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Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Dr. Friedmar Fischer*

Ansätze zu einer Strukturanalyse


rentenferner Startgutschriften

Einschätzungen und Bewertungsmaßstäbe

08.05.2014 (Rev. 23.05.2018)

*Clara-Schumann-Str. 23, 75446 Wiernsheim,


Tel. 07044/909894, E-Mail: friedmar.fischer@posteo.de

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F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkungen ................................................................................................................... 3
Zusammenfassung ................................................................................................................ 6
1. Übergang vom alten zum neuen System .................................................................... 12
1.1. Skizze des alten Gesamtversorgungssystems .................................................. 12
1.2. Skizze des neuen Zusatzversorgungssystems .................................................. 14
1.3. Skizze der Anwartschaft für rentenferne Versicherte ........................................ 15
1.4. Skizze der Neuregelung rentenferner Startgutschriften .................................... 16
1.5. Startgutschriften mit Blick auf die alte Gesamtversorgung .............................. 19
2. Bewertung rentenferner Startgutschriften ................................................................. 21
2.1. Die per annum (p.a.) Betrachtungsweise ........................................................... 21
2.1.1. Wegfall der garantierten Mindestversorgungsrente p.a. ........................... 21
2.1.2. Stark differierende Sätze bei der Startgutschrift p.a. ................................. 22
2.1.3. Drei Berechnungsverfahren für die Startgutschrift .................................... 28
2.2. Der Blick auf die fiktive Näherungsrente ............................................................ 40
2.2.1. Zusammenhang von Größen aus GRV und ZVK ........................................ 42
2.2.2. Zusammenhang von gvE (2001) und Näherungsrente ............................... 44
2.2.3. Vergleich von GRV-Quote und NR-Quote ................................................... 46
2.3. Der Blick auf die neue Punkterente..................................................................... 48
2.3.1. Punkterente für Pflichtversicherte ab 2002................................................. 48
2.3.2. Stresstest (fiktive Punkterente versus reale Zusatzrente) ......................... 53
2.3.2.1. Rentenverluste für fast alle Alleinstehenden ...................................... 53
2.3.2.2. Rentenverluste für ein Drittel der Verheirateten ................................. 55
2.3.2.3. Verluste bei mehr/weniger als 40 Jahren Pflichtversicherung .......... 57
2.4. Ein Blick auf die Vergleichsberechnungen zu den Startgutschriften ............... 62
2.4.1. Vermischung von § 2 und § 18 BetrAVG ..................................................... 62
2.4.2. Pauschale Kürzung des Unverfallbarkeitsfaktors ...................................... 67
Anlage A ............................................................................................................................... 72
Anlage A1: Exkurs zu Mindestrente, Formelbetrag, Mindeststartgutschrift.................... 72
Anlage A2: Mindestrente p.a. .............................................................................................. 75
Anhang B: (formale Bedingungen für einen Zuschlag)..................................................... 77
Anhang B1: Notwendige Bedingung für einen Zuschlag zur Startgutschrift .................. 77
Anhang B2: Notwendige Bedingung Zuschlag zur Startgutschrift (mathem. Analyse) .. 79
Anhang B3: Orientierungsrahmen für Zuschlagsbedingung ........................................... 80
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................. 85
Abbildungsverzeichnis........................................................................................................ 85

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F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Vorbemerkungen
Die Berechnung der Rentenanwartschaften zum 31.12.2001 (Startgutschriften) für
rentenferne Pflichtversicherte (ab Jahrgang 1947) bleibt auch nach über zehn Jahren
heftig umstritten. Ein Ende des Streits um die „richtige“, d.h. systematisch saubere,
transparente, gerechte und rechtssichere Berechnung ist auch nach der Neuregelung
der sog. rentenfernen Startgutschriften am 30.5.2011 nicht in Sicht.

Die Startgutschriften für rentenferne Pflichtversicherte (ab Jahrgang 1947) sind laut
BGH-Urteil vom 14.11.2007 (Az. IV ZR 74/06) unverbindlich, da sie Pflichtversicherte
mit längeren Ausbildungszeiten überproportional benachteiligen. Gleiches gilt nach
dem BGH-Urteil vom 29.9.2010 (Az. IV ZR 99/09) auch für beitragsfrei Versicherte
mit längeren Ausbildungszeiten.

Nach der am 30.5.2011 durch die Tarifparteien vereinbarten Neuregelung der


rentenfernen Startgutschriften nach § 33 Abs. 1a ATV setzt ein Zuschlag auf die
bisherige Startgutschrift voraus, dass der Unverfallbarkeitsfaktor nach § 2 Abs. 1
BetrAVG um mehr als 7,5 Prozentpunkte vom bisherigen Anteilssatz nach § 18 Abs. 2
Nr. 1 Satz 1 BetrAVG abweicht.

Von der Neuregelung sind rund 4,2 Mio. rentenferne Pflichtversicherte und über 4 Mio.
beitragsfrei Versicherte betroffen, also insgesamt 8,2 Millionen Versicherte. Davon
wird schätzungsweise höchstens eine Million von Versicherten tatsächlich einen
Zuschlag erhalten.

Erste Landgerichtsurteile, die Klagen gegen die Neuregelung der rentenfernen


Startgutschriften nach § 33 Abs. 1a ATV betreffen (Zuschlags-
/Vergleichsberechnungen), liegen vor.

Das Landgericht Berlin hat in zwei Kammer-Entscheidungen Urteile gefällt (Az.: 23 O


144/13 vom 22.01.2014 und Az. 7 O 149/13 vom 11.02.2014).

Das Landgericht Karlsruhe hat am 28.02.2014 eine erste Entscheidung (Az.: 6 O


145/13) getroffen.

Bemerkenswert ist bei den zitierten Urteilen:

 Die jeweiligen Klageanträge sind so gut wie identisch.


 Das Landgericht Berlin hält die Klagen für zulässig und begründet.
 Das Landgericht Karlsruhe hält die Klage für nicht begründet.

In den neueren Klageverfahren um die rentenfernen Startgutschriften werden in der


Argumentation der Klageparteien und der Gerichte jeweils fallkonkrete Aussagen
erbeten und um die Beweislast gestritten. Gerichte habe bisher keine von den
streitenden Parteien unabhängige Sachverständigengutachten erheben lassen. So
bleibt bislang unklar, ob die Zusatzversorgungskassen die Forderungen des BGH-
Urteils (Az. IV ZR 74/06) vom 14.11.2007 nachvollziehbar und vollständig umgesetzt
haben. Rentenferne Kläger und deren Anwälte streiten vor Gericht gegen die
Festlegungen der Startgutschriften und die späteren Zuschlagsberechnungen, weil sie
systematische Benachteiligungen ihrer Klienten durch die Neuregelungen der
Zusatzversorgung sehen.

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F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Da nur die Zusatzversorgungskassen (ZVK) Zugang zu ihren Datenbeständen haben,
ist es für die Klägerseite nahezu unmöglich, eine transparente Analyse und Bewertung
der ZVK-Daten durchzuführen, die aufgestellte Behauptungen der beklagten ZVK-
Seite widerlegt oder aber verifiziert.

Der Klägerseite wird andererseits von den Gerichten bzw. der Beklagtenseite der
Nachweis auferlegt, behauptete Benachteiligungen durch die Startgutschrift- und
Zuschlagsregelungen auch zu belegen und ggf. zu quantifizieren.

Will man Bevorzugungen/Benachteiligungen bestimmter Gruppen rentenferner


Pflichtversicherter in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes quantitativ
darstellen, braucht man geeignete Bewertungsmaßstäbe und Orientierungsrahmen.

Es erscheint erkenntnisreich zu sein, anzudeuten, was den Umfang der „alten“


Nettogesamtversorgung ausmachte, die bis Ende 2001 Gültigkeit hatte.

Bei den rentenfernen Startgutschriften wurden einige Elemente der alten


Nettogesamtversorgung übernommen, andere Bedingungen neu eingefügt.

Der Übergang vom alten zum neuen System der Zusatzversorgung wird in Kapitel 1
beschrieben.

Kapitel 2 erörtert, welche denkbaren Ansätze für Bewertungsmaßstäbe zur


Verfügung stehen.

Die im Dritten Versorgungsbericht der Bundesregierung als


Garantieversorgungsrente bezeichnete Rente könnte als „Messlatte“ in Höhe
von 0,4 Prozent des Einkommens (bezogen auf das Endgehalt) pro volles
Pflichtversicherungsjahr dienen.

Kapitel 2.1 stellt die Startgutschriften in Prozent (bezogen auf das Endgehalt) per
annum Pflichtversicherungszeit in den Zusammenhang zur alten
Gesamtversorgung.

Um die rentenfernen Startgutschriften mit der bis Ende 2001 geltenden „alten"
Garantieversorgungsrente (sog. qualifizierte Versicherungsrente nach § 40 Abs. 4
i.V.m. § 44 a VBLS a.F.) vergleichbar zu machen, empfiehlt es sich, alle
Startgutschriften in Euro und auch in Prozent pro Jahr (% p.a.) angegeben. Die
Startgutschrift in % p.a. errechnet sich, indem die Startgutschrift in Euro zunächst
durch die Anzahl der Pflichtversicherungsjahre geteilt (Zwischenergebnis:
Startgutschrift in €) und anschließend in Prozent des Einkommens
ausgedrückt wird (Endergebnis: Startgutschrift in % p.a.).

Kapitel 2.2 widmet sich der Erörterung zur Abschätzung der gesetzlichen Rente im
Berechnungsverfahren zur rentenfernen Startgutschrift.

Beim Rechenverfahren zur Ermittlung der rentenfernen Startgutschrift wird ein fiktives
Näherungsverfahren zur Ermittlung der gesetzlichen Rente angesetzt anstelle einer
realen Rentenauskunft nebst Hochrechnung zum Verrentungszeitpunkt. Hier stellt
sich die Frage, welches der beiden Verfahren (fiktive Näherung oder Hochrechnung)
für den Pflichtversicherten günstiger erscheint.
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F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Kapitel 2.3 entwickelt ein Szenario einer fiktiven neuen Punkterente bereits ab Beginn
der Pflichtversicherung des rentenfernen Versicherungsnehmers und setzt das in
Bezug zur rentenfernen Startgutschrift plus Punkternte ab 2002 bis Rentenbeginn.

Die neue Anwartschaft in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ist eine
Mischung aus Startgutschrift zum 31.12.2001 und erzielbarer Punkterente ab 2002
bis zum Verrentungszeitpunkt. Wie sähe also ein Vergleich aus, wenn es die neue
Punkterente bereits zum Eintritt in die ZVK-Pflichtversicherung gegeben hätte?

Schließlich werden in Kapitel 2.4 bei den Vergleichsrechnungen für die


Startgutschriften rentenferner Pflichtversicherter nach der Neuordnung der ZVK –
Satzungen (nach der Tarifeinigung vom 30.05.2011) die Regelungen von § 2 und §
18 BetrAVG miteinander in Beziehung gesetzt und bewertet.

Die vorliegende Arbeit entstand nach vielen Diskussionen mit betroffenen


rentenfernen Pflichtversicherten und deren Anwälten bzw. durch Beobachtungen bei
Gericht. Die Untersuchung stützt sich auf eine jahrelange Beschäftigung mit der
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Viele diesbezügliche Arbeiten
entstanden in der Zusammenarbeit und Weiterentwicklung mit W. Siepe.

So konnten strukturierte Erkenntnisse gewonnen werden, die helfen können, die


Auswirkungen der komplexen Neuordnung der Zusatzversorgung des öffentlichen
Dienstes transparenter und verständlicher zu machen.

Wiernsheim, 08. Mai 2014 (Rev. 23.05.2018)

Dr. Friedmar Fischer

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F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Zusammenfassung

Will man Bevorzugungen/Benachteiligungen bestimmter Gruppen rentenferner


Pflichtversicherter in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes
quantitativ darstellen, braucht man geeignete Bewertungsmaßstäbe und
Orientierungsrahmen.

Es gibt mehrere denkbare Bewertungsmaßstäbe zur Beurteilung rentenferner


Startgutschriften vor und nach der Tarifeinigung der Satzungsgeber am 30.05.2011
zur Neuordnung der Zusatzversorgung nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom
24.11.2007 (Az: IV ZR 74/06). Verschiedene Ansätze werden in dieser Studie
dargelegt:

 Vergleich der rentenfernen Startgutschriften in Prozent per annum (p.a.)


Pflichtversicherungszeit (bezogen auf das Endgehalt) mit der sog.
qualifizierten Versicherungsrente (alte Garantieversorgungsrente) von 0,4 %
p.a. (bezogen auf das Endgehalt)
 Bewertung des Vergleichs von fiktiver gesetzlicher Näherungsrente und
hochgerechneter realer gesetzlicher Rente zum Renteneintritt
 Bewertender Vergleich von Startgutschrift plus Punkterente ab 2002 mit einer
fiktiven Punkterente bereits ab ZVK- Pflichtversicherungsbeginn
 Bewertung der Vermengungen von Regelungen des § 2 und § 18 BetrAVG
(willkürlicher Abzug von 7,5 Prozentpunkten

1.

Die rentenferne Startgutschrift der Pflichtversicherten liegt meist unter der „alten"
Garantieversorgungsrente.

Im „alten" Nettogesamtversorgungssystem waren drei Regelungen für eine


Mindestversorgung vorgesehen:

 Mindestgesamtversorgung nach § 41 Abs. 4 VBLS a.F. (1.299 Euro im Jahr


2001, was dem Mindestruhegehalt eines Beamten plus einem Zuschlag von
7,21 Prozent entsprach und unter folgenden Voraussetzungen gewährt wurde:
ununterbrochene Pflichtversicherung in der Zusatzversorgung bis zum
Rentenbeginn und mindestens 156 Umlagemonate in den letzten 180 Monaten
und kein Arbeitgeberwechsel in den letzten 15 Jahren)

 Mindestrente gem. § 40 Abs. 4 i.V.m. § 44 a VBLS a.F. („alte" Mindest-


bzw. Garantieversorgungsrente in Höhe der sog. qualifizierten Versicherungs-
rente von 0,4 % p.a. (bezogen auf das Endgehalt) für jedes volle
Pflichtversicherungsjahr unter folgender Voraussetzung: mindestens 10
Jahre Beschäftigung bei demselben öffentlichen oder kirchlichen
Arbeitgeber und Vollendung des 35. Lebensjahres)

 Mindestrente nach Beiträgen oder Entgelten gem. § 44 VBLS a.F. (sog.


einfache Versicherungsrente, entspricht dem neuen § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG
n.F.)

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F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Nur die letztgenannte Mindestrente nach Beiträgen wird auch bei der Berechnung der
Startgutschrift für rentenferne Jahrgänge weiter zugrunde gelegt.

2.

Gegenüber den Regelungen im „alten" Gesamtversorgungssystem, 0,4% pro


Pflichtversicherungsungsjahr (d.h. p.a.) (bezogen auf das Endgehalt) als
Rentenanwartschaft in der Zusatzversorgung zu gewähren, scheinen Gruppen von
rentenfernen ZVK(VBL)-Pflichtversicherten durch die Änderungen der
Zusatzversorgung ab 2002 benachteiligt zu sein, da es nun eine qualifizierte
Versicherungsrente von 0,4 % p.a. (bezogen auf das Endgehalt) nicht mehr gibt.

Zwei Hauptursachen sind für die zum Teil hohen Verluste bei der Berechnung der
rentenfernen Startgutschriften verantwortlich —der Wegfall der „alten" garantierten
Mindestversorgungsrente und die stark differierenden Sätze für die Startgutschrift.

Die Startgutschriften lassen sich in Prozent per annum (p.a.) Pflichtversicherungszeit


(bezogen auf das Endgehalt) einordnen und an der „Meßlatte“ der sog.
qualifizierten Versicherungsrente bewerten. Die sog. qualifizierte alte
Versicherungsrente (alte „Garantieversorgungsrente“) beträgt für jedes volle
Pflichtversicherungsjahr 0,4 Prozent des gesamtversorgungspflichtigen Entgelts
(bezogen auf das Endgehalt).

Die Festsetzung der Startgutschrift für rentenferne Jahrgänge erfolgt nach einer
Günstigerprüfung durch die jeweilige Zusatzversorgungskasse (ZVK).

Die ZVK legt der Startgutschrift-Berechnung drei Berechnungsverfahren

 Mindestrente nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG („einfache Versicherungsrente“)


 Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG
 Mindeststartgutschrift nach § 9 Abs. 3 ATV bzw. nach § 37 Abs. 3 VBLS n.F.
(m>=20 bis zum 31.12.2001 bereits erreichte Pflichtversicherungsjahre).

zugrunde und ermittelt als rentenferne Startgutschrift den jeweils günstigeren (d.h.
höchsten) Betrag.

Alleinstehende und zugleich ältere Normal- und Höherverdiener mit Einkommen


zwischen 2.800 und 4.200 Euro erhalten zumeist eine Startgutschrift in Höhe der
Mindestrente bzw. der Mindeststartgutschrift, da der Formelbetrag bei diesen
Einkommen nur zwischen 0,17 und 0,22 Prozent pro Jahr ausmacht. Von einer
Anhebung des Formelbetrages durch Erhöhung des jährlichen Anteilssatzes, wie sie
der BGH im Urteil vom 14.11.2007 für Rentenferne mit längerer Ausbildung (z.B.
Akademiker) fordert, hätten sie überhaupt nichts, da bei ihnen der Formelbetrag
deutlich unter der Mindestrente und Mindeststartgutschrift liegt. Von einem Zuschlag
auf die bisherige Startgutschrift blieben vor allem Nicht-Akademiker mit Einkommen
unter 4.200 Euro im Jahr 2001 ausgeschlossen.

Alleinstehende Rentenferne können mit einer Startgutschrift von durchschnittlich nur


0,3 Prozent ihres Einkommens pro Jahr rechnen. In nicht seltenen Einzelfällen liegt
die Startgutschrift nur bei 0,25 oder gar nur 0,22 Prozent pro Jahr.

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F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Verheiratete Rentenferne mit Einkommen zwischen 2.200 und 4.600 Euro erhalten
eine Startgutschrift zwischen 0,36 und 0,50 Prozent, also im Durchschnitt 0,43
Prozent pro Jahr.

3.

Bereits seit den ersten frühen Klageverfahren um die alte Startgutschriftberechnung


gibt es die Auseinandersetzung darüber, ob bei der Ermittlung der persönlichen
Nettogesamtversorgung die Pauschalmethode der fiktiven gesetzlichen
Näherungsrente oder aber die Individualmethode der Hochrechnung der gesetzlichen
Renten anhand von Rentenauskünften/-informationen der gesetzlichen
Rentenversicherung (GRV) erfolgen sollte.

Es gibt eine praktikable Möglichkeit, ohne großen Aufwand für jeden Startgutschriftfall
eine Abwägung der Vorteile/Nachteile einer pauschalen bzw. individuellen
gesetzlichen Rentenermittlung vorzunehmen. Dazu werden zwei Begriffe eingeführt:

NR-Quote (NR/gvE) = Verhältnis von Näherungsrente (NR) zum Verdienst (gvE).

Die NR-Quote ist immer unabhängig von der Anzahl der Pflichtbeitragsjahre in der
gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), daher waagerechte Geraden im Diagramm,
und nur abhängig vom Verdienstniveau (zum Beispiel 44,6 % für alle gvE bis 3.100 €,
42,1 % bei 3.500 €, 38,9 % bei 4.000 € und 36 % ab gvE von 4.448 €)

GRV-Quote (GRV/gvE) = Verhältnis der auf das 65. Lebensjahr nach der
Rentenauskunft 2001 der früheren BfA (heute DRV) hochgerechneten gesetzlichen
Rente zum Verdienst (gvE).

Die GRV-Quote ist immer abhängig von der Anzahl der Pflichtbeitragsjahre in der
GRV und sie ist unabhängig vom Verdienst bei allen gvE bis 4.448 € (z.B. rund 48 %
bei 45 Beitragsjahren oder rund 43 % bei 40 Beitragsjahren)

Die Auswertung für Rentenferne ergibt nun folgendes:

Es gibt eine Benachteiligung der Rentenfernen, falls die NR-Quote höher ist als die
GRV-Quote, da in diesem Fall „zu viel“ von der Nettogesamtversorgung abgezogen
wird und dadurch Voll-Leistung und Startgutschrift sinken (z.B. bei
Durchschnittsverdienern bis 3.100 € gvE mit weniger als 41 Pflichtbeitragsjahren in
der GRV, bei 3.500 € mit weniger als 39, bei 4.000 € mit weniger als 36 und bei 4.448
€ gvE mit weniger als 33 Jahren in der GRV)

Fazit: Späteinsteiger in die GRV (z.B. Beitragsbeginn in die GRV ab 24 Jahren bei
Durchschnittsverdienern, ab 26 Jahren bei 3.500 € oder ab 29 Jahren bei 4.000 €)
werden durch den Ansatz der Näherungsrente benachteiligt. Diese Gruppe dürfte
jedoch innerhalb der Gruppe der Rentenfernen in der Minderheit sein.

Es gibt eine Bevorzugung der Rentenfernen, falls die NR-Quote niedriger ist als die
GRV-Quote. In diesem Fall wird „zu wenig“ von der Nettogesamtversorgung
abgezogen und dadurch steigen Voll-Leistung und Startgutschrift.

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F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Fazit: Relative Früheinsteiger in die GRV (z.B. Beitragsbeginn vor 24 Jahren bei
Durchschnittsverdienern, vor 32 Jahren bei Höher- und Spitzenverdienern ab 4.448 €
gvE mit "Deckelung" der Näherungsrente bei rund 1.600 €) werden nicht benachteiligt,
sondern haben sogar Vorteile durch den Ansatz der Näherungsrente. Diese Gruppe
dürfte innerhalb der Rentenfernen in der Mehrheit sein.

In einer deutlichen Mehrheit untersuchter realer Startgutschriftfälle war der Ansatz der
fiktiven gesetzlichen Näherungsrente günstiger für die rentenfernen
Pflichtversicherten.

4.

Die Tarifparteien haben sich bei der Reform der Zusatzversorgung im öffentlichen
Dienst am 13.11.2001 auf einen grundlegenden Systemwechsel geeinigt. Das frühere
Gesamtversorgungssystem, das stark von externen Faktoren wie Höhe der
Steuerbelastung und der gesetzlichen Rente abhängig war, wurde ab 1.1.2002 durch
das Punktemodell abgelöst, das im Altersvorsorgetarifvertrag vom 1.4.2002 festgelegt
wird.

Die neue Punkterente ist völlig abgekoppelt von der gesetzlichen Rente und hängt
nur noch von der Höhe des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (entspricht
weitgehend dem Bruttogehalt) sowie vom jeweiligen Alter des Pflichtversicherten ab.
Sie heißt Punkterente, weil die Pflichtversicherten und künftigen Zusatzrentner Jahr
für Jahr sog. Versorgungspunkte ansammeln, ähnlich wie bei den Entgeltpunkten in
der gesetzlichen Rentenversicherung.

Das Niveau der Punkterente fällt umso niedriger aus, je weniger


Pflichtversicherungsjahre bis zum Rentenbeginn anfallen und je höher die
Entgeltsteigerungen sind. Umgekehrt gilt: Je mehr Pflichtversicherungsjahre und/oder
je niedriger die Entgeltsteigerungen, desto höher die Punkterente in Prozent des
Endgehalts.

Die Höhe der gemischten Zusatzrente (Startgutschrift plus Punkterente ab 2002) für
ehemals rentenferne Jahrgänge ab 1947 hängt ganz wesentlich vom Familienstand
am 31.12.2001 fest. Wer an diesem Stichtag alleinstehend war, erhält eine deutlich
niedrigere Startgutschrift im Vergleich zu den am 31.12.2001 verheirateten
Rentenfernen. Der Verlust liegt zwischen 19 und 36 % bei monatlichen Entgelten von
1.975 € bis 7.175 € im Jahr 2001, die dem 0,7- bis 2,55-fachen des
Durchschnittsentgelts in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 2013
entsprechen.

Die Verluste von mindestens 30 % liegen besonders hoch bei alleinstehenden


Höherverdienern mit einem Entgelt ab rund 5.000 € in 2013. In der Spitze macht der
Verlust 36 % beim 1,9fachen des Durchschnittsentgelts (also bei rund 5.500 € in
2013) aus.

Da die ab 2002 berechnete Punkterente unabhängig vom Familienstand ist, sind die
Verluste für am 31.12.2001 Alleinstehende gegenüber den Verheirateten
ausschließlich auf die unterschiedlich hohen Startgutschriften zurückzuführen. Der
Bundesgerichtshof hat das Stichtagsprinzip und damit die unterschiedliche
Startgutschrift-Berechnung für am 31.12.2001 alleinstehende und verheiratete

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ehemalige Rentenferne am 14.11.2007 (Az. IV ZR 74/06) bestätigt und dies mit den
Worten „Festschreibeeffekt“ bzw. „Veränderungssperre“ gerechtfertigt.

Ein Rentenverlust für die ehemals rentenfernen Jahrgänge ab 1947 entsteht, wenn die
tatsächliche ZVK-Zusatzrente unter der „fiktiven Punkterente“ liegt (wenn man
annimmt, dass es die neue Punkterente bereits ab Pflichtversicherungsbeginn
gegeben hätte). In diesem Fall werden die Betroffenen schlechter gestellt als die
Pflichtversicherten, die erst ab 2002 in den öffentlichen Dienst eingetreten sind.

Bei nahezu allen Rentenfernen, die am 31.12.2001 alleinstehend waren, fällt dieser
vergleichende „Stresstest“ negativ aus. Das heißt: Die reale ZVK-Zusatzrente liegt
unter der fiktiven Punkterente und es kommt zu einem mehr oder minder großen
Rentenverlust, der bis zu 27 % gehen kann.

Am höchsten sind die Rentenverluste in der Entgeltgruppe vom 1,05 bis 2,05-
fachen des Durchschnittsentgelts, also bei Entgelten zwischen rund 2.950 € und
5.770 Euro in 2013. Somit werden die Durchschnitts- und Höherverdiener unter
den Alleinstehenden am stärksten von den Verlusten getroffen.

Bei am 31.12.2001 verheirateten ehemaligen Rentenfernen liegt die ZVK-Zusatzrente


in der Mehrzahl der Fälle über der fiktiven Punkterente. Zu einem Rentenverlust in
dem hier definierten Sinne kommt es weder bei verheirateten Gering- und
Durchschnittsverdienern mit Entgelten unterhalb von 3.220 € in 2013 noch bei
verheirateten Höherverdienern oberhalb von 4.800 € in 2013. Schätzungsweise zwei
Drittel der Rentner werden zu diesen Verdienstgruppen zählen.

Mit Rentenverlusten muss aber die Entgeltgruppe zwischen 3.220 € und 4.800 € in
2013 rechnen. Da das monatliche Durchschnittsentgelt der vollzeitbeschäftigten
Pflichtversicherten im Jahr 2001 z.B. in der VBL West bereits bei 2.776 € lag und im
Jahr 2013 bei 3.320 € liegen dürfte, ist somit auch noch ein relativ großer Teil der
klassischen Durchschnittsverdiener von Verlusten betroffen.

5.

Nach § 33 Abs. 1 Altersvorsorgetarifvertrag (ATV) berechnen sich die bisherigen


Startgutschriften für rentenferne Pflichtversicherte ab Jahrgang 1947 nach § 18 Abs. 2
des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG). Dieser § 18 Abs. 2 BetrAVG ist ursprünglich
als Sonderregelung für vorzeitig aus dem öffentlichen Dienst ausgeschiedene
Arbeitnehmer gedacht. Er weicht daher grundsätzlich von § 2 Abs. 1 BetrAVG ab, der
für das Ausscheiden von Arbeitnehmern aus einem Betrieb in der Privatwirtschaft
konzipiert ist.

Die Einführung des Unverfallbarkeitsfaktors „entsprechend § 2 Absatz 2 Satz 1


BetrAVG“ anstelle des Anteilssatzes nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BetrAVG (siehe
Neuregelung in § 33 Abs. 1a, Nr. 1, Satz 1 ATV) ist ohne gleichzeitigen Bezug auf die
zugrunde liegende Voll-Leistung (VL) nach § 18 BetrAVG sinnlos.

Die Tarifeinigung über eine willkürliche Kürzung des Unverfallbarkeitsfaktors um 7,5


Prozentpunkte nach § 33 Abs. 1a ATV führt dazu, dass alle Rentenfernen mit einem
Eintrittsalter bis zu 25 Jahre sowie alle Rentenfernen ab Jahrgang 1961 von einem
Zuschlag kategorisch ausgeschlossen werden. Potentielle „Zuschlagskandidaten“
befinden sich daher nur noch in der Gruppe der sogenannten Späteinsteiger mit

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einem Eintrittsalter von mehr als 25 Jahren, sofern sie zur Jahrgangsgruppe 1947 bis
1960 gehören. Das lässt sich mit der notwendigen Zuschlagsbedingung (m/n – 0,075
– m x 0,0225 > 0) sogar mathematisch beweisen.

Aber auch in der übrig gebliebenen Jahrgangsgruppe mit Späteinstieg (Eintrittsalter


von 26 bis 33 Jahre) sind die Auswirkungen der Neuregelung höchst bemerkenswert:
Bei gleichem Eintrittsalter sinken die Zuschlagsquoten, je jünger die Späteinsteiger
sind. Beispiel: Bei einem Eintrittsalter von 30 Jahren sinkt die Zuschlagsquote von
13,1 % beim Jahrgang 1947 auf nur noch 1,3 % beim Jahrgang 1958. Es gilt also
hinsichtlich der Zuschlagsquote die ungeschriebene Regel: „Je jünger, desto
weniger“.

Darüber hinaus verschiebt sich das Eintrittsalter, ab dem ein Zuschlag überhaupt
möglich ist, für jüngere Jahrgänge immer mehr. Beim Jahrgang 1947 gibt es einen
möglichen Zuschlag bei einem Eintrittsalter von 26 Jahren, bei jüngeren Jahrgängen
aber erst später (ab 27 Jahre bei Jahrgang 1952, ab 28 Jahre bei Jahrgang 1955, ab
29 Jahre bei Jahrgang 1957, ab 30 Jahre bei Jahrgang 1958 und ab 31 Jahre bei
Jahrgang 1959). Wer am 31.12.1960 oder später geboren ist, geht beim Zuschlag leer
aus.

Jüngere Jahrgänge werden somit durch die Neuregelung nach § 33 Abs. 1a ATV
eindeutig diskriminiert. Gegenüber älteren Jahrgängen (z.B. 1947) erhalten sie bei
identischem Eintrittsalter geringere Zuschlagsquoten und gehen spätestens ab
Jahrgang 1961 bei der Zuschlagsberechnung in jedem Falle leer aus. Wer Ende 1959
geboren ist, muss bereits bei einem Eintrittsalter von 26 bis 30 Jahren auf einen
Zuschlag verzichten. Der Grund für diese deutliche Benachteiligung von jüngeren
Jahrgängen liegt vor allem in der willkürlichen Kürzung des Unverfallbarkeitsfaktors
um 7,5 Prozentpunkte.

Daraus resultiert die absurde Wirkung, dass die Höhe der Zuschläge und
Zuschlagsquoten nicht nur vom Eintrittsalter, sondern ganz wesentlich auch vom
Geburtsjahrgang abhängig ist.

Eine solche „Jahrgangsabhängigkeit“ wird aber im BGH-Urteil vom 14.11.2007 (Az.


IV ZR 74/06) überhaupt nicht erwähnt. Dort ist ausschließlich von Rentenfernen mit
längeren Ausbildungszeiten die Rede, was die Tarifparteien dann mit dem Begriff
„Späteinsteiger“ übersetzt haben. Die am Verhandlungstermin am 14.11.2007
teilnehmenden Rechtsanwälte und der Verfasser dieser Studie können sich auch nicht
erinnern, dass die Differenzierung zwischen älteren und jüngeren Späteinsteigern bei
den für die VBL und den Revisionskläger vortragenden Rechtsanwälten bzw. bei den
Richtern irgendeine Rolle spielte.

11
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

1. Übergang vom alten zum neuen System


1.1. Skizze des alten Gesamtversorgungssystems
Das damalige System der Gesamtversorgung verfügte über folgende wichtige
Grundzüge (siehe Broschüre Heckert/Wagner1):

 Berechnung der Versorgungsrente aus dem Endgehalt und hierdurch Auffüllung


von generellen oder individuellen Versorgungslücken der gesetzlichen Renten-
versicherung,
 Gewährung einer dynamischen Versorgungsanwartschaft aufgrund des pro-
zentualen Anstiegs im jeweiligen Verhältnis zum Endgehalt, so dass die Dynamik
der Anwartschaft durch den Bezug auf die Tariflohnsteigerungen gewährleistet
war.
 Dynamik der gewährten Versorgungsrente im Grundsatz nach beamtenähnli-
chen Strukturen gemäß den Versorgungssätzen der Beamtenversorgung, dadurch
Sicherung des Lebensstandards.
 Einbeziehung von Ausbildungszeiten (zur Hälfte) in die Berechnung der
Gesamtversorgung.
 Gewährung sozialer Komponenten, u.a. Mindestversorgung.

Folgt man Lassner2 bzw. Langenbrinck3, hatten nach dem bisherigen


Gesamtversorgungssystem Versicherte, die bis zum Rentenbeginn in der
Zusatzversorgung pflichtversichert waren, Anspruch auf eine sogenannte.
Versorgungsrente. Diese Versorgungsrente beruhte auf dem Grundsatz einer
Gesamtversorgung,

Die persönliche Gesamtversorgung wurde aus dem gesamtversorgungsfähigen


Nettoarbeitsentgelt und dem zeitabhängigen persönlichen Versorgungsprozentsatz
ermittelt. Die gesetzliche Rente bzw. die Grundversorgung wurde von der
Zusatzversorgungskasse aufgestockt als sogenannte Versorgungsrente, und zwar
bis zur Höhe der persönlichen Gesamtversorgung. Die Gesamtversorgung hatte also
eine ergänzende Funktion und ist in Anlehnung an Langenbrinck schematisch
darstellbar.

1
http://www.rae-heckert.de/sites/default/files/downloads/Startgutschrift.PDF
2
H. Lassner: Die Altersversorgung der Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes,
Courier Verlag, Frankfurt, 2001, 6. Auflage
3
B. Langenbrinck/B. Mühlstädt: Betriebsrente der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes, 3. Auflage, 2007,
Verlagsgruppe Rehm

12
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Grafik 1: Schema der persönlichen Gesamtversorgung

Die Berechnung der alten Versorgungsrente war sehr kompliziert und von zahlreichen
Sondervorschriften und Mindestrentenüberlegungen (Besitzstandsrente,
Versicherungsrente nach Beiträgen, Versicherungsrente aufgrund des
Betriebsrentengesetzes usw.) geprägt.

VBL – Satzung Andere ZVK – Satzung


Alte Fassung (a.F.) 41. SÄ Alte Fassung (a.F.)
Neue Fassung (n.F.) Neue Fassung (n.F.)
Soziale Komponenten § 37 (n.F.) § 35 (n.F.)
(u.a. Mindeststartgutschrift)
Gesamtversorgung § 41 (a.F.) § 32 (a.F).
Mindestgesamtversorgung § 41 Abs. 4 (a.F.) § 32 Abs. 5 (a.F.)
Versicherungsrente § 44 (a.F.) § 35 (a.F.)
Versicherungsrente aufgrund § 44a (a.F.) § 35a (a.F.)
des Betriebsrentengesetzes
Startgutschriften § 79 - § 81 (n.F.) § 72 - § 74 (n.F.)
Besitzstandsrente für § 92 (a.F.) § 92 (a.F.)
Versicherte = „Ruhegeld“
Übergangsregelungen für § 98 (a.F.) § 100 (a.F.)
Versorgungssätze

Tabelle 1: Gegenüberstellung wichtiger Paragrafen aus VBLS und ZVKS

13
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Andere Zusatzversorgungskassen verwenden sinngleiche Paragrafen in anderer
Nummerierung.

Daher wird in der Tabelle 1 eine Gegenüberstellung der Nummerierung der


wichtigsten Paragrafen der alten und neuen Zusatzversorgungssatzung (VBL, ZVK)
gemacht.

1.2. Skizze des neuen Zusatzversorgungssystems

Mit der Vereinbarung des Altersvorsorgeplans vom 13.11.2001 und der


Unterzeichnung des Tarifvertrages Altersversorgung am 01.03.2002 haben sich die
Tarifparteien des öffentlichen Dienstes auf eine grundlegende Reform der
Zusatzversorgung verständigt. Dieser Schritt erschien den Satzungsgebern
notwendig, um die Versorgungsansprüche der Beschäftigten zukunftssicher zu
gestalten zu können.

An die Stelle der Gesamtversorgung tritt nun ab 01.01.2002 eine an den


Beschäftigungszeiten orientierte Betriebsrente (Punkterente). Für alle Beschäftigten
gilt die Überleitung der bereits erworbenen Besitzstände in das sogenannte
Punktemodell, das künftig für die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung
maßgeblich ist.

Die bisherigen Leistungen der Zusatzversorgung stockten die Rente aus der
gesetzlichen Rentenversicherung auf eine an den Grundsätzen der
Beamtenversorgung ausgerichtete Gesamtversorgung auf und waren auf höchstens
91,75 % des sogenannten fiktiven Nettoarbeitsentgeltes eines aktiv Beschäftigten
begrenzt. Nach der Neuregelung der Zusatzversorgung tritt nun neben die gesetzliche
Rente eine nach dem Punktemodell ermittelte Zusatzversorgung, die sich
ausschließlich an den Beschäftigungszeiten im öffentlichen Dienst und der Höhe des
im jeweiligen Kalenderjahr bezogenen Einkommens orientiert.

Die Höhe der Rente ist nun nicht mehr von einem bestimmten
Versorgungsprozentsatz abhängig, sondern von der gesamten Erwerbsbiographie im
öffentlichen Dienst und daher nicht mehr vergleichbar mit dem bisherigen System. In
diesem neuen Betriebsrentensystem bestimmt sich die Leistungshöhe nach der
Anzahl der erworbenen Versorgungspunkte, die durch Beitragszahlungen auf der
Grundlage des jeweiligen Arbeitsentgeltes erworben werden. Für jedes Dienstjahr
erfolgt eine Gutschrift von Rentenbausteinen in Abhängigkeit von Alter und
Beitragsleistung auf ein Versorgungskonto. Diese Rentenbausteine werden jährlich
dynamisiert.

Da das alte Zusatzversorgungssystem definitiv zum 31.12.2001 geschlossen wurde,


mussten rechtliche Übergangsregelungen gefunden werden, um Bestandsrentner in
der Zusatzversorgung und zukünftige Rentner in der Zusatzversorgung mit ihren
bisherigen und zukünftig erdienten Rentenansprüchen zu berücksichtigen.

Die Gerichte beschreiben die Übergangsregelung in wenigen formal an


Satzungsparagrafen orientierten Sätzen (siehe LG-Urteil Karlsruhe (Az.: 6 O 114/03)
vom 18.06.2004)4.

4
http://www.startgutschriften-arge.de/8/lg_urteil_6_O_114-03.pdf

14
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Das Übergangsrecht unterscheidet zwischen Rentenberechtigten und


Anwartschaftsberechtigten.

Als Rentenberechtigte (Bestandsrentner) gelten diejenigen, bei denen die Rente


spätestens am 01.01.2002 begonnen hat (z.B.: §§ 75, 76, 77 VBLS n.F. oder
vergleichbare Paragrafen in anderen ZVK - Satzungen). Versorgungsrenten bzw.
Versicherungsrenten werden zum 31.12.2001 festgestellt, weitergezahlt und
entsprechend z.B. nach § 39 VBLS n.F. (oder der vergleichbare Paragraf in anderer
ZVK - Satzung) dynamisiert.

Bei den Rentenanwartschaften wird zwischen rentennahen und rentenfernen


Jahrgängen entschieden. Rentennah sind diejenigen Versicherten, die am 01.Januar
2002 das 55. Lebensjahr vollendet haben; rentenfern sind alle jüngeren Versicherten
(z.B. §§ 78, 79 VBLS n.F. oder der vergleichbare Paragraf in anderer ZVK - Satzung).

1.3. Skizze der Anwartschaft für rentenferne Versicherte


Für die rentenfernen Jahrgänge werden die Anwartschaften zum 31.12.2001 nach §
18 Abs. 2 des BetrAVG n.F. ermittelt. Von 91,75 % einer fiktiven
Nettogesamtversorgung wird eine fiktive gesetzliche Rente abgezogen (die sog.
Näherungsrente). Diese Differenz nennt man Voll-Leistung. Die Näherungsrente
basiert auf der Annahme einer Lebensarbeitszeit von ca. 45 Jahren in der
gesetzlichen Rentenversicherung und im öffentlichen Dienst.

Grafik 2: Schema der rentenfernen Startgutschrift

15
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Für die im öffentlichen Dienst bis 31.12.2001 zurückgelegten Jahre wird dann der
Anteil an der Voll-Leistung errechnet.

Bei der Berechnung der Anwartschaft wird das Einkommen der Jahre 1999, 2000 und
2001 zugrunde gelegt. Daraus wird die Höchstversorgung mit 75% des
gesamtversorgungsfähigen Entgelts (Bruttogesamtversorgung), begrenzt auf 91,75%
des fiktiven Nettoentgelts (Nettogesamtversorgung), berechnet. Das i. d. R.
maßgebliche fiktive Nettoentgelt wird dabei nach § 18 Abs. 2 Nr. l b) BetrAVG n. F.
u.a. unter Berücksichtigung der am 31.12.2001 bestehenden Steuerklasse ermittelt.
Die für die Voll-Leistung anzurechnende Rente der gesetzlichen Rentenversicherung
wird zum 65. Lebensjahr anhand des gesamtversorgungsfähigen (Brutto-) Entgelts
nach einem Näherungsverfahren und nicht aufgrund einer Rentenauskunft der
gesetzlichen Rentenversicherung errechnet. Von der maßgeblichen
Gesamtversorgung wird die nach einem Näherungsverfahren berechnete gesetzliche
Rente abgezogen. Die sich danach ergebende sogenannte Voll-Leistung wird sodann
zur Ermittlung der Anwartschaft mit dem Versorgungssatz multipliziert, der sich aus
2,25 % für jedes anzurechnende Jahr der Pflichtversicherung bei der
Zusatzversorgungskasse ergibt. Im Gegensatz zur Berechnung nach der bisherigen
Fassung finden Vordienstzeiten bei der Berechnung der Betriebsrente keinerlei
Berücksichtigung. Der errechnete Betrag wird in Versorgungspunkte umgerechnet.
Die Versorgungspunkte werden dem Versorgungskonto gutgeschrieben. Eine
Verzinsung erfolgt allenfalls durch Gutschrift von Bonuspunkten bei Überschüssen.

Soweit die Sichtweise aus der Broschüre der Rechtsanwälte Wagner und Heckert.

1.4. Skizze der Neuregelung rentenferner Startgutschriften


Man kann den Ausführungen des VSZ-Gutachtens5 von 2011 folgen.

Die BGH-Urteile vom 14.11.2007 (Az. IV ZR 74/06)6 über die Unverbindlichkeit der
Startgutschriften für rentenferne Pflichtversicherte (ab Jahrgang 1947) und vom
29.9.2010 (Az. IV ZR 99/09)7 über die Unverbindlichkeit der Startgutschriften für am
31.12.2001 beitragsfrei Versicherte (auch für Jahrgänge vor 1947) werden durch die
Tarifeinigung vom 30.5.2011 umgesetzt, in der es um den 5. Änderungsvertrag zum
ATV (Altersvorsorgetarifvertrag)8 ging.

Gegenstand der Einigung waren außer der Neuregelung der rentenfernen


Startgutschriften nach § 33 Abs. 1a ATV und der Startgutschriften für beitragsfrei
Versicherte nach § 34 Abs. 1 ATV auch die Hinterbliebenenversorgung bei
eingetragenen Lebenspartnerschaften sowie die Anrechnung von Mutterschutzzeiten.
Die Neuregelung der Startgutschriften ist rückwirkend ab dem 1.1.2011 in Kraft treten.

Die Tarifparteien haben sich gegen eine Veränderung des jährlichen Anteilssatzes
von 2,25 % nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG und stattdessen für die Einführung eines
modifizierten Unverfallbarkeitsfaktors nach § 2 Abs. 1 BetrAVG mit pauschalem

5
http://www.startgutschriften-arge.de/6/VSZ-Gutachten-Neuregelung-2011.pdf
6
http://bit.ly/BGH_Urteil_IV_ZR_74_06
7
http://bit.ly/BGH_Urteil_IV_ZR_99_09
8
http://www.tdl-
online.de/fileadmin/downloads/rechte_Navigation/G._Zusatzversorgung__Entgeltumwandlung/01_ATV/AendTV_Nr._5_zum
_ATV_v._30.05.11.pdf

16
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Abzug von 7,5 Prozentpunkten entschieden. Tatsächlich kommt diese relativ
komplizierte Berechnungsmethode nur dann zum Tragen, wenn der Versorgungssatz
nach dem modifizierten § 2 Abs. 1 BetrAVG (= Verhältnis von erreichten zu
erreichbaren Pflichtversicherungsjahren) um mehr als 7,5 Prozentpunkte über dem
Versorgungssatz nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG (= Zahl der erreichten
Pflichtversicherungsjahre x 2,25 % pro Jahr) liegt.

Falls die Abweichung zwischen den Versorgungssätzen nach § 2 und § 18 BetrAVG


mehr als 7,5 Prozentpunkte ausmacht, wird anschließend noch geprüft, ob evtl. eine
Kürzung des Nettoversorgungssatzes und damit der Voll-Leistung erfolgen muss.
Dies ist immer dann der Fall, wenn weniger als 32 Pflichtversicherungsjahre bis zum
vollendeten 65. Lebensjahr erreicht werden können. Zusatzberechnungen zur
gesamtversorgungsfähigen Zeit, die aus der Summe von erreichbaren
Pflichtversicherungsjahren und den zur Hälfte angerechneten Nicht-
Pflichtversicherungsjahren zwischen dem 17. und 65. Lebensjahr (sog.
Halbanrechnung) ermittelt wird, werden dabei in Kauf genommen.

Kernpunkte der Tarifeinigung über die Startgutschriften

 Keinen Zuschlag erhalten Rentenferne, bei denen der neu errechnete


Versorgungssatz nach § 2 BetrAVG (Unverfallbarkeitsfaktor als Verhältnis von
bis zum 31.12.2001 erreichten zu den bis zum vollendeten 65. Lebensjahr
erreichbaren Pflichtversicherungsjahren) um höchstens 7,5 Prozentpunkte über
dem bisher nach § 18 BetrAVG ermittelten Versorgungssatz (als Anzahl der
Pflichtversicherungsjahre bis zum 31.12.2001 x 2,25 % pro Jahr) liegt. Weitere
Berechnungen sind dann nicht erforderlich. Eine Berechnung mit
entsprechender Mitteilung erfolgt nur, falls eine Beanstandung durch den
rentenfernen Pflichtversicherten vorliegt oder die Zusatzversorgungskasse auf
die Beanstandung der Startgutschriften ausdrücklich verzichtet hat.

 Ein Zuschlag auf die Startgutschrift erfolgt nach der geplanten Neuregelung in
§ 33 Abs. 1a, Satz 1 und 2 ATV nur, wenn

a) der Versorgungssatz nach § 2 BetrAVG (sog. Unverfallbarkeitsfaktor)


nach Abzug von 7,5 Prozentpunkten über dem Versorgungssatz nach §
18 BetrAVG liegt

und b) der neu errechnete Betrag unter Berücksichtigung des neuen


Versorgungssatzes und einer evtl. geminderten Voll-Leistung über
der alten Startgutschrift nach § 33 Abs. 1 ATV liegt.

 Sofern bis zum vollendeten 65. Lebensjahr nicht mindestens 40


Pflichtversicherungsjahre erreichbar sind, wird bei der Berechnung des
individuellen Nettoversorgungssatzes die Zeit vom vollendeten 17. Lebensjahr
bis zum 31.12.2001, die nicht durch Pflichtversicherungsjahre bzw. –monate
belegt ist, zur Hälfte angerechnet.

 Die Näherungsrente wird ebenso beibehalten wie die Berechnung des


Nettoarbeitsentgelts, das u.a. vom Familienstand in 2001 (fiktive
Lohnsteuerklassen I/0 oder III/0) abhängig war.

17
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Hauptkritikpunkte zur Tarifeinigung über die Startgutschriften

 Da die Abweichung zwischen dem neu berechneten Versorgungssatz nach § 2


BetrAVG (sog. Unverfallbarkeitsfaktor) und dem bisherigen Versorgungssatz
nach § 18 BetrAVG mehr als 7,5 Prozentpunkte ausmachen muss, um
überhaupt einen Zuschlag zu erhalten, fallen zwei große Gruppen unter den
Rentenfernen von vornherein heraus:

 Rentenferne mit mindestens 40 erreichbaren Pflichtversicherungsjahren


bzw. einem Eintritt in den öffentlichen Dienst bis zum 25. Lebensjahr, da in
diesem Fall die Abweichung nie über 7,5 Prozentpunkte hinausgehen kann
(siehe Fußnote 5, dort Kapitel 3.1 und hier Anhang B)

 Jüngere Rentenferne der Jahrgänge ab 1961, also Rentenferne, die zum


31.12.2010 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, da auch in
diesem Fall niemals eine Abweichung zwischen § 2 und 18 von mehr als 7,5
Prozentpunkte erreicht werden kann (siehe Fußnote 5, dort Kapitel 3.2 und
hier Anhang B)

 Ältere Rentenferne der Jahrgänge 1947 bis 1960 bei ganz bestimmten
Kombinationen von erreichten zu erreichbaren Pflichtversicherungsjahren ,
insbes. für die Jahrgänge 1953 bis 1960 (siehe Fußnote 5, dort Kapitel 3.3)

 Trotz einer Abweichung der Versorgungssätze zwischen § 2 und § 18 BetrAVG


in Höhe von mehr als 7,5 Prozentpunkten gehen auch alleinstehende ältere
Rentenferne mit weniger als 40 Pflichtversicherungsjahren leer aus, sofern der
neu berechnete Betrag nach § 33 Abs. 1a ATV nicht höher als die bisherige
Startgutschrift liegt, falls diese vom Mindestbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 4
BetrAVG bzw. der Mindeststartgutschrift nach § 9 Abs. 2 ATV bestimmt wird
(siehe Kapitel 3.4).

 Bei einer Abweichung von mehr als 7,5 Prozentpunkten und gleichzeitig
weniger als 32 Pflichtversicherungsjahren erfolgt eine Kürzung der Voll-
Leistung. Der gekürzte Nettoversorgungssatz wird mit Hilfe der
gesamtversorgungsfähigen Zeit berechnet, bei der die nicht auf
Pflichtversicherungsjahre entfallende Zeit zwischen dem vollendeten 17. und
vollendeten 65. Lebensjahr angerechnet wird.

In der Regel wird die dadurch erfolgte Kürzung der Voll-Leistung prozentual
weniger stark ausfallen als die um mehr als 7,5 Prozentpunkte ausmachende
Abweichung zwischen den Versorgungssätzen nach § 2 und § 18 BetrAVG.
Ausnahmsweise kann aber auch das Gegenteil eintreten, so dass kein
Zuschlag auf die Startgutschrift erfolgt (siehe Kapitel 3.5).

 Nur eine Minderheit der Rentenfernen (ca. 15 % nach Presseberichten der


Gewerkschaften) wird einen Zuschlag auf ihre Startgutschrift erhalten. Dazu
zählen vor allem am 31.12.2001 verheiratete, ältere Rentenferne mit weniger
als 40 erreichbaren Pflichtversicherungsjahren bis zum vollendeten 65.
Lebensjahr.

18
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
1.5. Startgutschriften mit Blick auf die alte Gesamtversorgung

Die rentenferne Startgutschrift der Pflichtversicherten liegt meist unter der


„alten" Garantieversorgungsrente.

In der Gesetzesbegründung zum neuen § 18 BetrAVG n.F. steht unmissverständlich,


dass Mindestleistungen wie die „Versicherungsrente auf Grund des
Betriebsrentengesetzes", die inhaltlich der Altregelung im § 18 BetrAVG a.F.
entsprach, sowie die Mindestgesamtversorgung nicht in die Berechnung der Voll-
Leistung laut Grundformel gem. § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG n.F. einfließen.

Daher spielen sowohl die sog. qualifizierte Versicherungsrente gem. § 44a VBLS
a.F. für vorzeitig ausgeschiedene Beschäftigte als auch die daran angelehnte
„alte" Mindestversorgungsrente nach § 40 Abs. 4 VBLS a.F. bei der Berechnung der
Startgutschriften keine Rolle mehr. Die im Dritten Versorgungsbericht der
Bundesregierung als Garantieversorgungsrente bezeichnete Rente kann
allenfalls als Messlatte in Höhe von 0,4 Prozent des Einkommens pro volles
Pflichtversicherungsjahr dienen.

Auch die bei der rentenfernen Startgutschriftberechnung genannten Untergrenzen wie


Mindestrente nach Beiträgen (sog. einfache Versicherungsrente) nach § 18 Abs. 2 Nr.
4 BetrAVG n.F. und Mindeststartgutschrift (sog. Härtefallregelung) nach § 37 Abs. 3
VBLS n.F. das Fallen der Startgutschrift unter diese Messlatte nicht verhindern.

Im „alten" Nettogesamtversorgungssystem waren drei Regelungen für eine


Mindestversorgung vorgesehen:

 Mindestgesamtversorgung nach § 41 Abs. 4 VBLS a.F. (1.299 Euro im Jahr


2001, was dem Mindestruhegehalt eines Beamten plus einem Zuschlag von
7,21 Prozent entsprach und unter folgenden Voraussetzungen gewährt wurde:
ununterbrochene Pflichtversicherung in der Zusatzversorgung bis
zumRentenbeginn und mindestens 156 Umlagemonate in den letzten 180
Monaten und kein Arbeitgeberwechsel in den letzten 15 Jahren)

 Mindestrente gem. § 40 Abs. 4 i.V.m. § 44 a VBLS a.F. („alte" Mindest-


bzw. Garantieversorgungsrente in Höhe der sog. qualifizierten Versicherungs-
rente von 0,4 % p.a. (bezogen auf das Endgehalt) für jedes volle
Pflichtversicherungsjahr unter folgender Voraussetzung: mindestens 10
Jahre Beschäftigung bei demselben öffentlichen oder kirchlichen
Arbeitgeber und Vollendung des 35. Lebensjahres)

 Mindestrente nach Beiträgen oder Entgelten gem. § 44 VBLS a.F. (sog.


einfache Versicherungsrente, entspricht dem neuen § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG
n.F.)

Nur die letztgenannte Mindestrente nach Beiträgen wird auch bei der Berechnung der
Startgutschrift für rentenferne Jahrgänge zugrunde gelegt. Die anderen
Mindestleistungen (Mindestgesamtversorgung und qualifizierte Versicherungsrente)
fließen nach der ausdrücklichen Gesetzesbegründung „nicht in die Berechnung der
Voll-Leistung" und damit nicht in die Berechnung des sog. Formelbetrages ein (siehe

19
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Bundestag-Drucksache 14/43639, Einzelbegründung zu § 18 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b
BetrAVG). Der Gesetzgeber hat dies damit begründet, dass durch die Mindestrente
nach Beiträgen oder Entgelten (sog. einfache Versicherungsrente) „die insoweit
bestehende eigentumsähnliche Position unangetastet" bleibe für den
ausgeschiedenen Beschäftigten, auf den sich der § 18 Abs. 2 BetrAVG ursprünglich
nur bezieht.

Bei der Berechnung der Startgutschriften für rentenferne Jahrgänge nach § 18 Abs. 2
BetrAVG n.F. gibt es somit die sog. qualifizierte Versicherungsrente nicht mehr und
damit auch nicht mehr die alte Mindestgrenze von 0,4 % p.a. (bezogen auf das
Endgehalt). Damit wird aber eine große Gruppe der Rentenfernen via Startgutschrift
wohl schlechter gestellt als bei der „alten" Garantieversorgungsrente, die auch diese
qualifizierte Versicherungsrente mit einschloss.

Für rentennahe Jahrgänge wird die qualifizierte Versicherungsrente zumindest noch


als Ausgangswert für die Berechnung der Startgutschrift berechnet.

Laut Rechtsanwalt Hügelschäffer, Geschäftsführer der Arbeitsgemein-


schaft kommunale und kirchliche Altersversorgung (AKA), wird die qualifizierte
Versicherungsrente „in der Praxis bei den kirchlichen Zusatzversorgungskassen"
jedoch auch bei rentenfernen Jahrgängen berechnet (siehe Hügelschäffer10), und
zwar gern. § 72 Abs. 1 Satz 3 der Satzungen der kirchlichen
Zusatzversorgungskassen in Darmstadt, Detmold, Dortmund, Karlsruhe und Köln
(siehe Fußnote 84 auf Seite 285, ebenda). Dazu Hügelschäffer: „Die kirchlichen
Arbeitgeber sind im Gegensatz zu den kommunalen Kassen und der VBL nicht dazu
verpflichtet, das Versorgungstarifrecht des öffentlichen Dienstes deckungsgleich
umzusetzen" (ebenda).

Gegenüber den Regelungen im „alten" Gesamtversorgungssystem, den Regelungen


für rentennahe Jahrgänge gem. § 79 Abs. 2ff. VBLS n.F. und den Regelungen für
rentenferne Jahrgänge gem. § 73 Abs. 1 Satz 3 der Satzungen der o.a. kirchlichen
Zusatzversorgungskassen sind somit die rentenfernen VBL-Pflichtversicherten massiv
benachteiligt, da es eine qualifizierte Versicherungsrente von 0,4 % p.a. bei der VBL
für sie zurzeit nicht gibt. Gerade für die Gruppe der VBL-Pflichtversicherten, die unter
der Messlatte von 0,4 % p.a. (bezogen auf das Endgehalt) bleiben, empfinden dies
als eine grobe Ungleichbehandlung.

9
http://dip.bundestag.de/btd/14/043/1404363.pdf
10
H. Hügelschäffer: „Die Startgutschriften der Zusatzversorgungseinrichtungen, Teil 2“, in: ZTR 6/2004,
Seite 285
http://portal.versorgungskammer.de/portal/page/portal/aka/veroeffentlichungen/rd065-2004_anlage1.pdf
http://portal.versorgungskammer.de/portal/page/portal/aka/veroeffentlichungen/rd065-2004_anlage2.pdf

20
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

2. Bewertung rentenferner Startgutschriften


Es gibt mehrere denkbare Bewertungsmaßstäbe zur Beurteilung rentenferner
Startgutschriften vor und nach der Tarifeinigung der Satzungsgeber zur Neuordnung
der Zusatzversorgung nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.11.2007 (Az:
IV ZR 74/06).

 Vergleich der rentenfernen Startgutschriften in Prozent per annum (p.a.)


Pflichtversicherungszeit (bezogen auf das Endgehalt) mit der sog.
qualifizierten Versicherungsrente. Die sog. qualifizierte alte
Versicherungsrente (alte Garantieversorgungsrente)
 Bewertung des Vergleichs von fiktiver gesetzlicher Näherungsrente und
hochgerechneter realer gesetzlicher Rente zum Renteneintritt
 Vergleich von Startgutschrift plus Punkterente ab 2002 mit einer fiktiven
Punkterente bereits ab ZVK- Pflichtversicherungsbeginn
 Bewertung der Vermengungen von Regelungen des § 2 und § 18 BetrAVG
(willkürlicher Abzug von 7,5 Prozentpunkten)

2.1. Die per annum (p.a.) Betrachtungsweise


Gegenüber den Regelungen im „alten" Gesamtversorgungssystem, 0,4% pro
Pflichtversicherungsungsjahr (d.h. p.a.) (bezogen auf das Endgehalt) als
Rentenanwartschaft in der Zusatzversorgung zu gewähren, scheinen Gruppen von
rentenfernen ZVK(VBL)-Pflichtversicherten durch die Änderungen der
Zusatzversorgung ab 2002 benachteiligt zu sein, da es nun eine qualifizierte
Versicherungsrente von 0,4 % p.a. (bezogen auf das Endgehalt) nicht mehr gibt

Zwei Hauptursachen sind für die zum Teil hohen Verluste bei der Berechnung der
rentenfernen Startgutschriften verantwortlich — (wie bereits erwähnt) der Wegfall
der „alten" garantierten Mindestversorgungsrente und die stark differierenden Sätze
für die Startgutschrift.

Die Startgutschriften lassen sich in Prozent per annum (p.a.) Pflichtversicherungszeit


(bezogen auf das Endgehalt) einordnen und an der „Meßlatte“ der sog.
qualifizierten Versicherungsrente bewerten. Die sog. qualifizierte alte
Versicherungsrente (alte Garantieversorgungsrente) betrug für jedes volle
Pflichtversicherungsjahr 0,4 Prozent des gesamtversorgungspflichtigen Entgelts
(bezogen auf das Endgehalt).

2.1.1. Wegfall der garantierten Mindestversorgungsrente p.a.

Besonders gravierend für die rentenfernen Pflichtversicherten bei der VBL wirkt sich
der Wegfall der „alten" garantierten Mindestversorgungsrente gem. § 40 Abs. 4 i.V.m.
§ 44a VBLS a.F. aus. Diese sog. qualifizierte Versicherungsrente betrug für jedes
volle Pflichtversicherungsjahr 0,4 Prozent des gesamtversorgungspflichtigen Entgelts
(bezogen auf das Endgehalt). Der Dritte Versorgungsbericht der Bundesregierung
aus dem Jahr 2005 bezeichnet dies als Garantieversorgungsrente bzw. als
Mindestbetrag der Versorgungsrente. Sie wurde gezahlt, wenn die errechnete

21
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Versorgungsrente unter der Versicherungsrente für vorzeitig ausgeschiedene
Beschäftigte im öffentlichen Dienst liegen würde. Gezahlt wurde dann in jedem Fall
die Versicherungsrente (siehe Dritter Versorgungsbericht der Bundesregierung vom
25.5.2005, Seite 247)11.

2.1.2. Stark differierende Sätze bei der Startgutschrift p.a.

Eine zweite Hauptursache für die hohen Verluste in Bezug auf die die „alte"
garantierte Mindestversorgungsrente gem. § 40 Abs. 4 i.V.m. § 44a VBLS a.F.
(Diese sog. qualifizierte Versicherungsrente beträgt für jedes volle
Pflichtversicherungsjahr 0,4 Prozent des gesamtversorgungspflichtigen Entgelts.)
insbesondere bei Alleinstehenden liegt in den prozentual stark sinkenden
Formelbeträgen bei monatlichen Einkommen bis zu 3.100 Euro. Wie die Grafik 3
zeigt, hat die Kurve für die nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG berechneten
Formelbeträgen einen typisch u-förmigen Verlauf („Badewannenkurve“).

Der linke Teil der „U-Kurve" mit prozentual sinkenden Formelbeträgen ist das getreue
Spiegelbild der Steuerprogression. Bis zu Einkommen von 3.100 Euro steigt die
durchschnittliche Steuerbelastung vor allem bei Alleinstehenden stark an. Je stärker
aber der Durchschnittssteuersatz mit steigendem Einkommen steigt, desto geringer
fallen die Zuwächse beim Nettoarbeitsentgelt und bei der Nettogesamtversorgung
aus, während andererseits die Näherungsrente bis zu einem Einkommen von rund
3.100 Euro immer prozentual gleich steigt. Das wird später in Tabelle 4 gezeigt. Von
diesen prozentual sinkenden Startgutschriften sind somit alle Normalverdiener
betroffen.

Grafik 3: Formelbetrag in Prozent pro Jahr (p.a.) nach der Grundformel


in § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG

11
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/15/058/1505821.pdf

22
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Die einzig verbliebenen Untergrenzen wie Mindeststartgutschrift (sog.


Härtefallregelung) und Mindestrente nach Beiträgen (sog. einfache
Versicherungsrente) können unter gewissen Umständen Einfluss nehmen auf die
Ermittlung der Startgutschrift. Alleinstehende Pflichtversicherte mit Einkommen
zwischen monatlich 1.900 und 3.100 Euro können aber auch unter Zugrundelegung
dieser Untergrenzen das Niveau der alten Garantieversorgungsrente von 0,4 Prozent
pro Jahr bei weitem nicht erreichen.

Ganz anders sieht der rechte Teil der „U-Kurve" mit prozentual steigenden
Formelbeträgen ab monatlichen Einkommen von 3.100 Euro aus. Infolge der
prozentual sinkenden und ab 4.448,24 € sogar absolut gleichbleibenden
Näherungsrente vergrößert sich der Abstand zur Nettogesamtversorgung rapide,
obwohl sich die Steuerprogression weiter fortsetzt.

23
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Tabelle 2: Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG


(sogenannter Formelbetrag in Euro und Prozent für Jahr für Einkommen von
800 bis 7.000 Euro)
Hinweis:
Formelbeträge nach der Grundformel in § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG (ohne
Berücksichtigung der Mindestrente nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG und ohne
Berücksichtigung der Mindeststartgutschrift nach § 37 Abs. 3 VBLS n.F.).

Allerdings wirkt sich die „Rentendegression" viel stärker aus als die
Steuerprogression. Dadurch steigt die Differenz zwischen Nettogesamtversorgung
und bei hohen Einkommen sogar konstanter Näherungsrente immer schneller an.

24
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Am meisten profitieren davon die verheirateten Spitzenverdiener mit Einkommen ab
etwa 5.000 Euro. Die alleinstehenden Normalverdiener haben allerdings nichts
davon (siehe Grafik 3).

Folge:
Verheiratete Verdiener ab einem gvE von 3.800 € (alleinstehende Verdiener ab
einem gvE von 5.800 €) sind die Gewinner, alleinstehende Normalverdiener bis zu
einem gvE von 5.700 € die Verlierer der Startgutschrift-Berechnung, wenn man als
„Meßlatte“ das Niveau der alten "Garantieversorgungsrente" von 0,4 Prozent pro
Jahr (bezogen auf das Endgehalt) wählt.

Bemerkung:

Die bisherigen Tabellen und Grafiken konnten mit Hilfe eines frei verfügbaren Excel-
Programms (Fischer_STG.xls) centgenau erzeugt werden. Aber bereits im November
2007 erstellte W. Siepe in einer Studie12 recht präzise sehr ähnliche Tabellen und
Grafiken. Dazu benutzte er eigene Rechnungsmechanismen. Das Gleiche gilt auch
für das nächste Unterkapitel.

Exkurs zur Steuerprogression:

Für die drastisch sinkenden Sätze der Formelbeträge bis zum Einkommen von 3.100 Euro gibt es
nur eine einzige Erklärung - der stetige Anstieg der Durchschnittssteuersätze, also die
Steuerprogression. Während die von der Nettogesamtversorgung abzuziehende
Näherungsrente bis zu diesem Einkommen bei einem konstanten Satz von knapp 44,6 Prozent nur
gleichmäßig ansteigt, wächst die prozentuale Steuerbelastung überproportional. Steigt
beispielsweise das monatliche Einkommen von 2.300 auf 3.100 Euro, also um "nur" 29 Prozent,
wächst die Steuerbelastung bei Alleinstehenden um 72 Prozent und bei Verheirateten gar um 172
Prozent. Die Durchschnittssteuersätze für die Lohnsteuer inkl. Solidaritätszuschlag in Prozent des
Einkommens steigen in diesem für Normalverdiener typischen Fall von rund 18 auf 23 Prozent bei
Alleinstehenden und von 6 auf 13 Prozent bei Verheirateten.

Die Steuerprogression schlägt aber direkt auf die Nettogesamtversorgung durch, die sich
bekanntlich aus 91,75 Prozent des fiktiven Nettoarbeitsentgelts per 31.12.2001 berechnet. Bei einer
Näherungsrente mit konstantem Satz von 44,6 Prozent gilt folgende logische Kette:
überproportional steigende Lohnsteuer  unterproportional steigendes Nettoarbeitsentgelt
 unterproportional steigende Nettogesamtversorgung  nur mäßig steigende, gleichbleibende
oder sogar sinkende Voll-Leistung.

Nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG wird die so genannte Voll-Leistung wie folgt ermittelt:
Voll-Leistung = Nettogesamtversorgung (91,75 Prozent des Nettoarbeitsentgelts) minus
Näherungsrente.

12
http://www.startgutschriften-arge.de/6/studie_verluste_startgutschriften.pdf

25
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Zusammenhang von gvE und Näherungsrente

Wenn man den Zusammenhang zwischen gesamtversorgungsfähigem Entgelt (gvE)


2001 und der fiktiven Näherungsrente (NR) aus der alten Startgutschrift darstellen
will, muss man den Berechnungsmechanismus zur Ermittlung der Näherungsrente
kennen.

Tabelle 3: Berechnungsschema zur Ermittlung der Näherungsrente

Der Berechnungsmodus für die fiktive gesetzliche Näherungsrente (oben gezeigt am


Beispiel eines gesamtversorgungsfähigen monatlichen Entgelts (gvE) in Höhe von
4.200 €, also unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) von 2001 zur
gesetzlichen Rentenversicherung (GRV)), kann nun mit Hilfe des erwähnten frei
verfügbaren Fischer_STG Startgutschriftrechners genutzt werden, um eine Tabelle 4
zu erstellen. Diese Tabelle 4 stellt für ein gvE von 800 € bis 7.000 € (in 100 €
Schritten dar, wie sich das Verhältnis von Näherungsrente (NR) und
gesamtversorgungsfähigem Entgelt (gvE) entwickelt.

Aus Tabelle 4 wird ersichtlich:

Für ein gvE zwischen 800 € bis 3.100 € bleibt die NR-Quote bei 0,4457. Danach fällt
die NR-Quote langsam ab bis auf 0,3598.

Ab einem gvE in Höhe des Wertes der BBG (4.448,24 €) und höheren gvE-Werten
sinkt die NR-Quote nicht mehr. Das liegt daran, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber
auch bei deutlich höheren monatlichen Entgelten nur bis zum Höchstsatz des
Beitragsbemessungssatzes (BBG) in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
D.h. Ab monatlichen Entgelten von 4.448,24 € und höher werden dennoch höchstens
1.600,50 € Näherungsrente von der persönlichen Nettogesamtversorgung
abgezogen. Bis zum Erreichen des BBG ist BEZ=gvE. Danach gilt: BEZ=BBG.

26
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Tabelle 4: NR-Quote (=NR/gvE) für gvEs von 800 € bis 7.000 €

27
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
2.1.3. Drei Berechnungsverfahren für die Startgutschrift

Die Festsetzung der Startgutschrift für rentenferne Jahrgänge erfolgt nach einer
Günstigerprüfung durch die jeweilige Zusatzversorgungskasse (ZVK).

Die ZVK legt der Startgutschrift-Berechnung drei Berechnungsverfahren

 Mindestrente nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG


 Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG
 Mindeststartgutschrift nach § 9 Abs. 3 ATV bzw. nach § 37 Abs. 3 VBLS
n.F. (m>=20 bis zum 31.12.2001 bereits erreichte Pflichtversicherungsjahre).

zugrunde und ermittelt als Startgutschrift den jeweils günstigeren Betrag13.

Beispiel StKl. I StKl. III/0


Mindeststartgutschrift (soziale Komponenten) 213,44 € 213,44 €
Mindestrente nach Entgelten § 79 Abs. 1 VBLS n.F. = 340,96 € 340,96 €
Mindestbetrag nach §18 Abs.2 Nr. 4 BetrAVG
Formelbetrag nach § 79 Abs. 1 VBLS n.F. 373,22 € 692,60 €
= Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG n.F.

Tabelle 5: Vergleichswerte für Startgutschrift (rentenfern) (Beispiel)

Jeder rentenferne oder rentennahe Pflichtversicherte, der am 1. Januar bereits 20


volle Pflichtversicherungsjahre nachweisen kann, erhält eine Mindeststartgutschrift
in Höhe von einheitlich 7,36 Euro (= 1,84 Versorgungspunkten x 4 €) pro vollem
Pflichtversicherungsjahr bei Vollzeitbeschäftigung. Diese Bedingung ist im Beispiel
mit 29 Pflichtversicherung bis zum 31.12.2001erfüllt. Daher:

29 Jahre x 1,84 Versorgungspunkten x 4 € = 29 Jahre x 7,36 € x GBQ = 213,44 €.

Die genannte Vorschrift steht sowohl im ATV als auch in der ZVKS n.F. an eher
versteckter Stelle, und zwar unter § 9 ATV mit der gleichlautenden Überschrift
„Soziale Komponenten“. Dies ist wohl auch der Grund dafür, dass in keinem
Startgutschrift-Urteil des Landgerichts oder Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die
Mindeststartgutschrift näher eingegangen wird. In den Urteilen zur Startgutschrift für
rentenferne Jahrgänge wird ausschließlich auf § 18 Abs. 2 BetrAVG mit seiner
Grundformel und den darauf direkt bezogenen Paragrafen der ZVKS n.F.
hingewiesen.

In § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG wird als Untergrenze die „Versicherungsrente aus den
jeweils maßgeblichen Vomhundertsätzen der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte
oder der gezahlten Beiträge und Erhöhungsbeträge“ genannt.

Darunter ist laut Gesetzesbegründung und einhelliger rechtlicher Meinung die


Mindestrente nach Entgelten bzw. Beiträgen in der Vergangenheit (sog. einfache
Versicherungsrente) z.B. nach dem früheren § 44 VBLS a.F. zu verstehen. Diese
einfache Versicherungsrente beträgt 0,375 Prozent p.a. der früheren Monatsentgelte

13
W. Siepe: „Gutachten zur Berechnung von Startgutschriften für rentenferne Jahrgänge“,
Oktober 2007/Juni 2012,
http://www.startgutschriften-arge.de/6/Gutachten_rentenferne_Startgutschriften.pdf

28
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
=0,03125 Prozent der früheren Jahresentgelte (0,03125 x 12 = 0,375). Im unten
angegebenen Beispielfall beträgt die einfache Versicherungsrente 340,96 Euro
und wird als „Mindestbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 4“ bezeichnet.

Alleinstehende und zugleich ältere Normal- und Höherverdiener mit Einkommen


zwischen 2.800 und 4.200 Euro erhalten zumeist eine Startgutschrift in Höhe der
Mindestrente bzw. der Mindeststartgutschrift (wie später gezeigt wird), da der
Formelbetrag bei diesen Einkommen nur zwischen 0,17 und 0,22 Prozent pro Jahr
ausmacht. Von einer Anhebung des Formelbetrages durch Erhöhung des jährlichen
Anteilssatzes, wie sie der BGH im Urteil vom 14.11.2007 für Rentenferne mit
längerer Ausbildung (z.B. Akademiker) fordert, hätten sie überhaupt nichts, da bei
ihnen der Formelbetrag deutlich unter der Mindestrente und Mindeststartgutschrift
liegt. Von einem Zuschlag auf die bisherige Startgutschrift blieben vor allem Nicht-
Akademiker mit Einkommen unter 4.200 Euro im Jahr 2001 ausgeschlossen. Auch
das kann bewiesen werden.

m=1–37 alleinstehend verheiratet


Jahre
gvE STG alt % p.a. STG neu % p.a. STG alt % p.a. STG neu % p.a.
1.400 € 0,43% - 0,53% 0,43% - 0,53% 0,61% 0,61% - 0,76%
* * ** **
2.800 € 0,26% - 0,38% 0,26% - 0,38% 0,40% 0,40% - 0,49%
*** *** ** **
4.200 € 0,22% - 0,38% 0,22% - 0,38% 0,44% 0,44% - 0,54%
**** **** ** **
5.600 € 0,38% 0,13% - 0,47% 0,63% 0,63% - 0,82%
** ** ** **

Tabelle 6: Startgutschrift in % des ges.vers.fähigen mtl. Entgelts pro Jahr (p.a.)

Legende:

gvE = Gesamtversorgungsfähiges Entgelt


STG alt = Startgutschrift ohne Zuschlagsberechnung
STG neu = Startgutschrift mit Zuschlagsberechnung
m = Pflichtversicherungsjahre in der ZVK bis zum 31.12.2001
% p.a. = Prozentsatz per annum vom gvE

* Startgutschrift bis m=20 bestimmt durch Mindeststartgutschrift nach § 9 Abs. 3 ATV, jedoch ab
m > 20 durch den Formelbetrag

** Startgutschrift bestimmt durch Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG n.F.

*** Startgutschrift von m=27 bis 37 bestimmt durch die Mindeststartgutschrift nach § 9 Abs. 3 ATV
jedoch für m<27 bestimmt durch die Mindestrente nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG

**** Startgutschrift von m=36 bis 37 bestimmt durch den Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1
BetrAVG n.F., jedoch für m<36 bestimmt durch die Mindestrente nach § 18 Abs. 2 Nr. 4
BetrAVG

Alleinstehende Rentenferne können mit einer Startgutschrift von durchschnittlich nur


0,3 Prozent ihres Einkommens pro Jahr rechnen. In nicht seltenen Einzelfällen liegt
die Startgutschrift nur bei 0,25 oder gar nur 0,22 Prozent pro Jahr.

29
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Verheiratete Rentenferne mit Einkommen zwischen 2.200 und 4.600 Euro erhalten
eine Startgutschrift zwischen 0,36 und 0,50 Prozent, also im Durchschnitt 0,43
Prozent pro Jahr.

Da Alleinstehende etwa ein Viertel der Rentenfernen ausmachen und Verheiratete


drei Viertel, beträgt die Startgutschrift insgesamt im Durchschnitt 0,4 Prozent pro
Jahr des Einkommens von 2001 (= 0,3 x ¼ + 0,43 x ¾).

Beispiel für eine p.a. Einordnung der Startgutschrift:

Annahmen: Pflichtversicherter ist rentenfern. Sein gesamtversorgungsfähiges


monatliches Entgelt beträgt 2001: 4.696,87 €. Er hat 2001 29 volle ZVK –
Versicherungsjahre in der Pflichtversicherung verbracht. Die rentenferne
Startgutschrift wird jeweils als das Maximum aus drei Größen ermittelt:

Mindeststartgutschrift, Mindestrente, Formelbetrag

Der Formelbetrag von 373,21 (692,59) Euro macht 7,95 (14,75) Prozent des
gesamtversorgungspflichtigen Entgelts von 4.696,87 Euro bei 29 vollen
Pflichtversicherungsjahren bzw. 0,27 Prozent (0,51 Prozent) pro Jahr aus, das ist
abhängig von der am 31.12.2001 zufällig zugrunde gelegten Steuerklasse I (oder
III/0).

Ermittlung der Mindeststartgutschrift p.a.

gesamtversorgungspflichtiges Entgelt in 2001 4.696,87 €


Mindeststartgutschrift 213,44 €
Mindestrente p.a. bei 29 Pflichtversicherungsjahren 7,36 €
Mindestrente p.a. in % des gesamtversorgungs-
pflichtigen Entgelts: 7,36 x 100/4.696,87 = 0,16 %

Ermittlung der Mindestrente p.a.

gesamtversorgungspflichtiges Entgelt in 2001 4.696,87 €


Mindestrente nach „historischen“ Entgelten 340,96 €
Mindestrente p.a. bei 29 Pflichtversicherungsjahren 11,76 €
Mindestrente p.a. in % des gesamtversorgungs-
pflichtigen Entgelts: 11,76 x 100/4.696,87 = 0,25 %

Ermittlung der Formelrente p.a.

gesamtversorgungspflichtiges Entgelt in 2001 4.696,87 €


Formelrente (StKl I bzw. III/0) 373,22 € bzw. 692,60 €
Formelrente p.a. bei 29 Pflichtversicherungsjahren 12,87 € bzw. 23,88 €
Formelrente p.a. in % des gesamtversorgungs-
pflichtigen Entgelts: 12,87 (bzw. 23,88) x 100/4.696,87 = 0,27 % bzw. 0,51 %

Tabelle 7: Ermittlung von p.a. Beträgen für Mindestartgutschrift, Mindestrente,


Formelrente

Der Formelbetrag von 373,22 Euro (692,60) Euro macht bei 29 vollen
Pflichtversicherungsjahren bzw. 0,27 Prozent (0,51 Prozent) pro Jahr des gvE von
4.696,87 Euro aus, das ist abhängig von der am 31.12.2001 zufällig zugrunde
gelegten Steuerklasse I (oder III/0).
30
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Die Startgutschrift von 373,22 Euro (692,60 Euro) oder 0,27 Prozent p.a. (bzw. 0,51
Prozent p.a.) für die Steuerklassen I und III ist durch die Formelrente bestimmt.

In einem Essay14 ist beschrieben, dass nur für einen gewissen Teil der
Pflichtversicherten, die ihre Startgutschrift zum 31.12.12002 bekommen haben, die
Startgutschrift auch wirklich nach der Grundformel aus § 18 Abs.2 Nr. 1 BetrAVG n.F.
ermittelt wird.

Viele, sehr lang dienende und am 31.12.2001 alleinstehende Nicht-Akademiker


erhalten ihre Startgutschrift aber nach den Mindestvorschriften gemäß

 Mindeststartgutschrift (soziale Komponenten), oder


 Mindestrente = Mindestbetrag nach §18 Abs.2 Nr. 4 BetrAVG,

da die für sie ermittelten Beträge gemäß der Grundformel aus § 18 Abs.2 Nr. 1
BetrAVG n.F. geringer als die Ergebnisse aus den Mindestvorschriften sind.

Die p.a. – Sichtweise hilft dabei, die Höhe der Startgutschrift und die Mindestrenten
gegenüber früheren gesetzlichen und satzungsbezogenen Regelungen einzuordnen
und übersichtlich in den Auswirkungen darzustellen.

Startgutschrift p.a. alleinstehend versus verheiratet

Für ausgewählte gesamtversorgungsfähige Entgelte (gvE =1.400 €, 2.800 €, 4.200 €


und 5.600 €) werden rentenferne Startgutschriften ermittelt, die sich mal aus dem
Formelbetrag (Grundformel aus § 18 Abs.2 Nr. 1 BetrAVG n.F.), mal aus der
Mindestrente (Mindestbetrag nach §18 Abs.2 Nr. 4 BetrAVG), mal aus der
Mindeststartgutschrift (Mindeststartgutschrift nach § 9 Abs. 3 ATV). Dabei spielen
die bis zum Stichtag 31.12.2001 bereits in der Zusatzversorgungsklasse
Pflichtversicherungsjahre (m) eine wichtige Rolle.

Berechnungen für insgesamt vier Verdiensttypen vor:

 Durchschnittsverdiener mit 2.800 €


 Geringverdiener mit 1.400 €, also der Hälfte des Durchschnittsverdienstes
 Höherverdiener mit 4.200 €, also der Hälfte mehr im Vergleich zum
Durchschnittsverdienst
 Höherverdiener mit 5.600 €, also doppelt so viel im Vergleich zum
Durchschnittsverdienst

Die grobe Zusammenfassung der entsprechenden Startgutschrift - Tabellen für


gesamtversorgungsfähige Entgelte (gvE =1.400 €, 2.800 €, 4.200 € und 5.600 €)
wurde bereits in Tabelle 6 angegeben.

14
W. Siepe: „Falscher Fehler - Die Irrwege des Bundesgerichtshofs“, Okt. 2008
http://www.startgutschriften-arge.de/4/Essay_Irrwege_des_BGH.pdf

31
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Tabelle 8: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 1.400 €)


Legende:

gvE = Gesamtversorgungsfähiges Entgelt


STG alt = Startgutschrift ohne Zuschlagsberechnung
STG neu = Startgutschrift mit Zuschlagsberechnung
m = Pflichtversicherungsjahre in der ZVK bis zum 31.12.2001
% p.a. = Prozentsatz per annum vom gvE
EAlter = Eintrittsalter in die ZVK
AL = alleinstehend
VH = verheiratet
M-Rente = Mindestrente
M-STG = Mindeststartgutschrift
F-STG = Formelbetrag

32
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Startgutschriften (STG) bei Alleinstehenden (AL) und Verheirateten (VH)


(gvE = 1.400 €, rentenfern, Eintritt in öD ab 17. LJ)

350 €

300 €

250 €
Startgutschrift in Euro

STG alt AL
200 €
STG alt VH
STG neu VH
150 € M-Rente
M-STG
100 €

50 €

0€
37 35 33 31 29 27 25 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 3 1
Zum 31.12.2001 tatsächlich erreichte Pflichtversicherungsjahre

Variation Eintrittsdatum: 0-37 Jahre Verschiebung des Eintrittsdatums gegenüber 17. LJ um jeweils ein Jahr

Grafik 4: Startgutschrift in Euro alleinstehend /verheiratet (gvE = 1.400 €)

Startgutschriften (STG) in % p.a. bei Alleinstehenden (AL) und Verheirateten (VH)


(gvE = 1.400 €, rentenfern, Eintritt in öD ab 17. LJ)

0,80%

0,70%

0,60%
Startgutschrift in % p.a.

0,50%
STG alt AL
0,40% STG neu AL
STG alt VH
STG neu VH
0,30%

0,20%

0,10%

0,00%
37 35 33 31 29 27 25 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 3 1
Zum 31.12.2001 tatsächlich erreichte Pflichtversicherungsjahre

Variation Eintrittsdatum: 0-37 Jahre Verschiebung des Eintrittsdatums gegenüber dem 17. LJ um jeweils ein Jahr

Grafik 5: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 1.400 €)

33
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Tabelle 9: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 2.800 €)


Legende:

gvE = Gesamtversorgungsfähiges Entgelt


STG alt = Startgutschrift ohne Zuschlagsberechnung
STG neu = Startgutschrift mit Zuschlagsberechnung
m = Pflichtversicherungsjahre in der ZVK bis zum 31.12.2001
% p.a. = Prozentsatz per annum vom gvE
EAlter = Eintrittsalter in die ZVK
AL = alleinstehend
VH = verheiratet
M-Rente = Mindestrente
M-STG = Mindeststartgutschrift
F-STG = Formelbetrag

34
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Startgutschriften (STG) bei Alleinstehenden (AL) und Verheirateten (VH)


(gvE = 2.800 €, rentenfern, Eintritt in öD ab 17. LJ)

450 €

400 €

350 €
Startgutschrift in Euro

300 €
STG alt AL
250 € STG alt VH
STG neu VH
200 €
M-Rente
M-STG
150 €

100 €

50 €

0€
37 35 33 31 29 27 25 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 3 1
Zum 31.12.2001 tatsächlich erreichte Pflichtversicherungsjahre

Variation Eintrittsdatum: 0-37 Jahre Verschiebung des Eintrittsdatums gegenüber dem 17. LJ um jeweils ein Jahr

Grafik 6: Startgutschrift in Euro alleinstehend /verheiratet (gvE = 2.800 €)

Startgutschriften (STG) in % p.a. bei Alleinstehenden (AL) und Verheirateten (VH)


(gvE = 2.800 €, rentenfern, Eintritt in öD ab 17. LJ)

0,60%

0,50%
Startgutschrift in % p.a.

0,40%

STG alt/neu AL
0,30%
STG alt VH
STG neu VH
0,20%

0,10%

0,00%
37 35 33 31 29 27 25 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 3 1
Zum 31.12.2001 tatsächlich erreichte Pflichtversicherungsjahre

Variation Eintrittsdatum: 0-37 Jahre Verschiebung des Eintrittsdatums gegenüber dem 17. LJ um jeweils ein Jahr

Grafik 7: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 2.800 €)

35
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Tabelle 10: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 4.200 €)


Legende:

gvE = Gesamtversorgungsfähiges Entgelt


STG alt = Startgutschrift ohne Zuschlagsberechnung
STG neu = Startgutschrift mit Zuschlagsberechnung
m = Pflichtversicherungsjahre in der ZVK bis zum 31.12.2001
% p.a. = Prozentsatz per annum vom gvE
EAlter = Eintrittsalter in die ZVK
AL = alleinstehend
VH = verheiratet
M-Rente = Mindestrente
M-STG = Mindeststartgutschrift
F-STG = Formelbetrag

36
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Startgutschriften (STG) bei Alleinstehenden (AL) und Verheirateten (VH)


(gvE = 4.200 €, rentenfern, Eintritt in öD ab 17. LJ)

800 €

700 €

600 €
Startgutschrift in Euro

500 € STG alt AL


STG alt VH
400 € STG neu VH
M-Rente
300 € M-STG

200 €

100 €

0€
37 35 33 31 29 27 25 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 3 1
Zum 31.12.2001 tatsächlich erreichte Pflichtversicherungsjahre

Variation Eintrittsdatum: 0-37 Jahre Verschiebung des Eintrittsdatums gegenüber dem 17. LJ um jeweils ein Jahr

Grafik 8: Startgutschrift in Euro alleinstehend /verheiratet (gvE = 4.200 €)

Startgutschriften (STG) in % p.a. bei Alleinstehenden (AL) und Verheirateten (VH)


(gvE = 4.200 €, rentenfern, Eintritt in öD ab 17. LJ)

0,60%

0,50%
Startgutschrift in % p.a.

0,40%

STG alt/neu AL
0,30%
STG alt VH

STG neu VH
0,20%

0,10%

0,00%
37 35 33 31 29 27 25 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 3 1
Zum 31.12.2001 tatsächlich erreichte Pflichtversicherungsjahre

Variation Eintrittsdatum: 0-37 Jahre Verschiebung des Eintrittsdatums gegenüber dem 17. LJ um jeweils ein Jahr

Grafik 9: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 4.200 €)

37
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Tabelle 11: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 5.600 €)


Legende:

gvE = Gesamtversorgungsfähiges Entgelt


STG alt = Startgutschrift ohne Zuschlagsberechnung
STG neu = Startgutschrift mit Zuschlagsberechnung
m = Pflichtversicherungsjahre in der ZVK bis zum 31.12.2001
% p.a. = Prozentsatz per annum vom gvE
EAlter = Eintrittsalter in die ZVK
AL = alleinstehend
VH = verheiratet
M-Rente = Mindestrente
M-STG = Mindeststartgutschrift
F-STG = Formelbetrag

38
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Startgutschriften (STG) bei Alleinstehenden (AL) und Verheirateten (VH)


(gvE = 5.600 €, rentenfern, Eintritt in öD ab 17. LJ)

1.400 €

1.200 €

1.000 €
Startgutschrift in Euro

STG alt AL
800 €
STG alt VH
STG neu VH
600 € M-Rente
M-STG
400 €

200 €

0€
37 35 33 31 29 27 25 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 3 1
Zum 31.12.2001 tatsächlich erreichte Pflichtversicherungsjahre

Variation Eintrittsdatum: 0-37 Jahre Verschiebung des Eintrittsdatums gegenüber dem 17. LJ um jeweils ein Jahr

Grafik 10: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 5.600 €)

Startgutschriften (STG) in % p.a. bei Alleinstehenden (AL) und Verheirateten (VH)


(gvE = 5.600 €, rentenfern, Eintritt in öD ab 17. LJ)

0,90%

0,80%

0,70%
Startgutschrift in % p.a.

0,60%

0,50% STG alt AL


STG neu AL
0,40% STG alt VH
STG neu VH
0,30%

0,20%

0,10%

0,00%
37 35 33 31 29 27 25 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 3 1
Zum 31.12.2001 tatsächlich erreichte Pflichtversicherungsjahre

Variation Eintrittsdatum: 0-37 Jahre Verschiebung des Eintrittsdatums gegenüber dem 17. LJ um jeweils ein Jahr

Grafik 11: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 5.600 €)

39
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
2.2. Der Blick auf die fiktive Näherungsrente

Bereits seit den ersten frühen Klageverfahren um die alte Startgutschriftberechnung


gibt es die Auseinandersetzung darüber, ob bei der Ermittlung der persönlichen
Nettogesamtversorgung die Pauschalmethode der fiktiven gesetzlichen
Näherungsrente oder aber die Individualmethode der Hochrechnung der
gesetzlichen Renten anhand von Rentenauskünften/-informationen der gesetzlichen
Rentenversicherung (GRV) erfolgen sollte.

Das hat seinen Niederschlag in zahlreichen Klageschriften von betroffenen


Rentenfernen und in einer umfangreichen Zahl von Gerichtsurteilen gefunden. Man
lese dazu ein aktuelles Urteil des Landgerichts Karlsruhe (Az. 6 O 145/13)15 vom
28.02.2014 und eine kritische Einschätzung des Urteils durch F.Fischer/W.Siepe16.

Während die beklagten Zusatzversorgungskassen die ausschließliche Anwendung


des pauschalen Näherungsverfahrens begrüßen, sind die Gerichte vorsichtiger.
Kritiker der ausschließlichen Anwendung des Näherungsverfahrens werden
deutlicher.

2003 und Ende 2007 würdigt A. Künstle17,18 das Näherungsverfahren kritisch.

W. Siepe19 schreibt 2007: „Es ist kaum zu verstehen, dass ausgerechnet für rentenferne
Pflichtversicherte ein bestimmtes Näherungsverfahren aus dem Jahr 2001 zur Berechnung der
Startgutschrift festgeschrieben wird, ohne dem Rentenfernen zumindest die Option zur Ermittlung der
hochgerechneten gesetzlichen Rente laut vorgelegter Rentenauskunft/-information einzuräumen. Ob
die ausschließliche Zugrundelegung der Näherungsrente bei der Startgutschrift-Berechnung den
rentenfernen Pflichtversicherten eher nützt oder schadet, soll hier nicht anhand von weiteren
Einzelfällen näher untersucht werden.

Generell gilt aber: Je höher die Näherungsrente im Vergleich zur hochgerechneten gesetzlichen
Rente ausfällt, desto ungünstiger für den Rentenfernen, da die Voll-Leistung und damit auch die
Startgutschrift nach der Grundformel in § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG sinkt. Typischerweise trifft dies auf
Normalverdiener mit weniger als 40 Pflichtversicherungsjahren bis zum vollendeten 65. Lebensjahr zu.
Bei Höher- und Spitzenverdienern mit insgesamt 40 und mehr Pflichtversicherungsjahren wird jedoch
die auf rund 1.600 Euro „gedeckelte“ Näherungsrente deutlich unter der hochgerechneten
gesetzlichen Rente liegen. Dies erhöht die Voll-Leistung und die daraus errechnete Startgutschrift.

Anwälte der beklagten Zusatzversorgungskassen übernehmen gerne ungeprüft die


unbewiesenen Aussagen aus einem Artikel von Engbroks20. Die Anwälte nutzen die
Hinweise auf die beschriebenen Vorzüge, verschweigen aber den Hinweis auf
Risiken einer solchen Vorgehensweise.

Die Autoren Engbroks schreiben zur Abschätzung der gesetzlichen Renten:


Ein wichtiges Beispiel für Näherungsverfahren ist dasjenige zur Berücksichtigung von Renten aus der
gesetzlichen Rentenversicherung, das durch BMF-Schreiben erlassen wird und weit über die
eigentliche Zielsetzung hinaus Anwendung findet. Dieses Verfahren hilft darüber hinweg, wenn exakte

15
http://www.startgutschriften-arge.de/8/LG_KA_6_O_145_13.pdf
16
http://www.startgutschriften-arge.de/3/SP_Einschaetzungen_zu_6_O_145_13.pdf
17
http://schiering.org/arhilfen/zusatzversorgung/0303-startgutschrift.pdf
18
http://www.startgutschriften-arge.de/11/PresseKommentar_KuenstleBGHUrteil_141107.pdf
19
http://www.startgutschriften-arge.de/6/studie_verluste_startgutschriften.pdf
20
B. Engbroks/H.Engbroks: „Zu den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik“, BetrAV 6/2011,
514-525

40
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Daten über die Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung nicht verfügbar oder nur mit
hohem Aufwand beschaffbar sind. Zu beachten ist, dass es im Einzelfall zu erheblichen
Abweichungen zwischen dem Näherungswert und dem tatsächlichen Rentenbetrag kommen kann,
und obendrein führt das Verfahren im Durchschnitt eher zu einer Unterschätzung als zu einer
Überschätzung der tatsächlichen Rente. Von daher ist das Verfahren für die Ermittlung arbeitsrechtlich
relevanter Anspruchsgrundlagen nicht frei von Risiken für alle Beteiligten.

Fest steht auf jeden Fall:

 Persönliche Erwerbsbiographien in der gesetzlichen Rentenversicherung


(GRV) und in der Zusatzversorgung (ZVK) des öffentlichen Dienstes sind so
unterschiedlich und einzigartig wie ein Daumenabdruck
 Versicherungsverläufe in der ZVK sind stets kürzer als in der GRV (manchmal
sogar erheblich kürzer)
 Nichtakademiker haben häufig eine längere persönliche Erwerbsbiographie in
ZVK und GRV als Akademiker
 Frauen haben häufiger als Männer gebrochene Erwerbsbiographien in ZVK
und GRV und/oder haben Teilzeitarbeit wegen der Kindererziehung
genommen.

Prognosen über die gesamte Erwerbsbiographie eines in der ZVK und GRV
Versicherten sind daher mit großer Unsicherheit behaftet.

Für die Startgutschriftberechnung wird lediglich eine „Momentaufnahme“ zum


Stichtag 31.12.2001 erstellt mit dem damaligen gesamtversorgungsfähigen Entgelt
(gvE), dem damaligen Gesamtbeschäftigungsquotienten (GBQ) bzw. dem damaligen
Teilzeitquotienten. Diese Größen können sich nach 2001 bis zur Regelaltersrente
noch erheblich ändern.

Je aktueller eine Rentenauskunft/-information der GRV ist und je näher diese


Informationen zum Eintrittszeitpunkt in die Regelaltersrente liegen, desto präziser
können die Aussagen bezüglich der gesetzlichen Rentenerwartung werden.
Erschwert werden können die Aussagen jedoch durch Kürzungen der GRV-Rente
nach Altersteilzeit, wegen Schwerbehinderung usw.

Man kann dennoch ohne zu großen Aufwand eine Einschätzung vornehmen, ob im


Hinblick auf die in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) verbrachten
Versicherungsjahre die pauschale Näherungsrente von Vorteil/Nachteil gegenüber
einer individuell hochgerechneten gesetzlichen Rente ist, wenn man die
Startgutschrift zu ermitteln hat.

Bereits seit den ersten frühen Klageverfahren um die alte Startgutschriftberechnung


gibt es die Auseinandersetzung darüber, ob bei der Ermittlung der persönlichen
Nettogesamtversorgung die Pauschalmethode der fiktiven gesetzlichen
Näherungsrente oder aber die Individualmethode der Hochrechnung der
gesetzlichen Renten anhand von Rentenauskünften/-informationen der gesetzlichen
Rentenversicherung (GRV) erfolgen sollte.

Es gibt eine praktikable Möglichkeit, ohne großen Aufwand für jeden


Startgutschriftfall eine Abwägung der Vorteile/Nachteile einer pauschalen bzw.
individuellen gesetzlichen Rentenermittlung vorzunehmen.

41
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Zunächst wird der Zusammenhang einiger Größen aus der gesetzlichen
Rentenversicherung (GRV) und der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes
(ZVK) beschrieben.

Danach werden Zusammenhänge hergestellt zwischen dem


gesamtversorgungsfähigen monatlichen Entgelt (gvE) in 2001 und der fiktiven
Näherungsrente (NR).

Schließlich vergleicht man die GRV-Quote mit der NR-Quote.

Dabei werden folgende Begrifflichkeiten eingeführt:

NR-Quote (NR/gvE) = Verhältnis von Näherungsrente (NR) zum Verdienst (gvE) in


2001.

Die NR-Quote ist immer unabhängig von der Anzahl der Pflichtbeitragsjahre in der
gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nur abhängig vom Verdienstniveau
(zum Beispiel 44,6 % für alle gvE bis 3.100 €, 42,1 % bei 3.500 €, 38,9 % bei 4.000 €
und 36 % ab gvE von 4.448 €)

GRV-Quote (GRV/gvE) = Verhältnis der auf das 65. Lebensjahr nach der
Rentenauskunft 2001 der früheren BfA (heute DRV) hochgerechneten gesetzlichen
Rente zum Verdienst (gvE).

2.2.1. Zusammenhang von Größen aus GRV und ZVK

Es stellt sich zunächst die Aufgabe, Zusammenhänge herzustellen zwischen Größen


aus der Zusatzversorgung [gesamtversorgungsfähiges Entgelt (gvE) pro Monat,
fiktive gesetzliche Näherungsrente (NR)] einerseits und andererseits Größen aus der
gesetzlichen Rentenversicherung (GRV, DRV-Bund) wie Eckrente 2001,
Durchschnittsrente 2001, Bruttorentenniveau 2001, individuelle Bruttorentenquote
Versicherungsjahre in der GRV usw..

Aus Veröffentlichungen der gesetzlichen Rentenversicherung für den Bereich WEST


kann man die Größen „Eckrente 2001“ (= je 1 Entgeltpunkt für 45 Jahre x Rentenwert
für 2001) und die „Durchschnittsentgelt 2001“ ersehen.

Tabelle 12: Entwicklung des Bruttorentenniveaus von 2001 bis 2014

42
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Bruttorentenniveau (2001 bis 2014)


d.h. Eckrente/Durchschnittsrente*100 für 2001 bis 2014

49,0%

48,5%

48,0%
Bruttorentenniveau in Prozent

47,5%

47,0%

46,5% Bruttorentenniveau

46,0%

45,5%

45,0%

44,5%

44,0%
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013* 2014*
Jahr

Grafik 12: Entwicklung des Bruttorentenniveaus von 2001 bis 2014

Aus Tabelle 12 und Grafik 12 ist unmittelbar das Bruttorentenniveau für 2001 als
Quotient aus Eckrente und Durchschnittsrente bezogen auf das Jahr 2001 zu
ermitteln:

Bruttorentenniveau (BRN) (2001):

= Eckrente/Durchschnittsrente = (1.139,13€ /2.352,19 €) x 100


= 48,42 %

Was bedeutet das:

Eine Person mit Durchschnittsverdienst (im Jahr 2001) von 2.352,62 € bekommt
nach 45 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) 48,42 %= 1.139,13 €)
des Durchschnittsverdienstes aus 2001 als Bruttorente.

Beispiel:

Wieviel Prozent y des Durchschnittsverdienstes (in 2001) bekommt der obige


„Durchschnittsverdiener“, wenn er nur 41 bzw. 42 Jahre in der GRV verbracht hat?

48,42 % / 45 Jahre = y / 41 Jahre , d.h. y = 48,42 % x (41/45) = 44,12 %

48,42 % / 45 Jahre = y / 42 Jahre , d.h. y = 48,42 % x (42/45) = 45,19 %

Man kann das Bruttorentenniveau als Sonderfall einer sogenannten „individuellen


GRV-Quote“ ansehen.

43
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Individuelle GRV-Quote:

(Eckrente(2001) x Faktor) / (Durchschnittsentgelt (2001) x Faktor)

Faktor = 1,000 ; bedeutet mtl. Durchschnittsentgelt (2001)


Faktor = 1,488 ; bedeutet mtl. Entgelt von 3.500 € (2001)
Faktor = 1,700 ; bedeutet mtl. Entgelt von 4.000 € (2001)
Faktor = 1,8907; bedeutet mtl. Entgelt von 4.448 € (2001) *

*Beitragsbemessungsgrenze (BBG) von 4.448,24 € für 2001 in der gesetzlichen


Rentenversicherung

Es wurde bisher eine Quote aus Größen der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV)
definiert.

Nun wird eine Quote aus Größen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes
definiert, die bezogen auf 2001, das gesamtversorgungsfähige monatliche Entgelt
(gvE) und die sogenannte gesetzliche Näherungsrente (NR) verwendet.

NR-Quote (bezogen auf 2001):

NR/gvE = Näherungsrente / gesamtversorgungsfähiges monatliches Entgelt

Schließlich vergleicht man die GRV-Quote und die NR-Quote miteinander im Hinblick
auf die in der GRV verbrachten Versicherungsjahre, um festzustellen, ob jeweils die
Näherungsrente oder aber die gesetzliche Rente einen größeren Wert hat.

2.2.2. Zusammenhang von gvE (2001) und Näherungsrente

Wenn man den Zusammenhang zwischen gesamtversorgungsfähigem Entgelt (gvE)


2001 und der Näherungsrente (NR) aus der alten Startgutschrift darstellen will, muß
man den Berechnungsmechanismus zur Ermittlung der Näherungsrente kennen.

Tabelle 13: Berechnungsschema zur Ermittlung der Näherungsrente

44
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Der Berechnungsmodus für die fiktive gesetzliche Näherungsrente (oben gezeigt am
Beispiel eines gesamtversorgungsfähigen monatlichen Entgelts (gvE) in Höhe der
der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) von 2001 zur gesetzlichen
Rentenversicherung (GRV)) kann nun mit Hilfe des frei verfügbaren Fischer_STG
Startgutschriftrechners genutzt werden, um eine Tabelle 14 zu erstellen.

Tabelle 14: NR-Quote (=NR/gvE) für gvE von 800 € bis 6.000 €

45
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Die Tabelle 14 stellt für ein gvE von 800 € bis 6.000 € (in 100 € Schritten dar, wie
sich das Verhältnis von Näherungsrente (NR) und gesamtversorgungsfähigem
Entgelt (gvE) entwickelt.

Aus der Tabelle 14 wird ersichtlich:

Für ein gvE zwischen 800 € bis 3.100 € bleibt die NR-Quote bei 0,4457. Danach fällt
die NR-Quote langsam ab bis auf 0,3598.

Ab einem gvE in Höhe des Wertes der BBG (4448,24 €) und höheren gvE-Werten
sinkt die NR-Quote nicht mehr. Das liegt daran, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber
auch bei deutlich höheren monatlichen Entgelten nur bis zum Höchstsatz des BBG in
die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.

D.h. Ab monatlichen Entgelten von 4.448,24 € und höher werden dennoch höchstens
1.600,50 € Näherungsrente von der persönlichen Nettogesamtversorgung
abgezogen.

2.2.3. Vergleich von GRV-Quote und NR-Quote

Ob der Ansatz der Näherungsrente statt der auf das 65. Lebensjahr
hochgerechneten gesetzlichen Rente bei Vorlage einer Rentenauskunft für 2001
rentenferne Jahrgänge benachteiligt oder nicht, hängt entscheidend vom Verhältnis
der jeweiligen Rentenquoten ab.

Tabelle 15: GRV-Quote (2001) versus NR-Quote

46
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

GRV-Quote (2001) versus NR-Quote


für gvE bis 4448 € (BBG)

55,0%

50,0%
Prozentsatz GRV-Quote bzw. NR-Quote

GRV-Quote
45,0%
NR-Quote bei
gvE(800 € - 3100 €)
NR-Quote bei
40,0%
gvE(3500 €)
NR-Quote bei
gvE(4000 €)
35,0% NR-Quote bei
gvE(4448 €)

30,0%

25,0%
48 47 46 45 44 43 42 41 40 39 38 37 36 35 34 33 32 31 30 29 28
Anzahl Jahre mit regulärem Verdienst in der gesetzlichen Rentenversicherung

Grafik 13: GRV-Quote (2001) versus NR-Quote

Dabei bedeuten:

NR-Quote (NR/gvE) = Verhältnis von Näherungsrente (NR) zum Verdienst (gvE).

Die NR-Quote ist immer unabhängig von der Anzahl der Pflichtbeitragsjahre in der
gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), daher waagerechte Geraden im Diagramm,
und nur abhängig vom Verdienstniveau (zum Beispiel 44,6 % für alle gvE bis 3.100
€, 42,1 % bei 3.500 €, 38,9 % bei 4.000 € und 36 % ab gvE von 4.448 €)

GRV-Quote (GRV/gvE) = Verhältnis der auf das 65. Lebensjahr nach der
Rentenauskunft 2001 der früheren BfA (heute DRV) hochgerechneten gesetzlichen
Rente zum Verdienst (gvE).

Die GRV-Quote ist immer abhängig von der Anzahl der Pflichtbeitragsjahre in der
GRV (daher die von links nach rechts fallende blaue Gerade) und unabhängig vom
Verdienst bei allen gvE bis 4.448 € (z.B. rund 48 % bei 45 Beitragsjahren oder rund
43 % bei 40 Beitragsjahren)

Für ausgewählte gvE-Wert-Gruppen (800 € - 3.100 €; 3.500 €, 4.000 €, 4448 € und


darüber) wurden waagerechte Linien als zugehörige NR-Quoten markiert. Grafik 13
kann selbstverständlich dazu benutzt werden, eigene weitere waagerechte Linien
(NR-Quoten) gemäß Tabelle 15 einzufügen.

Die Auswertung für Rentenferne ergibt nun folgendes:

Es gibt eine Benachteiligung der Rentenfernen, falls die NR-Quote höher ist als
die GRV-Quote, da in diesem Fall „zu viel“ von der Nettogesamtversorgung
abgezogen wird und dadurch Voll-Leistung und Startgutschrift sinken. Das ist also
der Fall, wenn die waagerechte NR-Gerade oberhalb der fallenden GRV-Gerade

47
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
liegt, also z.B. bei Durchschnittsverdienern bis 3.100 € gvE mit weniger als 41
Pflichtbeitragsjahren in der GRV, bei 3.500 € mit weniger als 39, bei 4.000 € mit
weniger als 36 und bei 4.448 € gvE mit weniger als 33 Jahren in der GRV.

Fazit: Späteinsteiger in die GRV (z.B. Beitragsbeginn in die GRV ab 24 Jahren bei
Durchschnittsverdienern, ab 26 Jahren bei 3.500 € oder ab 29 Jahren bei 4.000 €)
werden durch den Ansatz der Näherungsrente benachteiligt. Diese Gruppe dürfte
jedoch innerhalb der Gruppe der Rentenfernen in der Minderheit sein.

Es gibt eine Bevorzugung der Rentenfernen, falls die NR-Quote niedriger ist als
die GRV-Quote (waagerechte NR-Gerade unterhalb der fallenden GR-Gerade). In
diesem Fall wird „zu wenig“ von der Nettogesamtversorgung abgezogen und dadurch
steigen Voll-Leistung und Startgutschrift.

Fazit: Relative Früheinsteiger in die GRV (z.B. Beitragsbeginn vor 24 Jahren bei
Durchschnittsverdienern, vor 32 Jahren bei Höher- und Spitzenverdienern ab 4.448 €
gvE mit "Deckelung" der Näherungsrente bei rund 1.600 €) werden nicht
benachteiligt, sondern haben sogar Vorteile durch den Ansatz der Näherungsrente.
Diese Gruppe dürfte innerhalb der Rentenfernen in der Mehrheit sein.

In einer deutlichen Mehrheit untersuchter realer Startgutschriftfälle war der Ansatz


der Näherungsrente günstiger für die rentenfernen Pflichtversicherten.

2.3. Der Blick auf die neue Punkterente


Auch das Niveau der ab 1.1.2002 neu eingeführten Betriebsrente nach dem
Punktemodell wird von den meisten Startgutschriften verfehlt. Hätte es die neue
Punkterente schon vor dem Systemwechsel gegeben, wäre die Startgutschrift für die
meisten rentenfernen Pflichtversicherten höher ausgefallen. Dies steht in einem
diametralen Gegensatz zu der Behauptung, dass das Niveau der neuen Punkterente
im Durchschnitt um 20 Prozent unter dem Niveau der früheren Zusatzrente im
Gesamtversorgungssystem liegen soll.

2.3.1. Punkterente für Pflichtversicherte ab 2002

Die Tarifparteien haben sich bei der Reform der Zusatzversorgung im öffentlichen
Dienst am 13.11.2001 auf einen grundlegenden Systemwechsel geeinigt. Das
frühere Gesamtversorgungssystem, das stark von externen Faktoren wie Höhe der
Steuerbelastung und der gesetzlichen Rente abhängig war, wurde ab 1.1.2002 durch
das Punktemodell abgelöst, das im Altersvorsorgetarifvertrag vom 1.4.2002
festgelegt wird.

Die neue Punkterente ist völlig abgekoppelt von der gesetzlichen Rente und hängt
nur noch von der Höhe des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (entspricht
weitgehend dem Bruttogehalt) sowie vom jeweiligen Alter des Pflichtversicherten ab.
Sie heißt Punkterente, weil die Pflichtversicherten und künftigen Zusatzrentner Jahr
für Jahr sog. Versorgungspunkte ansammeln, ähnlich wie bei den Entgeltpunkten in
der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Berechnung der Rentenanwartschaften nach dem Punktemodell ist relativ


einfach durchzuführen, da in jedem Kalenderjahr 0,4 % des monatlichen Entgelts mit
dem Altersfaktor multipliziert werden:

48
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

monatliche Punkterente = 0,4 Prozent des Monatsentgelts x Altersfaktor

Man benötigt also nur die Rentenformel im Punktemodell sowie eine sogenannte
Altersfaktoren-Tabelle.

Das Leistungsniveau der Punkterente soll nach dem erklärten Willen der
Tarifparteien rund 20 % unter dem Niveau der Zusatzrente nach dem früheren
Gesamtversorgungssystem liegen. Beispiel: Bei einer früheren Versorgungsrente von
0,5 % des monatlichen Bruttoendgehalts pro Pflichtversicherungsjahr konnte ein
Rentner nach 40 Jahren mit einer monatlichen Zusatzrente in Höhe von 20 % seines
letzten Gehalts rechnen, wenn er bis Ende 2001 in Rente ging. Liegt das Niveau der
neuen Punkterente aber durchschnittlich nur bei 0,4 % des Entgelts pro Jahr,
kommen nach 40 Pflichtversicherungsjahren nur 16 % des Endgehalts als monatliche
Zusatzrente brutto heraus. Das Leistungsniveau im neuen Punktesystem wird somit
um ein Fünftel im Vergleich zum früheren Gesamtversorgungssystem gekürzt.

Der höhere Altersfaktor für Jüngere wirkt wie ein Rentenzuschlag für die längere
Wartezeit bis zum Rentenbeginn mit Erreichen der Regelaltersgrenze. Die
unterschiedlichen Altersfaktoren (je jünger, desto höher bzw. je älter, desto
niedriger) stellen keine Ungerechtigkeit dar, sondern einen fairen Ausgleich zwischen
jüngeren und älteren Pflichtversicherten. Die beitrags- und altersabhängige
Punkterente ist von der Konstruktion her kalkulationssicher, relativ einfach und vor
allem auch sozial gerechter im Vergleich zum früheren Gesamtversorgungssystem.

Das individuelle Leistungsniveau der Punkterente hängt von der Anzahl der
Pflichtversicherungsjahre und der Höhe der jährlichen Entgeltsteigerungen ab. Bei 45
Pflichtversicherungsjahren und durchschnittlich 1,5 % pro Jahr mehr an Gehalt
beträgt die Punkterente beispielweise 0,4 % des Bruttoendgehalts pro
Pflichtversicherungsjahr bzw. 18 % insgesamt.

Die folgende Tabelle verdeutlicht, dass das Niveau der Punkterente umso niedriger
ausfällt, je weniger Pflichtversicherungsjahre bis zum Rentenbeginn anfallen und je
höher die Entgeltsteigerungen sind. Umgekehrt gilt: Je mehr
Pflichtversicherungsjahre und/oder je niedriger die Entgeltsteigerungen, desto höher
die Punkterente in Prozent des Endgehalts.

Pflichtver- Entgeltsteigerung Entgeltsteigerung Entgeltsteigerung Entgeltsteigerung


sicherungsjahre 1,5 % pro Jahr 2 % pro Jahr 2,5 % pro Jahr 3 % pro Jahr
50 Jahre 0,42 % 0,37 % 0,32 % 0,29 %
45 Jahre 0,40 % 0,36 % 0,32 % 0,28 %
40 Jahre 0,38 % 0,35 % 0,31 % 0,29 %
35 Jahre 0,37 % 0,34 % 0,31 % 0,29 %
30 Jahre 0,36 % 0,33 % 0,31 % 0,29 %

Tabelle 16: Punkterente ab 2002 in Prozent des Endgehalts pro Jahr21

21
Fischer/Siepe: Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, DBB Verlag, Berlin, April 2011, 1. Auflage,
ISBN: 879-3-87863-171-2, Seite 31

49
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Das Niveau der neuen Punkterente für Pflichtversicherte ab 2002 liegt somit
zwischen 0,29 und 0,42 % des Endgehalts pro Pflichtversicherungsjahr. Der
Einfachheit wurde angenommen, dass der Pflichtversicherte exakt zum 1.1.2002 in
den öffentlichen Dienst eingetreten ist und ab 2002 je nach Eintrittsalter noch 30 bis
50 Pflichtversicherungsjahre bis zur neuen Regelaltersgrenze von 67 Jahren im
öffentlichen Dienst verbleibt. Beim Jahrgang 1965, der erst mit 37 Jahren in den
öffentlichen Dienst eintritt, sind es somit noch 30 Jahre bis zum Rentenbeginn in
2032. Indes stehen dem Jahrgang 1985 mit einem Eintrittsalter von 17 Jahren noch
50 Pflichtversicherungsjahre bevor bei einem Rentenbeginn in 2052.

Bei einem Durchschnittsentgelt von 2.353 € im Jahr 2001 wie in der gesetzlichen
Rentenversicherung und einer angenommenen Entgeltsteigerung von
durchschnittlich 1,5 % pro Jahr ab 2002 liegt die künftig zu erwartende Punkterente
zwischen 393 € (bei 30 Jahren) und 1.031 € (bei 50 Jahren), sofern das bisherige
Punktemodell mit der derzeitigen Altersfaktoren-Tabelle beibehalten wird. Die
Berechnung der Punkterente kann bequem mit dem frei verfügbaren Fischer-
Punkterente-Rechner22 erfolgen.

Eine Kürzung der künftigen Punkterente ist von den Tarifparteien aber bereits fest
eingeplant (siehe das verdi-Flugblatt23 TS berichtet vom 17.04.2014). Begründet wird
die geplante Senkung des Leistungsniveaus mit dem gesunkenen Zinsniveau am
Kapitalmarkt (Stichwort „Rechnungszins“) und der längeren Lebenserwartung
(Stichwort „Biometrie“).

Falls es zu einer Kürzung der Punkterente kommt, erfolgt dies über eine Tabelle mit
entsprechend gekürzten Altersfaktoren. In den bisherigen Altersfaktoren ist ein
Rechnungszins von 3,25 % in der Anwartschaftsphase und von 5,25 % in der
Leistungsphase fiktiv einkalkuliert, im Durchschnitt unter Berücksichtigung von
beispielsweise 40 Pflichtversicherungsjahren und 20 Rentenjahren also knapp 4 %.

Zumindest bei der Zusatzrente im Tarifgebiet West der VBL (Versorgungsanstalt des
Bundes und der Länder) wäre die Senkung des Rechnungszinses aber systemfremd,
da die VBL-Zusatzrente West rein umlagefinanziert ist. In einem umlagefinanzierten
Alterssicherungssystem wie beispielsweise in der gesetzlichen Rentenversicherung
spielt die Höhe des aktuellen Zinsniveaus sowie des Rechnungszinses jedoch keine
Rolle.

Eine Kürzung der Altersfaktoren bzw. der Punkterente kann aber nie rückwirkend
erfolgen. Das heißt: Falls die gekürzte Punkterente bereits ab 2014 kommen sollte,
sind davon nur die neu entstehenden Rentenanwartschaften ab 2014 betroffen. Die
bisher von 2002 bis 2013 erreichten Rentenanwartschaften im Punktemodell blieben
davon völlig unberührt. Von einer künftigen Kürzung der Punkterente wären somit vor
allem jüngere Jahrgänge betroffen, die ab 2014 noch viele Jahre bis zum
Rentenbeginn im öffentlichen Dienst bleiben.

Die tatsächliche VBL-Zusatzrente für ehemals rentenferne Pflichtversicherte ab


Jahrgang 1947, die am 1.2.2002 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten,
stellt eine Mischung dar aus:
22
http://www.startgutschriften-arge.de/7/Fischer_NPR.zip
23
http://bund-laender-
nrw.verdi.de/++file++53564cceaa698e1c2f000f73/download/TS%20008%202014%20ATV%20und%20ATV-
K.pdf

50
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

 Rentenanwartschaft zum 31.12.2001 (Startgutschrift)


und
 Rentenanwartschaft ab 1.1.2002 (Punkterente).

Dabei gilt die zunächst einfach klingende Regel:

Gemischte Zusatzrente = Startgutschrift plus Punkterente

Je mehr Pflichtversicherungsjahre in der Zeit vom Eintritt in den öffentlichen Dienst


bis zum 31.12.2001 liegen, desto mehr fällt die berechnete Startgutschrift ins
Gewicht. Umgekehrt gilt: Der Anteil der Startgutschrift an der gemischten Zusatzrente
sinkt, je weniger Pflichtversicherungsjahre bis Ende 2001 angefallen sind.

Die Höhe der gemischten Zusatzrente für ehemals rentenferne Jahrgänge ab 1947
hängt ganz wesentlich vom Familienstand am 31.12.2001 fest. Wer an diesem
Stichtag alleinstehend war, erhält eine deutlich niedrigere Startgutschrift im
Vergleich zu den am 31.12.2001 verheirateten Rentenfernen. Der Verlust liegt
zwischen 19 und 36 % bei monatlichen Entgelten von 1.975 € bis 7.175 € im Jahr
2001, die dem 0,7- bis 2,55fachen des Durchschnittsentgelts in der gesetzlichen
Rentenversicherung im Jahr 2013 entsprechen.

Wie die folgende Tabelle 17 zeigt, liegen die Verluste von mindestens 30 %
besonders hoch bei alleinstehenden Höherverdienern mit einem Entgelt ab rund
5.000 € in 2013. In der Spitze macht der Verlust 36 % beim 1,9fachen des
Durchschnittsentgelts (also bei rund 5.500 € in 2013) aus.

tatsächliche Zusatzrente (alleinstehend / verheiratet)


in Abhängigkeit von Vielfachen des Entgelts/Monat

1.400 €
Zusatzrente (alleinst./verh.) in Euro

1.200 €

1.000 € Zusatz-
rente I
verh.
800 € Zusatz-
rente II
alleinst.
600 €

400 €

200 €
7

5
0,

0,

0,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

2,

2,

2,

2,

2,

Zusatzrente in Abhängigkeit von Vielfachen des Entgelts/Monat

Grafik 14: VBL-Zusatzrente für Verheiratete und Alleinstehende

51
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

*) 0,7- bis 2,55faches Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung


**) reale VBL-Zusatzrente brutto für am 31.12.2001 verheiratete Jahrgänge ab 1947
***) reale VBL-Zusatzrente brutto für am 31.12.2001 alleinstehende Jahrgänge ab 1947

Tabelle 17: VBL-Zusatzrente für Verheiratete und Alleinstehende


(Jahrgang 1948, Eintritt in den öffentlichen Dienst am 1.7.1973, verheiratet
versus alleinstehend am Stichtag: 31.12.2001)

52
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Da die ab 2002 berechnete Punkterente unabhängig vom Familienstand ist, sind die
Verluste für am 31.12.2001 Alleinstehende gegenüber den Verheirateten
ausschließlich auf die unterschiedlich hohen Startgutschriften zurückzuführen. Der
Bundesgerichtshof hat das Stichtagsprinzip und damit die unterschiedliche
Startgutschrift-Berechnung für am 31.12.2001 alleinstehende und verheiratete
ehemalige Rentenferne am 14.11.2007 (Az. IV ZR 74/06) bestätigt und dies mit den
Worten „Festschreibeeffekt“ bzw. „Veränderungssperre“ gerechtfertigt.

Ein Rentenverlust für die ehemals rentenfernen Jahrgänge ab 1947 entsteht, wenn
die tatsächliche ZVK-Zusatzrente unter der fiktiven Punkterente liegt. In diesem Fall
werden die Betroffenen schlechter gestellt als die Pflichtversicherten, die erst ab
2002 in den öffentlichen Dienst eingetreten sind.

Jeder vor 2002 in den öffentlichen Dienst eingetretene Angestellte und spätere
Rentner muss zumindest die Punkterente als ZVK-Zusatzrente erhalten, die ihm bei
Anwendung des Punktemodells ab Eintritt in den öffentlichen Dienst zustehen würde
(„Mindest-Zusatzrente“). Wird ihm dies verweigert, ist der so genannte
Besitzstandsschutz genau so wenig wert wie die von Gewerkschaften nach der
Reform der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes im November 2001
verkündete These „Nichts geht verloren“.

2.3.2. Stresstest (fiktive Punkterente versus reale Zusatzrente)

Jede Zusatzversorgungskasse (auch die VB) sollte sich einem Stresstest stellen und
die Frage gefallen lassen: Liegt die fiktive Punkterente unter oder über der
tatsächlichen ZVK-Zusatzrente? Um diese Frage zu beantworten, ist
selbstverständlich eine Vergleichsberechnung für jeden ehemals Rentenfernen ab
Jahrgang 1947 erforderlich, also z.B. bei der VBL für insgesamt 1,7 Millionen
Betroffene.

Solange die Zusatzversorgungskassen die Vergleichsberechnung und somit den


Stresstest nicht durchführen, sollte der betroffene Rentenferne dies anhand der bis
Ende 2010 vorliegenden ZVK-Versicherungsnachweise zur Berechnung der zu
erwartenden ZVK-Zusatzrente (inkl. der Rentenanwartschaften für die Zeit bis zum
Rentenbeginn) und der Ermittlung der fiktiven Punkterente mit Hilfe des bereits
erwähnten Punkterente-Rechners selbst vornehmen.

2.3.2.1. Rentenverluste für fast alle Alleinstehenden

Bei nahezu allen Rentenfernen, die am 31.12.2001 alleinstehend waren, fällt der
Stresstest negativ aus. Das heißt: Die ZVK-Zusatzrente liegt unter der fiktiven
Punkterente und es kommt zu einem mehr oder minder großen Rentenverlust, der
bis zu 27 % gehen kann (siehe die folgende Tabelle 18).

Am höchsten sind die Rentenverluste in der Entgeltgruppe vom 1,05 bis 2,05-
fachen des Durchschnittsentgelts, also bei Entgelten zwischen rund 2.950 € und
5.770 Euro in 2013. Somit werden die Durchschnitts- und Höherverdiener unter
den Alleinstehenden am stärksten von den Verlusten getroffen.

Erst ab Spitzenverdiensten von. 7.180 € in 2013 hört beim Jahrgang 1948 mit 40
Pflichtversicherungsjahren der Verlust auf. Von Rentenverlusten werden auch
Geringverdiener mit weniger als 2.000 € Entgelt in 2013 verschont. Da
53
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
schätzungsweise nur 1 % aller alleinstehenden Rentenfernen auf diese
Einkommensgruppen der Spitzenverdiener und Geringverdiener entfallen, sind die
übrigen 99 % von Rentenverlusten betroffen.

Tabelle 18: Rentenverluste für Alleinstehende


(Jahrgang 1948, Beitragsdauer 40 Jahre, Eintritt in den öffentlichen Dienst am
1.7.1973, Rente ab 1.7.2013, alleinstehend am 31.12.2001)

*) 0,7- bis 2,55faches Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung


**) fiktive Punkterente für die Zeit vom 1.7.1973 bis 1.7.2013
***) reale VBL-Zusatzrente brutto für am 31.12.2001 alleinstehende Jahrgänge ab 1947

54
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

fiktive Punkterente und Zusatzrente (alleinstehend)


in Abhängigkeit von Vielfachen des Entgelts/Monat von 2013

1.000 €

900 €
Punkterente bzw. Zusatzrente in Euro

800 €

700 €
fiktive
Punkte-
rente
600 €
Zusatz-
rente
500 €

400 €

300 €

200 €
7

5
0,

0,

0,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

2,

2,

2,

2,

2,
Vielfaches des Entgelts/Monat von 2013

Grafik 15: Rentenverluste für Alleinstehende


(Jahrgang 1948, Beitragsdauer 40 Jahre, Eintritt in den öffentlichen Dienst am
1.7.1973, Rente ab 1.7.2013, alleinstehend am 31.12.2001)

2.3.2.2. Rentenverluste für ein Drittel der Verheirateten

Bei am 31.12.2001 verheirateten ehemaligen Rentenfernen liegt die ZVK-


Zusatzrente in der Mehrzahl der Fälle über der fiktiven Punkterente. Zu einem
Rentenverlust in dem hier definierten Sinne kommt es weder bei verheirateten
Gering- und Durchschnittsverdienern mit Entgelten unterhalb von 3.220 € in 2013
noch bei verheirateten Höherverdienern oberhalb von 4.800 € in 2013.
Schätzungsweise zwei Drittel der Rentner werden zu diesen Verdienstgruppen
zählen.

Mit Rentenverlusten muss aber die Entgeltgruppe zwischen 3.220 € und 4.800 € in
2013 rechnen. Da das monatliche Durchschnittsentgelt der vollzeitbeschäftigten
Pflichtversicherten im Jahr 2001 z.B. in der VBL West bereits bei 2.776 € lag und im
Jahr 2013 bei 3.320 € liegen dürfte, ist somit auch noch ein relativ großer Teil der
klassischen Durchschnittsverdiener von Verlusten betroffen.

Zwar fallen die Rentenverluste bei den Verheirateten mit bis zu 53 € monatlich bzw.
bis zu 10 % der fiktiven Punkterente im Vergleich zu den Alleinstehenden noch relativ
gering aus. Dennoch ist ein Verlust auch in diesen Fällen nicht zu akzeptieren.
Selbstverständlich können auch die verheirateten ehemaligen Rentenfernen
erwarten, dass die tatsächliche ZVK-Zusatzrente zumindest so hoch ausfällt wie die
fiktive Punkterente.

55
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Tabelle 19: Rentenverluste für Verheiratete


(Jahrgang 1948, Beitragsdauer 40 Jahre, Eintritt in den öffentlichen Dienst am
1.7.1973, Rente ab 1.7.2013, verheiratet am 31.12.2001)

*) 0,7- bis 2,55faches Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung


**) fiktive Punkterente für die Zeit vom 1.7.1973 bis 1.7.2013
***) reale VBL-Zusatzrente brutto für am 31.12.2001 verheiratete Jahrgänge ab 1947

56
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

fiktive Punkterente und Zusatzrente (verheiratet)


in Abhängigkeit von Vielfachen des Entgelts/Monat von 2013

1.400 €
Punkterente bzw. Zusatzrente in Euro

1.200 €

1.000 € fiktive
Punkte-
rente
800 € Zusatz-
rente

600 €

400 €

200 €
7

5
0,

0,

0,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

1,

2,

2,

2,

2,

2,
Vielfaches des Entgelts/Monat von 2013

Grafik 16: Rentenverluste für Verheiratete


(Jahrgang 1948, Beitragsdauer 40 Jahre, Eintritt in den öffentlichen Dienst am
1.7.1973, Rente ab 1.7.2013, verheiratet am 31.12.2001)

2.3.2.3. Verluste bei mehr/weniger als 40 Jahren Pflichtversicherung

Bisher wurden alle bisherigen Berechnungen von Rentenverlusten auf den


Modellfall (Jahrgang 1948, 40 Pflichtversicherungsjahre bis zum Rentenbeginn am
1.7.2013, jährliche Entgeltsteigerungen wie in der gesetzlichen Rentenversicherung,
alleinstehend oder verheiratet am 31.12.2001) beschränkt.

In der Realität wird die Anzahl der tatsächlichen Pflichtversicherungsjahre mehr oder
weniger von den 40 Pflichtversicherungsjahren im Modellfall abweichen.
Insbesondere gibt es jüngere Rentenferne (zum Beispiel ab Jahrgang 1961), die
erfahrungsgemäß deutlich weniger Pflichtversicherungsjahre bis Ende 2001 erreicht
haben im Vergleich zu den älteren Rentenfernen (zum Beispiel Jahrgänge 1947 bis
1951). Andererseits kommen aber ältere Rentenferne teilweise auch auf 45 und mehr
Pflichtversicherungsjahre vom Eintritt in den öffentlichen Dienst bis zum
Rentenbeginn. Zudem wird die individuelle Entgeltentwicklung in der Regel von der
Entgeltentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung abweichen.

Die vorliegende Fülle von Originalfällen bestätigt jedoch die anhand des Modellfalls
gefundenen Ergebnisse. Nur als Beispiel werden im Folgenden drei reale und
geradezu typische Beispielfälle für am 31.12.2001 alleinstehende Rentenferne der
Jahrgänge 1947, 1949 und 1951 genannt, die relativ hohe Rentenverluste belegen.
Dabei werden im Gegensatz zum Modellfall auch Bonuspunkte für die Jahre 2005 bis
2010 berücksichtigt und evtl. Zuschläge auf die bisherige Startgutschrift wie im ersten
Originalfall (Jahrgang 1947).

57
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

133 € verliert der VBL-Zusatzrentner, der am 1.3.2012 in Rente ging, obwohl er einen
kleinen Zuschlag in Höhe von rund 8 € auf seine bisherige Startgutschrift und damit
auf seine Zusatzrente erhielt. Bereits 190 € Verlust sind es bei einem am 1.8..2014 in
Rente gehenden Rentner. Ebenfalls noch 110 € wird eine Angestellte einbüßen, die
im Jahr 2016 in Rente gehen wird. In diesen drei realen Fällen macht der monatliche
Verlust somit zwischen 19 und 26 % der bisherigen VBL-Zusatzrente aus (siehe die
folgende Tabelle).

Jahrgang fiktive tatsächliche Verlust Verlust in


Punkterente Zusatzrente in Euro Prozent
1947 704 € 571 € 133 € 19 %
1949 721 € 531 € 190 € 26 %
1951 491 € 381 € 110 € 22 %

Tabelle 20: Reale Verluste zwischen 19 und 26 %

Verlustberechnungen für jeden Betroffenen sind mit dem aktuellen frei verfügbaren
Rechner „Neue Punkterente“24 auf einfache Weise möglich. Man muss nur die ab
Eintritt in den öffentlichen Dienst erzielten Entgelte Jahr für Jahr eingeben und dann
die errechnete sogenannte fiktive Punkterente (mit Berücksichtigung von
Bonuspunkten) mit der tatsächlichen ZVK-Zusatzrente vergleichen.

Wer noch nicht in Rente ist, kann das Jahresentgelt für 2012 dem Gehaltsnachweis
der VBL entnehmen und das Jahresentgelt für das laufende Jahr 2013 aufgrund der
bereits beschlossenen Tariferhöhungen leicht selbst ausrechnen. Für die Jahre ab
2014 sollte aus Vorsichtsgründen das gleich hohe Gehalt wie für 2013 in den
Punkterente-Rechner eingegeben werden.

Der erste Originalfall (Jahrgang 1947 mit 133 € Verlust bei einem letzten monatlichen
Entgelt von 5.370 €) kommt dem Modellfall schon recht nahe, da dieser ZVK-
Zusatzrentner bis zum Rentenbeginn 39,17 Pflichtversicherungsjahre zurückgelegt
hatte. Wären es exakt 40 Pflichtversicherungsjahre gewesen bei einem Eintrittsalter
von 25 Jahren, hätte er keinen Zuschlag auf seine bisherige Startgutschrift erhalten.
Die tatsächliche Zusatzrente beträgt 0,27 % des letzten Entgelts pro Jahr.

Im zweiten Originalfall (Jahrgang 1949 mit 190 € Verlust bei einem Endgehalt von
monatlich 5.161 € wie in 2013) kommt der künftige Rentner auf 47,58
Pflichtversicherungsjahre, sofern er erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze von 65
Jahren und 3 Monaten in Rente geht. Der Rentenverlust steigt in diesem Fall auf 26
% der fiktiven Punkterente. Die ZVK-Zusatzrente macht nur 0,22 % des Endgehalts
pro Jahr aus.

Auf 42 Pflichtversicherungsjahre kommt die Angestellte im dritten Originalfall


(Jahrgang 1951 mit 110 € Verlust bei einem Endgehalt von monatlich 3.750 € wie in
2013). Da sie im Gegensatz zu den beiden ersten Originalfällen zur Gruppe der
Durchschnittsverdiener zählt, fällt der Verlust in Euro und in Prozent der fiktiven
Punkterente niedriger aus. Auch in diesem Fall liegt die tatsächliche ZVK-
Zusatzrente nur bei 0,24 % des Endgehalts pro Jahr.

24
http://www.startgutschriften-arge.de/7/Fischer_NPR.zip

58
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Bei sonst gleichbleibenden Annahmen (gleicher Geburtsjahrgang, gleiches Entgelt,
gleiche Entgeltentwicklung und gleicher Familienstand am 31.12.2001) wird der
Rentenverlust in Euro und in Prozent allein vom Eintrittsalter und damit von der
Anzahl der Pflichtversicherungsjahre bis zum Rentenbeginn bestimmt. Während sich
die fiktive Punkterente proportional zur Anzahl der Pflichtversicherungsjahre erhöht,
trifft dies auf die tatsächliche VBL-Zusatzrente nicht zu.

Überraschenderweise steigt die VBL-Zusatzrente bei mehr Jahren vom Eintritt bis
zum Rentenbeginn (zum Beispiel 45 statt 40 Pflichtversicherungsjahre) und
alleinstehenden Rentenfernen in der mittleren Entgeltgruppe nur unterproportional.
Der Grund liegt darin, dass der als Startgutschrift zum 31.12.2001 festgesetzte
Mindestbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG in Prozent des Entgelts von 2001
pro Pflichtversicherungsjahr sinkt, je höher die Anzahl der bis dahin erreichten
Pflichtversicherungsjahre ausfällt. Es gilt die Regel „Je mehr (weniger)
Pflichtversicherungsjahre bis Ende 2001, desto niedriger (höher) der Mindestbetrag
in Prozent“.

Statt beispielsweise 0,26 % p.a. bei 28,5 Pflichtversicherungsjahren bis 2001 und 40
Pflichtversicherungsjahren bis Rentenbeginn wie im Modellfall sind es nur noch 0,24
% p.a. bei 33,5 Pflichtversicherungsjahren bis 2001 und zugleich 45
Pflichtversicherungsjahren bis zum Rentenbeginn. Umgekehrt steigt der
Mindestbetrag auf rund 0,29 % p.a. des Entgelts in 2001, falls bis zu diesem
Zeitpunkt nur 23,5 und bis zum Rentenbeginn insgesamt 35
Pflichtversicherungsjahre anfallen. Bei nur 18,5 Pflichtversicherungsjahren bis Ende
2001 und insgesamt 30 Pflichtversicherungsjahren liegt der Mindestbetrag bei rund
0,31 % p.a.

Paradox, aber wahr: Lang gediente, alleinstehende Rentenferne mit deutlich mehr
als 40 Pflichtversicherungsjahren bis zum Rentenbeginn werden durch höhere
Rentenverluste bestraft gegenüber den alleinstehenden Rentenfernen, die erst relativ
spät in den öffentlichen Dienst eingetreten sind und daher beispielsweise nur auf
insgesamt 30 oder 35 Pflichtversicherungsjahre bis zum Rentenbeginn kommen.
Alleinstehende Höher- und Spitzenverdiener in der Jahrgangsgruppe 1947 bis 1956
können zudem mit einem Zuschlag auf ihre bisherige Startgutschrift rechnen, der den
Durchschnittsverdienern und Älteren unter den am 31.12.2001 Alleinstehenden
verweigert wird.

Da nahezu alle Alleinstehenden Rentenverluste erleiden und rund 25 % aller


Rentenfernen dieser Gruppe der zum 31.12.2001 ledigen, geschiedenen oder
verwitweten Pflichtversicherten angehören, muss jeder vierte ehemals Rentenferne
mit Verlusten rechnen. Hinzu kommt noch rund ein Drittel der verheirateten
Rentenfernen, die zur Gruppe der Durchschnittsverdiener zählt. Insgesamt wird also
die Hälfte aller ehemals rentenfernen Jahrgänge ab 1947 von Rentenverlusten
getroffen. Da die VBL für insgesamt 1,7 Mio. Rentenferne im Jahr 2002
Startgutschrift-Berechnungen erstellt, müssen also rund 800.000 ehemalige
Rentenferne mit Verlusten rechnen. Ihre VBL-Zusatzrente wird mehr oder minder
deutlich unter der fiktiven Punkterente liegen, die als Messlatte für eine „Mindest-
Zusatzrente“ zugrunde gelegt wird.

59
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Folgt man einer Studie von Fischer/Siepe25 vom Juli 2013, lässt sich
zusammenfassend sagen:

Das Leistungsniveau der ab 2002 eingeführten Punkterente wurde gegenüber dem


früheren Gesamtversorgungssystem um mindestens 20 % abgesenkt.
Pflichtversicherte, die erst ab 2002 in den öffentlichen Dienst eingetreten sind,
können nach 45 Pflichtversicherungsjahren noch mit eine Zusatzrente von insgesamt
18 % des Endgehalts bzw. 0,4 % pro Pflichtversicherungsjahr rechnen, falls die
Entgelte auch künftig um durchschnittlich 1,5 % pro Jahr steigen wie in den Jahren
von 2002 bis 2013.

Bei 40 Pflichtversicherungsjahren sinkt die Zusatzrente auf rund 15 % des


Endgehalts bzw. 0,38 % pro Jahr und bei nur 30 Pflichtversicherungsjahren auf
knapp 11 % des Endgehalts bzw. 0,36 % pro Jahr.

Für ehemals rentenferne Jahrgänge ab 1947, die bereits vor 2002 pflichtversichert
waren, müsste als absolute Untergrenze eine Mindest-Zusatzrente in Höhe der
fiktiven Punkterente vom Eintritt in den öffentlichen Dienst bis zum Rentenbeginn
garantiert werden. Sie würden dann so gestellt, als ob es die erst ab 2002
eingeführte Punkterente schon immer gegeben hätte. Diese spezielle Mindestrente
gibt es aber in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bis heute nicht.

Die fiktive Punkterente für den Jahrgang 1948 liegt nach 40


Pflichtversicherungsjahren bei knapp 14 % des monatlichen Endgehalts im Jahr
2013 bzw. 0,34 % pro Pflichtversicherungsjahr. Damit unterschreitet sie die
frühere Versorgungsrente, die für bis Ende 2001 in Rente gegangene ehemalige
Pflichtversicherte rund 0,5 % des Entgelts pro Jahr betrug, bereits um rund ein
Drittel.

Die tatsächliche Zusatzrente der VBL (Versorgungsanstalt des Bundes und der
Länder) setzt sich wie bei anderen Zusatzversorgungskassen aus der
Rentenanwartschaft zum 31.12.2001 (Startgutschrift) und der Rentenanwartschaft
vom 1.1.2002 bis zum Rentenbeginn (Punkterente) zusammen. Es handelt sich somit
um eine gemischte Zusatzrente, die je nach Familienstand am 31.12.2001 bei
ansonsten gleichem Versicherungsverlauf unterschiedlich hoch ausfällt.

Auch die Berücksichtigung von minimalen Bonuspunkten in den Jahren 2005 bis
2010 und evtl. Zuschlägen auf die bisherige Startgutschrift zum 31.12.2001 ändert
daran nichts. Tatsächlich wird die Differenz zwischen der ZVK-Zusatzrente für am
31.12.2001 Alleinstehende gegenüber den am 31.12.2001 Verheirateten dadurch
noch größer und die Verluste steigen insbesondere bei den am stärksten betroffenen
älteren alleinstehenden Rentenfernen (Jahrgänge 1947 bis 1958 und alleinstehend
am 31.12.2001) weiter an.

Völlig ungerechtfertigte Verluste ergeben sich immer dann, wenn die fiktive
Punkterente für die ehemals rentenfernen Jahrgänge ab 1947 sogar noch hinter der
tatsächlichen ZVK-Zusatzrente zurückbleibt. Die VBL hat den Stresstest beim
Vergleich von fiktiver Punkterente und errechneter Zusatzrente eindeutig nicht
bestanden, da die tatsächliche VBL-Zusatzrente bei rund der Hälfte der ehemals
rentenfernen Jahrgänge ab 1947, also bei rund 800.000 Betroffenen, mehr oder

25
http://www.startgutschriften-arge.de/6/Studie_Aktuelle_Verluste_Zusatzrente.pdf

60
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
minder deutlich unter der fiktiven Punkterente liegt und somit Rentenverluste
entstehen.

Nahezu alle Rentner, die am 31.12.2001 alleinstehend waren, sind von massiven
Rentenverlusten bis zu 27 % der fiktiven Punkterente betroffen. Die monatlichen
Verluste machen in der Spitze über 200 € aus. Jeder vierte ehemals Rentenferne war
am 31.12.2001 alleinstehend (ledig, geschieden oder verwitwet). Allein auf die
Gruppe der älteren Rentenfernen (Jahrgänge 1947 bis 1956) entfallen bei der VBL
mindestens 100.000 Alleinstehende, die Rentenverluste erleiden.

Drei Viertel der Rentenfernen war am 31.12.2001 verheiratet. Doch auch verheiratete
Rentenferne, deren Entgelte 15 bis 65 % über dem Durchschnittsentgelt in der
gesetzlichen Rentenversicherung liegen und die daher noch als
Durchschnittsverdiener in Höhe des Durchschnittsentgelts bei der VBL gelten,
müssen noch Rentenverluste bis zu 10 % der fiktiven Punkterente in Kauf
nehmen.

Schätzungsweise gehört jeder dritte verheiratete Rentenferne dieser


Einkommensgruppe an. Somit wird insgesamt die Hälfte aller ehemaligen
Rentenfernen von Rentenverlusten getroffen.

Auch bei Annahme einer höheren oder geringeren Anzahl von


Pflichtversicherungsjahren (zum Beispiel 45, 35 oder 30 statt wie im Standardfall 40
Jahre) ändert sich das Gesamtbild nur geringfügig.

In vielen Bereichen des Versorgungs-, Renten- und Steuerrechts gibt es


Günstigerregelungen. Danach wird von zwei möglichen Werten zugunsten des
Pensionärs, Rentners oder Steuerzahlers der jeweils höhere Wert festgesetzt.
Insbesondere in der Beamtenversorgung und beim neu eingeführten Altersgeld für
aus dem Dienst entlassene Bundesbeamte ist dies gang und gäbe.

Ausschließlich dadurch, dass eine solche Günstigerregelung beim Vergleich von


fiktiver Punkterente und tatsächlicher Zusatzente im Altersvorsorgetarifvertrag vom
1.3.2002 völlig fehlt, entstehen die nachgewiesenen Rentenverluste für rund die
Hälfte der ehemals rentenfernen Jahrgänge ab 1947. Es wäre ein Leichtes, diese
Regelungslücke im Zusatzversorgungsrecht zu schließen und den Betroffenen
Rentenverluste dadurch zu ersparen, dass ihnen zumindest die fiktive Punkterente
als Mindest-Zusatzrente gutgeschrieben wird.

Rentenverluste von über 25 % bzw. über 30 % beim Vergleich von fiktiver


Punkterente und tatsächlicher VBL-Zusatzrente könnten als Verstoß gegen den
Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB und damit als Härtefall gewertet
werden.

Gleiches gilt für alleinstehende Höherverdiener mit Entgelten über 80 % des


Durchschnittsentgelts in der gesetzlichen Rentenversicherung. Bei dieser Gruppe
liegt die tatsächliche VBL-Zusatzrente durchweg mehr als 30 % unter der
Zusatzrente für Verheiratete mit gleich hohem Entgelt. .In der Spitze beträgt der
Rentenverlust gegenüber am 31.12.2001 Verheirateten 36 %.

Dies stellt einen besonderen Härtefall dar, sofern die gesamte Erwerbsbiografie
weitgehend vom Familienstand „verheiratet“ geprägt war und die Wiederverheiratung

61
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
des zum Stichtag 31.12.2001 geschiedenen oder verwitweten ehemaligen
Rentenfernen bereits kurz nach diesem Stichtag erfolgte. Erste Urteile des
Oberlandesgerichts Karlsruhe haben bei der Gruppe von ehemals rentennahen
Jahrgängen bis 1946 in bestimmten Fallkonstellationen (Verlustquote über 30 % und
Wiederverheiratung innerhalb eines Zeitraums von weniger als drei Jahren) einen
Verstoß gegen § 242 BGB gesehen und den Betroffenen die höhere VBL-
Zusatzrente für am 31.12.2001 Verheiratete zuerkannt.

Ehemals rentenferne Jahrgänge ab 1947 sind in den letzten Jahren vor den
ordentlichen Gerichten damit gescheitert, die Mindestversorgungsrente nach § 44a
VBLS a.F. in Höhe von 0,4 % des Entgelts per 31.12.2001 pro
Pflichtversicherungsjahr oder eine Dynamisierung der Startgutschrift zu
erreichen. Gleiches gilt für die Forderung nach Wiedereinführung der sog.
Nachheiratklausel, wonach die Höhe der Zusatzrente vom Familienstand zum
Rentenbeginn und nicht zum 31.12.2001 abhängt. Auch diese Forderung wurde nicht
erfüllt, da der Bundesgerichtshof am 14.11.2007 das Stichtagsprinzip unter Berufung
auf den „Festschreibeeffekt“ bzw. die „Veränderungssperre“ endgültig abgesegnet
hat.

Es kann aber auf Dauer nicht sein, dass den ehemals rentenfernen Jahrgängen ab
1947 auch die fiktive Punkterente als absolute Untergrenze für ihre VBL-Zusatzrente
verweigert wird. Den Verfassern dieser Studie liegen Fälle von alleinstehenden
Rentenfernen vor, in denen die VBL-Zusatzrente auf nur noch 0,22 % des letzten
Entgelts pro Pflichtversicherungsjahr absinkt, also auf knapp 9 % nach 40 Jahren. Im
Vergleich zur früheren Gesamtversorgungsrente in Höhe von insgesamt 20 % nach
40 Pflichtversicherungsjahren ist dies eine Einbuße von sage und schreibe 56 %.

Die Forderung nach einer Mindest-Zusatzrente in Höhe der fiktiven Punkterente für
die Zeit vom Eintritt in den öffentlichen Dienst bis zum Rentenbeginn erhält daher
umso mehr Gewicht. Da aber nicht damit zu rechnen ist, dass die Tarifparteien von
sich aus noch eine spezielle Günstigerregelung in den Altersvorsorgetarifvertrag
einbauen, wird eine erneute Klagewelle der von Rentenverlusten betroffenen
Zusatzrentner ab Jahrgang 1947 unvermeidlich sein.

2.4. Ein Blick auf die Vergleichsberechnungen zu den


Startgutschriften
2.4.1. Vermischung von § 2 und § 18 BetrAVG

Zu Details sei verwiesen auf einen Standpunkt26.

Nach § 33 Abs. 1 Altersvorsorgetarifvertrag (ATV) berechnen sich die bisherigen


Startgutschriften für rentenferne Pflichtversicherte ab Jahrgang 1947 nach § 18 Abs.
2 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG). Dieser § 18 Abs. 2 BetrAVG ist
ursprünglich als Sonderregelung für vorzeitig aus dem öffentlichen Dienst
ausgeschiedene Arbeitnehmer gedacht. Er weicht daher grundsätzlich von § 2 Abs. 1
BetrAVG ab, der für das Ausscheiden von Arbeitnehmern aus einem Betrieb in der
Privatwirtschaft konzipiert ist.

26
http://www.startgutschriften-arge.de/3/SP_Keine_Zuschlaege_bei_Juengeren.pdf
62
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Die wesentlichen Unterschiede zwischen § 2 Abs. 1 und § 18 Abs. 2 BetrAVG


werden in der folgenden Kurzübersicht zusammengefasst:

§ 2 BetrAVG § 18 BetrAVG
Berechn.grundlage Vollrente (VR) Voll-Leistung (VL)
zeitratierl. Faktor Unverfallbarkeitsfaktor (UF) jährlicher Anteilssatz in % (AS)
Teilanspruch T T = VR x m/n T = VL x m/44,44…

Die Vollrente (VR) nach § 2 BetrAVG darf nicht mit der nur vom Wort her ähnlich
klingenden Voll-Leistung (VL) nach § 18 BetrAVG verwechselt werden, da es sich
um nicht vergleichbare Leistungen handelt.

Die erreichbare Vollrente (VR) nach § 2 BetrAVG berechnet sich nach der
möglichen Betriebszugehörigkeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur
Altersgrenze (siehe auch Beitrag „Unverfallbare Anwartschaft, Höhe“ von Volker
Matthießen27 in Beck-Rechtsberater „Altersvorsorge von A-Z“, Seite 408). Es handelt
sich also um eine individuell berechnete Rente, die vor allem vom Eintrittsalter und
damit von der möglichen Betriebszugehörigkeit (üblicherweise mit „n“ bezeichnet)
abhängt. Wer erst mit 45 Jahren in den Betrieb eintritt, kann bis zur früheren
Regelaltersgrenze von 65 Jahren nur maximal 20 Jahre Betriebszugehörigkeit
erreichen. 40 Jahre, also das Doppelte dieser Betriebszugehörigkeit, erreicht jedoch
ein Arbeitnehmer, der bereits mit 25 Jahren sein Arbeitsverhältnis begonnen hat. Bei
gleichen Gehältern liegt die Vollrente des mit 25 Jahren in den Betrieb eingetretenen
Arbeitnehmers daher auch doppelt so hoch wie die Vollrente des Späteinsteigers mit
45 Jahren.

Völlig anders ist die erreichbare Voll-Leistung (VL) in § 18 BetrAVG konzipiert, also
für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst. Unabhängig vom tatsächlichen Eintrittsalter
wird pauschal eine Pflichtversicherungszeit von 44,44… Jahren bis zum Erreichen
des vollendeten 65. Lebensjahres zugrunde gelegt. Für einen Späteinsteiger mit 45
Jahren ist die Voll-Leistung (VL) somit – anders als bei der Vollrente (VR) nach § 2
BetrAVG - genau so hoch wie für einen Arbeitnehmer mit einem Eintrittsalter von 25
Jahren.

Grundsätzlich wird die Voll-Leistung (VL) aus der Differenz zwischen maximaler
Nettogesamtversorgung (= 91,75 % des Nettoarbeitsentgelts) und gesetzlicher Rente
nach dem Näherungsverfahren (sog. Näherungsrente) ermittelt. Der
Höchstversorgungssatz von 91,75 % wird nach einer gesamtversorgungsfähigen Zeit
von 40 Jahren erreicht. Für die Berechnung der pauschalen Näherungsrente geht
man grundsätzlich von 45 Jahren Beitragsdauer aus. Da beide Werte –
Nettogesamtversorgung und Näherungsrente – nur abhängig vom
gesamtversorgungsfähigen Entgelt und der Steuerklasse berechnet werden, kommt
es auf die tatsächlich erreichbaren Pflichtversicherungsjahre und damit auf das
Eintrittsalter zunächst einmal gar nicht an.

Wenn aber die individuell errechnete Vollrente (VR) nach § 2 BetrAVG nicht mit der
pauschal ermittelten Voll-Leistung (VL) nach § 18 BetrAVG vergleichbar ist, muss

27
Günter Schaub,Volker Mathießen, Andreas Polster: Altersvorsorge von A-Z, dtv Verlag, München, April
2006, ISBN 978 3 423 056953

63
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
dies auch für den Vergleich von individuell berechnetem Unverfallbarkeitsfaktor nach
§ 2 BetrAVG mit dem pauschal ermittelten Anteilssatz von 2,25 % pro Jahr nach § 18
BetrAVG gelten.

Unter dem Unverfallbarkeitsfaktor versteht man grundsätzlich einen zeitratierlichen


Faktor, der beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers aus einem Betrieb in der
Privatwirtschaft berechnet wird, um den Teilanspruch auf eine Betriebsrente zu
ermitteln. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG entspricht dieser Teil „dem Verhältnis der
Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis
zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung“.

Das Verhältnis von tatsächlicher Betriebszugehörigkeit (üblicherweise mit „m“


bezeichnet) zu möglicher Betriebszugehörigkeit bis zur Altersgrenze (n) führt dann
zum Unverfallbarkeitsfaktor m/n. Man spricht auch von m/n-tel Verfahren (bzw.
Berechnung „pro rata temporis“), wenn man den Teilanspruch eines aus einem
Betrieb ausgeschiedenen Arbeitnehmers mit der mathematisch einfachen Formel

T = VR x m/n

ermitteln will (T = Teilanspruch, VR = erreichbare Vollrente, m/n =


Unverfallbarkeitsfaktor mit m = tatsächliche Betriebszugehörigkeit und n = mögliche
Betriebszugehörigkeit).

Die Einführung des Unverfallbarkeitsfaktors „entsprechend § 2 Absatz 2 Satz 1


BetrAVG“ anstelle des Anteilssatzes nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BetrAVG (siehe
Neuregelung in § 33 Abs. 1a, Nr. 1, Satz 1 ATV) ist ohne gleichzeitigen Bezug auf
die zugrunde liegende Voll-Leistung (VL) nach § 18 BetrAVG sinnlos. Es ergäbe
sich sonst die ökonomisch falsche Formel T = VL x m/n, bei der eine unzulässige
Vermischung von pauschal ermittelter Voll-Leistung (VL) mit individuell
berechnetem Unverfallbarkeitsfaktor (m/n) erfolgen würde.

Eintrittsalter m/n nach § 2 Anteilssatz nach § 18 Zuschlagsquote


(ZQ)*
21 Jahre 34/44 = 77,27 % 34 x 2,25 % = 76,50 % 1,0 %
22 Jahre 33/43 = 76,74 % 33 x 2,25 % = 74,25 % 3,4 %
23 Jahre 32/42 = 76,19 % 32 x 2,25 % = 72,00 % 5,8 %
24 Jahre 31/41 = 75,61 % 31 x 2,25 % = 69,75 % 8,4 %
25 Jahre 30/40 = 75 % 30 x 2,25 % = 67,5 % 11,1 %
26 Jahre 29/39 = 74,36 % 29 x 2,25 % = 65,25 % 14,0 %
27 Jahre 28/38 = 73,68 % 28 x 2,25 % = 63,00 % 17,0 %
28 Jahre 27/37 = 72,97 % 27 x 2,25 % = 60,75 % 20,1 %
29 Jahre 26/36 = 72,22 % 26 x 2,25 % = 58,50 % 23,5 %
30 Jahre 25/35 = 71,43 % 25 x 2,25 % = 56,25 % 27,0 %
31 Jahre 24/34 = 70,59 % 24 x 2,25 % = 54,00 % 30,7 %
32 Jahre 23/33 = 69,70 % 23 x 2,25 % = 51,75 % 34,7 %
33 Jahre 22/32 = 68,75 % 22 x 2,25 % = 49,50 % 38,9 %

Tabelle 21: Versorgungssätze und Zuschlagsquoten bei Jahrgang 1947


(geb. am 2.1.1947, da am 1.1.1947 Geborene noch rentennah sind)

*) Berechnung der Zuschlagsquote:


ZQ = (m/n – m x 0,225) : (m x 0,0225) = [[(m/n : (m x 0,0225)] - 1]] x 100

64
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Daran ändert sich auch nichts, wenn der Unverfallbarkeitsfaktor in § 33 Abs. 1a Nr. 1
Satz 2 ATV in Analogie zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG als Verhältnis von bis zum
31.12.2001 erreichten Pflichtversicherungsjahren zu den bis zum vollendeten 65.
Lebensjahr erreichbaren Pflichtversicherungsjahren „umdefiniert“ wird.

Die Auswirkung der Neuberechnung nach § 33 Abs. 1a Nr. 1 Sätze 1 und 2 ATV für
einen Anfang Januar 1947 geborenen Rentenfernen zeigt die Tabelle 21. Danach
würden sich je nach Eintrittsalter folgende Versorgungssätze (nach § 2 und § 18
BetrAVG) und Zuschlagsquoten errechnen lassen:

Die Einführung des Unverfallbarkeitsfaktors m/n nach § 2 BetrAVG anstelle des


Anteilssatzes nach § 18 BetrAVG würde also bei einem Eintrittsalter ab 21 Jahre zu
Zuschlägen bis zu rund 39 % auf den bisherigen Anteilssatz bei einem Eintrittsalter
von 33 Jahren führen. Entsprechend müssten dann auch die Zuschlagsquoten auf
die bisherige Startgutschrift von 1 % (Eintrittsalter 21 Jahre) bis auf 38,9 %
(Eintrittsalter 33 Jahre) steigen.

Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man den Unverfallbarkeitsfaktor m/n durch
die Anzahl der bis zum 31.12.2001 erreichten Pflichtversicherungsjahre (m) dividiert,
um den Unverfallbarkeitsfaktor pro Pflichtversicherungsjahr nach § 2 BetrAVG zu
ermitteln (also 1/n). Anschließend wird dann dieser Unverfallbarkeitsfaktor 1/n mit
dem Anteilssatz 1/44,44… (= 2,25 % pro Pflichtversicherungsjahr) nach § 18
BetrAVG verglichen und die Zuschlagsquote bei Ersatz der Berechnung in § 18
durch § 2 BetrAVG ermittelt (siehe Tabelle 22).

Eintrittsalter 1/n (nach § 2) 1/44,44... (nach § 18) Zuschlagsquote


(ZQ)*
21 Jahre 1/44 = 2,27 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 1,0 %
22 Jahre 1/43 = 2,33 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 3,4 %
23 Jahre 1/42 = 2,38 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 5,8 %
24 Jahre 1/41 = 2,44 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 8,4 %
25 Jahre 1/40 = 2,50 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 11,1 %
26 Jahre 1/39 = 2,56 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 14,0 %
27 Jahre 1/38 = 2,63 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 17,0 %
28 Jahre 1/37 = 2,70 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 20,1 %
29 Jahre 1/36 = 2,78 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 23,5 %
30 Jahre 1/35 = 2,86 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 27,0 %
31 Jahre 1/34 = 2,94 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 30,7 %
32 Jahre 1/33 = 3,03 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 34,7 %
33 Jahre 1/32 = 3,13 % p.a. 1/44,44 = 2,25 % p.a. 38,9 %

Tabelle 22: Zuschlagsquoten für m = 1


(konstante Zuschlagsquote unabhängig vom Jahrgang)

*) Berechnung der Zuschlagsquote ZQ:


ZQ = [(1/n - 1/44,44..) : (1/44,44..)] x 100 = [(1/n : 1/44,44..) - 1] x 100 = [(44,44.. : n) -1 ] x 100

Es leuchtet unmittelbar ein, dass die Arbeitgeberseite aus Kostengründen solch hohe
Zuschlagsquoten bei der Neuberechnung der rentenfernen Startgutschriften nicht
akzeptieren wollte. Immerhin hätte es bei einem Eintrittsalter von 33 Jahren einen
Zuschlag von rund 39 % auf die bisherige Startgutschrift gegeben. Und diese
Zuschlagsquote wäre bei einem Eintrittsalter von mehr als 33 Jahren noch weiter

65
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
angewachsen. Auf eine detaillierte Berechnung für Eintrittsalter von 34 bis 54 Jahre
wird aber an dieser Stelle verzichtet, da in diesen Fällen die
gesamtversorgungsfähige Zeit von 40 Jahren auch dann unterschritten wird, wenn
man alle Zeiten vom vollendeten 17. Lebensjahr bis zum Eintrittsalter zur Hälfte
berücksichtigen und zu den erreichbaren Pflichtversicherungsjahren (vom
Eintrittsalter bis zum vollendeten 65. Lebensjahr) hinzuzählen würde.

Tatsächlich wären solch hohe Zuschlagsquoten auch nicht gerechtfertigt, weil die
Bemessungsgrundlagen Vollrente (VL) nach § 2 BetrAVG und Voll-Leistung (VL)
nach § 18 BetrAVG dabei völlig außer acht gelassen würden. Es kommt aber immer
darauf an, auf welche Bemessungsgrundlage sich errechnete Prozentsätze
beziehen. Wenn man jedoch die Bemessungsgrundlagen ausblendet, ist der
Vergleich von individuellem Unverfallbarkeitsfaktor nach § 2 BetrAVG mit
pauschalem Anteilssatz nach § 18 BetrAVG wie ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen.

Wenn man schon „Unverfallbarkeitsfaktor“ mit „Anteilssatz“ vergleichen will, dann


auch gleichzeitig die tatsächliche Vollrente nach § 2 BetrAVG mit der nur fiktiven
Voll-Leistung nach § 18 BetrAVG. Erst das Zusammenspiel von
Unverfallbarkeitsfaktor und Vollrente einerseits („§ 2-Perspektive“) mit Anteilssatz
und Voll-Leistung andererseits („§ 18-Perspektive“) macht, wenn überhaupt, Sinn.

Der bloße Vergleich des Unverfallbarkeitsfaktors nach § 2 BetrAVG mit dem


Anteilssatz von 2,25 % pro Pflichtversicherungsjahr nach § 18 BetrAVG ist also
unsinnig. Der Unverfallbarkeitsfaktor bezieht sich auf die Vollrente für
individuell erreichbare Pflichtversicherungsjahre nach § 2 BetrAVG. Wer aber
beispielsweise nur 35 Pflichtversicherungsjahre bis zum 65. Lebensjahr erreichen
kann, müsste auch eine Kürzung um 12,5 % [= (1-35/40) x100 ] bei der Vollrente
gegenüber der Vollrente bei 40 erreichbaren Pflichtversicherungsjahren in Kauf
nehmen.

Die Voll-Leistung nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG wird jedoch grundsätzlich


nicht gekürzt. Dabei wird eine pauschal bzw. fiktiv erreichbare
Pflichtversicherungszeit von bisher 44,44.. Jahren unterstellt, was vom BGH
hinsichtlich der 44,44.. Pflichtversicherungsjahre bei längeren Ausbildungszeiten
bemängelt wurde. Auch wenn man die Anzahl der pauschal angenommenen
Pflichtversicherungsjahre auf beispielsweise 40 senken würde, bliebe die Voll-
Leistung in ihrer pauschalen Höhe bestehen.

Logisch richtig wäre also folgende Rechnung bei einem Eintrittsalter von
beispielsweise 30 Jahren:

Wenn man den Unverfallbarkeitsfaktor von beispielsweise 71,43 % (25/35) nach § 2


BetrAVG nur auf 87,5 % der Vollrente bezieht, errechnet sich nur ein Teilanspruch
von 62,5 % der ursprünglichen Vollrente (= 71,43 x 0,875). Dies wäre kompatibel mit
einem neuen Anteilssatz von 62,5 % (= 25 x 2,5 %) der Voll-Leistung nach § 18 Abs.
2 Nr. 1 BetrAVG.

Im Ergebnis käme also die gleiche Zuschlagsquote von 11,1 % auf die bisherige
Startgutschrift heraus, da der neue Versorgungssatz von 62,5 % den alten
Anteilssatz von 56,25 % (= 25 x 2,25 %) um 6,25 Prozentpunkte bzw. um 11,1 %
übersteigt. Die komplizierte Berechnung über den Unverfallbarkeitsfaktor und die
nach unten angepasste Vollrente wäre also völlig entbehrlich, wenn man direkt den

66
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
pauschalen Anteilssatz für alle Eintrittsalter ab 25 Jahre von 2,25 auf 2,5 % pro
Pflichtversicherungsjahr erhöhen würde.

Offensichtlich wollten die Tarifparteien jedoch eine Erhöhung des pauschalen


Anteilssatzes von 2,25 % pro Pflichtversicherungsjahr in jedem Fall vermeiden und
setzten daher auf den Unverfallbarkeitsfaktor. Wie unsinnig andererseits die
Einführung eines „reinen“ Unverfallbarkeitsfaktors m/n ohne gleichzeitige Kürzung
der Voll-Leistung wäre, zeigt das folgende stark vereinfachte Beispiel für ein
Eintrittsalter von 25 bis 45 Jahren:

Eintrittsalter m m/n nach § 2 Anteilssatz nach § 18 Zuschlag*


25 Jahre 10 Jahre 10/40 = 25 % 10 x 2,25 % = 22,5 % 11,1 %
30 Jahre 10 Jahre 10/35 = 28,6 % 10 x 2,25 % = 22,5 % 27,1 %
35 Jahre 10 Jahre 10/30 = 33,3 % 10 x 2,25 % = 22,5 % 48,0 %
40 Jahre 10 Jahre 10/25 = 40 % 10 x 2,25 % = 22,5 % 77,8 %
45 Jahre 10 Jahre 10/20 = 50 % 10 x 2,25 % = 22,5 % 122,2 %

Tabelle 23: Unverfallbarkeitsfaktor deutlich höher als Anteilssatz

*) Berechnung des Zuschlags in % des Anteilssatzes nach § 18 BetrAVG:


[ ((10/n) – 0,225) / 0,225) ] x 100 = [(10/n : 0,225) - 1] x 100

In diesem Fall läge der Unverfallbarkeitsfaktor bei einem Eintrittsalter von 45 Jahren
mehr als doppelt so hoch wie der Anteilssatz nach § 18 BetrAVG. Bei einem
Eintrittsalter von 25 Jahren wäre der Unverfallbarkeitsfaktor aber nur um 11,1 %
höher als der Anteilssatz.

Da die Zuschlagsquoten insbesondere bei Späteinsteigern mit einem Eintrittsalter


von mehr als 25 Jahren sehr hoch ausfallen und mit steigendem Eintrittsalter fast
explosionsartig ansteigen würden, kamen die Tarifparteien auf die Idee einer
pauschalen Kürzung des Unverfallbarkeitsfaktors sowie einer Kürzung der Voll-
Leistung bei einem Eintrittsalter von mehr als 33 Jahren

Der grundsätzliche Konstruktionsfehler, den zu § 2 BetrAVG analogen


Unverfallbarkeitsfaktor auch zur Neuberechnung der rentenfernen Startgutschriften
zu nutzen, ist mit solchen mehr oder minder willkürlichen Operationen allerdings nicht
aus der Welt zu schaffen.

2.4.2. Pauschale Kürzung des Unverfallbarkeitsfaktors

Zu Details sei verwiesen auf einen Standpunkt28 und die Systemfehlerstudie von
Fischer/Siepe29.

Ein eher unscheinbarer Satz 3 in § 33 Abs. 1a Nr. 1 ATV führt zu erheblichen


Auswirkungen und zu einer Falle, die jüngere Jahrgänge (insbesondere ab 1961
geborene Rentenferne) gegenüber älteren Jahrgängen (zum Beispiel in 1947 bis
1951 geborene Rentenferne) massiv benachteiligt. Dort heißt es:

28
http://www.startgutschriften-arge.de/3/SP_Keine_Zuschlaege_trotz_laengerer_Ausbildung.pdf
29
http://www.startgutschriften-arge.de/6/Systemfehler_Langfassung.pdf

67
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
„Der sich danach ergebende Vomhundertsatz wird auf zwei Stellen nach dem Komma gemeinüblich
gerundet und um 7,5 Prozentpunkte vermindert“ (siehe § 33 Abs. 1a Nr. 1 Satz 3 ATV)

Unter dem sich aus § 33 Abs. 1 a Nr. 1 Sätze 1 bis 2 ergebenden Vomhundertsatz ist
der Unverfallbarkeitsfaktor m/n (bis zum 31.12.2001 erreichte
Pflichtversicherungsjahre dividiert durch bis zum 65. Lebensjahr erreichbare
Pflichtversicherungsjahre) zu verstehen. Also wird dieser spezielle
Unverfallbarkeitsfaktor nach Satz 3 noch um 7,5 Prozentpunkte vermindert.

Die Tarifeinigung über eine willkürliche Kürzung des Unverfallbarkeitsfaktors um 7,5


Prozentpunkte nach § 33 Abs. 1a ATV führt nun dazu, dass alle Rentenfernen mit
einem Eintrittsalter bis zu 25 Jahre sowie alle Rentenfernen ab Jahrgang 1961 von
einem Zuschlag kategorisch ausgeschlossen werden. Potentielle
„Zuschlagskandidaten“ befinden sich daher nur noch in der Gruppe der sogenannten
Späteinsteiger mit einem Eintrittsalter von mehr als 25 Jahren, sofern sie zur
Jahrgangsgruppe 1947 bis 1960 gehören. Das lässt sich mit der notwendigen
Zuschlagsbedingung (m/n – 0,075 – m x 0,0225 > 0) sogar mathematisch beweisen30
(siehe auch Anlage B).

Eintrittsalter in Jahren
Jg. 25 26 27 28 29 30 31 32 33
1947 0% 2,5% 5,1% 7,8% 10,6% 13,7% 16,8% 20,2% 23,7%
1948 0% 2,1% 4,6% 7,3% 10,1% 13,1% 16,2% 19,5% 23,0%
1949 0% 1,6% 4,1% 6,8% 9,6% 12,5% 15,6% 18,8% 22,2%
1950 0% 1,1% 3,6% 6,2% 9,0% 11,8% 14,8% 18,0% 21,3%
1951 0% 0,6% 3,1% 5,6% 8,3% 11,1% 14,1% 17,1% 20,4%
1952 0% 0,1% 2,5% 5,0% 7,6% 10,3% 13,2% 16,2% 19,3%
1953 0% 0,0% 1,8% 4,2% 6,8% 9,4% 12,2% 15,1% 18,1%
1954 0% 0,0% 1,1% 3,5% 5,9% 8,5% 11,1% 13,8% 16,7%
1955 0% 0,0% 0,3% 2,6% 4,9% 7,4% 9,9% 12,5% 15,1%
1956 0% 0,0% 0,0% 1,6% 3,8% 6,2% 8,5% 10,9% 13,2%
1957 0% 0,0% 0,0% 0,5% 2,6% 4,8% 6,9% 9,0% 11,1%
1958 0% 0,0% 0,0% 0% 1,2% 3,2% 5,1% 6,9% 8,6%
1959 0% 0,0% 0,0% 0% 0% 1,3% 2,9% 4,4% 5,6%
1960 0% 0,0% 0,0% 0% 0% 0% 0,4% 1,3% 1,9%
1961 0% 0,0% 0,0% 0% 0% 0% 0% 0% 0%

Tabelle 24: Zuschlagsquoten bei Kürzung von m/n um 7,5 Prozentpunkte


(Kompromissvorschlag laut Tarifeinigung vom 30.5.2011)

*) geboren zu Anfang des jeweiligen Jahres (z.B. 1.1.1948)

Berechnung der Zuschlagsquote:

ZQ = [m/n – 0,075 – (m x 0,0225)] : (m x 0,0225)


= [[(m/n – 0,075) : (m x 0,0225)] - 1]] x 100

z.B. Person geb. 01.01.1948 Eintrittsalter: 30 Jahre, dann folgt: m=24, n=35, ZQ=13,1%

30
F.Fischer/W. Siepe: TdL - Vergleichsmodell mit willkürlichem Abzug wird Wirklichkeit, Juli 2011
http://www.startgutschriften-arge.de/3/SP_TdL_Willkuerlicher_Abzug.pdf

68
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Aber auch in der übrig gebliebenen Jahrgangsgruppe mit Späteinstieg (Eintrittsalter
von 26 bis 33 Jahre) sind die Auswirkungen der Neuregelung höchst bemerkenswert:
Bei gleichem Eintrittsalter sinken die Zuschlagsquoten, je jünger die Späteinsteiger
sind. Beispiel: Bei einem Eintrittsalter von 30 Jahren sinkt die Zuschlagsquote von
13,1 % beim Jahrgang 1947 auf nur noch 1,3 % beim Jahrgang 1958. Es gilt also
hinsichtlich der Zuschlagsquote die ungeschriebene Regel: „Je jünger, desto
weniger“.

Darüber hinaus verschiebt sich das Eintrittsalter, ab dem ein Zuschlag überhaupt
möglich ist, für jüngere Jahrgänge immer mehr. Beim Jahrgang 1947 gibt es einen
möglichen Zuschlag bei einem Eintrittsalter von 26 Jahren, bei jüngeren Jahrgängen
aber erst später (ab 27 Jahre bei Jahrgang 1952, ab 28 Jahre bei Jahrgang 1955, ab
29 Jahre bei Jahrgang 1957, ab 30 Jahre bei Jahrgang 1958 und ab 31 Jahre bei
Jahrgang 1959). Wer am 31.12.1960 oder später geboren ist, geht beim Zuschlag
leer aus.

Wie die Zuschlagsquoten für jüngere Späteinsteiger bei einem Eintrittsalter von 26
bis 33 Jahren sinken, zeigt die Grafik 17.

Stefan Hebler, Referent bei der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und Autor
des Artikels in ZTR 9/201131 kommentiert die Wirkungen des von ihm im Dezember
2010 den Tarifparteien vorgestellten und am 31.05.2011 verabschiedeten
Vergleichsmodells mit den Worten: Verbesserungen werden sich „überwiegend bei
Beschäftigten ergeben, die bei Einstellung älter als 24 und bei Systemwechsel
älter als 40 Jahre waren“.

Richtigerweise und vor allem klarer hätte es in seinem Kommentar heißen müssen:

Zuschläge sind überhaupt nur möglich ab einem Eintrittsalter von mehr als 25 Jahren
und bei Jahrgängen bis 1960. Für Späteinsteiger mit einem Eintrittsalter von 26 bis
33 Jahren gilt die Regel: „Je jünger (älter) der rentenferne Pflichtversicherte, desto
niedriger (höher) fällt der evtl. Zuschlag aus“. Bei gleichem Eintrittsalter sinkt der
Unverfallbarkeitsfaktor für jüngere Späteinsteiger und sie erhalten eine geringere
Zuschlagsquote im Vergleich zu älteren Späteinsteigern.

Das ist sogar ganz einfach nachzuweisen (siehe Anhang B3 (Orientierungsrahmen 3)

31
S. Hebler: Zusatzversorgung – Verbesserung bei den Startgutschriften für Späteinsteiger, ZTR,
Zeitschrift für Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes, Heft 9/2011, 534-538

69
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Grafik 17: Wie die Zuschlagsquoten für jüngere Späteinsteiger sinken

Jüngere Jahrgänge werden somit durch die Neuregelung nach § 33 Abs. 1a ATV
eindeutig diskriminiert. Gegenüber älteren Jahrgängen (z.B. 1947) erhalten sie bei
identischem Eintrittsalter geringere Zuschlagsquoten und gehen spätestens ab
Jahrgang 1961 bei der Zuschlagsberechnung in jedem Falle leer aus. Wer Ende
1959 geboren ist, muss bereits bei einem Eintrittsalter von 26 bis 30 Jahren auf einen
Zuschlag verzichten. Der Grund für diese deutliche Benachteiligung von jüngeren
Jahrgängen liegt vor allem in der willkürlichen Kürzung des Unverfallbarkeitsfaktors
um 7,5 Prozentpunkte.

Daraus resultiert die absurde Wirkung, dass die Höhe der Zuschläge und
Zuschlagsquoten nicht nur vom Eintrittsalter, sondern ganz wesentlich auch vom
Geburtsjahrgang abhängig ist.

Eine solche „Jahrgangsabhängigkeit“ wird aber im BGH-Urteil vom 14.11.2007


(Az. IV ZR 74/06) überhaupt nicht erwähnt. Dort ist ausschließlich von Rentenfernen
mit längeren Ausbildungszeiten die Rede, was die Tarifparteien dann mit dem Begriff
„Späteinsteiger“ übersetzt haben. Die am Verhandlungstermin am 14.11.2007
teilnehmenden Rechtsanwälte und Verfasser dieser Studie können sich auch nicht
erinnern, dass die Differenzierung zwischen älteren und jüngeren Späteinsteigern bei
den für die VBL und den Revisionskläger vortragenden Rechtsanwälten bzw. bei den
Richtern irgendeine Rolle spielte.

Die Tarifparteien haben den Unverfallbarkeitsfaktor jedoch als Grundlage für ihre
Tarifeinigung genommen und diesen auch noch willkürlich um 7,5 Prozent gekürzt.
Dadurch sind jüngere Jahrgänge in die Jahrgangsfalle geraten. Diese
Jahrgangsfalle lässt sich auf dreifache Weise beschreiben:

70
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Jahrgangsfalle

 Je jünger, desto geringer die Zuschlagsquote bei gleichem Eintrittsalter (z.B. beim
Eintrittsalter 30 Jahre: nur 1,3 % bei Jahrgang 1959 im Vergleich zu 13,7 %
Zuschlagsquote bei Jahrgang 1947)
 Je jünger, desto später muss das Eintrittsalter für einen möglichen Zuschlag
liegen (z.B. ab 30 Jahre für Jahrgang 1959, aber bereits ab 26 Jahre für
Jahrgang 1947)
 Kein Zuschlag ab Jahrgang 1961

Nicht mehr die Länge der Ausbildungszeiten bzw. das Eintrittsalter ist das
entscheidende Kriterium für die Höhe des Zuschlags und der Zuschlagsquote,
sondern der Geburtsjahrgang. Dies heißt für Späteinsteiger: „Je jünger, desto
schlechter sind die Aussichten auf einen Zuschlag“.

Es ist schon ein Hohn, wenn die VBL in ihren Informationen zur Neuregelung unter
www.vbl.de/startgutschriften auf die Frage „Warum muss der Unverfallbarkeitsfaktor
um mehr als 7,5 Prozentpunkte höher sein als der bisherige Vomhundertsatz?“
antwortet: „Die Tarifvertragsparteien haben diese Grenze festgelegt, um möglichst
zielgenau eine Nachbesserung bei Späteinsteigern zu erreichen“.

Wer um das Gefeilsche über die Höhe des Abzugs vom Unverfallbarkeitsfaktor weiß
– die Arbeitgeber forderten ursprünglich einen Abzug um 10 Prozentpunkte, die
Gewerkschaften hielten anfangs mit „nur“ 5 Prozentpunkten dagegen - , würde eine
wirklichkeitsnähere Antwort auf diese Frage geben. Tatsächlich war es ein
„Kuhhandel“ bzw. ein „Tarifbasar“, der zur willkürlichen Kürzung des
Unverfallbarkeitsfaktors um schließlich 7,5 Prozentpunkte führte. Es ging aus
Arbeitgebersicht allein darum, die Mehrkosten für die Neuregelung so niedrig wie
möglich zu halten.

Eine ausführliche Darstellung der Systemfehler der Neuordnung der


Zusatzversorgung für rentenferne Pflichtversicherte findet man in der „Systemfehler“-
Studie32 der Autoren Fischer/Siepe vom November 2012.

32
http://www.startgutschriften-arge.de/6/Systemfehler_Langfassung.pdf

71
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Anlage A
Anlage A1: Exkurs zu Mindestrente, Formelbetrag, Mindeststartgutschrift
aus der Systemfehlerstudie33, Kap. 1.7:

In der Neuregelung der rentenfernen Startgutschriften wird auf die Existenz von
Mindestwerten (Mindestrente nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG und
Mindeststartgutschrift nach § 9 Abs. 2 ATV) überhaupt nicht eingegangen. Es geht
ausschließlich um die Frage, ob die neue Anwartschaft nach § 33 Abs. 1a ATV höher
ist als die Anwartschaft nach § 33 Abs. 1 ATV (siehe § 33 Abs. 1a Hauptsatz 2 ATV).
Da die Anwartschaft nach § 33 Abs. 1 ATV aber identisch ist mit der bisherigen
Startgutschrift, die auch durch die Mindestrente oder Mindeststartgutschrift bestimmt
werden kann, ergibt sich folgende Konsequenz:

Liegt die neue Anwartschaft (im Folgenden auch als „neuer Formelbetrag“
bezeichnet) zwar über dem alten Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG,
aber unter der Mindestrente oder Mindeststartgutschrift, gibt es keinen
Zuschlag. Dies trifft fast ausschließlich am 31.12.2001 alleinstehende
Rentenferne, bei denen die bisherige Startgutschrift bei
gesamtversorgungsfähigen Entgelten bis 4.500 € nicht vom Formelbetrag nach
§ 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG, sondern von einem Mindestwert (Mindestrente oder
Mindeststartgutschrift) bestimmt wird.

Dazu eine Begriffserklärung aus ökonomisch-mathematischer und rechtlicher Sicht:

alter Formelbetrag
= Berechnung der anteiligen Voll-Leistung (= Nettogesamtversorgung minus
Näherungsrente) mit dem Anteilssatz von 2,25 % pro erreichtem
Pflichtversicherungsjahr bis Ende 2001 nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG

Mindestrente
= Mindestbetrag von jeweils 0,375 % des tatsächlich erzielten Entgelts für jedes
Pflichtversicherungsjahr während der gesamten Pflichtversicherungszeit bis Ende
2001 nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG (Höhe hängt von den tatsächlich erzielten
Entgelten einschließlich der tatsächlichen Entgeltentwicklung sowie der Anzahl der
erreichten Pflichtversicherungsjahre bis Ende 2001 ab)

Mindeststartgutschrift
= Startgutschrift von 7,36 € pro vollem Pflichtversicherungsjahr, wenn bis Ende 2001
insgesamt mindestens 20 volle Pflichtversicherungsjahre erreicht wurden nach (§ 9
Abs. 3 ATV)

neuer Formelbetrag (bzw. neue Anwartschaft nach § 33 Abs. 1a ATV)


= Berechnung einer neuen anteiligen Voll-Leistung gem. Neuregelung nach § 33
Abs. 1a ATV, wenn der Unverfallbarkeitsfaktor nach Abzug von 7,5 Prozentpunkten
höher ist als der bisherige Anteilssatz nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG

33
http://www.startgutschriften-arge.de/6/Systemfehler_Langfassung.pdf

72
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Alter und neuer Formelbetrag können immer genau beispielsweise mit dem
„Fischer-Zuschlagsrechner“ (zitiert a.a.O) berechnet werden.

Die Mindeststartgutschrift setzt 20 volle bis zum 31.12.2001 erreichte


Pflichtversicherungsjahre voraus und wird bei durchgehender Vollzeitbeschäftigung
wie folgt berechnet: 7,36 € x Anzahl der erreichten Pflichtversicherungsjahre (m). Bei
Teilzeitbeschäftigung wird der Satz von 7,36 € für ein volles Pflichtversicherungsjahr
entsprechend dem sog. Gesamtbeschäftigungsquotient vermindert.

Die Berechnung der exakten Mindestrente setzt voraus, dass auch sämtliche in der
Pflichtversicherungszeit bis Ende 2001 erzielten Entgelte des rentenfernen
Pflichtversicherten genau bekannt sind. Dazu müssten die originalen
Versicherungszeiten und –entgelte z.B. aus dem alten Startgutschriftbescheid
vorliegen.

Man kann sich jedoch auch anders behelfen. Die näherungsweise Mindestrente
(bzw. Mindestrente p.a.) kann man ermitteln unter der Voraussetzung, dass sich die
Entgelte prozentual genau so entwickelt haben wie die tariflich vereinbarten Entgelte.
Nach Analyse einer Vielzahl von tatsächlichen Entgelt- und Versicherungsverläufen
lag die tatsächliche Mindestrente p.a. der rentenfernen Pflichtversicherten in aller
Regel unter der auf diese Weise ermittelten Mindestrente p.a.. Dies ist hauptsächlich
durch Entgeltsprünge infolge eines beruflichen Aufstiegs bedingt, da längere
Anfangszeiten mit deutlich niedrigeren Entgelten das Niveau der Mindestrente weiter
nach unten drücken. Es gilt die Beziehung: Mindestrente = Mindestrente p.a. x
Anzahl m der bis 31.12.2001 erreichten ZVK – Pflichtversicherungsjahre.

Letztlich sind also bis zu vier unterschiedliche Werte (alter Formelbetrag,


Mindestrente, Mindeststartgutschrift, neuer Formelbetrag) zu ermitteln, um eine
Aussage darüber zu treffen, ob die neue Startgutschrift über der bisherigen
Startgutschrift liegt und somit ein Zuschlag erfolgt. Liegt der neue Formelbetrag nach
§ 33 Abs. 1a ATV unter der bisherigen Startgutschrift, ändert sich die Startgutschrift
nicht (sog. Bestandsschutz).

Grundsätzlich wurde die bisherige Startgutschrift aus dem höchsten der drei Werte
(alter Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG, Mindestrente nach § 18 Abs.
2 Nr. 4 BetrAVG, evtl. Mindeststartgutschrift nach § 9 Abs. 3 ATV bei mindestens
20 vollen Pflichtversicherungsjahren bis Ende 2001) errechnet. Da bei am
31.12.2001 alleinstehenden Rentenfernen der nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG
ermittelte Formelbetrag in den meisten Fällen unter den Mindestwerten (Mindestrente
bzw. Mindeststartgutschrift) lag, war die bisherige Startgutschrift bei Alleinstehenden
identisch mit der Mindestrente bzw. –startgutschrift und lag oft deutlich über dem
Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG.

Ein Zuschlag auf den alten Formelbetrag, der durch die nach den Nummern 1 und 2
von § 33 Abs. 1a ATV ermittelte höhere Anwartschaft zustande kommt, nützt den
Alleinstehenden aber nichts, wenn der neue Formelbetrag immer noch unter der
Mindestrente bzw. der Mindeststartgutschrift liegt. Genau dies ist bei alleinstehenden
Durchschnittsverdienern immer der Fall. Daran ändert sich auch nichts, wenn sie
Späteinsteiger sind und erst mit beispielsweise 33 Jahren oder später in den
öffentlichen Dienst eintreten. Es bleibt also dann bei der bisherigen Startgutschrift,
obwohl der neue Formelbetrag nach § 33 Abs. 1a ATV über dem alten Formelbetrag
nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG liegt.

73
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Ausgerechnet diese Gruppe der alleinstehenden Rentenfernen, die bereits nach § 33


Abs. 1 ATV i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG zu den Hauptbetroffenen der
rentenfernen Startgutschriften zählt, gehört auch zu den Hauptbetroffenen nach der
Neuregelung in § 33 Abs. 1a ATV, d.h. der neuen Zuschlagsregelung.

Dies hat zur Folge, dass auch ein durch den Zuschlag erhöhter Formelbetrag nach §
18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG in fast allen Fällen noch unter den Mindestwerten und damit
unter den bisherigen Startgutschriften bleibt. Diese alleinstehenden Normal- und
Höherverdiener gehen also auch dann leer aus, wenn sie relativ spät in den
öffentlichen Dienst eingetreten sind und dadurch deutlich weniger als 40
Pflichtversicherungsjahre bis zum vollendeten 65. Lebensjahr erreichen können.

74
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Anlage A2: Mindestrente p.a.

Die Berechnung der exakten Mindestrente nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 setzt voraus,
dass auch sämtliche in der Pflichtversicherungszeit bis Ende 2001 erzielten Entgelte
des rentenfernen Pflichtversicherten genau bekannt sind. Dazu müssten die
originalen Versicherungszeiten und –entgelte z.B. aus dem alten
Startgutschriftbescheid vorliegen.

Man kann sich jedoch auch anders behelfen. Die näherungsweise Mindestrente
(bzw. Mindestrente p.a.) kann man ermitteln unter der Voraussetzung, dass sich die
Entgelte prozentual genau so entwickelt haben wie die tariflich vereinbarten Entgelte.

Tabelle: Mindestrente in Prozent p.a. Pflichtversicherungszeit

75
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Nach Analyse einer Vielzahl von tatsächlichen Entgelt- und Versicherungsverläufen
lag die tatsächliche Mindestrente p.a. der rentenfernen Pflichtversicherten in aller
Regel unter der auf diese Weise ermittelten Mindestrente p.a.. Dies ist hauptsächlich
durch Entgeltsprünge infolge eines beruflichen Aufstiegs bedingt, da längere
Anfangszeiten mit deutlich niedrigeren Entgelten das Niveau der Mindestrente weiter
nach unten drücken. Es gilt die Beziehung:

Mindestrente = [Mindestrente in % p.a. x


Anzahl m der bis 31.12.2001
erreichten ZVK – Pflichtversicherungsjahre] x gvE.

Beispiel: m=29, gvE = 5.000 €; Faktor zur Mindestrente p.a. = 0,2503


[(29 x 0,2503/100)] x gvE = 362,98 €

Siehe dazu auf weitere Infos in den Materialien 34 und 35.

34
http://www.startgutschriften-arge.de/6/Systemfehler_Langfassung.pdf (Seite 48)
35
http://www.startgutschriften-arge.de/3/SP_Keine_Zuschlaege_bei_Alleinstehenden.pdf (Seite 20ff, dort
Abbildung 5 und Tabelle 7)

76
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Anhang B: (formale Bedingungen für einen Zuschlag)


Anhang B1: Notwendige Bedingung für einen Zuschlag zur Startgutschrift
Gemäß der jeweils neuesten ZVK – Satzung erfolgt eine Vergleichsberechnung der
Versorgungssätze (v.H. Sätze) nach § 18 BetrAVG und § 2 BetrAVG
(Unverfallbarkeitsfaktor).

Es findet also nach Wunsch der Satzungsgeber eine Vermischung des


Unverfallbarkeitsfaktors nach § 2 BetrAVG mit der übrigen Formel nach § 18
BetrAVG statt, die bis zur Berechnung der Voll-Leistung nicht geändert wird. Ferner
werden 7,5 % vom Unverfallbarkeitsfaktor abgezogen.

Die aktuellen ZVK - Satzungen, die diesen Vergleich aufgenommen haben, sind
bisher noch nicht einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen worden.

Es gibt inzwischen eine kostenlose, unabhängige und sehr schnelle


Nachprüfungsmöglichkeit der rentenfernen Startgutschrift incl. der
Zuschlagsberechnung wie auch einer rentennahen Startgutschrift:

http://www.startgutschriften-arge.de/7/Fischer_STG.zip
http://www.startgutschriften-arge.de/7/Fischer_ZV.zip

Kleiner Exkurs:

Die Satzungsgeber machen einen Vergleich von Versorgungsprozentsätzen nach §


18 BetrAVG und § 2 BetrAVG.

Der Versorgungsprozentsatz nach § 18 BetrAVG beträgt 2,25 % pro Jahr der


Pflichtversicherung. Nach 44,44…. Jahren wären 100 % erreicht (oder anders:
100/44,44.. = 2,25 Punkte pro Jahr)

Man vergleicht nach § 18 BetrAVG den Quotienten aus erreichten


Pflichtversicherungsjahre (m) und 44.44.. <m/44,44..>

mit einem Quotienten nach § 2 BetrAVG (Unverfallbarkeitsquotient) aus (m) und bis
zum 65.+0 LJ theoretisch erreichbaren Pflichtversicherungsjahre (n), <m/n>

Also: m/44,44.. < m/n oder m*100/44,44.. < 100*m/n


Oder m*2.25 < 100*m/n oder 0,0225*m < m/n

Die Satzungsgeber haben festgelegt, dass der Versorgungsprozentsatz nach § 2


BetrAVG um 7,5 Prozentpunkte vermindert werden und erst dann ein Vergleich mit
dem erdienten Versorgungsprozentsatz nach § 18 BetrAVG stattfindet:

Zuschlag nach Willen der Satzungsgeber nur dann, wenn

0,0225*m < m/n – 0,075 oder m/n – 0,0225*m – 0.075 > 0 (wenn n>=32)

Das ist die notwendige Zuschlagsbedingung für n>=32.

77
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Grundsätzlich gilt: Ist der rentenferne Pflichtversicherte bis zum vollendeten 33.
Lebensjahr in den öffentlichen Dienst eingetreten, wird die pauschale Voll-Leistung
nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG nicht gekürzt. Späteinsteiger mit einem Eintrittsalter
von 26 bis 33 Jahren kommen somit in den „Genuss“ eines gegenüber dem
Anteilssatz nach § 18 BetrAVG deutlich höheren Unverfallbarkeitsfaktors nach Abzug
von 7,5 Prozentpunkten. Die bisher nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG ermittelte Voll-
Leistung ändert sich also nicht.

Nur in Sonderfällen mit einem Eintrittsalter von mehr als 33 Jahren erfolgt eine
Kürzung der Voll-Leistung. Sicherlich stellen rentenferne Pflichtversicherte, die erst
nach vollendetem 33. Lebensjahr in den öffentlichen Dienst eingetreten sind, die
Ausnahme dar. In diesem eher atypischen Fall sind also weniger als 32
Pflichtversicherungsjahre bis zum Rentenbeginn erreichbar.

Die notwendige Bedingung für einen Zuschlag wird zwar bei fast allen
Späteinsteigern der Jahrgänge 1947 bis 1960 mit einem Eintrittsalter von mehr als 33
Jahren erfüllt, da der Unverfallbarkeitsfaktor auch nach Abzug von 7,5
Prozentpunkten mehr oder minder deutlich über dem Anteilssatz nach § 18 Abs. 2
Nr. 1 BetrAVG liegt.

Allerdings wird eine hochkomplizierte Zusatzberechnung fällig, an deren Ende eine


gekürzte Voll-Leistung steht, auf die dann der höhere Berechnungssatz
(Unverfallbarkeitsfaktor minus 7,5 Prozentpunkte) angewandt wird.

78
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Anhang B2: Notwendige Bedingung Zuschlag zur Startgutschrift (mathem.


Analyse)
Mathematische Analyse des sog. „Hebler“-Effekts (siehe § 33 Abs.1a Satz 1 Nr. 1 und 2
ATV)

Unverfallbarkeitsfaktor nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG


./. 7,5 Prozentpunkte
./. vom-Hundert-Satz nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BetrAVG
= Abweichung nach Abzug von 7,5 Prozentpunkten

also:
A = m/n – 0,075 – m x 0,0225

mit A = Abweichung nach Abzug von 7,5 Prozentpunkten


m/n = Unverfallbarkeitsfaktor in % nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG
m = bis zum 31.12.2001 erreichte Pflichtversicherungsjahre
n = bis zum vollendeten 65. Lebensjahr erreichbare Pflichtversicherungsjahre
- 0,075 = Abzug von 7,5 Prozentpunkten
m x 0,0225 = bis zum 31.12.2001 erreichte Pflichtversicherungsjahre x Anteilssatz nach § 18
Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BetrAVG

Division von A durch m ergibt:

1/n – 0,075/m – 0,0225 = 1/n – 0,0225 – 0,075/m

notwendige Bedingung für einen Zuschlag ist:


1/n – 0,0225 – 0,075/m > 0 bzw. 1/n – 0,0225 > 0,075/m

Fallunterscheidungen:

1.) n ≥ 40  m < 30: 1/n – 0,0225 = max. 0,0025 und 0,075/m > 0,0025, also ist die
notwendige Bedingung nicht erfüllt, Zuschlag auf bisherige Startgutschrift ist
ausgeschlossen

2.) 32 < n < 40: Zuschlag auf Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG möglich,
falls 1/n – 0,0225 > 0,075/m mit n = m + 10 + J – 1947 + M/12,
J = Geburtsjahrgang (1947 bis 1961) und M = Geburtsmonat (1 für Jan. bis 12 für
Dez.)

3.) n < 32: Bedingung für einen Zuschlag hängt von Zusatzberechnungen ab, da eine
Kürzung von Nettoversorgungssatz, Nettogesamtversorgung und Voll-Leistung in
Abhängigkeit von der gesamtversorgungsfähigen Zeit erfolgt (siehe § 33 Abs. 1a Satz
1 Nummer 2 ATV)

79
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Anhang B3: Orientierungsrahmen für Zuschlagsbedingung

Bei einem Eintritt in den öffentlichen Dienst vor dem 25. Lebensjahr oder ab
Jahrgang 1961 gibt es grundsätzlich keinen Zuschlag. Einen Zuschlag bei Eintritt in
den öD nach dem 25. Lebensjahr kann es für alleinstehende Rentenferne mit
Steuerklasse I/0 am 31.12.2001 nur in den seltenen Fällen bei Höher- und
Spitzenverdienern geben, wenn die nach der Formel in § 18 Abs. 2 BetrAVG
ermittelte Startgutschrift über dem Mindestbetrag nach historischen Entgelten und
der Mindeststartgutschrift (Soziale Komponenten) liegt.

Das lässt sich auch leicht beweisen (siehe Tabelle mit dem Orientierungsrahmen 3).

Man kann Studien der Autoren Fischer / Siepe heranziehen, um die obige Aussage
zu belegen und dort auch weitere klassifizierende Feststellungen treffen.
Andererseits ist es auch möglich, die notwendige Bedingung („Hebler-Effekt“, siehe
Anhang A2) für einen Zuschlag zur Startgutschrift zu visualisieren. Dabei helfen
sogenannte „Orientierungsrahmen“ für die Grunddaten von rentenfernen
Versicherten (siehe die folgenden Tabellen).

80
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Tabelle: Orientierungsrahmen 1 für Grunddaten

81
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Tabelle: Orientierungsrahmen 2 für Grunddaten

82
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Tabelle: Orientierungsrahmen 3 für Grunddaten

Wie liest man diese Orientierungsrahmen?


83
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften

Beispiel für Orientierungsrahmen 1:

Rentenferner Versicherter mit Geburtsjahrgang 1947 trete mit 26 Jahren in die


Pflichtversicherung der ZVK ein.

Dann kann man in der Tabelle des Orientierungsrahmens 1 nachlesen in der Spalte
für Eintrittsalter (EA) 26 und Zeile für Geburtsjahrgang 1947:

 erreichbare ZVK – Jahre (n) bis 65+0 LJ: 39


 Eintrittsjahr in die ZVK: 1973

Beispiel für Orientierungsrahmen 2:

Rentenferner Versicherter mit Geburtsjahrgang 1947 trete mit 26 Jahren in die


Pflichtversicherung der ZVK ein.

Dann kann man in der Tabelle des Orientierungsrahmens 2 nachlesen in der Spalte
für Eintrittsalter (EA) 26 und Zeile für Geburtsjahrgang 1947:

 erreichbare ZVK – Jahre (n) bis 65+0 LJ: 39


 Bis 01.01.2002 erreichte ZVK – Jahre (m): 29

Beispiel für Orientierungsrahmen 3:

Rentenferner Versicherter mit Geburtsjahrgang 1947 trete mit 26 Jahren in die


Pflichtversicherung der ZVK ein.

Dann kann man in der Tabelle des Orientierungsrahmens 3 nachlesen in der Spalte
für Eintrittsalter (EA) 26 und Zeile für Geburtsjahrgang 1947:

 die notwendige Bedingung für einen Zuschlag ist erfüllt

Andererseits ist aus dem Orientierungsrahmen 3 sofort ersichtlich, dass rentenferne


Versicherte mit Eintrittsalter unter 25 Jahren bzw. ab Geburtsjahrgang 1961 generell
vom Zuschlag ausgeschlossen sind, da die notwendige Bedingung für einen
Zuschlag nicht erfüllt (NE) ist.

84
F. Fischer: Strukturanalysen für rentenferne Startgutschriften
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Gegenüberstellung wichtiger Paragrafen aus VBLS und ZVKS ................. 13
Tabelle 2: Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG.............................................. 24
Tabelle 3: Berechnungsschema zur Ermittlung der Näherungsrente ........................... 26
Tabelle 4: NR-Quote (=NR/gvE) für gvEs von 800 € bis 7.000 € .................................. 27
Tabelle 5: Vergleichswerte für Startgutschrift (rentenfern) (Beispiel) ........................... 28
Tabelle 6: Startgutschrift in % des ges.vers.fähigen mtl. Entgelts pro Jahr (p.a.) ...... 29
Tabelle 7: Ermittlung von p.a. Beträgen für Mindestartgutschrift, Mindestrente,
Formelrente ............................................................................................................................ 30
Tabelle 8: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 1.400 €) ........... 32
Tabelle 9: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 2.800 €) ........... 34
Tabelle 10: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 4.200 €) ......... 36
Tabelle 11: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 5.600 €) ......... 38
Tabelle 12: Entwicklung des Bruttorentenniveaus von 2001 bis 2014 ......................... 42
Tabelle 13: Berechnungsschema zur Ermittlung der Näherungsrente ......................... 44
Tabelle 14: NR-Quote (=NR/gvE) für gvE von 800 € bis 6.000 € .................................. 45
Tabelle 15: GRV-Quote (2001) versus NR-Quote ........................................................... 46
Tabelle 16: Punkterente ab 2002 in Prozent des Endgehalts pro Jahr ........................ 49
Tabelle 17: VBL-Zusatzrente für Verheiratete und Alleinstehende ............................... 52
Tabelle 18: Rentenverluste für Alleinstehende ................................................................. 54
Tabelle 19: Rentenverluste für Verheiratete ..................................................................... 56
Tabelle 20: Reale Verluste zwischen 19 und 26 %.......................................................... 58
Tabelle 21: Versorgungssätze und Zuschlagsquoten bei Jahrgang 1947 ................... 64
Tabelle 22: Zuschlagsquoten für m = 1.............................................................................. 65
Tabelle 23: Unverfallbarkeitsfaktor deutlich höher als Anteilssatz ................................ 67
Tabelle 24: Zuschlagsquoten bei Kürzung von m/n um 7,5 Prozentpunkte ................ 68

Abbildungsverzeichnis
Grafik 1: Schema der persönlichen Gesamtversorgung ................................................. 13
Grafik 2: Schema der rentenfernen Startgutschrift........................................................... 15
Grafik 3: Formelbetrag in Prozent pro Jahr (p.a.) nach der Grundformel..................... 22
Grafik 4: Startgutschrift in Euro alleinstehend /verheiratet (gvE = 1.400 €) ................. 33
Grafik 5: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 1.400 €) .............. 33
Grafik 6: Startgutschrift in Euro alleinstehend /verheiratet (gvE = 2.800 €) ................. 35
Grafik 7: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 2.800 €) .............. 35
Grafik 8: Startgutschrift in Euro alleinstehend /verheiratet (gvE = 4.200 €) ................. 37
Grafik 9: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 4.200 €) .............. 37
Grafik 10: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 5.600 €) ............ 39
Grafik 11: Startgutschrift in % p.a. alleinstehend /verheiratet (gvE = 5.600 €) ............ 39
Grafik 12: Entwicklung des Bruttorentenniveaus von 2001 bis 2014 ............................ 43
Grafik 13: GRV-Quote (2001) versus NR-Quote .............................................................. 47
Grafik 14: VBL-Zusatzrente für Verheiratete und Alleinstehende.................................. 51
Grafik 15: Rentenverluste für Alleinstehende ................................................................... 55
Grafik 16: Rentenverluste für Verheiratete ........................................................................ 57
Grafik 17: Wie die Zuschlagsquoten für jüngere Späteinsteiger sinken ....................... 70

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