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UNIVERSITÄT BELGRAD

PHILOLOGISCHE FAKULTÄT

LEHRSTUHL FÜR GERMANISTIK

Seminararbeit für das Seminar ,,Deutsche Schriftsteller des 17. und 18. Jahrhundert“

Im SS 2017/2018

Minna von Barnhelm – eine starke Frau, die für ihre Liebe kämpft

Vorgelegt von: Seminarleiter:


Anita Radovanović Prof. Dr. Miodrag Vukčević

Belgrad, 2018
Inhaltsverzeichnis

Gotthold Ephraim Lessing und seine Werke .............................................................................. 3

Über das Werk ,,Minna von Barnhelm oder das Soldatenunglück“ ............................................ 4

Historischer Hintergrund ............................................................................................................. 5

Friedrich II oder Friedrich der Große .......................................................................................... 6

Kontributionen im Stück ,,Minna von Barnhelm oder Soldatenunglück“ ................................. 7

Ehre als zentrales Thema im 18. Jahrhundert .............................................................................. 7

Das mehrdeutige Verständnis der Ehre ................................................................................... 8

Minna von Barnhelm, eine starke Frau, die um ihre Liebe kämpft ............................................. 9

Schluss ...................................................................................................................................... 13

Literaturverzeichnis ................................................................................................................... 14
Gotthold Ephraim Lessing und seine Werke

Gothold Ephraim Lessing war einer der bedeutendsten Schriftsteller im 18. Jahrhundert. Er
wurde am 22. Januar 1729 in Kamenz in der Oberlausitz als Sohn eines evagelischen Pfarrers
geboren und starb im Jahr 1781. Über Lessing und sein Gesamtwerk gibt es viele Bücher, die
in vielen Sprachen übersetzt wurden. Er war ein furchtloser Kämpfer für die Wahrheit und
Gerechtigkeit. Er zählt zu den wichtigsten Schriftstellern, die die deutsche Literatur je gehabt
hat. Sein literarisches Werk stellt die Überwindung der deutschen Aufklärung.
Von 1737 bis 1741 besucht er die Lateinschule in Kamenz, anschließend bis 1746 die
Fürstenschule St. Afra in Meißen. Im September 1746 wurde er Student der Theologie an der
Universität Leipzig. Aber das Leben in einer der bedeutendsten deutshen Städte zu jener Zeit
war für den jungen Studenten interessanter als die Studien, zu denen er sich widmen sollte. In
Leipzig begeistert er sich für das Theater und verbringt gern die Zeit mit den Mitgliedern der
Theatertruppe. Unter ihrem unmittelbaren Einfluss beginnt er für das Theater zu arbeiten. In
dieser Zeit ist sein erstes Drama ,,Der junge Gelehrte“ entstanden, das im Januar 1748 in
Leipzig ausgeführt wurde. Gleichzeitig schreibt Lessing Komödien ,,Damon oder Die wahre
Freundschaft“ (1747) , ,,Der Misgyn“ (1748) und ,,Die alte Jungfer“ (1748).
Im Jahr 1748 fährt Lessing wegen der Armut nach Berlin mit der Absicht, dort für die
Existenz zu kämpfen. Er entschließt sich, den Beruf des freien Schriftstellers zu ergreifen. Er
verbrachte fast vier Jahre in Berlin unter sehr schwierigen materiellen Bedingungen. Trotzdem
schaffte es in dieser Zeit viel. Dort beendete er drei Komödien: ,,Der Freigeist“ (1749), ,,Die
Juden“ (1749) und ,,Der Schatz“ (1750).
Unter seinen zahlreichen Werken von besonderer Bedeutung ist die Tragödie ,,Miss Sara
Sampson“ (1755). Mit diesem Werk erreicht er einen literarischen Ruhm. Trotzdem ist
Lessing auf der Suche nach einer gesicherten Anstellung. Im Oktober 1755 begibt sich
Lessing nach Leipzig. Von dem reichen Kaufmann Christian Gottfried Winkler bekommt er
das Angebot, als dessen Begleiter eine vierjährige Reise durch Europa zu unternehmen.
Bereits im August 1756 werden sie in Amsterdam vom Ausbruch des Siebenjährigen Krieges
überrascht und müssen nach Leipzig zurückkehren.

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Da Leipzig ein Kriegsgebiet war, das unter der Belastung von Kontributionen litt, kehrt
Lessing im Mai 1758 nach Berlin zurück. Die Atmosphere, die in Berlin herrschte, gefiel ihm
nicht. Er konnte die Herrschaftsform von Fridrich dem Zweiten nicht dulden und aus diesem
Grund übernahm er Ende 1760 eine Stelle als Sekretär beim preußischen General Tauentzien
in Breslau, wo er fünf Jahre blieb. Diese fünf Jahren in Breslau stellt die einzige Periode in
seinem Leben dar, in der er aller Geldsorgen enthoben wurde.
Im Mai 1765 kehrte Lessing nach Berlin zurück, wo er 1767 seine Komödie ,,Minna von
Barnhelm beendete“.
Seine andere erfolgsreichen Werke waren auch ,,Laokoon oder über die Grenzen der Malerei
und Poesie“ (1766), Tragödie ,,Emilia Galotti“ (1772), ,,Nathan der Weise“ und ,,Die
Erziehung des Menschengeschlechts“ (1780).

Über das Werk ,,Minna von Barnhelm oder das Soldatenunglück“

Seine erfolgsreiche Komödie ,,Minna von Barnhelm oder das Soldatenunglück“ beendete
Lessing im Jahr 1767 in Berlin. Disese Komödie, die als ein Klassiker der Aufklärung gilt,
wurde in fünf Aufzügen geschrieben.

,,Minna von Barnhelm“ ist das bekannteste Lustspiel der deutschen Aufklärung und zählt zu
den wichstigsten Komödien der deutschsprachigen Literatur.

Mit diesem Werk fasste er den Siebenjährigen Krieg (1765-1763) zusammen, als die
Anspannung zwischen Sachsen und Preußen herrschten. Das Stück ist vermutlich
autobiographisch gefärbt, denn Lessing nahm an diesem Siebenjährigen Krieg teil. Das ist neu
im deutschen Drama, denn bischer hatten Dramen in historisch fernen Zeiten gespielt.

In diesem Werk geht es um den Konflikt zwischen Liebe und Ehre. Haupthelden sind ein
preußischer Major von Tellheim und eine sächsische Edelfrau Minna von Barnhelm. In einem
Gasthof in Berlin, der der Ort der Handlung ist, trifft Minna unvermutet ihren Verlobten, den
Major von Tellheim. Er wurde aus dem Militär entlassen, was seiner Meinung nach der
Verlust der Ehre bedeutet.

4
Ohne Ehre und Vermögen fühl sich Tellheim unwürdig, das sächsische Edelfräulein zu
heiraten.

Am Ende ist alles gut. Eine Doppelhochzeit beschließt das Stück, skizziert zwei Alternativen:
die traditionelle, dem Soldatenstand angemessene Lebensweise von Werner und Franziska auf
der einen Seite, und eine der bürgerlichen Privatheit zugewandte Lebensform auf der anderen
Seite. 1

Lessing hat gezeigt, dass auch die Komödie ernsthafte Grundlagen haben kann, dass die
Personen in Komödien nicht nur von niedrigeren sozialen Schichten stammen müssen,
sondern können sie auch Adligen sein, und schließlich, dass diese Art von Drama nicht nur
mit witzigen Situationen beschäftigen muss.

In dieser Komödie wird der Apsolutismus verurteilt. Major von Tellheim verstekt keine
Schwierigkeiten und Erniedrigungen, denen er begegnen musste. Obwohl Major und Minna
Adlige sind, präsentieren sie mit allen ihren Handlungsweisen die Ansichten des auftretenden
Bürgertums. Bürgerliche Privatheit erscheint als bewusste Opposition gegenüber der
aristokratisch-höfischen Welt der Macht- und Ränkespiele, der Abhängigkeiten und Willkur
der Großen Herrscher.

Regime des Fridrich II. verbat die Aufführung dieser Komödie überall er konnte.

Historischer Hintergrund

Lessings Leben und Werk sind von dem Siebenjährigen Krieg, der von 1756 bis 1763 dauerte,
geprägt. In diesem Krieg kämpften Preußen und Großbritannien gegen kaiserliche
österreichische Habsburgermonarchie, Frankreich und Russland und den Heiligen Römischen
Reich. Auch mittlere und kleine Staaten haben daran teilgenommen. Dieser Krieg ereignete
sich in Mitteleuropa, Portugal, Nordamerika, Indien, der Karibik sowie auf den Weltmeeren.
Deswegen kann er als ein Weltkrieg angesehen werden. Während Preußen,

1
Jung, Werner: Lessing zur Einführung. Hamburg:Junius, 2001, S74

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Habsburgermonarchie und Russland vor allem um die Vorherrschaft in Mitteleuropa
kämpften, war für Großbritannien und Frankreich auch die Vorherrschaft in Nordamerika und
Indien das Ziel.
Aus preußischer Sicht wurde der Siebenjährige Krieg auch als Dritter Schlesischer Krieg
bezeichnet; hier standen unmittelbare territoriale Interessen zunächst im Vordergrund.
Siebenjähriger Krieg ist im Jahre 1763 zu Ende gegangen. Die Staaten die an dem Krieg
teilgenommen haben, schlossen im Februar des gleichen Jahres die Friedensverträge von Paris
und von Hubertusburg. Als Ergebnis stieg Preußen zur fünften europäischen Großmacht auf,
was den Dualismus mit Österreich vertiefte.

Friedrich II oder Friedrich der Große

Für das Werk Minna von Barnhelm ist der König Friedrich II. oder Friedrich der Große
bedeutend. Ab 1740 war er Kurfürst von Brandebburg und ab 1772 König von Preußen.
Er stammte aus der Dynastie der Hohenzollern.
Er führte gegen Österreich drei Schlesische Kriege um den Besitz Schlesiens, die zum
deutschen Dualismus führten. Nach dem letzten dieser Kriege, dem Siebenjährigen Krieg,
war Preußen als fünfte Großmacht neben Frankreich, Großbritannien, Österreich und Russland
in Europa anerkannt.
Damit Friedrich II. den Siebenjährigen Krieg finanzieren kann, benutzte er das Mittel der
Kontributionen, die er von seinen Kriegsgegnern forderte. Wegen dieser Kontributionen
wurden die Gegner Preußens erheblich geschwächt.

Kontribution = von der Bevölkerung eines besetzten Gebietes erhobene Geldzahlung


Beispiel
einem Land Kontributionen auferlegen 2

2
https://www.duden.de/

6
Kontributionen im Stück ,,Minna von Barnhelm oder
Soldatenunglück“

Der preußische Major von Tellheim hatte in dem Krieg die Verpflichtung, bei den
thüringischen Ständen in Sachsen Kontributionen einzuziehen.
Er machte einen Unterschied zwischen dem, was die thüringischen Stände zahlen konnten,
und dem, was von ihnen eingefordert wurde. Dabei ging es sich um genau 2000 Pistolen. Die
Stände gaben Tellheim einen Wechsel, durch den sie sich als Aufgabe stellten, dass sie die
Schulden zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzahlen werden. Diesen Wechsel gab er bei
der preußischen Behörde, die seine Ansprüche gegen die sächsischen Schuldner vertrat.

In Berlin, wo Friedrich II. herrschte, wurden die Wechsel konfisziert und Tellheim wurde
Bestechlichkeit vorgeworfen. Tellheim muss darauf vorbereitet sein, dass er für längere Zeit
verhaftet und sogar wegen Landesverrats verurteilt werden kann. In Berlin wartet er das Urteil
der Kriegskommission ab. Aus diesem Grund fühlt er sich in seiner Ehre gekränkt.

Ehre als zentrales Thema im 18. Jahrhundert

„Ehre, Ansehen, Achtung und Anerkennung, die einem Menschen als Träger bestimmter
ethischer Tugenden von anderen entgegengebracht werden“
Dies ist eine gängige und aktuelle Definition des Ehrbegriffs 3

Einigerermaßen galt diese Definition schon im 18. Jahrhundert, weil die staatsbürgerliche
Ehre durch den zugeschriebenen Tugenden einer Person messbar war.

„Diese Ehre, die vom Urteil des Königs und der Standesgenossen abhängig ist, galt für die
Zeitgenossen als staatserhaltendes politisches Prinzip monarchischer Staaten.“ 4

In der Ständegesellschaft des 18. Jahrhunderts gilt die Ehre als wichtige Bestimmung
innerhalb der Staatsordnung.
Die Ehre ist mit Titel und Ämter verbunden, sodass der König dies zur Belohnung und

3
https://www.grin.com/document/117003
4
https://www.grin.com/document/117003

7
Bestrafung von Untergebenen nutzen konnte. So beinhaltet der Ehrbegriff nicht nur ein
selbstloses Treueverhältnis zum König, sondern dessen königliche Gunstweisen, wie Geld
oder Ländereien, erhöhen die Bedeutung der Ehre zusätzlich. Die materielle Basis eines
standesgemäßen Lebens ist somit vom Gehalt der eigene Ehre gegenüber dem König
abhängig.5

Es ist wichtig, die bedeutende Rolle der Ehre bei diesem Werk zu beachten, um Tellheims
Handeln besser verstehen zu können. Wie man im weiteren Verlauf der Komödie sehen
können, sind Tellheim Titel und Ämter nicht am wichtigsten. Er strebt danach, ein freies
Leben wieder führen zu können.

Das mehrdeutige Verständnis der Ehre

Michelsen unterscheidet zwei verschiedene Ehrtypen, die sich auf die Komödie beziehen
lassen:
1. Die innere Ehre (honos) – diese Ehre kann man mit der aktuellen Definition der Ehre
vergleichen
2.Die äußere Ehre (existimatio) – diese Ehre hängt von den Gunstweisen des Königs ab

Die innere Ehre weist die moralische Würde des Menschen auf, die nicht durch äußere
Einflüsse und Personen verletzt werden kann.

Die äußere Ehre, die auch als bürgerliche Ehre gelten kann, ist durch Öffentlichkeit
eingeschränkt.

Im Verlaufe der Komödie können wir im Verhalten von Tellheims sehen, dass die beiden
Ebene der Ehre vorhanden sind.

5
https://www.grin.com/document/117003

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Minna von Barnhelm, eine starke Frau, die um ihre Liebe kämpft

Die zwanzigjährige Minna war die Nichte des Grafen von Bruchsall und Verlobte Tellheims.
Sie stammte aus einem thüringischen Landesteil Sachsens. Nachdem Tellheim sie seit dem
Ende des Krieges ohne Nachricht gelassen hat, hat sie sich kurz dazu entschlossen, nach
Berlin zu reisen, um da ihn zu suchen.
Minna und Tellheim haben sich ineinander verliebt und ihre Liebe war entflammt, als
Tellheim im Siebenjährigen Krieg als Major unter preußischer Flagge gedient.
Aus Mitleid mit der Bevölkerung hatte Tellheim während des Krieges im besetztem Sachsen
sehr niedrige Kriegsabgaben festgesetzt. Zum Teil hatte er sie aus seinem eigenen Vermögen
vorgestreckt und dafür Wechsel erhalten. In Berlin wurden die Wechsel konfisziert. Danach
wurde Tellheim der Bestechlichkeit verdächtigt und trotz seiner militärischen Verdienste aus
der Armee unehrenhaft entlassen. Deswegen meint er, dass er seine Ehre verloren hat.
Der preußische Major von Tellheim befindet sich vollig mittellos mit seinem Diener Just in
einem Berliner Gasthof namens ,,Zum König von Spanien“. In diesem Gasthof erhält er vom
mateliell orientierten Gastwirt ein kärgliches, miserables Zimmer. Da der Major jedoch ein
Ehrenmann ist, ist ihm sehr wichtig, seine Schulden zu bezahlen. Sein Stolz verbietet ihm, die
Hilfe von Freunden anzunehmen. Tellheim erkennt nicht, dass er durch seine Haltung, von
geliebten Menschen nichts annehmen zu wollen, unmenschlich wird. Er verzichtet sogar
darauf, das ihm rechtmäßig zustehende Geld der Witwe Marloff zurückzunehmen, das er
ihrem Mann während des Krieges geliehen hat.
Um seine Zimmermiete begleichen zu können, lässt er durch seinen Diener Just seinen
Verlobungsring beim Wirt versetzen.
Tellheims ehemaliges Zimmer hat Minna von Barnhelm bekommen, die inzwischen mit seiner
Kammerfrau und Freundin Franziska von Thüringen nach Berlin gereist ist, um den Major von
Tellheim zu heiraten. Sie hat gehört, dass ein Offizier aufgrund ihres Auftretens aus dem
besseren Zimmer in benannte Kammer ausweichen musste. Hierfür will sie sich bei diesem
gutherzigen Menschen entschuldigen.
Der Wirt klopft an die Tür des Fräuleins, um die Personalien der Reisenden aufzunehmen.
Minna stellte sich vor und sagte, woher sie kommt und wer sein Onkel ist. Da der Wirt
gemerkt hat, dass Minna eine reiche rau ist, fragt er die adlige Dame nach ihrer Meinung über
9
den Ring, den er vor ihrer Ankunft vom Tellheims Diener eingekauft hat. Als Minna den Ring
sieht, erkennt sie sofort, dass es um den Ring ihres Verlobten geht. Den Ring hat sie von dem
Wirt für sich genommen.
Ihr Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Sie möchte wissen, wo sich Major befindet und tadelt
den Wirt scharf, weil er den Major schlecht behandelte.
Sie bewundert ihren edelmütiger Mann. In heller Aufregung bazahlt Minna von Barnhelm alle
Rechnungen ihres Geliebten und verlangt vom Wirt, dass er den Major sofort aufsucht.. Sie ist
so glücklich, dass sie ihrer Kammerjungfer eine Unmenge Geld in der Hand gibt. Sie bittet
ihre Freundin, genauso froh wie zu sein. Ihre vertraute Franziska ist nicht so freu, was Minna
überraschte.
Nach einer längeren Suche trifft sich Minna mit dem Telheims Diener Just, der sie nicht
erkennt. Damit sie von ihm die Information vom Major bekommt, stellt sie sich als seine
Schwester vor. Das war das erste Mal, als sie sich mit dem List bedient hat. Doch Just weiß,
dass Tellheim keine Schwester hat. Ein anderer Schritt, den Minna unternimmt um mit dem
Major ins Gespräch zu kommen , ist, dass sie Just Geld anbietet, aber Just lehnt das Angebot
ab.
Minna erfährt, dass sich sein Herr in dem nahen Kaffeekaus befindet und ist dazu bereit, ihren
Verlobten unter allen zurück zu holen. Die Jungfer Franziska meint, dass es möglich ist, dass
dem Major von Tellheim schlecht geht und vielleicht hat er das Fräulein vergessen hat, aber
Minna ist noch immer von ihrem Glück überzeugt: ,,Unglück ist auch gut. Vielleicht, daß ihm
der Himmel alles nahm, um ihm in mir alles wieder zu geben“.6
Schließlich kommt es durch Zufall zum Vier-Augen-Gespräch zwischen Minna von Barnhelm
und dem Major von Tellheim. Von Tellheim ist distanziert von seiner Verlobten, die ihn
heiraten will, weil er denkt, dass sie einen glücklicheren und ihrer Liebe würdigeren Mann zu
finden wünscht, in ihm aber nur einen Elenden sehen kann. Dabei können wir sehen, mit
welchem sozialen Problem Lessing hier beschäftigt.
Das Stück ist dem ernsthaften Gegenstand zwischenmenschlicher Bindungen und
menschlicher Autonomie gewidmet.
Es ist auch ein Drama über die menschliche Befreiung von sozialen und

6
Lessing, E. Gotthold: Minna von Barnhelm. Hamburg:Hamburger Lesehefte Verlag, S.26

10
geschlechtsspezifischen Bedingungen. 7
Tellheim ist in seiner Ehre gekränkt und Minna ist adliger Abstammung, deswegen fühlt er
sich ihrer Liebe unwürdig. Die Ehre ist einem militärisch sozialisierten Mann wie Tellheim ein
absolutes Heiligtum. Ohne Ehre ist er niemand, ohne Ehre hat er keinen sozialen Wert und
ohne Ehre kann er nicht heiraten. Ungeachtet dessen fragt Minna Tellheim, ob er sie liebt. Sie
bittet ihn nur, eine Frage mit ja oder nein zu beantworten. Er versucht, der Frage
auszuweichen und erklärt ihr, dass er nicht derselbe mächtige, blühende Tellheim ist, den sie
in ihrem Vaterland kennengelernt hat. Früher standen vor ihm die Schranken der Ehre und des
Glückes eröffnet, er durfte täglich ihres Herzens und ihrer Liebe, wenn er schon ihrer noch
nicht würdig war, würdiger zu werden hoffen8. Jetzt ist er, wie er sagt, ein Krüppel, ein
Bettler. Er denkt, dass ohne Geld und Macht es eben doch nicht geht, auch nicht in
Liebesdingen. Er weigert sich Minnas liebevollen Annäherungen und besteht wiederholt
darauf, dass sein Gewissen und seine Ehre ließen es nicht zu, dass sie sein Unglück mit ihm
teilt. Minna sieht das anders. Für sie zählt nur die Liebe.
Tellheim schreibt einen Brief für Minna, in dem er ihr erklären versucht, dass sie sich nicht
mehr sehen könnten. Minna liest den Brief und erkennt, dass der Hauptgrund seiner
Weigerung sie zu besitzen, ist der Stolz. ,,Jede Zeile sprach den ehrlichen, edlen Mann. Jede
Weigerung beteuerte mir seine Liebe.“ 9Minna insistiert darauf, dass sie sich treffen und über
seine Gründe sprechen. In einer ausführlichen Unterredung stehen sich Major von Tellheim
und Minna von Barnhelm gegenüber. In dem Dialog werden viele Hintergründe erwähnt, unter
anderem der Grund von Tellheims finanzielle Situation. ,,Sie erinnern sich, gnädiges Fräulein,
daß ich Ordre hatte, in der Aemtern Ihrer Gegend die Kontribution mit der äussersten Strenge
baar beyzutreiben. Ich wollte mir diese Strenge ersparen und schoß die fehlende Summe selbst
vor.“ 10

Minna wiederholt, dass in ihrem Leben die Ehre und das Geld keine Rollen spielen und, dass
für sie ihre Liebe zu ihm am wichtigsten ist. Sie bewundert ihn um seiner Tat willen. Von

7
Wellbery, David u.a. :Eine neue Geschichte der deutschen Literatur.Hemsbach: Berlin University Press, 2007,
S. 479
8
Lessing, E. Gotthold: Minna von Barnhelm. Hamburg:Hamburger Lesehefte Verlag, S.29.
9
Lessing, E. Gotthold: Minna von Barnhelm. Hamburg:Hamburger Lesehefte Verlag, S.46
10
Lessing, E. Gotthold: Minna von Barnhelm. Hamburg:Hamburger Lesehefte Verlag, S.57

11
Tellheim beteuerte aber, dass er keine Gnade braucht, sondern nur Gerechtigkeit – seine Ehre.
Als Minna gesehen habe, dass Major zu hartnäckig ist, seinen Stolz und seine Ehre zu
überwinden, ergreift sie zu einer List. Sie vetrauscht ihren eigenen Verlobungsring mit dem
Tellheims, den sie vom Wirt erhalten hat, gibt ihm mit gespielter Verbitterung diesen Ring
zurück und verlässt die Bühne in Tränen. Um seine Gefühle zu aktivieren, ergreift sie zu einer
anderen List. Sie befehlt ihrer Kammerjungfrau, Tellheim darüber zu informieren, dass sie von
ihrem Onkel wegen der Verlobung mit einem feindlichen Offizier, einem Preußen enterbt
wurde und jetzt die Stadt verlassen muss. Tellheim fällt auf ihre List herein und besteht jetzt,
weil seine Verlobte wie er verarmt ist, auf einer sofortigen Heirat, um sie unter seinen Schutz
zu stellen. Nun ist Tellheim plötzlich dazu bereit, seinen ehemaligen Wachtmeister Werner zu
bitten, ihm das Geld zu leihen, um Minna heiraten zu können.
Inzwischen überbringt ein Feldjäger Major von Tellheim ein Handschreiben des Königs. Der
König hat ihn vollständig rehabilitiert und sein Vermögen wird zurückgezahlt. Das bedeutet,
dass Major nicht mehr ein armer Bettler ist, sondern der wohlhabender Offizier, der er zuvor
war. Durch den Brief ist die Ehre des Majors wieder hergestellt.
,,O, mein Fräulein, welche Gerechtigkeit! – Welche Gnade! – Das ist mehr, als ich erwartet! –
Mehr als ich verdiene! – Mein Glück, meine Ehre, alles ist wiederhergestellt!“ 11
Minna treibt seine List weiter und ,,möchte ihm eine Lehre erteilen,“ 12 indem sie sich so
benimmt, wie er sich früher benommen hat. Sie weigert sich, seine Hilfe anzunehmen und löst
die Verlobung mit Worten, die Tellheim ihr früher gesagt hat: ,,Gleichheit ist allein das Feste
Band der Liebe“ 13 Minna will, dass sich Tellheim genauso schlecht fühlt, wie sie früher
fühlte. Sie kann nicht die Frau eines ehrbaren, preußischen Offiziers werden, da sie von ihrem
Onkel enerbt wurde.
Aus dem Dialog zwischen Minna und von Tellheim kann man deutlich sehen, dass Major zu
alles bereit ist, um Minna zu einer Hochzeit zu überreden. Er versteht jetzt, dass sie um ihn
stark kämpfte, als er sich wegen seines Stolz und Ehrenbegriffs von ihr distanzieren wollte.
Von Tellheim erfährt später, dass Minna seinen Ring von dem Wirt gelöst hat und durch eine

11
Lessing, E. Gotthold: Minna von Barnhelm. Hamburg:Hamburger Lesehefte Verlag, S.69
12
Wellbery, David u.a. :Eine neue Geschichte der deutschen Literatur.Hemsbach: Berlin University Press, 2007,
S. 479
13
Lessing, E. Gotthold: Minna von Barnhelm. Hamburg:Hamburger Lesehefte Verlag, S.72

12
Intrige die Ringe vertauscht hat. Diese Tat hat er von ihrer Minna nicht erwartet und deswegen
ist er wütend und möchte nicht mehr von Minnas Namen hören.
Schließlich erscheint Minas Onkel, der Graf von Bruchsall. Schnellmöglichst offenbart Minna
ihre Intrige und die Verliebten vereinen sich mit dem Segen von König und Vormund.

Schluss
,,Das Happyend rahmt ein subtiles und raffiniertes, wenngleich riskantes und leicht
sadistisches, von der Heldin in Szene gesetztes Spiel ein. Es ist dieses Spiel im Spiel, das
Tellheims Inneres öffnet, wenn er ihr und gleichermaßen dem Publikum >den Anblick seines
ganzen Herzens< verschaft (Minna, V, 12). Während sie mit ihm spielt, schreibt Minna eine
neue Komödie innerhalb der konventionellen, die diese übersteigt, indem sie die
dramaturgische Typenfigur in einen komplexen individuellen Charakter verwandelt. Mit
seiner solipstischen Fixierung auf die verlorene Ehre und seiner narzisstischen
Selbstverachtung fällt Tellheim auf den ersten Blick in die komische Tradition des sturen
Exzentrikers zurück, der von den anderen Figuren und dem Publikum zum Narren gemacht
wird. Durch Minnas brillianten Rollentausch aber wird sein reiches Innenleben offenbart, und
er lernt, sich selbst von außen zu betrachten. Bewusst eingesetztes komisches Rollenspiel
befreit das Individuum von äußelichen Zwängen und entfremdenden Rollen, denn es gestattet
eine distanzierte Selbstreflexion. Auf diese Weise gebiert das Lustpiel das emanzipierte
Individuum.“14

14
Wellbery, David u.a. :Eine neue Geschichte der deutschen Literatur.Hemsbach: Berlin University Press, 2007,
S. 480

13
Literaturverzeichnis

1. Nusser, Peter: Deutsche Literatur vom Barock bis zur Gegenwart. Darmstadt:
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2012, S. 307 und 308

2. Wellbery, David u.a. : Eine neue Geschichte der deutschen Literatur. Hemsbach:Berlin
University Press, 2007, S.477 bis 480

3. Kluge, Manfred u.a. : Hauptwerke der deutschen Literatur. München: Kindler Verlag,
1974, S. 138 und 139

4. Jung, Werner: Lessing zur Einführung. Hamburg: Junius, 2001, S.73 bis 76

5. Pudić, Ivan u.a : Njemačka Književnost. Beograd: NOLIT, 1979, S. 175 bis 181

6. Lessing, E. Gotthold: Minna von Barnhelm. Hamburg:Hamburger Lesehefte Verlag

Links

1. https://www.duden.de/

2. https://www.deutsche-biographie.de/sfz68644.html#ndbcontent

3. https://www.grin.com/document/117003

14
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