstützung
bei Großschadenslagen in diesem Gebiet notwendig
ist

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KRITIS – Infrastruktursektoren als Baumstruktur

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Fragestellungen
Welche Ansätze und Modelle existieren zur Abbildung
kritischer Infrastrukturen und deren Vernetzung, die
im Bereich der Bewältigung von Schadensereignissen
aber auch bereits in der Planungsphase eingesetzt
werden können, und welche Anforderungen werden
an sie gestellt?

Welche Ansätze zur Entscheidungsunterstützung


vermögen es, die komplexen Zusammenhänge
zwischen den kritischen Infrastrukturen für einen
Entscheidungsträger fassbar abzubilden (u.a. auch zu
visualisieren) ?

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Wechselwirkungen erschweren Transparenz und
Folgenabschätzung von Störungen

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entnommen: Benes,CITIPLAN, 2007

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Umgang mit komplexen Systemen
D. Dörner zum Umgang mit komplexen Sechs Fehler im Umgang mit
Situationen:
„Ein Akteur in einer komplexen Handlungs-
komplexen Systemen:
situation gleicht einem Schachspieler, der mit
einem Schachspiel spielen muß, welches sehr
1. Falsche Zielsetzung
viele (etwa: einige Dutzend) Figuren aufweist,
die mit Gummifäden aneinander hängen, so 2. Unvernetzte
daß es ihm unmöglich ist, nur eine Figur zu Situationsanalyse
bewegen. Außerdem bewegen sich seine und
3. Einseitige
des Gegners Figuren auch von allein, nach
Regeln, die er nicht genau kennt oder über die
Schwerpunktbildung
er falsche Annahmen hat. Und oberdrein 4. Unbeachtete
befindet sich ein Teil der eigenen und der Nebenwirkungen
fremden Figuren im Nebel und ist nicht oder
nur ungenau zu erkennen.“
5. Tendenz zur Übersteuerung
6. Tendenz zu autoritärem
Verhalten

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Klassifikation komplexer Systemen

Komplexe Systeme
werden durch die
Vielzahl der
Parameter und
deren Dynamik
klassifiziert.
nach Schuh (2006)

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System oder Nicht-System
Was ist der Unterschied zwischen einem Haufen Sand und einer
Blume? Sind beide ein System? Nein. Warum nicht? Ein Haufen
Sand ist kein System: man kann Teile davon vertauschen, eine
Handvoll wegnehmen oder dazutun - es bleibt ein Haufen Sand.
Eine Blume hingegen ist ein System: sie besteht aus mehreren
verschiedenen Teilen.
Wenn ein System also aus mehreren Teilen besteht - ist dann
eine Schale Müsli ein System? Eben nicht, denn die zweite
wichtige Eigenschaft eines Systems ist: die einzelnen Teile sind
in einem bestimmten Aufbau miteinander vernetzt: Ein System
verhält sich völlig anders als seine Teile. Es wird zu einem neuen
Ganzen und das ist immer mehr als die Summe der einzelnen
Teile oder Sub-Systeme.

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Problemlösungsorientierungen

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Fatale Denk- und Handlungsfehler
„Wir finden in dem Verhalten der
Reaktorfahrer vieles von dem wieder,
was wir aus dem Alltag kennen:
Schwierigkeiten beim Umgang mit der
Zeit, Schwierigkeiten bei der
Einschätzung exponentieller
Entwicklungen, Schwierigkeiten beim
Umgang mit Neben- und Fernwirkungen,
also die Tendenz zu einem isolierenden
Ursache-Wirkungs-Denken. Vor diesem
Hintergrund erscheint das Verhalten der
Operateure von Tschernobyl am
26.04.1986 ganz verständlich.“

(Dörner: Die Logik des Misslingens, 2010)

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Menschliche Kognition – Defekte des menschlichen
Entscheidungsverhaltens

Problemklasse Befunde
Problematisches - Exzessive Informationssammlung und Aktionismus
Informationsverhalten - Stark alternativenreduzierende Entscheidungsregeln
- Nichtbeachtung impliziter, verstreut verfügbarer Informationen
- Methodismus zum Schutz der eigenen Kompetenz

Nichtbeachtete - Lösung von Teilproblemen: Ad-Hocismus, Überwertigkeit des


Nebenwirkungen aktuellen Motivs, Nicht-Balancierung von Zielen
- Reperaturdienstverhalten: Von Teilproblem zu Teilproblem

Fehlende dynamische - Keine Beachtung der Eigendynamik, Blick auf aktuellen


Sichtweise Zustand beschränkt
- Tendenz zur Übersteuerung bei Nichtbeachtung der
zeitverzögerten Wirkung von Eingriffen

Lineares Ursache-Wirkungs- - Lineares Fortschreiben der Gegenwart


Denken - Fehlendes Verständnis für die Wirkung von nichtlinearen
Beziehungen in dynamischen Zusammenhängen

nach C. Dethloff: Systemisches Denken – Eine Kernkompetenz für die Zukunft (2008)

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Systemisches Denken

Systemisches Denken ist eine


Methode zur Analyse von Systemen
(Problemen, Aufgaben, Situationen
etc.), ...
die aus Elementen bestehen die
voneinander abhängig sind – also
in Beziehung stehen und
jedes dieser Elemente vielfältige
Ausprägungen annehmen kann und
mit dem Ziel Aktivitäten abzuleiten,
dieses System in einen Zielzustand
zu bringen und über einen
definierten Zeitraum in diesem
Zustand zu halten.

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Systemisches Denken / System Dynamics
Verwandte Begriffe:
Komplexes Problemlösen, Vernetztes Denken, Ganzheitliches
Lernen , Organizational Learning, Systems Thinking (ST), System
Dynamics (SD), Feedback Thought
Systemisches Denken dient als Grundlage für System Dynamics
(SD)
SD ist eine Methode zur Abbildung der Realität und deren
Zusammenhänge (komplex und dynamisch)
Interaktionen der Objekte und Personen innerhalb eines
Systems lassen sich abbilden
Es werden verschiedene Darstellungsformen verwendet [z.B.:
Wirkungsdiagramme (qualitative Darstellung), Flussdiagramme
(quantitative Darstellung)]

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Überblick über den dynamischen systemischen
Denkprozess
Vernetztes Denken:
Wirkungen (direkte/indirekte),
Wirkungsnetze
Rückkopplungen (eskalierend,
stabilisierend)
Dynamisches Denken:
Eigendynamik,Verzögerungen,
periodische Schwankungen, Bestände
versus Flüsse
Denken in Modellen:
Bewusster Unterschied Modell-Realität
Modelle sind Vereinfachungen
Modellannahmen
Systemisches Handeln:
Praktische Steuerung von Systemen
„Hebel“ – Kräfte zur Steuerung erkennen
„richtige“ Intensität einsetzen
nach Zeitschrift: Risiko-Manager „richtiges“ Timing berücksichtigen
nach Ossimitz (2000)

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Denken in Modellen (Ossimitz 2000)

Systemische Modelle sind bewußt wahrgenommene Modelle (Jedes


„System“, mit dem wir uns beschäftigen, ist ein „Modell“ von
irgendetwas mit Annahmen und Vereinfachungen)
Konsequenz:
Dieselbe Situation kann durch unterschiedliche Systemmodelle
repräsentiert werden.
Kein einzelnes Systemmodell kann daher für sich einen absoluten
Gültigkeit- oder Wahrheitsanspruch ableiten.
Man kann bei einfachen Modellen beginnen und diese dann
erweitern. Für dieselbe Situation ist zulässig, alternative
Systemmodelle zu entwickeln.
Interpretation systemischer Ergebnisse gilt nur im Rahmen des
jeweiligen Modells. Damit Gefahr der Überinterpretation gemildert.
Der Schlüssel zum „Denken in Modellen“ liegt im Bewusstsein um die
verwendeten Darstellungsmittel

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Systemisches Denken braucht systemische
Darstellungsformen [Ossimitz (2000)]

Klassifikation systemischer Darstellungsformen:


Leistungsfähigkeit und
Einsatzmöglichkeiten eines
Systemansatzes hängen von
den Repräsentationformen
der Darstellungsmittel ab.

Dabei herausragend:

• Wirkungsdiagramme im
qualitativen Bereich
(Causal Loop Diagrams,
CLD)
• System Dynamics für
den quantitativen Bereich
(alle Modellgrößen
erfordern eine
Quantifizierung) (Stock
Flow Diagrams ,SFD)
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Wirkungsdiagramme 1

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Wirkungsdiagramme 2

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Wirkungsdiagramme 3

Hinweise:

Die Wirkungsdiagramme sind nützliche Darstellungshilfen


Dieselbe Situation kann verschieden modelliert werden
Kleine Unterschiede können große Wirkungen haben
Was zunächst als die Lösung erscheint, kann (via
Rückkoppelungen) das Problem im System verschärfen!

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Wirkungsdiagramme 4
nach C. Dethloff: Systemisches
Denken – Eine Kernkompetenz für
Handlungsarchetypen nach Peter Senge die Zukunft (2008)

Eskalation am Beispiel Wettrüsten

+ A rüstet auf

+
Anzahl Waffen
A fühlt sich bedroht B fühlt sich bedroht

+
B rüstet auf
+
Zeit

Keine Partei schaut über den Tellerrand und nimmt auch mal die Position des
„Anderen“ ein. Wann immer die eine Partei einen Vorteil erlangt, fühlt sich die andere
Partei bedroht. Deshalb kommt es zur Eskalation.

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Wirkungsdiagramme 5
nach C. Dethloff: Systemisches
Denken – Eine Kernkompetenz für
Handlungsarchetypen nach Peter Senge die Zukunft (2008)

Gleichgewichtsprozess mit Verzögerung am Beispiel Schweinezyklus

Schweinezucht

Schweinepreis
B Schweinezucht

Zeit

Es wird eine Situation wahrgenommen und daraufhin gehandelt, aber das Ergebnis
des Handelns wirkt sich erst verzögert aus, so dass die eigentliche Situation längst
eine andere ist, aber immer noch in diese Richtung gesteuert wird.

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Wirkungsdiagramme 6
nach C. Dethloff: Systemisches
Denken – Eine Kernkompetenz für
Handlungsarchetypen nach Peter Senge die Zukunft (2008)

Grenzen des Wachstums am Beispiel Kundenbeziehung

Neukunden durch
Preissenkung und +
Marketing

R
+ - Anzahl Kunden
Anzahl Kunden

B
+ Kundenverlust durch
- mangelhaften Support Zeit
Supportkapazität

Ein sich beschleunigender Wachstumskreis kommt plötzlich zum Erliegen und kann
sich sogar in das Gegenteil verkehren wenn Wachstumsgrenzen erreicht werden. In
dem Beispiel ist die Supportkapazität der wachstumsbegrenzende Faktor .

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Wirkungsgefüge von Katastrophen und
Sicherungsmaßnahmen
Zusammenhang zwischen technischer
Sicherung und Informationsverlust über
das Risiko:
Die Verminderung des Risikos kleiner Ks
führt zu einem Informationsverlust über
das Risiko großer Ks. Da die reelle
Gefahr kleiner Ks verringert ist und aus
dem Gefühl heraus, dass nichts
passieren kann, ziehen vermehrt
Menschen in das betroffene Gebiet. Das
treibt den möglichen Schaden in die
Höhe.
Das vorhandene Risiko zu einem Faktor
in den individuellen Entscheidungen
(dicker Pfeil) zu machen wäre eine
Lösung, denn man kann ja den
Betroffenen das Risiko großer Ks bewußt
nach Lapp (2006), Grenzen technischen
Katastrophenschutzes machen und so den Informationsstand
verbessern.

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Modell „Schutz Kritischer Infrastrukturen“

Kontrollmodell mit Unterscheidung in: Akteure wie z.B. Bedienungspersonal, Nutzer, Kunden; Kontrollierbare
Faktoren wie Computer, Netzwerk, Verteiler etc.; Kriterien oder Indikatoren, die den Erreichungsgrad der
Zielfunktion angeben.
Akteure kontrollieren die kontrollierbaren Faktoren. Umgekehrt beeinflussen die Indikatoren das Verhalten der
Akteure. Da kritische Infrastrukturen keine abgeschlossenen Systeme darstellen, können auch externe Faktoren die
kritische Infrastruktur beeinflussen. Beispiele für solche externe von der Infrastruktur nicht direkt beeinflussbare
Faktoren sind die Gesetzgebung und internationale Standards. Diese Faktoren beeinflussen sowohl das Verhalten
der Akteure als auch die internen von der Infrastruktur direkt kontrollierbaren Faktoren. Externe und interne
Faktoren
beeinflussen den Wert der Indikatoren und damit auch den Wert der Zielfunktion wie z.B. die technische
Funktionsfähigkeit. Der Wert der Zielfunktion wiederum veranlasst die Akteure, die internen Faktoren zu ändern,
wenn der Wert der Zielfunktion außerhalb des Normalbereiches liegt. (nach W. Schmitz, IABG, 2004)
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Wirkungsnetz im Modell „Schutz Kritischer
Infrastrukturen“(visualisiert mit GAMMA)

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Gewichtungsmatrix „Schutz Kritischer Infrastrukturen“
(visualisiert mit GAMMA)

passiv

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Einflussmatrix „Schutz Kritischer Infrastrukturen“
(visualisiert mit GAMMA)

passiv kritisch

ru>=starker Einfluss, wenig


Beeinflussung
<ro>=starker Einfluss, starke
Beeinflussung
träge aktiv <lo>= wenig Einfluss, starke
Beeinflussung
<lu>= wenig Einfluss, wenig
Beeinflussung

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Rückkopplungen im Modell „Schutz Kritischer Infrastrukturen“
Verstärkende Rückkopplung (visualisiert mit GAMMA)

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Rückkopplungen im Modell „Schutz Kritischer Infrastrukturen“
Ausgleichende Rückkopplung (visualisiert mit GAMMA)

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Rückkopplungen im Modell „Schutz Kritischer
Infrastrukturen“ Einfluß der Behörde
Kontrolle der technischen Funktionsfähigkeit:
Falls die Regulierungsbehörde eine Verschlechterung der technischen
Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems feststellt, die beispielsweise durch
geringere Leistungsfähigkeit der Elektrizitätswirtschaft hervorgerufen werden
könnte, dann kann sie dieser Entwicklung durch Verabschiedung strengerer
Standards entgegenwirken und so zu einer Verbesserung der Technischen
Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems beitragen.
Kontrolle der Umweltverträglichkeit:
Falls die Regulierungsbehörde abnehmende Umweltverträglichkeit feststellt, die
beispielsweise durch zu starke Berücksichtigung konventioneller Kraftwerke
verursacht sein könnte, dann kann sie dieser Entwicklung durch entsprechende
Auflagen entgegenwirken und so zu einer Verbesserung der Umweltverträglichkeit
beitragen.
Dieses einfache Beispiel zeigt, wie durch Veränderung der Systemtopologie das
Systemverhalten stabilisiert werden kann.

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In der Literatur dokumentierte Untersuchungen

Für verschiedene Detailnetze aus dem Bereich der Kritischen


Infrastrukturen wurden vor einigen Jahren erste qualitative und
quantitative Untersuchungen (Simulationen) mit Visualisierungs- und
System Dynamics Tools durchgeführt.

Energienetz
Verkehrsnetz
Ministeriennetz
Telekommunikation
Innere Sicherheit
Verteidigung
Banken und Versicherungen
(K. Niemeyer, IABG, Modell wichtiger Branchen einer Region für die Simulation von kritischen
Störungen mit einer mittleren Abstraktion, N-O-A TR-7, 2002)

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Visualisierung eines Verkehrsnetzmodells
(visualisiert mit GAMMA)

nach K. Niemeyer (2004), nacherstellt mit Software „GAMMA“ Vers. 4.2)


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Vom Wirkungsdiagramm (CLD) zum Flussdiagramm (SFD)

birth rate norm Birth rate norm


birth rate
Birth rate

Population
Population

Death rate norm Death rate


death rate norm death rate

CLDs enthalten nicht genügend Informationen, um ein vorgegebene Modell eindeutig zu beschreiben.
Daher werden die nötigen Transformationsschritte vom CLD zum SFD nicht automatisch durchgeführt.
Zur quantitativen Simulation kann man jedoch die vorhandenen CLDs einsetzen, wenn man gewisse
Regeln und die „Schreibsyntax“ von SFDs beachtet, die Abfolge von „stocks“ (Beständen“, „flows“
(Flüssen), „auxiliaries“ (Hilfsvariablen), „constants“ festlegt. Das kann durchaus eine gewisse
Herausforderung darstellen, führt aber hier zu weit.
Details: Thomas Binder: Developing System Dynamics Models from CLDs, 2004
J.R. Burns: Simplified Translation from CLDs to SFDs, 2001

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Zusammenfassung (1)

Nur mit geeigneten Methoden und den dafür passenden Werkzeugen


gelingt es, Komplexität zu verstehen.

Komplexität zu verstehen und zielgerichtet zu beeinflussen, beruht auf


der Methode und den Grundsätzen des vernetzten (systemischen)
Denkens.

Systemisches Denken beinhaltet die Modellierung der Systeme. Über


die Modellierung erschliesst sich uns der Zugang zu komplexen
dynamischen Systemen.

Unter systemischem Denken (System Dynamics) kann man die


Disziplin der Modellierung, Analyse, Modell-Simulation und
-Steuerung komplexer, dynamischer Systeme verstehen.

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Zusammenfassung (2)
Das Verhalten komplexer, dynamischer Systeme wird im Wesentlichen
durch Interaktionen der Wirkungsbeziehungen zwischen den
Einflussfaktoren der Systeme bestimmt. Menschen sind von Natur aus
nicht in Lage, mehr als maximal vier Einflussfaktoren mit den dazu
gehörenden Wirkungs­Beziehungen gesamtheitlich zu erfassen. Das
menschliche Agieren in komplexen Systemen mit sehr vielen
Einflussfaktoren ist daher meist wenig zielführend. Unerwünschte
Neben- und Fernwirkungen werden oft erst (zu) spät erkannt.

Vorteile des systemischen Denkens (System Dynamics):

• Sie verstehen die Funktionsweise ihres Systems. Sie erreichen durch Visualisierung ein
gemeinsames Verständnis im Team.
• Sie erkennen und schliessen Lücken in der eigenen Wahrnehmung. Sie finden die
relevanten
Faktoren, deren gezielte Beeinflussung zur gewünschten Wirkung führen kann.
• Sie erkennen mögliche Neben- und Fernwirkungen der eigenen Handlungen.
• Sie erkennen frühzeitig Risiken und potentielle Fehlentscheidungen.
• Sie erkennen Zielkonflikte und können diese vermeiden.
• Sie gewinnen Planungs- und Handlungssicherheit.
• Sie können neue Ideen entwickeln.

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Würdigung
Das Verhalten komplexer, dynamischer Systeme zu erforschen ist eine ständige
Herausforderung:

Kopfmodelle sind zwar die schnellsten, aber ohne Papier und Computer
keinesfalls die besten.

Reine Visualisierungen ermöglichen leider keine Analyse der Modellzusammen-


hänge.

Qualitative Modelle können nicht nur Zusammenhänge visualisieren, sondern die


Beziehungen zwischen Faktoren eines Modells auch gewichten. Diese
Gewichtung, zusammen mit so genannten Rückkopplungsschleifen, erlaubt dann
erste, und im Vergleich zur quantitativen Analyse vor allem auch schnelle,
Rückschlüsse auf das Systemverhalten und entsprechend Hebel und Risiken in
dem Modell.

Quantitative Modelle können Zeitaufwand bedeuten, die Werkzeuge zur


Handhabung sind gewöhnungsbedürftig, Simulationen ermöglichen aber auch,
kostengünstig verschiedene Szenarien zu prüfen und ggf. (je nach Datenlage) zu
validieren.

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