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Auf "Teufel-komm-raus"

von Anahato D. Wallhäusser

Wer ist das, der Teufel, Satan, Luzifer? Nun, obwohl der Teufel (unter anderen Namen) durchaus
seinen Platz in anderen Religionen vor dem Christentum gehabt hat, so kennen wir ihn doch
hauptsächlich aus der christlichen bzw. hebräischen Mythologie.

In unserem heutigen Sprachgebrauch ist der Teufel zum Synonym für das Böse schlechthin
geworden. In früheren Zeiten (und teilweise noch heute) war der Teufel ein Auffangbehälter für
alles, was die Kirche in ihren eigenen Schatten verdrängt hat. Insbesondere die Sexualität aber
auch die Kraft und Würde der Frau gehörten dazu. Um dies nicht wahrnehmen (für-wahr-
nehmen) zu müssen, erklärte die Kirche den Teufel zu einem unabhängigen und eigenmächtigen
Wesen (so wie Gott). So wie auch ein Mensch die ungliebten Anteile seiner Persönlichkeit
verdrängt und daher in anderen (also außerhalb seiner selbst) sieht. Daher kommen Zank und
Streit. Und daher werden Gott und Teufel bis auf den heutigen Tag als Gegner in einer Art
"himmlischem" Krieg gesehen. Obwohl, und wir wollen ja fair bleiben, schon auffallend ist, dass
über die Jahrhunderte im Namen Gottes (unter welchem Namen auch immer) mehr gemordet
wurde, als im Namen des Teufels.

Wenn wir unseren Blick auf die ursprüngliche mythologische Beschreibung des Teufels richten,
wird manches klarer. Der Teufel ist dort der Engel Satanael, das schönste und klügste Geschöpf
Gottes, der erste unter den Engeln. Um die Geschichte kurz zu machen: Satanael war es nicht
zufrieden, lediglich ein Geschöpf Gottes (wenn auch das Hervorragendste) zu sein. So erklärte er
sich zu einer unabhängigen, eigenständigen Wesenheit, die nicht mehr Gottes Willen ausführte
sondern eigenmächtig handelte. Dies ist der Abfall von Gott und daher wird er auch als
"gefallener" Engel bezeichnet.

Aber wo könnte er denn hingefallen sein? Irgendwo muss er doch gelandet sein.

Also: wo ist Satanael abgeblieben? Da er nicht mehr im Himmel bei Gott ist, muss er
zwangsläufig in der Schöpfung zu finden sein. Dort taucht er auch schon bald im Paradies als
Versucher des Menschen auf. Dies brachte ihm den Namen "Luzifer" also "der Lichtträger" ein.
Eigentlich ein merkwürdiger Titel für eine solch finstere Gestalt. Was hat er also mit dem
Menschen gemacht um diesen Namen zu bekommen? Und von welchem "Licht" ist hier die
Rede?

In der Bibel steht, Luzifer habe den Menschen dazu verführt, den Apfel vom Baum der
Erkenntnis zu essen. Durch dieses verbotene Naschen war der Mensch nun befähigt, zwischen
Gut und Böse, angenehm und unangenehm abzuwägen. Was uns erlaubt, solche Bewertungen zu
treffen, ist der menschliche Verstand. Der "Sündenfall" ist also das Erscheinen des menschlichen
Verstandes in der Menschheitsgeschichte. Dieses "helle Licht der Unterscheidung" ist also in
Wirklichkeit das "Geschenk", das wir vom Teufel bekommen haben. Oder treffender gesagt,
unser Verstand ist der "Lichtbringer". Wir erinnern uns aber, dass der Mensch auf den Wunsch
"Gottes" hin, schon vorher allen Dingen einen Namen gegeben hat. Dieses begriffliche Denken
und Benennen ist ebenso eine Funktion des Verstandes. Es sieht also alles so aus, als hätten Gott
und Teufel in Wirklichkeit vortrefflich zusammengearbeitet.

Schauen wir uns noch einmal an, was passiert ist. Dann können wir vielleicht sehen, welche
Rolle unser Verstand spielt.
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Am Anfang war allein Gott als reines Potential. Wie wir aber wissen, muss sich potentielle
Energie ausdrücken. Die Schöpfung war also unvermeidlich. So weit so gut. Es gab aber noch
niemanden, der zwischen Gott und Schöpfung unterschieden hätte. Auch der Mensch im
Paradies war einfach Teil des Ganzen und ununterschieden vom Ganzen. Mit dem Auftauchen
des Verstandes wurde alles anders. Aus der einen Wirklichkeit wurden zwei - durch die
Unterscheidung zwischen Gott und Schöpfung.

Selbst von der Schöpfung haben wir uns wiederum als "Krone der Schöpfung" abgetrennt. Wir
haben also zuerst das EINE in die Vielen geteilt und sie so unterschieden. Alsdann haben wir
begonnen, die Teile zu messen und zu beurteilen. In all dem haben wir uns selbst als Teil des
Ganzen vergessen. Darum fühlen sich so wenige hier im Leben wirklich Zuhause. Wir leiden an
dieser ursprünglichen Trennung, an unserem eigenen Ur-Teilen.

Aber jetzt kommt die gute Nachricht: In Wirklichkeit sind wir Zuhause, wir waren nie getrennt.
All dies war nur eine Vorspiegelung des Verstandes, denn der Verstand ist der Teufel und der
Teufel ist der "Meister der Lügen". Was uns unser Verstand also vorgaukelt ist gerade das
Gegenteil davon, wie die Dinge in Wirklichkeit sind.

Also: was erzählt uns unser Verstand? Genau das, was der gefallene Engel Satanael auch sich
selbst vorgespielt hat. Dass wir eine abgetrennte, eigenmächtig handelnde Wesenheit sind. Dass
wir ein individuelles "Ich" sind, das über einen freien Willen verfügt. Tatsächlich hat sich aber
an "Dem-was-ist" trotz aller Weltgeschichte nie etwas geändert. Der Teufel ist nie gefallen. Wir
haben unsere wahre Heimat nie verlassen. Alles war nur ein Traum.

Und wer bleibt als Träumer übrig, nachdem der Teufel (und unser Verstand) als trügerisch
erkannt sind? Das Ganze, BEWUSSTSEIN, Tao, der große Geist, das eine LEBEN. Der Name
ist nicht wichtig, aber vielleicht sollten wir uns trotzdem an einen anderen Namen als "Gott"
gewöhnen. Denn die "Bilder", die wir von "Gott" haben sind ja von der Illusion gefärbt. Und das
trotz aller Hinweise in den "heiligen" Schriften wie in der Bibel z.B. "Ich-Bin-Der-Ich-Bin."
(Gott als brennender Dornbusch zu Moses). Hätte er das doch wenigstens einmal
nachgesprochen und so empfunden.

Ebenso: "Du sollst dir kein Bildnis machen." (aus den zehn Geboten, die Moses vom Berg mit
zurückgebracht hat. Was er vielleicht unterlassen hätte, wenn er "Ich-bin-wer-ich-bin" wirklich
verstanden hätte.) Dieses Gebot ist übrigens bemerkenswert. Wenn es wie gesagt, nichts gibt
außer BEWUSSTSEIN, dann bedeutet dieses Gebot, dass wir uns kein Bild von uns "Selbst"
machen sollen. Interessanterweise ist es auch unmöglich, dass wir uns selbst sehen. Der Sehende
kann sich selbst nicht sehen, sowenig wie ein Messer sich selbst schneiden kann. (Das Zen-Koan
vom "Klatschen der einen Hand" weist auch darufhin.)

Alles was er tun kann ist es, sich (mittels des Verstandes) eine Vorstellung, ein Bild zu machen
und das ist eben eine Imagination und nicht die Wirklichkeit. Vor dieser Illusion will dieses
Gebot warnen. Aber können wir es vermeiden? Sollen wir es überhaupt?

Nun, wenn jemand wirklich versteht, dass alles was er sich vorstellen kann eingebildet ist
(inklusive seines getrennten Selbstes und des freien Willens an Stelle des einen unteilbaren
LEBENS) und wenn er zutiefst versteht, dass der Suchende das ist, was sucht, dann wird er
damit aufhören, erwachen und SEIN. Und wenn ein anderer nicht aus diesem Traum erwacht,
dann ist auch dies eben das, was der GEIST als einzig Handelnder so bestimmt.
Wo ist über all diesem nun der Teufel geblieben? - Keine Ahnung. Aber wen kümmert das?

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Immerhin war es eine Demonstration dessen, dass der Weg in den Himmel durch die Hölle führt.
Also ist auch der Verstand nichts Verdammenswertes, sondern das Werkzeug, das der GEIST
benutzt, um sich selbst in einem Körper-Gefühl-Verstand-Organismus erwachen zu lassen oder
davon abzuhalten. Beides liegt im Zuständigkeitsbereich des GEISTES und drückt ihn aus. So ist
also alles in Ordnung, gerade so wie es ist. Keine Notwendigkeit zu erwachen, keine
Notwendigkeit es nicht zu tun. Das was passieren soll, passiert.

Unsere einzige Aufgabe dabei ist es, genau so zu sein, wie wir sind. Aber auch nicht mehr als
das. Ob erwacht oder nicht.

Was wir vielleicht dabei lernen können ist, durch die Unterscheidung die wundersame Vielfalt
der Schöpfung wertzuschätzen und uns daran zu erfreuen. Ebenso aber auch, unsere Urteile
(Projektionen) zurückzunehmen, die uns davon abhalten, das Leben zu genießen und Liebe,
Freude und die Verbundenheit mit allem zu fühlen.

Dann merken wir auf einmal, dass wir in Harmlosigkeit hier Zuhause sind. Denn in Wirklichkeit
sind wir EINS.

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