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9 Sonstige Auftraggeber

9.1 Gesetzliche Arbeitslosenversicherung

Das Arbeitsförderungsrecht ist im SGB III verankert und hat die Aufgabe, nicht nur
die Arbeitslosen finanziell abzusichern, sondern die Teilhabe am Arbeitsleben zu
fördern. Es gilt, einen hohen Grad an Beschäftigung zu erreichen und zu erhalten.
Arbeitslosigkeit soll vermieden bzw. minimiert werden. Mit der Umsetzung des
SGB III ist die Bundesagentur für Arbeit als öffentlichrechtliche Körperschaft be-
traut (www.bundesagentur.de). Auf regionaler Ebene ist das jeweilige Arbeitsamt
mit seinen dezentralen Geschäftsstellen zuständig.
Für Fragen im Zusammenhang mit der Unfallbegutachtung ist das Reha-Team bzw.
der Kundenbereich Rehabilitation der richtige Ansprechpartner. Ggf. wird im Rah-
men der Feststellung des individuellen Teilhabebedarfs eine ärztliche Begutachtung
durch den in seinem ärztlichen Urteil von Weisungen unabhängigen Arbeitsamts-
arzt notwendig. Im Rahmen der Unfallbegutachtung ist zu beachten, dass die Bun-
desagentur für Arbeit immer dann der zuständige Träger für notwendige Leistun-
gen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist, wenn nicht ein anderer Leistungsträger, z.B.
bei einem Arbeitsunfall die zuständige Berufsgenossenschaft, zuständig ist (§6
SGB IX).
Die zur Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Mittel werden durch die Bei-
träge der Versicherten und der Arbeitgeber sowie bei Bedarf durch einen zusätzli-
chen Bundeszuschuss aufgebracht.
Versicherungspflichtig zur Arbeitslosenversicherung sind nach §§24, 25 SGB III
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind.
Damit ist in der Regel jeder Arbeitnehmer (Arbeiter, Angestellte und Auszubilden-
de) versicherungspflichtig. Versicherungspflicht besteht auch, wenn der Bruttover-
dienst über der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Versicherungsfrei zur Arbeitslosen-
versicherung sind dagegen in erster Linie Beamte, Richter und Soldaten, Geistliche,
Privatlehrer, Mitglieder geistlicher Genossenschaften und Vorstandsmitglieder von
Aktiengesellschaften. Die jeweiligen Voraussetzungen für die Versicherungsfreiheit
werden in § 27, 28 SGB III bestimmt.
Neben der reinen Arbeitslosenversicherung ist die Bundesagentur für Arbeit auch
ein wichtiger Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
(s. o.). Die Arbeitsverwaltung ist der zuständige Leistungsträger für alle notwendi-
gen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei Personen, bei denen die versiche-
rungsrechtlichen Voraussetzungen für berufliche Rehabilitationsleistungen des
Rentenversicherungsträgers (Wartezeit von 15 Jahren) vom Versicherten noch nicht
erfüllt sind, die keine Rente wegen verminderter Erwerbstätigkeit beziehen oder
wenn es sich um eine Berufserstausbildung handelt. Außerdem darf kein anderer

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Gesetzliche Arbeitslosenversicherung 87

Leistungsträger, wie z. B. bei Arbeitsunfällen ein Träger der gesetzlichen Unfallver-


sicherung, zuständig sein.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten Menschen mit Behinderungen
i. S. d. §19 SGB III, bei denen Aussicht besteht, am Arbeitsleben wieder oder weiter
teilzuhaben (s. S. 97 ff. SGB III). Dies gilt darüber hinaus auch für behinderte Men-
schen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch
nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können und
deshalb am Eingangsverfahren bzw. am Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für
behinderte Menschen teilnehmen (§39, 40 SGB IX).
Auch im Interesse der Versicherten wird versucht, die Dauer der Arbeitslosigkeit so
kurz wie möglich zu halten und die Reintegration in Arbeit so rasch wie möglich
zu realisieren. Es gilt, insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden. Je länger
die Dauer der Arbeitslosigkeit, je geringer sind die Chancen der Reintegration in
Arbeit. Deshalb sollten notwendige Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben
möglichst früh beginnen, nicht erst nach Abschluss aller medizinischen Maßnah-
men (s. o.). Sobald sich abzeichnet, dass es, z. B. infolge einer unfallbedingten Ge-
sundheitsstörung, Einschränkungen für eine weitere Beschäftigung im erlernten
Beruf oder in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit gibt, wird die BA die Notwendigkeit
von Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben prüfen.
Die BA gewährt Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß den §33 – 42
SGB IX i. V. m. §§97 ff SGB III.
Bei der Auswahl der Leistungen werden die individuellen gesundheitlichen Aspekte,
die berufliche Eignung einschließlich der Fähigkeiten und Fertigkeiten, die persön-
lichen Neigungen, die bisherige Tätigkeit sowie die Lage und die Entwicklung auf
dem Arbeitsmarkt berücksichtigt.
Die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zur Teilhabe am Arbeitsleben setzen
einen Antrag der Versicherten voraus. Dabei ist es unerheblich, bei welchem Sozi-
alleistungsträger der Antrag gestellt wird. Die Feststellung der Leistungen bzw. die
Entscheidung darüber erfolgt durch einen Bescheid. Die im Rahmen des Feststel-
lungsverfahrens erstellten arbeitsamtsärztlichen Gutachten werden bei der Beschei-
derteilung als wichtige Entscheidungsgrundlage genutzt, stellen für sich aber noch
keinen Bescheid dar. Der Ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit hat allein
eine beratende Funktion.
Stellt sich nachträglich heraus, dass die Ursache für die Behinderung und damit für
die erbrachte Leistung zur Teilhabe eigentlich ein Arbeitsunfall bzw. eine Berufs-
krankheit gewesen ist, tritt die Bundesagentur für Arbeit an die zuständigen Träger
der gesetzlichen Unfallversicherung heran und macht ihren Anspruch geltend. Im
Rahmen der Prüfung des Erstattungsanspruchs wird neben der Kausalitäts- und
damit Zuständigkeitsprüfung auch geprüft, ob die erbrachten Leistungen zur Teil-
habe geeignet gewesen sind, bei Beachtung der Art und Schwere der Gesundheits-
störung eine berufliche Wiedereingliederung auf Dauer zu erreichen.

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9.2 Sozialhilfe

Die Sozialhilfeträger (Städte, Kreise) leisten gegenüber den anderen Sozialversiche-


rungsträger nur nachrangig. Zudem berücksichtigt dieser Leistungsträger, der über
Steuern, also nicht über Beiträge, finanziert wird, die (vorrangige) zivilrechtliche
Unterhaltspflicht, etwa zwischen Ehegatten und Eltern/Kindern. Mit dem SGB IX
sind die Träger der Jugend- und Sozialhilfe in den Kreis der Rehabilitationsträger
aufgenommen worden. Für die Gutachter gilt damit auch der § 14 Abs. 5 SGB IX
(s. o. 6). Im Übrigen regelt das SGB XII die Sozialhilfe mit Ausnahme der erwerbs-
fähigen Arbeitssuchenden gemäß § 21 SGB XII, die unter das SGB II fallen. Sie
werden in den sog. Arbeitsgemeinschaften, federführend durch die Bundesagentur
für Arbeit, betreut (s.o. 9.1).
Wenn ärztliche Gutachter von Sozialhilfeträgern beauftragt werden, sollten sie über
die Grundsätze des Leistungsrechts verfügen. Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den
Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des
Menschen entspricht (§ 1 Satz 1 SGB XII). Dazu zählen Hilfe zum Lebensunterhalt,
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfen zur Gesundheit, Ein-
gliederung für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege und Hilfe in anderen Lebens-
lagen und zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. Die einzelnen
Regeln dazu finden sich im SGB XII. Ziel der Sozialhilfe ist es, möglichst auf die
Unabhängigkeit von Sozialleistungen hinzuwirken. Die Geldleistungen stehen im
Vordergrund, obwohl auch Dienst- und Sachleistungen erbracht werden.

9.3 Gerichte

Wenn ärztliche Gutachter von einem Gericht beauftragt werden, können sie nur
sehr eingeschränkt ablehnen. Ein Grund ist die Befangenheit. Ansonsten besteht
eine Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung, wie bei den anderen Auftragge-
bern auch. Die Gutachter bei Gericht haben fast immer Gutachten, die in derselben
Sache schon von Versicherungen oder Verwaltungen eingeholt wurden, mit zu be-
rücksichtigen, die ihnen dann zur Verfügung gestellt werden. Denn mit diesen
Erstgutachten sind die „Unterlegenen“ meist unzufrieden und lassen vor Gericht die
Rechtmäßigkeit von Entscheidungen überprüfen, denen meist Gutachten zugrunde
lagen. Dabei hängt die Zuständigkeit der Gerichte von dem Recht der Auftraggeber
dieser Gutachten ab.
Gegen Entscheidungen (Bescheide) der Sozialversicherungsträger (SGB) können
Leistungsberechtigte bei den örtlich zuständigen Sozialgerichten und gegen die der
Verwaltungen (Versorgungsämter) bei den Verwaltungsgerichten klagen. Es gilt der
Ermittlungsgrundsatz. Die Richter beauftragen von sich aus Gutachter, die aus der
Gerichtskasse bezahlt werden, wenn sie selbst Entscheidungshilfe benötigen. Davon
unabhängig hat jede Partei des Gerichtsverfahrens das Recht, von sich aus auf eige-

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ne Kosten einen Gutachter zu beantragen (§ 109 SGG), was die Richter dann um-
setzen. In jeder der drei Gerichtsinstanzen kann erneut ermittelt werden, je nach
den Regeln der Berufungs- und Revisionsgerichte. Diese Gutachten werden meist
immer grundsätzlicher und haben oft für andere vergleichbare Fälle präjudizierende
Bedeutung.
Zivilgerichte sind für die Überprüfung von Entscheidungen der privaten Versiche-
rungen zuständig. Das sind meist die Amts- und Landgerichte, aber auch die Ober-
landesgerichte sowie der Bundesgerichtshof. In diesem Rechtsweg beauftragen die
Richter Gutachten nur gegen finanzielle Vorleistung der Prozessparteien. Indes
tragen sie dann auch dem Gutachterwunsch der Parteien Rechnung. Eine Ausnah-
me bildet die Arbeitsgerichtsbarkeit, wo die Arbeitnehmer als Kläger einen größe-
ren Schutz im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber genießen. Die Arbeitsgerichte
agieren bei der Beauftragung von Gutachtern vergleichbar mit den Sozialrichtern,
etwa zur Überprüfung der Arbeitsfähigkeit im EFZG (s. o. 3). Die Zivilgerichte
entscheiden auch über Klagen gegen Ärzte oder Kliniken wegen Behandlungsfehler.
Auch in diesem Kontext werden ärztliche Gutachten eingeholt, meist nach Ein-
schaltung von Schlichtungsstellen.

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