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FROST, WALTER

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Die Grundlagen des Begriffs der Urteils-

kraft bei Kant.

Inaugiiral -Dissertation
zur

ErlaiKjuiig der Doktorwürde

der

philosophischen Fakultät zu Königsberg i. Pr.

vorgeleo^t und nebst den beigefü.^ten Thesen

Mittwoch, den 15. März 1904. Mittags 12 Uhr

öffentlich verteidiget von

Walter Frost,
Regieningsbaulührer a. D.

Opponenten:
Herr Dr. Walter Rindfleisch, Oberarzt a. d. medizin. Klinik u. Privatdozent.

Herr Walther Jacoby, stud. iur. et cam.

Königsberg i. Pr.
Hnr.h- QuiJ stftiudruckerei vou Otto Kümmel.
li)05.
.iff

Meiner lieben Mutter

in tiefer Dankbarkeit und Verehrung

gewidmet.
I.J. f .. «ig'f li'.'h. £ , ^s»^**i*'^5;j/i .-s^

Einleitung.

Man kann in den Darlegungen der Kantischen


Philosophie eine gemeine Erkenntnislehre von der trans-

cendentalen unterscheiden. Die gemeine Erkenntnislehre


Kants ist seine Vermögenslehre, d. h. seine Lehre von

dem Verhältnis von Sinnlichkeit, Verstand, Urteilskraft

und Vernunft. Die Bedeutung und die Funktion dieser


Vermögen besteht unabhängig von der Frage nach Em-
pirismus und Rationalismns, nach aposteriori und apriori-

Es wird natürlich erscheinen, dass der Begriff der


Urteilskraft zunächst in dem Zusammenhange der ge-

meinen Erkenntnislehre betrachtet werden niuss. Für


Kants Auffassungen hierüber sind, da er die gemeine
Erkenntnislehre nicht im Zusammenhange entwickelt hat,

die verschiedensten Schriften heranzuziehen ; besonders


kommen die Kr. d. r. V., die Anthropologie und die

von Jäsche herausgegebene Logik in Betracht.

Die transcendentale Erkenntnislehre Kants will die

Zusammensetzung des Denkens aus apriorischen und


empirischen Elementen aufklären, und indem sie sich

mit besonderer Vorliebe den apriorischen Elementen zu-

wendet, will sie diese möglichst in einem systematischen


Zusammenhange entwickeln. Dabei tritt dann der Be-
griff einer transcendentalen Arbeitskraft auf, wie im
zweiten Teile dieser Arbeit gezeigt werden soll.
Im Anschluss daran werden die Begriffe der sche-

jnatischeii und der symbolischen Urteilskraft erörtert


werden. Für diese beiden Begriffe kommt hauptsächlich
§ 59 der Kr. d. Urt. in Betracht. Es werden dort in-
tuitive und discursive Erkenntnis einander gegenüber ge-
stellt; die erstere sei entweder scbematisch oder sym-
bolisch.
1. Teil: Die j^emeine rrteilskraft.
In diesen zwei Hauptteilen der vorliegenden Ar-
beit dürften sich daher die allgemeinen Grundlagen § 1: Das Verhältnis zwischen bestimmender und
des
Begriffs der Urteilskraft reflektierender Urteilskraft.
erschöpfen lassen. Die ästhe-
tische und die teleologische Urteilskraft können als ver- Als grundlegende Erklärung und Ableitung des
wickelte Anwendungsformen jener elementaren Funktionen Begriffs der Urteilskraft fällt diejenige aus dem Syllogis-
gelten; sie werden im folgenden nicht zur Erörterung mus in die Augen : Mit dem Verstände denke ich den
gelangen, zumal da die Schwierigkeit jener gi'ossen Dis- Obersatz, mit der Urteilskraft bilde ich den Untersatz,

ciplinen der Philosophie (Aesthetik und Teleologie) eine mit der Vernunft ziehe ich den Schluss. (Kr. d. r. V.,
kurze Behandlung nicht gut zulässt. Indem diese Ar- Transc. Dial. „Vom logischen Gebrauche der Vernunft".
beit ihre Aufmerksamkeit vielmehr allem dem zuwendet, Kehrbach-Ausgabe S. 267—68). Dies ist die zusam-
was Kant ausserhalb der „Kritik der Urteilskraft^ über menhängendste Erklärung, die Kant giebt ; denn alle

diesen Begriff gesagt hat, will sie gleichsam gewisse drei oberen Erkenntnisvermögen werden in ein bestimm-
logische Grundfragen und Voraussetzungen dieses Buches tes Verhältnis zu einander gesetzt. Das ist sehr wert-
im Zusammenhange für sich behandeln.*) voll, denn man kann über die Natur des einen Ver-

Was insbesondere die psychologische mögens sich erst dann vollkommen klar werden, wenn
Vermögens-
lehre Kants angeht, so weist Cohen nachdrücklich darauf man einsieht, was die andern neben ihm bedeuten. Für
hin, dass dies reiche Gebiet Kantischer Gedankenarbeit Kant ist es ausserdem wichtig, dass er seine Vermögens-
bisher noch nicht gehöriger lehre an die formale Logik anknüpfen kann er glaubt
in Weise studiert sei. ;

(Cohen ,.Kants Begründung der Aesthetik'',


sie dadurch mit einer rationalen Zuverlässigkeit begrün-
:
Berlin
1889, S. 173.) det zu haben.

Diese Abteilung scheint mir jedoch nicht unan-


*) Weitere Ausführunoren über diesen (legenstand beab-
fechtbar zu sein. Da aber die Ansichten über die Na-
sichtige ich an anderem Orte zu geben.
tur des Syllogismus und das Verhältnis seiner Sätze all-
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ziisehr auseinandergehen, ist es wohl besser, die Krage Hiermit wären die beiden Species der reflektierenden

nach der Kicbtigkeit dieser Ableitung auf sich beruhen und der bestimmenden Urteilskraft bezeichnet. (Vgl. u.

zu lassen. Suchen wir statt dessen lieber zunächst ein- a. I^ogik § 81.)

mal den Begriff der Urteilskraft für sieb zu gewinnen ! Die Einheit zwischen bestimmender und reflektie-

Die Beispiele, Erläuterungen und Anwendungen, die render Uiteilskraft liegt nicht im Wesen der geistigen
Kant für diesen Begriff uns vorführt, geben dnzu hin- Vorgänge, sondern nur darin, dass beide ihr Resultat in

reicbendes Material. der gleichen Form aussprechen, nämlich in der eines

Die Urteilskraft betätigt sich in der für sie eigen- analytischen Urteils. So muss es wenigstens vorläufig

tümlichsten Weise, wenn es sich um die Beurteilung scheinen. Wollte man dem wirkhchen geistigen Vor-

eines bestimmten, einzelnen Gegenstandes bandelt. Der gange in der Sprache mehr Rechnung tragen, so müsste

Mensch durchdenkt diesen Gegenstand, gemäss der man etwa das eine Mal sagen : ,,Zu den crystallinischen

Frage „Worauf kommts an?^ Dies sei die typiscbe Körpern gehört auch der Zucker". Und das andere

Frage der Urteilskraft, sagt Kant in seiner Anthropo- Mal : ,,Unter den Merkmalen des Zuckers kann es für

logie § 57. Im einfachsten und allgemeinsten Falle nun mich wesentlich werden, dass er ein crystallinischer Kör-

wird dieser Vorgang des Durcbdenkens damit enden, per ist*^ Nun sagt man aber : Der Zucker ist ein

dass man irgend ein Merkmal des betrachteten Gegen- crystallinischer Körper, und damit ist der Erkenntnis-

standes herauszuheben sieb veranlasst sieht. Die Form, vorgang verschleiert und eine blosse Form des Aus-

in der dies geschieht, wird ein analytisches Urteil sein. drucks steht uns vor Augen, die der herkömmlichen

Also könnten wir sagen : Die Urteilskraft sei das Ver- formalen Logik genug zu sagen scheint.

mögen der analytischen Urteile. Diese blosse Form schwebt Kant bisweilen so leb-
Gehen wir von diesem Satze aus, so ergiebt sich haft vor Augen, dass es ihm ganz gleichgültig zu sein

sogleich eine Erweiterung für die Betätigungen der Ur- scheint, ob ihr Inhalt auf diese oder jene Art entstan-
teilskraft. den gedacht wx'rden kann, ja sogar gedacht werden muss.
Ein analytisches Urteil enthält einen besonderen Ein Beispiel dafür ist folgende Unebenheit der Aus-
und einen allgemeinen Begriff. Die Verknüpfung beider drucksweise aus der Deduktion der Geschmacksurteile

kann aus zwei ganz ungleichartigen geistigen Prozessen (sj 38 Anm. Kehrbach- Ausg. S. 153): Das Geschmacks-
hervorgehen : entweder nämlich ist der besondere Be- urteil behauptet, dass wir berechtigt sind, dieselben sub-

griff zuerst gegeben und man hebt aus ihm den allge- jektiven Bedingungen der Urteilskraft allgemein bei

meineren heraus, oder der allgemeinere Begriff ist zu- jedem Menschen vorauszusetzen, die wir in uns antreffen,

erst gegeben und man ergänzt ihn durch einige Zusätze. und „dass wir unter diese Bedingungen das gegebene
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Objekt richtig subsumiert haben.'' Der Ausdruck sub- den könnte. Ein verhältnismässig reiner Fall des Re-
sumieren muss auffallen. Das G^schmacksurteil ist doch flektierens liegt vor, wenn ein Liiine die Fülle der
ein Reflexionsurteil. Es hätte heissen müssen : dass eine Pflanzenwelt in Ordnungen bringt, ohne an schon vor-
richtig eingeleitete geistige Bewegung von dem gegebe- handenen Oberbegriffen einen Anhalt zu haben. Und
nen Objekte bis zu den allgemeinen subjektiven Bedin- doch ist anch diese Arbeit mit fortwährenden Controll-
gungen der Urteilskraft fubren musste etc. Man siebt, gedanken subsumierender Art durchsetzt.
dass die Ausdrücke subsumieren und reflektieren nach Dies häufige Durcheinander der bestimmenden und
Belieben gebraucht werden, sobald Kant nur die fertige der reflektierenden Funktion lässt es verständlich er-

indiff'erente Form des Urteils vor Augen hat. scheinen, dass die anthropologischen Beispiele Kants von
Der tiefere Grund dafür, dass subsumierende jeher beide Funktionen voraussetzen, während seine
und reflektierende Urteilskraft als zwei nahe verwandte logische Begründung anfänglich nur der bestimmenden
Arten eines und desselben Vermögens betrachtet werden Urteilskraft gerecht wurde. Es war also keine Künstelei,
dürfen, liegt nun aber nicht in der gemeinsamen logischen wenn Kant später den Begiifl' der reflektierenden Ur-
Form ihrer Resultate, sondern in folgendem: re- teilskraft erfand, etwa nur, wie man gemeint hat, um
flektieren und subsumieren sind in concreto ein fort- die ästhetische und die teleologische Urteilskraft künst-

währendes Hin - und - Her in unsern geistigen Bewegun- lich zusammenzukoppeln ; sondern die Species der re-

gen ;
dies Hin - und - Her erst macht einen einheitlichen llektierenden Urteilskraft lag von Anbeginn in dem an-
Prozess aus, der zu einem abgerundeten Resultate führt, thropologischen Begriff der Urteilskraft enthalten.
das nun bald mehr vom Charakter des Reflektierens und Wenn man den Begriff' der Urteilskraft kdiglich
l)ald mehr vom Charakter des Subsumierens zu haben aus den Beispielen Kants in der Anthropologie zu ent-
scheint. Reflektieren und Subsumieren sind abstrakte er- wickeln hätte, so würde man auf den Unterschied seiner
kenntnistheoretische Begriffe, die in concreto nur sehr beiden Unterarten vielleicht garnicht geraten sein. Man
selten, vielleicht niemals, in voller Reinheit erkennbar würde dünn vielleicht sagen : Die Urteilskraft vermittelt
werden. Ein verhältnismässig reiner Fall des Subsumie- zwischen Anschauung und Begriff; oder auch: zwischen
rens liegt vor, wenn man sich für den 8atz eines Philo- der Erkenntnis in concreto und in abstracto; oder auch :

sophen oder für einen schwierigen sittlichen Begriff ein zwischen dem Besonderen und dem Allgemeinen. So
Beispiel ausdenkt. Und doch reflektiert man auch da,
drückt sich ja auch Kant in der Kritik der Urteilskraft
wenigstens zur Nachprobe, indem man zusieht, ob das in
aus. — Wie die Urteilskraft das Vermitteln macht, ist

Aussicht genommene Beispiel nicht auch für entgegen- für die Psychologie bisher ein Geheimnis. Es ist, als

gesetzte Sätze und Begriffe in Anspruch genommen wer- ob zwei einander gegenüberstehende Lager von psychi-
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sehen Gebilden durch Hinlenkung der Aut'merksanikeit

in Spannuuf^ und Bewegung versetzt würden, so dass

bald dieses bald jenes flüchtige Einzelbild bier und da


einmal deutlich wird, bis schliesslicb, wie durch eine

innere Verwandtschaft angezogen das Zusaiumengebörige

sich mehr und mehr nähert und sich wie in einem


chemischen Vorgange plötzlich verbindet. Das Resultat den analytischen
?; 2 : Das Princip der Urteilskraft in
befreit und überrascht uns manchmal.
Reflexionsurteiien.
Wie sehr sich aber auch die psychologische Seite
Man kann bereits von dem Bisherigen aus zu
einer zuverlässigen Bestimmung entziehen mag, das
dem Begriife eines Piinzips der Urteilskraft gelangen.
braucht die Logik nicht zu kümmern. Sie erkennt in
Solange man bei einer äusserlich-foi malen Logik stehen
den gelieferten Resultaten im Grossen und Ganzen ge-
bleibt, mag es erlaubt sein, sich das Wesen des analy-
wisse cbarakteristiscbe Richtungen der Gedankenbildung
:)ischen Urteils so zu denken, als ob es gleichgültig sei,
und hiernach bildet sie sich die BegriÜe logischer Be-
welches Merkmal man aus dem Subjektsbegntf heraus-
w^egungen des Denkens. Solche Begriffe sind nun die
hebt und als Prädikat im Satze aussagt. Wenn es
des Bestimmens und Retlektierens.
aber daneben noch eine Erkenntnislehre geben darf,
Der wichtigere von diesen beiden Unterbegrilfen
die sich nicht mit formalen Möglichkeiten begnügt,
ist sicherlich der des Retlektierens. Das Retlektieren
sondern zusieht, was das Denken wirklich tut und tun
macht recht eigentlich die Seele der Urteilskraft aus.
muss, um zu seinen Zielen zu gelangen, so muss es sich
wäbrend das Bestimmen eine ziemlich tote Abstraktion
zeigen, dass analytische Urteile nur daim gebildet werden,
bleibt. Wenn Kaut das Wesen der Urteilskraft durch
wenn es einen besonderen Sinn hat, ein einzelnes Merk-
die Frage charakterisie-rt : ,, Worauf kommts an?", so ist
mal zu bevorzugen. Wird nur ein ganz beliebiges Merk-
damit augenscheinlich ihr reflektierender Charakter be-
mal aus einem Begriffe herausgenommenen und zum
vorzugt. (Anthropologie § 57). Auch in dem so vor-
Prädikat gemacht, so kann Von reflektierend« r Urteils-
züglichen Ausdruck ,,Beurteilung'' liegt dies.
kraft überhaupt nicht mebr*die Rede sein; denn es be-

darf dabei keines Reflektierens.

Der besondere Sinn der Auswahl wird zwar oft

nur durch den äusserUchen Fortgang einer Lehr-

darstellung gegeben sein. Es ist dann eine didaktische,


eine technische Rücksicht bestimmend. Sehen wir aber
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hieiTon ab und deukeii wir uns das analytische Urteil weitesten Sinn des Wortes Beurteilung fügt sich auch
lediglich in seiner Rolle und Bedeutung für unsere Ge- die ästhetische und die teleologische Beurteilung ein.
dankenbildung in uns selbst, so könnten wir sagen: es Einstweilen dürfen wir es aber als die Hauptsache und
muss entweder eine praktische oder eine Erkenntnisrück-
die (irundlage aller Beurteilung ansehen, das eine
sichtvorhanden sein, die uns das betreffende Merkmal
Eigenschaft eines Dinges hervorgehoben wird.
bedeutsam erscheinen lässt. Wenden wir uns daher
Welches sind nun diejenigen intellektuellen In-
einmal dieser Erkenntnisrücksicht zu!
teressen, welche die Wichtigkeit eines Merkmals begründen,
Obgleich man alle Merkmale, die einen Begrifi'
wenn es nicht die Gewinnung eines überbegrifi'es
konstituieren, als wesentliche beseichnet, so lassen sich doch
allein ist?
noch unter ihnen besonders wichtige herausfinden. Nicht
unser Interesse, sondern die Natur selbst vermag uns
Das Vermögen, das allem theoretischen Denken
einzelne als besonders wichtig zu bezeichnen: es sind
die Richtung giebt, heiss bei Kant die theoretische

das diejenigen, die bei einer Vernunft; das Vermögen, das allem praktischen Denken
allgemeinen Klassifikation
der Natur die Oberbegritl'e bihien müssten. die Richtung giebt, lieisst die praktische Vernunft.
Das Klassi-
fizieren ist nur zum Teil unserer Willkür überlassen; im Kant glaubte wohl, dass alle spezielleren [nteressen-

Tierreich, in der Sternenwelt, kreise zuletzt in diese beiden grossen Systeme ein-
in der Chemie geben wir
immer sorgsam darauf acht, ob die Natur auch die von münden müssten. Man kann es nun als wahrscheinlich
uns antizipierten Klassifikationen bestätigt. M:»n kann
bezeichnen, dass Kant ein gemeines Vermögen der
also sagen, es sei das Princip der analytischen Vernunft neben der reinen, transcendentalen apiiorischon
ReHexions-
urteilen im Dienste der Naturerkenutuis: würde anerkannt haben. Die letztere wäre gleichsam
den natur-
gemässen be r b eg r i f f z u finden. die prinzipielle Zusammenfassung der gemeinen V^er-

Beurteilung ist eigentlich jeder uuuft. Die gemeine Vernunft aber wäre das Vermögen
Gedanke, der
sich mit intellektueller Natürlichkeit
überhaupt, sich Principien im Denken zu setzen, das
an die Wahr-
nehmung eines Gegenstandes Vermögen aller einzelneu theoretischen Denkinteressen
auschliesst. Man „be-
urteilt'* einen Magneten danach, Kant spricht ja doch auch im psychologischen Sinne
welches Eisenge wicht
er wohl tragen könnte; ein
von Vernunft, d. h. im Sinne einer Eigenschaft, die
historisches Ereignis be-
urteilt man vielleicht nach seinen
man mehr oder weniger besitzen kann „Der General
soziologischen Be-
dingungen. Es liegt auf der Hand, muss Vernunft besitzen". (Anthropologie § 40). Schliess-
dass sich die Be-
urteilung bei einem lich kommt es auf den Namen ja nicht an; auf jeden
und demselben Gegenstände in den
verschiedensten Richtungen bewegen kann. In diesen
Fall sind wir genötigt, dem Einheitsstreben der reinen
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Vernunft psychologisch uutergeonlnete Hülfsinittel vor-

angehen zu lassen.

In diesem niederen 8inne wären wohl als Ver;

nunft vorzugsweise die Brennpunkte der Interesssen

ganzer Wissenschaften und üherhaupt das Strehen nach


Systematik im Denken zu hezeichnen. Indem nun die
§ 3. Das Princip der Urteilskraft in den Induktions-
Urteilskraft an Begriffen und Gegenständen diejenigen
urteilen.
Merkmale hervorheht, »iie für die einzelwissonschattlichen
Was bat die retiektierende Urteilskraft mit der
Systemen wichtig sind, arbeitet sie dem Systeme der
Induktion und mit der Analogie zu tun ? Kant bezeich-
Natui und den Einiieiten der reinen Vernunft vor.
net diese in der Logik als Scblussarten der reflektieren-
Das Princip der Urteilskraft wird sich vielleicht als ein
den Urteilskraft (Logik § 84). Es lässt sieb zeigen, dass
Teil dieses Vermögens der Orientierung, der gemeinen
das Princip der Urteilskraft das Bindemittel
Vernunft, hetiacbten lassen.
für den fraglichen Zusammenhang ist.

Etwas anderes i.^t die Bildung einer Synthese, etwas

anderes der Scbluss auf ibren Geltungsumfang. Letzterer,

der aus einzelnen Wahrnehmungen auf andere, noch un-

hekannte Fälle schliesst, heisst ein Scbluss der Urteils-

kraft, weil er ein Princip der Urteilskraft zu Grunde

legt. Dieser Schluss ist aber ein ausserordentlich wich-


tiges Moment des Induktionsurteils ; er drückt dem Ur-
teil, das bis dabin nur Phantasiespiel war, den logischen

Stempel auf.

Das Induktionsurteil verbindet mehrere Merkmale;


meist schliesst es sieb an einen Hauptbegriff (Subjekt)

an, dem es ein neues Merkmal hinzufügt. Als Beispiel

diene ein Satz aus einem gerade streitigen Gebiete, näm-

lich der Verbrecherlehre: ,,Der typiscbe Verbrecher hat

eine herabgesetzte Empfindlichkeit aller Sinnesorgane.'*

Man hat diese Erscheinung öfter beobachtet. Ob sie

aber zu einem Induktionsurteil berechtigt ? Das hängt


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lange nicht so sehr davon ab, ob die Regel Ausnahmen elektrischen Leitungsschnüre als „Pferdeleinen" und die
hat, als vielmehr davon, ob man 'glaubt, diese Merkmals- Fledermäuse als „lederne Schwalben". Welche Wissen-
synthese sei eine naturgemässe. Glaubt man, dass sie schaft könnte wohl dabei herauskommen? — In diesem
einen innern Grund habe, so wird derselbe auch für die-
Sinne schildert Kant den Witz, als der Urteilskraft ent-
jenigen Fälle wirksam sein, die wir noch nicht kennen. gegengesetzt (Anthropologie § 53): „Es ist angenehm,
— Das luduktioiisurteil, dass das Hellsehen bei Menschen beliebt und aufmunternd, Aehnlichkeiten unter ungleich-
möghch sei, wird uns durch eine Anzahl von Beispielen
artigen Dingen aufzufinden . . ., was der Witz tut .
."
nahe gelegt, und dennoch behaupten wir immer wieder,
„Des vergleichenden Witzes Tun und Lassen ist mehr
jeder dem äussern Tatbestande nach unbestreitbare Fall Spiel; das der Urteilskraft aber mehr Geschäft". „Witz
sei Zufall, weil wir es mit unserer Natur principiell für hascht nach Einfällen: Urteilskraft nach Einsichten".
unvereinbar halten. Wir bilden also das uns zugemutete
Erst das Princip der Urteilskraft macht die Er-
Induktionsurteil nicht.
fahrung zu einer solchen, die diesen Namen verdient,
Kants Theorie der Induktion gipfelt darin, dass zu einer Erfahrung im logischen Sinne.
zwischen die blose Synthese von Merkmalen, die sich
in einzelnen Beobachtungen ergab, und die allgemeine Wenn das Induktionsurteil seine endgültige Prägung
Regel, die daraus erschlossen wird, ein Princip, gleich- durch die Urteilskraft erhält, so bleibt wohl die Frage
sam als Prämisse, tritt, und dieses lautet (Logik § 83): übrig, welche Erkenntniskraft es in seinem ungeprägten
„dass Vieles nicht ohne ein gemeinschaftlichen Grund Zustande bildete.
in einem zusammenstimmen, sondern dass das, was Nun werden die Materialien zu einem Induktions-
Vielem aut diese Art zukommt, aus einem gemeinschaft-
uiteil der Urteilskraft entweder vom Verstände oder
lichen Grunde notwendig sein werde'*. Nur wo dieses von der Einbildungskraft geliefert. Kant dürfte meist
Princip anwendbar ist, da kommt ein logisch vollwertiges nur den ersteren Fall vor Augen gehabt haben. Den-
Induktionsurteil zustande.
jenigen Teil der intellektuellen Vorgänge, der sich im
Freie Synthesen, d. h. Begriffe ohne Bestätigung Gebiete der Sinneswahrnehmungen abspielt, hat Kant
der Urteilskraft, wären das, was Kant vielleicht „reine verhältnismässig wenig berücksichtigt, und das mag mit
Erfahrung^' genannt haben würde, wenn ihm dieses seiner Zurückhaltung gegen die psychologische Methode
Wort von einer sensualistischen Opposition her bekannt zusammenhängen. Daraus folgt für unser Problem, dass
geworden wäre. Was eine Erfahrung ohne Urteilskraft auch die ersten Anfänge und Stoffsammlungen der
wäre, kann mau an manchen Induktionen der Kinder Induktionsbildung in der Kantischen Erkenntnislehre
sehen. Manches Kind bezeichnet die roten und grünen keine hinreichende Erörterung finden. Denn sicherlich
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sind hierfür die sinnlichen Gemeinvorstellungen die Haupt-

sache. Zwar giebt es auch efn Induktionsiirteil, das


sich an logisch präcis gegebene Begriffe und deren
Merkmale als an sein Material hält. Aber diese Art
der Induktionshildung hat nur einen geringen Umfang
und ist wenig fruchtbar. § 4. Das Verhältnis der synthetischen induktionsurteile

E^iir Kant also führt der Verstand der Urteilskraft zu den analytischen Reflexionsurteilen.

die Materialien zur Tnduktionshilduiig zu. Er fiiulet die Das Princip. das in den tnduktions- und Analogie-

erforderlichen Begriffe und Merkmale in seinen früher Urteilen lebt, ist das gleiche, wie jenes, das wir in den

gesammelten Schätzen vor; er braucht sich ihrer nur zu analytischen Urteilen der reflektierenden Urteilskraft

erinnern. Die hierauf beruhende Induktion bringt dann fanden.

freilich nicht mehr zu Wege, als unter alten Erfahrungen Je mehr man aber der inneren Verwandtschaft
neue Beziehungen herzustellen. beider Urteilsarten nachspürt, um so mehr wird auch

Der Synthesen liefernde Verstand ist kein aktives die Gegenfrage sich geltend machen : wodurch unter-

Vermögen. Er trägt nur alte Regeln aus dem Ge- scheiden sie sich denn? — Der Spruch der Urteilskraft
dächtnisse zusammen ; er bildet sie nicht. Der Vertand hat im analytischen Urteil mehr Zuversichtlichkeit. Im
heisst bei Kant das ,, Vermögen der Regeln". Vermögen Indukrionsurteil erwartet man, dass die Sache einen ge-

aber ist bei Kant ott nur ein Sammelname für gewisse, meinsamen Grund haben w^erde; im analytischen Urteil
selbst untätige Inhalte, Auch das Zusammentragen der glaubt man schon die systematische Hauptsache gefun-

Regeln ist nicht als eine bewusste Aktivität aufzufassen, den zu haben. Das ist letzthin der Unterschied.

sondern als ein zutälliges Einfallen. Können doch Diejenigen Induktionsurteile, die sich an einen

solche Einfälle, ehe die Urteilskraft über sie entschieden Hauptl)egrifT von bereits feststehendem Umfange anlehnen
hat, ebensowohl dem Witze als der Erkenntnis dienen! und sich damit begnügen, eine neue Einzelheit bekannt

Allenfalls können die Einfälle durch das Interesse, das zu geben, können als Vorbereitungen zu einem tieferen

von der Vernunft herkommt, auf ein bestimmtes Gebiet Verständnis des HauptbegrifiFs angesehen werden. Das
hingelenkt werden. Verständnis einer Sache wird um so tiefer, je systemati-

scher es wird. Das ist zum wenigsten Katits Meinung.

Das System ist der Zweck, die Induktion ist ein vor-

läufiges Mittel. Man hat gesagt, dass unser Erkenntnis-


bestand zu der geschichtlichen Veränderung neige, aus
22

synthetischen Urteilen in analytische sich umzuwandeln.


Was früher eine neue Induktion war, schmilzt in Be-
gritFe zusammen, die im Tone der Selbstverständlichkeit
als Subjektsbegriffe gebraucht werden.
Hiernach wäre es zu verstehen, wenn Einige den
Unterschied zwischen analytischen und synthetischen Ur-
§ 5 Verstand, Vernunft und Urteilskraft.
teilen nicht als einen principiellen gelten lassen wollen.
Kant sagt (Anthropologie i^ ^0): „Ein richtiger
Man kann ihn wohl dennoch aufrecht erhalten, indem
Verstand, geübte Urteilskraft und gründliche Vernunft
man sagt: es sind nur zwei verschiedene Richtungen,
machen den ganzen Umfang des intellektuellen Erkenntnis-
nach denen hin einundderselbe geistige Akt ausgestaltet
vermögens aus ." ..Der unter gemessenen Befehlen
— . .

werden kann. Alle diese Untersuchungen beziehen


stehende Haus- oder Staatsdiener braucht nur Verstand
sich natürlich nur auf das empirische Denken.
zu haben ; der Offizier, dem für das ihm aufgetragene

Geschäft nur die allgemeine Regel vorgeschrieben und


nun überlassen wird, was in vorkommendem Falle zu tun

sei, selbst zu bestimmen, bedarf Urteilskraft; der General,


der die möglichen Fälle beurteilen und für sie sich selbst

die Regel ausdenken soll, muss Vernunft besitzen." —


Natürlich brauchen Haus- und Staatsdiener, Offizier und

General, sämtlich, alle drei oberen Erkenntnisvermögen,

nur wird das eine oder das andere relativ mehr bean-
sprucht. Der Hausdiener muss eine Menge Regeln im
Kopfe haben ; er muss z. B. wissen, welche Bestandteile

eine gute Suppe abgeben. Was Kant hier mit dem


logischen Terminus ,, Verstand*' bezeichnet, könnten wir
einfach Kenntnisse nennen ; es ist ein unproduktives Ver-

mögen, ein blosser Sammelbegriff. — Anders der Offizier,

wie Kant ihn sich denkt. Für diesen gibt es zwar auch
eine Reihe von Vorschriften darüber, was er bei dieser

und bei jener Lage der Dinge zu tun habe, aber es ist

für ihn oft viel schwerer zu entscheiden, wohin ein Fall


24 25

gehöre, weil die Mannigfaltigkeit zufalliger Kombinationen


Unter den drei Vermögen wird die Urteilskraft am
im Kriege keine scharf begrenzende Einteilung zulässt. meisten der psychologischen Seite des Denkens gerecht.
— In der Denkarbeit des Generals kann man vorzugs- Die Urteilskraft schafft die concreten Akte des Denkens.
weise eine Betätigung der Vernunft erblicken, weil sie Man kann sich diese als eine Reihe von abstrakten
gewissermassen die Idee erzeugt, nach der das ganze Punkten denken, um die herum sich die psychologische
Heer sich bewegt und nach der alle kleineren PlMne und Beschreibung der Denkvorgänge zu schlingen hätte. Diese
Beurteilungen sich orientieren.
einzelnen Punkte machen uns unser eigenes Denken über-
Der Verstand muss also den Stoff geben und die
sichtlich; sie gestatten uns, es in Etappen zu zerlegen.
Vernunft die Absicht. Die Urteilskraft vermittelt unter Unsere Gedankenbildung kann sich entweder ver-

beiden, indem sie unter dem Stolle das auswählt,


hältnismässig nahe an der oberen Grenze bewegen, in
was
gelten soll. Kant hat dies nicht der Region der letzten Fragen, der Systeme und der
als seine Meinung
deutlich ausgesprochen; aber wenn man Vernunft; oder sie kann sich verhältnismässig nahe an
seine Aeusse-
rungen in der hier vorgeschlagenen Weise ergänzt, der untern Grenze halten: exakte Beschreibung, Empirie;
so
lassen sie sich besser verstehen und man kann oder endlich sie kann in ziemlich grossem Sprunge eine
vielleicht
sogar auf diese Art sich eine weit nach oben liegende Denkabsicht mit einer weit
tiefere Ueberzeugung von
ihrer sachlichen Berechtigung verschaffen. nach unten liegenden gegebenen Tatsache in Verbindung
setzen. Man wird im ersten Falle sagen : die Vernunft
Jeder Gedanke, den wir aussprechen, weist über sei im Spiele; im zweiten Falle: der Urteilende sei ein
sich hinaus. Er sieht es gleichsam auf em System der Verstandesmensch; im dritten Falle: er zeige durch-
Wahrheit ab, von dem er ein kleiner Teil oder eine Vor-
dringende Urteilskraft. Man verfährt mit dieser Psycho-
bereitung sein möchte. Andrerseits setzt jeder Gedanke,
logisierung der oben abstrakter gedachten Erkenntnis-
den wir aussprechen, ein gegebenes und allgemein be-
vermögen eigentlich ungenau. So aber ist das Beispiel
kanntes Erfahrungsmaterial von beschränktem Umkreise
von Beamten, Offizier und (yeneral zu verstehen. Genau
voraus. Sonst würde uns unser Zuhörer nicht verstehen.
genommen, brauchen alle diese Menschen alle drei Er-
Auf solche Weise sind Vernunft und Verstand an jedem
kenntnisvermögen; ja, sie brauchen sie sogar jedesmal,
Gedanken beteiligt. Aber wie kommt es, dass wir ge-
wenn sie überhaupt irgend etwas denken.
rade diesen Gedanken gerade
in dieser Form zwischen —
Hierdurch dürfte die Schwierigkeit gelöst sein
Erfahrungsmaterial und systematischem Endziel heraus-
wenigstens für den Bereich der gemeinen Erkennlnis-
gearbeitet haben? Das ist das Werk der Urteilskraft.
Sie vermittelt.
lehre — , wie sich eigentlich Urteilskraft und Verstand
von einander unterscheiden, da doch von Kant gelegent-
r-7«^r:'--ST', --

26

lieh alle beide ganz allgemein als das Vermögen der


Urteile bezeichnet werden. (Kr..d. r. V., Transc. Ana-
lytik „Von dem logischen Verstandesgebrauche über-
haupt", Kehrbach-Ausg. S. 88 — und „Analytik der
Grundsätze-, Kehrbach S. 138.) Man kann nämlich
sagen: Die Urteilskraft bildet die Urteile; man be-
zeichnet durch sie das geistige Geschehen,
Erzeugen; II. Teil: Die traiiseeiideiitale,
durch den Verstand dagegen bezeichnet man
den geistigen die seheinatisehe und die symbolisehe
Bestand; er enthält die Kegeln.
Irteilsliraft.

§ 6: Die transcendentale Urteilskraft.

Kant setzt die apriorischen V^ermögen zu den ge-


meinen Erkenntnisvermögen in Parallele. Es soll da-
durch alles gewonnene Apriori in seiner Mannigfaltigkeit
übersichtlich gemacht werden. Man hat diese Eigen-
tümlichkeit des Kantischen Apriorismus als Psychologie
des Apriori bezeichnet. Es stehen auf Seiten der ge-
meinen Erkenntnislehre nebeneinander: Sinnlichkeit

und Verstand, und der Verstand zerfällt wiederum in

Verstand im engeren Sinne, Urteilskraft und Vernunft.


Dem entsprechen: die reinen Anschauungsformen Raum
und Zeit, der transcendentale Verstand, die transcenden-

tale Urteilskraft und transcendentale Vernunft.


Entsprächen sich diese Dinge vollständig, so müsste
die transcendentale Urteilskraft den apriorischen Be-
standteil der gemeinen umfassen. Man müsste erwarten,
dass sie gleich dem Principe der Urteilskraft zu setzen

sei. Aber zur Zeit der Vernunftkritik kannte Kant


noch kein Prinzip der Urteilskraft. Was könnte die
transcendentale Urteilskraft aber sonst sein?
I

28
29

lu der gemeinen Erkenntnislehre war der Ver-


treter der sinnlichen, empirischen Erfahrung sind, diese
stand ein Sammelname für lo^sche IiihaUe (Begriffe
auf eine metapsysisch höhere Stufe gehoben ; sie erfährt
oder Regeln); die Vernunft war ein Sammelname für
durch den transcendentalen Zusammenhang eine höhere
logische Interessen (Systeme, Ziele); die Crteilskraft
Rechtfertigung.
war ein Sammelname für logische Handlungen, denen
Trotz dieses historischen speculativen Interesses,
psychologische Vorgänge entsprechen nmssten. Kann das der Begriff' der transcendentalen Urteilskraft hat,
es nun im Apriorischen, wenn man es sich an allem
gerät man auf gewisse Bedenken, wenn man ihre Funk-
Empirischen losgelöst denkt, irgend welche Handlungen tion mit der der gemeinen Urteilskraft vergleicht. Denn
geben? Wohl kaum. Seihst wenn man von einer
das Vermitteln der transcendentalen Urteil>kraft ist nicht
Spontaneität des Denkens und der apiorischen Formen
ein lebendiges Geschehen, sondern es bedeutet die trans-
redet, so heisst dies nicht, einen willkürlichen Anfang
cendentale Urteilskraft nur den Gedanken eines be-
mit einer Denkhandlung machen, sondern es heisst: in
ständigen Verknüpftseins von Erkenntniselementen, deren
dieser, von den gemeinen Erkenntniskräften begonnenen
Gegensatz allererst durch abstrakte Erwägungen gefun-
Denkhandlung von vornherein eine bestimmte spontane
den werden konnte.
Voraussetzung machen. Dies Voraussetzen ist wiederum
Um diese Verhältnisse der apirorischen Vermögens-
kein eigner geistiger Akt, sondern es ist etwas, was
lehre Kants noch etwas genauer darzulegen, ist noch
sich erst in den Resultaten des empirischen Denkens als
folgendes zu sagen. Wenn der gemeine Verstand das
enthalten offenbart.
Vermögen der Regeln genannt wird, so sollte man
Die transcendentale Urteilskraft soll, ebenso wie
meinen, dass der transcendentale Verstand das
die gemeine, ein vermittelndes Vermögen sein. Kants
Vermögen der apriorischen Regeln, d. h. der
Erklärung lautet nun so: sie vermittele zwischen den
reinen Grundsätze, sein werde. In der Tat findet
reinen Verstandesbegriften und den reinen Anschauungs-
sich diese Auffassung bei Kant. Aber daiieben wird
formen und erzeuge dadurch die reinen Grundsätze.
noch ein speciellerer Sinn mit dem Begriff des trans-
Man kann in dieser Spekulation Kants eine histo-
cendentalen Verstandes verbunden : Im engsten Sinne
risch bedeutsame Tat erblicken. Denn man kann sa^^en,
ist es bloss das Vermögen der apriorischen Begriffe
dass sich in diesem Begriff der transcendentalen Urteils-
(Kategorien), die apriorischen Urteile dagegen blei-
kraft der Gedanke concentriere, dass das begriffliche
ben der Mitwirkung der Urteilskraft vorbehalten.
Denken nicht ohne Mitwirkung der Anschauung von
Die apriorischen Begriffe werden durch diese Spal-
statten gehen könne und dürfe. Auch wird, insofern
tung etwas äusserst Abstraktes, das für sich allein im
die Anschauungsformen gleichsam die apriorischen Ver-
Verlauf der Deukvorgänge wohl niemals vorkommen
30 31

könnte. Daher nennt sie auch Cohen blosse Bausteine Anschauungsformen zu besorgen hätte: Die transcenden-
des Apriori, nicht das eigentliche Apiiori selbst. (Kants tale Urteilskraft. — Raum und Zeit nennt Kant die
Begründung der Aesthetik^'. S. 106.) Schemata für die reinen Verstandsbegriffe, und die so-

Somit ist die Vermittlerrolle, die die Urteilskraft eben gekennzeichnete Aufgabe der transcendentalen Ur-
hier spielen soll, eine gänzlich andere, als wir sie an teilskraft nennt er den transcendentalen Schematismus. —
der gemeinen Urteilskraft kennen gelernt haben. Dort Es Hesse sich gegen diesen Gedankengang wohl ein-

hatte die Vermittelung Schwierigkeiten und brachte Be- wenden, dass die Irrtümer früherer Metaphysiken auch
wegung in das Denken; hier ist sie zu einem blossen auf anderem Wege entstanden sein könnten.
Gedanken der Vermittelung herabgesunken — zwischen Dass die soeben gegebene Darstellung richtig ist,

Teilen, die von vornherein immer nur verbunden auf- zeigen folgende Kantstellen:

treten. (Kr. d. r. V. „Der transc. Analytik zweites Buch,


Als Motive für die Einführung des Begriffs der — „Einleitung. Von der transcendentalen Urteilskraft
transcendentalen Urteilskraft, kommen, wie schon ange- überhaupt*' 2. Absatz; Kehrbach-Ausg. S. 141) Philo-
deutet, hauptsächlich zwei in Betracht : die Parallelisierung sophie sei nötig als Kritik, „um die Fehltritte der Ur-
von transcendentaler und gemeiner Erkenntnislehre und teilskraft (lapsus indici) im Gebrauch der wenigen reinen
die Kritik aller rein-begriftlichen Metaphysik. Es musste Verstandesbegriffe, die wir haben, zu verhüten".
be,viesen werden, dass die Kategorien lediglich in Ver- (Ebendaselbst 4- Absatz:) „Die transcendentale
bindung mit den reinen Anschauungsformen gebraucht Doktrin der Urteilskraft wird nun zwei Hauptstücke
werden dürften. Dazu musste aber doch wenigstens die enthalten: Das erste, welches von der sinnlichen Be-
Möghchkeit in abstracto ins Auge gefasst werden, dass dingung handelt, unter welcher reine Verstandesbegriffe
die Kategonen sich auch mit etwas anderem als mit allein gebraucht werden können, d. i. von dem Schema-
Eaum und Zeit verbinden könnten, oder gar, dass sie tismus des reinen Verstandes; das zweite aber von denen
unverbunden für sich allein, auftreten könnten. Es bleibt synthetischen Urteilen, welche aus reinen Verstandes-
»
aber diese Gedankenfolge bei Kant nicht bloss eine ab- begriffen a priori herfliessen . . d. i. von den Grund-
strakte Erwägung, sondern er glaubt, dass tatsächlich sätzen des reinen Verstandes."
die irrigen Versuche der früheren Metaphysik darin ihren
Grund hätten, dass man diese Beschränkung im Ge-
brauche der Kategorien nicht beachtet hätte. Welches
Vermögen trägt demnach die Schuld ? Offenbar ein Ver-
mögen, das die Vermittelung der Kategorien mit den
HS

von einem Princip reden können, das über den Wert


ihrer Ergebnisse entscheidet, oder wenigstens würde
man diesem Principe keine so bestimmte logische Form
geben können, wie lür das begriffliche Denken. Es
scheint vielmehr, dass, wenn sich im Gebiete der Sinnlich-
\ keit auch alles wiederholen sollte, was im Gebiete der

§ 7: Die schematische und die symbolische Urteilskraft.


Begriffe geschieht, dies doch in einer lockeren, unbe-

Denkt man sich die Verknüpfung des


stimmten, minderwertigen Form geschieht. An Stelle
rein begriff- v\

des Princips der Urteilskraft würde hier das Princip


lichen Denkens mit den Anschauungsformen nicht mehr
treten, sich einen subjektiv zweckmässigen Schatz von
bloss für die reinen Grundsätze als erforderlich, sondern
für jeden beliebigen Erfahrungsgedauken, so geht der
Gemeinvorstellungen zu schaffen. — Eine sinnliche

reflektierende Urteilskraft anzunehmen, ist ganz unum-


Begriff der transcendentalen Urteilskraft in den der
gänglich notwendig, weil es sonst keine Quelle gäbe,
schematischen über.
durch die wir zu unseren Erfahrungsbegriffen gelangten.
Die schematische Urteilskraft ist also das Ver-
mögen vom
Was soll nun aber in diesem Zusammenhange die schema-
bloss discursiven Denken zu intuitiven Vor-
tische Urteilskraft?
stellungen, in Gestalt räumlich-zeitlicher Gebilde über-
Es scheint, dass diese Dunkelheit nur aus Kants
zugehen. Neben den Bedenken, die der Begriff" der
Vernachlässigung des sinnlichen Teils der Erkenntnis-
tianscendeutalen Urteilskraft hatte und die hier natür-
prozesse erklärt werden kann. Er würde vielleicht die
lich wiederkehren, tritt gegenüber der schematischen
Existenz einer gemeinen Urteilskraft zugegeben haben,
Urteilskraft noch die schwierige Frage auf, in welchem
die im Sinnlichen subsumiert und reflektiert ; aber im
Verhältnisse sie zur gemeinen Urteilskraft stehe.
Verfolg seiner eigenen Gedankengänge hat er wohl diesen
Offenbar muss auch in der Sinnlichkeit eiu Ver-
Begriff nicht ernstlich ins Auge gefasst. Der Begriff' der
mögen von der Art der gemeinen Urteilskraft tätig
Sinnlichkeit hat bei Kant etwas Zweideutiges : einmal
sein, das unsere sinnlichen Eindrücke ordnet, ehe wir
1
wird angenommen, dass die Sinnlichkeit ein Gebiet sei,
noch logische Begriffe daraus gewinnen können. Ein
1^
in dem sich Vorgänge sinnlich-geistiger Natur für sich
Zeichner kann eine sinnliche Gemeinvorstellung von der
allein abspielen könnten. (Vgl. in der Anthropologie
Ellipse haben, ohne ihren mathematischen Begriff zu
§ 38 die Behauptung, dass die Tiere nur Sinidichkeit
kennen. Diese gemeine sinnliche Urteilskraft müsste be-
und keinen Verstand hätten, und in der Logik, Ein-
stimmend und auch reflektierend sein können. Freilich
leitung V, das Beispiel von Wilden und dem Hause)-
würde man bei ihrer reflektierenden Tätigkeit kaum
34
ä5

Zweitens aber gewinnt der Begriff der Sinnlichkeit die


stand fasst, die correspondierende Anschauung a priori
Bedeutung des blossen Stoffes ^der Erfahrung, also die
gegeben wird, oder symbolis(^h, da einem Begriffe, den
Bedeutung einer toten Abstraktion. Im Zusammenhange nur die Vernunft denken und dem keine sinnliche An-
dieser letzteren Auffassung war Kant dann wohl geneigt,
schauung angemessen sein kann, eine solche untergelegt
alle eigentliche Tätigkeit dem höheren Erkenntnis-
wird, mit welcher das Verfahren der Urteilskraft, dem-
vermögen beizumessen. (Receptivität und Spontaneität).
jenigen, was sie im Schematisieren beobachtet bloss
Sinnlichkeit und Verstand wurden also als zwei V^er-
analogisch . . . übereinkommt'* .... ,, Beide sind
mögen gedacht, die sich in abstrakter Vereinzelung
Hypotyposen, d. i. Darstellungen (exhibitiones), nicht
gegenüberständen; die schematische Urteilskraft sollte die
blosse Charakterismen, d. i. Bezeichnungen der Begriffe
Verbindung zwischen ihnen herstellen, und da die eigent-
durch blosse sinnliche Zeichen, die garnichts zur An-
liche Tätigkeit auf Seiten des Verstandes entfiel, so hatte
schauung des Objekts (-»ehöriges enthalten . »
." Die
die schematische Urteilskraft nur zu subsumieren. Wir
Schemata enthalten direkte, die Symbole indirekte Dar-
müssen uns wohl an dieser Stelle mit einer historisch-
stellungen des Begriffs. ,,Die ersteren tun dies demon-
psychologischen Erklärung der Kantischen Ansichten
strativ, die zweiten vermittelst einer Analogie (zu welcher
begnügen, ohne sie als sachlich richtig verstehen zu
man sich auch empirischer Anschauungen bedient), in
können.
welcher die Urteilskraft ein doppeltes Geschäft verrichtet,
Die symbolische Urteilskraft dient zur Versinn-
erstlich den Begriff auf den Gegenstand einer sinnlichen
lichung von Ideen, d. h. von Begriffen, denen ein räum-
Anschauung (anzuwenden) und dann zweitens die blosse
lich-zeitliches Anschauungsbild nicht entsprechen kann.
Regel der Reflexion über jene Anschauung auf einen
Kant bezeichnet hiermit also etwa das, was Hegel
ganz anderen Gegenstand anzuwenden, von dem der
später „vorstellendes Denken^', im Gegensatz zum specu- erstere nur das Symbol ist.*'
)

lativen, nannte.
Man erkennt an dieser letzten Unterscheidung
Die für diese Probleme entscheidende Stelle lautet Kant den
zweier „Geschäfte'* der Urteilskraft, dass sach-
(Kr. d. Urt. § 59): „Das Intuitive der Erkenntnis muss
lichen Unterschied von schematischer und symbolischer
dem Discursiven (nicht dem Symbolischen) entgegen-
Urteilskraft einerseits und gemeiner Urteilskraft andrer-
gesetzt werden. Das erstere ist nun entweder schema-
hier deutlich vor Augen gehabt hat. Denn die
seits
tisch durch Demonstration, oder symbolisch als Vor-
Uebertragung der ,, Regel der Reflexion" ist Sache der
stellung nach einer blossen Analogie.*' Ferner heisst es
gemeinen Urteilskraft. (Vgl. über Schlüsse der Urteils-
in diesem Paragraphen: „Alle Hypotypose (Darstellung
kraft nach der Analogie, Logik § 84). Nur die Auf-
subjectio ad adspectum) als Versinnlichung ist zwiefach:
findung eines Symbols für einen Vernunftbegriff ist
entweder schematisch, da einem Begriffe, den der Ver-
36 37

discursive Urteilskraft zwei Dinge sind, nach deren Zu-


Sache der symbolischen Urteilskraft (im engeren, eigent-
lichen Sinne). Gegenüber der gemeinen Urteilskraft sananenbang man fragen kann. Kühnemann hält nun

gehören schematische und symbohsche Urteilskiaft eng ihren Zusammenhang für einleuchtend; es dürfte aber

zusammen. nicht jedem so scheinen. Immerhin mag innerhalb des

Kantischen Denkens diese Zusammenfassung nahe gelegen


Es kann zweifelhaft erscheinen, ob der gemeinsame
haben.
NameUrteilski aft für die intuitive(scbematisch-symbolische)

und die discursive (gemeine) Art überhaupt berechtigt

ist oder ob dieser Name eine blosse Klammer ist, die

man über zwei ganz verschiedenen Dingen macht. Denn


es ist etwas ganz anderes, zwischem Allgemeinem und

Besonderem zu ermitteln, also zwischen einem weiteren

und einem engeren Begriffe, als zwischen einem ab-

strakten Begriffe und seinem anschaulichen (Gegenstück,

wobei doch der Umfang des Begriffes sich garnicht ändert.

Kühuemann berührt das Problem des Gegensatzes von

intuitiver und discursiver Urteilskraft in der folgenden

Ausführung (Kants und Schillers Begrd. d. Aesthetik

S. 21, 22): „Die Urteilskraft wird im Kantischen Systeme

zuerst eingeführt an der wichtigen Stelle des Uebergangs

zum System der Grundsätze des reinen Verstandes . . .

Die Urteilskraft nun verbindet Einbildungskraft und

Verstand. Sie bewährt sich im Schematismus der reinen

Verstandesbegriffe und in dem System der Grundsätze


des reinen Verstandes . .
.** Die Fülle der besonderen

Erscheinungen bleibe übrig. ..Wie findet sich für sie

ein Gesetz, eine Idee der Betrachtung? Es leuchtet ein,

dass dieselbe Urteilskraft zuerst die reine Darstellung

der Natur und dann die Ergründung der besonderen

Naturgesetze zu leisten hat und leisten muss." Es wird


hiermit von Kühnemann zugestanden, dass intuitive und
39

Zweckmässigkeit der Natur auch die Schönheit in

der Natur erkläit und gerechtfertigt werden soll. Das


Wesen der ästhetischen Urteilskraft nämlich
bleibt bei allen Darlegungen Kants dunkel, weil die

Art ihres ReÜektierens nirgends genau gekennzeichnet


ist. Es lässt sich aber annehmen, dass er sie zur
».intuitiven" Art der denkenden Betrachtung gerechnet
S(*lllUS8,
haben wird und nicht zur „discursiven", mithin, dass
sie zur Gruppe der trauscendentalen, schematischen und
Das Prinzip der Urteilskraft ist, wie Benno Erdniaiin
symbolischen Urteilskraft gehört.
in der Einleitung seiner Ausgabe der Kritik der Urteils-

kraft darlegt, erst zur Zeit der Entstehung jenes Buches


Die teleologische Urteilskraft be-

trachtet die Mittel-Zweck- Verhältnisse an den Organismen


gefunden worden. Bei den Kantischen Entwicklungen
der Natur. Da Kant in seiner Teleogie den Begriff
zur Begründung dieses Princips. die uns am zusammen-
der Verursachung keineswegs ausschalten will, sondern
hängendsten in der Einleitung zur Kritik der Urteils-
nur die Möglichkeit einer besonderen Art der Ver-
kraft vorliegen und besonders in „1. 8. Becks Auszug
aus Kants Entwurf der Einleitung zur Kritik der Urteils-
ursachung ins Auge fasst, nämlich der Verursachung
durch einen Naturverstand, so sieht man, dass es sich
kraft", spielt die Forderung eine grosse KoUe, dass die

Natur
hier nur um ein Problem der Specification des Begriffes
ihre Erscheinungen nach Arten und Gattungen ordne
oder „gemäss der Form eines logischen Systems".
der Kausalität handelt, also um eine Angelegenheit der
Allein
gemeinen Urteilskraft.
in dieser Bestimmung erschöpft sich das Princip der
Urteilskraft nicht, sondern es erhält vielmehr die „allge- Fast könnte man sagen, dass die Probleme, die

meine und unbestimmte'' Fassung eines Princips der sich auf dem Boden der Teleologie sowohl als der

„subjektiven Zweckmässigkeit der Natur für die Ur- Aesthetik des weiteren ergeben, mehr metaphysischer und

teilskraft". transcendentaler Natur seien, als dass sie das Wesen


Während es hiernach ganz deutlich ist, dass die
dt'r Ui tedskraft beträfen, die sich an diesen Gegen-

Ableitung des Princips, da sie an den Begritl* des


ständen betätigt. Zwar hängen alle diese Dinge mit-

logischen Systems anknüpft, sich ausschliesslich auf die


einander zusammen; aber wenn eine jede Monographie

gemeine Urteilskraft bezieht, wird diese Einschränkung gezwungen ist, aus den Kreisen miteinander zusammen-

hinsichtlich der letzten Fassung des Princips inso- hängender Probleme sich eine kleinere Gruppe von

fern fraglich, als durch den Ausdruck der subjektiven


Fragen auszuwählen, so dürfte das soeben Dargelegte
40

immerbin als ein sachgemässer Ausschnitt gelten, der für

sich verständlich und zusammenhängend ist und gleichsam

die breite Unterstufe aller Probleme bildet, die an den

Kantischen Begrift' der Urteilskraft anknüpfen.


V

Ihesen,
1. Das Verhältnis des gemeinen Verstandes zur ge-
Diese Dissertation wird in erweiterter Form in der meinen Urteilskraft ist dies: Die Urteilskraft
„Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik'^ bildet die Urteile, der Verstand enthält sie,

erscheinen." 2. Die intuitive Urteilskraft ist bei Kant so un-


gleichartig der discursiven, dass die Leibnizsche
lex continni hierbei völlig aufgehoben ist.

3. Der gemeinen Urteilskraft wurde von Kant auf


transcendentalem fjebiete zur Seite gesetzt; zu-

erst die transcendentale Urteilskraft, später das


Princip der Urteilskraft.
Lebenslauf.

Ich, Karl Walter Frost bin am L^O. 10. 1874 zu Barteii-


stein in Ostpreussen, als Sohn des Land^erichtsrats Herrmann
Frost Mein Bekenntnis ist das evangelische. Ich be-
geboren.
suchte das Gymnasium zu Bartenstein und das Alt-
Königl.
städtische Gymnasium zu König^sberg; am letzteren bestand ich
das Abiturientenexamen Ich war alsdann im Sommersemester
1893 an der Universität zu Königsberg immatrikuliert und be-
reitete mich zugleich
auf die Laufbahn des IMaschinenbaufachs
vor. Seit Michaelis
1893 studierte ich an der Technischen Hoch-
schule zu Berlin und bestand daselbst die Vorprüfung und die
ersteHauptpüfung für den höheren Staatsdienst im Baufache. Ich
war Jahr als Regierungsbauführer praktisch tätig, als
bereits ein
ich mich zu Ostern 1901 entschloss, jene Laufbahn aufzugeben
und mich dem Studium der Philosophie zuzuwenden. Dasselbe
habe ich seitdem an der Königl. Albertus-Universität zu Königsberg
betrieben. Meinen hochverehrten Herren academischen Lehrern
spreche ich an dieser Stelle meinen ehrerbietigsten Dank aus.

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