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GEISTESWISSENSCHAFTEN
Sitzung
am 22. Oktober 1952
in Düsseldorf
ARBEITSGEMEINSCHAFT FüR FORSCHUNG
DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
GEISTESWISSENSCHAFTEN
HEFT9
ABHANDLUNG
Georg Schreiber
Irland im deutschen und abendländischen
Sakralraum
Zugleich ein Ausblick auf St. Brandan und die zweite Kolumbusreise
Seit einem Jahrzehnt habe ich mich dem irischen Volkstum zugewandt.
Es interessierten Fragenbereiche, die das kultische Nachleben und die von
Gemeinschaften besorgte Verehrung der Iren auf dem europäischen Fest-
land betreffen, vor allem im deutschen Sakralraum 1. Das geschah auch in
Fühlungnahme mit Ludwig Bieler (Dublin), mit Bernhard Bischoff (Mün-
chen-Planegg), Rudolf Kriss (München-Berchtesgaden), Julius Pokomy
(Zürich) und Leo Weisgerber (Bonn), ebenso mit meinen deutsch-irischen
Verwandten, mit dem Wirtschaftshistoriker Ministerialrat Dr. Othmar
Feßler (Dalkey, Co. Dublin). Die vorliegende Studie gibt sich als Fort-
setzung. Sie wurde auf Grund eines Vortrages in der Arbeitsgemeinschaft
(16. Juli 1952) besorgt. Näherhin nimmt sie Stellung zu mannigfachen
Spuren, die die Iren vornehmlich im deutschen Sprachraum hinterließen.
Dabei ergeben sich manche Ausblicke auf eine West-Ost-Wanderung, die
sich von der Gallia christiana, das will besagen, von einer irischen Neu-
heimat in Lagny, Peronne, Fosses, Chartres und von andernorts her voll-
zogen.
Verschiedene Siedlungstypen treten dabei heraus. Man findet irische Nie-
derlassungen in Bischofsstädten. Man begegnet Eremitagen für Inklusen.
Man trifft auf Klostergründungen im Strom des Verkehrs und abseits im
schweigsamen Waldesdickicht des Festlandes. Wo diese unterschiedlichen
Geschehnisse zu erschließen sind, kam es uns auf eine Würdigung an, bei
der sich die Hagiographie, die Religionswissenschaft, die Ikonographie
äußern. Im besonderen wurde versucht, die Nachwirkung dieser Iren im
Vorwort . . . . 5
1. Zur Einführung 9
2. Patricius . . . 18
3. Steirische Patricius-Litanei 23
4. Brigida 26
5. Brigida-Mirakel 35
6. Columban d. J. 37
7. Gallus . 44
8. Deicol . 48
9. Furseus 50
10. Foillan 54
11. Kilian . 56
12. Fiacrius 58
13. Fridolin 59
14. Findan. 61
15. Koloman 62
16. St. Brandans Meerfahrt 63
17. Die zweite Kolumbusreise 75
18. Maritimes . . . . . . 81
19. Iroschotten im Bergbau . 82
20. Rückwirkungen des Festlandes auf Irland 85
21. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . 86
22. Zur Quellenkunde der irischen Sakralgeschichte 90
23. Zur Ikonographie . . . . . . . . . . . . 102
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum
Zugleich ein Ausblick auf St. Brandan und die zweite Kolumbusreise
1. Zur Einführung
In der Kirchengeschichte sind die Besonderheiten der Iroschotten (mona-
stische Kirchenordnung, altbritische Kirchengebräuche, Johannestonsur,
Osterfeier) oft festgehalten, zuweilen im Zeichen der Kontroverse. So
untersuchte man die Distanzen, die sich zu gallischen Bischöfen und zur
römischen Praxis ergaben. Doch im Grunde genommen handelt es sich um
Auseinandersetzungen über ein Brauchtum, das sich an der Peripherie an-
siedelte, nicht aber um die eigentliche Glaubenssubstanz, wenn Columban
d. J. in der Osterberechnung auf Widerspruch von seiten einiger Mitglieder
des Episkopats der Gallia christiana stieß.
Inzwischen aber hat die Forschung irische Eigenart und keltisches Volks-
tum j,enseits aller Kontroverse tiefer ergründet, in einer stärkeren Durch-
arbeitung der Quellen und in einer umfassenderen Fragestellung. Bodenver-
wurzelte Heimatliebe und steter Wanderdrang, bischöfliche Jurisdiktion
des Abtes und Aufrichtung der Klostersprengel, regeltreue Hüter der Askese
und musisch-kulturelle Begegnung mit Byzanz, Missionsmethode und mero-
wingische Politik wuchsen dabei stärker heraus. Weit über den religiösen
Bereich hinaus wurden Patricius und Brigida schon im Mittdalter zu natio-
nalen Heroen, die auch das Ausland beeindruckten. Iroschottische Skulp-
turen der Hochkreuze, der Metall- und Goldschmiedekunst, nicht minder
die ansteigende Kraft der Buchmalerei und die grundsätzlich überaus be-
deutsame Handarbeit, die die Rodung, ebenso die Handmühle und den
Gartenbau kannte, wurden schärfer herausgestellt 2.
Diese und andere Erkenntnisse und Stoffgebiete haben das Irentum all-
seitiger und in Zuerkennung des geistig-seelischen wie des technischen
2 Joseph Neubner, Die heiligen Handwerker in der Darstellung der Acta Sanctorum.
Münster i. W. 1929, S. 133 H. mit zahlreichen Quellenstellen. - Für freundliche Hinweise
habe ich zu danken Herrn Dr. Rudolf Morsey (Münster) und Fräulein Dr. Lioba Lechner
(Münster).
10 Georg Smreiber
eccl6siastique). Paris 1911; ders., Gaelic Pioneers of Christianity. The Work and Influence of
Irish Monks and Saints in Continental Europe (6 tL l2 th Century). Trans!. from the French
by Victor Collins. Dublin 1923; ders., Christianity in Celtic Lands. AHistory of the
Churmes of the Celts, their Origin, their Development, Influence, ,and Mutual Relations.
Trans!. London 1932; ders., Les Saints irlandais hors d'Iriande. Etudies dans le culte et
dans la devotion traditionnelle (Bibliotheque de la Revue d'histoire ecclesiastique, fase. 16).
Louvain-Oxford 1936.
8 Irisme Frühmissionäre in Südbayern, in: Wissenschaftliche Festgabe zum zwölfhundert-
jährigen Jubiläum des heiligen Korbinian, hrsg. von joseph Schlecht. München 1924,
S.43-60; ders., Kirchengeschichte Bayerns. 5 Bde. St.Ottilien 1949-1955, Bd. 1: Von den
Anfängen bis zu den Ungarneinfällen, bes. S. 40--47: Die irische Mission.
9 Bernhard Kötting, Peregrinatio religiosa (Forschungen z. Volkskunde, hrsg. von
Georg Schreiber, H. 33-35). Münster i. W. 1950, S.242; George B. Parks, The English Tra-
vclcr to Italy. Vo!. I: The Middle Ages (to 1525). Roma 1954, p. 50 H.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 11
des Jüngerkreises eine erstaunliche Aktivität. Die Insel Iona (Hy) wird
zum Ausfalltor großer Missionierung unter den Pikten, Südschotten und
Nordengländern, "die Schule heiliger Abte sowie schr·eibfreudiger Mönche,
die gesuchte Begräbnisstätte schottischer und irländischer Könige" 12. Dort,
wo sie im Zeichen gesteigerter Askese sich Hunderte von Meilen vom grünen
Erin entfernen, vergessen sie die Altheimat keineswegs. Sonst wäre es nicht
zu erklären, daß von dort fortgesetzte Wanderwellen in der Neuheimat
eintreffen. Sie lösen für lange Zeiten die dringliche Frage des Nachschubs,
auf der Grundlage ihres mit reichen Symbolen und Heroen ausgestatteten
Volkstums. Ja, sie bekennen sich zeitig als reifende Nation.
So weit zum frühen Mittelalter.
In einer zweiten großen, diesmal hochmittelalterlichen Wanderwelle
schufen sich die Iroschotten neue Siedlungen, zunächst in Mitteldeutschland,
dann in benachbarten Randgebieten. Sie zogen nach dem bereits von Boni-
fatius aufgelockerten Thüringen, wenn sie sich 1136 (?) in Erfurt einrich-
teten 13, in der späteren Humanisten-Zentrale, die allerdings den Iroschotten
und deren eigenem Brauchtum kritisch gegenübertrat. Der Gegensatz zu
eingewurzeltem deutschem Wesen und zu einer andersgearteten Volksfröm-
migkeit machte sich dabei satirisch geltend 14. Im Jahre 1075 treffen wir
diese Iren in St. Jakob in Regensburg, in einer Hochburg deutscher Politik
und Kultur. "Königsresidenz, königliche Grablege und Sitz der Herzogs-
gewalt ist Regensburg gewesen 15.« Von dort vollzogen sich weitere Grün-
dungen in St. Jakob in Würzburg (1134), um 1140 in St. Egid in Nürnberg,
also im Mittelpunkt wichtiger Fernhandelsstraßen. So bauten sie ihre Basti-
onen in Franken aus, wohin sie schon früh St. Kilian gewiesen hatte. Die
Erinnerung an diesen Blutzeugen und seine Begleiter war zweifelsohne in
Hibernien irgend wie gepflegt worden.
Aber auch der schwäbische Raum zog diese gründungslustigen Wanderer
an. 1142 wurde St. Jakob in Konstanz eröffnet. Die Donau und ihre
Nebenflüsse machten in der Folge ihre Anziehungskraft geltend, wenn 1158
12 Romuald Bauerreiß, Hy, bei Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche!
(LThK), 10 Bde. Freiburg i. Br. 1930-1938,5, Sp. 215 f.
13 Fuhrmann, Monasteries, p. 94.
14 S. unten bei Brandan.
15 Aloys Schulte, Regensburg und seine Eigenart in der deutschen Geschichte, in: Volks-
tum und Kulturpolitik. Festschrift für Georg Schreiber, Köln t'932, S. 201-207, bes. 206;
die ungedruckte Dissertation von D. A. Binchy, dem späteren irischen Gesandten in Berlin,
Die irischen Benediktinerklöster in Regensburg. München 1923 (Masch. Schr.), ist ziemlich
unbekannt geblieben.
Irland im deutsmen und abendländischen Sakralraum 13
St. Maria in Wien, 1168 St. Nikolaus in Memmingen, 1194 Hl. Kreuz in
Eichstätt und andere Stationen gegründet wurden 16. Solche Niederlassungen
lagen im übrigen an großen überlandplätzen und Pilgerwegen 17. Die Pflege
der Einsamkeit, die in der frühmittelalterlichen Welle, der Natur des Lan-
des und orientalischen Vorstufen entsprechend, heraustrat, wurde nun be-
achtlich verlassen. Diese hochmittelalterlichen Iren bevorzugten ebenfalls
den liturgischen Glanz und die unverkennbare Festigkeit der Bischofsstadt
(Kanonistik, Immunität, Kalendar), die bereits in jenem Zeitalter die wach-
sende Stellung der sich allmählich kräftigenden episkopalen Zentralgewalt
spiegelt, allem Archidiakonalen und Eigenkirchenrechtlichen zum Trotz.
Es war 1068, daß der Ire Paternus sein Leben als Inkluse endigte, der sich
an der Domwand von Paderborn hatte einschließen lassen 18. Er verbrannte
in Treue zu seiner Regel, da er während des Dombrandes sich weigerte,
seine Zelle zu verlassen.
Fast alle Niederlassungen unterstanden laut einer Bulle Lucius' IU. von
1185 dem Abt von Regensburg, entsprechend der starken politischen Be-
deutung dieser Donau-Metropole 19. 1216 konnte sogar auf deutschem Boden
für diese Kongregationsbildung von Fremden und Zugewanderten, ein
eigenartiges Phänomen, das erste Generalkapitel gehalten werden 20. Diese
neue Festlandsheimat empfing also betonte genossenschaftliche Bindungen
und rechtliche Festigungen. Der Zuzug aus der Heimat, die Rekrutierung
aus den gewiß weit entfernten Gebieten der Grünen Insel, dauerte noch
lange an. Nach allem vollzog sich bis zum 15. Jh. 21 eine erstaunliche Interes-
sierung der Insula sanctorum an den deutschen Räumen.
Noch ein Wort zum irischen Volkstum. Irland ist weiträumig genug, um
in ersten Anfängen ein mehrfaches Stammeskönigtum zu entwickeln. Ande-
rerseits ist die Insel so eng und abgeschlossen, daß sie gewisse Einheitszüge
und verklammernde Wölbungen zu entfalten vermag. Sie ist kräftig genug,
19 Max Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholismen Kirme 3 • 2 Bde.
Paderborn 1933-1934, 1, S. 198.
!O Ebd.
27 Parks, English Traveler, p. 81, mit Hinweis auf MG. Poet. Lat. Irr, p. 688-689.
28 Marcel Vi/ler und Karl Rahner, Aszese und Mystik in der Väterzeit. Freiburg i. Br.
(1939), S. 206 Anm. 37, mit Hinweis auf Adamnani vita S. Columbae I, p. 30; Migne,
P. L. 88 co!. 741 sq. und auf v. Campenhausen, Heimatlosigkeit, S. 20.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 15
Heimat wird weiter als ,dulce solum natalis patriae ... et virides terrae
(das grüne Irland) bezeichnet 29• Gewiß documents humains.
So weit Irland in nordwestlicher und zugleich abendländischer Sicht. Es
war Ausfallstor nach Island, es war weiter an der Christianisierung von
Norwegen interessiert. Es war zu allem eine Schöpfung eigenen Gepräges
inmitten der anhebenden romanisch-germanischen Staatenwelt. Gleichzeitig
traten Nationalheroen hervor, nicht heidnischen Ursprungs, sondern starke
Persönlichkeiten mit christlichem Sendungsbewußtsein: Patricius und Bri-
gida, Columban d. J. und Gallus, denen sich andere Entde<ker seelischer
Räume anschlossen.
In diesem Zusammenhang soll ein persönliches Erlebnis berichtet werden.
Der verstorbene Prälat Prof. Dr. Ludwig Kaas (t 1952), der wesentlich die
Ausgrabungen in St. Peter in den letzten Jahren vollzog 30, sagte mir eines
Tages: "Ich muß Sie nach Irland fragen, Sie haben darüber gearbeitet." Es
hatte nämlich der irische Botschafter beim Heiligen Stuhl gebeten, dort in
den Grotten von St. Peter eine irische Kapelle zu gewähren. Skulpturen
von irischen Heiligen sollten dort aufgestellt werden. Kaas fügte hinzu:
"Ich gedachte Columban d. J. und Gallus vorzuschlagen." Ich riet ihm ab.
So bedeutend diese beiden Persönlichkeiten für die Entfaltung und Aus-
wertung irischen Volkstums sind, so setzen sie ,doch zwei Heroen voraus,
die eine außerordentliche und fruchtbare Vorarbeit geleistet haben, nämlich
Patricius und Brigida.
Wenn heute von uns zu ,den Iroschotten Stellung genommen wird, ge-
schieht es, wie angedeutet, unter dem Bli<kwinkel ihres Nachlebens und
ihrer Nachwirkung in der abendländischen und speziell in der deutschen
Sakralkultur, die noch manche Forschungsaufgaben in sich schließt. Diese
Iren haben sich ja im Kult, im Bußbuch, im Brauchtum, in Kunst und Musik
(Hymnen), vor allem aber im Volksglauben und im Volksreligiösen durch-
zusetzen gewußt, auf Jahrhunderte hinaus. Manche Feststellungen liegen
dieserhalb bereits vor. Andere Beobachtungen sind heute noch beizubringen.
Wer die Einwirkungen der Iroschotten im mitteleuropäischen Raum, im
besonderen in deutschen Gebieten, herausZ!uarbeiten gedenkt, wird Zlunächst
auf das Neu-Irland in der Gallia christiana zurü<kgreifen müssen. Nach
29 Viller und Rahner, ebd., mit Hinweis auf AA. SS. Febr. 11, p.366, vita B. Mariani
abbatis Ratisbonnensis, c. 1, n. 6 (Marianus Scotus in Regensburg, starb um 1081).
30 S. Arthur Wynen, Ludwig Kaas. Aus seinem Leben und Wirken. Trier 1953, S. 35 ff.
Die diesem großen Gelehrten und Organisator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Campo
Santo gebotene Grabstätte ist seiner nicht würdig. Seine Ruhestätte gehört nach seiner
Heimat in Trier.
16 Georg Smreiber
dort ergeben sich von der Insula sanctorum her leichte Zugäng,e. Diese
Iren schufen, wie angedeutet, mit Klostergründungen Relaisstationen auf
ihren Wanderwegen. Diese Konvente gaben sich mit den beigegebenen
Spitälern als Residenzen der Nächstenhaftigkeit, als praktische Fürsorge
für Hilfsbedürftige, zugleich als Wegweiser zu Kultstätten und Heiltümern.
Die Praxis solcher Niederlassungen war unterschiedlich. Dort, wo von
den Iren auf dem Festland die Eremie (loca deserta) der ebenfaHs ein-
ladenden alten Römerstadt vorgezogen wurde, ersetzte ihnen die unwirt-
liche Wildnis in den Wäldern von Frankreich und Deutschland eigentlich
die Verlassenheit jener Wüste, die die großen Eremiten des Vorderen Orients
hervorbrachte. Als solche waren vor allem jener Paulus von Theben und
jener Antonius der Große zu bezeichnen, deren Vorbildlichkeit und Ruhm
schon früh auf das Abendland wirkten und selbst noch Renaissance und
Barock beeindruckten.
Die Wüste wird den irischen Mönchen und Einsiedlern ebenso durch die
keltische Inselwelt gewährt. Eine andere Bejahung des Einsamen. Immer
wieder drängt die Askese zu einem Eiland, das vom unwirtlichen Meer
umspült wird. Sie gehen in die insulare Zone entweder nur zu bestimmten
Zeiten, die wie die Fastenzeiten der Einkehr und Buße dienen 31. Sie siedeln
sich aber auch, was die Mönchsviten reichlich mitzuteilen wissen, dau-
ernd auf einer Insel an. Allerdings wächst der gleiche Einsiedler, dessen
Askese von der Mitwelt bewundert und von anderen geteilt wird, aus
seiner vereinzelten Eremitage oft genug, sowohl auf der Insel wie im Dik-
kicht des Festlandes, hinein in ein Gemeinscha/tskloster. Eremiten streben
ja in vielen ihrer Vertreter immer wieder nach festen Bindungen des Ge-
nossenschaftlichen, da sich suchende und willige Schüler bei einem vorbild-
lichen Meister des Tugendstrebens einfinden. Ein typischer Zug. Auch Inseln
in festländischen Strömen werden von den Iren gern besetzt. Man nehme
für die rheinischen Gebiete die Insel Säckingen, auf der sich Fridolin im
6. Jh. niederließ, die Insel Honau bei Straßburg mit dem Michaelskloster
(gegr. um 720), schließlich die Rheinau, die Findan (t 878) aufnahm.
Ebenso s,ei an irische Abte in Groß-St. Martin und in St. Pantaleon in Köln
erinnert 32. Willkommene Abbilder der Heimat und fast zärtlich gepflegte
Erinnerungen teilten sich mit. Das war die Geborgenheit der Wasser, die
wellenumrauschte Stille.
Viller und Rahner, Aszese, S. 207.
31
Fuhrmann, Monasteries, p. 33 f., 80 H.; über Iren in Köln um 800 s. Heinz Löwe,
32
Eine Kölner Notiz zum Kaisertum KarIs des Großen. Rhein. Vierteljahrsblätter 14, 1949,
S. 7-34, bes. S. 15 f.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 17
Die Gesmimte der Einsamkeit wird mehr denn je als ein hoher Wert-
messer aller Kulturen empfunden. Das ist jener Eremos, der sim zugleim
als Sehnsuchtsschrei in der übergeräusmvollen Gegenwart gibt. Dieses Ein-
same als Lebenselement des Volkstums und .der Nation ist von Karl Voßler
in Hinsicht auf spanism-portugiesische Ausgangspunkte und Formgebungen
eindrucksvoll untersumt worden 33. Aber was dort nom nimt herausgestellt
wurde, ist eine Besinnung auf die irosmottisme Frühstufe, die ihrerseits
orientalische überlieferungen forts.etzt. In Irland ist es, wo neben sonstiger
Einöde, neben den unwirtlimen loca deserta vor aHem, wie angedeutet, die
Insel sim scharf abhebt, die zum eigenartigen, dem ir:ismen Volkstum an-
gepaßten Schauplatz gewollter und fruchtbarer Einsamkeit wird. Das er-
innert ja an jene Insel, die mit Patmos die frumtbare Stille des Evangelisten
Johannes (Apk 1,1) dartut und die später an die Gründung des reformeri-
smen und idiorrhythmischen Johannisklosters des griechischen Mönches
Christodulos (t 1101) gemahnt. In diesen Fragenbereim gehört aum jene
Insel, die mit Robinson Crusoe (1719/20) alle Stufen der Kulturentwick-
lung, in etwa auch faustisches Gesmehen durmläuft. Gewiß atistokratisme
und kulturproduktive Herkunftslinien. Noch ist uns eine allgemeinere
kulturphilosophische und sozialgeschichtliche Würdigung des Insularen nimt
vergönnt, in der das Iroschottentum einen ehrfürmtigen und hervorragen-
den Platz einnimmt. Schließlich erhebt sich Irland selbst zur Wertstufe der
Insula sanctorum. Dieses meerumrauschte Erin empfängt frühzeitig den
Nimbus des Ehrfürchtigen und Heiligen. .
über den irischen Wanderungswegen liegt über.dies eine betont atlantische
Note. Diese kennzeichnet sich dadurch, daß auf dieser wellengepeitschten
Insel die weitaus greifende Meerfahrt von St. Brandan ausgelöst wurde.
Wir erfahren in dieser nicht ausdrücklich den westwärts eingesmlagenen
Kurs, aber dieser ist doch leicht zu erraten. Die irisme See und der Weg zu
den schottischen Inseln war ja nautisch etwas fast Alltägliches. Das Außer-
ordentliche dieser Fahrt, die Insel der Seligen in neunjähriger Fahrt zu
finden, betraf schon die Weite des Ozeans, der allein nom Entdeckungen
gestattete. Wiederum hat die Grüne Insel in der Nähe .des Atlantik die
große Kultstätte des Patricius-Fegfeuer-Heiligtums aufgerimtet, die auf
drei Seiten vom Ozean umspült wird. Nam dort, zum sog. Purgatorium
13 Poesie der Einsamkeit in Spanien. München 1940. Viele Ergänzungen bei Georg
SchreibeT, Theologische Revue 40, 1941, S. 115-119; ferner deTS., Christlicher Orient und
mittelalterliches Abendland. Verbindungslinien und Forschungsaufgaben. Oriens Christianus
38, 1954, S. 96-112; 39, 1955, S. 66-78, bes. S. 107 ff.
18 Georg Smreiber
Patricii, zu der Höhle der kleinen Insel im Lough Derg in South Donegal,
strebten irische Pilger, selbst von verschiedenen Teilen des Festlandes. Auch
heute noch, was u. a. RztdolJ Kriss mündlich zu berichten wußte. Ein Ver-
hältnis zum Atlantischen Meer stellt sich auch damit heraus, daß die glei-
chen Iren die Jakobsstraße nach Galizien befruchteten, daß sie die Santiago-
Fahrt begünstigten. Händigten sie doch wichtigen festländischen Niederlas-
sungen des Hocbmittelalters das Jakobspatrozinium ein. So gewährten sie
die Blickrichtung zum Kap Finisterre, wo sich die Spanienpilger die Pilger-
muschel an ihren Reisehut hefteten. Die Iroschotten stehen somit in einer
südeuropäischen Linie mit den weitblickenden Cluniazensern, die ebenfalls
die Compostelafahrt förderten.
2. Patricius
Patricius (P,hraic, Patrick, t 461, Fest am 17. März) 3"
der Apostel
Irlands, stellt sich uns als die überragende Figur der irischen Geschichte dar.
Sein Name kündet von vornherein einen Gegensatz zu angelsächsischen
Gestalten. Bei letzteren steht im Vordergrund der nationalen Entwicklung
weniger der Missionserzbischof Augustin von Canterbury (t 604 ?) als viel-
34 über seine Vita s. lames F. Kenney, The Sources for the Early History of Ireland.
An Introduction and Guide. Vol. I: Ecclesiastical. New York 1929, p. 319-350, vgl. aum
ibid. p. 165-169 sowie p. 804 im Register, mit vielen Verweisen; j. Ryan, Patricius.
LThK 7, Sp.l033 H.; Pa trick Francis Cardinal Moran, Patric:k. The CatholicEncyclopedia,
ed. by Charles G. Herbermann, Edward A. Pace, a. o. 17 vols. New York 1913-1922, XI,
p. 554-559; Friedrich Wotke, Patricius, bei Pauly-Wissowa, Realencyklopädie der klassi-
smen Altertumswissensmaften XVIII, 2, 1949, Sp. 2233-2241; lohn O'Hanlon, Lives
of the Irish Saints, with Special Festivals, and the Commemorations of Holy Persons,
Compiled from Calendars, Martyrologies, and Various Sources, Relating to the Ancient
Churm History of Ireland, 9 vols. Dublin,London, NewYork 1875-1903; In, p. 399-!l31;
Gougaud, Saints irlandais, p. 142-158; Schreiber, Wanderkulte, S. 12-14; Friedrich Wotke,
Das Bekenntnis des heiligen Patric:k und sein Brief an die Gefolgsleute des Coroticus.
Eingel. und übers. (Zeugen des Wortes, 25). Freiburg i. Br. 1940; Ludwig Bieler, The Life
and Legend of St. Patric:k. Problems of Modern Scholarship. Dublin 1949; ders., The Works
of St. Patric:k, St. Secundinus, Hymn on St. Patrick. Transl. and Annotated (Ancient
Christian Writers. The Works of the Fathers, ed. by lohannes Quasten and loseph
C. Plumpe, No. 17). Westminster, Maryland, and London 1953; über den Stand einzelner
Fragen der Patricius-Forsmung (Problem der zwei Patricks, Chronologie usw.) unterrimtet
zuletzt ders., Vindiciae Patricianae. Remarks on the Present State of Patrician Studies.
Irish Ecclesiastical Record, 5th Ser.. 79, 1953, p. 161-185; "Walter Delius, Geschichte der
irischen Kirme von ihren Anfängen bis zum 12. Jahrhundert. München, Basel 1954, im
Register S. 173 f.; die Patrickforschung ist durch S. Czarnowski, Le Culte des heros et ses
conditions sociales. Saint Patrick, heros national de l'Irlande. Paris 1919, in allgemeine
und bedeutende rcligionswissenschaftliche und sozial psychologische Zusammenhänge ein-
bezogen.
Irland im deutschen und abendländischen Sakral raum 19
mehr die Figur des hl. Königs, mit St. Oswald, dem Herrscher von North-
umbrien (t 642), mit Eduard dem Martyrer (t 978). Dazu treten die
Regenten, die im Kampf gegen die Dänen standen, nämlich St. Edmund,
der König der Ostangeln (t 870), und Eduard der Bekenner (t 1066). So
trat das Bild des Königtums der britischen Volksfrömmigkeit und Volks-
phantasie eindrucksvoll vor Augen, das im Gegensatz zum Irenturn. Ja,
diese angelsächsischen Herrscher, deren Bild dramatische Züge und schwere
Schicksale mit sich führte, wanderten sogar in den Kult und die Verehrung
des Festlandes. Wenn Shakespeare seinerseits britische Könige, allerdings
in dner profangeschichtlichen und dichterisch empfundenen Ausgestaltung,
behandelte 35, sei es dahingestellt, inwieweit das ältere englische Königs-
erlebnis im Unterbewußtsein mitsprach.
Patricius wurde bald zum Nationalheros der Iren, obwohl er um 385/386
in Britannien geboren war (t 461 in Nordirland). Die kultmächtige Neu-
heimat wollte ihm einen weitgehenden Herrschaftsbereich zuerkennen, der
über die Grüne Insel hinausgriff. Bei einem irischen Plünderungszug wurde
der Sechzehnjährige als Sklave nach Hibernien verkauft. Die irischen See-
könige, die an den britischen Küsten raubten, verloren sich in der Dunkel-
heit der Geschichte. Aber der Gefangene rückt in eine große nationale und
übervolkliche Perspektive. Er empfängt vom Volksvertrauen früh jene
agrarische Note, die bei ihm auf Jahrhunderte hinaus sich kultdynamisch
bemerkbar machte, die ihn selbst noch als Anwalt von Haus und Hof in die
Gebiete der grünen Steiermark führte. Diente er doch in Irland als Hirt.
Wenn die Legende des 14. Jhs. aus deIn rränkischen Einsiedler Wendelin
einen schottischen Schäfer machte, kann es sein, daß das Patriciusleben und
verwandte irische Schilderungen solche Züge für seine Biographie bei-
steuerten 36.
Soviel Unsicherheit und spätere Zusätze die Biographien über Patricius,
die als ältere Viten dem Ende des 6. Jhs. zugehören 37, auch mit sich führen, es
spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, daß er in geistigen Hochburgen Galliem
35 Dazu s. neuerdings walter F. Schirmer, Glück und Ende der Könige in Shakespeares
Historien (Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Geistes-
wissenschaften, H. 22). Köln und Opladen 1954.
3G A. Selzer, St. Wendelin. Theo!. Diss. Münster. Saarbrücken 1936. - Dazu Georg
Schreiber, Volk und Volkstum 3. München 1938, S. 347-353; s. neuerdings Theodor Horn-
berger, Der Schäfer. Stuttgart 1955, S. 165 H.
37 J. Ryan, Patricius, LThK 7, Sp. 1033-1035; Bieler, Life of Patrick, p. 41 H.; über die
einheimische irische Patricius-Vita, die Vita Tripartita (zwischen 895-901) s. K. Mulchrone,
Die Abfassungszeit und übedieferung der Vita Tripartita. Zeitschr. f. celtische Philologie
16,1927, S.I-94.
20 Georg Schreiber
:)8 Bieter, Life of Patridt, p. 104 f. -Bieler (Vindiciae, p. 171) lehnt es ab, daß Patricius
4! earl Joseph v. He/eIe, Conciliengeschichte. Nach den Quellen bearb. 9 Bde. 2. Auf!.
Freiburg i. Br. 1873-1890, 5, S. 570; He/eIe - H. Leclercq, Histoire des conciles V. Paris
1913, p. 915.
43 John Ryan, Irish Monasticism. Origins and Early Development. Dublin and Cork
1931, p. 92. 102.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 21
Hinweis auf die mittelalterliche ars moriendi und die hohe Wertung der
missalen Funktion 47. Weiter bemerkte der Mönch, sie solle den Tod nicht
fürchten, denn es komme der selige Patricius mit einer glorreichen Schar
von Engeln, um sie in Empfang zu nehmen. Gertrud starb am folgenden
Morgen, am Fest des Irenapostels 48. Gewiß ein bemerkenswerter Beitrag
zur Geschichte der Kunst des Sterbens.
Nach allem steht Patricius ruhmreich in den Konturen des christlichen
Festlandes. Die Litanei Ludwigs des Deutschen mit ihren über 500 Anrufun-
gen kennt ebenso den Namen des Irenapostels 49. So tritt er in die Heroen-
galerie seines Volkes. Ja, mehr als alle anderen großen Iren wird er zum
nationalen Symbol, ähnlich jenem Stephan 1., in dessen Name und Krone
die Kräfte Ungarns sich zu einem neuen Aufbruch sammelten 50.
Ungemein bedeutsam begleitete den irischen Heilbringer ein eschatolo-
gischer Zug: dieser betrifft die zerklüftete Höhle auf einer Insd im Lough
Derg (bei Pettigo, Grafschaft Donegal). Diese Höhle, die mit dem 12. Jh.
eine literarische Tradition empfing, wurde unt<er der Bezeichnung "St.
Patricks Fegfeuer" zum Ziel nicht nur irischer, sondern auch abendlän-
discher Wallfahrten 51. Wenn auch keine Massenfahrten erfolgten, wurde
doch mit den Visiones Georgii des ungarischen Ritters Georg vom Jahre
1353 die Visionenliteratur bemerkenswert bereichert 52. Diese eschatolo-
47Dazu Adolph Franz, Die Messe im deutschen Mittelalter. Freiburg i. Br. 1902, S. 767.
48E. de Moreau, Histoire de l'Eglise en Belgique. T. I-IV. 2 me ed. (Museum Lessianum.
Section Historique, No. 2). Bruxelles 1945, I, p. 146; ders., Gertrud. LThK 4, Sp. 445.
49 Georg O. Swarzenski, Die Litanei Ludwigs des Deutschen in der Stadtbibliothek zu
Frankfurt a. M., in: Studien aus Kunst und Geschichte. Festgabe für Friedrich Schneider.
Freiburg i. Br. 1906, S. 176.
50 S. Georg Schreiber, Stephan I. in der deutschen Sakralkultur (Ostmitteleuropäische
Bibliothek, hrsg. von E. Lukinich, Nr. 15). Budapest 1938; ders., Stephan I. der Heilige,
König von Ungarn (997-1038). Eine hagiographische Studie. Jubiläumsschrift zur 900-Jahr-
feier. Paderborn 1938.
51 Kenney, Sources I, p. 354 H., mit der wichtigsten Literatur. S. ferner Reinhold Röh-
richt und Heinrich Meisner, Deutsche Pilgerreisen nach dem Heiligen Lande. Berlin 1880,
S.257-260; Max Voigt, Beiträge zur Geschichte der Visionen literatur im Mittelalter
(Palaestra, 146). Leipzig 1924; Oliver St. Gogarty, I follow St. Patrick. 2nd ed. London
1950, p. 268 f.; Bieler, Life of Patrick, p. 26.
52 L. L. Hammerich, Visiones Georgii. Visiones quas in Purgatorio sancti Patricii
vidit Georgius miles de Ungaria A. D. MCCCLIII (Det Kgl. Danske Videnskabernes
Se1skab. Historisk-filologiske Meddelelser XVIII, 2). Kobenhavn 1931; ders., Eine Pilger-
fahrt des XIV. Jahrhunderts nach dem Fegfeuer des H. Patricius. Zeitschr. f. deutsche
Philologie 53, 1928, S. 25-40. - Der Bericht des Zisterziensers H einrieh von Saltrey (wohl
um 1190) ging in zahlreiche lateinische, altfranzösische, provenzalische und schwedische
Prosafassungen und in altfranzösische, englische, spanische, deutsche und niederländische
metrische Bearbeitungen über. Selmar Eckleben, Die älteste Schilderung vom Fegfcuer des
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 23
gische Sicht griff bis in Dantes Göttliche Komödie 53. - So wurde Patrick in
allem der Inaugurator der Irish Saints, die Irland zur Insula sanctorum
machten 54. Gleichzeitig wurde er im Volksbewußtsein zum Sinnzeichen der
nationalen Würde 55. So nährte er auch in den schwersten Zeiten die Hoffnung
und Zuversicht des irischen Volkstums.
Es mag der Patricius-Fo.rschung überlassen bleiben, weitere Verbindungslinien der
Patricius-Wanderung herauszustellen, die sich über das Festland erstreckten. Das betrifft
unter anderem die Kalendarien des 8. Jahrhunderts aus der Bretagne, der Normandie,
aus Nordfrankreich, aus dem Elsaß 56, das Gedicht des Cellanus, des Abtes von Peronne 51
und jene Erwähnung bei Rhabanus Maurus, daß den Heiligen Kilian, Brigida, Columban
und Patricius Altäre geweiht sind 58. Weitere Züge der Patricius-Wanderung zum Festland
und im besonderen in den deutschen Raum sind von uns an anderer Stelle im Sinne einer
Vorstudie mitgeteilt 59.
3. Steirische Patricius-Litanei
Der Kult des hl. Patricius zog sich zu allem bis in die alpinen Räume,
ohne allerdings ein Bergwerkspatrozinium auszulösen. Es ist die östliche
Steiermark, in der er nach der Seite des Volksreligiösen noch heute ver-
wurzelt ist. Dort hat das Bauernvolk in der ihm eigenen konservativen Art
diese Devotion zu pflegen gewußt.
hl. Patricius. Halle a. S. 1885, S. 6 f. - Der Held erscheint als Nicolaus in der Goldenen
Legende. Th. Graesse, Jacobus a Voragine, Legenda aurea, vulgo Historia Lombardica
dicta. Ed. tertia. Vratislaviae 1890, p.214; Richard Benz, Jacobus de Voragine, Legenda
aurea. Deutsch. 2 Bde. Jena 1917-1921, 1, Sp.320f. Von weiteren literarischen Verweisen
sehen wir ab.
53 Den Einfluß der Purgatoriumslegende auf Dante stellt nachdrücklich heraus Rudolf
Palgen, Das mittelalterliche Gesicht der Göttlichen Komödie. Heidelberg 1935, S.87-98;
den Analogien zwischen bei den spürt nach Vincenzo Berardis, haly and Ireland in the
Middle Ages. Dublin 1950, p. 145 f. - Weitere wichtige irische Beiträge zu den Visionen
in der Weltliteratur bieten die Visionen von Furseus und Tundal, auch St. Brandans Meer-
fahrt führt "in eine andere Welt". Bieter, Life of Patrick, p. 124; s. unten.
54 li.ltestes Zeugnis für diese Bezeichnung bietet Marianus Scotus (t 1082 oder 1083):
Hibernia, insula sanctorum, sanctis et mirabilibus perplurimis sublimiter plena habetur.
MG. SS. V, p. 544 Nr. 696.
55 Bieter, Life of Patrick, p. 22 f. 124.
56 Wichtige Hinweise bei Gougaud, Saints irlandais, p. 147 ss.
51 Traube, Perrona Scottorum, S. 486; vgl. Wilhelm Levison, Zu den Versen des Abtes
Cellanus von Nronne. Zeitschr. f. celtische Philologie 20, 1936, S.385; Bieler, Life of
Patrick, p.121.
58 MG. Poet. Lat. II, p. 208; ein ähnliches Epigramm verfaßte Alcuin. MG. Poet.
Lat. I, p. 342. Dazu lohn Hennig, Irish Saints in Early German Literature. Speculum 22,
1947, p. 358-374, bes. p. 360.
5' Schreiber, Wanderkulte, S. 12-14.
24 Georg Schreiber
Heiliger Patriti, der du deine dich unter ihrem Herzen tragende mit Gift getränkte
Mutter vor dem Tod errettet hast,
Heiliger Patriti, der du das Gift mit deinen Händlein begriffen und mit dir auf die
Welt gebracht hast,
Heiliger Patriti, der du als junges Knäblein Eiszapfen in Feuer verwandelt hast,
Heiliger Patriti, der du von vielen annoch im Mutterleib ruhenden inländischen
Kindern mit heller Stimm bist um Hülf angeruffen worden,
Heiliger Patriti, der du gleichwie Moyses deinen Pilgerstab von der göttlichen Hand
empfangen,
Heiliger Patriti, der du gleichwie Moyses das inländische Volk von dem Joch des
höllischen Pharaonis erlediget,
Heiliger Patriti, der du öfters die höllischen Geister in großer Menge aus Irrland
abgetrieben,
Heiliger Patriti, der du als ein sorgfältiger Seelenhirt deine Schäflein mit dem gött-
lichen Wort unermühtet geweidet hast,
Heiliger Patriti, der du zu Bekehrung der Ungläubigen die Eröffnung des Fegfeuers
von Gott erhalten,
Heiliger Patriti, der du drey ganzer Tag unaufhörlich geprediget, ohne Verspürung
einiger Nacht,
Heiliger Patriti, der du durch diese dreytägige Predig deine Zuhörer von allen
Hunger, Durst und Schlaf befreyet hast,
Heiliger Patriti, der du vierzehntausend Personen mit weniger Nahrung abgespeiset,
Heiliger Patriti, der du bey der Nacht mit deinen fünf Finger gleich fünf Sonnen
ein ganzes Land beleuchtet,
Heiliger Patriti, der du sechsundsechzig Tode zum Leben erwecket,
Heiliger Patriti, der du hundertfünfundsechzig Kirchen erbauet,
Heiliger Patriti, der du von denen Heyden gefangen, harte Streich und Steinwurf
geduldig ertragen,
Heiliger Patriti, der du deinen täglichen Verehrern die göttliche Gnad zu ihrem
Sterbstündlein versprochen,
Heiliger Patriti, der du vor deinem Lebensende vierzig Tage gefastet,
Heiliger Patriti, bey dessen unbegrabenen Leichnam zwölf Tage keine Nacht ver-
spüret wurde,
Heiliger Patriti, dessen Leichnam durch eben diese zwölf Tag von vielen Priestern und
Engeln wechsel weis besungen,
Heiliger Patriti, der du unzählige Mirakel gewirket."
Die umfängliche Litanei beansprudlC eine nähere Würdigung. Sie ist ein kostbares Stü<k,
was die Wertung des irischen Volkstums betrifft, die sich auf deutschem Boden vollzog.
Sie ist im Grunde genommen die Biographie eines religiösen Heros. Der reiche Legenden-
kranz, der sich um die Gestalt des h1. Patricius wie ein strahlender Nimbus legt, teilt sich
auch an dieser Stelle mit. Das wirkt in der Tat wie ein Griff in die Legenda aurea. Das
gibt sich zum weiteren wie ein BIi<k in ein verzü<ktes und angestauntes Mirakelbuch.
Eine Fülle von Einzelzügen, die der Patricius-Volksglaube mit sich führte, werden fest-
gehalten, da sie geeignet sind, auch das agrarisch bewegte Volkstum des ostalpinen Raumes
zu interessieren.
Die bäuerliche Note tritt in einer zweiten Litanei, die aus Schäffern (Oststeiermark,
1770) stammt, nachhaltiger heraus. Es heißt dort in den letzten Anrufungen G.:
"Heiliger Patritius, Du besonderer Patron wider die bösen Ungewitter,
Heiliger Patritius, Du besonderer Patron wider alle Feldschäden,
Heiliger Patritius, Du besonderer Patron wider die Feuersbrünste,
Heiliger Patriti us, Du Abwender der Viehseuchen."
Das erste Wechsel gebet zeichnet hingegen allgemeinere, nicht berufsständisch gesehene
Mirakel ein. Es soll dabei besonders bemerkt sein, daß das Purgatorium, das eigentlich
unentbehrliche, erzähJerische Attribut des Patricius, erwähnt ist. Wiederum ist es volks-
tümlich, daß der Armen Seelen gedacht wird, die Patricius, diesmal wieder unter Erwäh-
nung des Fegfeuer-Motivs, aus dem Purgatorium erretten hilft. Der Hinweis auf die
Zugehörigkeit des Irenapostels zu den Hausheiligen der regulierten Augustinerchorherren
bildet das Finale der ersten Litanei. - In der heute noch gebräuchlichen Litanei von
Wenigzell (1863) sind die auf die Landwirtschaft bezüglichen Bitten auf zwei beschränkt 66.
Dafür wird der Heilige in einer allgemeineren Wendung als Vorbild der Frömmigkeit
herausgestellt. - Noch sind manche Untersuchungen zur Geschichte der Litanei, besonders
der Allerheiligen-Litanei, notwendig. Wir haben darauf an anderer Stelle mehrfach hin-
gewiesen. Mögen diese Anregungen auch in Hinsicht auf Irland aufgenommen werden.
4. Brigida
Die Verehrung der hl. Brigida (Brigitta, Brigita, Brigit, Bridget, Bride,
geb. 453, t 521, Fest am 1. Februar) 67 umfaßt noch einen größeren Sakral-
bereich als der Kult des hl. Patricius, soweit das Festland in Frage kommt.
Allerdings bildet sie mit diesem ein volksvertrautes Geschwisterpaar 68.
Teu/elsbauer, Patritius, S. 93.
63
Ebd. - Dazu Georg Schreiber, Deutsche Bauernfrömmigkeit (Forschungen zur Volks-
66
kunde, hrsg. von Georg Schreiber, H. 29). Düsseldorf 1936, S. 27. 43. 44.
67 Ausführliche Bibliographie der Viten und Hymnen bei Kenney, Sources I, p. 356-363;
Joh. E. Stadler, Vollständiges Heiligen-Lexikon. Fortges. von J. N. Ginal. 5 Bde. Augs-
burg 1856-1882, 1, S. 513; W. H. Grattan-Flood, Brigid. Cath. Encyc!. II, p. 784 f.;
L. Pfleger, Brigitta. LThK 2, S. 561; O'Hanlon, Lives II, p. 1-224; Bellesheim, Irland 1,
S.69-72; Ryan, Monasticism, p. 134 ff.; Gougaud, Saints irlandais, p. 16-45; Schreiber,
Wanderkulte, S. 14-18; Delius, Irische Kirche, S. 50.
68 Solche "Geschwisterheilige", wie ich sie nennen möchte, sind im irischen Bereich auch
Dymphna und Gerebernus. Dazu Schreiber, Wanderkulte, S. 33-35.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 27
69 Thomas J. Johnston, John L. Robinson and Robert Wyse Jackson, A History of the
Church of Ireland. Dublin 1953, p. 57. - St. Lioba bestimmte, daß ihre Gebeine bei denen
des h!. Bonifatius in Fulda ruhen sollten.
70 Wir ergänzen hier Heinrieb Günter, Psychologie der Legende. Studien zu einer wissen-
Mirakel, die sich um ihre Gestalt weben, machen es erklärlich, daß sie "the
Mary of the Gael« genannt wird 76.
Von der Verehrung, die sie schon in früher Zeit in ihrer Heimat genoß, zeugen zwei
lateinische Hymnen, die wahrscheinlich aus dem 7. Jahrhundert stammen 77, und ein dritter
aus der gleichen Zeit, der wohl der älteste ist, der in irischer Sprache auf uns gekommen
ist 78. Es waren ja die Zeiten vom 6. bis 8. Jahrhundert eine Blütezeit der Hymnodie, die
von Iroschotten besorgt wurde 79. Das Cuimmfn von Condere (t 659) zugeschriebene, aber
wahrscheinlich erst im 11. oder 12. Säkulum - in Zeitaltern, in denen sich vieles hagio-
graphisch festigte - entstandene Gedicht über die irischen Heiligen singt von ihr:
"Blessed Brigit loved lasting devotion which was not prescribed, shepher,ding and early
rising, hospitality to wonder-working men 80." Als Patronin der Insula sanctorum wird
sie heute in Irland, Schottland und Wales gefeiert, ebenso in den Diözesen Birmingham
und Portsmouth 81, wie denn auch ihr Fest bereits in der 2. Ausgabe (9. Jahrhundert) des
Martyrologiums von Beda (t 735) erscheint 82 • Die stammverwandte Bretagne schloß sich
dem Gedenken an 83. - Bedeutsam war zum andern ihr stellenweise bis ins 19. Jahrhundert
gepflegter Kult in den voiksreligiös bewegten Gebieten zwischen Seine und Maas, wo die
Iroschotten namhafte Niederlassungen (Lagny-sur-Marne, Saint-Fiacre, Peronne, Aubigny,
Fosses usw.) gegründet hatten 84. Die Gallia christiana wurde an mehr ,als einer Kultstätte
zur Pflanzung und zum Widerschein irischer Sakralkultur.
Bereits in karolingischer Zeit tritt diese in dem kultbewegten und fernrnächtigen Tours
in das liturgische Wechsel gebet 85 Auch die irisch interessierte Litanei Ludwigs d. Deutschen
kennt ihre Anrufung 88. Sie wird überdies in einer Ostwanderung heimisch am Rhein und
in Mitteldeutschland, ja sie zieht südwärts ins alpine Vorland und ins Hochgebirge. Ihrer
gedenkt ebenso der italische Raum 87, und mit ihren Reliquien wandert ihre Ver-
76 Whitley Stokes, Lives of Saints from the Book of Lismore (Anecdota Oxoniensia,
Mediaeval and Modern Series, V). Oxford 1890, p. 51. 198.
77 Kenney, Sources I, p. 267 f.
78 Ibid. p. 268.
79 A. Manser, Hymnen. LThK 5, Sp. 221 f.
80 Whitley Stokes, Cuimmin's Poem on the Saints of Ireland. Zeitschr. f. celtische
Philologie 1, 1897, p. 63; vgl. Kenney, Sources I, p. 482.
81 Donald Attwater, A Dictionary of Saints. Being also an Index to the Revised Edition
of Alban Buttler's ,Lives of the Saints'. 2 nd ed. London 1948, p.53.
82 Ferdinand Piper, Die Kalendarien und Martyrologien der Angelsachsen. Berlin 1862,
S. 75; vgl. Gougaud, Saints irlandais, p. 21 s.
83 Gougaud, Saints irlandais, p. 23 ss. - S. Eugene Monseur, Le Folklore wallon
(Bibliotheque beIge des connaissances modernes). Bruxelles (ca. 1892), p. 128 S.
84 Wegen der zahlreichen Zeugnisse verweisen wir auf Gougaud, Saints irlandais,
p. 26 ss. Weitere Dokumente: Anal. Boll. 55, 1937, p. 51. 53; 58, 1940, p. 60; 59, 1941,
p.274; 62, 1944, p. 62. 67. 134. 148. 154. 157. 167.
85 Edm. Martene, De antiquis Ecc1esiae ritibus libri tres. 2 vol. Antverpiae 1763-1764, I,
p.309.
86 Swarzenski, Litanei, S. 176.
87 Anselmo Tommasini, I Santi irlandesi in Italia. Milano 1932, p. 164 ss.; Marco Ma-
gistretti ed Ugo Monneret de Villard, Liber notitiae sanctorum Mediolani. Milano 1917,
p. 57 B nr. 55-56.
Irland im deutschen und abendländischfn Sakral raum 29
ehrung bis nach Portugal 88. Vor der Glaubensspaltung wurde sie wie andere Iren auch in
Skandinavien gesdlätzt 89. So erfuhr der Kult eine ungemeine Weite. Man mag einmal
darangehen, andere sakrale Herrschaftsbereid1e der Frau (St. Kümmernis, St. Katharina,
St. Ursula, St. Barbara u. a.) vergleichend heranzuziehen. Bislang ist der Blick mancher
Historiker mit einer gewissen Einseitigkeit auf polmsche Territorialmacht und profane
Siedlungsgebiete gerichtet.
Im deutschsprachigen Raum fällt die Häufigkeit der Zeugnisse ihrer Verehrung in der
Schweiz auf, so namentlich in St. Gallen (seit dem 9. Jahrhundert) 90, Graubünden 91,
Einsiedeln 92 und ebenso in der Gegend von Basel 93 • Dort zeichnen sich auch sonst Inter-
essensphären der Iroschotten ab, wobei sich der Rhein, aber auch das benachbarte Burgund
als Zubringer erwiesen. - Zur ausgesprochenen Patronin wird sie im benachbarten Elsaß.
Im Schottenkloster St. Michael auf der Insel Honau schlägt sie ihr Kultzentrum auf,
wohin schon im 8. Jahrhundert Reliquien gekommen waren; diese werden 1298 nach
Rheinau, 1398 nach Alt-St.-Peter in Straßburg gebracht 94. Von dort zogen sich weitere
kultische Wellen in den gesamtelsässischen Raum 95. Das Stift Honau bezeugt im beson-
deren ihre Volkstümlichkeit. Hören wir doch dort von einem St.-Brigiden-Zehnten, von
St.-Brigiden-Brot, St.-Brigiden-Wein 96. So wuchs sie in das Brauchtum und in das Reidmis.
Ihr wurde zudem eine elsässische Wallfahrt, die seit 1470 in Iffezheim namweisbar ist 9 '.
Im benambarten Lothringen ist ihr Andenken heute nom lebendig. Während schon in
einer aus Metz stammenden Absmrift des Martyrologium Hieronymianum (8. Jahr-
hundert) ihr Fest aufgeführt wird 98, wallfahren jetzt Pilger nam Freimengen, um eine
Reliquie der Heiligen zu verehren und Brot und Salz segnen zu lassen. Irosmottentum
dringt hier und an anderen Stellen in die aufnahmefreudige Interessensphäre der Bene-
diktionen 99. Des weiteren ziehen die Wallfahrer nam Nellingen, wo sie von Brigida den
Schutz der Tiere erbitten, sowie nam Holbam 100.
Doch weit über den elsässischen Raum hinaus tritt "sand Breide" ihren Sieges lauf in die
deutschen Lande an. Vom iroschottisch aufgesmlossenen Oberrhein 101 dringt sie ostwärts
bis Hohenzollern 102, Württemberg 103 und Altbayern 104 vor. In Franken, wo der Main-
strom den Iroschotten günstig ist, läßt sie sich in Bamberg (seit dem 11. Jh.) 105 nieder
und findet Aufnahme in die Staffelsteiner Gruppe der stark mainfränkisch ausgerichteten
Vierzehn Nothelfer l08 • Um 1320 widmet ihr ein unbekannter Dichter (wahrscheinlich aus
den niederschwäbisch-fränkischen Gebieten oder aus der Oberpfalz) 447 Verse in seinem
"Märterbuch" 107, für das er aus der Legenda aurea schöpft. Auch das Hessenland wird
vielfach mit Patrozinien bedacht 108. Schon Rhabanus Maurus (t 856) widmete der
hl. Brigida wie auch Columban und Patricius Epigramme in seinen Tituli Ecclesiae
Fuldensis 109. Hier und andernorts bekundet das Benediktinertum seine Wahlverwandt-
schaft zu den Iroschotten. Die verbindenden Linien waren stärker als etwaige Spannungen.
Wiederum trifft man Brigida mit Kirchenbesitz seit dem 9. Jahrhundert am Rhein
(Mainz) 110 und an der Mosel (Trierer Raum) 111, besonders häufig aber im Erzbistum
Köln 112, wohl zum Teil unter irgendwie begleitenden angelsächsischen und fränkischen
Einflüssen. Auch im Bistum Münster ist unter gleichen karolingischen Einwirkungen ihr Fest in
das Kalendarium des Domes wahrscheinlich bereits vor dem 9. Jahrhundert aufgenommen
worden 113. Neben den monastischen Genossen - Benedikt, Columban, Gallus, Maurinus,
106 Franz X. Buchner, Volk und Kult (Forschungen zur Volkskunde, hrsg. von Georg
Schreiber, H. 27). Düsseldorf 1936, S. 19.
107 Das Märterbuch. Die Klosterneuburger Handschrift 713, hrsg. von Erich Gierach
(Deutsche Texte des Mittelalters, hrsg. von der Preuß. Akad. d. Wiss., Bd. 32). Berlin 1928,
S. 28-37, vgJ!. S. XXXIII.
108 F.J.Bodmann, RheingauischeAlterthümer. 2 T. Mainz 1819, 2, S. 593;Romuald Bauer-
reiß, Fons Sacer (Abhandl. d. Bayer. Benediktiner-Akademie, Bd. 6). München-Pasing 1949,
S. 22 f.; Karl Heinrich Schäfer, Frühmittelalterliche Kirchenpatrozinien in Hessen. Fuldaer
Geschichtsblätter 14, 1920, S. 97-112, bes. S. 107; Wilhelm Classen, Die kirchliche Organi-
sation Althessens im Mittelalter samt einem Umriß der neuzeitlichen Entwicklung (Schriften
d. Instituts f. geschichtliche Landeskunde von Hessen u. Nassau, hrsg. von E. Stengel,
8. Stück). Marburg 1929, S.188; Munding, Kalendarien 1, S.33; Clauss, Elsaß, S.143;
L. Pfleger, Die elsässische Pfarrei, ihre Entstehung und Entwicklung, Straßburg 1936, S. 87.
109 MG. Poet. Lat. II, p. 208. 221. 230. Ein ähnliches Epigramm verfaßte Alcuin.
Ibid. I, p. 342. - Vgl. Hennig, Irish Saints, p. 360.
110 Munding, Kalendarien 1, S. 33; Dorn, Patrozinienforschung, S. 226; 2 Kalendarien
aus Lorsch. Gougaud, Saints irlandais, p.33.
111 8 Kirchenpatrozinien. Handbuch d. Bistums Trier 1938, S. 870; Litaneien, Martyro-
logien und Kalendarien. Peter Miesges, Der Trierer Festkalender (Trierisches Archiv.
Ergh. 15). Trier 1915, S.25-27; Anal. Bo.ll. 55, 1937, p.64; ibid. 59, 1941, p.297; Gou-
gaud, Saints irlandais, p. 39.
112 Anal. Boll. 54, 1936, p. 13; Georg Zilliken, Der Kölner Festkalender. Bonner Jahr-
bücher 119, 1910, S. 13-157, bes. S. 42; Clauss, Elsaß, S. 144; Heinrich Samson, Die Heili-
gen als Kirdlenpatrone und ihre Auswahl für die Erzdiöcese Köln und für die Bistümer
Münster, Paderborn, Trier, Hildesheim und Osnabrück. Paderborn 1892, S. 153 (mehr
Materialsammlung); Leonhard Korth, Die Patrocinien der Kirchen und Kapellen im Erz-
bistum Köln. Düsseldorf 1904, S. 40 f.; Matthias Zender, Schutzheilige der Haustiere im
Rheinland. Rheinische Vierteljahrsblätter 5, 1935, S. 70-85, hier S. 73; Ad. Wrede, Eifeler
Volkskunde. Bonn und Leipzig 1924, S. 84; W. Stüwer, Die Patrozinien im Kölner Groß-
archidiakonat Xanten. Bonn 1938, S.144. 208; Franz Jostes, Altsächsische Kalender aus
Werden und Hildesheim-Essen. Beiträge z. Geschichte d. Stiftes Werden 1895, H. 4,
S. 139-152, bes. S. 142. - Dazu weitere Forschungen von Matthias Zender.
113 R. Stapper, Die Feier des Kirchenjahres an der Kathedrale von Münster im hohen
Mittelalter. Westfälische Zeitschr. 75, 1917, 1, S. 1-81, bes. S.l1; W. Grewe, Die Urkunden-
datierung nach dem Münsterischen Festkalender. Ebd. 96, 1940, S. 1-38, bes. S. 8.
32 Georg Sdueiber
Scholastika - wurde sie 1088 Mitpatronin in der Kirche des überwasserstifts 114. Hier
begegneten sich, wie auch sonst in Patrozinien, Kalendarien, Litaneien 115 und auf Altären,
Benediktinisches und Iroschottisches. Beides fand sich erneut ein, ungezwungen und ohne die
Polemik der Bonifatius-Korrespondenz. In der benachbarten Weser-Diözese ernannte
sie Bischof Meinwerk von Paderborn (1009-1036) zur Mitpatronin seines Domes, indem
er sie neben die Jungfrau Maria, neben den Iroschotten Kilian und den gallischen Bischof
Liborius stellte 116. Dies geschah wohl unter dem Einfluß der Mönche dieser Bischofs-
stadt, unter denen sich vielleicht Iroschotten befinden mochten. Jedenfalls weisen die
Paternus-überlieferung 117 und das dortige hochmittelalterliche Interesse an den Viten
der Iren und der Angelsachsen 118 in diese Richtung.
Wenn wir uns fragen, wieso die Verehrung dieser irischen Heiligen auf
dem Festlande ein so starkes Echo gefunden hat, so wird man antworten
dürfen, daß iroschottische Niederlassungen dem Kult einen starken Rück-
halt gewährten; daß diese Neuheimaten der karolingischen Bistumsgrün-
dungen kaum Heilige aus eigenem Erdreich kannten; daß zum anderen
114 Westfälisches UB 1, Münster 1847, S.106-107, Nr. 134. In der gleichen Diözese
unterstand ihr die Pfarrkirche in Legden. H. Kampschulte, Die westfälischen Kirchen-
Patrocinien, besonders auch in ihrer Beziehung zur Geschichte der Einführung und Be-
festigung des Christentums in Westfalen. Paderborn 1867, S. 83. 200; Heinrich Börsting
und Alois Schröer, Handbuch des Bistums Münster. 2 Bde. 2. Aufl. Münster 1946, 1, S.166.
115 Auch die Letania Augustana (11. Jh.), das liturgische Wechselgebet des Augsburger
Bistums, nennt die Iren Columban und Gallus an der Seite der Angelsachsen Beda und
Waltpurga. F. A. Hoeynck, Geschichte der kirchlichen Liturgie des Bistums Augsburg.
Augsburg 1889, S. 432 H.
1lö B. Stolte, Der Dom zu Paderborn. Westfälische Zeitschr. 62, 1904, S. 104-162, bes.
S. 129 H. Ebenso ist sie in den unter Meinwerk entstandenen Festkalender aufgenommen.
Clemens Honselmann, Ein Festkalender des Paderborner Domes aus der Zeit Meinwerks,
in: Sankt Liborius. Sein Dom und sein Bistum. Paderborn 1936, S. 95-120, bes. S. 108.110.
Der Dom besitzt eine Brigidenkapelle (12. Jh.). - Bei Ausgrabungen im sog. Atrium des
Domes (zwischen Dom und Kreuzgang) im J. 1920 wurde der alte Brigidenaltar freigelegt.
In der darunterliegenden karolingischen Apsis des alten Domes fand sich an fast gleicher
Stelle der Rest eines Altares, der vermutlich ebenfalls der hl. Brigida geweiht war. Alois
Fuchs, Die Reste des Atriums des karolingischen Domes in Paderborn. Achter Jahresbericht
des Museumsvereins des Bistums Paderborn, 1923, S. 21-64, bes. S. 40f. - Bezeichnend ist,
daß die Hs. einer in Irland gebräuchlichen Hymne auf die h!. Brigida (lU12. Jh.) a,us
Paderborn stammt (Cod. Pa!. Nr. 482, Vat. Bib!.); vgl. Westfälische Zeitschr. 45, 1887,
S. 151. - Frd!. Hinweis von Prof. Dr. C. Honselmann, Paderborn.
117 über den irischen Inklusen Paternus (t 1058) s. Schreiber, Wanderkulte, S. 41 f.
118 In der Bibliothek des Klosters Abdinghof befanden sich zur Zeit des Bischofs Imad
(1051-1076) zwei Bände, die die Biographien berühmter Männer enthielten, der eine das
Leben des hl. Columban, der andere die Viten der hl. Bischöfe Remaklus und Lambert von
Maastricht und Tongern, ferner das des hl. Bonifatius, seines Schülers Willibrord, des
hl. Kilian, der hl. Lioba, des h!. Gallus sowie Othmars, des ersten Abtes von St. Gallen.
Einen dritten Band schenkte später Vizelin dem Kloster (zwischen 1115-1124). F. Schröder,
Geschichte der Paderborner Bischöfe. Westfälische Zeitschr. 74, 1916,2, S. 196 Anm. 3. Die
Anwesenheit dieser Viten ist auch für die Geschichte der Kultwanderungen bedeutsam.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 33
außerhalb des Kreises der Martyrinnen nicht viele Frauen und Jungfrauen
vorhanden waren, die eine kultische Verehrung beanspruchen konnten.
Dazu mochten sich matriarchalische Momente, also das Mutterrecht grauer
Vorzeit, geltend machen, das in Fruchtbarkeitsriten und in den Totenkult
hinüberspielte. Aber anderes sprach noch mit. Gerade im 11. Jh., in jener
Zeit also, da Brigida zur Mitpatronin sowohl des Münsterer als auch des
Paderborner Doms erhoben wurde, verstärkten die Iroschotten durch die
Gründung von St. Jakob in Regensburg (1075) und der mit diesem ver-
wandten Klöster ihren kultischen und volksreligiösen Einfluß auf deut-
schem Boden 119.
Die agrarisch<! Note, die Brigida mit Patricius teilt, tat ein übriges, um sie dem deut-
schen Volksbewußtsein näherzubringen. Doch mögen für ihre Beliebtheit in der Eifel als
Schutzheilige der Kühe alte keltische Einflüsse mitsprechen 120, die auch bei einigen an-
deren Patronaten mitwirken mochten 121. Aber die später noch zu berührenden Mirakel,
die sich schon zu Lebzeiten einfinden, wanderten in die Volksvorstellung. Soll sie doch mit
Weihwasser Kranke geheilt und Blinde sehend gemacht haben. Zudem führte sie zerris-
sene Ehen wieder zusammen 122, gewiß ein Vorgriff auf die Tätigkeit der Frau als Frie-
densstifterin, was dieser (Elisabeth von Portugal, Katharina von Siena) für kommende
Jahrhunderte des Mittelalters eine charakteristische Note verleiht.
Gern denkt man sie sich mit einem flackernden Licht in der Hand 123, das am Oberrhein
zum Brauchtum einer Brigitta-Kerze abgewandelt erscheint 124. Vielleicht wird dieser
Brauch durch das Fest Mariä Lichtmeß beeinflußt, das dem 1. Februar, dem Brigitta-Tag,
am 2. Februar unmittelbar folgt 125. Auf ihrem Haupte oder auch über ihrem Hause
lodert nach der Legende eine Flamme als besonders sprechendes Symbol der Heiligkeit 126.
Bei ihrem Kloster Kildare wurde der überlieferung nach durch ihre Nonnen ein ewiges
Feuer gehütet 127. So kommt bei ihr der Lichtgedanke stark zum Ausdrudi, der überhaupt
in Irland, namentlim im Totenkult, bis in die heutige Zeit im Volk lebendig ist 128. Aum
über dem Leimnam ihres irismen Landsmannes, des hl. Foillan, flammte eine Limtsäule
auf 128. - Gern wird sie als Xbtissin mit Kreuz und Kirmenmodell abgebildet 130, vielfam
aum inmitten von Krüppeln und Armen, die sie heilt und bekleidet 131. Gerade der Frau
eignet die karitative Note, was die Legende und die Ikonographie stets von neuem be-
zeugen 132.
Als fürbitten der Patronin des Viehs werden ihr im Bild aum wilde Gänse und Enten
(hier Symbole der Einsamkeit) 133 und eine Kuh (erst seit dem 15. Jahrhundert) 134 bei-
gegeben. Im Weideland Tirol spricht man ein Gebet zu ihr um Smutz der Tiere 135. In
Plappeville bei Metz bringen die Bauern am 1. Februar trockenes Kraut und Hafer von
einem bestimmten Grundstück zur Kirme und lassen es an der Statue Brigidas anrühren.
Zu Hause gibt man Hausgenossen und Tieren davon zu essen, als Smutz gegen Krank-
heiten und böse Geister 136. Als Helferin gegen Tierkrankheiten wird sie im Landkreis
Köln 137 und in der Diözese Trier angerufen 188. Die Bauern in der Gegend von Lüttich
tragen aus den Brigidenkapellen geweihte Erde und mit ihr den Smutz für sim und das
Vieh mit nam Hause 139. Im 15. Jahrhundert kannte man dort ein Gebet, das allzu heftige
Bewegungen der Kühe beim Melken abstellte 140. Dem entsprimt es, wenn sie in Irland
von den Bäuerinnen um Hilfe bei der Buttergewinnung angerufen wird Ul. So mehrt sich
die Gruppe der tierliebenden Heiligen und beteiligt sim an den Sorgen des Hofes. Ihr
Viehpatronat, besonders den über die Kühe, weiß die hilfreime Legende darauf zurück-
zuführen, daß sie als kleines Kind die Milm einer Kuh der Muttermilm vorzog und auf
dem väterlimen Hof die Smweine hütete und zahl reime Wunder an Tieren wirkte 142. Sie
wurde zudem nach der weiteren überlieferung in einem Stall begraben und trägt als
Attribut oft eine Smeuer bei sim 143. Die wiederum gesprämige Legende weiß nämlim zu
128 Hans Hartmann, Der Totenkult in Irland. Ein Beitrag zur Religion der Indo-
germanen. Heidelberg 1952, S.77-95.
128 S. unten.
130 KünstLe, Ikonographie, S. 144.
131 CLauss, Elsaß, S. 144.
132 Georg Schreiber, Mutter und Kind in der Kultur der Kirme. Freiburg i. Br. 1918,
S. 103 ff.
133 Joseph Bernhart, Heilige und Tiere. Münmen (1937), S. 8I.
134 Braun, Tramt, Sp. 152 f.
135 J. N. Ritter v. ALpenburg, Mythen und Sagen Tirols. Zürim 1857, S.362; erwähnt
nam Hanns BächtoLd-StäubLi, Handwörterbum des deutsmen Aberglaubens. 10 Bde.
Berlin und Leipzig 1927-1942, 1, Sp.1577.
138 R. de WestphaLen, Dictionnaire des traditions populaires messines. Metz 1934, p. 64.
137 Adam Wrede, Rheinische Volkskunde. Leipzig 1922, S.214.
1313 Peter Oster, Geschimte der Dekanate Prüm-Waxweiler (Gesmimte der Pfarreien der
Diözese Trier, hrsg. von Matthias Schuler, Bd. 3). Trier 1927, S. 101. 109; Zender, Smutz-
heilige, S. 70 H.
139 PauL Sebillot, Folk-Lore de France. T. I-IV. Paris 1904-1907, I, p. 209.
140 Ibid. IU, p. 362.
141 Hartmann, Totenkult, S.29.
142 Stokes, Lives, p. 185. 187. 194 f.
143 Dietrich Heinrich Kerler, Die Patronate der Heiligen. Ulm 1905, S.222.
Irland im deutschen und abendländischen Sakral raum 35
berichten, aaß sich eine Scheuer auf ihr Gebet hin mit Korn füllte 144. Im Elsaß ist sie
zudem Weinpatronin 145. Früher rief man sie bei Gewitter an, wovon Formeln aus dem
15. und 16. Jahrhundert zeugen 148. Den Frühling soll sie nach Sartori auf den westlichen
britischen Inseln ansagen 147.
Ihre Verehrung liegt somit in einer naturnahen Linie, die durch Züge aus ihrem Leben
noch verstärkt wird. Ihre erste Bleibe war eine Hütte unter Eichbäumen (Cell-dara =
Zelle aer Eichen). Durch Motive dieser Art wird selbst im sakralen Bereich die agrarische
Haltung und das Naturgefühl des frühen und hohen Mittelalters gestützt.
Noch ein anderes. Brigida, die Gründerin und Xbtissin des ersten Frauenklosters auf
irischem Boden, das wegweisend für alle späteren irischen Gründungen war I4S, konnte
auch der Frau im germanischen Raum ein Vorbild sein, sei es, daß sie Mitglied einer
Klostergemeinschaft wurde, sei es, daß sie im Laienstande blieb. Es konnte in der Tat die
Stellung der Prau, die wie eine Hörige den Acker bestellte, nur festigen, wenn eine große
irische Heilige nunmehr und schon früher unter Kirchentitel und Kirchenpatrone auf-
genommen wurde, ohne daß sie ein römisches oder spanisches Martyrium erlitt.
Brigida lieh ihren Glanz und ihre Größe, um der keltischen, aber ebenso
der germanischen Frau, deren Emanzipationskampf sich innerhalb und
außerhalb eines Konventes noch hart anließ, Hilfe und Förderung zu ge-
währen. In späterer Zeit (seit dem 15. ]h.) wird sie dann oft durch die
gleichnamige schwedische Heilige abgelöst, da sich auch die Volksfrömmig-
keit gern dem Neuen und Modischen zuwendet.
5. Brigida-Mirakel
Noch hat die allmählich einsetzende Mirakelforschung den Anteil der
Iroschotten nicht näher herausgestellt 149. Einige Aufmerksamkeit verlangt
aber die Mir:akelbildung in Sachen von St. Brigida.
Die Schlangen, die das Patricius-Leben und die Wirksamkeit von St. Pirmin ebenfalls
berühren (Rodungsheilige) 150, erscheinen auch im Leben Brigidas. Am Tisch des Bischofs
Ibar wird Fleisch zu Schlangen. Aber St. Brigida erreicht die Rückbildung 151. Wie andere
heilige Frauen mußte sie den Beweis ihrer Unschuld erbringen. Sie berührte den Altar,
und das Holz begann zu grünen 152. Dieses Mirakel macht uns darauf aufmerksam, daß
das Ordal noch bis zum Ausgang des 12. Jhs. weithin das wirtschaftliche und kirchliche
Leben beschäftigte. Die Schutzbedürftigkeit der Frau hebt sich dabei ab.
Brigida stellt sich mit anderen Heilbringerinnen überdies in das Heilkraftbewußtsein,
was besonders der wirkungsmächtigen Virgo eignet. Schenkte sie doch einer Bettlerin eine
Kuh. Das nützt mir nicht, sagte die weltläufige Frau, Räuber stehlen sie mir doch. Brigida
hilft nun aber in anderer Form, indem sie der Armen einen Gürtel schenkt. Auch hier
erscheint der Gürtel ah Zeichen der Kraft und der Herrschaft (Lösezauber und Binde-
zauber). Die Heilige bemerkt, wenn die Frau den Gürtel in das Wasser tauche und Kranke
besprenge, würden sie gesunden 153. - Als Mitglied des Konvents erhält Brigida ein be-
sonderes Zeichen und einen auffallenden Gunstbeweis, der auf die Bedeutsamkeit ihrer
zukünftigen Wirksamkeit anspiek Erscheint doch eine Lichtsäule bei ihrer Einkleidung
in Meath 154. Das marianische Prinzip, das so oft im Leben der heiligen Frauen heraustritt,
kommt bei ihr schon früh zur Geltung, wenn der zwölf jährigen Brigida die Mutter Gottes
half, eine Näharbeit zu vollenden, da die Kleine fürchtete, diese nicht nach dem Wunsche
der Pflegemutter fertigzubringen 155. Diese Überlieferung rückt in den Stimmungsgehalt
froher Idylle.
Die See erhebt ebenfalls ihren Anspruch, irgendwie im Leben einer irischen Heilbrin-
gerin berücksichtigt zu werden. Findet sich doch ein Zug ein, daß sie heilige Gewänder
in einem Schrein übers Meer an den Bischof Senan sendet und ein anderes Mal eine Menge
Silber für die Jungfrau Hinna 156 einem Fluß anvertraut. Man mag bei Würdigung solcher
Schenkungen in vorbonifatianischer Zeit daran denken, daß gerade der irische Bergbau
schon in alter Zeit eine bedeutende Produktion von Silber kannte 157. Wiederum tritt bei
Brigida das Mirakel der Vermehrung heraus. Versorgt Brigida doch 18 Kirchen von
Gründonnerstag bis zum Osterende mit einem Maß Bier 158. Es ist ja Fastenzeit, aber dal>
Fasten wird durch ein Liquidum nicht gebrochen. Es ist eine Pitanz, die sie den Kirchen
reicht. Ob hier noch apotropäische Vorstellungen mitliefen, sei dahingestellt. Nach allem
kannten die Mirakel Frauliches und Konventsmäßiges 159, dazu irische Freigebigkeit gegen-
über dem Festland und nicht zum wenigsten das Bewußtsein der Heilkraft 100. Auch das
Thema Mutter und Kind wird berührt, zu dem ja auch sonst Irland mit dem Bußbuch des
Cummian (vielleicht Cummian der Lange, Bischof von Clonfert, t 661/662) einiges zu
sagen hatte (Kindsmord) 161. Desgleichen hören wir von einer irischen Kirchenversamm-
lung, die sich mit einer Anklage beschäftigt. Erfahren wir doch, daß auf einem großen
Konzil ein Weib einen Bischof der Vaterschaft beschuldigte. Brigida bezeichnete den Mund
der Frau mit einem Kreuz, und sie schwoll an vom Scheitel bis zur Sohle 162, gestand
aber nicht. Da fragte Brigida das Kind, und es antwortete: Der Bischof ist es nicht, aber
der letzte dort im Konzil, der Häßliche und Gleichgültige 163. So wuchsen irische Konzilien
in den Volksglauben, und das Kind erscheint in einer ambrosiushaften Szenerie. Doch
überwiegt in den Brigida-Mirakeln das agrarische Moment 164.
6. Columban d. J.
Das Lehen Columhans d. J. (geh. zwischen 530 und 545, t 615, Fest am
21.123. Nov.)165 durchmißt heimatliche und westeuropäische Stationen.
165 Vitae Columbani abbatis diseipulorumque eius libri H, ed. B. Krusch, MG. SS. rer.
Mer. IV, p. 1-152, vg!. 774 H.; Wilhelm Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im
Mittelalter. Vorzeit und Karolinger. 1. Heft: Die Vorzeit von den Anfängen bis zur Herr-
schaft der Karolinger. Bearb. VOn Wilhelm Levison. Weimar 1952, p.131-133; Kenney,
Sourees I, p. 186-205; Stadler, Heiligen-Lexikon 1, S. 649 f.; Graf v. Montalembert, Die
Mönche des Abendlandes vom hl. Benedikt bis zum h!. Bernhard. 7 Bde. Deutsche Ausg.
von Karl Brandes. Regensburg 1860-1878, 2, Buch 7 (S.435-608); Belle5heim, Irland 1,
S. 139-160; Albert Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands. 5 Bde. 1.-5. Auf!. Leipzig
1911-1935, 1 3-4, S. 244-274; Gougaud, Saints irlandais, p. 51-62; Columba Edmonds,
Columbanus. Cath. Eneye!. IV, p. 137-140; Johann J. Laux, Der h!. Kolumban, sein Leben
und seine Schriften. Freiburg 1919, weniger eindringlich; Fritz Blanke, Columban und Gallus.
Urgeschichte des schweizerischen Christentums. Zürich (1940); J. Roussel, Saint Co 10mb an et
l'epopee eolombanienne. T.I-II. Baume-Ies-Dames et Besans:on 1941; Marguerite-Marie
Dubois, Saint Colomban. Paris 1950; dort die neueste Bibliographie; dazu Ergänzungen
bei Fritz Blanke, Von Metz nach Tuggen. Evangelisches Missions-Magazin N. F. 95, Basel
1951, S. 164 f. Anm.10; Schreiber, Wanderkulte, S. 18-19. - Der Sammelband Melanges
eolombaniens. Aetes du Congres International de Luxeuil, 20-23 Juillet 1950. Paris s. a.,
enthält eine Fülle von Material zum Leben, Wirken und kultischen Nachleben des Heili-
gen. - S. auch Johnston-Robinson-Jackson, Ireland, p.84-89. - Zur Datierung des Ge-
burtsjahres des Heiligen s. zuletzt Delius, Irische Kirche, S. 105.
161; Zur religio aretior vg!. Georg Schreiber, Kurie und Kloster im 12.Jahrhundert.
2. Bde. Stuttgart 1910, 2, S. 447 im Register.
38 Georg Schreiber
religio arctior, also die härteste Askese, zum neu gegründeten Kloster Bangor. Aber auch
von hier, wo er die Klosterschule leitet, ruft ihn Gott in ferne Lande 167.
Nach kurzem Aufenthalt in England, in dem von den Iren stets erneut
aufgesuchten Missionsland, zieht er mit zwölf Gefährten - wieder und
wieder begegnet diese Ziffer der vita apostolica - ins Frankenreich. Dort
gründet er die Klöster Annegray, Luxeuil (um 590) und Fontaine (Bur-
gund). Doch da er wiederum diese Neuheimat, durch weltliche Gewalt ge-
zwungen, verlassen muß, findet er den Weg zum Süden: nach seiner Fahrt
den Rhein hinauf 168 zum Zürich- und Bodensee 169 (Bregenz), nach der
Durchquerung der Alpen und nach Eintritt in die Lombardei 170 wird er
Abt des oberitalischen Bobbio, wo er 615 stirbt 171. Ein strategisches
Aufmarschgelände erster Ordnung ist in der Lombardei für ,den Monasti-
zismus gewonnen 172. Columban ist ein wegweisender abendländischer
Regelvater des Mönchtums (pater plurimorum monachorum, Martyrologium
Romanum). Er sammelt Gefährten zu bleibendem Aufenthalt und gibt
ihnen eine norma agendi.
Für weite Wegstrecken kann man ihn zugleich als Wander- und Buß-
prediger bezeichnen. Auch ihm ist der Besuch des Martinsgrabes, der Wiege
und der unsterblichen Erinnerungsstätte des abendländischen Mönchtums,
heilige Pflicht. Als er als ein Verbannter die Loire hinabfährt, gelingt es ihm
167 Bei ihm wird nachweislich zum ersten Mal der Missionsgedanke wach. v. Campen-
hausen, Heimatlosigkeit, S. 22; vgJ. Blanke, Columban und GaIlus, S. 37; ders., Von Metz
nach Tuggen, S. 170 (Mission der Alemannen). Nach diesem Autor bestand der Plan,
von Bregenz aus als Missionar zu den alpenländischen Slaven (Slovenen) zu gehen.
Fritz Blanke, Columban und die Slaven. Theologische Blätter 18, 1939, Sp. 304-308;
Dubois, St-Colomban, p. 119, denkt dabei an die Veneter in Norikum und Pannonien.
168 Ein Aufenthalt in Straßburg auf dem Weg von Mainz nach Bregenz wird neuerdings
angenommen; vgJ. Luzian Pfleger, Kirchengeschichte der Stadt Straßburg im Mittelalter
(Forschungen zur Kirchengeschichte des Elsaß, Bd.6). Kolmar 1943, S.16; Rene Metz,
L'action de Saint Colomban en Als ace. MeJanges colombaniens, p. 223; Medard Barth,
Der Kult des hJ. Kolumban im Elsaß. Ibid. p. 259-275, bes. p. 260.
189 Er machte den Weg von Metz nach Windisch - für die Iren eine Ausnahme - zu
Schiff, während er von Windisch zum Bodensee zu Fuß gelangte; s. Blanke, Von Metz
nach Tuggen, S. 164; ders., In Wangen und Arbon. Evangelisches Missions-Magazin N. F.
96, 1952, S. 172-186.
170 Ober den Weg Columbans von Bregenz nach Bobbio vgJ. Louis Gougaud, Revue
d'Histoire eccJesiastique 29, 1933, p.260 s. und Iso Müller, Disentiser Klostergeschichte.
Bd.l: 700-1512. Eillsiedeln, Köln 1942, S.41; Dubois, St-Colomban, p. 121, nimmt die
Route Bregenz-Chur-Septimerpaß-Bregagliata-Mailand an.
171 Mit ihm stieß das Iroschottentum am weitesten südlich vor. Parks, English Traveler,
p. 19. - Doch hat er wohl die Ewige Stadt - im Gegensatz zu manchen legendären Be-
richten - niemals erreicht. Dubois, St-Colomban, p. 124.
m Zur Exemtion von Bobbio (628) s. Schreiber, Kurie und Kloster 1, S. 1.
Irland im deutschen und abendländischen Sakrairaum 39
mit Gottes Hilfe, im Mausoleum des Heiligen in Tours zu beten 173. Derart
tritt der irisdle Monastizismus in größere abendländische Zusammen-
hänge und in organisch empfundene überlieferungen. - Columban war
im Vollbesitz der humanistisdlen Bildung, die' in den irisdlen Klö-
stern gepflegt wurde, was seine eigenen Sdlriften bezeugen 174. Ihm
eignet zudem ein sidlerer Blick für Plätze und Landschaften, die für
die Anlage eines Klosters besonders günstig sind, was in der reizvollen
Geschichte des locus idoneus und des Klostergründungsgeschäftes beachtet
sein will. Auch in Hinsicht auf Möglichkeiten der Missionierung wählt er
bewußt, auch auf Rat des Königs Theudebert II. von Austrasien (596 bis
612), seine Stützpunkte im Bodenseeraum. Absichtlich wird die Grenze
zwischen rätisch-romanischem Christentum und dem neu zu bekehrenden
alemannisch,en Bereich im Thurgau aufgesucht, um auf die Hilfe des christ-
lichen Rätien zurückgreifen zu können 175. Es war die Nahtstelle. Es war
der Ausblick auf ein neu zu eroberndes Rohstoffgebiet und Neuland.
Seine Gestalt wächst in der Abwicklung der merowingischen Kirchen-
politik in Klostergründung und Reform bald in eine überragende Stel-
lung. Doch waren harte Widerstände zu überwinden 178.
Die Aufgabe, die sich Columban selbst gesetzt hatte, die festländische
Umwelt zu erneuern, war um so schwieriger, als sich nach den Stürmen der
Völkerwanderung Gallien in politischer und religiöser Hinsicht (Arianis-
mus) als ein uneinheitliches und zerwühltes Arbeitsfeld darstellte 177. Doch
versteht es der gewandte wie aufrechte Ire, sich der weltlichen Macht gegen-
über zu behaupten 178, ja selbst dem von Theuderich von Burgund verhäng-
ten Exil zu entgehen. Er weiß sich auch in der Frage des Ostertermins, in
der er beim fränkischen Episkopat auf harten Widerspruch stieß, durch-
zusetzen 179. Doch mag man seine Bemühungen nicht als Unabhängigkeits-
bestrebungen bezeichnen, die sich von Rom lösen wollen 180. Er weiß sich
vielmehr im Rahmen der Gesamtkirche mit dem Pa~t verbunden, den er
als Schiedsrichter anruft 181.
Seine Bedeutung als monastischer Organisator liegt zunächst dar,in, daß
er durch seine Regel 182 das klösterliche Leben Irlands, näherhin das seines
Heimatklosters Bangor, der Stiftung des hl. Comgall (559) 183, erneuert. Er
überträgt diese zönobitäre Lebensform auf das Festland. Dabei bleibt er
sich seines irischen Herkommens und seines heimischen Brauchtums durch-
aus bewußt 18'. So schafft er in seinen Klöstern Mittelpunkte der geistlichen
und kulturellen Wirksamkeit und Vorbilder einer äußerst gestrafften aske-
tischen Lebensführung. Seine außerordentliche Strenge entspringt seinem
hohen Verantwortungsgefühl. Man mag allerdings erwägen, daß das älteste
Irland bei seiner Distanzierung zur römischen Einwanderung eine unmittel-
bare Fühlung zur Antike und zu veredelnden Bildung,swerten des Alter-
tums zunächst nicht aufnahm, wenn es auch im Ablauf der Zeit zu frucht-
baren Berührungen kam. Auch jene Wertung ist zunächst noch nicht vor-
handen, die um 1100 der Instruktor Peregrinus seinem Frauenkonvent mit-
gibt, dem er Semiramis und Dido als Vorbilder empfiehlt 185. Wenn Co-
178 Bellesheim, Irland 1, S. 142 H.; Delius, Irische Kirche, S. 106 f.; vgl. Gustave Bardy,
Saint Colomban et la Papaute d'apres les epitres. Melanges colombaniens, p. 103-118.
180 Wie z. B. Johnston-Robinson-Jackson, Ireland, p.87.
181 v. Montalembert, Mönche 2, S. 503 f.; Bellesheim, Irland 1, S. 144 f. Zu der Frage
des Ostertermins s. besonders Charles M.O'Hare, The Paschai Controversy in the Celtic
Churches; a Repudiation of Papal Supremacy? Irish Ecclesiastical Record, 5th Sero 40,
1932, p. 337-349,492-503; 41, 1933, p. 266-276,615-629; 42,1933, p. 365-377. Don wird
dargelegt, daß der Osterfeststreit der Kelten sich nicht zur Ablehnung der päpstlichen
Autorität auswuchs. - Man vergleiche auch die Haltung, die Columban im Drei-Kapitel-
Streit einnimmt, näherhin seinen Brief an Papst Bonifaz IV., in dem er die Anhänglichkeit
der Iren an den Stuhl Petri betont. MG. Epist. 111, p. 170 H. (5). Raussei, St-Colomban I,
p. 19255., bes. p. 196; Friedrich Heiler, Altkirchliche Autonomie und päpstlicher Zentra-
lismus (Die katholische Kirche des Ostens und Westens. Bd. II: Die römisch-katholische
Kirche, 1. T.). München 1941, S. 127 f.
182 Regula monachorum sancti Columbani abbatis, hrsg. von O. rSeebass. Zeitschr. f.
Kirchengeschichte 15, 1895, S. 366-386; Regula coenobialis S. Columbani abbatis, hrsg. von
O. Seebass. Ebd. 17, 1897, S. 215-234. -'- Zum Stand der Forschung über die Regel s.
D. Laporte, Les Sources de la biographie de Saint Colomban. Melanges colombaniens,
p.76-77, und Jean Gaudemet, Les Aspects canoniques de la regle de Saint Colomban.
Ibid. p. 166. - Die Bedeutung der Iroschotten ist nicht erkannt bei Augustin Blazovich,
Soziologie des Mönchtums und der Benediktinerregel. Wien 1954.
183 Jas. Schmitz, Bangor. LThK 1, Sp.947; Delius, Irische Kirche, S. 105.
18' Fuhrmann, Monasteries, p. 5 f.
185 Bernards, Speculum Virginum, S. 55 f.
Irland im deutschen und abendländischen Sakral raum 41
lumb ans Regel hart erscheint, so ist dies aus dem Geist dieses Zeitalters zu
erklären, das inmitten des Niederbruchs nach einer wertbeständigen Grund-
lage und nach asketischen Hochleistungen verlangte 186. Zudem fehlt dem
Irentum, von Foillan, Kilian und Koloman abgesehen, so gut wie ganz das
Martyrium. Einen Ersatz bietet die Strenge der Askese 187. Man hat weiter
mit Recht bemerkt, das von seiner Regel geforderte Leben war eine organi-
sierte Buße 188. Gleichwohl hat diese Regel wesentlichen Anteil daran, daß
das irische Mönchtum im 7. und 8. Säkulum im Abendland als vorbildlich
empfunden wurde, was die Herausstellung der lateinisch-kirchlichen Kul-
tur betraf. Zugleich reifte das gälisch-nationale Element 189.
Seine Wirksamkeit sollte sich auch noch nach seinem Tode machtvoll erweisen. Nahmen
doch seine Schüler zahlreiche Klostergründungen vor, von denen eine tiefgreifende Er-
neuerung der Religiosität ausstrahlte190• Ihre Insassen waren in der Abfolge der Zeiten
nicht mehr Iren, sondern Einheimische, doch können diese Niederlassungen mit Recht
"monasteria Scottorum" genannt werden. Dahin gehören etwa Rebais, Jumieges und
Fontenelle 191. Auch in St. Gallel1 blieb sein Geist lebendig 192. Die Strenge seiner Regel
wird jedoch, wie angedeutet, gemäßigt durch die am Mittelmeer gereifte regula S. Bene-
dicti, oder es kam zu fruchtbarer Verbindung beider Regeln, wie in Limoges und
Luxeuil 193• Gleichwohl zählt Columban, wenn die sich von ihm begründete l.inie auch
abschwächt, für das Empfinden des Hochmittelalters unter die großen Wegbereiter, unter
die Elite und Aristokratie des Mönchtums. So stellt ihn eine karolingische Litanei aus
Tours an die Seite der großen Mönchsväter Antonius, Makarius, Pachomius, Paulus und
Hieronymus 194. Als Erneuerer des abendländischen Genossenschaftswesens wurde sein Name
bei den Benediktinern und Zisterziensern in der Folgezeit gefeiert. Cluny widmete ihm in
seiner mächtigen Basilika einen eigenen Altar 19S• - Besonders in Italien blieb sein Kult auch
im Volke erhalten 196; in den Diözesen Bobbio und Mailand 197 wird er in starker Bewah-
rung der Tradition wie ein einheimischer Heiliger verehrt. In der Schweiz hat St. Gallen
entschieden die Devotion gefördert 198, besonders in der Ostschweiz. Unmittelbar von Luxeuil
aus war schon im 8. Jh. in Spiez am Thuner See eine Columbanskirche als eine der ältesten
Gründungen des Berner Gebietes errichtet worden 199. Als dritter Mittelpunkt der helveti-
schen Verehrung stellt sich das um die Wende des 7./8. Jhs. von Pfäfers aus gegründete Klo-
ster Disentis dar 200. - Im österreichischen Alpenraum finden sich nur einige Spuren seiner
Verehrung 201. Die Verbindungslinien zur Gallia christiana hatten sich bei der Weite der
Distanz gelockert. Dazu trat die Vorherrschaft von Gallus.
Wenn auch sein Name selbst in Bayern wenig genannt wird 202, so sollte doch Colum-
bans Tätigkeit durch ~:emen Nachfolger in Luxeuil, Eustasius (t 629), im bayerischen
Donauraum fruchtbar werden (Weltenburg) 203. Eustasius und Waldebert unternahmen
202 Tegernsee. Lechner, Bayern, S. 22.29; Anal. Boll. 54, 1936, p. 32; Freisinger Kalen-
darium und Litanei, 10. Jh. Anal. Boll. 54, 1936, p.26; in Füssen und Kempten werden
heute noch Teile des Krummstabes (cambutta) des Heiligen verehrt, den er seinem Schüler
Gallus als Zeichen der Versöhnung hatte übersenden lassen. Bauerreifl, Frühmissionäre,
S.59; Passauer Kalendarium, Mitte des 15. Jhs. Lechner, Bayern, S. 198; Regensburg,
Kalendarien und Litaneien, 10. Jh. Swarzenski, Buchmalerei, S. 195. 205; Ansbach, Kalen-
darien, 15. Jh. Engel, Ansbach, S. 104.
203 Bauerreiß, Kirchengeschichte Bayerns 1, S. 41; A. Zimmermann, Eustasius. LThK 3,
Sp.863.
Irland im deutschen und abendländismen Sakralraum 43
Vorstöße in das Alemannenland östlich des Schwarzwaldes im 7. Jh. 204• Die Ver-
ehrung Columbans wurde 1091 im Kloster Hirsau (Oberschwaben) eingeführt 20ü. So
rüdtte er unter die Vorzeichen der Reform. - Was Medard Barth 206 über die Verbreitung
seines Kultes im Elsaß mitzuteilen hat, läßt erkennen, daß der Heilige bereits im 8. Jh.
in der Liturgie der Religiosen erscheint, die in irgendeiner Beziehung zu den Iroschotten
stehen (Martyrologium in Weißenburg, 8. Jh., und Murbach, 9. Jh.) 207. Doch verursamte
die verhältnismäßig rasche Verdrängung der Columban-Regel durch die des hl. Benedikt
hier wie im ganzen Frankenreich eine Schwächung seiner kultischen Stellung 206. Ebenso
macht die Zahl der Reliquien sowie die der Bilder, Altäre und Kapellen, die Columban
geweiht sind, deutlich, daß er im elsässischen Raum in das religiöse Leben des Volkes
weniger einging 209. Durch Dokumente des 9.-10. Jhs. wird seine Verehrung am Rhein
nachgewiesen 210. Im 11. Jh. ist er in einer Weiterwanderung Mitpatron an der über-
wasserkirche in Münster 211, dodl drang er nicht weiter nach Osten vor 212. Stark ver-
breitet ist sein Kult in Frankreich, wo die ihn erwähnenden Kalendarien (seit dem 8. Jh.) 213
204 Büttner, Christentum, S. 370. 19naz Zibermayr, Noricum, Baiern und österreich.
München, Berlin 1944, S. 86 H. 90 f.
2U5 Hof/mann, Württemberg, S.56. 241. 249. 253, s. auch ebd. 175. 238; vgl. Medard
Barth, Der Kult des hl. Kolumban im Elsaß. McHanges colombaniens, p. 259-275, bes.
p.264 Anm.3 (Reliquien in Zimmern, Landkr. Donaueschingen).
206 Kolumban, passim.
107 Barth, Kolumban, p. 264 s.; zu der Frage des Einflusses der Columban-Regel auf
die elsässischen Klöster s. Metz, St-Colomban en Alsace, p. 224 ss. - über die Verehrung
in aufnahmefreudigen dortigen Zisterzienserklöstern s. Barth, Kolumban, p. 267.269.
20!1 Ibid. p. 264.
~09 Doch ist die Annahme von Clauss, Elsaß, S. 150, nach der man den Namen des
Heiligen mit dem der hl. Columba von Sens verwechselte und daher den Kult des Heiligen
dem Kult der hl. Columba unterschob, nicht mehr aufrecht zu erhalten; s. Barth, Kolumban,
p. 271 und Anm. 41; dazu auch Pfleger, Straßburg, S. 16, und ders., Elsässische Pfarrei,
S. 80 f. In der Diözese Straßburg existiert heute nur eine Kirche, erstmals erwähnt 1302,
die dem Heiligen geweiht ist: Bisel im Sundgau. Barth, Kolumban, p. 274.
110 Mainzer Litanei, 2. Hälfte des 9. Jhs. Anal. Boll. 54, 1936, p. 19; Kalendarium,
1128, und Breviarien aus Trier. Miesges, Festkalender, S. 104; Litanei aus Münstereifel,
spätes 10. Jh. Anal. Boll. 59, 1941, p. 296; Litaneien aus Köln, 9. u. 10. Jh. Anal. Boll. 54,
1936, p. 13 und ibid. 55, 1937, p. 69; Kalendarium aus Werden, 10. Jh. Zilliken, Fest-
kalender, S. 108; Kalendarium aus Essen, 10. Jh. Ebd. S. 116; Nekrolog dortselbst, 13. Jh.
Ebd. S. 46; Stift Düsseldorf, Kalendarium, 15. Jh. Ebd. S. 48.
211 Westfälisches UB 1, S. 106-107, Nr. 134.
212 Meinwerks Festkalender erwähnt ihn für Paderborn nicht. Honselmann, Festkalender,
S. 106 H.
213 Bereits in einer Litanei des 8. Jhs. aus Soissons. Anal. Boll. 62, 1944, p. 134; Litania
italica dortselbst (vor 800). Ibid. p. 145; Litanei Karls d. Kahlen aus Saint-Denis (zwischen
842-869). Ibid. p. 147; zwei Litaneien aus Corbie (Beg. d. 9. Jhs.). Ibid. p. 156 und 157;
aus Saint-Amand (9. Jh.). Anal. Boll. 55, 1937, p. 51; Saint-Germain-des-Pres (Ende
11. Jhs.). Ibid. 62, 1944, p. 152; s. auch Kalendar von Saint-Laurent in Lüttich (11. ]h.).
Ibid. 58, 1940, p. 77. - Weitere Nachweise bei Gougaud, Saints irlandais, p. 54-56;
P. Manceron, Notes sur les origines de la paroisse de St-Colombin. MHanges colombaniens,
p. 283-285; Luden Ozenda, La Paroisse St-Colomban-de-Lantosque. Ibid. p. 287-289.
44 Georg Schreiber
weit den Raum von Luxeuil überschreiten und wo ihm zahlreiche Heiligtümer geweiht
sind 214. In der Bretagne, die Columban nach neuerer Auffassung 215 berührt haben soll,
wurde sein Kult durch den des hl. Papstes Clemens abgelöst, eine Folge des Gleichklangs
bei der Namen im Bretonischen 216.
Soviel an einigen örtlichen Hinweisen.
Columban wird gleich vielen anderen irischen Heiligen das Quellenwunder zugeschrie-
ben 217. Ähnlich wie St. Korbinian, St. Gallus und andere Sancti wird er auch mit einem
Bären, dem Wahrzeichen des alpinen Raums, abgebildet, auf Grund der Legende, die be-
richtet, ein Bär habe auf seinen Wunsch die Höhle verlassen, in der der Heilige beten
wollte 219. Bekannt ist ebenso das Attribut des Raben, der nach der überlieferung den
Handschuh des Heiligen gestohlen hatte, aber auf seinen Befehl damit zurü<kkehren
mußte 219.
7. Gallus
Einer der zwölf Begleiter Columbans ist der hl. Gallus (Gallunus, Gal-
lianus, Gallo, Gal1ari, Kallech, geb. um 550, t gegen 630?, Fest am 16. Okto-
ber 220 ). Er folgt seinem Meister in die Verbannung und nach Bregenz. Durch
Fieber wird er jedoch gehindert, mit ihm nach dem neuen Missionsgebiet
Italien zu zi,ehen, was ihm den Tadel seines strengen Abtes einträgt. Wenn
dieser Gallus auch nicht als Gründer der Abtei St. Gallen betrachtet werden
kann 221, so steht doch fest, daß er im Steinachtal als Einsiedler in der
222 Rudolf Henggeler, Professbuch von St. Gallen. Zug 1929. Delius, Irische Kirche,
S. 119; v. d. Steinen, Notker 1, S. 17 f. 475.
223 Bellesheim, Irland 1, S. 294; Delius, Irische Kirche, S. 119.
224 Bellesheim, Irland, 1, S. 634 f. - Nach den neuesten Forschungen von Johannes Duft
und Peter M eyer, Die irischen Miniaturen der Stiftsbibliothek St. Gallen. Olten, Bern und
Lausanne 1953, besitzt die Stiftsbibliothek nur 15 irische Handschriften.
225 So Bellesheim, Irland 1, S. 160; anders Zimmermann, LThK 4, Sp.278.
226 MG. SS. rer. Mer. IV, p. 260; Delius, Irische Kirche, S. 111; Blanke, Columban und
Gallus, S. 74 H.
227 Blanke, Columban und Gallus, S. 114; Ryan, Monasticism, p. 408. 412.
46 Georg Schreiber
Beiträge zum Thema Königtum, Adel und die Kirche des Mittelalters. Die bei Aloys Schulte
und seiner Schule gebotene Quellengrundlage ist ganz bedeutend zu erweitern 228.
Ein anderes will noch beachtet sein. Es gibt kein Gotteshaus in Irland, das dem hl.
Gallus geweiht ist, wie auch der Name Gallus unter irischen Laien nicht vorkommt 229. Der
Kult dieses Heilbringers und anderer in der Schweiz verehrter und zugleich mit Irland
in Verbindung stehender Heiliger war rein festländischen Ursprungs 23ß. SO sind fast alle
irischen Sancti außer Patricius, Brigida und Columban d. J. in der Heimat weniger ge-
kannt. Denn die Verehrung der Heiligen ist naturgemäß mit dem Ort ihres Wirkens und
Todes, zumal ihres Martyriums und ihres Grabes verbunden und haftet weniger an der
Geburtsstätte 231.
Auf dem Festland hingegen entwickelte Gallus ein so starkes kultisches Gepränge, wie es
nur wenigen Heiligen der merowingisch-fränkischen Zeit vergönnt war 232. In Deutschland
ist seine Vereherung seit dem 8. Jahrhundert bekannt. Bis nach Böhmen drang sein Kult
unter Karl IV. Auch ungarische, französische und dänische Diözesen feiern sein Fest. Dem
Einfluß von Bobbio ist es wohl zu verdanken, daß der Heilige in der Diözese Mailand
verehrt wurde 233.
Von seinem Grabe an der Steinach vollzieht sich die kultische Wanderung im helveti-
schen Raum, vor allem nach Westen und Südwesten 234. Im Kloster St. Gallen verfaßte
Ratpert (t gegen 890), ein Mitschüler des Notker Balbulus (t 912), einen deutschen Lob-
gesang auf den hl. Gallus, der nur in der lateinischen übersetzung Ekkeharts IV. (etwa
980 - etwa 1060) erhalten ist 235. Dem nämlichen Notker wird eine Sequenz zuge-
228 Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter (Kirchenrechtliche Abhandlungen,
H. 63/64). Stuttgart 1910. 2. Aufl. 1922.
229 lohn Hennig, Die Stellung der Schweiz in der hagiographischen und liturgischen
Tradition Irlands. Zeitschr. f. schweizerische Kirchengeschichte 46, 1952, S.204-216, hier
S. 214 f. - Lediglich in England tritt er im sog. Kalendarium Anglicanum sive libellus
annalis Ven. Bedae (10. Jh.) auf; vgl. Ferdinand Piper, Karls d. Gr. Kalendarium und
Ostertafel. Berlin 1858, S. 82.
230 Hennig, Schweiz und Irland, S. 212.
231 Hennig, Schweiz und Irland, S.215, weist darauf hin, daß Liturgie und Geschichte
in Irland bis auf den heutigen Tag nicht die enge Verbindung eingegangen sind, die uns
von der römischen Liturgie her vertraut ist.
232 Ernst Al/red Stückelberg, Die Schweizerischen Heiligen des Mittelalters. Zürich 1903,
S. 51. - über den Kult in der Bretagne unterrichtet Gougaud, Saints irlandais, p. 117.
233 Magistretti, Monncret de Villard, Liber notitiae, p. 152 D, nr.177 (zwischen 1304
und 1311).
234 Stückelberg, Schweiz. Heilige, S. 50, mit Karte (allerdings stark ergänzungsbedürftig).
- Archidiakonat Aargau: 10 Patrozinien, das früheste aus dem Anfang des 14. Jhs. Clemens
Hecker, Die Kirchenpatrozinien des Archidiakonats Aargau im Mittelalter (Zs. für Schwei-
zerische Kirchengesch., Beih. 2). Freiburg/Schw. 1946, S. 143; Graubünden. Farner, Grau-
bünden, S. 95 f.; ferner Gotteshaus in Chalais, D. Sitten. Eugen Gruber, Die Stiftungs-
heiligen der Diözese Sitten im Mittelalter. Phi!. Diss. Freiburg/Schw. Freiburg/Schw. 1932,
S. 189; Reliquien in Muri. Martin Kiem, Das Kloster Muri im Kanton Argau (Quellen zur
Schweizer Geschichte, Bd. 3, Abt. 2). Basel 1883, S. 47 f.
235 K. Müllenho// und W. Scherer, Denkmäler deutscher Poesie und Prosa aus dem
VIII.-XII. Jahrhundert, 3. Ausg. von E. Steinmeyer. Berlin 1892, Nr. 12, S. 27-31; s. Ehris-
mann, Deutsche Literatur 1 2 , S. 217-220; v. d. Steinen, Notker 1, S.42, 384 f. 587.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 47
schrieben zoo, die die Zuneigung seiner Söhne, der Mönche des Klosters, bekundet, und
Alemannien als die suavis Suevia preist, die Gott selbst dem Iren als Heimat geschenkt hat.
Das Elsaß weiß seit dem 11. Jahrhundert um Kalendarien, die sein Gedächtnis erwäh-
nen 237, sowie um zahlreiche, jetzt zerstörte Galluskapellen und Patronate 238. Auch Wall-
fahrten entwickelten sich hier :39, die noch in die Blütezeit des Barock wiesen und zugleich
das bäuerliche Brauchtum verkündeten.
Zahlreich sind die Patrozinien in der Erzdiözese Freiburg 240. In Hohenzollern zeigt
sich der Einfluß St. Gallens in den Galluspatronaten der von diesem Monasterium ab-
hängigen Kirchen 241. Ebenfalls im bayerischen Raum ist seine Verehrung weit verbreitet,
wie eine beträclnliche Zahl von Missalien 242 seit der Hälfte des 10. Jhs., Kalendarien,
Litaneien und Patrozinien beweist 243. Wiederum in fränkischen Gebieten (Würzburg,
Bamberg, Oberfranken) 244 war sein Kult beachtlich. Dort wurde seine Vita in 263 Versen
im »Märterbuch« (Anfang des 14. Jhs.) besduieben 245.
Im rheinischen Raum bewahrte das Reformkloster Hirsau sein Gedächtnis, indem dort
1091 ein Altar den heiligen Vätern des Mönchsstandes, darunter auch Columban und
Gallus, geweiht wurde U6. Reformer haben immer wieder Wert darauf gelegt, eine Ahnen-
reihe zu besitzen, was oft sogar den Rückgriff auf den Vorderen Orient nahelegte. Von
Worms (15. Jh.) 247 über Mainz (Litanei, 9. Jh.) 248 und Trier (Litanei und Kalendarium,
236 Matthew Kelly, Calendar of Irish Saints. The Martyrology of Tallaght, with Notiees
of the Patron Saints of Ireland and Seleet Poems and Hymns. Dublin (ab. 1857), p.184;
'1-. d. Steinen, Notker 1, S. 379-386; 2, S. 72 f.
237 Gougaud, Saints irlandais, p. 115; Barth, Elsässische Kalendare, S. 18.
238 Pfleger, Roßweihe, S. 389; ders., Elsässische Pfarrei, S. 88.
239 Zum Gallusberg bei Didenhofen (Kr. Mülhausen). Joseph Levy, Die Wallfahrten der
Heiligen im Elsaß. Schlettstadt 1926, S. 15; an der Stelle des untergegangenen Dorfes Gall-
weiler (östlich von Epfig). Ebd. S. 23; St. Gallen bei ThaI (Kr. Zabern). Ebd. S. 201 f.
240 32 Patrozinien. Oechsler, Freiburg, S. 200 f.; Sauer, Freiburg, S. 225 ff.
241 EiseIe, Hohenzollern, S.4. Bereits 772 bestand in Willmandingen ein Galluspatro-
zinium. Ebd. S. 6. - über weitere Galluskirchen in Württemberg s. Hoffmann, Württem-
berg, S. 26 u. S. 269 im Register.
242 Freising. Lechner, Bayern, S. 21. 29; Anal. Boll. 54, 1936, p.27.
243 Lechner, Bayern, S. 172. 255; Swarzenski, Buchmalerei, S. 191. 204.
244 Schon im 9. Jh. Baubeginn der Galluskirche in Pappenheim (B. A. Weißenburg, Mit-
telfranken); in der Nähe der Gallusbrunnen. Franz X. Buchner, Missionstaufe und Tauf-
brunnen in deutschen Gebieten, bei Georg Schreiber, Volk und Volkstum 1, 1936, S. 201
bis 212, bes. S. 188 f.; Ansbacher Kalendarien des 15. Jhs. Engel, Ansbach, S. 104; Kapelle
und Vikarie in Würzburg (1115). lvo Fischer, Die Vikarien und Benefizien im Domstift
zu Würzburg. Würzburger Diözesangeschichtsblätter 3, 1935, S. 75 H.; Reliquien im Dom
zu Bamberg. Stephan BeisseI, Die Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien in Deutsch-
land während der zweiten Hälfte des Mittelalters (Stimmen aus Maria Laach, Ergh. 54).
Freiburg i. Br.1892, S. 25; dortige Festkalender. Lagemann, Bamberg, S. 102; vgl. schließlich
Schreiber, Deutsche Bauernfrömmigkeit, S. 90 im Register.
245 Märterbuch, hrsg. von Gierach, S. 417-422.
246 BeisseI, Verehrung d. Heiligen während der zweiten Hälfte des Mittelalters, S. 26.
247 Schmitt, Worms, S. 107; earl J. H. Villinger, Die Patrozinien der Altäre in den Kir-
chen und Kapellen im Gebiet des ehemaligen Bistums Worms. Jahrb. f. d. Bistum Mainz 4,
1949 (= Festschr. f. August Reatz), S. 385.
248 Anal. Boll. 54, 1936, p. 19.
48 Georg Schreiber
9.110. Jh. bzw. 10. Jh.) 249 bis nach Köln (Litanei und Festkalender, 9. bzw. seit 10. Jh.) 250
leitete der Rheinstrom. Auf die engen Beziehungen von Liudger, dem Erstbischof von
Münster (t 809), zu den Benediktinern mag es zurückzuführen sein, daß Gallus im Mün-
sterer Festkalender erscheint 251, wie er ja auch 1088 von Erpho zum Mitpatron - neben
Benediktus, Columban, Scholastika und Brigida - in der Oberwasser kirche Münsters er-
hoben wird 252. Des weiteren werden 33 Münsterer Urkunden, delen älteste aus dem
Jahre 1282 stammt 253, nach dem Feste des hl. Gallus datiert. In der gleichen Richtung
liegt es, wenn der Paderborner Festkalender aus der Zeit des Bischofs Meinwerk (1009 bis
1038) seinen Gedenktag festhält 254. Andernorts ist der Galluskult für andere Bistümer
Mitteldeutschlands und des Ostens behandelt. Ebenso findet sich die bäuerliche Note seines
Kultes ein, die nun einmal die Iren, wie überhaupt die Heiligen des merowingisch-fränki-
schen Zeitalters, begleitet 255.
An Gallus wird im übrigen so recht ersichtlich, daß gerade der süddeutsche
Sprachraum fortgesetzt kultische Wellen zum deutschen Norden entsandte,
besonders, da dieser erst später in die Christianisierung eingetreten war.
Neuland an sakraler Siedlung.
8. Deicol
Zum engeren Kreis um Columban und Gallus gehört Deicol (Deicolus,
Dichul, Dichuill, St-Die!, DeiIle, Deile, Diey, Dee!, Delle, Desle, t 625,
Fest am 18. Januar bzw. 13. Februar) 256. Dieser Ire wird als Bruder der
bei den erwähnten Heilbringer und als ihr unzertrennlicher Gefährte an-
%49 Ibid. 55, 1937, p.64; Miesges, Festkalender, S.94; Litanei, 10. Jh., aus Münster-
9. Furseus
Der aus vornehmem Geschlecht stammende Ire Furseus (t wahrscheinlich
650, Fest am 16. Januar) teilt sich mehreren Völkern mit 263. Man hat ihn
bezeichnenderweise als mehrvolklich, als »trium populorum praedicator"
angesprochen. Sein Dienst gehört zunächst der Heimat, in der er zehn
Jahre als Mönch weilt, ein Kloster gründet und betend und mahnend durch
das Land zieht, in jener Beweglichkeit des Wanderpredigers, die dem alt-
irischen Zönobium eigen ist. Der Missionseifer führt ihn, wie viele seiner
Landsleute, (nach 630/31 oder 636/37) nach Ostangeln.
Es liegt ihm daran, dort für die Zwe<ke der Christianisierung einen festen Stützpunkt
zu schaffen, was ihm durch die Gründung des Klosters Burgheastle (Cnoberesburgh,
Cnobberesburg, Cnoberesburg, Cnobheresburg in Suffolk) gelingt. Diese fundatio war im
übrigen in eine Burg verlegt, die anmutig in der Nähe von Wäldern und zugleich im An-
gesicht des Meeres lag. Wenn solches mitgeteilt wird, bekundet sich darin das starke Natur-
gefühl und der Schönheitssinn der Iren, der auch für die Schlösser und Landschaften her-
vortritt, denen der Seefahrer Brandan begegnet. - Man mag solchen Beobachtungen, wie
sie Wilhelm Ganzenmüller für das mittelalterliche Naturgefühl vorlegt 264, hinzufügen,
daß bei den Iren auch ganz besonders die Frage des loeus idoneus der Klostergründung
entscheidend war. Führt doch dessen Schilderung auch sonst ästhetische Reize mit sich. -
Die Leitung von Burgheastle überläßt Furseus jedoch bald seinem Bruder, dem h!. Foil1an,
während er sich mit seinem jüngeren Bruder Ultan in die Einsamkeit zurü<kzieht 265, ein
Wechsel zwischen Konvent und Eremos, der im irischen Mönchsleben sich immer wieder
einfindet und der an dieser Stelle gleichzeitig den Blick auf die Sippe auslöst. Loea deserta
umrahmen die strömende Aktivität des Monasterium.
Als in England Krieg mit dem andringenden Heidentum ausbricht, geht
Furseus um 640 nach dem Festland, um in der Gallia christiana ein Asyl
und eine neue Aufgabe zu finden. Mit feinem Verständnis und weltläufigem
Sinn für die Mitwirkung politischer Gewalten - ein Zug, der sich auch bei
St. Columban d. J. einstellt - gründet er 644 im Verein mit Chlodwig H.
(638-657), dem Gatten der hl. Angelsächsin Bathildis, und mit dessen
Majordomus Erchinobald (Erchinoald, Erchenwald) die Abtei Lagny bei
Paris. Dort schafft er geradezu eine Neuheimat für seine Landsleute. Die
268 Vita S. Fursei, ed. B. Krusch, MG. SS. rer. Mer. IV, p. 423-449; Beda, Hist. Ece!.
IJI, e. 19, cd. eh. Plummer. Oxonii 1946, t. I, p. 163-168; Kenney, Sourees I, p. 500-503;
vg!. Stad/er, Heiligen-Lexikon 2, S. 332 f.; 0' Hanlon, Lives I, p. 222-286; Schreiber,
Wanderkulte, S. 119 f.; Gougaud, Saints irlandais, p. 108 ss.; Fuhrmann, Monasteries,
p. 20 ff.; A. Schmitt, Furseus. LThK 4, Sp.239; C. Mulcahy, Fursey. Cath. Eneye!. VI,
p. 324 f.; Bellesheim, Irland 1, S. 174 f.; Delius, Irische Kirche, S. 109 f..
264 Naturgefühl im Mittelalter, S. 57, mit Hinweis auf MG. SS. rer. Mer. IV, p. 437.
265 Beda, Hist. Eee!. UI, e. 19, ed. Plummer, I, p. 167 f.
Irland im deutsmen und abendländismen Sakral raum 51
266 Sein Grab war, wie der Abt Cellanus von Peronne an Aldhelm von Malmesbury
(675-709) schreibt, locus, ubi domnus Furseus in sancto et integro paus at corpore. Traube,
Perrona Scottorum, S. 479.
267 Ebd. S. 484; vgl. Fuhrmann, Monasteries, p. 27.
268 So die Meinung von Gougaud, Gaelic Pioneers, p.18; anders Traube, Perrona
Scottorum, S. 491; vgl. Fuhrmann, Monasteries, p. 28.
269 Fuhrmann, Monasteries, p. 29; Gougaud, Christianity in Celtic Lands, p. 147.
270 S. ibid.
271 S. ibid. p. 30.
272 Ibid. p. 28; Frant;oise Henry, Irish Art in the Early Christian Period. 2 nd ed.
London 1947, p. 127.
273 The Martyrology of Tallaght, ed. by R.I. Best and H. J. Lawlor (Henry Bradshaw
Society, vol. 48). London 1931, p. 31; Felire Oengusso Celi De: The Martyrology of Oengus
the Culdee, ed. by Whitley Stokes (Henry Bradshaw Society, vol. 29). London 1905, p. 36:
zit. nach Gougaud, Saints irland ais, p. 108; dort: «Fursa le pieux ».
274 Stokes, Cuimmin's Poem, p. 60, eng!. übers. p. 65.
275 Zimmermann, Kalendarium Benedictinum I, S. 93, wo Furseus' Jenseitsvisionen als Vor-
bild der anhebenden Visionenliteratur bezeimnet werden; vgl. Bellesheim, Irland 1, S. 174.
52 Gcorg Schreiber
die schon zu seinen Lebzeiten sowohl in Irland als auf dem Kontinent bekannt waren
und die den ganzen Reichtum frühchristlicher Gelehrsamkeit bergen, legen Beda 276 und
ein altenglisches Martyrologium (2. Hälfte des 9. Jhs.) 277 Zeugnis ab. Engel und Teu/el
streiten sich um seine Seele, die vom Leibe gelöst ist. Der Teufel summiert die Vergehen.
Ein Engel aber erhebt energischen Widerspruch. Es entwickelt sich eine dramatische Abfolge
von Reden und Gegenreden. Die Bezugnahme auf die Bibel geschieht bei diesem Streit-
gespräch mit jenem Nachdruck, der für das Mittelalter eigentlich selbstverständlich ist 278.
Auen die Spruchweisheit findet sich ein. Der Teufel ist keineswegs der Dumme, wie
er in der spätmittelalterlichen Teufelsliteratur festgehalten ist, sondern dieser Diabolus ist
listig, schlau, berechnend, ja bibelfest. Aber auch sein Partner, der Engel, ist als klug ge-
kennzeichnet, in allem als geistig hochwertig und ebenso als schlagfertig. Er ist seinem Ge-
sprächspartner durchaus gewachsen, ja überlegen 279. Die Vision des Furseus von Himmel
und Hölle ist anscheinend das erste Beispiel der irischen Visionenliteratur, die später einen
so großen Einfluß auf das Denken in Irland und auf dem Kontinent ausüben sollte 280.
Sie setzt sich in den Visionen des Adamnan (10. oder 11. Jh.) 281, der Navigatio Brendani
(10. Jh.) 282, den Visionen des Tundal (Tnuthgal, Tnugdal, 12. Jh.) 283 und im Purgatorium
Patricii (12. Jh.) 284 fort und stellt sich mit ihnen in die aufwühlende Linie, die von Virgil
zu Dante führt 285.
Die Verehrung dieses Heiligen entfaltet sich bereits im 8. Jahrhundert auf dem Kon-
tinent, und zwar, von Peronne ausgehend, vor allem in Nordfrankreich (Pikardie, Flan-
dern) 286. Doch auch die Allerheiligenlitanei aus Reichenau (Zeit Ludwigs d. Frommen, 814
bis 840), die in der Herkunft nach Tours weist, kennt den Iroschotten bereits 287. Dorthin,
also nach dem großen deutschen Kulturmittelpunkt, der zeitweilig selbst St. Gallen und
276 Hist. Eccl. JII, c. 19, ed. Plummer, I. p. 164-167; Ryan, Monasticism, p.333.
m George Herz/eId, An Old English Martyrology (Early English Text Soeiety, 116).
London 1900, p. 20-21.
278 Siehe H. H. Glunz, Die Literarästhetik des europäischen Mittelalters (Das Abend-
land, Bd. 2). Boehum-Langendreer 1937, S. lOH. 166 H.
279 Benz, Legenda aurea 2, Sp. 208 H.; Graesse, Legenda aurea, p. 639-642.
280 Kenney, Sources I, p. 502.
281 Ibid. p. 444 f.
262 Bieler, Life of Patrick, p. 124; s. unten.
283 Kenney, Soure es I, p. 741 f.
284 S. oben.
285 Vgl. Berardis, Italy and Ireland, p. 142, wo die Möglichkeit verneint wird, daß
Dante die Visionen des Furseus gekannt habe.
286 S. Gougaud, Saints irlandais, p. 109 s.; dazu kommt noch eine karolingische Litanei
(8. Jh.) aus Soissons. Anal. Boll. 62, 1944, p. 134. - Die Verbindung von Peronnc mit Corbic
und St-Riquier prägt sich u. a. in der Tatsache aus, daß in einem Kalendar von Corbie der
Festtag des hl. Furseus eingetragen ist. O. Dobiache-Rojdestvenskata, Questions eorbclennes,
in: Studien z. lat. Dichtung d. Mittelalters. Ehrengabe f. Karl Strecker, hrsg. von W. Stach
u. H. "Walther (Schrifrenreihe d. Hist. Vierteljahrsschr., H. 1). Dresden 1931, S. 18-28,
bes. S.21.
287 Konrad Beyerle, Die Kultur der Abtei Reichenau. 2 Bde. München 1925, 1, S.341
Anm.233.
Irland im deutsmen und abendländismen Sakralraum 53
Fulda übertraf, hatte Peronne Verbindungen288 • Dazu treten der "Libellus precum" von
Tegernsee (11. Jh.) 189, die Litaneien von Mainz (9. Jh.) 290 und Köln (9. und 10. Jh.) 291,
die Litanei Ludwigs d. Deutsmen (9. Jh., aus Lorsch) 292, zwei Kalendarien vom Münster
in Straßburg (11. bzw. 12. Jh.) 293 sowie ein mit einem Kalendarium versehenes Bre-
viarium aus der ehemaligen Erzdiözese Trier (1. Hälfte des 14. Jhs.) 294. Sein Gedämtnis
erwähnt ferner ein Missale aus dem Stift Essen, das dem letzten Drittel des 10. Jhs. an-
gehört 295. Bismof Meinwerks Paderborner Festkalender (11. Jh.) verzeichnet ebenfalls
seinen Namen 296. Dom hat seine Verehrung im weiteren Aachener Raum - im Gegensatz
zu der seines Bruders Foillan 2P1 - keine Heimstätte gefunden. Aum im Gebiet des Nieder-
rheins und des benambarten belgismen Grenzlandes konnte kein Furseus-Kult nachgewie-
sen werden 298.
Nur im Gebiet der Gallia dlfistiana drang Furseus tiefer in das Volksbewußtsein ein. -
Smrieb man dom nom in späterer Zeit seinem Smutz die Befreiung Peronne~ von der
Belagerung Karls V. (1537) zu 299. So greift seine Devotion über Jahrhunderte. Nom jetzt
sind ihm in der Pikardie mehre.re Brunnen geweiht 3PO. Er zeigt sim hier, wie so manme
seiner Landsleute (GaIius, Columban, Kilian) als Brunnenheiliger. Eine althergebramte
Wallfahrt in Bellefontaine, einem Dorf der Ardennen, führt alljährlim am 16. Januar
eine Schar von Pilgern zur Quelle, wo man heilkräftiges Wasser smöpft. Furseus wird
dort aum bei Viehseumen angerufen, und man wendet sim an ihn, um die Gesundheit
von Mutter und Kind und eine gute Ernte zu erbitten 301. Aum bei Augenleiden, Bruch,
Fieber, Flemten, Krätze, Kolik, Lähmung, Stein, Wassersumt greift er nam dem Volks-
glauben helfend ein 302. So weit einige volkskundlime Züge, die die Einwurzelung des Iren
belegen.
In der Kunst wird Furseus mit Omsen oder Stieren dargestellt 303 , weil sein Leimnam,
der Legende nam, auf Geheiß Gottes von zwei ungezähmten Stieren nam Peronne geführt
worden war 304. Manmmal wird er aum abgebildet, wie er durm Einstecken seines Stabes
288 Ebd. 2, S.776; L. Gougaud, Sur les routes de Rome et sur le Rhin avec les «pere-
grini» insulaires. Revue d'histoire ecc1esiastique 29, 1933, p. 264.
289 Anal. Boll. 54,1936, p. 34.
290 Ibid. p. 20.
291 Ibid. p. 13; ibid. 55, 1937, p. 69.
292 Swarzenski, Litanei, S. 176.
293 Barth, Elsäss. Kalendare, S. 9.
294 Miesges, Festkalender, S.24.
293 Zilliken, Festkalender, S. 38.
296 Honselmann, Festkalender, S. 108.
297 S. unten.
298 Nam frdl. Mitteilung von Herrn Dir. Dr. Bernhard Pol!, Stadt archiv Aachen, vom
26.5.1955.
299 Stadler, Heiligen-Lexikon 2, S. 333.
300 Gougaud, Saints irlandais, p. 111.
301 Ibid.
302 Kerler, Patronate, S. 15. 53. 103. 116. 204. 218. 226. 343. 400 (ohne Angabe der
Landsmaft).
303 Gougaud, Saints irland ais, p. 111 S.
304 Virtutes Fursei, ed. B. Krusch, MG. SS. rer. Mer. IV, p. 446.
54 Georg Schreiber
in die Erde eine Heilquelle entspringen läßt 305. Das gleiche Mirakel wird in einer Hymne
zu Ehren des Heiligen berichtet 306. Dieses für Furseus spezielle Attribut des Stockes erin-
nert an andere Stockträger (Columban, Kilian, Koloman, Jodok) und ist zugleich charak-
teristisch für den \Vandertrieb des Heiligen und seiner Landsleute. Unter ihnen ragt wie-
derum St. Patricius hervor, dem Christus nach der Volksüberlieferung selbst seinen Stab,
den "bachall Isa" übergeben haben 5011, welcher in Armagh als kostbare Reliquie auf-
bewahrt wird 307. Karl v. Amiras Forschungen über den Stab verdienen noch eine Aus-
weitung 308. - In der illustrierten Straßburger Legenda aurea (1362) ist Furseus in einer
Miniatur als Bischof abgebildet 309, in einer Rangerhöhung, die für die Gotik charakteri-
stisch ist. - Soviel .an einigen Hinweisen. Diese Beobachtungen mögen das farbige Mosaik
des Irenturns ergänzen.
10. Foillan
Einer der beiden Brüder des hl. Furseus, der hl. Foillan (Foilan, Feuillen,
Faelan, Faolan, Foelan, Foalan, tgegen 655, Fest am 31. Oktober) 310, wird
auch im deutschen Raum heimisch. Mit seinem Bruder Ultan (t 686, Fest
am 1. Mai) 311 geht er auf weiten Strem.en den gleichen Lebensweg. Beide
folgen - ein Beispiel für das lebensvolle irische Sippengefühl - ihrem Bru-
der Furseus nach Ostangeln. Dort wird Foillan sein Nachfolger als Abt
von Cnober,esburgh. Beide ziehen nach dem Tode des Furseus nach dessen
Grabstätte Peronne und begeben sich dann missionierend nach Nivelles in
Brabant. Hier wer,den sie von Ita,der Witwe Pippins I. und Gründerin des
dortigen Klosters, ebenso von ihrer Tochter Gertrud in einer Vertrauens-
stellung zu Beichtigern gewünscht. Auf den von Ita ihnen überlassenen Lie-
genschaften gründen sie die Abtei Fosses (D. Lüttich) 312, die ein Hospitium
305 Gougaud, Saints irlandais, p.112; vgl.MG. SS. rer. Mer. IV, p. 443 und p.444.Dort
auch andere Wunder, die der Heilige mit seinem Stock, auf den er sich bei seinen Wander-
fahrten stützte, wirkte.
306 Guido Maria Dreves, Liturgische Hymnen des Mittelalters aus Handschriften und
Wiegendrucken. Vierte Folge (AnalectaHymnica Medii Aevi, XIX: Hymni inediti). Leiden
1895, p. 139 (ohne Angabe der Entstehungszeit: "ex Arnoldo Wion. Libr. 3 Ligni vitae").
307 Bellesheim, Irland 1, S. 66; Delius, Irische Kirche, S. 88.
308 Der Stab in der germanischen Rechtssymbolik (Abhdl. der Kgl. Bayer. Akad. d.
Wiss., Phil.-hist. Kl., Bd. 25, 1). München 1909. Ergänzungen bei Schreiber,Gemeinschaften,
S.479 im Register.
309 Barth, Straßburger Legenda aurea, S. 158.
310 Additarnenturn Nivialense de Fuilano, ed. B. Krusch, MG. SS. rer. Mer. IV, p. 449
bis 451; Stadler, Heiligen-Lexikon 2, S. 237 f.; Bellesheim, Irland 1, S. 1,71; Gougaud,
Saints irlandais, p. 98 f.; Zimmermann, KaI. Bened. IH, S. 238 H.; L. van der Essen, Foillan.
Cath. Encycl. VI, p. 123 f.; de Moreau, Histoire de l'Eglise en Belgique 12 , p. 146 ss;
Schreiber, Wanderkulte, S. 119.
311 Ibid.
31% Delius, Irische Kirche, S. 110. - Es muß jedoch betont werden, daß die bei den Brüder
erst nach dem Tode des Furseus nach Peronne kamen. Vgl. Traube, Perrona Scottorum,
S.481. .
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 55
der peregrini sein sollte. Noch Einhard Ct 840) nennt sie ein "monasterium
Scotorum" 313. Nacheinander werden Foillan und Ultan, hier wie auch in
Peronne, ~bte 314. Auf dem Wege von Nivelles nach Fosses wird Foillan
von Wegelagerern ermordet und in der Folge als Martyrer verehrt 315. Das
Martyrium ist bei den Iroschotten eine Seltenheit. Die Devotion erhält der-
art einen neuen Antrieb.
Bezeichnenderweise spricht auch ein Hymnus (spätes Mittelalter?) 316 von seinem Tod
a,ls von dem "martyrii privilegium" und schmückt den Zug der Legende aus, nach dem die
Stelle, wo seine Leiche lag, durch eine Feuersäule angezeigt wurde und sich Fosses durch
das Entspringen einer Quelle als sein Begräbni~ort erwies. Hier wiederum treten die bei
den Iroschotten so beliebten Motive des Lichtes und des Wassers stark heraus. An anderer
Stelle werden wir die Wendung "martyrii privilegium" behandeln. Gibt es doch in St. Gal-
len Handschriften des Spätmitteialters in kanonistischer Ausrichtung, die den Sprach-
gebrauch der privilegia Sanctorum mit sich führen. Das in Anlehnung an die Legenda aurea.
Die Abtei Fosses, seit 1108 das Kollegiatstift des Gebietes von Namur, wurde so einer
der Mittelpunkte seiner Verehrung 317. Dort findet seit 1549 alle sieben Jahre in der Sym-
bolgewalt der Zahl eine "marche de saint Feuillen" statt 318. Weitere Kultstätten taten sich
in Peronne, Roeulx (Hennegau), in Mons, in Lüttich und in Abbeville 319 auf, wo Reliquien
des Heiligen ruhen. Der belgische Raum wurde weithin zum Aufmarschgebiet der Iro-
schotten. In Aachen, das wie Fasses ehemals zur Diözese Lüttich gehörte, besitzt der
Heilige die bereits im 12. Jahrhundert errichtete, im 15. Jahrhundert neu erbaute 320
311 Gougaud, Saints irlandais, p. 99. Vgl. Michels, Codex D 47, S. 27 H. (Verbreitung
seiner Viten in der Gallia christiana).
318 Gougaud, Saints irlandais, p. 99 s.
319 Ibid. p. 100. Ebenso wird er in einer Litanei (13. Jh.) aus Metz angerufen, zusammen
mit Ultan. Michels, Codex D 47, S, 30; vgl. auch Anal. Boll. 62, 1944, p. 166 (Litanei des
Psalters der hl. Wivina, zweite Hälfte des 12. Jhs.).
320 Wilhelm Fabricius, Erläuterungen zum geschichtlimen Atlas der Rheinprovinz.
Bd. 5, erste Hälfte: Die Kölnische Kirchenprovinz. Bonn 1909, S. 368; Paltl Clemen, Die
Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Bd. 10: Die Kunstdenkmäler der Stadt Aachen, II:
Kar! Faymonville, Die Kirchen der Stadt Aachen. Düsseldorf 1922, S. 52 H.; Korth, Pa-
rrocinien, S. 64 f.
56 Georg Schreiber
Hauptpfarrkirche St. Foillan als Patron. Aachen ist der äußerste östliche Vorposten des
Foillan-Kultes, soweit Patronatskirchen in Frage kommen 321.
Zum weiteren leitet in der Bewegtheit des Kultes das Rhein tal. So werden FoilIan,
Furseus und Ultan schon im 9. Jahrhundert in Litaneien von Basel und Köln 322, Foillan
und f,urseus ebenfalls in Köln und in Mainz 323 angerufen. Der Rheinstrom wirkte hier wie
auch sonst als irisches Kabel. Auch ein Kalendar des 14. Jahrhunderts aus Prüm 324 und
ein Missale aus St. Matthias in Trier 325 kennen sein Gedächtnis am 31. Oktober. Zum
anderen drang seine Verehrung nach dem östlichen und südöstlichen Deutschland vor, wie
aus dem großen österreichischen Legendar 326 und aus der Verbreitung des Additamentum
Nivialense 327 zu ersehen ist. Seine Viten waren auch in Südfrankreich und England ver-
breitet 328. Er wird ebenfalls mit einem Lichtschein abgebildet, da nach der Legende eine
Feuersäule über dem Ermordeten aufstrahlte 329. Davon singt der schon genannte Hymnus
zu seiner Ehre 830. So ist auch bei ihm das Lichtsymbol, ähnlich wie bei Brigida, stark aus-
geprägt, wie dieses überhaupt in der irischen Legende und Liturgie eine hervorragende
Stellung einnimmt 331. In Fosses wird der Heilige heute noch um gutes Erntewetter sowie
bei Kopf- und Ohrenweh und Nervenkrankheiten angerufen 332. Die agrarische und medi-
zinische Note der Iroschotten verleugnet sich nicht.
11. Kilian
Auch bei dem Iroschotten Kilian (Killena, Kyllena, Killinus, Killenus,
Kylianus, Quilianus, Chillianus, Chilianus, Cilianus, Caelianus, St. Kelle-
321 A. Bellesheim, über einige Beziehungen Irlands zur Reichsstadt Aachen und Diözese
Lüttich. Zeitschr. d. Aachener Geschichtsvereins 14, 1892, S. 38-53, bes. S. 44 f. - Doch wird
Foillan in den Handschriften des Aachener Münsterstiftes nicht am 31. Oktober, sondern
am 16. Januar - dem Gedenktag des Furseus - aufgeführt, und zwar dreimal. o. Gatz-
weiler, Liturgiegesch. Quellen 10, 1926, S. 19 Anm. 3, S. 55. 57. - Es eignen Foillan keine
weiteren Gotteshäuser im westdeutschen Raum. Frdl. Mitteilung von Herrn Dir. Dr.
iiernhard Poll, Stadtarchiv Aachen, vom 15. Juni 1955.
322 Anal. Boll. 54, 1936, p. 13. - In einem Kalender (10. Jh.) aus Essen und einem sol-
chen des 10./11. Jhs. aus Werden tritt er ebenfalls am 16. Jan. auf. Zilliken, Festkalender,
S. 38. 30. 32.
""3 G014galld, Saints irlandais, p. 101.
324 Miesges, Festkalender, S. 98. - Unter demselben Datum nennen ihn ein Regensbur-
ger Kalendarium des 11.112. Jhs. und eine diesem beigegebene Litanei. Lechner, Bayern,
S. 219. 225.
325 Miesges, Festkalender, S. 16. 12.
326 MG. SS. rer. Mer. VII, p. 671; vgL Anal. Boll. 17, 1898, p. 72.
327 In Bayern und österreich; vgl. Michels, Codex D 47, S. 32.
328 S. ebd.
329 Samson, Kirchenpatrone, S. 187.
330 Dreves, Analeeta Hymnica XIX, p. 136.
331 S. oben.
332 Gougaud, Saints irlandais, p.l01.
Irland im deutsmen und abendländismen Sakralraum 57
mann, Kilemann, St-Kilien, St-Kuln, t gegen 689, Fest am 8. Juli) 33ll wird
in der Legende die adelige Abstammung erwähnt. Wieder und wieder ent-
läßt die irisme Aristokratie opferwillige und sendungsbewußte Vertreter
und Erzieher in einer ersten Welle nam Gallien, in einem weiteren Auf-
brum gen Germanien. Seine missionarismen Ziele ergreifen Ostfranken
und Thüringen 334. Er ist übrigens einer der wenigen irismen Heilbringer,
denen das Martyrium zuteil wurde. Ward er dom um das Jahr 689 mit
zweien seiner Begleiter, dem Priester Kolonat (Colomanus, Colomnanus,
Calanus, Dolomannus, Lonatus) und dem Diakon Totnan (Donanus, Thot-
nanus, Totmanus, Tornanus, Tolmannus, Romanus usw.) ermordet. In
Würzburg sdllägt der gefeierte Blutzeuge mit der ihm beigegebenen hei-
ligen Sippe seine kultisme Residenz auf. Die Leiber ruhen in der Kilians-
gruft der Neumünsterkirche mit einem kleinen Teil der Reliquien, während
der Dom die drei Häupter mit dem größeren Teil der Heiltümer verwahrt.
Dort am M ain ist ja vieles günstig gelagert, um das Andenken an diese
IrosdlOtten in manchen Bezeugungen festzuhalten.
Kultdynamismes kann sim entwickeln. Handelt es sim dom um eine reifende und litur-
gism besorgte Bismofsstadt. Liegt dom zum weiteren diese Kultstätte an einem der großen
und verkehrsreimen deutsmen Ströme. Es wirkt ja der Main wie ein Kabel, da.~ ostwärts
Bamberg mit seinen irosmottismen Anregungen berührt 336 und westwärts die Rimtung
zu der von den Iren gepflegten Rheinstraße nimmt 338. Zum anderen sei erwähnt, daß sidl
von der Donau her über Regensburg, Würzburg, Mainz jene Ungarnwallfahrt vollzieht,
die sim alle sieben Jahre aus dem Herzen von Pannonien über den Main und den Rhein
nam Aamen und Köln begibt 837. Dieser Ungarnweg bezeimnet andererseits den Aufmarsm
der Kreuzfahrer nam Konstantinopel und Jerusalem, seitdem König Stephan I. von Ungarn
diesen binnenländismen Weg eröffnet hat 338.
383 Kenney, Sources I, p. 512 f.; Passio Kiliani martyris Wirziburgensis et sociorum eius
(= Passio prima), ed. Levison, MG. SS. rer. Mer. V, p. 711-728; Stadler, Heiligen-Lexi-
kon 3, S. 611; Zimmermann, Kilian. LThK 5, Sp. 951; ders., KaI. Bened. II, S. 422;
Holweck, Dictionary, p. 586; loachim Dienemann, Der Kult des heiligen Kilian im 8.
und 9. Jahrhundert (Quellen und Forsmungen zur Gesmimte des Bistums und Homstifts
Würzburg, hrsg. von Theodor Kramer, Bd. X). Würzburg 1955.
334 Heinrich Büttner, Das mittlere Mainland und die fränkisme Politik des 7. und 8.
Jahrhunderts, in: Herbipolis jubilans (Würzburger Diözesangesmimtsblätter 14115,
1952/53). Würzburg 1952, S. 83-90, bes. S. 88.
3SS Hiller, Bamberg, S. 206; Paul los. Fraundor/er, Ehemalige Dotations- und Eigen-
kirmen des Homstifts Würzburg (Bibliothek f. Volks- und Heimatkunde, 120, Sonderheft
zu den "Deutsmen Gauen"). Kaufbeuren 1925, S. 23. 32.
33q Büttner, Mainland, S. 86.
337 Schreiber, Gemeinsmaften, S. 418; Elisabeth Thoemmes, Die Wallfahrten der Un-
garn an den Rhein (Veröffentl. d. Bismöfl. Diözesanarmivs Aamen, Bd. 4). Aamen 1937,
S. 65 ff.
338 S. Schreiber, Stephan I. der Heilige, S. 41 f.
58 Georg Schreiber
Die Reichweite des Kilianskultes erstreckte sich ebenso nach Norden wie nach Süden.
Paderborn, Münster, Köln, aber auch Schwaben, Oberösterreich, Steiermark und die Schweiz
wurden ergriffen, um nur einiges anzudeuten, wohin die Stoßrichtung und Strahlung die-
ses kraftvollen Kultes ging. Weiteres mag man an anderer Stelle nachlesen 338a. Geradezu
vorbildlich ist sein Nachleben und seine kulturelle Plastik neuerdings in Würzburg behan-
delt, nämlich in der Festschrift zur Säkularfeier (1952) der Erhebung der Kiliansreliquien,
die unter dem Titel Herbipolis jubilans erschienen ist 338b. Dort wird seine Passio bemerkens-
wert, allerdings nicht abschließend gewürdigt. Seine Nachwirkung in Ortsgeschichte und
Landschaft tritt ebenso heraus wie die Kontinuität der irischen überlieferung. Dazu wer-
den eine Fülle von weiteren Nachwirkungen erörtert, wie die Kiliansfahne, die Heiltums-
weisung, die wirtschaftlich wichtige Kiliansmesse, wiederum die Beeinflussung der Hand-
werkskultur, ebenso das Bruderschaftswesen. Noch der Barodt erlebte 1727 die St. Kilians-
Konfraternität. Symbole treten hinzu. So erschlossen sich in der Kiliansdevotion intime
Zugänge zu den Inhalten des fränkischen Volkstums. Der !roschotte wurde zum Mam-
franken.
12. Fiacrius
Fiacrius (ursprünglim Fefrus, Fiachra, t 670, Fest am 30. August) 338e
wandert wie viele seiner Landsleute in die gallisme Fremde. Er bezieht eine
Einsiedelei in der Landschaft Brie, und zwar in der Nähe von Meaux, des-
sen Bismof Faro (626-672) den Irosmotten gewogen war, was aum ein Blick
auf das Kiliansleben bezeugt.
Der Anamoret wird wie viele seiner Landsleute zum Klostergründer. Er
baut ebenso ein Hospitium für die irismen Pilger, als eines der ersten auf
dem Festlande 339. So steht er im Wallfahrtsgesmehen und in der Verkehrs-
gescltimte der irischen Wanderung. VorpostensteIlungen des Irentums. Um
seine Gäste zu ernähren, pflanzt er auf dem von ihm gerodeten Land Ge-
müse an 340. So wird er zum Patron des Gartenbaus 341. Die Kulturpflanzen
und der abendländische Garten, der der Reichenau und anderen Kloster-
gärten viel ve~dankt, gewinnen einen Iren als Schutzherren. Nach Hiber-
nien drang jedoch sein Kult nicht, wie dies des öfteren bei den Iren festzu-
stellen ist, deren Aktivität der Neuheimat zugute gekommen war. - Seine
Kultwanderung zog sich im Mittelalter besonders durch den süddeutschen
Raum. Er galt als Krankenheiler, vornehmlich bei venerischen Krankhei-
ten 342. Seine Darstellung gemahnt mit ihrem Geschwür an St. Rochus 343.
13. Fridolin
Im großen Stelldichein der Iroschotten, am Oberrhein, ist auch Fridolin
(t im 6. Jh., Fest am 6. März) 344 zu Hause. Eine allerdings umstrittene
Vita (2. Hälfte des 10. Jhs.) 345 läßt ihn als Kelten 346 erscheinen und aus
dem Adel abstammen. Heilbringer empfangen für das Volksgläubige einen
Nimbus, wenn sie vom Irenturn herkommen. Bemerkenswert irisch ist
jedenfalls die Sehnsucht, auf einer Insel zu leben. Nachdem er zunächst
Missionar in seiner Heimat (in seiner Vita Scotia inferior genannt) war,
wendet er sich nach Poitiers, um die Gebeine des hl. Hilarius, des »Athana-
sius des Abendlandes", zu erheben. So rückt er in große Zusammenhänge,
3U L. Pfleger, Das Auftreten der Syphilis in Straßburg und der Kult des hl. Fiacrius.
Zeitschr. f. d. Geschichte d. Oberrheins, N. F. 33, 1898, S. 169; Kerler, Patronate, S. 442
im Register; Monsettr, Folklore wallon, p. 450.
343 Braun, Tracht, S. 257.
344 Kenney, Sources I, p. 497 f.; Stadler, Heiligen-Lexikon 2, S. 317-319; O'Hanlon,
Lives UI, p. 155-172; A. Büchi, Fridolin. LThK 4, Sp. 182; J. P. Kirsch, Fridolin. Cath.
Encycl. VI, p. 303 f.; Zimmermann, KaI. Bened. 1, S. 291 ff.; Gougaud, Saints irlandais,
p. 104-107; Johannes W&.lterscheid, Deutsche Heilige. München 1934, S. 54-56; Schreiber,
Wanderkulte, S. 19 f.
345 Vita Fridolini, ed. B. Krusch, MG.SS. rer. Mer. III, p. 350-369. Sie wurde im
13. Jh. ins Deutsche übersetzt. F. J. Mone, Quellensammlung der badischen Landes-
geschichte, Bd. 1. Karlsruhe 1848, S. 99-111; die Hs. dieser übersetzung stammt aus dem
J. 1432 (Cod. Sang. 598, fol. 253-272). Ebd. S. 3. - Zur Vita Fridolini s. W&.ttenbach-
Levison, Geschichtsquellen 1, S. 124, Anm. 293; - An der Gcschichtlichkeit Fridolins ist
wohl nicht zu zweifeln. Medard Barth, Zur Mission des hl. Fridolin im Elsaß: Dillersmün-
ster, ein St. Hilariusklösterlein. Archives de l'Eglise d' Alsace 1, 1946, p. 21.
346 So auch H attck, Kirchengeschichte 13-4, S. 317 Anm. 5; nach der Auffassung von
Barth, Fridolin, S. 22, war er jedoch kaum Ire, sondern entweder Alemanne oder Franke.
Die irische Herkunft ließe sich dann aus dem Bestreben erklären, Fridolin gleichsam zu glori-
fizieren, indem man die "Insel der Heiligen" als seine Heimat bezeichnet; ähnlich Trud-
pert (7. Jh.). Stadler, Heiligen-Lexikon 5, S. 569; J. Sauer, Trudpert. LThK 10, Sp. 311 H.
- Zur Fridolin-Frage s. auch H. Tüchle, Kirchengeschichte Schwabens 1. Stuttgart 1950,
S. 53. - Das erste in deutscher Sprache gedruckte Buch über Fridolin will wegen seines
Verfassers sehr beachtet sein: Petrus Canisius, Warhaffte Historie von dem berümbten
Abbt S. Fridolino. Fryburg im Uechtland 1589. Für Canisius und seine Zeitgenossen war
es selbstverständlich, daß Schottland (Hiberna genannt) ... Fridolini Vatterland" war
(S. 3 f.); s. Hennig, Schweiz und Irland, S. 206.
60 Georg Schreiber
die der Abwehr des Arianismus und verwandter Strömungen dienen. Von
einem Traumgesicht - wiederum ein visionäres Element im Irenturn - auf-
gefordert, zieht er nach einer Rheininsel in Alemannien, nach Säckingen,
wo er dem hl. Hilarius ein Kloster weiht 347.
Auch auf dem Wege dorthin hatte er bereits ein Hilariu..kloster in Helera (jetzt Eller,
zwischen Zell und Kochern an der Mosel) und mehrere dem hl. Hilarius geweihte Kirchen
in den Vogesen, in Straßburg und in Chur errichtet 348. Bekenntnisse der Rechtgläubigkeit. -
Vom Kloster Säckingen aus, dessen Nebenpatron er wird 349, verbreitet sich sein Kult am
Oberrhein, namentlich in der Erzdiözese Freiburg, im Elsaß 350 und in der Schweiz, wo er
Titularpatron des Kantons Glarus ist, der sein Bild im Wappen und auf Münzen führt 351
Seine Verehrung dringt aber auch rheinabwärts nach Norden und hinüber nach Osten vor,
wie Kalendarien und Litaneien des 11. bis 16. Jahrhunderts beweisen 352. In den irischen
Martyrologien und im Martyrologium Romanum hingegen scheint der Heilige nicht auf 31).1.
Sein Nachleben im Kult und im Volksbrauch (Umritt, Bruderschaften, Wallfahrt) ist
noch stark 354. - Abgebildet wird er seit dem 15. Jahrhundert als Benediktiner mit Abts-
stab und Pilgerinsignien; als individuelles Attribut eignet ihm bisweilen ein Skelett 351>, da
er nach der Legende einen gewissen Ursus aus Glarus für einige Zeit zum Leben wieder-
erweckt hatte, auf daß er in einem Rechtsstreit in Sachen des Klosters Säckingen Zeugnis
ablege 356. Eine rechtsgeschichtlich eindrucksvolle Notiz, die an ähnliche Funktionen der
Toten erinnert, so wenn sie etwa Händel entscheiden oder als Adressaten von Briefen
auftreten 357.
14. Findan
Findan (Findanus, Fintanus, Fintan, t 878, Fest am 15. November) 358 ge-
hört zu jenem Typ der Iroschotten, die nach einem bewegten Wanderleben
sich als Inklusen zurückziehen. Der Schrei nach der Einsamkeit vollzieht
sich in diesem Volkstum mit elementarer Kraft. Zunächst geht Findan zum
Inselkloster Iona. Doch sein Leben soll durch die Normanneneinfälle be-
stimmt werden, die der irischen Sakralkultur völlig neue Erlebnisse zu-
führen. Er wird von diesen Wikingern geraubt und nach den Orkney-
Inseln verschleppt, die mehr Weidefläche als Ackerbau kannten. Es gelingt
ihm aber, zu entkommen und zu den Pikten zu fliehen. Einem Gelübde
folgend, macht er dann wie andere Landsleute eine Wallfahrt nach Tours,
dem Kultzentrum des hl. Martin, und von dort geht er weiter nach Rom.
Er gibt sich als einer der Iren, die, gestützt auf irische Zwischenstationen,
die Reise zu den Apostelgräbern am Tiber antreten.
Auf seiner Rückreise verweilt er bei der Vorliebe des Iren für das Eiland
auf der Insel Rheinau, unterhalb Schaffhausen, wo unter Karl d. Gr. oder
Ludwig d. Frommen 359 von Honau aus ein Königskloster gegründet wor-
den war 360. Die Abgeschlossenheit des Wassers und die Musik der Wellen
gehören nun einmal zum Lebensinhalt des irischen Volkstums 361. Ein Jahr
weilt er dort im Konvent. Dann aber lebt er von 858-878, also 20 Jahre,
calore ignis numquam refectus als Rekluse 362. Sein Grab (Heiligsprechung
um das Jahr 1000) zieht die Waller an, wohl auch manche seiner Landsleute.
358 Vita Fintani, ed. Holder-Egger, MG. SS. XV, 1, p. 502-506; Kenney, Sources I,
p. 602 f.; Stadler, Heiligen-Lexikon 2. S. 210 f.; Zimmermann, Findan. LThK 4, Sp. 9;
ders., Ka!. Bened. III, S. 310; W. H. Grattan-Flood, Fintan. Cath. Eneye!. VI, p. 78;
Bellesheim, Irland 1, S. 294 f.; Gougaud, Sainrs irlandais, p. 95 s.; Hunkeler, Schütz er
der Heimat, S. 46; Schreiber, Wanderkulte, S. 37. - Der Geist des Barockhistorikers hat
sich Findan in einem Ms. mitgeteilt, das sich in der Bibliothek von Einsiedeln befindet.
Es geht unter dem Titel» Vita S. Fintani Monachi et Tutelaris Rheinaugiensis. Conseripsit
P. Mauritius Hochenbaum van der Meer. Pro tempore Prior. Anno 1777." Nach Mittei-
lungen aus der Schweiz (Rudolf Henggeler). Darin ist auch der Kelch Findans abgebildet:
Crater S. Fintani ex ligno peregrino. Veröffentlicht wurde dieses durch Hohenbaum für die
Edition in den AA. SS. vorbereitete Ms. durch G. W. Zapf, Reisen in einige Klöster Schwa-
bens, durch den Schwarzwald und in die Schweiz, 1786, unter Auslassung der Disgressiones
Hohenbaums. - Vgl. zu Hohenbaum v. d. Meer: Mone, Quellensammlung 1, S. 80-84; G. Meyer
v. Knonau, Hohenbaum. Allgemeine Deutsche Biographie 12. Leipzig 1880, S. 657-659.
359 H. Ginter, Rheinau. LThK 8, Sp. 861 f.
360 Fuhrmann, Monasteries, p. 36.
36\ Man erinnere sich daran, daß die irischen Heiligen oft an der Meeresküste ihre
Psalmen singen, so Columba d. K. Stokes, Lives, p. 180.
362 S. dazu auch Otmar Doerr, Das Institut der Indusen in Süddeutschland. Münster
1934, S. 26 f. 62 f. 65. 96.
62 Gcorg Sm reiber
15. Koloman
Khnlich wie Kilian wird der Iroschotte Koloman (Kolmann, t 1012, Fest
am 13. Oktober) 363 zum Martyrer. Er ist einer jener Iren, die ihre Fern-
wallfahrt bis nach Palästina ausdehnen. Es ist ihm nicht vergönnt, auf der
Rückreise irgendeine angesehene Kultstätte zu erreichen, um dort nach der
Art seiner Landsleute als Rekluse zu leben. Im Jahre 1012 wird dieser
Koloman in Stockerau bei Wien als böhmischer Spion gefangengesetzt und
mit zwei Straßenräubern an einem verdorrten Holunderbaum aufgehängt.
Pilgerschicksal, das auch die Santiagofahrt mit dem Galgenwunder kennt.
Kultisch wächst Koloman jedoch bald, da sich Mirakel vollziehen, in die
Devotion des oberen und mittleren Donauraumes, der sich nach einem reprä-
sentativen Schutzherren umsieht. Ein Iroschotte war von vornherein des
ehrfürchtigen Interesses des Volksfrommen gewiß.
Dazu stellten sich angesehene Kultpfleger zur Verfügung. Es war ja
von hoher Bedeutung, daß sich bereits 1014 als Ruhestätte und Kultort
das niederösterreichische Kanonikatstift Melk einfand. Augustinerchor-
herren haben sich auch sonst, wie der Patriciuskult zeigt, den irischen Heili-
gen zugewandt. Als 1089 in Melk die Stiftskanoniker durch Benediktiner
aus Lambachersetzt wurden, übernahmen diese ebenfalls den irischen
Schutzpatron 364. So zeigt dieser Kult kontinuierliche Linien, auch beim
Wechsel des Religiosenturns.
Die monastische Satzung gibt sim keineswegs entsmeidend, um eine Anderung in der
Devotion heraufzuführen, ein Moment, das für die Geschimte des Volksfrommen beamtet
sein will. - Noch ein anderes sei vermerkt: Wiederum wird, ähnlim wie bei Kilian, mit
dem Kolomanskult die große Verkehrsstraße berührt, die von Irland nam Mitteleuropa
über die Donau nam dem Heiligen Grab in Jerusalem führt. So ist Koloman einer jener
Irosmotten, die zum Symbol und Wegweiser auf abendJändischen Pilgerstraßen werden.
Was die Einzelheiten seines Kultes betrifft, mag angedeutet werden, daß der Smwer··
punkt sim im österreimischen Donauraum befand. Er wird geradezu zum Hausheiligen
der Babenberger, bis dann der Zeitpunkt kommt, daß dieses Gesmlecht mit eiferndem
Selbstbewußtsein, das sich auf die Habsburger überträgt - was sich :\lum im Maximilians-
grab in Innsbruc:K aussprimt -, einen der Seinigen als Sanctus zur Verfügung stellt. Das
geschah in der Person des Markgrafen Leopold IlI., der 1495 kanonisiert und 1683 zum
Landespatron von österreich erklärt wurde 365. So trat der Irosmotte, der manme Kolo-
manskirmen im alpinen Raum mit sich führte, in die zweite Linie. Heimatlimes im Donau-
raum und Dynastismes im Territorium überwogen 366.
Kenney, Sources I, p. 613-614; I. Hösl, Koloman. LThK 6, Sp. 95.
363
Schrödl, Melk. Kirmenlexikon 8 2 , Sp. 1235 H.; W. Schier, Melk. LThK 7, Sp. 70 f.
364
385 V. O. Ludwig, Leopold III. LThK 6, Sp. 514 f.
368 Weiteres bei Gougaud, Saints irland ais, p. 47-50; Schreiber, Wanderkulte, S. 39-41;
Gugitz, Festkalender, S. 119 ff.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 63
387 So angesprochen in der mittelirischen Fassung (11. Jh.) bei Kuno Meyer, Ein mittel-
irisches Gedicht auf Brendan, den Meerfahrer. Sitzungsber. d. Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss.
1912, 1, S. 436. - S. ferner M. Förster, Brandan. LThK 2, Sp. 515. Zu den Immrama s.
Richard Hennig, Terrae incognitae. Eine Zusammenstellung und kritische Bewertung
der wichtigsten vorkolumbischen Entdeckungsreisen an Hand der darüber vorHegenden
Originalberichte, Bd. 22• Leiden 1950, S. 99 H. und im Register S. 504, mit vielen Verwei-
sen auf die ältere Br.andanliteratur. - S. auch Paul Tuffrau, Le merveilleux voyage de
Saint Brandan a la recherche du Paradis. Legende latine du IXe siede renouveIee. Paris
1925. - Ausführliche Bibliographie bei Kenney, Sources I, p. 406-420. - Bei Gougaud,
Saints irlandais, p. 6-15, ist Brandan in den Gesamtstrom der irischen Entwicklung ein-
bezogen. Die deutsche Literatur ist umfassend berücksichtigt, auch folkloristische Elemente
sind einbezogen. S. aber noch Schreiber, Wanderkulte, S. 23-27. - Das amerikanische In-
teresse an der Brandanlegende zeigt sich in den Veröffentlichungen von Carl Selmer (New
York), The St. Brendan Legend in Old German Literature. Journal of thc American
Irish Historical Society 32, 1941, p. 161-169; ders., Thc Beginnings of the St. Brendan
Legend on the Contincnt. The Catholic Historical Review 29, 1943, p. 169-176; dem.,
Thc Irish St. Brendan Legend in Lower Germany and on the Baltic Co ast. Traditio 4,
1946, p. 408-413; ders., Israel, ein unbekannter Schotte des 10. Jahrhunderts. Studien und
Mitteilungen z. Geschichte d. Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 62, 1950, H. 3/4,
S. 69-86; deTS., The Origin of Br.andenburg (Prussia), the St. Brendan Legend and thc
Scoti of the Tenth Century. Traditio 7, 1949-1951, p. 416-433. - Wertvolle Bereicherung
erfuhr die einschlägige Literatur durch lohn Hennig (Dublin), Irish Saints in Early Ger-
man Literature, p. 366 f.; ders., Irish-German Literary Relations. German Life and Let-
ters, a Quarterly Review, N. S. 3, 1950, p. 102-110, bes. p. 104. 106; ders., A Note on
Ireland's Place in thc Literary Tradition of St. Brendan. Traditio 8, 1952, p. 397-402.
338 Meyer, Mittelirisches Gedicht, S. 436.
64 Georg Schreiber
most romantic figure, perhaps, of all those Irish monks" 369, starb nach
einem vielbewegten Leben am 16. Mai 577 (583).
Er gehört zu jenen erfolgreichen Kolonisatoren und entdeckerischen See-
fahrern, die der altirischen Geschichte ein besonderes Gepräge geben 370. Er
wird zum berufenen Träger eines reich aufgeschlossenen Volkes, das instink-
tiv den Weg zur See, im besonderen zum Atlantik nimmt 371 • Aber auch das
europäische Festland rief.
Die Begegnung Brandans mit Machutus (Maclovius, Maclou, Malo, in der Navigatio
Brendani zuweilen Begleiter des Brandan), dem kultischen Anwalt von St. Malo und der
Bretagne 372, wiederum sein Zusammentreffen mit Columba d. A., dem Gründer des auch
für die irische Kultur auf dem Festland bedeutenden Inselklosters lona (Hy, gegr. 563) 373,
gibt ihm von vornherein ein Anrecht auf kontinentale Geltung. Um ihn weiß zum 16. Mai
das Martyrologium Romanum. Die egressio familiae Brendani vermerkt zudem das Marty-
rologium von Tallaght (9. Jh.) 374. Die Brandanlegende scheint erst im 9. Jahrhundert
entstanden zu sein 375. Als erstes Zeugnis, wenn es sich nicht um spätere Interpolationen
handelt, kann die Vita des genannten h!. Machutus (9. Jh., in der Bretagne entstanden)
gelten, in der dieser Heilige als Schüler Brandans auftritt 370. Spuren der Brandanlegende
finden sich ferner in der Vita Brendani, in der zwei Reisen des Heiiigen nach einem in
einer Vision geschauten unbekannten Land beschrieben werden. Dorthin will er eine Pilger-
fahrt unternehmen S77. Die lateinische Navigatio Brendani hingegen sucht die terra
repromissionum sanctorum auf, nicht als Stätte für ein Einsiedlerleben, sondern als Ziel
einer gottgewollten und zugleich abenteuerlichen Fernfahrt 378. Bemerkenswert will es uns
scheinen, daß in einer irischen Litanei, die wohl dem 10./11. Jahrhundert entstammt, An-
spielungen auf Brandans Reise nach dem "tfr tairngiri" (Land der Verheißung) gemacht
werden 379. Fabuloses und Ungewöhnliches, Märchenmotive und christliche Visionen,
Indisches, Biblisches und Antikes legen sich um einen geschichtlichen Kern. Dabei ist der
Drang in die Weite, ein Grundzug altirischen Wesens, wie angedeutet, unverkennbar 380.
Ein lebhaftes literarisches Interesse für die Brandanlegende zeichnet sich im deutschen
Sprachgebiet erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ab. Geradezu grundlegend schuf
earl Schröder sein Buch über Brandan 381. Er brachte den besten lateinischen Text und drei
deutsche Texte (das mitteldeutsche Gedicht» Von sente Brandan", 13./14. Jahrhundert, das
niederdeutsche Gedicht, 15. Jahrhundert, und das Volksbuch von St. Brandan, 15. Jahr-
hundert) 382 der Navigatio Brendani.
Die lateinische Fassung wurde in St. Maximin in Trier in der zweiten Hälfte des
10. Jahrhunderts kopiert 383. Das geschah in der Blütezeit der Abtei. Der Moselstrom
380 In Zusammenhänge der Analogie und der Massenerscheinung führt Günter, Legend!.!
(Register). Doch gestattet die Brandanlegende in Hinsicht auf weitere Vergleichspunkte noch
eine umfassendere Auswertung. Man nehme nur die antiken Vorstufen und ihre überfüh-
rung in das Mittelalter, den Regelvater, der monastische Satzungen von einem Engel
empfängt, die Paradiesvorstellung unter Berücksichtigung der romanischen Kunst (vgl.
etwa das traubengeschmückte Paradies des Paderborner Domes), das mittelalterliche Pro-
blem der Ewigkeit der Höllenstrafen, die vorsorgliche Beschaffung des Reiseproviants
(Benz, Brandan, S. 6 f.) und zum Vergleich den hungrigen Mönch der Columbanregel
(Viller und Rahner, Aszese, S. 207) u. a.
381 Sanet Brandan. Ein lateinischer und drei deutsche Texte. Erlangen 1871, mit nach-
haltiger Verwertung von A. Jubinal, La legende latine de S. Brendaines. Paris 1836. -
Schröders Einleitung erweist sich auch hellte noch wegweisend und anregend. Damit wurde
das sonst gesprächige, aber im Artikel Brandan eigentlich wortkarge Heiligen-Lexikon
von Stadler, 1, S. 511, überholt. Dort auch zum 2. Mai ein Bischof S. Brendanus auf der
Insel Man (9. Jh.) erwähnt, ebenwein Brendanus (Brando), Stifter des Klosters Birr (Co.
King), gest. 561 oder 572.
382 Diese Fassungen sowie ein holländisches Gedicht »De Reis van Sinte Brandaan"
(13. Jh.) gehen unabhängig voneinander auf eine (verlorene) mittelfränkische Quelle
(Mitte des 12. Jhs.) zurück. Hennig, Literary Tradition of St. Brendan, p. 401. - Zu den
Zügen der Legende in der mittelhochdeutschen Literatur (Wartburgkrieg, darin besonders
Rätselspiel, Aurons Pfennig, Zabulons Buch, sowie Lohengrin-Epos) 5. Se/mer, St. Brandan
Legend in Old German Literature, p. 163; Spuren in Niederdeutschland und im Baltikum
deckt auf ders., St. Brendan Legend in Lower Germany, passim. - Wie beliebt die Brandan-
legende in Norddeutschland gewesen sein muß, zeigt der» Till Eulenspiegel": der Schalk
zieht mit dem »haubt sant Brandonus" predigend durch Pommern. H. Knust, Till Eulen-
spiegel. Abdr. d. Ausg. vom Jahre 1515 (Neudrucke deutscher Literaturwerke des 16. und
17. Jahrhunderts, No. 55/56). Halle a. S. 1884, S. 47 f. - Eine ähnliche Episode findet sich
in Strickers »Pfaffe Amis" (um 1215). P. Pipa, Höfische Epik, T. 1-3. Stuttgart o. J. (um
1890), 3, S. 109; s. SelmeT, Origin of Brandenburg, p. 429. - In der deutschen Übersetzung
von Friedrich Dedekinds »Grobianus" durch Kaspar Scheidt spielt einer der Erzähler auf
St. Brandan und den Walfisch an. Abdr. d. 1. Ausg. (1551). Hrsg. von Gustav Milchsack
(Neudrucke deutscher Literaturwerke des 16. und 17. Jahrhunderts, No. 34/35). Halle a. S.
1882, S. 70, v. 2261-2263. Frdl. Hinweis von Herrn Prof. Dr. W. Stammler (Freiburg/
Schweiz). - Verwandtschaft des Inhalts des Parzivalromans mit der Brandanlegende glaubt
~lter Johannes Schröder, Der Ritter zwischen Welt und Gott, Weimar 1952, S. 260 f.,
zu erkennen. - Der Vergleich mit König Rother ist oft gemacht worden. Hennig, Literary
Tradition of St. Brendan, p. 402.
383 Seimer, Beginnings of the St. Brendan Legend, p. 173.
66 Georg Smreiber
momte den äußeren Anreiz geben, sim für die Wasserfahrt zu interessieren. Dazu trat die
Nähe von Emternam, wo für wandernde Irosmotten bereits vor 698 ein Klosterspital
errimtet worden war S84. - Diese Abschrift eines (verlorenen) Manuskriptes aus
St. Emmeram in Regensburg ist die älteste bekannte Handschrift der Erzählung 35\ Nach
C. Se!mer ist es beremtigt, Trier, das zu allem Beziehungen zur Bretagne aufwies, als
Ausgangspunkt der Legende auf dem Kontinent zu betramten 386. England begann seiner-
seits mit einem Gedicht von Brandans Seefahrt, das bald nam 1121 auf Veranlassung
von Aaliz (Adelheid), der zweiten Gemahlin Heinrichs 1., von einem Geistlimen Benedeiz
(Benedikt) niedergesmrieben wurde 387.
Das Anglonormannentum erwies aum hier seine smöpferische Kraft, aber bekundete
ebenso seine ältere Abhängigkeit von der irismen Vorstellungswelt. Irland war eben einer
der stärksten Eckpfeiler der westlichen Kultur, zugleich eine Mutter, die zu geben ver-
momte. über Britannien und die Bretagne, welme nam der Vita von Brandan besumt
wurden 388, ergriff die Legende, wie angedeutet, die Nationalliteraturen: Seit dem 12. Sä-
kulum sind eine altfranzösische, eine provenzalisme, eine flämische, eine mittelnieder-
ländisme, eine altitalienisme, eine gälisme, eine mittelenglisme, eine norwegisme und die
genannten deutsmen Fassungen entstanden 380.
Heute ist der irische Heilbringer mit seiner Navigatio über erste text-
kritische und philologische Untersuchungen hinaus in große schicksalhafte
Zusammenhänge europäischen Geschehens einbezogen. Man zählt ihn unter
jene Seefahrer, die bereits vor den Normannen (Erich der Rote, Bjarni
Herjolfson, Leif Erikson, insula uvarum, Vinland) tastend versuchten,
westwärts in den Ozean hinauszufahren 390. War doch auf späteren Welt-
karten eine Insel ,,5t. Brandan cc verzeichnet, auf der der Heilige im 6. Jh.
missioniert haben soll 391. Zäh bewahrte das medium aevum frühmittel-
alterliche Überlieferungen. So tritt Brandan, soviel Unbestimmtes und Un-
geklärtes im topographischen Raum dieser Reiseroman auch mit sich führt,
unter die Vorläufer der Kolumbusfahrt. Letztere war nicht nur .durch die
persönliche Kühnheit, durch die außerordentliche Tatkraft und ebenso durch
die nautischen Kenntnisse des Genuesen bedingt, dem das florentinische
Erbe in der Meereskunde und Meerbeherrschung zugefallen war. Diese ent-
deckerische Haltung mußte sich ebenso, wenn sie Verständnis und Unter-
stützung in der aufhorchenden, futuristisch bewegten, aber auch zweifeln-
den Umwelt finden wollte, auf spätmittelalterliche Volksüberlieferungen
und wiederum auf die Kosmographie jener Zeitalter stützen, die von Bran-
dan und verwandten Seefahrten wußten 392. Auch die wachstumsfrohe Sage
und die ungebrochene Volkstradition stehen zeugungsmächtig im Lebens-
schicksal der Nationen.
Weiterhin gehört Brandan, wenn er auf seiner Seereise auf neun Fegfeuer
stößt, zu den bemerkenswerten Vorläufern von Dante 393 • Er teilt den
eschatologischen Zug seines Volkes, der wiederum, wie wir schon sahen, im
(1944) bemerkt: "Die Suche nach diesen Inseln gab später auch Anlaß zu Entdeckungs-
fahrten nach Amerika" (5. 134 f. Anm. 1). - Vgl. Salvador de Madariaga, Christoph
Columbus. Das Leben des sehr hochmögenden Sefior Don Cristobal Colon. übers. von
Raymond Berenger. Stuttgart 1951, S. 102 H.
393 Dazu Rudolf Palgen, Brandansage und Purgatorio. Heidelberg 1934, S. 28 H. mit
Ausblick auf die altvenezianische Fassung der Brandansage. S. ferner ders., Das mittel-
alterliche Gesicht der Göttlichen Komödie. Heidelberg 1935, S. 40-48, sowie das Kapitel
"Die Seefahrten des hl. Brendan" bei August Ruegg, Die Jenseitsvorstellungen vor Dante
und die übrigen literarischen Voraussetzungen der "Divina Commedia". Ein quellenkriti-
scher Kommentar. Bd. 1. Köln 1945, mit manchen literarischen Verweisen, so auf eh. Plum-
mer, Whitley Stokes, O'Donoghue, E. G. R. waters. - Vgl. Berardis, Italy and Ireland,
p.142.
68 Georg Schreiber
zeichnen diesen Sanctus sogar als Bruder des Herrgotts. Mehr als das, sie
erklären überdies, Brigida, die große irische Heilbringerin, sei des Herren
Mutter. Man weist also der Abtissin von Kildare eine marianische und
matriarchalische Rolle zu 395. Natürlich sind die Bemerkungen von Nikolaus,
dem Verfasser des zuweilen ätzenden Zeitgedichts "Occultus", überspitzt
und übertrieben, ja sie berühren die Bereiche des Blasphemischen.
Derart erlebt man den Zusammenstoß zweier Fronten: Der kritische
Frühhumanist, vielleicht Lehrer an einer Schule in Erfurt, wehrt sich gegen
Volksüberlieferungen, die von den Iren her auch auf dem Festland auf-
bereitet sind. Hatten doch diese Iren nicht bloß an den Küsten der Nord-
und Ostsee Fuß gefaßt, die leichtere Einfallstore auf dem Seeweg bedeu-
teten, sondern auch in Mitteldeutschland hatten diese keltischen Traditionen
irgendwiesich angesiedelt. Dabei mochten sich Mißverständnisse und über-
treibungen eingeschlichen haben. Dazu empfand man die Iren als Fremd-
linge. Die weniger bearbeitete Geschichte des Fremdenrechts mag sich auch
um solche bezeichnenden Züge kümmern, zu denen auch die überfremdung
der ersten Generation zisterziensischer und prämonstratensischer Konvente
gehört. Wenn Brigida in diese Zusammenhänge eingeführt ist, mag man
daran denken, daß ihre Verehrung, wie wir sahen, im deutschen Raum weit
entwickelt war. So gab sie sich für solche Diskussionen keineswegs als Un-
bekannte.
Der Erfurter Raum scheint so recht ein Kultzentrum der Brandandevotion gewesen
zu sein. Dafür spricht die leidenschaftliche Haltung des Anklägers. Sie ist übrigens auch
ein bemerkenswerter Beitrag zu den Spannungen, die für das 13. Jahrhundert vielerorts
das Verhältnis zwischen Weltklerus und Ordensklerus bestimmen. Erfurt zählte drei
mittelalterliche Kirchen der Bettelorden. Zum anderen mag man bedenken, daß gerade
die wichtigste Stadt des Thüringer Vorlandes ein bedeutender Verkehrsmittelpunkt ist,
auch für Straßenzüge, die zur Ostsee und Nordsee führen, zwei Seegebieten, die Brandan
als Schutzherrn des Meeres kannten und Kultstätten aufrichteten 396. Zum weiteren wol-
len patrozinienkundliche Momente gewürdigt sein. In der Pfarrkirche des thüringischen
Gräfenthal (Großarchidiakonat Erfurt, Landkreis Saalfeld) war Brandan Altarpatron.
Wohl zwischen 1516 und 1519 - es ist dieses die Zeit zahlreicher Wiegendrucke der
Brandanreise - muß die Gründung dieser ecclesia S. Brandani erfolgt sem. Sie war im
alters. München 1913, S. 429 f. Siehe dazu auch Gougaud, Saints irland ais, p. 9 s. - VgJ.
K. BihlmeycT, Nikolaus v. Bibra. LThK 7, Sp. 574; Joseph Scholle, Das Erfurter Schot-
tenkloster. Düsseldorf 1932, S. 28. - Auf einen anderen Autor aIs Nikolaus zielt Aloys
Schmidt, Untersuchungen über das Carmen satiricum occulti Erphordensis. Sachsen-An-
halt 2, 1926, S. 76-178.
395 Schräder, Brandan, S. IlI; vgl. oben.
396 Selmer, St. Brendan Legend in Lower Germany, p. 409-413.
70 Georg Schreiber
übrigen von der Wüstung des am Nordfluß des Goldbergs gelegenen Poppersdorf nach
Gräfenthal verlegt worden 3.,.
Daß in anderen deutschen Kultzentren irische Traditionen sich fortsetzten, mag vor
allem das Beispiel Würzburg zeigen. An das volksmächtige Weiterleben der kehischen
Heilbringer Kilian, Kolonat und Totnan erinnerte dort neuerdings (1952) die eindrucks-
volle Ausstellung Franconia Sacra in Würzburg, die bemerkenswerte historische Zeug-
nisse vermittelte. Darunter befanden sich älteste Schriftdenkmäler des Altirischen (Kom-
mentare zu lateinischen Paulusbriefen, kommentiertes MatthäusevangcIium, 8. Jh.) 397a.
Für Mainfrankcn mag man sodann beachten, daß Brandan dem benachbarten Bam-
berger Festkalender seit dem 11. Jahrhundert angehört. So leitete der Mainstrom irische
;-"10tive 398.
Wenn Verkehrswege über Westfalen, wo er Patron der ersten Vikarie zu Wellinckhoven
war 399, zum Rhein in frage stehen, muß man davon Kenntnis nehmen, daß ein Kalendar
des St. Severinstifts in Köln aus dem letzten Drittel des 12. Jahrhunderts sein Fest
kennt. Für einige Jahrzehnte verschwindet jedoch sein Name aus den Kalendarien der Erz-
diözese, um erst im 14. Jahrhundert wiederzukehren 400. Es ist ja die gotische, im besonde-
ren die spätgotische Zeit, in der mehr als eine Devotion wieder erstarkt.
an Näheres bei Martin Hannappel, Das Gebiet des Archidiakonates Beatae Mariae vir-
ginis Erfurt am Ausgang des Mittelalters. Ein Beitrag zur kirchlichen Topographie Thürin-
gens (Arbeiten zur Landes- und Volksforschung, hrsg. von dem Institut f. geschieht!. Lan-
deskunde an der Universität Jena, Bd. 10). Jena 1941.
397a Aubrey Gwynn, Thc Continuity of the Irish Tradition at Wurzburg. Herbipolis
j~bilans, S. 57-81, bes. S. 58 f.; Bernhard Bischof! und fosef Hofmann, Libri Sancti
Kyliani (Quellen u. Forschungen z. Gesch. d. Bistums u. Hochstifts Würzburg, Bd. VI).
Würzburg 1952, S. 11, 98 f.
398 Lagemann, Bamberg, S. 71.
399 Kampschulte, Kirchen-Patrocinien, S. 85.
400 Zilliken, Festkalender, S. 70.
40t Zechlin, Maritime Weltgeschichte, S. 399.
402 Seimer, St. Brendan Legend in Old German Literature, p. 164; Benz, Brandan, S.78.
Irland im deutschen und abendländischen Sakral raum 71
403 Benz, Brandan, S. 78 f.; Gesamtkatalog der Wiegendrud.e, Bd. 4. Leipzig 1930,
S. 608-611, nr. 5004-5011 hochdeutsche Drud.e und 5012 die niederdeutsche Fassung.
404 Selmer, St. Brendan Legend in Lower Germany, passim. - Zu der geistigen Aus-
strahlung der Hanse s. Karl Pagel, Die Hanse. 2. Auf!. Braunschweig 1952, wo allerdings
ein Hinweis auf die Brandanlegende fehlt.
405 Gougaud, Saints irland ais, p. 13.
406 Ibid.
407 Selmer, St. Brendan Legend in Lower Germany, p. 410.
408 The Origin of Brandenburg, passim.
409 Gougaud, Saints irland ais, p. 13.
410 Darüber W'ahlund, Brendans Meerfahrt, S. 227 f., mit manchen Hinweisen: für Eng-
land Admiral Brenton, ferner der Duke of Brandon, für Italien und Deutschland Brentano;
für Portugal Brandäo.
411 E. Bodemann, Die älteren Zunfturkunden der Stadt Lüneburg. Hannover 1883,
S.24.
412 W. Reinecke, Geschichte der Stadt Lüneburg. 2 Bde. Lüneburg 1933, 1, S. 423.
413 Ebd. 2, S. 94.
414 Franz, Benediktionen 2, S. 174.
72 Georg Schreiber
daran 415. - Er war weiter Patron der Lübetker Schmiede 416. Hier vollzieht sich eine Ein-
wirkung der Brandanlegende. Bringt sie doch eine eindringliche Schilderung der Schmiede-
insel 417. Die Legende trat hier, wie so oft, zum Leben und im besonderen zum Gewerbe.
Der Name Brandan rütkt auch in das iudicium in psalterio, in das Gottesurteil der
Psalterprobe. Sie ist für das 12. Jahrhundert überliefert. Die Handschrift des Clm 100
stammt nach Adolph Franz wahrscheinlich aus prüm. Nach dem dort angegebenen Ritus
bittet der Priester, daß das Psalterium sich dem Sonnenlauf entsprechend von Osten nach
Westen bewege. Dabei werden die HeiHgen Chrysanthus und Daria, aber auch Brandan
angerufen 418. Die ersten beiden Heiligen sind zwei berühmte römische Martyrer, wahr-
scheinlich aus dem Zeitalter Diokletians. Prüm besaß von beiden Heil bringern Reliquien,
die 844 nach Prüm kamen, andere kamen 848 nach Münstereifel 419 • Wie konnte sich
Brandan dazu gesellen? Gewiß nicht von römischen Ausgangspunkten. Vielmehr ist anzu-
nehmen, daß seine Verehrung im Gebiete der Reichsabtei Prüm, also eines berühmten
Kultzentrums, und darüber hinaus im 12. Säkulum lebendig war. Aber ein zweites Mo-
ment will noch beachtet sein. Die beiden Eifelheiligen werden gegen ungerechte Richter
angerufen 410. Dieses Motiv der ungerechten Richter behandelt aber auch die Brandan-
legende, wenn deren Bestrafung erörtert wird 421.
Der Kult des irischen Seefahrers griff auch nach Oberdeutschland, besonders in Land-
schaften, die ein Strom durchzieht. Man nehme nur für das Donaugebiet die dioecesis
Ratisbonnensis. Ein Regensburger Kalendar des 11. und 12. Jahrhunderts verzeichnet ein
Gebet, als dessen Verfasser Brandanus angesprochen wird. Diesem Gebet wird eine be-
sonders wundertätige Kraft zugeschrieben. Man wird geradezu an verwandte und enthu-
siastische Würdigungen besonders "kräftiger" Gebete im Barotkzeitalter erinnert, wenn es
an der bereits gekennzeichneten Stelle für das Hochmittelalter heißt: Brandanus monachus
/edt istam orationem de uerbo dei. per michaelem archangelum dei. quando trans/retauit
septem maria. et data est itli ista oratio post VI/tem annos paschae quaerens i"lsulam
repromissionis. et celebrauit pascha supra mare septem annis continuis 422. Es will ver-
merkt sein, daß Michael als Mittler eingeschoben wird, der auch in der Navigatio Brandani
genannt wird 423. Man beachte ebenfalls die Siebenzahl der Zahlensymbolik 424, auch die
Herausstellung des Oster/estes 42fi • Wer die Praxis der Oblationen ,an französischen Eigen-
kirchen durcharbeitet, kann nur feststellen, daß gerade Ostern schlechthin das festurn
praecipuum, das volkstümlichste Fest des Kirchenjahres ist. Dazu begann ein neuer Zeit-
abschnitt. Es folgt in der gleichen Quellenstelle noch ein Hinweis auf die besondere Kraft
des Gebetes. Wenn bestimmte rituelle Voraussetzungen eingehalten werden, wiegt nach
dem Volksglauben dieses Gebet soviel wie 100 Psalter, wie 100 Messen, wie 100 Gebete
für Verstorbene 426. Man beachte weiter den Vermerk, daß der Spiritus Sanctus dieses
Gebet Brandan eingehändigt habe. Diese Wendung gemahnt an eine andere hochmittel-
alterliche Auslassung, die regula S. Benedicti sei ebenfalls vom Heiligen Geist diktiert 427 •
Wenn übrigens Regensburg derart herausgestellt ist, mag man sich daran erinnern, daß..
wie bereits erwähnt, das Schottenkloster 1075 dort durch Marianus Scotus (Muiredach)
errichtet wurde 428. Wiederum in deutsche Stromgebiete führen Konstanz und Basel. Die
Brandankapelle in Basel war eine der äiltesten Kirchen der Stadt. Der Heilige hieß hier
Brandolph. Von Basel her erfahren wir, daß er abgebildet wird mit einem Fisch oder
mit einer Kerze 429. Ersteres Attribut erinnert an Jie Seefahrt. Die Kerze ist zudem im
Brigidakult heimisch. Im Straßburger Kalendar erscheint er im späteren Mittelalter 430.
Wenn übrigens Konstanz und Basel als Kultstätten anzusprechen sind, mag man daran
denken, daß sie Nachbarbistümer von Straßburg waren. Die Verehrung in der Diözese
Straßburg aber mochte durch das Schottenkloster Honau zum bl. Michael auf der Rhein-
insel Hohe Aue, unterhalb Straßburgs, angeregt sein. Dieses Zönobium war, wie oben
mitgeteilt, 721 gegründet worden. Die sechs ersten Kbte trugen meist keltische Namen 431.
St. Michael ist, um das zu wiederholen, in der Brandanlegende ausdrücklich als Seelen-
geleiter erwähnt 432. Man mag dabei der Einwirkung des Vorderen Orients gedenken.
Die Attribute, die bei Jos. Braun nicht verzeichnet sind 433, gehen nach der Seite der
Fische, um diesen Punkt nochmals zu berühren, auf die Legende zurück. Wird doch be-
richtet, daß die Meerestiere wütend herbeikamen, als er auf dem Schiff die Messe las.
Er bändigte sie, und sie hielten aus, "bis Sanct Brandan sein Amt vollbracht hätt" 434.
Die Messe erweist auch an dieser Stelle nach der Volksmeinung ihre Kraft über böse
Mächte. Sie errettet zudem in der mittelalterlichen Volksvorstellung aus Nöten und
426 Veraciter dico. ut quicunque cantauerit orationem istam pro se ipso aut pro alllico
suo. peccata remittuntur illi & saluus erit de poenis futuris. siue uiuus fuerit siue defunctus.
Valet ista oratio si fuerit decem uicibus cantata flexis genibus. aut prostato corpore.
centum psalteria. centum missas. & centum commendationes. Auctoritas spiritus sancti
docebat brandanum istam orationem. Certum est hoc. Lechner, Bayern, S. 207.
427 Georg Schreiber, Prämonstratenserkultur des 12. Jahrhunderts, in: Analecta Prae-
monstratensia 16, 1940, p. 41-107, bes. p. 95.
428 Fuhrmann, Monasteries, p. 86 H.; F. Heidingsfelder, Marianus Scotus. LThK 6,
Sp. 919 f.
429 Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Stadt, Bd. 1 (Die Kunstdenkmäler der
Schweiz, Bd.3). Basel 1932, S.287.
430 S. auch Schröder, Brandan, S. IV mit Anm. 3.
431 J. Sauer, Honau. L ThK 5, Sp. 132 f.
432 Benz, Brandan, S. 29. - Andere orientalische Volksheilige bei Franz Dölger, Byzanz
und das Abendland vor den Kreuzzügen, in: Relazioni dei X Congresso Internazionale
di Scienze Storiche (Roma 4-11 settembre 1955), vol. I1I. Firenze 1955, p. 67-112,
bes. p. 93.
433 Tracht.
431 Benz, Brandan, S.50.
74 Georg Schreiber
Lebensgefahren 435. Daß Brandan Handwerkspatron war, ist durch seine Tätigkeit beim
Schiffsbau nahegelegt: "Und machet den Kiel nach Noes Arch" 436. Nach allem wurde
er auch Patron der Schiffer und Seefahrer. Hierauf mochte vor allem die Ostsee, wo
seine Patrozinien stärker verbreitet sind, einen Anspruch machen. Er trat damit in einen
gewissen Wettbewerb mit St. Nikolaus, dem bedeutsamsten Schifferpatron des Baltischen
Meeres, während die Nordsee anscheinend mehr Jakobus d. K. zugehörte 437. Doch erscheint
auf der westfriesischen Insel Terschelling der Turm ("Brandaris") einer verschwundenen
Brandanskirche (13. Jh.) 488.
Auch die Frauenwelt zeigte ein besonderes Interesse für Fernfahrten.
Man mag daran denken, wie die Königin Elisabeth von Ponugal (t 1336)
zweimal nach Compostela pilgerte 439. Andererseits begab sich Birgitta von
Schweden (t 1334) auf die Fernwallfahrt nach dem gleichen galicischen
Heiligtum, auch nach Rom und zum Hl. Land 440. So wurde vom Standort
der peregrinatio, aber auch vom Heldenepos und von der Spielmannsdich-
tung manche Geneigtheit ausgelöst, sich mit der Brandans/ahrt zu befassen.
Da hören wir von der Bibliothek einer adeligen Dame Elisabeth von Vol-
kenstor/ aus dem ausgehenden 15. Jh. Diese Bücherei verzeichnet Frauen-
leben (Katharina, Elisabeth, Margaretha) und Viten der zwölf Boten, also
der Apostel, ebenfalls Kußerungen der Volksfrömmigkeit (sieben Freuden
Mariens, marianisches Offizium), alles Motive, die für die spätgotische Zeit
marakteristisch sind. In dieser Bücherei befindet sich mit einer gewiß stär-
keren Wendung ins Profane auch Brandan 441. Die Existenz einer Brandans-
438 Frdl. Mitteilung aus dem Museum in Emden durch Herrn Direktor Dr. Schöningh;
,-gI. K. Schiller und A. Lübben, Mittelniederdeutsches Wörterbuch 1. Münster 1931, S. 414.
439 Schreiber, Deutschland und Spanien, S.247.
UD J. Metzler, Birgitta. LThK 1, Sp. 366.
441 A. Schultz, Deutsches Leben im 14. und 15. Jahrhundert. Leipzig 1892, 2, S. 519,
Anm. 1: "Sand Kathrein marter, St Elspeten leben, der czweliffpoten leben, die siben
frewd unser fraun, unser fraun tagzeit, St Margarethen marter, von St Brandon" . Dazu
auch Hermann Siebert, Beiträge zur vorreformatorischen Heiligen- und Reliquienver-
ehrung (Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes,
hrsg. von Ludwig Pastor, 6, I). Freiburg i. Br. 1907, S. 48.
Irland im deutsdten und, abendländisdten Sakral raum 75
Insel erhielt sich, wie angedeutet, vor allem in den Anliegerstaaten des
Atlantik, in Portugal und Spanien. Nach diesem Eiland versetzte man
Fürsten, deren Gedächtnis sagenhaft umwittert war, jenen Westgoten-
könig Roderich, der 711 in Xeres de la Frontera gegen die Mauren fiel; auch
jenen König Sebastian von Portugal, der ebenfalls im Kampf gegen den
Islam 1578 bei Alkassar sein Leben ließ. Mit ihm ging die Volkshoffnung
auf eine Wiederkehr, so daß falsche Sebastiane auftreten konnten 442. So
steht dieses Eiland des Brandan als Volkszuversicht in Parallele zum stau-
fi-schen Untersberg und Kyffhäuser. Noch 1721 ging eine Expedition vom
spanischen Santa Cruz in Teneri/fa ab, um dieses immer wieder angegan-
gene Eiland, die lsla de San Borondon, zu finden 443. Es ließ die Zeitgenos-
sen nicht los. Man nehme zu allem noch die Feststellung, daß auch das see-
mächtige Venedig Erinnerungen an St. Brandan pflegte m . Fand sich doch
eine altvenetianische übersetzung ein.
449 "Buil, initiator of a 'hard boiled' policy towards the Indians, was a bad egg indeed.
He and the other friars under his orders had done absolutely nothing to convert and
instruct the docile Tainos, who lived near Isabela.~ Morison, Admiral of the Ocean Sea I,
p. 481 H.
450 Dazu Schreiber, Deutschland und Spanien, S.172.
451 Ebd. S. 511 im Register.
78 Georg Schreiber
Spanien mit dem "Cabo Finis Terrae». Damit wird die Erinnerung an die Fahrt nach
Santiago de Compostela wach, zu dem mehrere Jahrhunderte die abendländischen Pilger
strömten. Auch diese Fahrten zum westlichen Kap der Peninsula gehören zu den mittel-
baren Vorbereitungen der Kolumbusfahrt 452. Wurden doch Sehnsüchte geweckt, westlich
zu fahren. "Von Sant Jacob ritt wir auss gen Finstern Stern, als es dann die bauren
nennen, es heißt aber Finis terrae. Do sicht man nichts anders essethinüber dann himel
und wasser, und sagen, das das mer do so ungestüm sey, das niemand mug hinüber faren,
man wiss auch nit, wass dogesset sey. Als man uns saget, so hetten etlich wollen erfaren
was doch gensseit wär, und waren mit galeyen und näffen gefaren; es wär aber niemand
herwider kumen" 453. Derart reizte, aber auch schreckte die unruhige und schier endlose
See. Der Pilger war an die Tore des Ozeans gestoßen.
Ebenfalls wird auf diesem Stich noch das Land Hispania eingezeichnet, näherhin mit
dem Namen Gades, also mit dem Hafen von Cadiz, der für diese Entdeckungsfahrten
sich so bedeutsam anließ. Wiederum erscheint am Gestade des Atlantischen Ozeans das
Land Mauretania mit dem Atlas-Gebirge (Mons Atlas). Ferner findet sich nördlich vom
Atlas die Bezeichnung Berbaria. An der Westküste des Erdteils Afrika, der mit seinem nord-
westlichen Teil gebracht wird, erscheint zum anderen das Vorgebirge Cabo de No. Das
Meer zeigt an Eilanden die Kanarischen Inseln, von denen eine Insel die Bezeichnung
M(agna) Canaria trägt. Andere Inseln, die östlich davon liegen, werden als Insulae For-
tunatae angesprochen. Im Norden jedoch erscheint die sagenumwobene Insel "S. Bran-
dano ». Sie liegt inmitten des Ozeans, ein gut Stück nordwestlich vom Kap Finisterre, nörd-
lich von den Kanarischen Inseln. Sie hat etwa die Größe von Gran Canaria. Diese Sicht
erinnert an die Bemerkung von R. Hennig, daß die Brandaninsel nicht in den englisch-
irischen Gewässern nach der Auffassung von Martin Behaims Erdglobus (1492) zu suchen
ist. Dort sei sie hart nördlich vom Kquator eingezeichnet 454. In unserem Kolumbusstich
liegt sie allerdings etwas mehr nach Norden, wenn auch weitab von den englisch-irischen
Küsten.
Der Atlantische Ozean ist auf unserem Bild mit vielen Schiffen bevölkert, die das
lateinische Segel und die Ruder jenes Zeitalters tragen. Ein Ruderboot zeigt Christus und
zwei Benediktiner, die im Boot sitzen. Den größeren Teil des Bildes nimmt im übrigen ein
riesiger Fisch ein. Man könnte an einen Walfisch glauben. Aber das stark herausgestellte Ge-
biß weist mehr auf ein allerdings gezähmtes Seeungeheuer hin, ebenfalls die beiden Wasser-
fontänen, die er in der Art eines Delphins am Kopf ausspeit. Auf seinem Rücken befindet
sich ein Schiff mit Segeln und Rudern. Der hohe Aufbau des Hecks weist wohl auf ein
Admiralsschiff hin. Gleichzeitig erhebt sich rechts auf diesem Riesenfisch ein Altar, auf dem
das Opfer dargebracht wird, was an die Ostermesse in der Vita des Machutus erinnert 455,
Eine Schiffsbesatzung verweilt ebenfalls kniend auf dem Rücken des Untiers. Unwillkür-
lich gedenkt man der Schilderungen von Brandan, der solche Seeungeheuer einzeichnet,
einmal jenen Fisch, auf dessen Rücken ein Wald gewachsen war 456, zum anderen einen
zweiten Riesenfisch, der das Schiff des Brandan wie ein Hilfsmotor auf seinen Rücken
nimmt und vier Wochen durch die Wogen leitet 457. Wiederum erinnert man sich an da\
Meeresungeheuer, das der Spötter und Sophist Lukian (t nach 180) schildert, wenn in
seinem "Lügenfreund" von dem Rücken des Meerungeheuers die Rede ist, auf dem er
sich mit seinen Freunden zwanzig Monate lang aufhält, bevor er wieder in See geht 458 •
Andere und namhafte Berührungen mit antiken überlieferungen sind in Einzelheiten
noch nachzuprüfen.
So zogen sich Erinnerungen an Brandan durch die Jahrhunderte. Aber über die bisher
gebrachten Forschungen hinaus lassen sich für den Volkskundler und Religionshistoriker
noch manche Beobachtungen anstellen, die geeignet sind, die Inhalte der Brandans-über-
lieferungen zu vertiefen. So will wie ein anderer Tannhäuser der sündige König von
«Babilonien und Cappadocien» italienwärts ziehen, um zu büßen. Aber die See hält
ihn fest, da er sein Vorhaben ausführen will. Er muß nunmehr seinen Lebensabend auf
einem Meeresfelsen verbringen 459.
Wiederum nehme man das Motiv der Insel. Immer wieder stößt Brandan auf Eilande.
"Lieber a<ls Mettrunk und Jubel beim Festgelage ist dir die (Fahrt) in deinem Schiff von
Insel zu Insel" 460. Auch bei anderen Iroschotten tritt die Freude an der Insel stets erneut
heraus, auch im asketisch-liturgischen Leben, wenn sie als Mönche oft die ganze Fastenzeit
auf verlassenen Inseln weilen 461. Ihre Niederlassungen vollziehen sich gern auf solchen
Eilanden, sei es mit Hy (Iona, westlich von der schottischen Insel Mull, gegründet 563
von Columba) und Lindisfarne (Insula sacra, Holy Island, 635 Gründung des keltischen
Ionaer Konventualen Aidan, des Freundes des angelsäd1sischen Königs Oswald von
Northumbrien), sei es mit Niederlassungen auf den Inseln des Rheins oder an sonstigen
Stromufern. Wir deuteten diese insularen Zusammenhänge bereits oben an.
Ebenfalls verlangt die Zahlensymbolik noch einige Aufmerksamkeit, vorab die auch bei
Columban d. J. erwähnte Zwölfzahl der Konventualen 462. Sie berührt sich in der Folge
mit der benediktinischen, zisterziensischen und prämonstratensischen Praxis. Das Moment
der vita apostolic.1 tritt also bei den Iroschotten schon früh heraus. Wenn eine andere
Brandan-Version vierzehn Mönche als Begleitpersonen namhaft macht 463, ist wiederum die
symbolische Zahl maßgebend. Es sind zweimal sieben gemeint, ähnlich den Vierzehn Not-
helfern. Zum anderen sei darauf verwiesen, daß Brandans Bericht mehrfach die Freude
am Gold und an Edelsteinen erkennen läßt 404. Neben antiken Vorstufen, neben dem
Ausblick auf die Apokalypse ist auch des irischen Bergbaues 465 zu gedenken, ebenso der
medizinhistorischen Einreihung der Edelmetalle. Gold soll und will auch Kolumbus fin-
den. So dann will auch das Verhältnis Brandans und anderer altirischer Legenden zum
Getier näher umschrieben sein 466. Aber auch bei weiteren Auslassungen des Brandanberich-
tes läßt sich die Fragestellung, nicht zum wenigsten in Hinsicht auf rechtsgeschichtliche
und folkloristische Elemente vertiefen 467, wobei auch der Reliquien gedacht sein mag 46~,
nicht minder der Engellehre, die in der Vita des Iren Furs~us (Trium populorum praedica-
tor, t um 649) 469 bemerkenswert hervortritt.
Wilhelm Levison hat das Auftreten der Iroschotten in der politischen
Geschichte des Abendlandes als eine Episode, wenn auch als eine bedeutende
Episode bezeichnet. Nicht mehr?470 Wer von einem anderen Standort, von
der Geistesgeschichte her kommt, wird den Anteil dieser Iroschotten zu-
nächst am Gesamtgefüge des Keltenturns als recht beachtlich herausstellen.
Man wird auch nicht sagen dürfen, daß mit dem Ausgang der karolingischen
Zeit die Einflüsse auf europäische Strukturen verblichen sind. Vielmehr
zeichnet sich eine machtvolle Linie ab, die in die Weltliteratur drängt. Man
nehme nur die Ursprünge der Arthur- (Artus-) Sage. Sie hat durch das
Medium der Historia regum Britanniae des Geoffrey of Monmouth (1137)
starke Verbreitung auf dem Festland gefunden. Sie fand überdies ihren
Interpreten und Gestalter durch den nach vielen Seiten anregenden Epiker
Chnhien de Troyes (t vor 1191), den man als den größten höfischen Roman-
dichter ansprechen darf. Von dort zeichnen sich Verbindungslinien ab, die
in die Dichtungen Hartmanns von Aue und Wolframs von Eschenbach
führen. Wiederum will der großen literarischen Erscheinungen des Grals
und der Geschichte Tristans gedacht sein. Neuerdings ist es der Keltologe
und Sprachforscher Julius Pokorny gewesen, der die außerordentliche und
befruchtende Kulturkraft des Keltenturns betont und überzeugend heraus-
gestellt hat. Die fünf Vorträge, die dieser weit ausgreifende Forscher im
Sommer 1952 in Zürich hielt, haben weiteste Beachtung gefunden. Wir
weisen nur hin auf den Bericht "Das Keltenturn einst und jetzt", den die
465 Bei Joyce, Social History 11, p.286 werden vermerkt: "mines of copper, iron, lead
and possibl y of tin".
466 Sister Mary Donatus, Beasts and Birds in the Lives of the Early Irish Saints. Phi!.
Diss. Univ. of Pennsylvania. Philadelphia 1934.
467 Man nehme die peregrinatio der Iren nach Tours und Rom. Meyer, Mittelirisches
Gedicht, S. 443. Parks, English Traveler, p. 12 H. 19. 40 H. 48. 50.
468 Heiltümer sind oft in der Brandanlegende erwähnt. S. auch zur Vielheit und Schät-
zung der Reliquien Joyce, Social History I, p. 382.
469 S. oben.
470 Aus rheinischer und fränkischer Frühzeit. Ausgewählte Aufsätze. Düsseldorf 1948,
S.263.
Irland im deutschen und abendländ.ischen Sakralraum 81
18. Maritimes
Das maritime Element tritt bei den Iroschotten betont heraus. Um 800
entdeckten iroschottische Mönche Island 472. Der Name der nach der legen-
darischen Vita (12. Jh.) in Irland im 10. Jh. geborenen Königstochter
Sunniva, die nach Norwegen floh und auf der Insel Selje gestorhen sein
so11 473 , deutet bereits an, daß auch von Hibernien aus Fahrten zur norwegi-
schen Küste erfolgten. In Analogie zu anderen Legenden des führerlosen
Schiffes wird berichtet, daß sie ohne Steuer und Segel fuhr, ergeben in den
Willen Gottes 474. Ein weiteres. Die Mönche der von Furseus gegründeten ost-
anglischenAbtei Cnoberesburgh wurden infolge heidnischer Reaktion gezwun-
gen, ins Frankenreich, Asyl und Kolonisationsgebiet zugleich, zu fliehen.
Sie beluden dabei ein Schiff mit Reliquien, mit den Inhalten der Sakristei
und mit ihrer Bibliothek 475 Einen Schiffs roman großen Stils steuert sodann
St. Brandan bei 476. Das Mantelmotiv des Raimundus von Pefiaforte, der
auf diesem Kleidungsstück von der Insel Mallorca nach Barcelona fuhr
("Sein außgebreiten Mantel hat er für ein Schiff gebraucht und ist innerhalb
6. Stunden auff die 160. Teutsche Meil Weegs an Meer fortgefahren, worbey
der Mantel gar nit benetzt wurd ") 477, findet sich bereits irischers,eits bei
Findan 478. Ein Meeresmirakel begleitet sodann das Leben des Machutus 479,
eines der frühesten irischen Wanderer, des Schutzherrn der bretonischen
Diözese Aleth-St-Ma18. Als Kind schlief er einst am Meeresufer. Die Bran-
dung brüllt zu beiden Seiten. Aber die Wogen berühren es nicht. Eine ent-
fernte Verwandtschaft zum Kindesmirakel bei Augustin, das ebenfalls den
Meeresstrand betrifft, zeichnet sich ab. Die Kindesszene wird bei Machutus
mit zur Veranlassung, daß er zum Heilbringer für Kinder wird. Derart
wird Irland von der schützenden und zugleich erregenden See umklammert.
480 Georg Schreiber, Apostel und Evangelisten als Bergwerksinhaber. Rheinisches Jahrb.
f. Volkskunde 3, 1952, S. 145-168; ders., Daniel im Bergbau. Der Anschnitt, Zeitschr. f.
Kunst und Kultur im Bergbau 5, 1953, Nr. 3, S. 12 f.; ders., Das Bergwerk in Recht, Liturgie,
Sakralkultur. Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgeschichte 70, Kan. Abt. 39, 1953,
S. 362-418; ders., Spanien im deutschen Bergwerk. Spanische Forschungen der Görres-
gesellschaft, 1. Reihe, Bd.9. Münster 1954, S. 198-223; ders., Der Berufsgedanke im Berg-
werk. Zur Formungsgeschichte der Bergknappen im Lichte spanischer Motive, in: Christ-
liche Existenz und Erziehung. Festgabe für Johann Peter Steffes, hrsg. von Georg Schreiber
und Kurt Haase. Münster 1954, S. 134·-149; ders., Deutscher Bergbau in Geschichte und
Ethos, in: Festschrift für den Herrn Ministerpräsidenten Kar! Arnold, hrsg. von der
Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Köln und Opladen
1955, S.177-201; ders., Mysterium, Prophetie, Volksheilige im Bergbau. Zum Daniel-
Motiv im tirolischen und deutschen Bergbau, in: Beiträge zur Heimatkunde des nordöst-
lichen Tirol. Festschrift zum 70. Geburtstag Matthias Mayer's (SchIern-Schriften, Bd. 138).
Innsbruck 1955, S. 179-202; ders., Schutzfrau St. Barbara. Forschungsaufgaben und Kult-
dynamik. Der Anschnitt 7, 1955, Nr. 4, S. 9-13; ders., Tiroler Bergwerkskultur, in: Fest-
schrift für Hans Gamper. Inmbruck 1955 (im Drucki.
4~1 Placidus Plattner, Geschid1te des Berghau's der östlichen Schweiz. Chur 1878, S. 45.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 83
die wir auch sonst, wenn wir uns auf den Ausgangspunkt Würzburg be-
sinnen, feststellen 482.
Dazu tritt St. Gallus als Grubeninhaber im alpinen Raum heraus. Ver-
nehmen wir doch, daß im Berggericht Sterzing-Gossensaß (Tirol) eine Grube
"St. Gallen" in den Jahren 1528, 1531 und 1621 erwähnt wird 483, ebenso
eine Grube "St. Gallen" (1531) in Obervellach (Kärnten)484. Diesen sub-
terranen Benennungen entsprechen wieder oberirdische Patronate: die Gal-
lus-Kapelle in Grims (Pfarre Zams) 485 und die Gallus-Kirchen in Weer und
Neumarkt 486. Daneben erscheint Gallus in diesen Gebieten mehrfach als
Altarpatron 487. Eine solche Vorherrschaft, die der Einsiedler von Hof-
steinach selbst im Tiroler Raum ausübt, wird verständlich durch die Ver-
bindungslinie, die von der Schweiz über den Arlberg und durch das Inntal
nach Tirol führte.
St. Columban wird hingegen, soviel wir sehen, seltener erwähnt. So er-
scheint lediglich eine Grube St. Columban im Gebiete des Kalisberges in
Südtirol 48s.
Den Kelten Jodokus (t 669), einen Bretonen mit weitausgedehntem
Wanderzug, treffen wir ebenfalls im Bericht des Christian Gadmer (1588)
an 489. Unter Nr. 35 wird nämlich eine Grube "St. Jos, zum Hubei" ge-
nannt 490. Auch im Südosten des alpinen Raums, in Kärnten, tritt er als
Inhaber der Gruben St. Jobst (Bergbaurevier Kreuzen-Stockenboi, 1526) 491
und St. Jobst in der Sucha (bei Förolach-Pressegen, Bergbaurevier Radnig,
1526)492 auf. Walserische Bergknappen ließen ihn zudem auf Fresken in
der Kaplanei (früher Agatha-Kapelle) auf dem Kristberg in Vorarlberg
482 Erwähnung bereits in einem Baseler Pontifikale (9. ]h.) und in einem Kalendarium
von St. Gallen (10./11. ]h.). Gougaud, Saints irlandais, p. 126. Vgl. oben.
483 Max Reichsritter von Wolfstrigl-Wolfskron, Die Tiroler Erzbergbaue 1301-1665.
Innsbruck 1903, S. 289.296.297.
484 Hermann Wießner, Geschichte des Kärntner Bergbaues. 3 Teile (Archiv f. vater-
ländische Geschichte u. Topographie 32, 36/37, 41/42). Klagenfurt 1950-1953, 1, S.55.
485 Hans Hochenegg, Die Kirchen Tirols. Innsbruck 1935, S.202.
4B6 Fink, Tirol, S.221.
487 Ebd.
493 Pfarr archiv Silbertal. Bote für Tirol und Vorarlberg 1887, Nr.137; vgl. Schreiber,
Bergwerk, S. 399.
494 Dazu Schreiber, Deutschland und Spanien, S.101. 110. 122. 398.
495 Wießner, Kärnten 1, S. 54.
496 Ebd. 2, S. 42. 44.
497 Ebd. 3, S. 316.
498 Wolfstrigl-Wolfskron, Tirol, S.160.
499 Wießner, Kärnten 1, S. 152.
500 Gougaud, Saints irlandais, p. 171 s. - über Virgil s. neuerdings Heinz Löwe, Ein
literarischer Widersacher des Bonifatius, Virgil von Salzburg, und die Kosmographie des
Aethicus Ister (Akad. d. Wiss. u. d. Lit., Abh. d. geistes- u. sozialwiss. Kl., Jg. 1951,
Nr. 11). Mainz, Wiesbaden (1'52), S. 899-988.
501 Samson, Kirchenpatrone, S. 228.
502 Künstle, Ikonographie, S. 258; Braun, Tracht, S. 273 f.; vgl. oben.
Irland im deutsenen und abendländisenen Sakral raum 85
Attribut mit sien, da er mit dem Senwert enthauptet wird 603. Die Einwirkung solener
Metallheiligen auf die Benennung von Gruben ist in anderen Zusammenhängen unver-
kennbar. Solene Beziehungen mögen zunäenst äußerlien erseneinen. Für den mittelalter-
lienen Mensenen bedeuteten sie mehr.
503 Gemälde zu Fechenheim, Koburg, von 1480. Künstle, Ikonographie, S.379; Braun,
Tracht, Sp.423.
504 Fuhrmann, Monasteries, p. 104.
605 So unternahm Abt Philipp 1353 eine Visitationsreise naen dem Filialkloster in
Irland. Gwynn, Irish Tradition at Wurz burg, p. 76.
506 Ibid. p. 103, mit Hinweis auf St. Baluzius, Miscellaneorum lib. VII. Parisiis 1715,
p. 445.935.
507 Fuhrmann, Monasteries, p. 104.
60B Heimbucher, Orden 13, S. 198.
86 Georg Smreiber
21. Ergebnisse
Das Iroschottentum ist von uns nur in einzelnen hervorragenden Ver-
tretern behandelt worden. Einige Persönlichkeiten haben wir an anderer
Stelle gekennzeichnet. Es lag uns heute nur daran, gewisse Zugänge zu
bestimmten Fragenbereichen zu eröffnen. Diese betrafen vorab die kult-
geschichtliche und religionswissenschaftliche Stellung des Irentums, im be-
sonderen das Nachleben auf dem Festland, zumal im deutschen Raum. Bei
dieser Sicht zeichnete sich viel Volksgläubiges und Brauchtumsmäßiges ab.
Fuhrmann, Monasteries, p. 104.
509
Heimbucher, Orden 1 3, S. 143; Seimer, Israel, S. 69.
510
511 Gougaud, Saints irlandais, p. 60.
511a Dienemann, Kult des heiligen Kilian, S. 197 H.
51! Kenney, Soure es I, p.764-767; Schreiber, Wanderkulte, S. 92 f. 97.
513 Kenney, Sources I, p.769; Robin Flower, The Irish Tradition. Oxford 1947, p. 113f.
5Ua Henry, Irish Art, p. 127.
m Gougaud, Saints irlandais, p.60. - Zum Ganzen s. ferner Robin Flower, Ireland
and Medieval Europe. Proeeedings of the British Aeademy 13. London 1929.
Irland im deutschen und abendländischen Sakral raum 87
.19 Am wichtigsten: A History of Ireland 2. London 1933; Zur Urgeschichte der Kelten
und Illyrier. Halle a. S. 1938; Altkeltische Dichtungen. Bem 1944. - Man beachte auch
seinen Aufsatz Zur Urgeschichte der Kelten und Illyrier. Zeitschr. f. celtische Philologie
20, 1936, S. 315-352. 489-522; 21, 1940, S. 55-166, bes. S. 125-131, mit zahlreichen
literarischen Verweisen zur Urgeschichte Irlands.
520 Man nehme auch das Stichwort "Kelten" im Schweizer Lexikon 4, Zürich 1947,
Sp. 859 H.
521 Vgl. etwa Neue Zürcher Zeitung mit dem schon erwähnten Aufsatz "Das KeItentum
einst und jetzt" in Nr. vom 7. Juli 1952.
522 S. unten.
523 Vorindogermanische Schichten der irischen Heldensage. Zeitschr. f. ceItische Philo-
logie 24,1954, S. 10--55. 165-197. S. auch ders., Die Stellung der Frau bei den Kelten und
das Problem des "Keltischen Mutterrechts". Ebd. 21, 1940, S.205-279, bes. S.247-250,
mit Hinweis auf Brigida.
IrLtnd im deutschen und abendländischen Sakral raum 91
die Hagiographie der Insula sanctorum bietet. Darüber hinaus legen sich
für mich Vergleiche zum altfranzösischen Heldenepos nahe 524. Einen be-
merkenswerten überblick über den Stand der Keltenforschung liefert im
übrigen Pokornys Artikel in Karl Hönns Wissenschaftlichen Forschungs-
berichten 525.
Die mehrfach ausgeprägte Besonderheit Irlands, seine Lage am Rande
der westeuropäischen Welt, seine Unberührtheit vom Römertum und seine
Distanz zur Völkerwanderung, wiederum die verhältnismäßig gute Erhal-
tung vorgeschichtlicher Denkmäler, wie zum anderen die Eigenart der
frühmittelalterlichen Entwicklung, ebenso volkskundlich bemerkenswerte
Züge 526 : dieses und anderes händigte der Forschung bedeutsame Aufgaben-
bereiche ein.
Die keltische Philologie konnte zudem auf ältere Vorstufen zurück-
blicken. Der Name des Bamberger Gelehrten Johann Caspar Zettss (1806
bis 1856), eines großen Entded\:ers und einer Zierde der philosophisch-
theologischen Hochschulen Bayerns, bedeutete einen überraschenden Wende-
punkt in der noch tastenden Keltologie überhaupt. Begann doch mit seiner
Grammatica Celtica (1853) die neue Epoche der festländischen keltischen
Sprachforschung und Geschidltswissenschaft. Sie wurde zunächst gekenn-
zeichnet und weitergeführt durch Zeitsrnriften, wie die in Paris ersrnei-
nende Revue Celtique (1870), ferner durrn die srnon genannte Zeitsrnrift
für celtische Philologie, die durch Kuno Meyer und L. Ch. Stern gegründet
wurde (Halle a.d. Saale 1897 H.). Dazu traten das Archiv für celtische
Lexicographie, herausgegeben vonWhitley Stokes und KunoMeyer (ebd.1898
bis 1907), und andere Periodioa 527, denen viele Einzeluntersuchungen und
philologisrne Werke folgten 528. Die Untersuchungen auf ,deutscher Seite
blieben nicht ohne Einfluß auf Literarkritik und Historie in den am Kel-
tentum näher interessierten Nachbarländern. Hier sind vor allem die Namen
von Whitley Stokes (1830-1909) 529, Sir John Rhys (1840-1915) 530, Robert
Atkinson (1839-1908) 531, Marie-Henri d' Arbois de Jubainville (1827 bis
1910) 532, dazu in Deutschland Ernst Windisch (1844-1918) 533, dessen
Schüler Heinrich Zimmer (1851-1910) 534 und Kuno Meyer (1858-1919) 536
sowie Rudolf Thurneysen (1857-1940) 536 zu nennen.
In Irland selbst, um hier nur einige Hinweise zu bieten, erlebte die
Keltologie als Weg der Heimatforschung einen starken Aufschwung, der
durch die Society for the Preservation of the Irish Language (gegründet
1876) und die Gaelic Union (gegründet 1878) vorbereitet wurde. Für die
weitere Entwicklung sei nur erwähnt die Gaelic League (gegründet 1893
von Douglas Hyde sowie von Father Eugene O'Growney, T.O'Neill
Russell, David Comyn, E6in MacNeill u. a.) 537. Diese Gaelic Revival gab
sich zunächst als eine Reaktion gegen die Anglisierungsbestrebungen des
19. Jhs. Weitere Aufgaben wurden in neuerer Zeit besonders durch die
Folklore of Ireland Society (gegründet 1927), auch durch das Irish Folklore
Institute (gegründet 1930) und vor allem durch die Irish Folklore Com-
mission (gegründet 1934 bzw. 1935) 538 wahrgenommen. Inzwischen hatte
man sich auch englischerseits für die irische Sprache interessiert, jenseits von
politischen Tagesströmungen; darüber hinaus trug man der Tatsache schick-
salhafter Begegnungen in den verschiedensten Jahrhunderten Rechnung. So
gründete man 1898 in London die Irish Texts Society, die sich der Heraus-
gabe irischer Texte widmete, wie dies schon früher die Irish Archaeological
Society, die Celtic Society und die Ossianic Society (gegründet in der
Mitte des vorigen ]hs.) und andere irische Gesellschaften besorgt hatten 539.
Man war sich in der irischen und englischen Forschung wohl des gewichtigen
Umstandes bewußt, daß man die Aufmerksamkeit der USA fesselte, soweit
dort das wissenschaftliche Irenturn in Frage kam (von Iren gestiftete Lehr-
stühle an Universitäten, Schriften von ]ames ]oseph Walsh 53Ua und Benedict
Fitzpatrick 53Ub).
Noch ein historischer Ausblick. Wir begnügen uns, um einige Hinweise
beizusteuern, für die Bearbeitung der irischen Kirchengeschichte auf die
bereits öfter angezogene Quellensammlung von James F. Kenney hinzu-
weisen, namentlich auf die dort gebotene Übersicht zur Geschichte der Iren-
forschung 540. Für die spätere Würdigung sei auf den Artikel von Walter
De1ius in der Zeitschrift für Kirchengeschichte aufmerksam gemacht 541, der
vieles festhält, aber auch die Weiterführung nahelegt 542. Die einschlägige
Literatur ist schon umfassender entwickelt.
In der älteren kirchengeschichtlichen Linie steht das oft übersehene Werk
von Carl Johann Greith, dem geistvollen Bischof von St. Gallen (t 1882),
den die Frühgeschichte seines heimatlichen Raumes nach Irland wies 543. In
allem war dieser Autor ein vielseitiger Gelehrter, der "schweizerische Bos-
suet" 544, wie man ihn nannte. Greiths Darstellung ist stark apologetisch ge-
halten. Es ist sein Bestreben, die irische Kirche von rom freien Tendenzen
freizusprechen. Bemühungen anglikanischer Forscher (etwa von James
Henthorn Todd 545), der irischen Kirche eine Unabhängigkeit von Rom zu-
zuschreiben, werden betont abgelehnt. Diese dem Tiber zugewandte Hal-
tung zeigt sich besonders bei der Charakteristik des Irenapostels Patri-
cius 546 (angeblicher Romaufenthalt), des Inselklosters Iona 547 und ebenso
Columbans d. J. 548. Abschließend formuliert der Autor seinen nachdrücklich
vertretenen Standpunkt dahin: "Diese Grundzüge des religiösen Glaubens
und Gottesdienstes, wie er in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts in Hy
eingehalten und geübt wurde, sind geeignet, über die volle übereinstimmung
der keltischen Kirchen in Britannien, Irland und Scotland mit der römi-
schen Kinne helles Licht zu verbreiten und die willkürliche Annahme einer
wesentlichen Verschiedenheit beider, welche anglikanische Schriftsteller be-
sonders im vorigen (d. i. im 18.) Jahrhundert aufgestellt und deutsche Pro-
testanten namgeschrieben haben, gründlich abzuweisen 549." Greiths Unter-
suchung, die s·im streng an die überkommenen Quellen hält, ist heute in
manchen Punkten, so in der Frage der Herkunft des Patricius 550, überholt.
Doch wirkt sein Buch, das "als Einleitung in die Gesmichte des Stiftes
St. Gallen" gedamt war, ,aum für den heutigen Forscher nom anregend.
Seine Kritik an England ist durchaus gemäßigter Natur, ein Moment, das
im deutschen Irlandbild beachtet sein will. Immerhin verzichtete Greith
nicht darauf, der Kirche des "ewig grünen Erin" den Ehrentitel der "Mar-
tyrer-Nation des Westens" zuzuerkennen 551. Imponderabilien begleiteten
die Irlandforsmung.
Eingehender und umfassender gibt sich in der kirchen geschichtlichen Linie
die Darstellung des Aachener Historikers und Stiftspropstes Alphons Bel-
lesheim (t 1912)552. Bei diesem Smüler von Carl Joseph von Hefele, dem
großen Vertreter der Tübinger Schule (1837-1869 Professor), und des
545 St. Pa trick, Aposrle of Ireland. A Memoh- of his Life and Mission. Wirh an Intro-
ductory Dissertation on So me Eady Usages of the Church in Ireland, and its Historical
Position from the Establishment of the English Colony to the Present Day. Dublin 1864.
548 Greith, Altirische Kirche, S. 109 H.
547 Ebd. S. 227.
548 Ebd. S. 325 f.; vgl. S. 328.
553 Zur Würdigung seines Lebenswerkes siehe vor allem Friedrich Lauchert, Alfons
Bellesheim t. Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland 149, 1912,
S.255-261. - Aus den genannten Quellenstudien erwuchs bereits vorher Bellesheims Ge-
schichte der katholischen Kirche in Schottland von der Einführung des Christentums bis
auf die Gegenwart. 2 Bde. Mainz 1883.
554 Bellesheim, Irland 1, S.33-42.
555 Bellesheim. LThK 2, Sp. 130.
5;;6 S. oben.
551 S. oben.
558 Die iroschottische Missionskirche des 6., 7. und 8. Jahrhunderts und ihre Verbreitung
und Bedeutung auf dem Festland. Gütersloh 1873.
559 Ebd. S. V f.
560 Ebd. S. VI.
96 Georg Smreiber
Theologen geäußerten Auffassungen sind weithin überholt 560a. Für die Ge-
schichte und Entfaltung des irischen Mönchtums haben wir heute durch eine
vergleichende Betrachtungsweise monastischer Frühstufen reichere und an-
derweitige Erkenntnisse gewinnen können. Es sei nur auf die einschlägigen
Werke von John Ryan 56t, Stephanus Hilpisch 562, Marcel Viller und Karl
Rahner 563 und auf andere Autoren verwiesen. Abhängig von Ebrard ist im
übrigen Hans von Schubert 564, auch Otto Wissig 565. Am stärksten wirkte
Ebrard jedoch auf die Veröffentlichungen, die Heinrich Zimmer besorgte 566.
Diese haben ,inzwischen viel Widerspruch erfahren. Auch die Polemik dieses
Autors, der sich unter anderem der Christianisierung Irlands zuwandte,
entzündete sich an der Gestalt und Mission des Patricius 567.
Immerhin ist es das unbestrittene Verdienst Zimmers, auf die Bedeutung
hingewiesen zu haben, die die Iren für das Festland beanspruchen dürfen.
Manche Einflüsse gingen von Zimmer aus auf W. Schultze 568, Julius von
Pflugk-Harttung 569, Anton Mayer 570. Einzelbeobachtungen, die von diesen
und anderen Autoren erfolgten, lassen jedoch eine Gesamtdarstellung bis
jetzt noch vermissen. Handelt es sich doch darum, jenseits aller Kontrover-
sen und in einer Erweiterung der kirchenhistorischen Fragestellung den
Einfluß der Kelten auf die Entwicklung der abendländischen Kultur über-
haupt herauszustellen. Schritte in dieser Richtung unternahm neuerdings
S80a S. vor allem lohn Campbell MacNaught, The Celtic Churm and the See of Peter.
Oxford 1927, bes. p. 106.
561 Irish Monasticism.
562 Geschimte des benediktinismen Mönmtums. Freiburg i. Br. 1929.
563 Aszese und Mystik.
564 Gesmimte der mristlichen Kirme im Frühmittelalter. Ein Handbuch. 1. Halbbd.
Tübingen 1917, S. 202-221.
665 Irosmotten und Bonifatius in Deutsmland. Eine kirmengesmimtlich-urkundliche
Untersumung. Gütersloh 1932. - Es dürfte interessieren, daß eine gleiche Haltung sim aum
nom in dem - allerdings sehr volkstümlim und für eine breitere Lesersmaft gesmriebenen-
Bum von Johnston, Robinson, Jackson, Ireland, ausprägt. - Gegen Ebrard teilweise
H"iler, Altkirchliche Autonomie, S. 126 H.
566 S. vor allem: Ober die Bedeutung des irismen Elements für die mittelalterlime
Cultur. Preußisme Jahrbücher 59, 1887, S. 27-59; Keltisme Kirche in Britannien und
Irland, bei]. J. Herzog und Albert Hauck, Realencyklopädie f. protestantisme Theologie
und Kirme 10 3, Leipzig 1901, S. 204-243.
567 Zimmer, Keltische Kirche, S.207-221.
568 Die Bedeutung der irosmottismen Mönche für die Erhaltung und Fortpflanzung der
mittelalterlimenWissensmaft. CentralbI. f. Bibliothekswesen 6, 1889, S.185-198. 233-241.
281-290.
589 The Old Irish on the Continent. Transactions of the Royal Historical Society,
~.S.5, 1891,p.75-102.
570 Die Iren auf dem Kontinent im Mittelalter. Homland 13, Bd.2, 1916, S.605-614.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 97
Leo Weisgerber, wenn er den Spuren der irischen Mission, soweit es die
Entwicklung der deutschen Sprache betrifft 571, nachging. Weisgerber ist
zudem der Verfasser einer grundlegenden Schrift über das den Inselkelten
nächstverwandte Bretonentum 572.
Besonderes Interesse haben schon lange bei Paläographen, Sprachforschern
und Historikern die libri scottice scrip ti - die in irischer Manier geschrie-
benen Handschriften - gefunden. Sie zeigen den ganz entscheidenden Ein-
fluß der Iroschotten auf die Anfänge des deutschen Schriftwesens. Richtung-
weisend sind hier die Forschungen des Germanisten Georg Baesecke über
den deutschen Abrogans 573 und den Vocabularius Sti. Galli 574, sowie die
Arbeiten von Bernhard Bischoff574a. Allerdings wurde in jüngster Zeit dar-
auf aufmerksam gemacht, daß das irische Element auf dem Festlande in bezug
auf die Buchkunst nicht überschätzt werden darf. So hat Johannes Duft fest-
gestellt, daß nicht 40 und mehr irische Handschriften - wie üblich angenom-
men -, sondern nur 15 sich in St. Gallen befinden 575.
Auf dem Gebiete der Buchmalerei hat der Kunsthistoriker Kurt Pfister
den Sinn für die irische Eigenart ersdllossen 576. Seine knappen, aber inhalt-
reichen Einleitungsworte zu den Tafelbildern werden durch die ausführ-
lichen, die geistigen Hintergründe, die künstlerische Methode der Frühzeit
und deren Atmosphäre herausstellenden Ausführungen von Genevieve
L. Micheli 577 und Franr;oise H enry 577a übertroffen. Letztere Arbeit gibt sich,
über die Kunst hinausweisend, als eine Geschichte des irischen Geisteslebens
und seiner wechselseitigen Beziehungen zum Festland.
571 Die Spuren der irischen Mission in der Entwicklung der deutschen Sprache.
Rheinische Vierteljahrsblätter 17, 1952, S.8-41. Mit wertvollen Literaturangaben zum
Thema des irischen Einflusses im allgemeinen.
572 Das Bretonentum nach Raum, Zahl und Lebenskraft (Schriftenreihe der Deutschen
Gesellschaft für keltische Studien, hrsg. von Ludwig M üh/hausen, H. 5). Halle a. S. 1940.
573 Der deutsche Abrogans und die Herkunft des deutschen Schrifttums. Halle a. S. 1930.
574 Der Vocabularius Sti. Galli in der ags. Mission. Halle a. S. 1933. Siehe neuerdings
auch Vor- und Frühgeschichte des deutsmen Schrifttums. 2 Bde. Halle (Saale) 1940 H.
574a Die süd05tdeutschen Schreibschulen und Bibliotheken in der Karolingerzeit 1. Leip-
zig 1940; Paläographie, in: Deutsche Philologie im Aufriß, hrsg. von Wal/gang Stammler.
Berlinlßielefeid t 952, 1, Sp. 379-452, bes. Sp. 403 f.
57S Die irischen Miniaturen der Stiftsbibliothek St. Gallen. Hrsg. von Jahannes Duft und
Peter Meyer. Olten, Bern, Lausanne 1953. In englischer übers. 1954.
576 Irische Buchmalerei. Nordeuropa und Christentum in der Kunst des frühen Mittel-
alters. Potsdam 1927. Auf insulare Handschriften beschränkt sich - indem auch die nach-
folgenden Epochen behandelt werden - O. E. Sazmders, La miniatura inglesa. 2 vol. Barce-
lona 1933.
577 L'enluminure du haut moyen age et les influences irlandaises. Bruxelles 1939.
577. Irish Art 2.
98 Georg Schreiber
deutend angesprochen 587. Dieser Autor ist geneigt, eine große Anzahl von
Glaubensboten der vorbonifatianischen Zeit als Iren zu betrachten. Man
nehme nur seine Ausführungen über Rupert und Korbinian 588.
Immer wieder haben sich die Fragen nach der irischen Mission auf dem
Festlande um einzelne Gestalten gruppiert. Ähnlich wie auf den nordwest-
lichen Inseln - und von dort angeregt auch auf dem Festland - das Patri-
eius-Problem stets von neuem aufgegriffen wird und noch zu keiner Lösung
gekommen ist 589, so entzündet sich auch auf dem Kontinent das Interesse
an den Frühmissionaren. Juhiläen bieten dazu einen willkommenen Anlaß.
So regte das zwölfhundert jährige Jubiläum des hl. Korbinian zu der
schon genannten 590 Festschrift an, in der, wie angedeutet, auch die Frage
nach der irischen Herkunft dieses und anderer Glaubensboten aufgegriffen
wurde 591. In Frankreich fand der Internationale Kongreß in Luxeuil (20.
bis 23. Juli 1950) in dem Sammelwerk Melanges Colombaniens 592 seinen
Niederschlag; dort wurden die schon früher erörterten Probleme, die sich
um die Gestalt dieses Missionars (z. B. die Echtheit des Poenitentiale) 593
auftun, erörtert. Wiederum bot die Säkularfeier der Erhebung der Kilians-
reliquien Anlaß, dem traditionsmächtigen Frankenapostel einen Festband
zu widmen 594. Dieser ging Hand in Hand mit der Ausstellung "Franeonia
Saera" und hat für die Erkenntnis der Iren manches Neue gebracht, was ihre
Wirkung im ostfränkischen Raum angeht. St. Pirmin kam 1953 zur Sprache,
wobei allerdings die Frage nach einer Herkunft aus Irland oder aus Septi-
manien noch ungelöst bleiben mußte 595• Das Bonifatius-Jubiläum des Jah-
res 1954 endlich rückte den Apostel der Deutschen, seine Organisations-
tätigkeit und sein Verhältnis zu den Iroschotten in das Licht der neuesten
Forschungen 596. Dabei wachsen die Initiative und der Anteil der Bischofs-
kirchen bedeutend heraus.
In diesem Zusammenhang mag es angezeigt erscheinen, auch auf die
älteren Darstellungen hinzuweisen, die sich im Rahmen einer allgemeineren
Heiligenforschung mit den irischen Heilbringern beschäftigen. Hier bieten
die Untersuchungen von Heinrich Samson 597, Dietrich Heinrich Kerler 698 ,
Alfons Maria Zimmermann 599 einige Vorarbeiten. Für die Patrozinien-
forschung sind die Untersuchungen von Johann Dorn 600, Oskar Farner 601 ,
Hans Fink 602 und von anderen Autoren nach wie vor unerläßlich.
Eine tabellarische übersicht über die Kalendarien des 9. bis 11. Jhs., spe-
ziell in St. Gallen, besorgte Emmanuel Munding 603•
Sehr erwünscht wäre eine Herausstellung der Attribute der irischen
Heiligen (Pilgerstab, Reliquientasche [St. Gallus], Johannes-Tonsur, Schiff
[St. Brandan]). Man wird dieserhalb die ikonographischen Werke von Karl
Künstle 604 und von foseph Braun 605 einsehen. Dabei wird man sich an die
Unterscheidung erinnern müssen, die Braun den generellen und speziellen
Attributen mitgegeben hat.
Noch heute sind für das kultische und volksgläubige Nachleben der Iren
die encyklopädischen Artikel über die einzelnen Heiligen im Kirchenlexi-
kon 606 und in Michael Buchbergers Lexikon für Theologie und Kirche her-
anzuziehen, desgleichen die Artikel "Irland" in diesen beiden Nachschlage-
werken 607. Kein Geringerer als der Freiburger Kirchenhistoriker fosel
Sauer brachte an der letztgenannten Stelle Darlegungen über irische Kunst,
die knapp, aber inhaltreich wesenhafte Linien herausarbeiten 608. Eine kurze
übersicht über Irland und die iroschottische Kirche bietet Franz Flaskamp;
596 Sankt Bonifatius-Gedenkgabe; Schieffer, Winfrid-Bonifatius. S. oben.
697 Die Schutzheiligen. Ein Beitrag zur Heiligen-Legende und zur Cultur- und Kunst-
geschichte. Paderborn 1889; Die Heiligen als Kirchenpatrone. Paderborn 1892.
598 Patronate.
599 Kalendarium Benedictinum.
600 P .ltrozinienforschung.
601 Graubünden.
602 Tirol.
603 Kalendarien.
604 Ikonographie.
805 Tracht.
806 Wetzer und Welte's Kirchenlexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie
und ihrer Hülfswissenschaften. 2. Aufl. 12 Bde. und 1 Registerband. Freiburg i. Br.
1882-1903.
807 Zimmermann, Irland. Kirchenlexikon 6, Sp.875-916; wesentlich erweitert durch
M. Förster, Irland. LThK 5, Sp. 596-601.
608 Irische Kunst. LThK 5, Sp. 593-596.
Irland im deutsmen und abendländismen Sakralraum 101
daran schließt sich der Artikel von Johannes B. Aufhauser über den Abschnitt
von der Romanisierung bis zur Gegenwart, beide in der Encyklopädie
"Religion in Geschichte und Gegenwart" 609. Dabei will erwähnt sein, daß
Flaskamp Pirmin zu den Iren zählt. - Hingegen wird ein Stichwort "Irland"
bei Bächtold-Stäubli vermißt. Gleichwohl hat sich die deutsche Volkskunde
in letzter Zeit für die irische Folklore interessiert 610.
Nach wie vor ist die deutsche Forschung auf die grundlegenden Arbeiten
von Louis Gougaud angewiesen. Dieser Autor hat die Beziehungen Irlands
zum Kontinent, was die irische Mission, den Kult und das Nachleben der
Iroschotten anbetrifft, herausgestellt 611. Seine Forschungen sind neuerdings
durch Georg Schreiber weitergeführt, mit besonderer Berücksichtigung West-
deutschlands, doch mit vielen Hinweisen auf den gesamtdeutschen Raum 612.
Die Forderung nach einer Gesamtdarstellung der irischen Kirchenge-
schichte, die sowohl die Entwicklung auf der Insel als auch die Mission auf
dem Festland zeigt, die W/alter Delius in dem obengenannten Artikel erhob,
hat dieser Autor selbst nur teilweise in seiner Geschichte der irischen Kirche
verwirklichen können 613.
Was das irische Mönchtum anbetrifft, so wird man nach wie vor die zu-
sammenfassenden allgemeinen Darstellungen von Ernst Tomek 614, Stepha-
nus Hilpisch 615, Max Heimbucher 616 und Kassius Hallinger 617 heranziehen;
609 Hrsg. von H. Gunkel und L. Zscharnack. 2. Auf!. Bd. 3. Tübingen 1929, Sp. 389-394.
Hier ist die Abwertung von Patricius durch Herz, Irland, in der 1. Auf!. 3, 1912, Sp. 672,
verlassen.
610 Ö Duilearga, Volkskundliche Arbeit. VgJ. oben.
611 S. besonders Chrthientes celtiques; Christianity in Celtic Lands; Saints irlandais.
612 Wanderkulte.
613 So vermißt man besonders - bei dem großen Interesse, das man den irischen Synoden
entgegengebracht hat - die Zitierung von Hefeles Conciliengeschichte; dieses Werk erleim-
tert wesentlim den Zugang zu den irismen Synoden. Sachlim ist zu bemerken: S. 110: FoilIan
und Ultan kamen erst nach dem Tode des Furseus nach peronne. F. starb auf dem Wege zu
scinen Brüdern in Irland. Vgl. Fuhrmann, Monasteries, p. 25; Gougaud, Saints irland ais,
p. 98; Traube, Perrona Scottorum, p. 481. S. 42, 91, 93, 98: Es handelt sim nimt um
Giraldus von Cambrai (der ein pikardismer Minnesänger war!), sondern um Giraldus
Cambrensis, geb. gegen 1147 im Schloß Manorbeir (Pembrokeshire), t 1223, einen englismen
Gesmimtsschreiber, der auch irische Verhältnisse berücksichtigte.
614 Studien.
615 Benediktinismes Mönchtum.
616 Orden.
617 Gorze-Kluny. Darüber hinaus hat Hallinger neben anderen Autoren in der mehr-
fach von uns erwähnten Bonifatius-Gedenkgabe darauf hingewiesen (Römische Vorausset-
zungen der bonifatianischen Wirksamkeit im Frankenreim, S. 320-361, bes. S. 360 f.),
daß die vorbonifatianische Zeit nach der kirchlichen und religiösen Seite nicht ungünstig
gelagert war, ein Moment, das auch der Wertung der Iren zugute kommt.
102 Georg Schreiber
es ist aber auch unerläßlich, zu Fuhrmanns 618 und Ryans 619 speziellen Arbei-
ten zu greifen. Es liegt ja so, daß die älteren Bearbeiter der irischen For-
schung eine vergleichende Geschichte des Mönchtums, die erst in den letzten
Jahrzehnten schärfer herausgearbeitet wurde, noch nicht pflegten. Noch her-
auszustellen im Sinne der heutigen diplomatischen und rechtsgeschichtlichen
Forschung sind die päpstlichen Privilegien für irische Klöster.
Ebenso ist zu bemerken, daß in Fragen des Ritus und der Liturgie die
ältere Generation die grundlegenden Forschungen von Adolph Franz,
L. Duchesne, Josef A. Jungmann und verwandte Arbeiten noch nicht heran-
ziehen konnte. Mehr als eine Feststellung, die von der älteren Forschung
getroffen wurde, empfängt von diesen neueren Untersuchungen ihre Berich-
tigung. So wies Josef Andreas Jungmann auf die Häufung von Kollekten
(Orationen) hin, die sich bei den Iren als Eigenart abzeichnete 620. Gewiß
ein liturgiefreudiger Zug. Schieffers Publikation über Bonifatius hat zudem
erkennen lassen, wieviel in einer eindringlichen Wertung dieser Kelten getan
werden kann, was auch, wie angedeutet, der Keltenforscher Pokorny zu be-
tonen wußte. Man hat diese Iren ja oft zugunsten der Angelsachsen unter-
schätzt. Erwünscht wäre für Deutschland, wenn auch manche Ansätze vor-
handen sind, eine Zusammenstellung der Patrozinien und der Kultstätten,
die Anselmo Tommasini 621 für Italien vorgelegt hat. Umfassender noch ist
die Studie von Vincenzo Berardis 622 gehalten.
Soviel an einigen Hinweisen zur Quellenkunde Irlands. Eine erschöp-
fende Übersicht dieser Art liegt uns fern.
0[8 Monasteries.
6[g Irish Monasticism.
620 Missarum sollemnia. 2 Bde. Wien 1948, 1, S. 477 Anm. 53.
621 Santi irlandesi.
622 I taly and Ireland.
623 S. dazu Schreiber, Pirmin, S. 51 f.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 103
624 Das kleine Andachtsbild vom XIV. bis zum XX. Jahrhundert. München 1930.
625 Schreiber, Spanien und Deutschland, S. 519 im Register, mit zahlreichen Verweisen
auf die Monatszettel.
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 105
/))
Abb. 1: Fegfeuer (St. Brandans Meerfahrt, Cod. Pa!. Germ. 60, 161 r)
106 Georg Schreiber
Abb. 2: Teufel raubt einen Schiffsgenossen (St. Brandans Meerfahrt, Cod. Pa!. Germ. 60, 165 v)
Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum 107
Abb. 3: Sirene im Meer (St. Brandans Meerfahrt, Cod. Pa\. Germ . 60, 168 r)
108 Georg Schreiber
Abb. 4: Judas traditor (St. Brandans Meerfahrt, Cod. Pa!. Germ. 60, 171 v)
Irland im deutschen und abendländischen Sakral raum 109
Abb. 5: Begegnung mit Hundsköpfigen (St. Brandans Meerfahrt, Cod. Pa!. Germ. 60, 177'")
110 Georg Schreiber
Abb. 6: Fahrt auf einem Fisch (St. Brandans Meerfahrt, Cod. Pa!. Germ. 60, 179 v)
Irland im deutschen und abendländischen Sakral raum 111
Abb. 11: Spanier und Indianer im Kampf. Sturz des Götzenbildes (Philoponus)
XIII. 0 C TOB E R.
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~.feut~en nie fdn Fa!)!>! ober e,pott.1UI'
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~ernut in btm jtoniglld>en :1unghng ntd)t
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benltingt~o!3en/ geffredt/ gebnnntltlllb mIt
t"femn 3angen geritft~ tl)orbtn. (Fr fl,unb
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Ubtltbattr ge~dncft.@3ott lie~ ~iF.gefcl)eben/
C!:ofmanno burd) einen fO fdlmabltd)en ~o~t
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W. Lazio.
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11mb! ~fben fommen /1ufeben. €r luar I.lom
@efd)ltd)t tbel/feine6 ~erutlffi un .rolllnd)
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§!lid> niemab!en I.lffbnrall1lget roorben. 60 fel)n I unb bop ber 9Jlenfd) ficIJer gebenden
~nbrn bieSJ.Jl6rbcr &u bell Sf6nig~ ~ibftfun~t barff t ba~ ibm bie m3ibtrroartigfeit / (0 er
ibr ~bat felbji au~gtfd)fl)en. ~on~ bcr ein Qu~flebe / nidlf !U einer <5tratf be~ <SanDen
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seflorbfll. Ex Sutio.
17+
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Gt. :;JoboCU5 SPonig, ~eicf)tiger.
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~Qffef un~ ba~ t~igt 2e6en lieben, Ulttl 6tßeN tlip !"cl)nb bit ~ogel, roehte ~~I'i~o entgegen
~igen, ll1ie fall tI:liruna barum annt~men foUen; ffirgen in bem S)immel, uon roeld)en er fagt, 1'00
weil biefieb~Qber bifts febtns fief] (llfCl beij3 bQ' fein,gei& i~, ba \1erfammlen fim bie 21blel', roellte
Tum in!tDb6 ~ @}efa!>r rciff~n, ob fie fd)Qn bem Ne ~DUif<1Je edllang el'rourget: unb ü~erroullben.
~ob niebt entrinnCII fonnen. S. Augufi. ferm. D.Anaft. Si na ita 1.1. Hexam.
64. de Verb Dom.
fieb Der ~briflhd}enm3ei5~eit. löe9 Seiten bat! löo6 meiben.
~"t bie I (0 gei/llid,J ~oUen ",erben ijlil' aUe ~ür~li~e ~inber+
NATUR WISSENSCHAFTEN
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Neue Entwiddungen auf dem Gebiet der An- Die gegenwärtige Situation der Grundlagenfor-
triebsmaschinen schung in der Phy.ik
Prof. Dr.-lng. Friedrich A. F. Schmidt. Aachen Prof. Dr. Siegfried Strllgger. Münster
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Dr.-lng. Rudolf Friedrich. Mülheim (Ruhr) überlegungen zu den Faktoren Raum und Zeit im
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len Verwertung der Gasturbine Nutzanwendung
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HEFT 7
HEFT 2
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Prof. Dr.-lng. Wolfgang Riezler. Bann Steinkohle als Rohstoff und EnergiequeUe
Probleme der Kernphysik
Prof. Dr. Dr. E. h. Karl Ziegler. Mülheim (Rllhr)
Prof. Dr. Fritz Mich ..l. Münster Ober Arbeiten des Max-Planck-Institutes für Koh-
Isotope als Forschungsmittel in der Chemie unu lenforschung
Biochemie
1951, 40 Seiten, 10 Abb., kartoniert, DM 2,40 1953. 66 Seiten, 4 Abb., karton'iert, DM 3.60
HEFT 8
HEFT 3 Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Fucks. Aachen
Prof, Dr, Emil Lehnartz. Münster Die Naturwissenschaft. die Technik und der Mensch
Der Chemismus der Muskelmaschine Prof. Dr. Walther Hoffmann. Münster
Prof. Dr. Gunther Lehmann. Dortmund Wirtschaftliche und soziologische Probleme d ..
Physiologische Forschung als Voraussetzung der technischen Fortschritts
Bestgestaltung der menschlichen Arbeit 1952, 84 Seiten, 12 Abb., kartoniert, DM 4.80
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1951. 60 Seiten. 35 Abb .• kartoniert, DM 3,50 Prof. Dr.-Ing. Franz Bollenrath. Aachen
Zur Entwicklung warmfester Werkstoffe
Prof. Dr. Heinrich Kaiser. Dortmllnd
HEFT 4 Stand spektralanalytischer Prüfverfahren und Fol-
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Aufgaben der Eisenforschung 1952, 100 Seiten, 62 Abb., kartoniert. DM 6.-
Prof. Dr.-lng. Hermann Schenck. Aachen
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Prof. Dr.-lng, Max Haas. Aachen Prof. Dr. Hans BraIIn. Bann
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1952, 60 Seiten, 20 Abb .• kartoniert. DM 3,50 Der Weg der Landwirtschaft von der Energie-
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Prof. Dr. Rolf Danneel. Bonn Prof. Dr.-Ing. HerUiart Opitz. Aachen
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HEFT 12 HEFT 21
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1952. 84 Seiten. 29 Abb., kartoniert, DM 4,80 1954, 76 Seiten, 49 Abb., kartoniert, DM 4,--
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Prof. Dr. Joachim Ritter, Münster
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Prof, Dr. Hermann Conrad, Bann
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1953, 72 Seiten, kartoniert, DM 2,90 Der Weg zum 20. Juli 1944
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Territorium Prof. Dr. Josef Koch, Köln
1953, 80 Seiten, 25 Af.!,., 1:,lrtorzicrt, DM 8,- Die Ars coniecturalis des Nikolaus von euel
1956, 56 Seiten, 2 Abb., kartoniert, DM 2,90
HEFT 6 HEFT 17
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1954, 102 Seiten, 7 Bilder, kartoniert. DM 5.- Prof. D. Karl Heinrich Rengstorf, Münst"
Antike und Christentum
HEFT 7 1953,48 Seiten, 2 Abu .. kartoniert, DM 2,90
Prof. Dr, Walter Holtzmann, Bonn
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Nationen Prof. Dr. Richard Alewyn, Köln
1953, 28 Seiten, k~lrtollitTt, DM 1,30 Klopstocks Publikum
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Prof. Dr. IVerner Caskel, Köln HEFT 19
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limen Bestrebungen und historischen Vereine im HEFT 45
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Prof. Vr. Fritz Schalk, Köln
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schen Sprachen Prof. Vr. Walther Holtzmann, Rom
1955, 48 SeiteIl, 3 Abb., kartoniert, VM 2,5C Das DeutsdlC Historische Institut in Rom
Prof. Vr. Graf Wolff Mettemich, Rom
HEFT 33 Die Bibliotheca Hertziana und der Palazzo Zuccari
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Erbe und Zukunft des Abendlandes
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Prof. Vr. Josef Pieper, Münster
HEFT 34 über den Philosophie-Begriff Platons
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Ruhe und Frömmigkeit Die Mathematik und die physikalische Realität
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HEFT 47 HEfT 53
Prof. Dr. HalTY WeSLt'TmaTllJ~ Münster Prof. D,. Heinrich Vogt, BÜlI1l
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Prof. Dr. Johann Leo Weisgerbcr, Bonn Prof, Dr. Max. Braubach, tJ-,nn
Die Namen der L~bia Der Einrnarsch der deutschen Truppen in die ent-
in Vorbereitung militarisierte ZlJIlC am Rhein im März 1936. Ein
Beitrag: zur Vor~cschichte Jes zweiten Weltkrieges
HEFT 49
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Die Rechtsgestalt der Universität Zivilredlts
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