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Erwin Haibach

Betriebsfestigkeit
Erwin Haibach

Betriebsfestigkeit
Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung

3., korrigierte und ergänzte Auflage

Mit 409 Abbildungen

3
Prof. Dr.-Ing. Erwin Haibach
Augustastr. 15
65189 Wiesbaden

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek


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ISBN-10 3-540-29363-9 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York


ISBN-13 978-3-540-29363-7 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York

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Vorwort zur dritten Auflage

Die anhaltend rege Nachfrage des Buchs „Betriebsfestigkeit – Verfahren und


Daten zur Bauteilberechnung“ erfordert seine dritte Auflage.
Dabei bleiben Inhalt und Gliederung des Buchs gegenüber der zweiten
Auflage weitestgehend unverändert. Wesentliche sachliche Veränderungen
wurden nach eingehender Prüfung nicht für erforderlich gehalten. Die vor-
genommenen Änderungen beschränken sich auf einige kurze Nachträge zur
Aktualisierung sowie auf drucktechnische Korrekturen.
Dem Springer-Verlag danke ich für die einvernehmliche Entscheidung,
diese dritte Auflage des Buchs in dieser Form in Druck zu geben.

Wiesbaden, im Herbst 2005 Erwin Haibach


Vorwort zur zweiten Auflage

Das Buch „Betriebsfestigkeit – Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung“


erscheint in seiner zweiten Auflage beim Springer-Verlag, der zwischenzeit-
lich die Fachbuch-Sparte des VDI-Verlags übernommen hat. Für diese zweite
Auflage hat der Inhalt des Buchs eine kritische Sichtung und eine Über-
arbeitung auf den aktuellen Stand der Entwicklung und eine entsprechende
Ergänzung bei den Schrifttumshinweisen erfahren.
Die Grundlagen der bekannten Verfahren bleiben dabei in ihrer bisheri-
gen Abhandlung weitestgehend gültig. Ausführungen über einige wenige
Verfahren konnten entfallen, weil diese keine praktische Bedeutung erlang-
ten oder überholt sind. Neuere Erkenntnisse und Ergebnisse sind ergänzend
aufgenommen. Sie beziehen sich zum einen auf die bisher bereits abgehan-
delten Verfahren, zum anderen auf neu aufgenommene Verfahren mit Dar-
stellung ihrer grundlegenden Ansätze und mit Ausführungen zur Vorgehens-
weise.
Die Entwicklung und Anwendung dieser neueren Verfahren wurde durch-
weg erst mit dem Einsatz leistungsfähiger Rechner möglich. Es würde des-
halb wenig Sinn machen, die zumeist sehr anspruchsvollen Berechnungs-
algorithmen im Detail zu beschreiben, da entsprechende kommerzielle Pro-
gramme mit anwendungsfreundlicher Bediener-Oberfläche verfügbar sind
und ein Anwender wohl keine eigene Programmieurng beabsichtigen dürfte.
Zudem sind Details von den Programm-Anbietern verständlicherweise auch
nur mit Einschränkungen offen gelegt. Als weitaus wichtiger für den interes-
sierten Anwender werden deshalb Hinweise erachtet, die dem sachlichen
Verständnis und dem zweckmäßigen Einsatz der Programme dienen, wie sie
in den Kap. 3 und 4 für die praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-
Konzeptes dargeboten werden.
Wiederum habe ich zahlreichen Kollegen für sachdienliche Informationen
zu danken. Namentlich gilt mein besonderer Dank den Herren
Dr.-Ing G. Bitsch, LMS Deutschland GmbH, Dr.-Ing. T. Bruder, LMS Deutsch-
land GmbH, Dr. K. Dreßler, LMS Deutschland GmbH, Dr.-Ing. A. Esderts,
Deutsche Bundesbahn AG, Forschungs- und Technologie-Zentrum, Dr.-Ing.
K.-G. Eulitz, Technische Universität Dresden, Prof. Dr.-Ing. W. Fricke, Univer-
sität Hamburg, Dr. M. Hack, LMS Deutschland GmbH, Dr.-Ing. M. Hoffmann,
Mechanical Dynamics GmbH, Dr.-Ing. B. Hänel, IMA Materialforschung und
Anwendungstechnik GmbH, Prof. Dr.-Ing. A. Hobbacher, Fachhochschule
VIII Vorwort zur zweiten Auflage

Wilhelmshafen, Prof. Dr.-Ing. K.L. Kotte, Technische Universität Dresden,


Dipl.-Ing. W. Lieven, nCode International Ltd, Prof. Dr.-Ing. H. Petershagen,
Universität Hamburg, Dipl.-Ing. K. Rother, CADFEM, Dipl.-Ing. L. Seeger,
nCode International Ltd, Prof. Dr.-Ing. T. Seeger, Technische Universität
Darmstadt, Prof. Dr.-Ing. C. Sonsino, Fraunhofer-Institut für Betriebsfestig-
keit, Dr. M. Speckert, LMS Deutschland GmbH, Dipl.-Ing. J. Steinbeck,
MSC.Software GmbH, Dipl.-Ing. M. Steininger, MTS Systems GmbH, Dipl.-
Ing. B. Unger, Technologie Zentrum Speyr, Prof. Dr.-Ing. M. Vormwald, Bau-
haus-Universität Weimar, Dipl. Ing. G. Wirthgen, IMA Materialforschung und
Anwendungstechnik GmbH, Prof. Dr.-Ing. H. Zenner, Technische Universität
Clausthal.
Und nicht zuletzt danke ich dem Springer-Verlag für seine Unterstützung bei
der redaktionellen Bearbeitung dieser zweiten Auflage.

Wiesbaden, im Herbst 2002 Erwin Haibach


Vorwort zur ersten Auflage

50 Jahre liegen die Anfänge der Betriebsfestigkeitsforschung zurück. Seitdem


wird bei Ingenieurtagungen und in Fachausschüssen über die Möglichkeiten
einer Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile nach Gesichtspunkten der
Betriebsfestigkeit berichtet und über diesbezügliche Erfordernisse disku-
tiert. Im Flugzeugbau und im Kraftfahrzeugbau kennzeichnet diese Ausle-
gungsweise den Stand der Technik. Für den Kranbau und den Eisenbahn-
brückenbau, ebenso wie für den Schiffbau und die Meerestechnik ist ein
Nachweis der Betriebsfestigkeit durch Normen, Vorschriften oder Richtlinien
eingeführt. Darüber hinaus wird in bestimmten Sparten des Maschinenbaus,
des Stahlbaus und der Anlagentechnik ein Nachweis der Betriebsfestigkeit
mit der Auftragsvergabe gefordert.
Der Begriff Betriebsfestigkeit steht dabei häufig als Oberbegriff. Er
schließt dann die Begriffe Dauerfestigkeit und Zeitfestigkeit als Sonderfälle
ein. Ein geforderter Nachweis der Betriebsfestigkeit kann demnach unter
entsprechenden Gegebenheiten des Einzelfalles auch als ein Nachweis der
Dauerfestigkeit oder als ein Nachweis der Zeitfestigkeit erbracht werden.
Neben einer Vielzahl vorliegender Veröffentlichungen zu meist recht spe-
ziellen Einzelfragen der Dauerfestigkeit, Zeitfestigkeit und Betriebsfestigkeit
fehlte bislang jedoch eine in sich geschlossene Darstellung zu diesem The-
menbereich, welche neben dem traditionellen Nennspannungs-Konzept auch
die neueren Betrachtungsweisen nach dem Kerbgrund-Konzept oder dem
Bruchmechanik-Konzept anwendungsorientiert für die Belange der Kon-
struktionspraxis abhandelt.
So entstand dieses Buch aus dem Anliegen, die experimentellen Grundla-
gen der Betriebsfestigkeit nach heutigem Erkenntnisstand sowie erprobte
und neuere Rechenverfahren der Betriebsfestigkeit vor ihrem theoretischen
Hintergrund und in ihrer sachlichen Verknüpfung für eine ingenieurmäßige
Anwendung darzustellen.
Dabei wird die Art, in der die auftretende Beanspruchung und die ertrag-
bare Beanspruchung für die Belange eines Betriebsfestigkeits-Nachweises zu
ermitteln sind, als eine verfahrensbedingt untrennbare Einheit gesehen und
jeweils innerhalb des gleichen Abschnitts abgehandelt. Diese Darbietung
sollte nicht nur dem leichteren Verständnis sondern auch einer anwen-
dungsgerechten Zuordnung der Verfahren dienlich sein.
Zu den angeführten Rechenverfahren der Schadensakkumulation sind
ausführliche Herleitungen und jeweils kritisch bewertende Stellungnahmen
X Vorwort zur ersten Auflage

aufgrund eigener Erfahrung gegeben. Dies insbesondere, um einer verbreite-


ten Verunsicherung der Anwender durch widersprüchliche Wertungen der
Rechenverfahren im Schrifttum dadurch entgegenzutreten, dass anhand sta-
tistisch aufbereiteter Daten dargelegt wird, in welchen Grenzen die betref-
fenden Verfahren als verlässlich angesehen werden dürfen. So wird erkenn-
bar, ob das in Betracht gezogene Verfahren im vorliegenden Anwendungsfall
geeignet ist bzw. mit welchem Sicherheitsfaktor seine Unzulänglichkeiten ab-
gedeckt werden können.
Schließlich werden Hinweise gegeben, wie das Konzept eines Betriebsfes-
tigkeits-Nachweises in die Konstruktionspraxis umzusetzen ist. Diese Hin-
weise orientieren sich an einer in dieser Form erstmalig aufgezeigten Leit-
linie der abzuhandelnden Teilaufgaben sowie an den Erfordernissen der neu-
zeitlichen Konstruktionsmethodik.
Inhalt und Form des Buches lassen in vielfältiger Weise die Anleitung, den
Rat und die Unterstützung erkennen, die mir in Ausbildung und Beruf durch
meine Lehrer, durch meine Fachkollegen und durch meine Mitarbeiter zuteil
wurden. All ihnen gilt mein Dank.

Bochum, im Mai 1989 Erwin Haibach

Korrekturen, Nachträge und allgemeine Hinweise zum Buch


sind zu finden unter www.haibach-buch.de
Inhaltsverzeichnis

1 Einführung und Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.1 Problemstellung der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.2 Abriss der Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.1.3 Kenngrößen und Grenzfälle der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . 11
1.1.4 Nachweis der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.2 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1.2.1 Anliegen und Gliederung dieses Buches . . . . . . . . . . . . . . 15
1.2.2 Begriffe und Formelzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit . . . . . . . 21

2.1 Wöhler-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.1.1 Kennzeichnung der Schwingbeanspruchung . . . . . . . . . . . 21
2.1.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung . . . . . . . . 23
2.1.3 Darstellung der Ergebnisse durch Wöhlerlinien . . . . . . . . . 25
2.1.4 Darstellung der Ergebnisse im Dauerfestigkeits-Schaubild . . . 27
2.1.5 Statistische Belegung der Zeitfestigkeitslinie . . . . . . . . . . . 30
2.1.6 Statistische Belegung des Dauerfestigkeitswertes . . . . . . . . . 35
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.1.8 Kritik des Wöhler-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
2.2 Blockprogramm-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
2.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv . . . . . 51
2.2.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung . . . . . . . . 58
2.2.3 Einfluss der Kollektivform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
2.2.4 Normverteilung als Einheitskollektiv . . . . . . . . . . . . . . . 64
2.2.5 Amplitudenkollektiv, Mittelspannung, Spannungsverhältnis . . 66
2.2.6 Überlagerte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz . . . . . 68
2.2.7 Umlaufend beanspruchte Teile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
2.2.8 Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften . . . . . 77
2.2.9 Kritik des Blockprogramm-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . 82
2.3 Zufallslasten-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
2.3.1 Unterscheidung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen . . . . . 84
XII Inhaltsverzeichnis

2.3.2 Beschreibung stochasticher Beanspruchungsvorgänge . . . . . . 89


2.3.3 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung . . . . . . . . 93
2.3.4 Betriebslastennachfahr-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
2.3.5 Digitale Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-Zeit-
Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
2.3.6 Analoge Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-
Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
2.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-
Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
2.3.8 Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung . . . 114
2.3.9 Kritik des Zufallslasten-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
2.4 Einzelfolgen-Versuche und spezielle Versuchstechniken . . . . 124
2.4.1 Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit veränderlicher
Mittelspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
2.4.2 Standard-Lastfolge Twist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
2.4.3 Lebensdauer bei verändertem Kollektiv
der Standard-Lastfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
2.4.4 Experimentelle Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung . . . 132
2.4.5 Experimentelle Ermittlung des Rissfortschritts . . . . . . . . . . 135
2.4.6 Kritik des Einzelfolgen-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
2.5 Übertragbarkeit von Betriebsfestigkeits-Werten . . . . . . . . . 139
2.5.1 Übereinstimmung von Lebensdauerwerten aus Labor
und Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
2.5.2 Schrifttumsauswertungen zum Reihenfolge-Einfluss . . . . . . 143

3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . 151

3.1 Berechnen der auftretenden und ertragbaren Spannungen . . . 151


3.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle . . . . 151
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-
Berechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter
Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter
Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses . . . . 225
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen
Schwingbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
3.1.7 Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung . . . . . . . . . 260
3.2 Lebensdauerberechnung anhand der Nennspannungen . . . . 266
3.2.1 Miner-Regel (Hypothese der linearen Schädigungs-
akkumulation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
Inhaltsverzeichnis XIII

3.2.2 Elementare Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . 268


3.2.3 Völligkeitsgrad und Schädigungsfunktion eines Kollektivs . . . 271
3.2.4 Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatzkollektiv . . . . . . . . . . 274
3.2.5 Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung . . . . . . . . . . . 277
3.2.6 Amplitudentransformation auf ein Kollektiv mit Ri = – 1 . . . . 282
3.2.7 Original-Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . 285
3.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . 294
3.2.10 Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude . . . . . . . . . . 303
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen . . . . . 305
3.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung . . . . . . . . . . . 324
3.2.13 Kritik der Miner Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
3.3 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 335
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche . . . . . . . . . . . . . 335
3.3.2 Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung
und Lebensdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung . . . . 358
3.3.4 Rainflow-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 384
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels Amplituden-Transformation . . 404
3.3.7 Lebensdauerberechnung ausgehend von Finite-Element-
Berechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414
3.3.8 Kerbgrundbeanspruchung und normierte Wöhlerlinie . . . . . 424
3.3.9 Kritik des Kerbgrund-Konzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
3.4 Lebensdauerberechnung anhand des Rissfortschritts . . . . . . 431
3.4.1 Spannungsfeld eines Risses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431
3.4.2 Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung . . . . . . . . 436
3.4.3 Rissfortschritt bei konstanter Schwingbreite der Spannung . . . 443
3.4.4 Wöhlerlinie eines Bauteils mit Anfangsriss . . . . . . . . . . . . 447
3.4.5 Normierte Wöhlerlinie für Risse in hochbeanspruchten
Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449
3.4.6 Rissfortschritt bei veränderlicher Schwingbreite der Spannung 451
3.4.7 Rissfortschritt und Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen . . . . . . . . . . . 455
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse . . . . . . . . . . . . . . . 468
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften . . . . . 487
3.4.11 Kritik des Bruchmechanik-Konzeptes . . . . . . . . . . . . . . . 498
3.5 Berechnen der Sicherheitszahl und Ausfallwahrscheinlichkeit 501
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl . . . . . 501
3.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten . . . . . 511
3.5.3 Streuung der betrieblichen Beanspruchungshöhe . . . . . . . . 518
3.5.4 Abdeckung der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche . . . . . 523
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse 526
XIV Inhaltsverzeichnis

3.5.6 Statistischer Größeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536


3.5.7 Kritik der anzusetzenden Sicherheitszahl . . . . . . . . . . . . . 548

4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes . . . 551


4.1 Abzuhandelnde Teilaufgaben als Leitlinie des Vorgehens . . . . 551
4.1.1 Festlegen der Anforderungen und der Vorgehensweise . . . . . 551
4.1.2 Erkennen der schwingbruchkritischen Querschnitte . . . . . . . 555
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten . . . . . . . . . . . 557
4.1.4 Berechnen der kennzeichnenden Beanspruchung . . . . . . . . 568
4.1.5 Ermitteln der ertragbaren Beanspruchungshöhe . . . . . . . . . 570
4.1.6 Ableiten der angemessenen Sicherheitszahl . . . . . . . . . . . . 574
4.1.7 Erstellen und Beurteilen des Nachweises . . . . . . . . . . . . . 577
4.1.8 Dokumentieren des Nachweises . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
4.2 Maßnahmen bei unbefriedigendem Betriebsfestigkeits-
Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580
4.2.1 Maßnahmen bei unbefriedigendem Ergebnis des Nachweises . . 580
4.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb . . . . . . . . . . . 584
4.3 Betriebsfestigkeit und methodisches Konstruieren . . . . . . . 592
4.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens . . . . . . . . . . . . . 592
4.3.2 Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 600
4.3.3 Gewinnen der erforderlichen Informationen . . . . . . . . . . . 601
4.3.4 Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl . . . . . . . . . . . . . 605
4.4 Betriebsfestigkeit und unternehmerische Entscheidungen . . . 610
4.4.1 Gesichtspunkte einer Kosten-Nutzen-Analyse . . . . . . . . . . 610
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . 613
4.4.3 Elemente eines Gesamtkonzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . 622
4.4.4 Unternehmerische Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . 624

5 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
5.1 Daten zu statistischen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
5.2 Typisierte Kollektive und Standard-Lastfolgen . . . . . . . . . . 636
5.3 Approximationsformeln für Formzahlen . . . . . . . . . . . . . 641
5.4 Ältere Vorschläge zur Abschätzung der Dauerfestigkeit . . . . . 649
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufs nach der FKM-Richtlinie 652
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . . 663

6 Schrifttumshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681

7 Verwendete Formelzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707

8 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737
1 Einführung und Übersicht

„Maschinen, Apparate, Fahrzeuge und Bauwerke versucht man ohne


unnötigen Aufwand an Werkstoff und Arbeit grundsätzlich so zu be-
messen, dass sie den zugemuteten, erwarteten oder möglichen Bean-
spruchungen auf die Dauer oder für eine vorgesehene Zeit widerste-
hen. Die Lösung dieser in der Praxis vielfältig abgewandelten Auf-
gabe gelingt umso sicherer, je klarer die Beanspruchungsverhältnisse
erkundet sind, je genauer das Verhalten der Werkstoffe bei solchen
Beanspruchungen bekannt ist, je zweckmäßiger die Beanspruchung
und die im Werkstoff darstellbare Widerstandsfähigkeit an den ent-
scheidenden Stellen aufeinander abgestimmt wurden und je besser
diese Voraussetzungen im fertigen Gegenstand erfüllt sind.“
M. Pfender [1]

1.1
Einführung
1.1.1
Problemstellung der Betriebsfestigkeit

Schwingbeanspruchte Bauteile können durch Schwingbruch oder auch schon


durch Schwinganriss versagen. Das Erscheinungsbild solcher Schwingbruch-
schäden aus Praxis und Labor ist ebenso vielfältig wie die Ursachen und Ein-
flüsse, die das Bauteilversagen bestimmen [1, 2]. Entsprechend zahlreich sind
auch heute noch Schadensfälle an schwingbeanspruchten Bauteilen [1–9, 11,
12], die im normalen Betrieb unerwartet auftreten und nicht selten ein fol-
genschweres Ausmaß annehmen, Abb. 1.1–1 und 1.1–2 sowie Tabelle 1.1–1.
Die Problemstellung der Betriebsfestigkeit ergibt sich aus der technischen,
wirtschaftlichen und haftungsrechtlichen Notwendigkeit, Schwingbruchschä-
den durch eine geeignete Gestaltung, Bemessung, Fertigung und Qualitätssi-
cherung der Bauteile zu vermeiden. Schon im Zuge der Entwicklung muss un-
ter Einsatz geeigneter Methoden, Verfahren und Werkzeuge auf ihr befriedi-
gendes Betriebsfestigkeitsverhalten konsequent hingewirkt werden.
Eine schwingbruchsichere Bemessung der Bauteile ist insbesondere dann
geboten, wenn als mögliche Folgen eines Schwinganrisses oder Schwing-
bruchs Gefahren für Menschen, Gefahren für die Umwelt oder Schäden auf
2 1 Einführung und Übersicht

a (Quelle: KM-Press)

c (Quelle: Fraunhofer-Institut LBF)

b
Abb. 1.1–1a, b, c. 101 Menschen starben, als der ICE „Wilhelm Conrad Röntgen“ am 3. Juni
1998 bei Eschede entgleiste und eine Brücke zum Einsturz brachte a; Ursache war der
Schwingbruch eines zu stark abgefahrenen bzw. abgedrehten Radreifens, der sich aufgrund
seiner elastischen Bettung auf Gummielementen unter der Radlast örtlich übermäßig ab-
flachte und damit auf der Innenseite unzulässige Biegezugspannungen erfuhr b, c [3, 4]
1.1.1 Problemstellung der Betriebsfestigkeit 3

b
Abb. 1.1–2a, b. 123 Menschen verloren im Jahr 1980 ihr Leben, als die halbtauchende
Bohrplattform „Alexander L. Kielland“ durch den Schwingbruch einer Strebe kenterte.
a Schwingbruchfläche der horizontalen Strebe, ausgehend von einem als Hydrophonhalter
eingeschweißten Stutzen, b Stabwerk mit Lage der Strebe und der Säule D, die als Folge des
Schwingbruchs seitlich ausbog [5]
4 1 Einführung und Übersicht

Tabelle 1.1–1. Auswertungen über Schwingbruchschäden

Nach einer Auswertung der Allianz-Versicherung für die Jahre 1968 bis 1970 veröffentlicht im
Allianz-Handbuch der Schadensverhütung [6], waren die häufigsten Schadensbilder an Ach-
sen und Wellen entstanden als umlaufend oder einseitig erzeugte Biegeschwingbrüche sowie
Torsionsschwingbrüche, vereinzelt auch als überlagerte Biege- und Torsionsschwingbrüche;
Gewaltbrüche waren hingegen selten. Die Schadensursachen verteilten sich wie folgt:
60% Produktfehler 80% Konstruktive Kerben
30% Betriebsfehler oder: 15% Korrosionsstellen
10% Fremdeinflüsse 5% Sonstige Stellen.
Schwingbruch-Schäden in Hüttenwerksanlagen wurden im Auftrag des Vereins Deutscher
Eisenhüttenleute erfasst. Einer ersten Auswertung, veröffentlicht 1975 [7], lagen nahezu 200
Schadensfälle zugrunde, die in den Jahren 1970 bis 1974 in acht Hüttenwerken auftraten.
Die betroffenen Bauteile hatten Einsatzzeiten von 0,7 bis 11 Jahren und mehr als 100000 Ar-
beitsspiele erreicht. 54 dieser Schadensfälle wurden ausführlich erfasst und sie betrafen zu
50% Bauteile von Walzwerks- und Kranantrieben bzw.
85% rotierende Bauteile mit einer wechselnden oder schwellenden
Verdrehbeanspruchung oder mit einer überlagerten Biege- und Verdreh-
Schwingbeanspruchung, und hierbei
45% Wellen von 70 bis 700 mm Durchmesser
45% Gelenkwellen mit 600 bis 1070 mm Außendurchmesser
10% Zahnräder stirnverzahnt mit Modul 6 bis 16 mm bzw. pfeilverzahnt
mit Modul 16 bis 24 mm und Breiten von 2 ¥ 400 bis 2 ¥ 600 mm.
Eine zweite Auswertung für die Jahre 1979 bis 1981 erfasste insgesamt 355 Schwingbruch-
Schäden in Hüttenwerksanlagen [8]. 69 dieser Schadensfälle hat man ausführlich doku-
mentiert. Als vornehmliche Schadensursachen wurden mangelhafte konstruktive Bauteil-
gestaltung, nicht berücksichtigte dynamische Belastungen oder eine rein statisch angeleg-
te Bemessung erkannt. Die Instandsetzungskosten lagen im Schadensfall damals im Mittel
bei 50000,– DM (≈ € 25000). Die Schadenshäufigkeiten lieferten ein der ersten Auswertung
vergleichbares Gesamtbild:
45% Walzwerksanlagen 30% Wellen
42% Krananlagen oder: 14% Verzahnungen
13% Stahlwerksanlagen 38% Schweißverbindungen
18% Sonstige Elemente.
In einer Sammlung und Analyse von Schwingbruch-Schäden, die innerhalb von 15 Jahren
an 27 Flugzeugmustern im Betrieb auftraten, wurden insgesamt 529 Schadensfälle analy-
siert mit dem Ziel, Schwachstellen der Konstruktionen und Gründe für den vorzeitigen
Schwinganriss aufzuzeigen und mit typischen Beispielen zu erläutern [9]. Schadensbe-
stimmend waren zu
64% Verbindungen 9% Ausschnitte
17% Beschläge 2% Offene Bohrungen
8% Sonstige Elemente.
Vornehmliche Ursachen der Schwingbruch-Schäden waren (Nennung mit abnehmender
Häufigkeit:
1. Spannung zu hoch 4. Scharfe Kerben
2. Zwangsverformung 5. Offene Bohrungen
3. Zusatz-Biegung 6. Fertigungsfehler.
Nach einer neueren Studie des amerikanischen Energieministeriums sind sogar 90% aller
Versagensfälle von Bauteilen auf Schwingbruch-Schäden zurückzuführen [10].
1.1.1 Problemstellung der Betriebsfestigkeit 5

D D

Abb. 1.1–3. Typische Ausbildung einer Schwingbruchfläche mit submikroskopischer An-


rissbildung an der Bruchausgangsstelle A, einer durch Rissfortschritt erzeugten Schwing-
bruchfläche D und einer als Gewaltbruch G entstandenen Restbruchfläche [1]

wirtschaftlichem Gebiet zu bedenken sind. Darüber hinaus ist sie als Quali-
tätsmerkmal technischer Erzeugnisse allgemein bedeutsam.
Kennzeichen eines Schwingbruchs ist, dass er nicht wie der Gewaltbruch als
Folge einer einmaligen extremen Beanspruchung auftritt, sondern im Verlauf
der Zeit unter der schwingend einwirkenden Betriebsbeanspruchung entsteht.
Die bis Bruch oder Anriss ertragene Einwirkungszeit der Schwingbeanspru-
chung wird als die Lebensdauer des Bauteils bezeichnet.
Die typische Ausbildung einer Schwingbruchfläche weist auf drei Phasen
eines Schwingbruchs hin: Die Phase einer zunächst submikroskopischen und
dann mikroskopischen Rissbildung geht über in die Phase eines makroskopi-
schen Rissfortschritts, bis in der Phase des Restbruchs ein Gewaltbruch des
Restquerschnitts auftritt, Abb. 1.1–3. Vergl. auch Abb. 1.1–1c.
Der Begriff Betriebsfestigkeit steht heute für eine neuzeitliche, lebensdau-
erorientierte Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile und Konstruktionen,
die den gesetzmäßig fassbaren Zusammenhang zwischen Lebensdauer und
Größe der Schwingbeanspruchung berücksichtigt. Sie ist dadurch gekenn-
zeichnet, dass
– die zumeist zufallsartig in unterschiedlicher Größe und Häufigkeit auftre-
tenden Betriebsbeanspruchungen wirklichkeitsnah angesetzt werden.
6 1 Einführung und Übersicht

– die Konstruktion auf eine endliche Lebensdauer ausgelegt wird, die sich aus
ihrer vorgesehenen Nutzungsdauer ableitet,
– die geforderte Lebensdauer über eine statistisch begründete Sicherheits-
zahl mit einem Grenzwert der Ausfallwahrscheinlichkeit verknüpft wird
und
– alle maßgeblichen Einflüsse werkstofflicher, konstruktiver, fertigungsbe-
dingter, betrieblicher und umgebungsbezogener Art beachtet werden, die
das Schwingfestigkeitsverhalten der Bauteile bestimmen [13].
Gegen Ende der dreißiger Jahre für den Flugzeugbau entwickelt [14–16], hat
diese Betrachtungsweise der Betriebsfestigkeit über die zurückliegenden
mehr als 60 Jahre außer im Flugzeugbau auch im Straßen- und Schienenfahr-
zeugbau, im Kran- und Brückenbau, im Schiffbau und in der Meerestechnik,
sowie im Maschinen- und Anlagenbau als Grundlage einer sicheren und zu-
gleich wirtschaftlichen Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile breite An-
erkennung erlangt und in einschlägigen Normen, Vorschriften, Richtlinien
und Empfehlungen ihren Niederschlag gefunden, Abb. 1.1–4.
Vor allem in der Art und Weise, wie die betrieblich auftretende Beanspru-
chung wirklichkeitsnah berücksichtigt wird, geht die Betrachtungsweise der
Betriebsfestigkeit über die bis dahin bekannten Betrachtungen zur Dauer-

Abb. 1.1–4. Technikbereiche, in denen Betrachtungen zur Betriebsfestigkeit von Bedeutung


sind (nach Seeger)
1.1.2 Abriss der Zusammenhänge 7

festigkeit oder Zeitfestigkeit hinaus: diese sind jedoch als Sonderfälle unter
dem Begriff Betriebsfestigkeit eingeschlossen, wie nach Abschn. 1.1.3 erkenn-
bar wird.
Das Ziel einer Bauteilauslegung nach Grundsätzen der Betriebsfestigkeit ist
in zweifacher Hinsicht vorgegeben: Zum einen gilt es, ein vorzeitiges Bauteil-
Versagen durch Schwingbruch oder gefährlichen Schwinganriss mit der gebo-
tenen Sicherheit auszuschließen, zum anderen soll diese vorrangige Forde-
rung ohne Überbemessen der Querschnitte und ohne unnötigen Fertigungs-
aufwand auf wirtschaftliche Weise erfüllt werden.
Nach E. Gaßner, Begründer und Bahnbrecher der Lehre von der Betriebsfes-
tigkeit, handelt es sich dabei um die Aufgabe,„unter Anwendung neuzeitlicher
Methoden der rechnerischen und experimentellen Spannungs- und Dehnungs-
analyse und der Techniken des Betriebsfestigkeits-Versuchs, ausgehend von
einer bekannten oder als repräsentativ angenommenen Beanspruchungs-Zeit-
Funktion, die betrachtete Konstruktion durch eine fallbezogene Kombination
von Werkstoff, Formgebung und Fertigung so zu optimieren, dass bei kleins-
tem Raum-, Werkstoff- und Herstellungsaufwand ein Höchstmaß an Ausfall-
sicherheit gegen Schwinganriss oder Schwingbruch erreicht wird“ [17].
Dieses Konzept einer wirtschaftlich optimalen und zugleich ausfallsicheren
Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile nach den Grundsätzen der Be-
triebsfestigkeit hat sich mittlerweile in der Praxis vielfältig bewährt. Die Ent-
wicklung zu seinem heutigen Erkenntnis- und Anwendungsstand dokumen-
tiert sich in einem umfangreichen Schrifttum, wie aus den hier gegebenen
Schrifttumshinweisen [1–445] und aus den Schrifttumsverzeichnissen der
Übersichten [24–26, 28, 29, 32, 35, 37, 38] und den Regelwerken [39–50] zu er-
sehen. In seiner Gesamtheit ist dieses Schrifttum nur noch datenbankweise er-
fassbar und erschließbar. Zunehmend ist der erreichte Erkenntnisstand in
praktischen Anwendungen nur noch mit hochentwickelten Rechnerprogram-
men nutzbar [51].

1.1.2
Abriss der Zusammenhänge
Die grundlegenden Begriffe und Zusammenhänge und der Gültigkeitsbereich
einer Bauteilauslegung nach Gesichtspunkten der Betriebsfestigkeit lassen
sich ausgehend von Abb. 1.1–5 erläutern:
Aus der Spannungs-Dehnungs-Kurve des Werkstoffs (a) sind die Zugfestig-
keit Rm und die Streckgrenze Re als obere Grenzwerte der Beanspruchung zu
entnehmen. Im Sinne des allgemeinen Maximalspannungs-Nachweises würde
ihr einmaliges Überschreiten ein Versagen des Bauteils bedeuten.
Die Dauerfestigkeit SD liefert einen Beanspruchungsgrenzwert, bis zu des-
sen Höhe eine schwingende Beanspruchung (b) beliebig oft ohne Bruch er-
tragbar ist.
Eine Schwingbeanspruchung oberhalb der Dauerfestigkeit (c) führt nach
einer endlichen Anzahl von Schwingspielen zum Bruch, wobei der Bruch
8 1 Einführung und Übersicht

Abb. 1.1–5. Begriffe und Zusammenhänge der Betriebsfestigkeit (dargestellt für den Fall
der Schwellbeanspruchung)

umso eher eintritt, je höher die Beanspruchung ist. Für eine Schwingbean-
spruchung mit gleichbleibenden Amplituden wird diese Abhängigkeit darge-
stellt durch die Zeitfestigkeitslinie, dem geneigten Teil der Wöhlerlinie im Be-
reich der Zeitfestigkeit. Die vollständige Wöhlerlinie erstreckt sich von der
Zugfestigkeit über die Zeitfestigkeitslinie bis zur Dauerfestigkeitsgrenze.
Tritt die Schwingbeanspruchung nicht mit gleichbleibenden Amplituden
auf, sondern bei gleichem Höchstwert wie im Fall (c) mit einer mehr oder we-
niger zufallsartigen Folge unterschiedlich großer Amplituden (d), so wird die
ertragbare Schwingspielzahl die Zeitfestigkeitslinie überschreiten. Ein Bean-
spruchungsablauf dieser Art ist für die Betriebsbeanspruchung der meisten
Bauteile kennzeichnend und mit Verfahren und Werten der Betriebsfestigkeit
zu beurteilen. Mit der Gaßner’schen Lebensdauerlinie besteht dabei eine
der Zeitfestigkeitslinie entsprechende Abhängigkeit zwischen der Beanspru-
chungshöhe und der endlichen Lebensdauer, ausgedrückt in Zahl der
Schwingspiele.
Die Lebensdauerlinie kann experimentell in Betriebsfestigkeits-Versuchen
durch Simulation des zufallsartigen Beanspruchungsablaufs ermittelt werden,
Kap. 2, sie lässt sich aber auch, ausgehend von der Wöhlerlinie, mit Hilfe einer
Schädigungsakkumulations-Hypothese rechnerisch gewinnen, Abschn. 3.2
oder 3.3.
In welchem Maße sich die Lebensdauerlinie von der Wöhlerlinie nach
höheren Schwingspielzahlen absetzt, ergibt sich aus den Eigenschaften der
betrachteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion. Sie kommen in der Form des
Beanspruchungskollektivs zum Ausdruck, Abb. 1.1–6.
Bei dem Beanspruchungskollektiv handelt es sich um eine Darstellung der
Häufigkeiten, mit denen Schwingbeanspruchungswerte einer bestimmten
Größe in der betrachteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion enthalten sind. Für
die Wöhlerlinie treffen Beanspruchungs-Zeit-Funktionen zu, bei denen alle
1.1.2 Abriss der Zusammenhänge 9

a b c
Abb. 1.1–6a–c. Beanspruchungskollektiv als Darstellung der Größe und Häufigkeit von
Schwingbeanspruchungswerten in einer Beanspruchungs-Zeit-Funktion. Schwingbean-
spruchungswerte a alle von gleicher Größe, b relativ viele große, relativ wenige kleine,
c relativ wenige große, relativ viele kleine; jeweils dargestellt für den Fall der Schwellbean-
spruchung

Schwingbeanspruchungswerte gleiche Größe haben (Fall a und b in Abb. 1.1–5


bzw. Abb. 1.1–6a). Für Beanspruchungs-Zeit-Funktionen, die neben großen
auch kleinere Schwingbeanspruchungswerte mit zunehmendem Häufigkeits-
anteil enthalten, Abb. 1.1–6b oder c, sind die betreffenden Lebensdauerlinien
gegenüber der Wöhlerlinie in zunehmendem Maße nach höheren Schwing-
spielzahlen versetzt. Die Wöhlerlinie erweist sich somit als unterer Grenzfall
aller möglichen Lebensdauerlinien.
Die Frage, wie die Häufigkeitsverteilung der Schwingbeanspruchungswerte
zur Darstellung des Beanspruchungskollektivs zu gewinnen ist, führt auf den
Problemkreis der dazu anwendbaren statistischen Zählverfahren, Abschn.
2.2.1. Wegen ihres statistischen Charakters gehen mit der Kollektivdarstellung
allerdings Informationen darüber verloren, in welcher Reihenfolge die unter-
schiedlichen Schwingbeanspruchungswerte in der betreffenden Beanspru-
chungs-Zeit-Funktion aufeinanderfolgen. Um entsprechende Reihenfolgeein-
flüsse zu berücksichtigen, die die Lage der Lebensdauerlinie in gewissen Gren-
zen zusätzlich verändern können und nur bei der Wöhlerlinie vom Grundsatz
her ausgeschlossen sind, erweist sich deshalb die Kollektivdarstellung für sich
alleine als unzureichend. Um den Reihenfolgeeinflüssen Rechnung tragen zu
können, muss deshalb die Beanspruchungs-Zeit-Funktion auf andere Art
ausführlicher beschrieben werden, Abschn. 2.3.
Eine weitere Bestimmungsgröße für die Lebensdauerlinie ist mit einer sta-
tischen Vorspannung gegeben, die z.B. aus dem Eigengewicht entsteht und der
sich die Schwingbeanspruchungswerte überlagern. Als Folge einer solchen
Vorspannung verengt sich der Bereich der Zeit- und Betriebsfestigkeit, weil
die Dauerfestigkeit (als Oberspannung) näher an die Streckgrenze heranrückt
und im Grenzfall sogar mit ihr zusammenfallen kann, Abb. 1.1–7c. Das heißt
aber auch, dass mit einer höheren Vorspannung die Erfordernisse des stati-
schen Festigkeits-Nachweises gegenüber denen des Betriebsfestigkeits-Nach-
weises an Bedeutung gewinnen.
Neben den beanspruchungsabhängigen Einflüssen bestehen die unter dem
Begriff der Gestaltfestigkeit bekannten Einflüsse des Werkstoffs, der kon-
struktiven Gestaltung und der Fertigungsart auf die Höhe der Dauer-, Zeit-
10 1 Einführung und Übersicht

a b c

Abb. 1.1–7. Ausweitung des Bereichs der Zeit- und Betriebsfestigkeit durch Einflüsse, die
den Abstand der Dauerfestigkeit von der Streckgrenze bestimmen. (KZF = Kurzzeitfestig-
keit, ZF = Zeitfestigkeit, BF = Betriebsfestigkeit, DF = Dauerfestigkeit, VS = statische Vor-
spannung)

und Betriebsfestigkeitswerte. Durch ungünstige Einflüsse dieser Art wird die


Dauer-, Zeit- und Betriebsfestigkeit relativ zur Streckgrenze erniedrigt, womit
der Betriebsfestigkeits-Nachweis an Bedeutung gewinnt, Abb. 1.1–7a. Durch
günstige Einflüsse auf die Gestaltfestigkeit wird hingegen die Dauerfestig-
keit angehoben und der Bereich der Zeit- und Betriebsfestigkeit eingeengt,
Abb. 1.1–7b.
Schließlich stellen sich experimentell ermittelte Wöhler- und Lebensdauer-
linien wegen einer aus Werkstoff- und Fertigungseinflüssen bedingten Streu-
ung der Versuchsergebnisse nicht als Linien sondern, wie in Abb. 1.1–8 an-
gedeutet, mit einem Streuband dar. Statistische Verfahren sind deshalb ein

Abb. 1.1–8. Aufgrund von Streueinflüssen bedingte Betrachtung der Wöhler- und Lebens-
dauerlinien sowie der kennzeichnenden Beanspruchungshöhe als Streubänder
1.1.3 Kenngrößen und Grenzfälle der Betriebsfestigkeit 11

unabdingbarer Bestandteil jeder qualifizierten Betriebsfestigkeits-Untersu-


chung, um Wöhler- und Lebensdauerlinien nach Mittelwert und Streubreite
zu belegen. Wird in gleicher Weise auch die durch Messung, Rechnung oder
Simulation ermittelte Höhe der kennzeichnenden Betriebsbeanspruchung
mit ihrer Streuung bzw. ihrer statistischen Unsicherheit in Ansatz gebracht,
Abb. 1.1–8, dann lassen sich die in einem Betriebsfestigkeits-Nachweis an-
zusetzenden Sicherheitszahlen statistisch begründet als Funktion der zu er-
wartenden Ausfallwahrscheinlichkeit ableiten, Abschn. 3.5.

1.1.3
Kenngrößen und Grenzfälle der Betriebsfestigkeit

Als Kenngrößen der Betriebsfestigkeit dienen, Abb. 1.1–5:


– der Dauerfestigkeitswert,
– die Zeitfestigkeitslinie, beschrieben durch ihre Neigung und die Schwing-
spielzahl an ihrem (idealisierten) Abknickpunkt in die Dauerfestigkeit,
– die Lebensdauerlinie, beschrieben durch eine ihren S-förmigen Verlauf be-
reichsweise ausmittelnde Neigung sowie die Spannung und Schwingspiel-
zahl an einem zu definierenden Bezugspunkt, z.B. bei 107 Schwingspielen,
in Abhängigkeit von den Eigenschaften der betreffenden Beanspruchungs-
Zeit-Funktion,
– die maximal zulässige Beanspruchung im Sinne des statischen Festigkeits-
Nachweises.
Als Grenzfälle der Betriebsfestigkeit werden erkennbar:

Der Dauerfestigkeitswert als beliebig oft ertragbare Beanspruchung


Tritt der Höchstwert der Beanspruchung innerhalb der geforderten Lebens-
dauer mit großer Häufigkeit auf, z.B. mehrere Millionen mal, so muss die Be-
messung des Bauteiles sicherstellen, dass dieser Beanspruchungswert eindeu-
tig unter dem Dauerfestigkeitswert bleibt. Bei dieser Art der Bemessung ergibt
sich eine unbegrenzte Lebensdauer.

Die Zeitfestigkeitslinie als Untergrenze der ertragbaren Häufigkeit


Ist die Beanspruchungs-Häufigkeit geringer als die ertragbare Schwingspiel-
zahl, die sich bei dem Höchstwert der Beanspruchung von der Zeitfestigkeits-
linie ablesen lässt, Abb. 1.1–5c, so erübrigt sich ein weitergehender Betriebs-
festigkeits-Nachweis und zwar unabhängig von den Eigenschaften der Bean-
spruchungs-Zeit-Funktion bzw. der Form des Beanspruchungskollektivs.

Die statische Festigkeitsgrenze als maximal zulässige Beanspruchung


Für schwingbeanspruchte Bauteile ist grundsätzlich eine ausreichende Be-
messung gegenüber dem Maximalwert der auftretenden Beanspruchung im
12 1 Einführung und Übersicht

Sinne des statischen Festigkeits-Nachweises oder des Stabilitäts-Nach-


weises vorauszusetzen. Wird dazu die maximal zulässige Beanspruchung
aus der Streckgrenze des Werkstoffs abgeleitet, so ergibt sich daraus eine
notwendige Abgrenzung gegen den Bereich der Kurzzeitfestigkeit. Denn für
die Kurzzeitfestigkeit ist weniger die einwirkende Spannung als vielmehr
die elastisch-plastische Wechselverformung des Werkstoffs bestimmend
und dementsprechend eine elastisch-plastische Beanspruchungsanalyse,
Abschn. 3.3, eventuell sogar unter Einbeziehung von Kriechvorgängen, er-
forderlich.
Eine an der Streckgrenze orientierte statische Bemessung beinhaltet zu-
gleich den Betriebsfestigkeits-Nachweis für einen gewissen Mindestwert der
Lebensdauer, der sich bei der maximal zulässigen Beanspruchungshöhe von
der Lebensdauerlinie für das zutreffende Beanspruchungskollektiv ablesen
lässt, Punkt e in Abb. 1.1–5. Genügt dieser Wert der geforderten Lebensdauer,
so kann die statische Bemessung den Betriebsfestigkeits-Nachweis erübrigen.
Erweist sich dieser Lebensdauerwert als unzureichend, so muss die Beanspru-
chung gemäß der Lebensdauerlinie abgemindert werden, z.B. auf den Wert
nach Punkt d in Abb. 1.1–5, oder die Schwingfestigkeit des Bauteils muss ver-
bessert werden.
Es darf aber nicht übersehen werden, dass die mit dem statischen Festig-
keits-Nachweis entsprechend Punkt e nachgewiesene Lebensdauer eine be-
achtliche Abhängigkeit von der Form des Beanspruchungskollektivs, von der
Höhe einer etwaigen Vorspannung, von der Streckgrenze des Werkstoffs und
von den Einflussgrößen der Gestaltfestigkeit aufweist.

Die Wöhlerlinie als Grundlage des Betriebsfestigkeits-Nachweises


Eine Bemessung nach der Wöhlerlinie, bei der in vereinfachender Weise der
Höchstwert der Beanspruchung für die Gesamtheit der auftretenden Schwing-
spiele in Ansatz kommt, bedeutet eine stets auf der sicheren Seite liegende Art
der Bemessung. In vielen Fällen erweist sich diese einfache Handhabung je-
doch als unvertretbar weit auf der sicheren Seite liegend und deshalb mit den
Grundsätzen eines wirtschaftlichen Leichtbaus unvereinbar.
Früher wurde vielfach versucht, aufgrund der Erfahrung und gestützt auf
eine Auswertung von Schadensfällen zu einem vereinbarten Nennwert der Be-
anspruchung geeignete Beiwerte und Sicherheitszuschläge zu bestimmen, um
diese unrealistische Bemessungsweise mit den Erfordernissen in Einklang zu
bringen. Rückblickend belegt eine Vielzahl von Beispielen, dass es sich dabei
um ein wenig erfolgversprechendes Konzept handelte, weil allein durch empi-
rische Beiwerte den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles wohl kaum an-
gemessen Rechnung getragen werden kann.
Neuerdings erfährt diese Betrachtungsweise jedoch eine Wiederbelebung,
indem dabei der dominante Einfluss der Kollektivform auf dem Weg einer
Schädigungsakkumulations-Rechnung berücksichtigt wird,Abschn. 3.2.4 und
3.2.10.
1.1.4 Nachweis der Betriebsfestigkeit 13

1.1.4
Nachweis der Betriebsfestigkeit

Um das Konzept der Betriebsfestigkeit praktisch umzusetzen, bieten sich, al-


ternativ oder in zweckmäßiger Kombination, zwei Wege an:
– der Weg des experimentellen Betriebsfestigkeits-Nachweises, der vornehm-
lich bei Bauteilen einer Serienfertigung, wie z.B. im Kraftfahrzeugbau, bei
extremem Leichtbau, wie z.B. im Flugzeugbau, wie auch ganz allgemein bei
besonderen Anforderungen an die Schwingbruchsicherheit oder zu einer
letztgültigen Abklärung in wichtigen Einzelfällen beschritten wird, oder
– der Weg des rechnerischen Betriebsfestigkeits-Nachweises, der für Bauteile
der Einzelfertigung, insbesondere für die großen und teuren Bauteile des
Schwermaschinenbaus, der Anlagentechnik, des Brückenbaus usw., der ein-
zig gangbare Weg ist, aber auch in der Konstruktionsphase derjenigen Bau-
teile zumindest orientierend durchlaufen wird, für die anschließend ein ex-
perimenteller Nachweis ansteht.
Dabei bestehen als Möglichkeiten, den rechnerischen Betriebsfestigkeits-
Nachweis
– anhand von Nennspannungen, d.h. nach dem Nennspannungs-Konzept,
– anhand von Strukturspannungen, d.h. nach dem Strukturspannungs-Kon-
zept,
– anhand von Kerbspannungen, d.h. nach dem Kerbspannungs-Konzept,
– anhand der elastisch-plastischen Kerbbeanspruchung, d.h. nach dem Kerb-
grund-Konzept, oder
– anhand von Spannungsintensitätsfaktoren und Rissfortschrittsdaten nach
dem Bruchmechanik-Konzept
durchzuführen, Abschn. 3.1 bis 3.4 und insbesondere 3.1.7.
Aus methodischer Sicht erfordert ein Betriebsfestigkeits-Nachweis, einerlei
ob er experimentell oder rechnerisch geführt werden soll, die in Tabelle 1.1–2
in Form einer Leitlinie aufgelisteten Teilaufgaben abzuhandeln. Diese Teilauf-
gaben werden in Kap. 4 ausführlich erörtert, nachdem in den Kap. 2 und 3 die
zu ihrer Abhandlung relevanten Sachfragen und Vorgehensweisen klargelegt
worden sind. Der bereits sachkundige Leser kann sich auch sogleich dem
Kap. 4 zuwenden und im Bedarfsfall den Rückverweisen auf die Kap. 2 und 3
nachgehen.
Aus den abzuhandelnden Teilaufgaben wird ersichtlich, dass sich der Be-
triebsfestigkeits-Nachweis als eine fachlich anspruchsvolle Aufgabe erweist,
zu deren Lösung die Arbeitsmethoden aus verschiedenen Fachgebieten einge-
setzt werden. Beispielsweise sind gefragt: Methoden der Statik, der Dynamik
und der Schwingungstechnik, Methoden der Festigkeitslehre und Beanspru-
chungsanalyse, Methoden der Werkstofftechnik und der Werkstoffmechanik,
speziell der Schwingfestigkeit, der Gestaltfestigkeit und der Schwingbruchme-
chanik, Methoden der Statistik, der Qualitätssicherung und der Technischen
14 1 Einführung und Übersicht

Tabelle 1.1–2. Abzuhandelnde Teilaufgaben im Konzept der Betriebsfestigkeit

Teilaufgabe 1:
Ist über die Notwendigkeit eines Betriebsfestigkeits-Nachweises im Grundsatz befunden,
so sind dazu als Anforderungen die nachzuweisende Lebensdauer bei bezifferter Ausfall-
wahrscheinlichkeit für die gleichfalls vorzugebenden Betriebsbedingungen festzulegen.
Sodann bleibt über die geeignete Vorgehensweise zu entscheiden.
Teilaufgabe 2:
Im Einzelfall gilt es, mit hoher Verlässlichkeit alle schwingbruchgefährdeten Querschnitte
der betrachteten Konstruktion zu erkennen.
Teilaufgabe 3:
Für jeden schwingbruchkritischen Querschnitt sind die einwirkenden Betriebslasten nach
Größe, Häufigkeit und Wirkungsrichtung zu bestimmen.
Teilaufgabe 4:
Ausgehend von den einwirkenden Betriebslasten sind die im betreffenden Querschnitt er-
zeugten Beanspruchungszustände in einer für die Schwingfestigkeit kennzeichnenden
Weise zu errechnen.
Teilaufgabe 5:
Für die so bezeichneten Beanspruchungsbedingungen, und abhängig von den vorliegen-
den konstruktiven, werkstofflichen, fertigungstechnischen und umgebungsbestimmten
Gegebenheiten, ist die ertragbare Beanspruchungshöhe zu ermitteln.
Teilaufgabe 6:
Aus einer Betrachtung der verschiedenartigen Streueinflüsse gilt es, eine jeweils angemes-
sene Sicherheitszahl für den Vergleich der einwirkenden und der ertragbaren Beanspru-
chung abzuleiten.
Teilaufgabe 7:
Der damit erstellbare Nachweis ist gemäß den Anforderungen zu beurteilen, sofern gefor-
dert experimentell zu bestätigen, und erforderlichenfalls ist über Möglichkeiten einer Ver-
besserung oder Optimierung zu befinden.
Teilaufgabe 8:
Der erstellte Nachweis ist zu dokumentieren, die zu seiner Absicherung einzuhaltenden Be-
dingungen sind in den Fertigungsunterlagen zu vermerken, notwendig erachtete Maßnah-
men der Fertigungskontrolle oder einer späteren Überwachung im praktischen Betrieb
sind zu bezeichnen.

Zuverlässigkeit, Erfahrungen im beanspruchungsgerechten Konstruieren, so-


wie unternehmerische und organisatorische Entscheidungen.
Insofern empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit der jeweiligen Fachleu-
te, um die betreffenden Teillösungen ohne Schnittstellen-Problematik nach
den speziellen Methoden der Betriebsfestigkeit zu der gewünschten Gesamt-
lösung zu verknüpfen.
Allerdings können die Fragen der Betriebsfestigkeit wie auch die Verfahren
und Vorgehensweisen, die zu ihrer Behandlung im Rahmen des Konstruk-
tionsprozesses zur Verfügung stehen, nicht allein aus technisch-wissenschaft-
licher Sicht betrachtet werden. Durch das Einbeziehen von Gesichtspunkten
1.2.1 Anliegen und Gliederung dieses Buches 15

einer Kosten-Nutzen-Analyse, Abschn. 4.4.1, wird die Vielschichtigkeit der


Problematik und die sich daraus ergebende Verschiedenartigkeit des jeweils
optimalen Lösungsweges erkennbar.
Das heißt mit anderen Worten, dass es auch kein universelles Lösungsver-
fahren für Betriebsfestigkeits-Fragen geben kann. Mögen in einem Falle ex-
treme Anforderungen an die Aussage-Genauigkeit des Lösungsverfahrens im
Vordergrund stehen, so mögen im anderen Fall nur einfache, kostengünstige
Lösungsverfahren in Betracht kommen, selbst wenn die damit erzielbaren
Aussagen mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind und größere Sicherheits-
zuschläge erforderlich machen.
Die in diesem Spektrum der Möglichkeiten zu treffende Auswahl des Lö-
sungsweges muss schließlich auch noch den technisch wie betriebswirtschaft-
lich nicht erfassbaren Gesichtspunkt des verbleibenden Risikos bewerten. Sie
wird damit zu einer unternehmerischen Entscheidung.

1.2
Übersicht
1.2.1
Anliegen und Gliederung dieses Buches

Anliegen dieses Buches ist es, die experimentellen Grundlagen der Betriebsfes-
tigkeit nach heutigem Erkenntnisstand sowie erprobte und neuere Rechen-
verfahren der Betriebsfestigkeit vor ihrem theoretischen Hintergrund und in
ihrer sachlichen Verknüpfung darzustellen. Dazu wird mit einer Erörterung
der Teilaufgaben nach Tabelle 1.1–2 sowie mit Hinweisen auf die vorhandene
Datenbasis dargelegt, wie die bewährten Methoden der Betriebsfestigkeit in
der Konstruktionspraxis für einen rechnerischen Betriebsfestigkeits-Nach-
weis genutzt werden können.
Zu den einzelnen Verfahren, und insbesondere zu den Rechenverfahren der
Schädigungsakkumulation, werden jeweils ausführliche Herleitungen und
kritisch bewertende Stellungnahmen aufgrund eigener Erfahrung gegeben,
um deutlich zu machen, unter welchen Voraussetzungen und mit welchem
Grad der Verlässlichkeit sie anwendbar sind.
Zur Gliederung dieses darzubietenden Stoffes stehen verschiedene Möglich-
keiten zur Wahl. Eine der Möglichkeiten wäre eine Gliederung im Sinne der ab-
zuhandelnden Teilaufgaben nach Tabelle 1.1–2. Ihr augenscheinlicher Vorteil
würde aber nur bei rezeptartiger Beschränkung auf eine bestimmte Vorge-
hensweise zutage treten.Wenn hingegen Lösungswege nach unterschiedlichem
Verfahren aufzuzeigen beabsichtigt ist, kehrt sich dieser Vorteil in einen Nach-
teil um, weil dann die sachbezogene Zuordnung nicht mehr offensichtlich ist,
die zwischen den Verfahren zur Beschreibung der im Betrieb auftretenden Be-
anspruchung und den davon ausgehenden Verfahren zur Bestimmung der er-
tragbaren Beanspruchung besteht und die beachtet werden muss.
16 1 Einführung und Übersicht

Aufgrund dieser Überlegungen fiel die Entscheidung zugunsten einer me-


thodischen Gliederung. Bei ihr lässt sich die Art, in der die auftretende und die
ertragbare Beanspruchung für die Belange eines Betriebsfestigkeits-Nachwei-
ses zu ermitteln sind, als eine verfahrensbedingt untrennbare Einheit darstel-
len und innerhalb des gleichen Abschnitts abhandeln. Der Leser wird unschwer
diese sachliche Gliederung erkennen, weil sie nicht nur einem leichteren Ver-
ständnis, sondern auch einer anwendungsgerechten Zuordnung der Verfahren
dienlich ist.
Davon unbeschadet dürften auch andersartige Leserinteressen dadurch be-
rücksichtigt sein, dass die gewählte Gliederung durch zahlreiche Querver-
weise und durch ein ausführliches Sachverzeichnis ergänzt ist.
Mit Kap. 2 werden zunächst die experimentellen Grundlagen der Betriebs-
festigkeit aufgezeigt, wie sie sich in Verbindung mit Wöhler-Versuchen,
Abschn. 2.1, mit Blockprogramm-Versuchen, Abschn. 2.2, mit Zufallslasten-
Versuchen, Abschn. 2.3, oder mit Einzelfolgen-Versuchen, Abschn. 2.4, darstel-
len. Daraus wird erkennbar, wie betriebliche Beanspruchungs-Zeit-Funktio-
nen der unterschiedlichsten Art in ihrer auftretenden und in ihrer ertragbaren
Beanspruchungshöhe zu kennzeichnen sind, und auf welche Art von Daten
sich ein rechnerischer Betriebsfestigkeits-Nachweis abstützen kann. Wie die
Übertragbarkeit experimentell gewonnener Betriebsfestigkeitswerte einzu-
schätzen ist, wird im Abschn. 2.5 dargelegt.
Die Ausführungen in Kap. 3 gelten den rechnerischen Verfahren der Be-
triebsfestigkeit, die sich anbieten, um die Einflussgrößen der Gestaltfestigkeit
beim Abschätzen einer Bauteilwöhlerlinie zu berücksichtigen, Abschn. 3.1,
um Schädigungsakkumulations-Rechnungen auf der Grundlage von Nenn-
spannungen durchzuführen, Abschn. 3.2, um Einflüsse des Werkstoffs und der
Bauteilform bei der Schädigungsakkumulations-Rechnung über die elastisch-
plastische Kerbgrundbeanspruchung zu erfassen, Abschn. 3.3, um die Lebens-
dauer unter Rissfortschritt zu bestimmen, Abschn. 3.4, und um den statisti-
schen Zusammenhang zwischen Sicherheitszahl und Ausfallwahrscheinlich-
keit zu quantifizieren, Abschn. 3.5.
In Kap. 4 wird die praktische Umsetzung des Konzeptes der Betriebs-
festigkeit abgehandelt. Die Teilaufgaben nach Tabelle 1.1–2 bieten dazu eine
Leitlinie des sachgemäßen Vorgehens, Abschn. 4.1, wie auch eine Leitlinie
bei der Suche nach Maßnahmen, um das Betriebsfestigkeits-Verhalten eines
Bauteils bei Bedarf zu verbessern, Abschn. 4.2. Betrieblich gilt es, den
Betriebsfestigkeits-Nachweis in den Konstruktionsprozess einzubinden,
Abschn. 4.3, und das nutzbringende Umsetzen von Erkenntnissen der Be-
triebsfestigkeit durch geeignete Management-Entscheidungen zu unterstüt-
zen, Abschn. 4.4.
Auf eine ausführliche Abhandlung zurückliegender Entwicklungen des
heutigen Erkenntnisstandes wird verzichtet. Sachfragen werden nach verant-
wortungsbewusster Einschätzung und nach persönlicher Erfahrung darge-
stellt um zu vermeiden, dass widersprüchliche Ansichten und Befunde unbe-
wertet nebeneinander stehen und den Leser verwirren.
1.2.2 Begriffe und Formelzeichen 17

Mit Bedauern ist zu vermerken, dass der schon jetzt erreichte Umfang des
Buches es nicht erlaubte, die Anwendung der dargestellten Verfahren auch
noch durch Beispiele zu veranschaulichen. Dass die wenigen, im Text oder in
den Bildern enthaltenen Beispiele vorwiegend dem Kraftfahrzeugbau oder
dem Flugzeugbau entstammen, ist damit begründet, dass sich die Entwicklung
der Betriebsfestigkeit vornehmlich auf diesen Gebieten vollzog, und bedeutet
keine Einschränkung für die Anwendbarkeit der betreffenden Verfahren oder
Daten auf anderen Fachgebieten.
Die Nutzung bestehender Möglichkeiten unterliegt unter Umständen der
Einschränkung, dass neuere Rechenverfahren meist einen Rechnereinsatz und
ein entsprechendes Rechnerprogramm voraussetzen [51]. Mit dem Hinweis
auf einschlägiges Schrifttum wird in solchen Fällen auf eine detaillierte Dar-
stellung des Rechenganges verzichtet, da er mit dem Rechnerprogramm gege-
ben ist.Abzuprüfen, ob ein vorhandenes oder angebotenes Rechnerprogramm
den fachlichen Anforderungen genügt, bleibt Sache des Anwenders; auch da-
bei mag dieses Buch von Nutzen sein.

1.2.2
Begriffe und Formelzeichen
Allgemeine Begriffe der Schwingfestigkeit sind in DIN 50100 [32] genormt.
Darüber hinaus haben sich gewisse Begriffe der Schwingfestigkeit mit einer
festen Bedeutung im Schrifttum eingeführt. Spezielle Begriffe der Betriebs-
festigkeit definiert Gaßner im Lueger Lexikon der Technik [13]. Leider ist aber
im technischen Sprachgebrauch eine stete Tendenz zur Verwässerung einmal
getroffener Begriffsbestimmungen zu vermerken.
Für die anzuwendenden Formelzeichen ist eine mehr als unbefriedigende
Situation zu verzeichnen. Derzeitige Festlegungen erlauben weder eine eindeu-
tige Formelsprache, noch kommen sie heutigen Belangen der Textverarbeitung
oder der Rechneranwendung entgegen. So vereinbart sich, um ein Beispiel zu
nennen, das neue Formelzeichen Rm für die Zugfestigkeit [40] nur schlecht mit
traditionell und international üblichen Formelzeichen der Schwingfestigkeit.
Dort gilt das Formelzeichen R für das Spannungsverhältnis, und der Index m
ist für den Begriff der Mittelspannung oder Mittellast reserviert.
Mit zahlreichen Zeichen aus dem griechischen Alphabet und vielfältigen
Indizes sind aber auch die bisherigen Formelzeichen nicht gerade anwender-
freundlich, wenn man an den Einsatz marktgängiger Textsysteme, an den
Fotodruck maschinengeschriebener Texte oder an die Lesbarkeit von Rech-
nerprogrammen denkt. Insofern ist es angezeigt, auf den Zeichenvorrat von
Schreibmaschinen und Textsystemen weitgehend Rücksicht zu nehmen und
griechische Buchstaben oder Indizes nur dort zu verwenden, wo es unver-
meidbar ist.
Ein bekanntes Problem besteht auch bei der Bezeichnung der Kollektiv-

Kennwerte, wo sich die Gaßner’sche Schreibweise mit Querstrich, z.B. S a oder

N, mit der statistischen Kennzeichnung eines Durchschnittswertes, z.B. als x–,
18 1 Einführung und Übersicht

überschneidet. Andererseits ist auch die mit DIN 15018 [41] eingeführte
Schreibweise als Höchstwert, z.B. Ŝa oder N̂, insofern nicht glücklich, als der
Kollektiv-Höchstwert nicht unbedingt ein Beanspruchungs-Höchstwert im
eigentlichen Sinne des Begriffs sein muss. In Abwägung verschiedener Alter-
nativen soll hier an der Gaßner’schen Schreibweise mit Querstrich festgehal-
ten werden.
Als eine Entscheidung, die sicherlich nicht nur der schreibtechnischen Ver-
einfachung, sondern auch der sachlichen Klarheit dient, muss dem Leser auf-
fallen, dass die Formelzeichen s und e nur für die wahren Spannungen und
Dehnungen verwendet werden. Demgegenüber werden die vereinfachend be-
rechneten Nennspannungen und Nenndehnungen nicht durch den Index n,
sondern der angelsächsischen Schreibweise folgend, mit den Formelzeichen S
und e bezeichnet. Bei den Schubspannungen wird entsprechend zwischen t
und T unterschieden.
Sicherlich trüge es ebenso zu einer klaren Darstellung bei, wenn auch Kenn-
werte der Beanspruchung und Kennwerte der Beanspruchbarkeit mit deutlich
unterscheidbaren Formelzeichen belegt wären. Nach dem derzeitigen Stand
der Normung erscheint es allerdings nicht vertretbar, die neuen Formelzei-
chen Rm , Rp0,2 oder Re für die Kennwerte aus Zugversuchen, DIN EN 10002 [40],
dahingehend fortzuschreiben, dass nun auch die Kennwerte der Schwingfes-
tigkeit mit dem Formelzeichen R, z.B. Rw für die Wechselfestigkeit des glatten
Probestabs, bedacht sind: Die wünschenswerte Unterscheidung von wahren
Spannungen s und Nennspannungen S wäre auf Seiten der Beanspruchbarkeit
alleine mit dem Formelzeichen R nicht durchzuhalten. Auch gilt das Formel-
zeichen R schon nicht mehr für die aus Kennwerten des Zugversuchs er-
mittelten zulässigen Spannungen. Die ertragbaren und die zulässigen Span-
nungen der Betriebsfestigkeit sind zudem keine aus genormten Versuchen ge-
wonnenen Kennwerte, sondern vielmehr Spannungswerte in funktionaler Ab-
hängigkeit vom Beanspruchungskollektiv, von der Lebensdauerforderung und
von der Ausfallwahrscheinlichkeit. Es wird deshalb an der in der Schwingfes-
tigkeit üblichen Bezeichnung für die ausgezeichneten Werte der Beanspruch-
barkeit festgehalten, wonach diese als Index einen Großbuchstaben haben,
z.B. sW [39]. Ertragbare oder zulässige Spannungen werden hingegen, wo es
die Formelschreibung erfordert, durch den Vorsatz „ertr“ oder „zul“ unter-
schieden, z.B. zul Sa = ertr Sa/jS .
Schließlich wird die maximal ertragbare Nennspannung eines Bauteilquer-
schnitts als „Formfestigkeit“ mit dem Formelzeichen SM belegt, wobei die spe-
zielle Wertzuweisung für SM je nach dem betrachteten Bauteilquerschnitt mit
der Zugfestigkeit, mit der Kerbzugfestigkeit [26] oder mit der Spannung an
der Traglastgrenze [42] erfolgt. Entsprechend wird die ertragbare Nennspan-
nung an der Verformungsgrenze als „Formdehngrenze“ mit SF bezeichnet, wo-
bei die spezielle Wertzuweisung mit der Dehn- oder Streckgrenzenspannung
oder mit der Formdehngrenzenspannung [26] geschieht.
Es liegt also nicht in der Absicht dieses Buches, einen Vorschlag zu unter-
breiten, der in Fragen der Begriffsbestimmung und der Festlegung von For-
1.2.2 Begriffe und Formelzeichen 19

melzeichen über jede Kritik erhaben ist. Mit der gewählten Schreibweise wird
vielmehr ein pragmatischer Weg in der Weise gesucht, dass die bisher im
Schrifttum geläufigen Formelzeichen soweit als möglich beibehalten werden,
mit der einfachen Begründung, dem Leser Bekanntes nicht zu verfremden.
Und dies selbst unter bewusster Hinnahme, dass einige Buchstaben in ver-
schiedenen Abschnitten dieses Buches als Formelzeichen unterschiedliche Be-
deutung erhalten. Der Leser wird in diesem Punkt um entsprechende Auf-
merksamkeit und um Verständnis für eine unbefriedigende, aber kaum noch
abänderbare Situation gebeten. In Zweifelsfällen soll die Auflistung der ver-
wendeten Formelzeichen weiterhelfen, Kap. 7.
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

2.1
Wöhler-Versuche
2.1.1
Kennzeichnung der Schwingbeanspruchung

Der Wöhler-Versuch bezieht sich auf den einfachsten Fall einer Schwingbean-
spruchung, eine zwischen festen Grenzwerten schwingende, z.B. sinusförmig
mit der Zeit veränderliche Spannungs-Zeit-Funktion S (t). Zu ihrer Kenn-
zeichnung gelten die Begriffe und Bezeichnungen nach DIN 50100 [39].
Abb. 2.1–1 zeigt ein einzelnes Schwingspiel. Die Grenzwerte, zwischen de-
nen sich die Spannung S ändert, werden als Oberspannung So und Unter-
spannung Su bezeichnet. Gleichwertig ist die Angabe der Mittelspannung Sm
und Spannungsamplitude Sa , (wobei Sa stets positives Vorzeichen hat!). Wei-
tere Kennwerte der Beanspruchung sind mit dem Spannungsverhältnis R
und mit der Schwingbreite DS definiert. Es gelten die Beziehungen:
So = Sm + Sa (2.1–1)
Su = Sm – Sa (2.1–2)
Sa = (So – Su) / 2 (2.1–3)
Sm = (So + Su) /2 (2.1–4)
R = Su / So (2.1–5)
Sa = So · (1 – R) / 2 (2.1–6)
Sm = So · (1 + R) / 2 (2.1–7)
Sm = Sa · (1 + R) / (1 – R) (2.1–8)
DS = (So – Su) = 2 · Sa . (2.1–9)
Das Berechnen der Beanspruchung geschieht meist in starker Vereinfachung
der tatsächlichen Spannungsverteilung in Form einer Nennspannung S. Er-
gänzend wird die maßgebliche Maximalspannung smax in ihrem Verhältnis
zur errechneten Nennspannung S durch die Formzahl
ak = smax / S (2.1–10)
22 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.1–1. Kennwerte eines


Schwingspiels

gekennzeichnet und als Parameter bei den Versuchsbedingungen angegeben.


Näheres zum Rechnen mit Nennspannungen und Formzahlen ist im Abschn.
3.1.1 ausgeführt.
Anstelle der Normalspannung kann auch eine Schubspannung, eine Kraft,
ein Moment, oder die Dehnung als Maßzahl der Beanspruchungshöhe die-
nen. Bei mehrachsiger Beanspruchung können die Nennspannung und die
Maximalspannung nach einer geeigneten Festigkeits-Hypothese als Ver-
gleichsspannung definiert sein.
Abhängig von der Mittelspannung oder dem Spannungsverhältnis erge-
ben sich als ausgezeichnete Beanspruchungsfälle, Abb. 2.1–2:
die Wechselbeanspruchung mit Sm = 0 oder Su = – So und R = – 1,
die Zug-Schwellbeanspruchung mit Su = 0 oder Sm = +Sa und R = 0,
die Druck-Schwellbeanspruchung mit So = 0 oder Sm = – Sa und R = – •,
die ruhende Beanspruchung mit Sa = 0 oder Sm = So und R = + 1.

Abb. 2.1–2. Beanspruchungsfälle und Spannungsverhältnis


2.1.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung 23

Beanspruchungsfälle zwischen R = – • und R = 0 sind dem Bereich der


Wechselbeanspruchung, Beanspruchungsfälle zwischen R = 0 und R = +1
dem Bereich der Schwellbeanspruchung zuzuordnen. Zwischen dem heute
bevorzugten Spannungsverhältnis R nach Gl. (2.1–5) und dem früher ge-
bräuchlichen k-Wert besteht die Beziehung
kZug = R für | So | ≥ | Su | und
(2.1–11)
kDruck = 1/R für | So | < | Su | .
Bei einer ruhenden Beanspruchung genügt es, den Höchstwert der Bean-
spruchung anzugeben. Zur Kennzeichnung einer Schwingbeanspruchung,
die zwischen gleichbleibenden Schwinggrenzen abläuft, sind drei Angaben
erforderlich: Zwei Angaben bestimmen die Beanspruchungshöhe, z.B. So und
Su oder Sa und Sm oder So und R oder Sa und R. Weiterhin ist die Häufigkeit
h der Schwingspiele zu bezeichnen, die in der betrachteten Zeitspanne der
Beanspruchung auftreten.

2.1.2
Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung

Der Wöhler-Versuch, neben dem Mehrstufen-Versuch auch häufig als Ein-


stufen-Versuch bezeichnet und in DIN 50100 als Dauerschwing-Versuch ge-
normt, kann als die elementarste Form eines Betriebsfestigkeits-Versuchs
angesehen werden. Der Prüfquerschnitt wird einer Beanspruchung mit
gleichbleibender Amplitude und konstantem Mittelwert unterworfen. In ih-
rer etwa sinusförmigen Kurvenform kann die Beanspruchungs-Zeit-Funk-
tion von der Bauart oder vom Regelverhalten der Prüfmaschine bestimmt
sein. Ob die Schwingbeanspruchung bei gleichen Schwinggrenzen sinus-,
dreieck- oder rechteckförmig abläuft, erweist sich ebenso wie die Schwing-
frequenz für das Schwingfestigkeitsverhalten der Bauteile meist als unterge-
ordneter Einfluss. Bei dieser Aussage wird vorausgesetzt, dass frequenzab-
hängige Verfälschungen der Prüfkraftanzeige durch eine dynamische Kali-
brierung ausgeschlossen sind.
Als Versuchsergebnis fällt die bis zum Schwingbruch bzw. die bis zum
Schwinganriss ertragene Schwingspielzahl N an. Um eine Wöhlerlinie zu er-
mitteln, sind mehrere Wöhler-Versuche bei unterschiedlicher Beanspru-
chungshöhe erforderlich.
Für Wöhler-Versuche zur vorrangigen Bestimmung des Dauerfestigkeits-
wertes wird nach DIN 50100 [39] (in der seit 1953 nahezu unveränderten
Fassung) folgendes Vorgehen empfohlen: Nacheinander werden etwa 6 bis 10
hinsichtlich Werkstoff, Gestaltung und Bearbeitung völlig gleichwertige Prüf-
stücke von Versuch zu Versuch zweckmäßig abgestuften Schwingbeanspru-
chungen unterworfen und die zugehörigen Bruch- bzw. Anriss-Schwingspiel-
zahlen festgestellt. Mit einer geeigneten Abstufung der Beanspruchung wird
angestrebt, dass zunächst mindestens ein Prüfstück bei hoher Schwingspiel-
24 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.1–3. Versuchs-


ergebnisse im Netz der
Wöhlerlinie

Abb. 2.1–4. Studie von


Finney und Mann [52]:
Die punktweise aufgetra-
genen Ergebnisse aus
Wöhler-Versuchen wurden
an mehrere Institute
verschickt mit der Bitte,
den zutreffend erachteten
Verlauf der Wöhlerlinie
einzutragen

zahl bricht und ein weiteres, bei wenig verminderter Beanspruchung, bis zu
einer vorzugebenden Grenz-Schwingspielzahl durchläuft, um so den Dauer-
festigkeitswert einzugrenzen. Heutigen Maßstäben wird eine solche Ver-
suchsdurchführung allerdings nicht mehr gerecht.
Abbildung 2.1–3 zeigt die Auftragung einer so ermittelten Versuchsreihe
und veranschaulicht die Schwierigkeit, den zutreffenden Verlauf der Wöhler-
linie und den Dauerfestigkeitswert anhand weniger, streuender Versuchs-
punkte anzugeben. Diese Schwierigkeit wird zwar deutlich verringert, aber
keineswegs völlig überwunden, wenn die Wöhlerlinie nach neuzeitlicher Ver-
suchstechnik durch eine größere Anzahl, nach Mittelwert und Streubreite
statistisch auswertbarer Versuche belegt ist. Je nach der verfolgten Auswerte-
methodik kann es auch dabei zu recht unterschiedlichen Einschätzungen des
Kurvenverlaufs kommen, Abb. 2.1–4 [36]. Den Belangen einer statistischen
Auswertung muss in jedem Fall schon im vorhinein durch eine geeignete
Versuchsplanung entsprochen werden, Abschn. 2.1.5 bis 2.1.7.
2.1.3 Darstellung der Ergebnisse durch Wöhlerlinien 25

2.1.3
Darstellung der Ergebnisse durch Wöhlerlinien

DIN 50100 gibt für die Darstellung von Wöhlerlinien lediglich den Hinweis,
dass sie im halblogarithmischen Netz geschehen sollte. Je nach dem gewähl-
ten Maßstab kann das halblogarithmische Netz jedoch ein sehr unterschied-
liches Erscheinungsbild einer Wöhlerlinie liefern. Gemeinsamkeiten im Ver-
lauf von Wöhlerlinien sind dann nur schwer erkennbar.
Verschiedene Gleichungen für eine formelmäßige Beschreibung von Wöh-
lerlinien und eine darauf ausgerichtete Versuchsauswertung wurden vorge-
schlagen:
1870 Wöhler lg N =a–b·S (2.1–12)
1910 Basquin lg N = a – b · lg S (2.1–13)
1914 Stromeyer lg N = a – b · lg (S – SD) (2.1–14)
1924 Palmgren lg (N + B) = a – b · lg (S – SD) (2.1–15)
1949 Weibull lg (N + B) = a – b · lg [(S – SD) / (Rm – SD)] (2.1–16)
1955 Stüssi lg N = a – b · lg [(S – SD) / (Rm – S)] (2.1–17)
1963 Bastenaire lg N = a – lg (S – SD) – b · (S – SD)c. (2.1–18)
Es handelt sich hierbei um Geraden im halb- oder doppellogarithmischen Netz
Gl. (2.1–12) und Gl. (2.1–13), um Kurven mit asymptotischem Übergang in
die Dauerfestigkeit Gl. (2.1–14) und Gl. (2.1–15) und um Kurven mit S-förmi-
gem Verlauf, die sowohl den Übergang in die Dauerfestigkeit wie auch in die
Kurzzeitfestigkeit darstellen Gln. (2.1–16) bis (2.1–18). Die Parameterwerte a,
b, c, B und SD sind dazu fallweise in bestmöglicher Annäherung an die Ver-
suchspunkte zu bestimmen. Mit den letztgenannten Gleichungen gelingt zwar
eine eng an die Versuchspunkte angelegte Beschreibung des Kurvenverlaufs,
Abb. 2.1–5, aber es fehlen bislang verallgemeinerungsfähige Angaben über die
Parameterwerte der so bestimmten Wöhlerlinien-Gleichungen [53].
In den letzten Jahren hat sich mehr und mehr eine Auftragung der Wöh-
lerlinien im doppellogarithmischen Netz durchgesetzt, wohl nicht zuletzt im
Hinblick auf praktische Vorteile, die sich dabei aus der Möglichkeit einer ge-
radlinigen Annäherung der Zeitfestigkeitslinie entsprechend der Basquin’-
schen Gleichung und ganz allgemein aus den Eigenschaften eines logarith-
mischen Beanspruchungsmaßstabs auch auf die Ordinate ergeben. Um an
der Zeitfestigkeitslinie eine befriedigende Ablesegenauigkeit zu erreichen,
empfiehlt es sich, zu dem logarithmischen Abszissen-Maßstab der Schwing-
spielzahlen für die Ordinate einen logarithmischen Beanspruchungsmaßstab
mit zwei- bis vierfach größerer Dekadenlänge zu wählen.
Eine weitere Vereinheitlichung beginnt sich dahingehend durchzusetzen,
dass eine Auftragung von Wöhlerlinien mit der Spannungsamplitude als Be-
anspruchungsmaßstab bevorzugt wird, weil die Spannungsamplitude als die-
26 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.1–5. Beschreibung


einer Wöhlerlinie nach
Bastenaire [53]

jenige Beanspruchungskenngröße gelten muss, die primär das Schwing-


festigkeitsverhalten der Werkstoffe bestimmt.
Mit den Bezeichnungen nach Abb. 2.1–6 lautet eine entsprechende Be-
schreibung für den Zeit- und Dauerfestigkeitsbereich einer Wöhlerlinie:
N = ND · (Sa / SD)– k für Sa ≥ SD , (2.1–19)
mit einer Abgrenzung zum Dauerfestigkeitsbereich in der Form
N = • für Sa < SD (2.1–20)
und einer Abgrenzung zum Kurzzeitfestigkeitsbereich bei der Formdehn-
grenze SF
Sa < SF · (1 – R) / 2 . (2.1–21)

Abb. 2.1–6. Kennwerte


einer Wöhlerlinie und Ab-
grenzung der Bereiche der
Dauerfestigkeit (D), der
Zeitfestigkeit (Z) und der
Kurzzeitfestigkeit (K)
2.1.4 Darstellung der Ergebnisse im Dauerfestigkeits-Schaubild 27

Mit Gl. (2.1–19) werden der Dauerfestigkeitswert SD und die Schwingspiel-


zahl ND am Abknickpunkt von der Zeitfestigkeits- in die Dauerfestigkeits-
linie sowie die Neigung der Zeitfestigkeitslinie mit dem Exponenten k als
Kennwerte der Wöhlerlinie eingeführt. Für den Exponenten k gilt: ein kleiner
Wert von k bedeutet einen steilen, ein großer Wert von k einen flachen Ver-
lauf der Zeitfestigkeitslinie. Gleichwertig zu Gl. (2.1–19) ist auch die Schreib-
weise mit einer kennzeichnenden Spannungsamplitude SA bei der zugehöri-
gen Schwingspielzahl NA:
N = NA · (Sa / SA)– k für Sa ≥ SD . (2.1–22)
Ist die Wöhlerlinie mit einem für alle Versuchspunkte gleichem Spannungs-
verhältnis ermittelt, so ist ihre doppellogarithmische Auftragung mit der
Spannungsamplitude gemäß Gl. (2.1–19) oder Gl. (2.1–22) durch einfaches
Verschieben des Ordinatenmaßstabs in eine Auftragung mit der Oberspan-
nung überführbar. Für eine Wöhlerlinie, die nicht mit gleichgehaltenem
Spannungsverhältnis, sondern z.B. für eine gleichgehaltene Mittelspannung
Sm ⫽ 0 ermittelt ist, ändert sich hingegen das Erscheinungsbild, wenn die
Oberspannung statt der Spannungsamplitude aufgetragen wird, Abb. 2.1–22.
Dieser Umstand und weitere Zweckmäßigkeitsgründe der Auswertung und
Anwendung, die sich nach Abschn. 2.1.7 aus der erkannten Normierbarkeit
von Wöhlerlinien ergeben, legen eine Ermittlung von Wöhlerlinien für je-
weils konstante Werte des Spannungsverhältnisses nahe.

2.1.4
Darstellung der Ergebnisse im Dauerfestigkeits-Schaubild

Der Einfluss des Spannungsverhältnisses bzw. der Mittelspannung lässt sich


ausgehend von entsprechend ermittelten Wöhlerlinien in einem Dauerfestig-
keits-Schaubild darstellen. DIN 50100 [39] nennt verschiedene Darstellungs-
arten für solche Dauerfestigkeits-Schaubilder, von denen die Darstellung
nach Smith die bisher wohl verbreitetste war. In der neuzeitlichen Schwing-
festigkeits-Forschung wird jedoch das Schaubild nach Haigh bevorzugt,
Abb. 2.1–7. Es kann problemlos zu einem Dauer- und Zeitfestigkeits-Schau-
bild erweitert werden und damit die volle Information aus Wöhlerlinien
für verschiedene Spannungsverhältnisse oder Mittelspannungen vermitteln,
Abb. 2.1–8.
Das Haigh-Schaubild wird den formelmäßigen Zusammenhängen nach
Gl. (2.1–1) bis Gl. (2.1–5) und damit auch der praktischen Anwendung inso-
fern am besten gerecht, als Gl. (2.1–1) und Gl. (2.1–2) mathematisch eine 45°-
Drehung des Sm-Sa-Koordinatensystems in ein Su-So-Koordinatensystem be-
deuten. Punkte mit gleichem Spannungsverhältnis liegen nach Gl. (2.1–5) auf
Geraden, die vom Koordinaten-Nullpunkt ausgehen.
Um den Einfluss des Spannungsverhältnisses oder der Mittelspannung auf
die Höhe der ertragbaren Spannungsamplitude mit einem Zahlenwert zu
28 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.1–7. Dauerfestigkeits-Schaubild nach Haigh

Abb. 2.1–8. Dauer- und Zeitfestigkeits-Schaubild für Kerbstäbe aus der Aluminium-Legie-
rung 3.4364.7 [54]
2.1.4 Darstellung der Ergebnisse im Dauerfestigkeits-Schaubild 29

kennzeichnen, lässt sich nach einem Vorschlag von Schütz [55] die Mittel-
spannungsempfindlichkeit betrachten. Sie ist anhand des Haigh-Schaubildes
definiert als
M = [Sa (R = – 1) – Sa (R= 0)] / Sm (R = 0) (2.1–23)

und bezeichnet anschaulich die Neigung einer Sekante des Kurvenzugs


N = konstant zwischen R = – 1 und R = 0, Abb. 2.1–7. Wegen Sa (R = 0) =
Sm (R = 0) lässt sich auch schreiben

M + 1 = Sa (R = – 1) / Sa (R = 0). (2.1–24)

Zwei Grenzfälle werden erkennbar: Im Grenzfall M = 0 verläuft die Sekante


horizontal, die ertragbaren Spannungsamplituden bei R = – 1 und R = 0 sind
gleich, die Schwingspielzahl ist allein eine Funktion der Spannungsamplitude
und die Mittelspannung bzw. das Spannungsverhältnis sind ohne Einfluss. Im
Grenzfall M = 1 verläuft die Sekante unter 45° geneigt, die ertragbaren Span-
nungsamplituden für R = – 1 sind doppelt so groß wie die für R = 0, die er-
tragbare Schwingspielzahl ist allein eine Funktion der Oberspannung, also
eine Funktion der Summe aus Spannungsamplitude und Mittelspannung, das
heißt, die Mittelspannung hat neben der Spannungsamplitude volles Gewicht.
In Abb. 2.1–9 sind die Mittelspannungsempfindlichkeiten verschiedener
Stahl- und Aluminiumwerkstoffe dargestellt. Sie erweisen sich als eine Funk-
tion der Zugfestigkeit und sie steigen bei den angeführten hochfesten Werk-

Abb. 2.1–9. Mittelspannungsempfindlichkeit M verschiedener Stahl-, Eisenguss und Alu-


minium-Werkstoffe, nach Sonsino
30 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

stoffen etwa bis auf Werte M = 0,6. Die unterschiedlichen Mittelspannungs-


empfindlichkeiten schlagen sich auch in den Ergebnissen von Betriebsfestig-
keits-Versuchen nieder, Abschn. 2.2.5, und sie können z.B. ein Kriterium für
die Werkstoffauswahl sein, Abb. 2.2–23.
Ein Vorschlag zur rechnerischen Behandlung des Mittelspannungs- und
Eigenspannungs-Einflusses auf der Grundlage der Mittelspannungsempfind-
lichkeit ist im Abschn. 3.1.3 gegeben.

2.1.5
Statistische Belegung der Zeitfestigkeitslinie
Zu Fragen der statistischen Versuchsplanung und Versuchsauswertung gibt
es ein umfangreiches Schrifttum, z.B. [56–69, 71–76, 78].
Für eine statistische Belegung der Wöhlerlinie im Zeitfestigkeitsbereich
hat sich folgendes Verfahren bewährt: Auf mehreren Horizonten mit aus-
gewählter Beanspruchungshöhe werden jeweils mehrere Versuche durch-
geführt. Ihre Auswertung geschieht graphisch im Wahrscheinlichkeitsnetz
[57, 59]. In einem einfachen Schema, Abb. 2.1–10, in dem die ertragenen
Schwingspielzahlen N der vorliegenden n Versuche geordnet und, vom
Größtwert beginnend, mit einer Ordnungszahl j versehen werden, erhält
jeder Versuchswert zur Auftragung im Gauß’schen Wahrscheinlichkeitsnetz
einen Wert der Überlebenswahrscheinlichkeit Pü zugeordnet, Anhang 5.1, der
sich nach Rossow [62] berechnen lässt als
Pü = (3j – 1) / (3 n + 1) . (2.1–25)

Abb. 2.1–10. Statistische Auswertung von Zeitfestigkeits-Versuchen im Gauß’schen Wahr-


scheinlichkeitsnetz
2.1.5 Statistische Belegung der Zeitfestigkeitslinie 31

Bei normalverteilter Grundgesamtheit liefert Gl. (2.1–25) in guter Näherung


den wahrscheinlichsten Pü-Wert des j-ten Versuchs, während die früher viel
benutzte Formel
Pü = j / (n + 1) (2.1–26)
verteilungsunabhängig den mittleren Pü-Wert angibt und auf einen systema-
tisch vergrößerten Schätzwert der Standardabweichung führt.
Im allgemeinen werden sich die Versuchspunkte über einer logarithmi-
schen Merkmalsteilung des Wahrscheinlichkeitsnetzes einer Geraden zuord-
nen lassen, Abb. 2.1–11. Abweichungen von der Geraden ergeben sich bei

b
Abb. 2.1–11a, b. Auftragung a und Auswertung b für eine auf mehreren Spannungshori-
zonten statistisch belegten Wöhlerlinie (Schemabild)
32 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Prüfhorizonten am Übergang zur Dauerfestigkeit sowie am Übergang zur


Kurzzeitfestigkeit. Beispielsweise muss in Abb. 2.1–11 die Streukurve für den
Spannungshorizont beim Mittelwert der Dauerfestigkeit (Pü = 50%) auch im
Wahrscheinlichkeitsnetz für hohe Schwingspielzahlen horizontal in den Wert
Pü = 50% einmünden. Abweichungen von einem stetigen Kurvenverlauf er-
geben sich auch, wenn für einzelne Versuchsstücke (sog. Ausreißer) die Vo-
raussetzung der Gleichwertigkeit nicht erfüllt ist. Mit der Möglichkeit, der-
artige Besonderheiten der Streuverteilung zu erkennen und zu bewerten,
zeichnet sich die graphische Auswertung im Wahrscheinlichkeitsnetz vor
einer rechnerischen Auswertung aus, denn eindeutige Rechenregeln zur
Identifikation von Ausreißern gibt es nicht.
Von einer ausmittelnd durch die Versuchspunkte gelegten Streugeraden
oder Streukurve lassen sich die ertragbaren Schwingspielzahlen für be-
stimmte Werte der Überlebenswahrscheinlichkeit abgreifen und in das
Netz der Wöhlerlinie übertragen. Ihre Verbindung führt dann auf Wöhler-
linien mit entsprechend bezeichneter Überlebenswahrscheinlichkeit von z.B.
Pü = 90, 50 oder 10%, Abb. 2.1–11.
Abgestellt auf etwa 10 Versuche je Prüfhorizont hat es sich eingeführt, eine
Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 90% als untere Streugrenze anzusehen.
Eine durch die unteren Streugrenzen mehrerer Prüfhorizonte gelegte Zeit-
festigkeitslinie besagt dann, dass die als ertragbar angegebene Spannung
oder Schwingspielzahl mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% erreicht oder
überschritten wird. Entsprechend gilt eine Überlebenswahrscheinlichkeit
Pü = 10% als obere Streugrenze. Auf den Mittelwert m der (logarithmier-
ten) Bruch-Schwingspielzahlen entfällt eine Überlebenswahrscheinlichkeit
Pü = 50%. Er lässt sich vergleichsweise zur Auswertung im Wahrscheinlich-
keitsnetz berechnen als
1 n
m = lg N50%,n = 3 · ∑ (lg Ni ). (2.1–27)
n i=1
Als Maß für die Streuung kann die Standardabweichung

 
1 n 1/2
s = 03 · ∑ (lg Ni – lg N50%,n)2 (2.1–28)
(n – 1) i = 1

dienen, die gleichfalls auf den Logarithmus der Schwingspielzahlen bezogen


ist, oder das als Streuspanne TN bezeichnete Verhältnis der Schwingspielzah-
len für 10% und 90% Überlebenswahrscheinlichkeit
TN = 1: (N10% / N90% ). (2.1–29)
Unter der Voraussetzung, dass die Streukurve im Wahrscheinlichkeitsnetz als
Gerade erscheint und somit eine logarithmische Normalverteilung unter-
stellt werden darf, liegen die untere und obere Streugrenze jeweils in einem
Abstand von 1,28 · s unter- bzw. oberhalb des Mittelwertes, sodass mit
2.1.5 Statistische Belegung der Zeitfestigkeitslinie 33

2 · 1,28 = 2,56 zwischen der Streuspanne und der Standardabweichung die


Beziehung besteht, Anhang 5.1:
s = (1 / 2,56) · lg(1 / TN) mit 1 / TN = N10% / N90% . (2.1–30)
Ein Zeichnen der Streugeraden im Wahrscheinlichkeitsnetz in bestmöglicher
Annäherung der vorliegenden Versuchspunkte kann beim Ausdeuten der Er-
gebnisse auf Widersprüche führen, die in den Zufälligkeiten kleiner Stich-
proben begründet sind. Denn der Mittelwert und die Standardabweichung,
die aus einer Stichprobe gewonnen wurden, dürfen nur als Schätzwerte für
den wahren Mittelwert m und die wahre Standardabweichung s betrachtet
werden, die für die Grundgesamtheit zutreffen, aus der die Stichprobe ent-
stammt. Die Übereinstimmung der Schätzwerte mit den wahren Werten ist
nur innerhalb von Vertrauensgrenzen gegeben, die sich für einen vorzuge-
benden Wert der Vertrauenswahrscheinlichkeit C berechnen lassen [41, 42,
52–59]. Bei bekannter Standardabweichung s der Grundgesamtheit und n
vorliegenden Versuchen ergeben sie sich mit Werten u als Funktion von C ge-
mäß der Normalverteilung, Anhang 5.1, aus den Standardfehlern des Mittel-
wertes sm und der Standardabweichung ss :

(m – u · sm) < m < (m + u · sm) mit sm = s / a2n (2.1–31)

(s – u · ss) < s < (s + u · ss) mit ss = s / a22 · n (2.1–32)

Beispielsweise findet man für diese beidseitige Abgrenzung nach Gl. (2.1–31)
und Gl. (2.1–32) die Werte u = 1,28 für C = 80% = (100 – 2 · 10)% oder
u = 1,64 für C = 90% = (100 – 2 · 5)%, wohingegen man für eine einseitige
Abgrenzung die Werte u = 1,28 für C = 90% = (100 – 1 · 10)% oder u = 1,64
für C = 95% = (100 – 1 · 5)% anzusetzen hat.
Ausgehend von dem aus der Stichprobe bestimmten Schätzwert der Stan-
dardabweichung s errechnen sich die Vertrauensgrenzen des Mittelwertes
nach der t-Verteilung und für die Standardabweichung nach der F-Ver-
teilung [56–59]. Bei kleinen Stichprobenumfängen sind die so bestimmten
Vertrauensgrenzen erheblich größer als die bei bekannter Standardabwei-
chung s der Grundgesamtheit.
Zu einer Auftragung im Wahrscheinlichkeitsnetz lässt sich der Zufalls-
streubereich einer Stichprobe nach einem von Henning und Wartmann an-
gegebenen Verfahren darstellen [47], Abb. 2.1–12. Sofern die Versuchspunkte
innerhalb des Zufallsstreubereichs liegen, darf mit einer Vertrauenswahr-
scheinlichkeit C = 95% angenommen werden, dass die Abweichungen von
der angegebenen Streugeraden noch zufälliger Art sind.
Beim Einzeichnen der Streukurven für mehrere Spannungshorizonte
einer Wöhlerlinie, Abb. 2.1–11a, gilt es zu beachten, dass sich die einzelnen
Streukurven nicht überschneiden: Ein Überschneiden der Kurven würde bei
der Auftragung den widersinnigen Verlauf einer von rechts oben nach links
unten geneigten Wöhlerlinie ergeben, die für hohe Spannungen höhere er-
34 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.1–12. Zufalls-Streu-


bereich kleiner Stichproben,
nach Henning und Wart-
mann [63]

tragbare Schwingspielzahlen ausweist als für niedrige Spannungen. Solche


Widersprüche lassen sich meist durch eine Anpassung der Streukurven
innerhalb des Zufallsstreubereichs beheben.
Wenn dennoch für mehrere Horizonte einer Wöhlerlinie keine wider-
spruchsfreie Beschreibung der Versuchsdaten im Wahrscheinlichkeitsnetz
durch annähernd parallele Streugeraden möglich ist, kann die Annahme ei-
ner logarithmischen Normalverteilung nur als grobe Näherung für den zen-
tralen Bereich der Streuverteilung zutreffen; es verbietet sich dann eine
Extrapolation auf extreme Werte der Überlebenswahrscheinlichkeit.
Die Annahme einer Weibull-Verteilung mag in diesem Fall eine bessere Be-
schreibung und Extrapolation der Streuverteilung erlauben. Als dreiparame-
trige Extremwert-Verteilung erlaubt sie nicht nur den Mittelwert und die
Streubreite, sondern auch noch die Schiefe der Verteilung darzustellen [59].
Dieser Vorteil ist allerdings weitgehend theoretischer Art, weil die Schätzung
der drei Kennwerte aus selten mehr als 10 vorliegenden Versuchspunkten
nach der Stichprobentheorie mit entsprechend großen Unsicherheiten behaf-
tet und ganz allgemein auch nicht sonderlich bequem zu bewerkstelligen ist.
Eine praktische Empfehlung geht deshalb dahin, die logarithmische Nor-
malverteilung als eine brauchbare Näherung für die Auswertung von Ver-
suchsdaten beizubehalten, aber eine Extrapolation der betreffenden Streu-
geraden nur in Grenzen vorzunehmen. Für eine weitergehende Extrapolation
sei auf die Ausführungen im Abschn. 3.5.2 verwiesen, und bezüglich weiterer
Anwendungsfragen auf die Ausführungen im Abschn. 3.5 insgesamt.
2.1.6 Statistische Belegung des Dauerfestigkeitswertes 35

2.1.6
Statistische Belegung des Dauerfestigkeitswertes

Die Dauerfestigkeit lässt sich statistisch nach dem Treppenstufenverfahren


bestimmen [64, 65]. Bei dieser Versuchsmethode läuft jeder Versuch höchs-
tens bis zu einer vorgegebenen Grenz-Schwingspielzahl. Je nachdem, ob diese
Grenz-Schwingspielzahl ohne Bruch erreicht wird oder ob vorher Bruch ein-
tritt, läuft der nächste Versuch unter einer Beanspruchung, die sich aus der
nächst höheren oder nächst niederen Stufe einer vorher festgelegten, äqui-
distanten Treppenstufen-Teilung des (logarithmischen) Beanspruchungs-
maßstabs ergibt. Dieses Versuchsschema entspricht im Grunde dem ein-
fachen Verfahren nach DIN 50100 mit dem einzigen Unterschied, dass mit
der vorgegebenen äquidistanten Stufenteilung vorab verbindlich entschieden
ist, um welchen Betrag die Beanspruchung im folgenden Versuch erhöht
oder erniedrigt werden soll.
Die Auswertung der anfallenden Versuchsergebnisse geschieht rechne-
risch nach einem kleinen Schema und sie liefert Mittelwert und Standardab-
weichung der ertragbaren Spannung bei der vorgegebenen Grenzspielzahl
samt den zugehörigen Vertrauensgrenzen, Abb. 2.1–13. Die ursprüngliche,
von Dixon und Wood [64] angegebene Auswertung von Treppenstufen-Ver-
suchen lieferte bekanntermaßen lediglich eine zutreffende Schätzung des
Mittelwertes, aber einen unzutreffenden Schätzwert der Standardabwei-
chung; zudem berücksichtigte sie bestenfalls nur die Hälfte der vorliegenden
n Versuche [66].
Hück [67] zeigt mit einer neueren Arbeit eine verbesserte Auswerteme-
thode auf. Bei ihr werden alle n, im Sinne der Treppenfolge „gültigen“ Versu-
che, ob mit oder ohne Bruch, und zudem noch ein fiktiver Versuch am Ende
der Versuchsreihe, also n + 1 Versuche bewertet; „ungültig“ sind anfängliche
Versuche auf Treppenstufen, die nicht noch ein weiteres Mal belegt sind.
Als Schätzwert des Mittelwertes m gilt nach Abb. 2.1–13 sowie mit SD0 als
unterste belegte Treppenstufe (i = 0) und d als Stufenteilung
m = SD0 + d · (A / F). (2.1–33)
Ein Schätzwert der Standardabweichung s, gültig für Werte 0,5 < s /d < 6,
wird in Diagrammform, abhängig von der Versuchszahl n, aus der Stufentei-
lung d und der Varianz u aus Abb. 5.1–1 erhalten als
s = s (d, u, n) mit u = (F · B – A2) / F 2 . (2.1–34)
Vertrauensgrenzen für den Mittelwert und die obere, einseitige Vertrauens-
grenze der Standardabweichung bestimmen sich aus Diagrammen der Stan-
dardfehler, Abb. 5.1–2 und 5.1–3, als
sm = Cm · s, (2.1–35)
ss = Cs · d. (2.1–36)
36 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.1–13. Statistische Auswertung von Treppenstufen-Versuchen, nach Hück [67]. (i =


laufende Nummer für die durch gültige Versuche belegten Spannungsstufen; fi = Anzahl
der Versuche bei den Spannungsstufen i; F = ∑ fi ; A = ∑ i · fi ; B = ∑ i 2 · fi ). Auswertung
nach Gl. (2.1–33)ff:
m = 133,9 N/mm2 Cm = 0,28 T = 1 : 1,83
v = 1,05 sm = 8,6 N/mm2 SD90% = 99,0 N/mm2
s /d = 2,45 Cs = 6,86 SD50% = 133,9 N/mm2
s = 30,6 N/mm2 ss = 85,7 N/mm2 (?) SD10% = 181,1 N/mm2

Die Diagramme zum Bestimmen der Standardabweichung und der Stan-


dardfehler sind im Anhang 5.1 zu finden. Der Standardfehler ss der Standard-
abweichung s wird in der Regel beachtlich, u.U. – wie in der Auswertung zu
Abb. 2.1–13 – sogar unrealistisch groß sein und die bekannten Vorbehalte
gegen den Schätzwert der Standardabweichung nach Treppenstufenversu-
chen bestätigen.
Die untere und obere Streugrenze der ertragbaren Spannung mit einer
Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 90% und Pü = 10% liegt nach der bei
äquidistanter Stufenteilung als gültig unterstellten Normalverteilung der
Spannungsamplituden in einem Abstand vom 1,28-fachen der Standardab-
weichung s oberhalb oder unterhalb des Mittelwertes mit Pü = 50%. Dem-
entsprechend ergeben sich die Streuspanne zu
T = 1 : (m + 1,28 · s) / (m – 1,28 · s) (2.1–37)
und die 90%-, 50%- und 10%-Werte der Dauerfestigkeit zu
3
SD90% = m / aT (2.1–38)
SD90% = m (2.1–39)
3
SD90% = m · aT (2.1–40)
2.1.6 Statistische Belegung des Dauerfestigkeitswertes 37

Dieser Mittelwert und die Streugrenzen können zusammen mit den einzel-
nen Versuchspunkten ins Netz der Wöhlerlinie übertragen werden; als Bei-
spiel siehe Abb. 2.1–24.
Die vorstehenden Ausführungen gelten auch dann, wenn – wie im Grun-
de zutreffender – eine logarithmische Normalverteilung der Spannungsam-
plituden unterstellt, dementsprechend eine logarithmisch äquidistante Stu-
fenteilung vorgegeben und mit den Logarithmen der Spannungsamplituden
gerechnet wird. Die sich daraus ergebenden Unterschiede sind aber in der
Regel gering.
Mit der verbesserten Auswertemethode werden bisherige Vorbehalte
gegenüber dem Treppenstufen-Verfahren weitgehend ausgeräumt. Von an-
deren, im Schrifttum behandelten Verfahren zur Bestimmung der Dauer-
festigkeit, werden z.B. das Probit-Verfahren oder das Abgrenzungs-Ver-
fahren [60, 61, 66] dann bevorzugt, wenn beim Einsatz von Mehrfachprüf-
ständen mehrere Prüfstücke gleichzeitig und in gleicher Höhe beansprucht
werden.
Vielfach wird die Überlebenswahrscheinlichkeit für einen Spannungshori-
zont im Dauerfestigkeitsbereich daraus abgeschätzt, welche Anzahl r der ins-
gesamt n Versuche die vorgegebene Grenz-Schwingspielzahl ohne Bruch er-
reichte. Dieser Schätzwert ist
Pü* = r / n. (2.1–41)
Welche beachtlichen Fehleinschätzungen dabei zufallsbedingt zu erwarten
sind, lässt sich anhand der Binomialverteilung beurteilen. Sie liefert die
Wahrscheinlichkeit Pr, n , mit der r von n Versuchen bei einer tatsächlichen
Überlebenswahrscheinlichkeit Pü auf dem betreffenden Spannungshorizont
ohne Bruch bleiben:


Pr, n = n r
r · (Pü) · (1 – Pü)
(n – r) . (2.1–42)

Abb. 2.1–14 veranschaulicht diesen Sachverhalt, der als Problematik insbe-


sondere auch dem Probit- und dem Abgrenzungs-Verfahren anhaftet: Ein
Schätzwert Pü* = r / n = 50% kann bei n = 4 Versuchen durchaus auch auf ei-
nem Spannungshorizont gefunden werden, für den die tatsächliche Überle-
benswahrscheinlichkeit Pü z.B. bei 25% oder 75% liegt. Für einen Schätzwert
Pü* = r / n = 75% und 4 Versuchen kann Pü z.B. auch bei 40% oder 95% lie-
gen. Selbst für n = 20 Versuche sind die entsprechenden Vertrauensbereiche
für Pü nur wenig kleiner. Selbst bei n = r = 2 oder n = r = 3 Versuchen ohne
Bruch, die üblicherweise als ein Nachweis für die untere Streugrenze der
Dauerfestigkeit, also Pü = 90%, angesehen werden, kann die tatsächliche
Überlebenswahrscheinlichkeit auf dem betreffenden Spannungshorizont
durchaus auch bei Werten bis hin zu Pü = 50% liegen!
Die Folgerungen und die Anwendungen, die sich mit statistisch belegten
Dauerfestigkeitswerten darbieten, werden aus Abschn. 3.5 ersichtlich.
38

Abb. 2.1–14. Wahrscheinlichkeiten für den tatsächlichen Pü-Wert eines Spannungshorizontes, wenn unter n Versuchen bei vorge-
gebener Grenz-Schwingspielzahl r Versuche ohne Bruch erhalten werden
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien 39

2.1.7
Normierte Wöhlerlinien

Das Konzept der normierten Wöhlerlinien beruht auf einem Grundgedan-


ken, der erstmals mit Erfolg bei der Auswertung von Wöhlerlinien für ge-
schweißte Verbindungen aus Baustahl verfolgt [68] und sodann für eine zu-
sammenfassende Auswertung der im Schrifttum verfügbaren Schwingfestig-
keitswerte für Schweißverbindungen aus Baustahl [69] und Schweißverbin-
dungen aus Aluminiumlegierungen genutzt wurde [71]. Dieses Konzept
ermöglicht eine verallgemeinerungsfähige Beschreibung von Wöhlerlinien
und hat in dieser Hinsicht eine breite statistische Absicherung erfahren [69,
71–76, 78]. Mittlerweile machen alle neueren Normen und Richtlinien für
Schweißverbindungen explizit oder implizit von dem Konzept normierter
Wöhlerlinien Gebrauch [19, 43, 44, 48, 77], Abschn. 3.1.2.
Werkstoffmechanisch begründbarer Kernpunkt des dabei verfolgten
Grundgedankens ist, dass die Werkstoffeigenschaften an dem durch die
Schweißnaht bestimmten Ausgangspunkt eines Schwingbruches schwerlich
davon abhängen können, wie die betreffende Schweißverbindung insgesamt
gestaltet und beansprucht ist. Demnach dürfen einheitliche Schwingfestig-
keits-Eigenschaften für unterschiedliche Formen von Schweißverbindungen
erwartet werden, wenn die örtliche Dehnung des schwingbruchkritischen
Werkstoff-Elementes an der Bruchausgangsstelle betrachtet wird. In erster
Näherung kann die örtliche Dehnung proportional zur Nennspannung ange-
nommen werden, was bedeutet, dass die Schwingfestigkeitseigenschaften al-
ler Schweißverbindungen aus gleichartigem Material bei einer Auftragung
im doppellogarithmischen Netz durch ein Wöhlerlinien-Streuband mit ein-
heitlicher Neigung und Streubreite beschrieben werden können. Zusätzlich
reicht dann ein einziger Kennwert aus, um die Schwingfestigkeit der jeweils
betrachteten Versuchsreihe zu kennzeichnen, Abb. 3.1–33 und 3.1–34.
Eine konsequente Weiterführung dieser Arbeiten führte zu der Feststel-
lung, dass sich die Schwingfestigkeitswerte für ungekerbte und gekerbte
Formelemente aus Baustählen, Edelstählen und Aluminiumlegierungen
ebenfalls einer normierten Auswertung unterziehen lassen. Dieser Sachver-
halt wird nachstehend dargelegt und darüber hinaus im Abschn. 3.3.6 durch
eine werkstoffmechanische Betrachtung sowie im Abschn. 3.4.5 durch eine
bruchmechanische Betrachtung erhärtet.

Vorgehen beim Ableiten normierter Wöhlerlinien


Anhand von Versuchsergebnissen für ungekerbte und gekerbte Formelemen-
te aus den Stählen Ck45 und 42CrMo4, die aus Blechen, Stangen und einem
Großbauteil entnommen wurden, Abb. 2.1–15 und 2.1–16, sei das Vorgehen
zur Ableitung normierter Wöhlerlinien erläutert [72]:
In einem ersten Schritt der Auswertung wird auf empirische Weise vorge-
gangen: Die Ergebnisse aus den einzelnen Versuchsreihen werden in einheit-
40 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.1–15. Abmessungen und Formzahlen der untersuchten Flachstäbe [72]

Abb. 2.1–16. Entnahme von abgesetzten Wellen und von Flachstäben aus einer Antriebs-
spindel mit 500 bis 800 mm Durchmesser [72]

lich doppellogarithmischem Netz auf Transparentblättern aufgetragen. Diese


Auftragungen werden aufeinandergelegt und bei sich deckendem Schwing-
spiel-Maßstab vertikal so gegeneinander verschoben, dass die aufgetragenen
Versuchspunkte im Zeit- und Dauerfestigkeitsbereich in optimaler Weise
zusammenfallen und ein gemeinsames Wöhlerlinien-Streuband erkennbar
wird.
Aus den hier betrachteten Versuchsreihen ergibt sich je ein solches ge-
meinsames Streuband für die Gruppe der ungekerbten Flachstäbe, für die
Gruppe der geglühten und für die Gruppe der vergüteten Kerbstäbe, Abb.
2.1–17 bis 2.1–19.
In einem zweiten Schritt lassen sich die übereinanderfallenden Ver-
suchspunkte unschwer durch ein Streuband ausmitteln bzw. eingrenzen. Im
Fall der ungekerbten Flachstäbe ist die ausmittelnde Wöhlerlinie (Pü = 50%
Überlebenswahrscheinlichkeit) durch einen Neigungsexponenten k = 15 und
einen Abknickpunkt bei der Schwingspielzahl ND = 1 · 106, im Fall der
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien 41

Abb. 2.1–17. Normierte Wöhlerlinie für die ungekerbten Flachstäbe aus geglühtem oder
vergütetem Stahl [72]

Abb. 2.1–18. Normierte Wöhlerlinie für die Kerbstäbe aus geglühtem Stahl [72]

geglühten Kerbstäbe durch einen Neigungsexponenten k = 5 und einen


Abknickpunkt bei ND = 1 · 106 und im Fall der vergüteten Kerbstäbe durch
einen Neigungsexponenten von gleichfalls k = 5, jedoch einem Abknick-
punkt bei ND = 3 · 105, gekennzeichnet (s. Anmerkung zu Abb. 2.1–19). Da-
bei zeigt sich, dass jeweils gleiche Streubänder auf die Ergebnisse für Stahl
Ck45 und Stahl 42CrMo4 anwendbar sind.
42 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.1–19. Normierte Wöhlerlinie für die Kerbstäbe aus vergütetem Stahl [72]. (Aus
heutiger Sicht ist jedoch der hier gefundene Wert ND = 3 · 105 nicht verallgemeinerbar)

Aufgrund des logarithmischen Ordinatenmaßstabs bedeutet das vertikale


Übereinanderschieben der Auftragungen ein Umrechnen der Nennspan-
nungsamplitude in einen bezogenen Maßstab. Als Bezugswert dient die Span-
nungsamplitude SD , die sich am Abknickpunkt der ausmittelnden Wöhlerlinie
bei der Schwingspielzahl ND abgreifen lässt und als Schwingfestigkeits-Kenn-
wert für die einzelnen Versuchsreihen in Tabelle 2.1–1 aufgeführt ist.
Unter Ansatz der so bestimmten Kennwerte lässt sich die Wöhlerlinie
nach Gl. (2.1–19) bis Gl. (2.1–21) beschreiben.
Ein dritter Schritt der Auswertung dient einer statistischen Absicherung
der abgeleiteten normierten Wöhlerlinien-Streubänder. Auf analytischem
Weg kann dies nach der Maximum-Likelihood-Methode geschehen [74, 75].
Hier wird, wie in [72], ein anschauliches Verfahren dargestellt, bei dem
für jeden Versuchspunkt der vertikale Abstand von der Mittellinie des
Streubandes errechnet und in einer zusammenfassenden Streuanalyse be-
handelt wird. Die Auftragung im Wahrscheinlichkeitsnetz zeigt dann die
Streuung der Versuchspunkte in Form der Verhältniswerte Sai / Sa50% ,
Abb. 2.1–20. Der Bezugswert Sa50 % lässt sich mit den Kennwerten der nor-
mierten Wöhlerlinie und dem jeweils zutreffenden Wert SD nach Gl. (2.1–19)
berechnen:
Sa50% = SD · (Ni / ND)–1/ k . (2.1–43)
Sa50% bezeichnet (im nicht bezogenen Spannungsmaßstab) die Spannungs-
amplitude an der Mittellinie des betreffenden Wöhlerlinien-Streubandes bei
der jeweiligen Schwingspielzahl Ni , die im i-ten Einzelversuch unter der
Spannungsamplitude Sai ertragen wurde. Versuchspunkte ohne Bruch (sog.
Tabelle 2.1–1. Abgeleitete Schwingfestigkeits-Kennwerte [72]

Werkstoff 1) Stahl Ck45 Stahl CrMo4


Blech Blech Blech Spindel Stange Blech Blech Blech Stange

Probenlage längs längs/quer längs axial axial längs längs/quer längs axial
Wärmebehandlung geglüht 2) geglüht 3) vergütet vergütet geglüht geglüht 2) vergütet 3) vergütet vergütet
Rm in N/mm2 728 651/652 747 600 693 594 910/881 1097 913
438 390/391 539 335 440 460 840/819 1029 746
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien

Re in N/mm2

ak R Schwingfestigkeitskennwerte SD in N/mm2 (Pü = 50%) 4)

1,0 –1 255 5) 220/220 5) 320 5) 205 250 255 430/430 510


0 215 5) 195/195 5) 250 5) 185 200 215 300/300 375
>0 195/– 5)
2,5 –1 135/– 215*/–
0 115/– 180*/–
>0 110/–
3,6 –1 110 105/100 145* 95 105 115 165*/165* 190*
0 95 90/95 120* 75 90 90 135*/135* 160* 140
>0 85/–
5,2 –1 80/– B = 6) 170 220 125*/– B = 6) 300
0 67/– V = 7) 105 135 105*/– V = 7) 185
>0 57/–

Anmerkungen: 1) Blech t = 6 mm; Spindel D = 500 bis 800 mm; Stange D = 130 mm; 2) Anlieferungszustand; 3) Basisreihe; 4) für ND = 1 · 106
bzw. für ND = 3 · 105 (*); 5) Werte gefügebedingt zu niedrig, s. Abb. 3.3–39; 6) B = Welle in Biegung, ak = 1,6 und R = – 1; 7) V = Welle in Ver-
drehung, ak = 1,35 und R = – 1, Schwingfestigkeitskennwert bedeutet TD in N/mm2.
43
44

a b c

Abb. 2.1–20a–c. Statistische Auswertung für die Streuspannen TS (Streuspannen in Spannungsrichtung) zum Ableiten der
Streubänder a in Abb. 2.1–17, b in Abb. 2.1–18, c in Abb. 2.1–19 [72]
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien 45

Durchläufer) und Versuche, die eindeutig dem Kurzzeitfestigkeitsbereich zu-


zurechnen sind, bleiben hierbei unberücksichtigt.
Im vierten Schritt sind die sich ergebenden Streuverteilungen dahin-
gehend zu bewerten, dass bei optimal ausmittelnder Lage des normier-
ten Wöhlerlinien-Streubandes für die Streuverteilung der Versuchspunkte
bei der Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 50% ein Erwartungswert
E (Sai / Sa50%) = 1 gilt.
Die Auftragungen in Abb. 2.1–20 liefern in guter Annäherung Werte
m = 1,001, 1,006 bzw. 1,017. Für die Streubänder wurden die Streuverteilun-
gen mit Werten der Streuspanne zwischen Pü = 90% und Pü = 10% von
TS = 1:1,12 bzw. TS = 1:1,26 gewählt (Standardabweichung für lg Sa = 0,0195
bzw. 0,039). Sie sind mit dem zugehörigen Zufallsstreubereich [63] für
C = 95% beidseitige Vertrauenswahrscheinlichkeit in Abb. 2.1–20 einge-
zeichnet und als eine auf der sicheren Seite liegende Annäherung der Ver-
suchspunkte zu sehen. Die Ergebnisse für vergütete Kerbstäbe deuten aller-
dings mit dem Wert TS = 1:1,19 auf eine geringere Streuspanne hin, ein Um-
stand, der aber noch nicht als gesichert gelten kann und anhand weiteren
Datenmaterials überprüft werden müsste. Für statistische Sicherheitsbe-
trachtungen sollte deshalb bis auf weiteres die größere der vorgenannten
Streuspannen TS = 1: 1,26 verwendet werden.

Erörterung zur Anwendung normierter Wöhlerlinien


Abbildung 2.1–21 veranschaulicht die Anwendung normierter Streubänder
zur Auswertung einzelner Versuchsreihen. In dieser Einzelauftragung der Er-
gebnisse für normalgeglühte Kerbstäbe aus Stahl Ck45 mit ak = 2,5 ist das
zutreffende normierte Streuband anhand einer statistischen Abschätzung im

Abb. 2.1–21. Anwendung der normierten Wöhlerlinie auf eine einzelne Versuchsreihe [72]
46 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.1–22a–b. Normierte Auftragung der Versuchsergebnisse für die abgesetzten Wel-
len, a unter Biegebelastung, b unter Verdrehbelastung [72]

vertikalen Nennspannungsmaßstab so festgelegt, dass die Einzelergebnisse


innerhalb des vornehmlich gewichteten Zeitfestigkeitsbereichs optimal aus-
gemittelt und eingegrenzt werden. Der Auftragung lässt sich sodann der
Schwingfestigkeitskennwert SD = 115 N/mm2 entnehmen, Tabelle 2.1–1.
Zwei weitere Beispiele sind in Abb. 2.1–22 mit den Ergebnissen für abge-
setzte Wellen bei Biege- oder Verdrehbelastung gegeben. Quervergleiche mit
Daten für anderweitige Baustähle lassen eine allgemeine Anwendbarkeit der
hier abgeleiteten normierten Wöhlerlinien-Streubänder bei Baustählen mit
Werten Rm ≤ 1400 N/mm2 erkennen [76].
Ein häufig vorgebrachter Einwand gegen das Konzept der normierten
Wöhlerlinien-Streubänder geht dahin, dass doch die Neigung der Zeitfestig-
keitslinie von der Formzahl abhängig sein müsse, wenn für einen ungekerb-
ten Stab nach Abb. 2.1–17 ein Wert k = 15, für eine mäßige Kerbe nach Abb.
2.1–18 oder 2.1–19 ein Wert k = 5 und für eine extrem scharfe, rissähnliche
Kerbe nach Abschn. 3.4.4 einWert k = 3 gelten soll. Der vermeintliche Wider-
spruch lässt sich jedoch durch eine Betrachtung des zyklischen, elastisch-
plastischen Werkstoffverhaltens, Abschn. 3.3.6 und 3.4.9, und als Folgerung
daraus, mit einer konsequenten Abgrenzung zwischen dem Bereich der
Zeitfestigkeit und dem Bereich der Kurzzeitfestigkeit, Abb. 2.1–6 und Gl.
(2.1–21), auf schlüssige Weise ausräumen.
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien 47

Mit Abb. 2.1–21 wird die Streck- oder Formdehngrenze entsprechend Gl.
(2.1–21) in diesem Sinne als eine entscheidende Anwendungsgrenze für nor-
mierte Streubänder erläutert: Das normierte Streuband ist im Zeitfestig-
keitsbereich bis zu einer Beanspruchungshöhe anwendbar, bei der durch die
Annäherung der Oberspannung an die Streck- oder Formdehngrenze noch
keine stärkeren, integralen Wechselplastizierungen im Kerbquerschnitt auf-
treten. Versuchsergebnisse für Oberspannungen nahe bei oder oberhalb die-
ser Grenze fallen zumeist aus dem normierten Streuband nach links heraus.
Sie werden durch einen Kurvenverlauf erfasst, der sich aus dem normierten
Streuband für Pü = 50% Überlebenswahrscheinlichkeit mit einer zunehmend
flacheren Neigung in den Bereich der Kurzzeitfestigkeit fortsetzt. Je geringer
die Formzahl oder je höher das Spannungsverhältnis, bei desto höherer
Schwingspielzahl liegt dieser Übergang zu einer flacheren Neigung im Kurz-
zeitfestigkeitsbereich; für ak = 1 ist die gesamte Zeitfestigkeitslinie mit ihrer
flachen Neigung k = 15 im Grunde dem Kurzzeitfestigkeitsbereich zuzurech-
nen, Abb. 3.3–61.
In entsprechender Weise sind auch die Ergebnisse in Abb. 2.1–22b zu be-
werten: Unter Ansatz der betreffenden Werkstoffkennwerte erreicht der ver-
drehbeanspruchte Kerbquerschnitt bereits beim 2fachen der mittleren Ver-
drehdauerfestigkeit, d.h. bei ta / tD = 2, den vollplastischen Zustand. Die
plastische Formzahl, s. Gl. (3.3–43) und Abb. 3.3–20, beträgt dabei ap = 1,33,
sodass Wechselplastizierungen des (ungekerbten) Nennquerschnitts, die deut-
lich über die formzahlbedingten örtlichen Wechselplastizierungen im Kerb-
grund hinausgehen, bereits bei einer Beanspruchungshöhe ta / tD = 1,5 ein-
setzen. Dementsprechend ist das normierte Streuband bei dieser Beanspru-
chungshöhe nach oben begrenzt. Wird hingegen diese Abgrenzung gegen-
über dem Kurzzeitfestigkeitsbereich nicht beachtet, so führt eine pauschale
Regressionsrechnung über alle Versuchspunkte (außer den beiden Durchläu-
ferpunkten) auf eine zwar augenscheinlich gut ausmittelnde, mit ihrer Nei-
gung k = 9,0 und ihrem Abknickpunkt bei etwa ND = 107 aber sachlich nicht
begründbare „Zeitfestigkeitsgerade“: Denn Neigung und Abknickpunkt kön-
nen sich für Schub- und Normalspannungen nicht unterscheiden, weil an-
dernfalls Widersprüchlichkeiten entstehen, wenn z.B. statt mit Schubspan-
nungen mit den entsprechenden Hauptspannungen gerechnet wird; gleiches
gilt für die Berechnung einer Vergleichsspannung aus Normal- und Schub-
spannungen, Abschn. 3.1.6.
Bei Ergebnissen im Dauerfestigkeitsbereich muss eigentlich ein stetiger
Übergang von der Zeit- zur Dauerfestigkeit unterstellt werden. Mit dem
scharf abknickenden Streuband, wie es zur Definition des Abknickpunktes
bei der Schwingspielzahl ND dient, wird zugunsten einer damit erreichbaren
Systematik bewusst hingenommen, dass die Versuchsergebnisse im Bereich
des Abknickpunktes mehr oder weniger oberhalb der Mittellinie liegen kön-
nen, Abb. 2.1–21).
Die Gültigkeit normierter Wöhlerlinien ist insbesondere gebunden an ein
innerhalb einer einzelnen Versuchsreihe auf allen Spannungshorizonten glei-
48 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.1–23a, b. Unterschiedliches Erscheinungsbild einer Wöhlerlinie für konstante


Mittelspannung Sm = 240 N/mm2 bei doppellogarithmischer Auftragung mit der Ober-
spannung a statt mit der Spannungsamplitude b; Stahl Ck45 geglüht, Rm = 650 N/mm2,
Ergebnisse aus [72]

ches Spannungsverhältnis R. Dementsprechend stellt sich im Haigh-Schau-


bild der Einfluss des Spannungsverhältnisses auf die Zeit- und Dauerfestig-
keit durch einen parallelen Verlauf der Linien N = konstant dar. Für Ver-
suchsreihen, die z.B. für eine gleichgehaltene Mittelspannung Sm ⫽ 0 und
demzufolge mit einem von Spannungshorizont zu Spannungshorizont ver-
änderten Spannungsverhältnis durchgeführt wurden, können sich erhebliche
Abweichungen von dem einheitlichen Neigungsexponenten k und, bei Auf-
tragung z.B. mit der Oberspannung, ein stark vom normierten Streuband ab-
weichendes Erscheinungsbild der Wöhlerlinie einstellen, Abb. 2.1–23.
Magin zeigte, dass sich auch der Größeneinfluss auf die Schwingfestigkeit
mit normierten Wöhlerlinien abhandeln lässt [77]. Als eine in diesem Zu-
sammenhang erwähnenswerte Besonderheit sind in Abb. 2.1–22 die Ergeb-
nisse für normalgeglühte wie auch für vergütete Wellen in einem Streuband
mit dem Abknickpunkt ND = 1 · 106 zusammengefasst, wohingegen nach
Abb. 2.1–19 für die vergüteten Formelemente ein Abknickpunkt bei ND =
3 · 105 gelten sollte. Die davon abweichende Handhabung für Abb. 2.1–22
lässt sich mit dem Hinweis auf die Anmerkung zu Abb. 2.1–19 im vorliegen-
den Fall damit begründen, dass bei der als Bauteil vergüteten Spindel aus
Stahl Ck45, Abb. 2.1–16, ebenso wie bei den als Halbzeug vergüteten Stangen
aus Stahl 42CrMo4 keine Durchvergütung bis zu dem verbleibenden 80 mm
2.1.7 Normierte Wöhlerlinien 49

Abb. 2.1–24. Wöhlerlinien für die Aluminium-Legierung AlCuMg2, nach Ostermann

dicken Prüfquerschnitt der abgesetzten Welle zu erwarten ist. Zudem ist zu


vermuten, dass der Abknickpunkt bei ND = 3 · 105 Schwingspielen kerbbe-
dingt ist und nur bei kleinen Kerbradien und hoher Oberflächengüte zutrifft.
Eine eindeutige werkstoffmechanische Klärung zu dieser Sachfrage steht
allerdings noch aus.
Eine andere Einschränkung muss wohl grundsätzlich bei Werkstoffen mit
kubisch-flächenzentriertem Gitter, wie Aluminium-Legierungen und Auste-
niten, beachtet werden: Wie seit langem aus Umlaufbiegeversuchen bekannt,
erreichen solche Werkstoffe, wenn überhaupt, dann erst bei sehr hohen
Schwingspielzahlen einen Dauerfestigkeitswert. Nach neueren Erkenntnissen
gilt dies u.a. auch für extrem hochvergütete Stähle und für Magnesium-
Legierungen. Näheres siehe in Abschn. 5.6 unter „Daten zum Dauerfestigkeits-
abfall“. Nach Abb. 2.1–24 scheint zudem bei wechselnder und bei schwellen-
der Beanspruchung eine gleich hohe dauerfest ertragbare Spannungsampli-
tude zu gelten, wobei sich aber im Fall der Schwellbeanspruchung – anders als
bei Wechselbeanspruchung – bei etwa ND = 106 ein markanter Übergang in
eine nahezu horizontale Dauerfestigkeitslinie abzeichnet.
Alle hier betrachteten Versuchsergebnisse gelten für eine hochwertige Ober-
flächenbeschaffenheit des Kerbgrundes. Es darf jedoch als gesicherte Erfah-
rung gelten, dass sich der Abknickpunkt als Folge oberflächenverfestigender
Verfahren (Kugelstrahlen, Rollen, Einsatzhärten, Induktionshärten, Tenifer-
nitrieren) zu niedrigeren Werten ND verlagert, während korrosive Einflüsse die
Dauerfestigkeit drastisch abmindern und den Abknickpunkt zu so hohen
50 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Schwingspielzahlen verschieben, dass meist von einem nach unten unbe-


grenzten Zeitfestigkeits-Streuband der Neigung k ausgegangen werden darf.
Nach bruchmechanischen Überlegungen ist sinngemäß zu vermuten, dass
sich der Abknickpunkt mit zunehmender Oberflächenrauigkeit nicht nur zu
niedrigeren Werten SD , sondern dabei auch noch zu höheren Werten ND ver-
schiebt, Abb. 3.4–14. Ein statistisch gesicherter, experimenteller Nachweis für
diese Vermutung steht aber noch aus.
Die im Abschn. 3.1.3 beschriebene Vorgehensweise zur rechnerischen Ab-
schätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile, wie sie mit der FKM-Richt-
linie „Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile“ [44] erarbei-
tet wurde, beruht auf den hier erläuterten Erkenntnissen über die Normier-
barkeit von Wöhlerlinien. Sie wird durch umfangreiche statistische Auswer-
tungen von Eulitz [240] dahingehend bestätigt, dass sie gegenüber allen
früheren Vorschlägen die beste Abschätzung für den Dauer- und Zeitfestig-
keitsbereich von Wöhlerlinien liefert.

2.1.8
Kritik des Wöhler-Versuchs

Ohne Einschränkung treffen Schwingfestigkeitswerte aus Wöhler-Versuchen


für die Auslegung solcher Bauteile zu, deren Betriebsbeanspruchungen wie
im Wöhler-Versuch mit gleichbleibender Spannungsamplitude auftreten und
dauerfest oder auch im strengen Sinne zeitfest ertragen werden müssen.
Vor Einführung des Betriebsfestigkeits-Versuchs erfolgte die Auslegung
schwingbeanspruchter Bauteile jedoch auch dann nach Festigkeitswerten aus
Wöhler-Versuchen, wenn es sich um zufallsartig verlaufende Betriebsbean-
spruchungen handelte. Inwieweit eine solche Auslegung nach wie vor ersatz-
weise in Betracht kommen kann, lässt sich bei kritischer Abprüfung nur fall-
weise mit Bezug auf bisherige Betriebserfahrungen beurteilen, Abschn. 2.5.2
und 3.2.12.
Daneben dient der Wöhler-Versuch, als Versuch mit der elementarsten
Form einer Schwingbeanspruchung, seit jeher der grundlegenden Erfor-
schung des Werkstoffverhaltens unter Schwingbeanspruchung. Konventio-
nelle Wöhler-Versuche an ungekerbten Prüfstäben lassen dabei aber eine we-
sentliche Beanspruchungsgröße, nämlich die plastische Dehnungsamplitude,
außer Betracht, Abschn. 3.3.
Somit hat der Wöhler-Versuch hauptsächlich für folgende Aufgaben Be-
deutung:
– Ermittlung der Dauerfestigkeit und Zeitfestigkeit von Werkstoffen,
– Bemessung von Bauteilen nach Dauer- oder Zeitfestigkeitswerten,
– Untersuchung der Schädigungsmechanismen bei Schwingbeanspruchung,
– Vergleich werkstofflicher oder konstruktiver Bauteilvarianten,
– Schaffung einer Bezugsbasis zum Ansatz von Betriebsfestigkeits-Versuchen,
– Ermittlung von Wöhlerlinien für Schädigungsakkumulations-Rechnungen.
2.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv 51

2.2
Blockprogramm-Versuche
2.2.1
Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv

Die tatsächlichen Betriebsbeanspruchungen eines Bauteils lassen sich ver-


lässlich durch eine Messung bestimmen, die als Langzeitmessung angelegt ist
und alle maßgebenden Betriebsbedingungen in einem repräsentativen Ver-
hältnis erfasst [18, 79–83]. Mit Ausschnitten aus Messschrieben veran-
schaulicht Abb. 2.2–1 Beispiele gemessener Beanspruchungs-Zeit-Funktio-
nen, wie sie bei Betriebsfestigkeits-Versuchen zu berücksichtigen sind. Nach
der Systematik der Abb. 2.2–2 setzen sie sich zusammen aus einer Grundbe-
anspruchung, der sich Zusatzbeanspruchungen überlagern.

Abb. 2.2–1. Gemessene


Beanspruchungs-Zeit-
Funktionen [81]
1) Spannung an der
Hinterachse eines PKW
2) Druck in der Konden-
sationskammer eines
Reaktors
3) Spannung an einem
PKW-Rad
4) Drehmoment am An-
trieb eines Walzgerüstes
5) Biegemoment am Achs-
schenkel eines PKW
6) Lastvielfaches im
Schwerpunkt eines
Jagdflugzeuges
7) Druck in der Leitung
einer Pipeline
8) Lastvielfaches im
Schwerpunkt eines
Transportflugzeuges
52 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.2–2. Ursachen der Beanspruchungs-Zeit-Funktionen, nach Buxbaum

Im einfachsten Fall ist die Grundbeanspruchung konstant und z.B. durch


das Eigengewicht der Konstruktion oder einen anderen konstanten Lastzu-
stand bestimmt. Im allgemeinen Fall ist die Grundbeanspruchung quasista-
tisch veränderlich, beispielsweise aus der veränderlichen Beladung eines
Fahrzeugs, oder aus einer Veränderung des statischen Systems, wie bei Flug-
zeugen aus dem Boden-Luft-Lastspiel für den Flügelwurzelbereich, der auf
dem Rollfeld ein nach unten, im Flug hingegen ein nach oben gerichtetes Bie-
gemoment erfährt.
Zusatzbeanspruchungen entstehen entweder aus diskreten oder sich
wiederholenden Einzelereignissen, wie z.B. Fahrmanövern oder unfallähn-
lichen Situationen, oder sie sind durch Schwingungen hervorgerufen.
Schwingungen können innerhalb des Systems erregt sein, z.B. als Trieb-
werksschwingungen, oder sie sind aus Umgebungseinflüssen, wie z.B. Stra-
ßenunebenheiten, Böen oder Seegang, verursacht. Lediglich bei Schwingun-
gen, die aus Umgebungseinflüssen entstehen, handelt es sich um mehr oder
minder zufällige, d.h. stochastische Vorgänge, während die Beanspruchun-
gen aus den übrigen Ursachen zwar zufallsbestimmt, in ihrem Ablauf jedoch
deterministischer Art sein können.
Ausgehend von der zutreffenden Beanspruchungs-Zeit-Funktion lassen
sich die Lastannahmen für Betriebsfestigkeits-Versuche schaffen. In der
Gaßner’schen Konzeption wird dazu aus der Beanspruchungs-Zeit-Funk-
tion mittels statistischer Zählverfahren ein Beanspruchungskollektiv er-
mittelt [16, 18, 83]. Unterschiedliche Zählverfahren kommen dafür in Be-
tracht.
2.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv 53

In Betracht kommende Zählverfahren


Das nachstehend beschriebene Klassendurchgangs-Verfahren, das Spannen-
paar-Verfahren, Abschn. 2.2.6, das Spannen-Verfahren, Abschn. 2.3.7, das
Spitzenwert-Verfahren, Abschn. 2.3.7, sind als „Klassierverfahren für das Er-
fassen regelloser Schwingungen“ in DIN 45667 [84] aufgezeigt. Aus heutiger
Sicht sind die meisten dieser (einparametrischen) Zählverfahren zu verste-
hen als Sonderfälle einer (zweiparametrischen) Zählung nach dem Rainflow-
Verfahren, Abschn. 3.3.4, wie zum Teil auch einer (zweiparametrischen) Zäh-
lung nach dem Verfahren der Übergangsmatrix, Abschn. 2.3.7. Ein bewerten-
des Zählverfahren, als Weiterentwicklung des Rainflow-Verfahrens, bei dem
Mittelspannungs-, Reihenfolge-, Werkstoff- und Bauteileinflüsse schädigungs-
bewertet in das Amplitudenkollektiv eingehen, ist mit dem Verfahren der
Amplituden-Transformation gegeben, Abschn. 3.3.6. In Sonderfällen, insbe-
sondere für umlaufend beanspruchte Bauteile, kommt auch das Sampling-
oder Verweildauer-Verfahren [67] bzw. ein abgewandeltes oder zweipara-
metrisches Sampling-Verfahren in Betracht, Abschn. 2.2.7.

Zählung nach dem Klassendurchgangs-Verfahren


Bei dem Klassendurchgangs-Verfahren, im Fachschrifttum vielfach auch als
Zählung der Überschreitungshäufigkeiten bezeichnet, werden für die vorlie-
gende Beanspruchungs-Zeit-Funktion in einfacher Weise die Überschrei-
tungshäufigkeiten für äquidistant vorgegebene Klassengrenzen der Bean-
spruchung gezählt, Abb. 2.2–3: Bei der Bezugslinie und bei den Grenzen der
positiven Klassen werden alle von der Bezugslinie ins Positive gerichteten

Abb. 2.2–3. Zählung von Überschreitungshäufigkeiten, Klassendurchgangs-Verfahren


nach DIN 45667 [84]
54 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.2–4a, b. Zustandekommen und Ausdeuten eines Beanspruchungskollektivs bei


Zählung nach dem Klassendurchgangs-Verfahren; a für einen sinusförmigen, b für einen
zufallsartigen Beanspruchungsablauf [21]

Durchgänge (positive Überschreitungen) gezählt, bei den Grenzen der nega-


tiven Klassen alle von der Bezugslinie ins Negative gerichteten Durchgänge
(negative Überschreitungen).
Bei den seinerzeit eingesetzten Klassiergeräten mit mechanischen Zähl-
werken war die Anzahl der Klassen begrenzt; sie lag in der Regel bei etwa 8
bis 10 und maximal bei 20 Klassen. Bei der heute üblichen digitalen Klassie-
rung sind hingegen 64 oder 100 Klassen gebräuchlich.
Das Beanspruchungskollektiv besitzt die Eigenschaften einer Summen-
häufigkeitskurve und gibt an, wie oft die absolute Beanspruchungshöhe –
oder ein anderes Beanspruchungsmerkmal – innerhalb der betrachteten Be-
triebszeit eine bestimmte Größe erreicht oder übersteigt. Sein Zustandekom-
men und seine Ausdeutung lassen sich an Abb. 2.2–4 erläutern:
Bei einem etwa sinusförmigen Beanspruchungsablauf, wie er für den
Wöhler-Versuch typisch ist, werden dabei auf jedem Spannungsniveau zwi-

schen der Oberspannung So und der Unterspannung Su bei insgesamt H

Schwingspielen Hi = H Überschreitungen gezählt; außerhalb dieses Bereichs
ist die Überschreitungshäufigkeit Hi = 0. Das Kollektiv erscheint in der üb-

lichen halblogarithmischen Auftragung als Rechteck und besagt, dass H = N
Schwingspiele mit der gleichbleibenden Oberspannung So und Unterspan-
nung Su auftreten.
Entsprechend werden bei der zufallsartigen Beanspruchungs-Zeit-Funk-
tion Überschreitungshäufigkeiten Hi erhalten, die mit dem Abstand von der
Bezugslinie bzw. Mittelspannung Sm abnehmen. Die Ausdeutung des so er-
haltenen Kollektivs geht dahin, dass mit einer Häufigkeit Hi Schwingspiele
2.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv 55

auftreten, die die zugehörige Oberspannung Soi und die Unterspannung Sui
erreichen oder übersteigen.
Werden aus den Oberspannungen Soi und den Unterspannungen Sui die
Spannungsamplituden Sai = (Soi – Sui) / 2 gebildet und über der jeweiligen
Häufigkeit Hi aufgetragen, so entsteht das Amplitudenkollektiv. Ein Amplitu-
denkollektiv verlangt stets eine zusätzliche Angabe über die Mittelspannung,
und diese Mittelspannung muss keineswegs immer konstant und für alle
Spannungsamplituden gleich sein, Abschn. 2.2.5.
Es muss allerdings angemerkt werden, dass diese einfache Ableitung eines
Amplitudenkollektivs nicht die einzig mögliche und damit nicht eindeutig
ist. Vielmehr können sich mit einer bestimmten Form des Kollektivs der
Überschreitungshäufigkeiten recht verschiedene Formen des Amplituden-
kollektivs verbinden, wie z.B. die aus Übergangsmatrizen erzeugten Kollek-
tive und Abläufe für unterschiedliche Unregelmäßigkeitsfaktoren erkennen
lassen, Abb. 2.3–36 und 2.3–37, oder wie aus Abb. 2.2–19 bei Anwendung des
Spannenpaar-Verfahrens zu ersehen ist.
Für die folgenden Ausführungen sei zunächst der Fall betrachtet, dass sich
die dynamische Zusatzbeanspruchung etwa symmetrisch einer z.B. aus dem
Eigengewicht entstehenden, annähernd konstanten Mittelspannung überla-
gert. Die Darstellung darf sich dann auf den oberen, von der Mittelspannung
aus positiv zu rechnenden Ast der Verteilungskurve beschränken, der zu-
gleich die Form des Amplitudenkollektivs bezeichnet.

Kennwerte eines Kollektivs


Als wesentliche Kennwerte der Betriebsbeanspruchung (in der Gaßner’schen
Bezeichnungsweise, Abschn. 1.2.2) werden mit dem Kollektiv beschrieben:

– die Gesamthäufigkeit oder der Kollektivumfang H, definiert als Gesamt-
zahl der großen, mittleren und kleinen Schwingspiele, die innerhalb der
betrachteten Betriebszeit auftreten;
– die Kollektivform, die den relativen Anteil der großen, mittleren und klei-
nen Amplituden an der Gesamthäufigkeit angibt und einem bestimmten
statistischen Verteilungsgesetz entspricht und
– –
– die Höchstwerte So und Su oder dementsprechend die größte Spannungs-
– –
amplitude Sa und die zugehörige Mittelspannung Sm .
Kollektive, die bei Betriebsfestigkeits-Untersuchungen anfallen, bieten eine
fast unbegrenzte Vielfalt. Doch zeichnen sich in dieser Vielfalt – mehr oder
weniger idealisiert – einige typische und häufig vorkommende Kollektivfor-
men ab [85]. Sie sind in Abb. 2.2–5 als Amplitudenkollektive einander gegen-

übergestellt, wobei die höchste Spannungsamplitude Sa im bezogenen Maß-
stab gleich 1 gesetzt und der Kollektivumfang einheitlich zu 106 gewählt ist.
Diese einheitliche Darstellung ist für den Vergleich verschiedener Kollektiv-
formen nicht nur zweckmäßig, sondern darüber hinaus notwendig, um den
Höchstwert eines Amplitudenkollektivs wie folgt zu definieren:
56 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.2–5. Typische


Formen des Amplituden-
kollektivs in bezogener
Darstellung [85]

Als Höchstwert des Amplitudenkollektivs gilt diejenige Spannungsampli-



tude Sa , die im (originären) Beanspruchungsablauf mit einer relativen Häu-
figkeit 1:106 erreicht oder überschritten wird. Noch seltener auftretende
Spannungsamplituden, die den so definierten Höchstwert des Kollektivs
übersteigen, können vom Standpunkt der Betriebsfestigkeit in der Regel un-
berücksichtigt bleiben, doch sind sie unter Umständen im Maximalspan-
nungs-Nachweis für die Bemessung ausschlaggebend und in dieser Hinsicht
zu beurteilen [86], Abschn. 1.1.2 sowie Abschn. 2.1.7, Abb. 2.1–21.
Die rechteckige Kollektivform a einer Schwingbeanspruchung mit gleich-
bleibenden Amplituden, wie sie dem Wöhler-Versuch zugrunde liegt, erweist
sich als die obere Grenzkurve aller möglichen Kollektivformen. Sie unter-
scheidet sich von allen anderen Kollektivformen auch dadurch, dass sie nicht
von der Art des angewandten Zählverfahrens abhängt. Der Wöhler-Versuch
erweist sich also auch bezüglich der Kollektivform als elementarer Grenzfall
eines Betriebsfestigkeits-Versuchs, der sich mithin zwanglos in die Betrach-
tung einbeziehen lässt.
Die Kollektivform c, die sog. Normverteilung [87], Abschn. 2.2.4, trifft mit
geringfügigen Korrekturen für den theoretisch behandelbaren Sonderfall
einer rein zufallsbestimmten, stationären Schwingbeanspruchung zu [80].
Sie wird beispielsweise für die aus der Straßenunebenheit beanspruchten
Fahrzeugteile erhalten, wenn die Messung unter stationären Betriebsbedin-
gungen, also auf einer Strecke mit einheitlicher Straßenbeschaffenheit bei
gleichbleibender Fahrgeschwindigkeit und Beladung geschieht.
Die Kollektivformen d und e sind als eine Überlagerung mehrerer Vertei-
lungen der Form c zu deuten, die zustande kommt, wenn die Messung insta-
tionäre Betriebsbedingungen erfasst; im Falle eines Fahrzeugteiles beispiels-
weise bei einer Messfahrt auf unterschiedlich beschaffenen Straßen mit ver-
änderlicher, der jeweiligen Verkehrslage angepasster Geschwindigkeit und
mit wechselnder Beladung [88–90], Abb. 2.2–6.
Kollektivformen vom Typ b haben vor allem mit DIN 15018 [34] für die
Bemessung von Schweißkonstruktionen im Kranbau Bedeutung erlangt. Sie
2.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv 57

Abb. 2.2–6. Spezielle Kollektivform beschrieben als Überlagerung mehrerer Normvertei-


lungen [90]

sind dadurch gekennzeichnet, dass die Spannungsamplitude mit sehr großer


relativer Häufigkeit einen bestimmten Wert überschreitet, der z.B. aus dem
Gewicht der leeren Katze in Kranmitte gegeben ist, und dass die darüber hi-
nausgehenden Schwingungsausschläge dem Verteilungsgesetz der Form c ent-
sprechen [83, 85]. In leicht idealisierter Form lassen sich die Kollektivformen
vom Typ b durch einen Parameter p von der Verteilungsform a bis auf die
Verteilungsform c variieren, Abb. 2.2–7.

Abb. 2.2–7. p-Wert-Kollektive [85]


58 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.2–8. Gemessene Kollektive der Lenkstangenkraft eines Lastkraftwagens auf Stra-
ßen unterschiedlicher Beschaffenheit, nach Svenson

Zahlenwerte typisierter Kollektivformen sind im Anhang 5.2 zu finden.


Abb. 2.2–8 veranschaulicht Kollektive für die Lenkstangenkraft eines Last-
kraftwagens, wie sie auf Straßen mit nahezu einheitlicher Beschaffenheit und
auf Straßen mit unterschiedlicher Beschaffenheit gemessen wurden. Für die
nahezu stationären Bedingungen bei der Messung auf einer kurzen Schlag-
lochstrecke oder auf einem kurzen Teilstück einer Teerstraße mittlerer Be-
schaffenheit ist in guter Annäherung die Kollektivform c der Normverteilung
zu verzeichnen. Für die Messung auf einer Rundstrecke über Straßen unter-
schiedlicher Beschaffenheit stellt sich die Geradelinienverteilung d ein.
Um den Kollektivhöchstwert gemäß seiner vorstehenden Definition für
eine Überschreitungswahrscheinlichkeit von 1:106 zu bestimmen, ist ins-
besondere bei nur kurzen Messstrecken eine Extrapolation unter Ansatz der
als zutreffend erachteten Kollektivform vorzunehmen. Die in diesem Zu-
sammenhang für gemessene Kollektive zu beachtende Streuung wird er-
kennbar, wenn die Rundstreckenmessung für einzelne Teilstrecken ausge-
wertet wird. Die Streuung betrifft vor allem den Kollektivhöchstwert, weni-
ger hingegen den Kollektivumfang je Kilometer Fahrstrecke oder die Kollek-
tivform.
Wie die Streuung gemessener Kollektive und ihre Extrapolation gehand-
habt werden kann, ist im Abschn. 3.5, speziell in den Abschn. 3.5.1, 3.5.3 und
3.3.4, ausgeführt.

2.2.2
Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung

Beanspruchungskollektive bilden nach dem Vorschlag Gaßners die Grund-


lage für den Ansatz von Blockprogramm-Versuchen, mit denen das Schwing-
2.2.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung 59

Abb. 2.2–9. Normverteilung und zugehörige Treppenkurve [87]

festigkeitsverhalten von Bauteilen unter zufallsartiger Beanspruchung er-


mittelt werden kann [14–16, 91]. Dazu wird das Amplitudenkollektiv durch
eine Treppenkurve ersetzt, Abschn. 3.2.5. Abb. 2.2–9 zeigt die Normverteilung
mit der zugehörigen Treppenkurve. Die Amplituden Sai und die Häufigkeit hi
in den acht Laststufen i sind so abgestimmt, dass sie eine möglichst gute An-
näherung an die stetige Verteilungsform liefern.
Eine betriebsähnliche Durchmischung der kleinen, mittleren und großen
Spannungsamplituden nach der Treppenkurve wird im Blockprogramm-
Versuch durch eine periodische Aufeinanderfolge der Laststufen in soge-
nannten Teilfolgen erreicht, Abb. 2.2–10. Der Versuch beginnt in der ersten

Abb. 2.2–10. Stufenfolge im Ablauf des Gaßner’schen Blockprogramm-Versuchs [14]


60 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Teilfolge mit einer mittleren Laststufe (Stufe 4), von der aus die Beanspru-
chung stufenweise bis zur höchsten Laststufe (Stufe 1) ansteigt, von dieser in
die kleinste Laststufe (Stufe 8) abfällt und erneut ansteigt, abfällt, ansteigt,
usw., bis der Bruch des Bauteils eintritt. Die seinerzeit für Blockprogramm-
Versuche entwickelten Prüfmaschinen besitzen zwei Antriebssysteme, von
denen das eine die geringen Schwingspielzahlen in den hohen Laststufen mit
niedriger Frequenz (Langsamantrieb), das andere die großen Schwingspiel-
zahlen der niedrigen Laststufen mit höherer Prüffrequenz (Schnellantrieb)
aufzubringen gestattet, wobei im Schnellantrieb eine dynamische Kalibrie-
rung nötig werden kann.
Der Teilfolgenumfang, d.h. die Gesamtzahl der Schwingspiele in einer
Teilfolge hat sich nach der bis Bruch erwarteten Schwingspielzahl zu richten.
Er muss so gewählt sein, dass stets mehrere Teilfolgen bis zum Bruch des
Bauteils durchlaufen werden, um eine hinreichende Durchmischung von
hohen und niedrigen Lasten und damit eine wirklichkeitsnahe Simulation
der im Betrieb auftretenden Beanspruchungen zu erzielen. Unter Umständen
bedeutet diese Forderung eine Verkürzung der Teilfolge nach Abb. 2.2–10 in
der Art, dass die höchsten Laststufen nicht mehr in jedem Teilfolgendurch-
lauf enthalten sind [75], Abb. 2.2–11.
Verschiedene Varianten zum Gaßner’schen Ablaufplan des Blockpro-
gramm-Versuchs wurden vorgeschlagen, haben aber keine praktische Be-
deutung erlangt [93], Abb. 2.2–12. Werden alle Teilfolgen monoton steigend
durchlaufen (auf-auf-Folge), ergeben sich etwas höhere, werden sie mono-
ton fallend durchlaufen (ab-ab-Folge), ergeben sich etwas niedrigere Lebens-
dauerwerte, als wenn sie abwechselnd steigend und fallend aufeinanderfol-
gen (auf-ab oder ab-auf); mit zunehmender Teilfolgenzahl verschwinden
diese Unterschiede [16, 94]. Die zufallsartig aufeinanderfolgenden Blöcke mit
Markov-Übergängen sind dadurch gekennzeichnet, dass jeweils nur Über-
gänge von einer Blockstufe zur gleichen, nächst höheren oder nächst niedri-
geren möglich sind, was einer schmalbandigen stochastischen Schwingung
nahekommt, bei der sich die Amplituden nur langsam in der Form einer
Schwebung ändern [95], Abschn. 2.3. Auch zweiparametrische Verteilungen für
Amplitude und Mittellast wurden in Blockprogramm-Versuchen dargestellt,

Abb. 2.2–11. Stufenfolge bei


verkürzter Teilfolge [92]
2.2.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung 61

a e

b f

c g

d h

Abb. 2.2–12a – h. Varianten für den Ablauf von Blockprogramm-Versuchen [93].


a auf-ab-Folge e Gaßner’sche auf-ab-auf-Folge
b ab-auf-Folge f Zufalls-Stufenfolge mit beliebigen Übergängen
c ab-ab-Folge g Zufalls-Stufenfolge mit Markov’schen Übergängen
d auf-auf-Folge h Amplituden mit unterschiedlichen Mittellasten

was aber nach heutigem Kenntnisstand gewissen Vorbehalten begegnen


muss, Abschn. 2.4.
Zur Auswertung und Darstellung der Versuchsergebnisse dient der

Höchstwert des Amplitudenkollektivs, z.B. die Spannungsamplitude S a , als
Maß für die Beanspruchungshöhe. Definitionsgemäß ist dieser Höchstwert
mit einer relativen Häufigkeit 1:106 im (stetigen) Amplitudenkollektiv ent-
halten, Abb. 2.2–5, während er nach der Treppenkurve eine davon abwei-
chende relative Häufigkeit haben kann, Abb. 2.2–9.

Die bis Bruch ertragene Anzahl N der Schwingspiele mit unterschiedlicher
Amplitude bestimmt sich aus der bis zum Bruch ertragenen Teilfolgenzahl Z
mal dem gewählten Teilfolgenumfang ∑hi . Zum Abschätzen von Bruchteilen
der letzten Teilfolge rechnen die noch durchlaufenen Laststufen mit ihren re-
lativen
– Schädigungsbeiträgen, Abschn. 3.2.3. Diese ertragene Schwingspiel-
zahl N und die Lebensdauer L eines Bauteils, die z.B. in Betriebsstunden, in
Fahrkilometern oder in Anzahl der Flüge gerechnet werden kann, sind ein-
ander proportional, wobei sich der Umrechnungsfaktor für den Einzelfall aus
dem Kollektivumfang je Lebensdauer-Einheit ergibt.
Das Auftragen der Versuchsergebnisse geschieht zweckmäßig, wie bei
Wöhler-Versuchen, in einem doppellogarithmischen Netz mit unterschied-
licher Dekadenlänge für den Spannungs- und den Schwingspielzahl-Maß-

stab, Abb. 2.2–13. Der Zusammenhang zwischen der Beanspruchungshöhe S a

und der ertragenen Schwingspielzahl N stellt sich dann als Lebensdauerlinie
dar. Sie lässt sich in dem experimentell belegten Schwingspielzahl-Bereich
im Allgemeinen durch eine Gerade annähern und formelmäßig durch die
Potenzgleichung
– – – – –
N = N1 · (S a / S a1)–k für S a > SD (2.2–1)
62 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.2–13. Statistisch ausgewertete Versuchsergebnisse aufgetragen zur Wöhlerlinie und


zur Lebensdauerlinie [96]

beschreiben. Bei einer Extrapolation auf höhere Schwingspielzahlen sind je-


doch Abweichungen von der Geraden zu beachten [96], Abb. 3.2–21. In Gl.
– –
(2.2–1) bedeuten S a1 und N1 die Koordinaten eines zweckmäßig
– gewählten
Bezugspunktes auf der Lebensdauerlinie. Der Exponent k , der von diesem
Bezugspunkt ausgehend die Neigung – der Lebensdauerlinie beschreibt, liegt
üblicherweise bei Werten zwischen k = 4 und 10. Schon geringe Änderungen
in der Beanspruchungshöhe bewirken mithin eine beachtliche Änderung der
ertragenen Schwingspielzahl oder Lebensdauer, weil sie mit der vierten bis
zehnten Potenz eingehen.
Um die Lebensdauerlinie in ihrer Lage und Neigung zu bestimmen, sind
jeweils mehrere, statistisch auszuwertende Versuche auf wenigstens zwei
Prüfhorizonten erforderlich, die spannungsmäßig zumindest im Verhältnis
1: 1,2, besser 1: 1,5, auseinanderliegen sollen. Dabei werden die Spannungs-

amplituden in allen Stufen der Teilfolge im Verhältnis der Sa-Werte ernied-
rigt bzw. erhöht. Das Spannungsverhältnis
– – –
R = Su / S o (2.2–2)
der höchsten Laststufe (Stufe 1) wird konstant gehalten und die Spannungs-

amplituden Sai in den übrigen Laststufen überlagern sich dann der durch Sa
– –
und R bestimmten Mittelspannung S m der höchsten Laststufe. Die Wahl eines
Prüfhorizontes ist allerdings zu höheren Spannungswerten hin durch die
Streckgrenze eingeschränkt. Versuche auf einem zu hohen Prüfhorizont lie-
fern u.U. unzutreffende Bruchausgangsstellen, Bruchverläufe und Einschät-
zungen der Lebensdauerlinie. Die statistische Versuchsplanung und Auswer-
tung entspricht der von Zeitfestigkeits-Versuchen, Abschn. 2.1.5. Die dabei
festgestellte Streuspanne geht in die Betrachtungen nach Abschn. 3.5 ein.
2.2.3 Einfluss der Kollektivform 63

2.2.3
Einfluss der Kollektivform

Wie stark die Lebensdauer eines geschweißten Bauteils bei vorgegebenem



Beanspruchungswert S a von der Form des Amplitudenkollektivs abhängt,
veranschaulicht Abb. 2.2–14. Es stützt sich auf umfangreiche Untersuchun-
gen zu dieser Frage, die als Grundlage der Krannorm DIN 15018 [41] an
Schweißverbindungen durchgeführt wurden [19, 85].
Für die am oberen Bildrand skizzierten Kollektivformen gelten die einge-
zeichneten Lebensdauerlinien als untere Streugrenzen, genauer gesagt, für
eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 90%. Unter einer vorgegebenen Be-

anspruchung von beispielsweise S a = 250 N/mm2 kann demnach die Lebens-
dauer je nach der Kollektivform zwischen N = 104 und 108 Schwingspiele be-
tragen. Das heißt mit anderen Worten, je nach Kollektivform kann die Le-
bensdauer eines geschweißten Bauteils, wenn von der gleichen zulässigen

Spannungsamplitude S a ausgegangen wird, über etwa vier Dekaden schwan-
ken. Die Lebensdauer fällt erwartungsgemäß umso kürzer aus, je völliger die
Kollektivform ist, d.h. je mehr Schwingspiele mit einer relativ großen Am-
plitude im zeitlichen Beanspruchungsablauf enthalten sind.
Bei der Lebensdauerlinie für das rechteckige Beanspruchungskollektiv, die
in Abb. 2.2–14 am weitesten links liegt, handelt es sich um die Zeitfestig-
keitslinie aus Wöhler-Versuchen, die oberhalb 106 Schwingspielen in die ho-
rizontale Dauerfestigkeitslinie abbiegt. Für die übrigen Kollektivformen zeigt

Abb. 2.2–14. Lebensdauerlinien einer Schweißverbindung für verschiedene Formen des


Amplitudenkollektivs [21]
64 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.2–15. Lebensdauerlinien eines Kerbstabs für verschiedene Formen des Amplitu-
denkollektivs [90]


sich, dass der Beanspruchungswert S a für eine vorgegebene Lebensdauerfor-

derung von beispielsweise N = 107 oder 108 Schwingspielen die Dauerfestig-
keit SD je nach der Kollektivform bis zum rund Dreifachen übersteigen darf.
Bei besonders günstiger Kollektivform steht einer weiteren Erhöhung der
zulässigen Beanspruchung im Allgemeinen entgegen, dass die Oberspannung

S o die zulässige Maximalspannung nicht übersteigen darf. Entsprechend Gl.
(2.1–21) gilt sinngemäß für die Abgrenzung zum Kurzzeitfestigkeitsbereich
bzw. zur Formdehngrenze
– –
S a < SF · (1 – R) / 2 . (2.2–3)
Diese Abgrenzung gilt selbst dann, wenn an dieser Beanspruchungsgrenze

die ertragbare Schwingspielzahl N höher ausfällt als gefordert oder ver-
suchstechnisch realisierbar. Es hat dann die Formdehngrenze als Bemes-
sungsgrundlage zu dienen.
Abb. 2.2–15 belegt den Einfluss der Kollektivform in einer Abb. 2.2–14
entsprechenden Weise für den Kerbstab aus einer Aluminiumlegierung.

2.2.4
Normverteilung als Einheitskollektiv
Aus den Abb. 2.2–14 und 2.2–15 wird die Form des Amplitudenkollektivs als
eine dominante Einflussgröße der Betriebsfestigkeit erkennbar. Spezielle
Kollektivformen, wie sie aus Langzeitmessungen im Betrieb erhalten werden,
gestatten deshalb auch einen wirklichkeitsnahen Nachweis der Lebensdauer
für die betreffenden Bauteile. Als spezielle Kollektive haben sie im Allgemei-
2.2.4 Normverteilung als Einheitskollektiv 65

nen aber nur für den konkreten Einzelfall Bedeutung mit dem Nachteil, dass
Ergebnisse aus solchen Untersuchungen nicht ohne weiteres miteinander
vergleichbar sind.
Bei allen Betriebsfestigkeits-Versuchen, die nicht durch die Aufgabenstel-
lung an ein spezielles Kollektiv gebunden sind, empfiehlt es sich deshalb, auf
ein sinnvolles Einheitskollektiv zurückzugreifen und die Ergebnisse erst im
Zuge ihrer Anwendung auf das für den betreffenden Anwendungsfall speziell
interessierende Kollektiv umzurechnen, Abschn. 3.3.7 und 3.2.12. Mit einer
solchen Handhabung ergeben sich entscheidende Vorteile:
– Auf der Grundlage eines Einheitskollektivs können verallgemeinerungsfä-
hige Betriebsfestigkeits-Daten für eine Vielzahl von Bauteilen systema-
tisch und mit vertretbarem Aufwand geschaffen werden.
– Auf der Grundlage eines Einheitskollektivs können Ergebnisse aus ähn-
lich gelagerten Untersuchungen miteinander verglichen und neu anfal-
lende Ergebnisse aufgrund von Erfahrungswerten unmittelbar beurteilt
werden.
– Auf der Grundlage eines Einheitskollektivs können Maßnahmen zur Le-
bensdauersteigerung eines als schwingbruchkritisch anzusehenden Bau-
teils bereits zu einem Zeitpunkt ermittelt werden, zu dem das Kollektiv
der Betriebsbeanspruchung noch nicht genau bekannt ist.
Die Normverteilung, Abb. 2.2–9, bot sich seinerzeit vor allen anderen Kol-
lektivformen als ein solches Einheitskollektiv an. Bereits im Jahre 1948
von Gaßner empirisch durch Extrapolation von Messergebnissen nach
einer „binomischen Häufigkeits-Verteilung“ abgeleitet, wurde sie seitdem
in vielen Laboratorien in dieser Form im Sinne eines Einheitskollektivs
verwendet. Die zahlreichen Ergebnisse aus bisherigen Versuchen mit der
Normverteilung bilden damit einen beachtlichen Schatz von Erfahrungs-
werten.
Eine sachliche Rechtfertigung für diese Entscheidung lieferten auch neue-
re Erkenntnisse, wonach die Normverteilung nur geringfügige Abweichun-
gen von der theoretisch ableitbaren Kollektivform eines stationären Gauß-
Prozesses zeigt. Die meisten Sonderkollektive entstehen als eine Überlage-
rung mehrerer solcher Kollektive eines stationären Gauß-Prozesses und sie
lassen sich bei Betriebsfestigkeits-Untersuchungen auch weitgehend in die-
ser Weise behandeln [88, 89], Abb. 2.2–6.
Gegenüber Versuchen mit weniger völligen Kollektivformen, wie z.B. der
Geradelinien-Verteilung (d) oder der Logarithmischen Normverteilung (e)
nach Abb. 2.2–5, bietet die Normverteilung den Vorteil vergleichsweise kür-
zerer Versuchszeiten. Diese beiden Kollektivformen, wie auch die vorer-
wähnten p-Wert-Kollektive (b), haben sich gleichfalls als typisierte Kollektive
für Blockprogramm-Versuche festgeschrieben, Anhang 5.2.
66 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

2.2.5
Amplitudenkollektiv, Mittelspannung und Spannungsverhältnis

Bei Betriebsfestigkeits-Versuchen bestehen drei grundsätzlich verschiedene


Möglichkeiten, die Mittelspannung und das Spannungsverhältnis für ein vor-
gegebenes Amplitudenkollektiv festzulegen. Die Spannungswerte in den ein-
zelnen Laststufen (Index i) und die Spannungswerte der höchsten Laststufe
(gekennzeichnet mit Querstrich) können dabei wie folgt bestimmt sein [68]:
Fall 1, Abb. 2.2–16a: Die Mittelspannung ist in allen Laststufen gleich, das
Spannungsverhältnis wird durch die Höchstwerte des Kollektivs bestimmt:
– – – – – – –
Smi = S m = S a · (1 + R) / (1 – R) = konstant; R = S u / S o . (2.2–4)

Abb. 2.2–16. Zur Definition


der Mittelspannung und
des Spannungsverhältnis-
ses bei Betriebsfestigkeits-
Versuchen

c
2.2.5 Amplitudenkollektiv, Mittelspannung und Spannungsverhältnis 67

Fall 2, Abb. 2.2–16b: Die Mittelspannung ist in den einzelnen Laststufen je-
weils den Amplituden proportional, das Spannungsverhältnis ist für jede
Laststufe gleich:
Smi = Sai · (1 + Ri) / (1 – Ri); Ri = Sui / Soi = konstant. (2.2–5)
Fall 3, Abb. 2.2–16c: Die Mittelspannung und das Spannungsverhältnis sind
für jede Laststufe verschieden:
Smi = verschieden; Ri = verschieden . (2.2–6)

Für die Sonder- und Grenzfälle einer konstanten Unterspannung Sui = S u

oder konstanten Oberspannung Soi = S o gilt
– –
Smi = S u + Sai ; Ri = S u / Soi oder (2.2–7)
– –
Smi = S o – Sai ; Ri = Sui / S o . (2.2–8)
Die Kombinationsmöglichkeiten im Fall 3 sind nahezu unbegrenzt. Span-
nungsamplitude und Spannungsverhältnis können andererseits nicht unein-
geschränkt kombiniert werden, denn auch hierbei gilt die Abgrenzung zum
Kurzzeitfestigkeitsbereich bzw. zur Formdehngrenze nach Gl. (2.2–3).
Ein interessanter Sonderfall liegt vor, wenn die Unterspannung in allen
Stufen gleich und z.B. aus dem Eigengewicht gegeben ist, sodass sich die ver-
änderlichen Betriebslasten in stets gleichem Vorzeichensinn addieren, Abb.
2.2–16c. Der Fall 1 hat besondere Bedeutung für solche Bauteile, z.B. des
Fahrzeug- und Flugzeugbaus, bei denen sich Schwingbeanspruchungen sym-
metrisch einer aus dem Eigengewicht vorgegebenen Mittelspannung überla-

gern. Im Sonderfall der Mittelspannung S m = Smi = 0, d.h. bei reiner Wech-

sellast in allen Stufen mit Ri = R = – 1, sind der Fall 1 und 2 identisch.
Versuchsergebnisse, die für den Fall 1 bei einem Spannungsverhältnis
– –
R > – 1 gewonnen wurden, dürfen für das gleiche Spannungsverhältnis R im
Fall 2, und mit wenigen Ausnahmen auch im Fall 3, als eine auf der sicheren
Seite liegende Näherung angesehen werden, weil nämlich, wie aus Abb.
2.2–16 zu ersehen, alle übrigen Laststufen im Fall 1 ein ungünstigeres Span-
nungsverhältnis Ri aufweisen. Insofern dürfen sich allgemeine Betriebsfes-
tigkeits-Daten vornehmlich auf den Fall 1 beziehen.

Wie sich eine von Null verschiedene Mittelspannung S m im Betriebsfestig-
keits-Versuch auf die ertragbare Beanspruchungshöhe auswirkt, lässt sich
entsprechend dem Haigh’schen Dauer- und Zeitfestigkeits-Schaubild, Abb.
2.2–17a, in einem Betriebsfestigkeits-Schaubild darstellen, Abb. 2.2–17b. Den
vorstehenden Ausführungen folgend wird dabei von den weitgehend verall-
gemeinerungsfähigen Ergebnissen für den Fall 1 ausgegangen. Das Betriebs-
festigkeits-Schaubild bezeichnet somit die Spannungsamplitude, die Mittel-
spannung und das Spannungsverhältnis für die höchste Laststufe des Ampli-
tudenkollektivs.
Dass sich der Mittelspannungs-Einfluss dabei anders als im betreffen-
den Dauer- und Zeitfestigkeits-Schaubild darbietet, hat zwei Gründe: Ein-
68 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

a b

Abb. 2.2–17. Darstellung des Mittelspannungs-Einflusses in Wöhler- und Betriebsfestig-


keits-Versuchen als Haigh-Schaubild, Werkstoff AlCuMg2, nach Gaßner und Schütz

mal entstehen an einer Kerbstelle unter der höchsten Laststufe aus einer
örtlichen plastischen Verformung des Werkstoffs Eigenspannungen, die die
wirksame Mittelspannung gegenüber der angegebenen verändern, Abschn.
3.3. Zum anderen ist es der Umstand, dass im Betriebsfestigkeits-Versuch
nicht die aufgetragene Spannungsamplitude der höchsten Laststufe, son-
dern vorrangig die Spannungsamplitude in einer der niedrigeren Laststufen
mit ihrem ungünstigeren Spannungsverhältnis schädigungsbestimmend ist,
Abschn. 3.2.3.

2.2.6
Überlagerte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz

Als ein weiterer Fall ist zu erörtern, dass sich einer langsam (quasistatisch)
veränderlichen Schwingbeanspruchung eine mit höherer Frequenz verän-
derliche Zusatzbeanspruchung überlagert. In diesem Fall liefern das Klas-
sendurchgangs-Verfahren und die anhand von Abb. 2.2–4 beschriebene Aus-
deutung des Zählergebnisses ein möglicherweise recht unzutreffendes Am-
plitudenkollektiv.
So kann es angezeigt sein, kleinere Schwingungen um eine Klassengrenze
für die Zählung zu unterdrücken, indem eine erneute Zählung erst wieder
zugelassen wird, nachdem der Momentanwert der Schwingung diese Klas-
sengrenze um einen bestimmten Betrag, die sog. Rückstellbreite, unter-
2.2.6 Überlagerte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz 69

Abb. 2.2–18a, b. Kleine Schwingungen


um die Klassengrenze, a Zählung
nicht unterdrückt, b Zählung inner- a
halb der Rückstellbreite unterdrückt,
nach DIN 45667 [84]

Abb. 2.2–19a, b. Einfluss des Zählverfahrens bei Zwischenschwingungen oder Mittellast-


schwankung:
a Zählung nach dem Klassendurchgangs-Verfahren,
b Zählung nach dem Spannenpaar-Verfahren

schritten hatte, Abb. 2.2–18; abzuschätzen ist dazu, wie groß die unterdrück-
ten Schwingungen sein dürfen, ohne das Ergebnis zu verfälschen, siehe z.B.
Abb. 2.3–21. Größere überlagerte Schwingungen führen beim Ausdeuten der
gezählten Klassendurchgänge zu einer Überschätzung der auftretenden Am-
plituden und zu einer Unterschätzung der zugehörigen Schwingspielzahl,
Abb. 2.2–19a. Dieser Sachverhalt wirft die Frage nach einem Zählverfahren
auf, das auch in solchen Fällen eine zutreffende Ableitung und Ausdeutung
des Amplitudenkollektivs gestattet.
70 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Zählung nach dem Spannenpaar-Verfahren


Als ein in dieser Hinsicht geeignetes Zählverfahren bietet sich das Spannen-
paar-Verfahren nach DIN 45667 [84] an, Abb. 2.2–20, das aus heutiger Sicht
als ein Sonderfall des Rainflow-Verfahrens, Abschn. 3.3.3, zu betrachten ist.
Bei ihm werden von Unterwerten aufwärts positive Spannen und von Ober-
werten abwärts negative Spannen erfasst. Eine Zählung wird aber erst dann
vorgenommen, wenn zu einer positiven Spanne eine gleich große negative
Spanne (+ S1 und – S1, + S2 und – S2, usw.) als Spannenpaar aufgetreten ist.
Um auch die Spanne aus niedrigstem Unterwert und höchstem Oberwert mit
Sicherheit zu erfassen, wird die Zählung bei einem Wert unterhalb des nied-
rigsten Unterwertes begonnen. Eine kleine Spanne kann mehrmals gezählt
werden, bevor die Zählung einer größeren Spanne ausgelöst wird; z.B. wird
S1 an der Stelle A zum zweiten Mal gezählt, obwohl die Zählungen von S4
und S5 noch offen sind. Bei ausschließlicher Zählung der Spannenpaare geht
allerdings die Information über die den Schwingspielen zuzuordnende
Mittelspannung verloren. Abb. 2.2–19b, und insofern wird auch ein etwaiger
Mittelspannungseinfluss unterschätzt.
Anhand idealisierter Beanspruchungsabläufe, erzeugt aus der Überlage-
rung von Sinusschwingungen unterschiedlicher Frequenz und unterschied-
licher, innerhalb von Teilfolgen stufenweise veränderter Amplituden, erar-
beiteten Svenson und Lipp [97] eine pragmatische Lösung des Problems der
überlagerten Schwingungen:
Im Vergleich zum Originalablauf A fanden sie beim Ansatz des Amplitu-
denkollektivs nach dem Klassendurchgangs-Verfahren B stets zu kurze, beim
Ansatz des Amplitudenkollektivs nach dem Spannenpaar-Verfahren C stets
zu lange Lebensdauerwerte, Abb. 2.2–21. Um eine brauchbare Annäherung

Zählung
vorbereitet
Schwingungsgröße

Zählung
getätigt

Zeit

Abb. 2.2–20. Spannenpaar-Verfahren nach DIN 45667 [84]


2.2.6 Überlagerte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz 71

Abb. 2.2–21a–c. Versuchsergebnisse zum Einfluss überlagerter Schwingungen unter-


schiedlicher Frequenz, nach Svenson und Lipp [97]; a Beispiel eines Originalablaufs A,
b zugehörige Häufigkeitsverteilungen nach dem Klassendurchgangs-Verfahren B bzw.
nach dem Spannenpaar-Verfahren C, c Lebensdauerwerte aus Versuchen nach B oder C,
bezogen auf die Lebensdauer nach A für die Abläufe A2 bis A7
72 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.2–22. Amplitudenkollektive nach dem Klassendurchgangs-Verfahren und nach


dem Spannenpaar-Verfahren für Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit konstanter bzw.
mit veränderlicher Mittellast [97]

an die wahre Lebensdauer zu erhalten, schlugen Svenson und Lipp vor, eine
gemittelte Häufigkeitsverteilung zugrunde zu legen. Sie entsteht aus einer
geometrischen Mittelung der Überschreitungshäufigkeiten, wie sie nach dem
Klassendurchgangs-Verfahren und nach dem Spannenpaar-Verfahren erhal-
ten werden.
Als ein Anwendungsbeispiel zeigt Abb. 2.2–22 Amplitudenkollektive für
die Biegemomente eines PKW-Achsschenkels. Bei Geradeausfahrt mit nur
geringen Querbeschleunigungen liefert die Auszählung nach beiden Verfah-
ren praktisch übereinstimmende Amplitudenkollektive. Auf längeren Stre-
cken mit großem Kurvenanteil weichen die beiden Amplitudenkollektive
voneinander ab und weisen damit auf das Vorhandensein nicht mehr ver-
nachlässigbarer Mittellast-Schwankungen hin. Die kombinierte Anwendung
des Klassendurchgangs-Verfahrens und des Spannenpaar-Verfahrens liefert
mithin ein empfindliches Kriterium für das Vorhandensein einer schwan-
kenden Grund- oder Mittelspannung.
Die Anwendungskriterien der von Svenson und Lipp aufgezeigten Nähe-
rung sind in ihrer fließenden Abgrenzung gegenüber Beanspruchungsvor-
gängen mit systematisch ausgeprägten Veränderungen der Grundbeanspru-
chung zu sehen. Ausgeprägte und häufige Schwankungen der Grundbean-
spruchung verändern nicht nur die Häufigkeitsverteilung, und zwar je nach
Zählverfahren mehr oder weniger stark, sondern sie wirken sich auch in er-
heblichem Maße auf das Betriebsfestigkeitsverhalten aus. Solche Beanspru-
chungsvorgänge sind Gegenstand der im Abschn. 2.4 behandelten Versuchs-
techniken und der im Abschn. 3.3 behandelten Rechenverfahren.
2.2.7 Umlaufend beanspruchte Bauteile 73

2.2.7
Umlaufend beanspruchte Bauteile

Rotierende Bauteile erfahren selbst unter einer konstanten äußeren Belas-


tung eine schwingende Beanspruchung. Beispiele sind die Umlauf-Biegebe-
anspruchung einer Welle aus einem zeitlich konstanten oder nur langsam
veränderlichen, raumfesten Biegemoment, oder die Zahnfuß-Biegebeanspru-
chung an einem Zahnrad aus dem zu übertragenden Drehmoment. Um das
Amplitudenkollektiv für solche Bauteile zu bestimmen, bietet sich als Zähl-
verfahren das Sampling-Verfahren an [98].

Zählung nach dem Sampling-Verfahren


Bei einer Zählung nach dem Sampling-Verfahren wird die betrachtete Bean-
spruchungs-Zeit-Funktion in einem mit der Abtastrate vorgegebenen Zeit-
takt periodisch abgetastet und der zum Abtastzeitpunkt geltende Funktions-
wert wird klassiert, Abb. 2.2–23.
Beim üblichen (einparametrischen) Sampling- oder Verweildauer-Verfah-
ren geschieht diese Klassierung derart, dass die betreffende Klassenhäufig-
keit um den Wert 1 erhöht wird. Um das Verweildauer-Kollektiv zu erhalten,
werden aus den angefallenen Klassenhäufigkeiten – von der höchsten Klasse
beginnend – die Summenhäufigkeiten gebildet. Es besagt, für welche Zeit
bzw. welchen Zeitanteil der Funktionswert eine bestimmte Größe erreichte
oder überschritt.
Handelt es sich beispielsweise bei dem Funktionswert um das veränder-
liche Drehmoment einer mit konstanter Drehzahl umlaufenden Getriebewel-
le, so lässt sich das Amplitudenkollektiv für die Biegespannungen aus den
Kräften am Eingriffspunkt des Zahnrades dadurch bestimmen, dass die Bie-
gespannungsamplituden aus der jeweiligen Höhe des Drehmomentes und
die zugehörigen Summenhäufigkeiten der Schwingspiele aus der jeweiligen
Verweildauer des Drehmomentes mal Drehzahl errechnet werden. Diese Vor-
gehensweise unterliegt allerdings der Einschränkung, dass die Drehzahl an-
nähernd konstant ist. Für das Kollektiv des Biegemomentes aus der umlau-
fenden Beanspruchung kann die Klassierung zudem nach dem Betrag, also
ohne Beachtung des Vorzeichens der Beanspruchungs-Zeit-Funktion gesche-
hen, s. unterer Teil von Abb. 2.2–23. Anders jedoch, wenn das Kollektiv der
Beanspruchung am Zahnfuß des Zahnrades interessiert, weil ein positives
oder negatives Drehmoment den Zahn in entgegengesetzte Richtungen biegt,
s. oberer Teil von Abb. 2.2–23.

Zählung nach einem abgewandelten Sampling-Verfahren


Beim abgewandelten Sampling-Verfahren geschieht die Klassierung in der
Weise, dass die Klassenhäufigkeit um ein Inkrement erhöht wird, das sich
aus dem Zeittakt mal einer zweiten Messgröße bestimmt, die parallel zur be-
trachteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion aufgezeichnet wurde, Abb. 2.2–24.
74

Abb. 2.2–23a, b. Einparametriges Sampling- oder Verweildauer-Zählverfahren, a mit und b ohne Unterscheidung des Vorzeichens beim
Beanspruchungsablauf
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.2.7 Umlaufend beanspruchte Bauteile 75

Die Klassenhäufigkeiten sind dann zwangsläufig nicht mehr ganzzahlig, was


allerdings für das Errechnen der Summenhäufigkeiten und für das Ausdeu-
ten des Kollektivs keine Schwierigkeit bedeutet.
Auf das vorstehende Beispiel der Welle angewandt, würde das Amplitu-
denkollektiv für die Biegespannungen unmittelbar als Ergebnis der Klassie-
rung anfallen, wenn das Inkrement als Zeittakt mal Drehzahl gewählt würde.
Beispielsweise bei 600 Umdrehungen/min mal 0,01 s Zeittakt wäre das In-
krement 0,1 Umdrehungen, das Drehmoment würde je Umdrehung 10-mal
abgetastet und 10 Abtastungen ergäben eine volle Umdrehung bzw. ein Um-
laufbiege-Schwingspiel. Entsprechend würde bei 60 Umdrehungen/min und
gleichem 0,01 s Zeittakt das Inkrement 1 Umdrehung betragen und damit er-
gäben sich pro Umdrehung eine Abtastung bzw. ein Umlaufbiegeschwing-
spiel. Die Einschränkung auf eine annähernd konstante Drehzahl kann mit-
hin bei dem so abgewandelten Sampling-Verfahren entfallen.

Zählung nach dem zweiparametrischen Sampling-Verfahren


Beim zweiparametrigen Sampling-Verfahren werden zwei beliebig veränder-
liche Messgrößen paarweise im gleichen Zeittakt klassiert und dementspre-
chend die klassierten Häufigkeiten in einer zweiparametrischen Form als
Matrix dargestellt.
Für eine umlaufende Welle ist dies z.B. eine Matrix mit den klassierten
Häufigkeiten des Drehmomentes in Abhängigkeit von der Drehzahl. Für jede
Kombination von Drehmoment und Drehzahl ist dann die Anzahl der Um-
lauf-Biege-Schwingspiele als Produkt von Drehzahl mal Zeittakt mal der
klassierten Häufigkeit zu errechnen. Daraus folgt sodann das Drehmomen-
tenkollektiv durch Summation. Abgesehen von der nachträglichen Produkt-
bildung und Summation handelt es sich um die gleiche Zählweise wie beim
abgewandelten Sampling-Verfahren.
Bei entsprechend hoher Abtastrate sind auf diese Weise selbst Vorgänge
klassierbar, bei denen das Drehmoment mit einer Frequenz schwingt, die hö-
her ist als die Umlauf-Frequenz der Welle. Ein solcher Anwendungsfall für
das abgewandelte oder zweiparametrische Sampling-Verfahren liegt z.B. vor,
wenn das Beanspruchungskollektiv für den Kegelradzahn eines Lkw-Hinter-
achsgetriebes ermittelt werden soll. Durch einen Einschwingvorgang beim
robusten Anfahren ist nämlich das Gelenkwellen-Drehmoment während der
ersten langsamen Kegelradumdrehung in Form eines gedämpften Ein-
schwingvorganges stark veränderlich, Abb. 2.2–24. Auf anschauliche Weise
wäre dieser Drehmomentenverlauf mit einer hinreichend hohen, drehzahl-
proportional veränderlichen Abtastrate innerhalb einer Kegelradumdrehung
abzutasten und mit einem konstanten Häufigkeits-Inkrement zu klassieren.
Dann wäre jeder Abtastpunkt als alternativer Eingriffspunkt eines gewählten
Referenzzahnes zu verstehen, wenn der Anfahrvorgang für unterschiedliche
Ausgangsstellungen des Referenzzahnes mehrfach wiederholt würde. Zum
gleichen Biegemomenten-Kollektiv führt das Sampling-Verfahren. Es be-
76

a
b

0
Summen-
häufigkeit
(log)

Summenhäufigkeits-Kollektiv
a) nach dem zweiparametrigen,
b) nach dem einfachen
Sampling-Zählverfahren

Abb. 2.2–24. Abgewandeltes oder zweiparametriges Sampling-Zählverfahren, angewandt auf den Drehmoment- und Drehzahlverlauf
der Gelenkwelle bei einem (idealisierten) Anfahrvorgang, vergl. Abb. 2.3–4c
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.2.8 Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften 77

zeichnet die Biegemomente beim Eingriff des Referenzzahnes, wie sie im sta-
tistischen Mittel bei mehrfacher Wiederholung des gleichen Anfahrvorgan-
ges zu erwarten wären.
Auf folgende Besonderheiten bleibt allerdings noch hinzuweisen: Für den
Kegelradzahn bedeutet ein Vorzeichenwechsel des Drehmomentes auch ei-
nen entgegengerichteten Kraftangriff auf die rückwärtige Zahnflanke, und
ein Vorzeichenwechsel der Drehzahl einen Wechsel der Gleitrichtung auf der
jeweiligen Zahnflanke. Für die Größe der Biegespannungen in der Getriebe-
welle ist ein solcher Vorzeichenwechsel des Drehmomentes ebenso wie ein
Vorzeichenwechsel der Drehzahl hingegen ohne Belang. Derartige Besonder-
heiten des Anwendungsfalles sind also stets zu bedenken.

2.2.8
Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften

Außer der Form des Amplitudenkollektivs und der ihm zugeordneten Mittel-
spannung sind der Werkstoff mit seinen statischen Festigkeitskennwerten,
die konstruktive Gestaltung und die daraus gegebene Kerbwirkung, die Fer-
tigungsbedingungen und die dadurch gegebene Oberflächenbeschaffenheit
und dazu noch die Umgebungsbedingungen, wie elektro-chemische Korro-
sion, Reibkorrosion, Temperatur usw., als Einflussgrößen der Betriebsfestig-
keit zu betrachten. Umfangreiche Untersuchungen auf der Grundlage von
Blockprogramm-Versuchen dienten dem Studium der genannten Einfluss-
größen und der Schaffung von Bemessungsunterlagen [25, 35].

Gekerbte Bauteile
Mit einem schon häufig angeführten Beispiel veranschaulicht Abb. 2.2–25, in
welchem Maße die Lebensdauer eines Achsschenkels bei vorgegebenem Zap-
fendurchmesser d durch eine höhere Festigkeit des Werkstoffs, durch eine
verbesserte Formgebung oder durch eine zusätzliche Oberflächenbehand-
lung gesteigert werden konnte. Die Möglichkeit, eine Steigerung der Lebens-
dauer mit höherer Festigkeit des Stahles zu erzielen, nimmt sich vergleichs-
weise bescheiden aus gegenüber den Steigerungsbeträgen, die sich über eine
verbesserte Formgebung oder über eine Oberflächenbehandlung erreichen
lassen.
Als Beispiel eines ausführlichen Werkstoffvergleichs sind in Abb. 2.2–26
die Zeit- und Betriebsfestigkeitswerte des hochfesten, ausscheidungshärten-
den Stahles NiCoMo18-7-5 mit einer Zugfestigkeit Rm = 1900 N/mm2 denen
des CrMoV-Vergütungsstahles, Werkstoffnummer 1.7704.6, mit einer Zugfes-
tigkeit Rm = 1300 N/mm2 gegenübergestellt [81]. Bei geringer Kerbwirkung,

Formzahl ak = 2,0, und wechselnder Beanspruchung, R bzw. R = – 1, ist der
hochfeste NiCoMo-Stahl eindeutig überlegen; die ertragbaren Spannungen
im Betriebsfestigkeits-Versuch sind dabei mehr als 1,5-mal so hoch wie bei
dem Vergütungsstahl. Mit größeren Formzahlen verringert sich diese Über-
78 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.2–25. Möglichkeiten der Lebensdauersteigerung bei einem Achsschenkel, nach


Gaßner und Schütz

Abb. 2.2–26a, b. Vergleich der Zeit- und Betriebsfestigkeitswerte (Pü = 50%) für axial-
beanspruchte Kerbstäbe abhängig von Formzahl ak und Spannungsverhältnis R [99],
a Stahl NiCoMo 18-7-5, Rm = 1900 N/mm2 und b Stahl W-Nr. 1.7704.6, Rm = 1300 N/mm2

legenheit, sodass die beiden Stähle bei einer Formzahl ak = 5,2 praktisch
gleich hohe ertragbare Zeit- und Betriebsfestigkeitswerte liefern. Unter einer

schwellenden Beanspruchung mit R = 0 bzw. R = 0 sind die Unterschiede der
beiden Stähle, wegen der vergleichsweise größeren Mittelspannungsemp-
findlichkeit des NiCoMo-Stahles, deutlich geringer als unter Wechsel-
beanspruchung. Mit ansteigender Formzahl erweist sich letztlich der Vergü-
tungsstahl bei schwellender Beanspruchung dem hochfesten Stahl überlegen.
2.2.8 Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften 79

Abb. 2.2–27. Zeitfestigkeitswerte von Stählen für N = 105 Schwingspiele als Funktion der
Zugfestigkeit Rm bzw. der Dehngrenze R0,2 und abhängig vom Spannungsverhältnis R und
von der Formzahl ak [99]

Die verbreitete Ansicht, dass mit dem Einsatz eines höherfesten Stahls ge-
wissermaßen zwangsläufig auch eine höhere Schwingfestigkeit erwartet wer-
den darf, wird mit den Ergebnissen nach Abb. 2.2–26 relativiert, denn sie
stützt sich vor allem auf Untersuchungen, nach denen die Dauerbiegewech-
selfestigkeit (von ungekerbten Proben) bei Stählen proportional mit der
Zugfestigkeit ansteigt. Einen vertieften Einblick, der den Einfluss von Ker-
ben und Zugmittelspannungen einbezieht, vermittelt Abb. 2.2–27. Es wurde
von Schütz [99] nach statistisch belegten Zeitfestigkeitswerten für N = 105
Schwingspiele zusammengestellt und wie folgt kommentiert:
– Bei einer Formzahl ak = 1 und wechselnder Axialbeanspruchung (R = – 1)
steigt die Zeitfestigkeit der Stähle etwa linear mit der Zugfestigkeit an. Bei
schwellender Beanspruchung (R = 0) ist der Anstieg bereits geringer, weil
auch die Mittelspannungsempfindlichkeit mit der Zugfestigkeit zunimmt.
– Bei einer mittleren Formzahl ak = 2,5 und wechselnder Beanspruchung
(R = – 1) ist noch eine Verdoppelung der zeitfest ertragbaren Spannung zu
erreichen, wenn statt eines üblichen Baustahls ein hochfester Stahl ge-
wählt wird.
– Bei hoher Formzahl ak = 5,2 nehmen hingegen die Zeitfestigkeitswerte
mit der Zugfestigkeit bei wechselnder Beanspruchung (R = – 1) nur noch
wenig zu. Bei schwellender Beanspruchung (R = 0) und einer Formzahl
ak = 5,2 unterscheiden sich schließlich die Zeitfestigkeitswerte vom Stahl
St37 bis zum hochfesten Stahl NiCoMo 18-7-5 nur noch um höchstens 25%.
80 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Nach Abschn. 3.4 wird dieser vorrangige Einfluss der Formzahl verständlich:
Eine scharfe Kerbe kommt einem Schwinganriss nahe und nach Tabelle 3.4–3
sind die Rissfortschrittsraten für Stähle unterschiedlicher Festigkeit nur we-
nig verschieden.
Zwei Folgerungen daraus, die durch weitere Versuchsergebnisse und
durch die praktische Erfahrung gleichermaßen erhärtet sind, lassen sich
anführen:
Für eine schwingbruchgefährdete Konstruktion ist die Verwendung eines
hochfesten und damit höherwertigen Werkstoffs im Allgemeinen nur dann
gerechtfertigt, wenn zugleich eine hohe Konstruktions- und Fertigungsgüte
angestrebt wird, um alle Kerbeinflüsse so weit wie möglich zu mildern. In
logischer Umkehr des gleichen Gedankens ergibt sich die Aussage, dass die
unzureichende Schwingfestigkeit einer konstruktiv oder fertigungstechnisch
schlecht durchgebildeten Konstruktion auch durch einen höherwertigen
Werkstoff nicht nennenswert verbessert werden kann, unter Umständen
kann sie sogar absinken, Abb. 2.2–26.
Je höher die Zugfestigkeit des Werkstoffs, umso durchgreifender wirkt
sich eine Zugmittelspannung abmindernd auf die ertragbare Spannungs-
amplitude aus. Gerade bei hochfesten Werkstoffen gilt es deshalb zu beach-
ten, dass Eigen- oder Montagespannungen als zusätzliche und unkontrollier-
te Zugmittelspannung einen besonders ungünstigen, künstlich aufgebrachte
Druckeigenspannungen hingegen einen besonders günstigen Einfluss auf die
Schwingfestigkeit haben können.

Geschweißte Bauteile
Bedeutsame Erkenntnisse zum Einfluss des Grundwerkstoffs auf die Dauer-,
Zeit- und Betriebsfestigkeit geschweißter Verbindungen aus Baustahl, die
mittlerweile in allen einschlägigen Normen ihren Niederschlag fanden, wur-
den mit den Untersuchungen zur DIN 15018 [19] sowie mit den anschlie-
ßenden Untersuchungen in einem europäischen Gemeinschafts-Programm
[53] gewonnen.
Auf statistisch gesicherter Grundlage wurde mit diesen Untersuchungen
der Nachweis erbracht und sodann mit der normierten Auswertung weiteren
Datenmaterials aus dem Schrifttum [69] in allgemeinster Form bestätigt,
– dass für das Schwingfestigkeitsverhalten von Schweißverbindungen aus
allen gängigen schweißbaren Baustählen gleiche Gesetzmäßigkeiten gelten.
– dass bei Schweißverbindungen aus Baustählen wie St37, St52, StE355,
StE460 oder StE690 bei vergleichbarer Verbindungsform auch von den
gleichen Dauer- und Zeitfestigkeitswerten auszugehen ist und
– dass die Übereinstimmung der Schwingfestigkeitswerte nach Betriebs-
festigkeits-Versuchen auch bei systematisch variierter Kollektivform gilt.
Zu beachten sind allerdings die für diese Stähle recht verschiedenen
Streckgrenzwerte im Hinblick auf die sich daraus werkstoffabhängig nach
2.2.8 Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften 81

Gl. (2.1–21) bzw. Gl. (2.2–3) in unterschiedlicher Höhe ergebende Be-


grenzung des Kollektivhöchstwertes bzw. der maximal zulässigen Ober-
spannung.
Über Vorteile aus einem Einsatz hochfester Feinkornbaustähle als Grund-
werkstoff für schwingbeanspruchte Schweißkonstruktionen kann aber weder
allein aufgrund der Streckgrenzenwerte noch aufgrund einer ausschließ-
lichen Betrachtung der Schwingfestigkeitswerte entschieden werden. Viel-
mehr ist zu unterscheiden, ob für den betrachteten Anwendungsfall
– die auftretende Verformung,
– die Neigung zur Instabilität,
– die anzusetzende Maximallast oder
– die einwirkende Schwinglast
das für die Bemessung der Konstruktion ausschlaggebende Kriterium dar-
stellt.
Üblicherweise wird ein Vorteil der hochfesten Baustähle darin gesehen,
dass bei gleicher Bauteilform und gleichen Beanspruchungsbedingungen mit
dem Einsatz des hochfesten Stahls höhere Spannungen zulässig sind und
demzufolge eine Gewichtsverminderung durch dünnere Querschnitte er-
reichbar ist.
Auch bei schwingbeanspruchten Konstruktionen kann sich ein solcher
Vorteil ergeben, weil zusätzlich die Forderung des Maximalspannungsnach-
weises berücksichtigt werden muss, wonach die unter ungünstigsten Um-
ständen denkbare maximale Spannung, die bedeutend höher sein kann als
die für die Schwingfestigkeit maßgebende Oberspannung, kleiner bleiben
muss als die aus der Streckgrenze abgeleitete zulässige Spannung.
Drei typische Fälle lassen sich aufzeigen: Ist bereits für den Werkstoff mit
niedriger Streckgrenze allein die Schwingfestigkeit für die Bemessung aus-
schlaggebend, so ist ohne sonstige Maßnahmen lediglich durch Verwendung
eines hochfesten Stahls kein Gewichtsvorteil erreichbar. Ist hingegen die
niedrige Streckgrenze des bisher verwendeten Grundwerkstoffs für die Be-
messung maßgebend, so führt ein hochfester Werkstoff auch auf höhere
zulässige Spannungen, wobei dann entweder die Schwingfestigkeit entschei-
dend wird oder der Fall eintritt, dass auch für den hochfesten Stahl die
Streckgrenze maßgeblich bleibt.
Davon ausgehend lässt sich in allgemeiner Form feststellen, dass ein Vor-
teil hochfester Feinkornbaustähle in schwingbeanspruchten Schweißkon-
struktionen umso eher gegeben ist,
– je günstiger die Schweißverbindung gestaltet und je sorgfältiger sie herge-
stellt ist,
– je geringer die für die geforderte Lebensdauer im Beanspruchungskollek-
tiv anzusetzende Anzahl der Schwingspiele ist,
– je höher die Mittelspannung aus den statischen Lastanteilen bzw. je größer
das Spannungsverhältnis ist,
82 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

– je mehr die Betriebsbeanspruchung von der sinusförmigen Beanspru-


chung im Wöhlerversuch abweicht und demgemäß ein günstiges Kollektiv
liefert,
– je weiter die im ungünstigsten Einzelfall denkbare Maximalbeanspru-
chung den Höchstwert der regulären Schwingbeanspruchung übersteigt,
oder in anderen Worten, je größer das Ausmaß einer denkbaren Überbe-
anspruchung sein kann.
Angesichts dieser Sachlage ist es also ratsam, in allen Anwendungsfällen
hochfester Feinkornbaustähle die Frage der Schwingbruchgefahr mit beson-
derer Aufmerksamkeit zu betrachten. Insbesondere gilt dies für solche
Schweißkonstruktionen, die erfahrungsgemäß bislang nach statischen Fes-
tigkeitswerten bemessen werden durften, obwohl sie in gewissem Umfange
auch Schwingbeanspruchungen erfahren. Denn wird für derartige Schweiß-
konstruktionen auf einen hochfesten Werkstoff übergegangen, nimmt zwar
die statisch zulässige Spannung zu, mit ihrer Ausnutzung vergrößert sich
aber zugleich die Gefahr eines Schwingbruchs, weil die Schwingfestigkeits-
werte der Schweißverbindungen beim Übergang auf den hochfesten Stahl
nicht ansteigen.

2.2.9
Kritik des Blockprogramm-Versuchs

Der Betriebsfestigkeits-Versuch in der klassischen Form des Blockpro-


gramm-Versuchs entstand gegen Ende der dreißiger Jahre aus der im Flug-
zeugbau erkannten Notwendigkeit einer Versuchsmethode zur wirklich-
keitsnahen Simulation betrieblicher Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit
stochastischem Charakter. Mit verschärften Anforderungen an den Leicht-
bau der Flugzeuge und mit verbesserten messtechnischen Möglichkei-
ten, wirkliche Beanspruchungen genauer zu erfassen, erwies sich der Wöh-
ler-Versuch als eine zu grob vereinfachende Versuchsmethode. Anderer-
seits standen aber, konstruiert und gebaut für Wöhler-Versuche, nur Prüf-
maschinen zur Verfügung, die eine zwischen gleich bleibenden Grenzen
schwingende Beanspruchung erzeugen konnten. Der Kompromiss zwischen
diesen versuchstechnischen Gegebenheiten und einer möglichst wirk-
lichkeitsnahen Simulation wurde von Gaßner in dem Versuchsablauf mit
stufenweise veränderter Beanspruchungshöhe (Mehrstufenversuch) ge-
funden und mit dem bekannten Ablaufplan des Blockprogramm-Versuchs
realisiert.
Moderne mechanische Prüfmaschinen sind dazu mit elektronischen
Kraftmess-, Steuer- und Regeleinrichtungen versehen, die im Versuchsablauf
ein automatisches Umschalten von einer Laststufe zur anderen wie auch von
Schnellantrieb auf Langsamantrieb und umgekehrt ermöglichen. Die dazu
notwendige Programminformation wird durch Lochstreifen oder Digital-
rechner vorgegeben.
2.2.9 Kritik des Blockprogramm-Versuchs 83

Aufgrund systematisch gesammelter Erfahrungswerte und durch eine ver-


tiefte Einsicht in Gesetzmäßigkeiten der Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
sind heute Beanspruchungskollektive für viele Bauteile auch ohne spezielle
Langzeitmessungen recht verlässlich abschätzbar, Abschn. 4.1.3.
Über die zeitliche Aufeinanderfolge der unterschiedlich großen, auf- und
abwärts gerichteten Spannungsausschläge und der daraus bestimmten Span-
nungsamplituden kann das Beanspruchungskollektiv keinen Aufschluss
mehr geben. Mit der Anwendung von Zählverfahren geht diese Information
verloren. Andererseits hängt das Schwingfestigkeitsverhalten der metalli-
schen Werkstoffe und damit die Lebensdauer der Bauteile nicht unwesentlich
von der Aufeinanderfolge der hohen und niedrigen Schwingamplituden ab.
Damit also die im Versuchsablauf implizierte Ausdeutung eines Kollektivs
nicht zu Fehleinschätzungen führt, muss bereits das gewählte Zählverfahren
den Besonderheiten des vorliegenden Beanspruchungsablaufs in einer Weise
Rechnung tragen, die auf das Schwingfestigkeitsverhalten des Werkstoffs ab-
gestimmt ist. Wie dieser Forderung entsprochen werden kann, ist noch kei-
neswegs allgemein befriedigend geklärt.
In jedem Falle verbleiben einige wesentliche Unterschiede gegenüber dem
betrieblichen Beanspruchungsablauf: Die Reihenfolge, mit der die Umkehr-
punkte der Beanspruchungs-Zeit-Funktion aufeinanderfolgen, ist unterschied-
lich. Einem Umkehrpunkt in der Versuchsbeanspruchung geht beim Blockpro-
gramm-Versuch, im Gegensatz zur betrieblichen Beanspruchung, immer ein
Mittelwertdurchgang voraus. Die Durchmischung der einzelnen Beanspru-
chungsamplituden durch ein stufenweises Auf- und Abschwellen ist nicht im
eigentlichen Sinne betriebsähnlich mit der Folge, dass entsprechende Ver-
suchsergebnisse der Tendenz nach zu hohe Lebensdauerwerte ausweisen. Eine
zeitweilig sehr kritische Beurteilung dieses Sachverhaltes hat sich mittlerweile
mit der Bewertungsmöglichkeit eines breiteren Datenmaterials aus Zufalls-
lasten-Versuchen zugunsten des Blockprogramm-Versuchs objektiviert.
Aus heutiger Sicht ist der Blockprogramm-Versuch nur zur Simulation von
Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit einer annähernd konstanten Mittel-
spannung geeignet. Einer stark veränderlichen Mittel- oder Grundbeanspru-
chung muss durch eine spezielle Auswertung und Versuchstechnik in der
Form von Einzelfolgen-Versuchen entsprochen werden, Abschn. 2.4.
Unter Beachtung der genannten Einschränkungen hat der Blockpro-
gramm-Versuch nach wie vor aus folgenden Gründen eine praktische Be-
deutung:

– Der Versuchsablauf wird durch wenige Parameter vollständig beschrieben


und mit vergleichsweise geringem technischem Aufwand jederzeit exakt
reproduzierbar, was in Verbindung mit einem Einheitskollektiv einen un-
mittelbaren Vergleich von Versuchsergebnissen auf breiter Grundlage er-
möglicht.
– Es gibt eine große Anzahl von Versuchsergebnissen aus Mehrstufen-Ver-
suchen, die für Vergleiche herangezogen werden können.
84 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

– Wesentliche Erkenntnisse über das Betriebsfestigkeitsverhalten der Werk-


stoffe und Bauteile wurden durch Blockprogramm-Versuche gewonnen.
– Lebensdauerlinien für Bauteile sind verlässlicher experimentell durch
Blockprogramm-Versuche zu bestimmen als durch eine einfache Schädi-
gungsakkumulations-Rechnung, weil nur so alle werkstofflichen und fer-
tigungstechnischen Einflüsse erfasst werden.
– Der erkannten Tendenz zu einer Überbewertung der Lebensdauerwerte
nach Blockprogramm-Versuchen lässt sich im Zuge der Auswertung an-
hand von Erfahrungswerten Rechnung tragen, Abschn. 2.5.2.

2.3
Zufallslasten-Versuche
2.3.1
Unterscheidung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
In der Betrachtung nach Abb. 2.3–1 lassen sich Beanspruchungs-Zeit-Funk-
tionen als Schwingungsvorgänge behandeln und in deterministische und in
stochastische Vorgänge unterscheiden [81, 100].
Zu den deterministischen Vorgängen zählen die periodischen Vorgänge
wie auch nicht-periodische Vorgänge. Die periodischen Vorgänge können sich
in einfachster Form als sinusförmige Schwingung darstellen oder mit einem
komplex-periodischen Ablauf, z.B. als Sägezahnkurve. Ein nicht-periodischer
Vorgang ist z.B. das einmalige, gedämpfte Ausschwingen eines Pendels. De-
terministische Vorgänge sind streng mathematisch fassbar und in ihrem
Ablauf eindeutig vorhersagbar.
Stochastische Vorgänge lassen sich hingegen nur statistisch beschreiben,
und ihre Vorhersage ist nur auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeiten
möglich. Als stationär werden stochastische Vorgänge bezeichnet, wenn für

Abb. 2.3–1. Systematik der Beanspruchungs-Zeit-Funktionen [100]


2.3.1 Unterscheidung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen 85

Abb. 2.3–2. Scharmittelwerte eines ergodischen Zufallsprozesses [81]

sie zu jeder Zeit die gleichen statistischen Kennwerte gelten. Bei instationären
Vorgängen sind diese Kennwerte zeitabhängig veränderlich. Darf für gewis-
se Zeitintervalle eine Konstanz der Kennwerte unterstellt werden, so spricht
man von einem quasistationären Vorgang. Stationäre stochastische Vorgänge
sind einer analytischen Behandlung zugängig, wenn sie ergodischer Natur
sind. Wie von der Ergoden-Hypothese der Gasdynamik bekannt, versteht
man darunter die Eigenschaft, dass die statistischen Kennwerte, die als
Scharmittelwerte aus einer momentanen Beobachtung einer Vielzahl gleich-
wertiger Vorgänge gewonnen werden, übereinstimmen mit den statistischen
Kennwerten, die für einen beliebigen dieser Vorgänge aus einer zeitlichen
Analyse als Zeitmittelwerte erhalten werden, Abb. 2.3–2 und 2.3–3. Aller-
dings lässt sich der Nachweis der Ergodizität meist praktisch nicht führen.
Bei Stationarität gilt, Abb. 2.3–2:

m(t = t1) = m(t = t2) ,


s2 (t = t1) = s2 (t = t2) , (2.3–1)
p(x, t1) = p(x, t2)

und darüber hinaus bei Ergodizität für beliebige Zeitpunkte t1 , Abb. 2.3–3:
m(t = t1) = x– ,
–– (2.3–2)
s2 (t = t1) = x2 .
Gemessene Beanspruchungs-Zeit-Funktionen werden in aller Regel irgend-
wo zwischen den theoretischen Grenzfällen eines rein stochastischen oder
86 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–3. Zeitmittelwerte eines ergodischen Zufallsprozesses [81]

Abb. 2.3–4a–c. Biegemomente im Achsschenkel eines Lastkraftwagens, a beim Kurven-


fahren bzw. b beim robusten Anfahren sowie c Drehmomente in der Achswelle beim
robusten Anfahren [37]

eines streng deterministischen Vorgangs einzuordnen sein, wobei von Fall zu


Fall der stochastische oder auch der deterministische Anteil überwiegen
mag. Diesen Sachverhalt veranschaulicht Abb. 2.3–4: Die aus der Straßen-
unebenheit angeregte Schwingung des Biegemomentes im Achsschenkel
eines Lastkraftwagens lässt sich zwar bei ungestörter Geradeausfahrt als sto-
chastischer Vorgang behandeln, die aus der Achslastverlagerung beim An-
fahren und Kurvenfahren entstehenden langsamen Veränderungen der
Grund- oder Mittelspannung sind aber deterministischer Art, wenngleich
auch mit einer gewissen Zufälligkeit behaftet. Recht unzutreffend wäre die
2.3.1 Unterscheidung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen 87

Annahme eines stochastischen Vorgangs für die Drehmomente in den


Hinterachswellen des Lastkraftwagens, die in erster Linie aus dem Kuppeln
und Schalten entstehen und eine Folge von mehr oder weniger zufälligen
Einzelereignissen darstellen.

Beschreibung im Zeitbereich oder im Frequenzbereich


Eine formale Unterscheidung von Schwingungsvorgängen im Sinne der Abb.
2.3–1 gelingt aufgrund der Tatsache, dass sich Schwingungsvorgänge alter-
nativ im Zeitbereich oder im Frequenzbereich beschreiben lassen. Be-
kanntestes Beispiel dafür ist die harmonische Analyse eines periodischen
Vorgangs und seine Beschreibung entweder als zeitlicher Ablauf oder als
Fourier-Reihe, Abb. 2.3–5.
Eine weitere Alternative, die mit den neuzeitlichen digitalen Verfahren der
Häufigkeitsanalyse große praktische Bedeutung erlangt hat, ist mit einer
Beschreibung von Schwingungsvorgängen im Rainflow-Bereich gegeben,
Abschn. 3.4.
Kennzeichnend für die Art eines Schwingungsvorganges ist sein Fre-
quenzspektrum [101]. Sinusförmige Schwingungen zeigen als Frequenzspek-
trum eine einzige Linie. Periodische Vorgänge weisen ein harmonisches Li-
nienspektrum auf, bei dem die einzelnen Linien bei ganzzahligen Vielfachen
einer Grundfrequenz auftreten, Abb. 2.3–6. Als quasi-periodisch werden
Schwingungsvorgänge bezeichnet, die zwar ein Linienspektrum, aber eine

Abb. 2.3–5. Alternative Darstellung eines


(periodischen) Vorganges im Zeitbereich
oder im Frequenzbereich [101]

Abb. 2.3–6. Harmonisches


Linienspektrum
eines periodischen
Vorganges [101]
88 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–7. Linienspektrum eines quasi-periodischen Vorganges [101]

Abb. 2.3–8. Kontinuierliches Spektrum eines nicht-periodischen Vorganges [101]

nicht-harmonische Linienanordnung aufweisen: als Beispiel zeigt Abb. 2.3–7


das im Triebwerksstrang gemessene Frequenzspektrum einer landwirt-
schaftlichen Maschine mit den jeweiligen Quellen der Schwingungserregung.
Nicht-periodische Vorgänge stellen sich im Frequenzbereich über das Fou-
rier-Integral durch ein kontinuierliches Frequenzspektrum dar, Abb. 2.3–8.
Für stationäre und ergodische stochastische Vorgänge lässt sich gleichfalls
ein kontinuierliches Spektrum ableiten. Die Ordinate bezeichnet dabei aller-
dings nicht die bei den einzelnen Frequenzen zu verzeichnenden Amplitu-
den, sondern eine zeitlich gemittelte Leistungsdichte, die auf ein enges Fre-
quenzintervall mittig zur jeweiligen Frequenz entfällt [80, 102, 103] Abb.
2.3–9. Die spektrale Leistungsdichte-Verteilung könnte beispielsweise be-
stimmt werden, indem jede Frequenz mit einer sehr kleinen Bandbreite aus
dem stochastischen Signal herausgefiltert und am Ausgang des Filters der
quadratische Zeitmittelwert gebildet wird. Praktisch wird jedoch die spek-
trale Leistungsdichte-Verteilung einer gemessenen Beanspruchungs-Zeit-
Funktion nach dem Verfahren der Fourier-Transformation mittels Digital-
rechner bestimmt [98, 102]. Bei nicht-stationären stochastischen Vorgängen
2.3.2 Beschreibung stochastischer Beanspruchungsvorgänge 89

Abb. 2.3–9a, b. Spektrale Leistungsdichte-


Verteilung, (logarithmischer Amplituden- b
maßstab) [102] a eines tiefpassgefilterten
Rauschens, b eines zwischen 0 und
500 Hz bandbegrenzt Weißen Rauschens a

Abb. 2.3–10a, b. Nichtstationäre stochastische Vorgänge, a mit zeitveränderlichem quadra-


tischen Mittelwert, b mit zeitveränderlichem linearen Mittelwert [102]

sind der quadratische Mittelwert oder der lineare Mittelwert oder beide
Mittelwerte zeitveränderlich, Abb. 2.3–10.

2.3.2
Beschreibung stochastischer Beanspruchungsvorgänge

Als Weißes Rauschen wird der theoretische Grenzfall einer stochastischen


Schwingung bezeichnet, für die sich über den gesamten Frequenzbereich
eine gleichbleibende spektrale Leistungsdichte ergibt, Abb. 2.3–9b. Mit soge-
nannten Rauschgeneratoren lässt sich ein solches Weißes Rauschen, aller-
dings nur für ein nach oben begrenztes Frequenzband, als elektrisches Sig-
nal darstellen.
Wird ein lineares Schwingungssystem mit einer stochastischen Erreger-
funktion, z.B. nach der Art eines Weißen Rauschens beaufschlagt, Abb.
2.3–11a, so wirkt es als ein Frequenzfilter: Es führt eine gleichfalls stochasti-
sche Schwingung aus, deren spektrale Leistungsdichte-Verteilung bevorzugt
in der Nachbarschaft seiner Eigenfrequenzen ausgeprägt, für die übrigen
Frequenzen aber mehr oder weniger abgeschwächt ist. Besitzt das Schwin-
90 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–11a, b. Stochastische Schwingungsvorgänge a mit breitbandigem Leistungsspek-


trum und b mit schmalbandigem Leistungsspektrum [102]

gungssystem lediglich eine Eigenfrequenz und geringe Dämpfung, so ent-


steht ein Schwingungsvorgang mit extrem schmalbandigem Leistungsspek-
trum, der als Schmalband-Rauschen bezeichnet wird und sich als eine prak-
tisch unifrequente Schwingung mit stochastischer Amplitudenschwebung
darstellt, Abb. 2.3–11b. Analytisch wird das erläuterte Verhalten eines
Schwingungssystems mit seiner Übertragungsfunktion beschrieben, die das
einwirkende Leistungsspektrum GE (w) mit dem Leistungsspektrum der Sys-
temantwort GA (w) verknüpft:

GA (w) = H (w) · GE (w) . (2.3–3)

Als Beispiel zeigt Abb. 2.3–12 das Leistungsspektrum für die an der Hinter-
achse eines PKW gemessene Beanspruchungs-Zeit-Funktion: Erregt durch
die Straßenunebenheiten zeichnen sich resonanzartig bei rd. 1,4 Hz die Auf-
bau-Eigenschwingung und bei etwa 14 Hz die Achs-Eigenschwingung ab,
während die spektrale Leistungsdichte unterhalb von 0,5 Hz vorwiegend auf
Fahrmanöver zurückgeht. Es bietet sich mithin an, diese beiden Einflüsse
durch eine Tiefpass- bzw. eine Hochpass-Filterung bei der Frequenz von
0,5 Hz zu trennen; das Ergebnis zeigt Abb. 2.3–13. Aus Abb. 2.3–14 wird er-
sichtlich, wie durch die schwingungstechnische Auslegung eines Systems auf
die Übertragungsfunktion und damit auf das Systemverhalten bei stochasti-
scher Schwingungserregung Einfluss genommen werden kann.

Stationäre ergodische Vorgänge


Sofern unterstellt werden darf, dass es sich um stationäre und ergodische
Vorgänge handelt, lassen sich stochastische Spannungs-Zeit-Funktionen für

die Belange der Betriebsfestigkeit im Sinne der Mittelspannung Sm durch
ihren linearen Mittelwert und zur Kennzeichnung der Schwingungsintensität
durch den quadratischen Mittelwert des um den Mittelwert schwingenden
Spannungsanteils, d.h. dem Quadrat des Effektivwertes Srms , kennzeichnen.
2.3.2 Beschreibung stochastischer Beanspruchungsvorgänge 91

Abb. 2.3–12. Leistungsspektrum für die an der Hinterachse eines Personenkraftwagens


gemessene Beanspruchungs-Zeit-Funktion [104]

Abb. 2.3–13. Zerlegung der an der Hinterachse eines Personenkraftwagens gemessenen


Beanspruchungs-Zeit-Funktion durch Frequenzfilterung bei 0,5 Hz [104]
92 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–14. Leistungsspektrum für die Vorderachse eines Personenkraftwagens ohne


ausgeprägte Aufbau-Schwingung [104]

Diese Kennwerte können anhand folgender Beziehungen bestimmt werden,


entweder als Scharmittelwerte:
+•

S m = ∫ S(t1) · p(S) · dS , (2.3–4)
–•

+•
2 =
Srms ∫ (S(t1) – Sm)2 · p(S) · dS , (2.3–5)
–•

oder als Zeitmittelwerte über eine realistischerweise endliche Beobachtungs-


zeit T:
T

S m = (1/T) · ∫ S(t) · dt , (2.3–6)
0

T
S 2rms = (1/T) · ∫ (S(t) – Sm)2 · dt , (2.3–7)
0

oder aus der spektralen Leistungsdichte-Verteilung:



unter der Bedingung S m = 0 , (2.3–8)

 ,
T 2
G(w) ≈ (1/T) · ∫ S(t) · exp (– jwt) · dt (2.3–9)
0
2.3.3 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung 93


2 = (1/ 2p) · G(w) · dw .
Srms (2.3–10)

0

Nach Rice bestehen darüber hinaus bei stationären und ergodischen Vor-
gängen, den sog. stationären Gaußprozessen, folgende Beziehungen [80]: Die
Kollektivform ist mit einer Gauß’schen Häufigkeitsverteilung der Überschrei-

tungshäufigkeiten H(Sa), Abb. 2.2–4 und 2.2–5, für einen Kollektivumfang H0
bestimmt als

H(Sa) = H 0 · exp [– Sa2 / (2 · S 2rms)] . (2.3–11)

Die Spannungsamplitude S a für die Überschreitungswahrscheinlichkeit

1: 106 errechnet sich daraus mit H(Sa) = 1 und H0 = 106 zu

S a = a03
– –
2 · ln H0 · Srms = 5,25652 · Srms . (2.3–12)

Die Zahl der sekündlichen Mittelwertdurchgänge H0 und die Zahl der se-
kündlichen Scheitelwerte Hp lässt sich berechnen als

 
• • 1/2
H0 = (1/ 2p) · ∫ w2 · G(w) · dw / ∫ G(w) · dw , (2.3–13)
0 0

 
• • 1/ 2
Hp = (1/ 2p) · ∫ w4 · G(w) · dw / ∫ w2 · G(w) · dw . (2.3–14)
0 0

Als ein weiterer Kennwert für den Charakter der Spannungs-Zeit-Funktion


kann daraus der Unregelmäßigkeitsfaktor I bestimmt werden [80, 105]:

  
• • • 1/ 2
I = H0 / Hp= ∫ w2 · G(w) · dw ∫ w4 · G(w) · dw · ∫ G(w) · dw .
0 0 0

(2.3–15)

2.3.3
Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung

Die Möglichkeit, stochastische Schwingbeanspruchungen in Betriebsfestig-


keits-Versuchen darzustellen, wurde in den sechziger Jahren mit der Ent-
wicklung servohydraulischer Prüfmaschinen eröffnet, Abb. 2.3–15. Bei ihnen
kann der gewünschte zeitliche Prüfkraftverlauf als elektrisch analoges Soll-
wert-Signal vorgegeben werden. Ein Regelverstärker vergleicht dieses Soll-
wert-Signal mit dem von der Kraftmesseinrichtung gelieferten Istwert-Signal
und gibt bei Abweichung ein Steuersignal an das elektrohydrauliche Servo-
ventil. Dieses Ventil regelt einen vom Pumpenaggregat mit hohem Druck
gelieferten Ölstrom so auf die beiden Zylinderkammern, dass sich die be-
94 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–15. Prinzipbild


einer servohydraulischen
Prüfmaschine.
1 Zylinder
2 Prüfkörper
3 Kraftmessdose
4 Dehnungsaufnehmer
5 Weggeber
6 Istwert-Umschalter
7 Messverstärker
8 Sollwertgenerator
9 Regelverstärker
10 Servoventil
11 Hydraulikpumpe

stehende Soll-Istwert-Differenz der Prüfkraft am Versuchsstück ausgleicht.


Sofern der so gebildete Regelkreis in seinem Amplituden- und Phasengang
dynamisch optimiert ist, folgt die Prüfkraft als Istwert in engen Fehlergren-
zen dem vorgegebenen Sollwertverlauf. Dies gilt allerdings nur bis zu einer
systemspezifischen und amplitudenabhängigen oberen Grenzfrequenz. Al-
ternativ zur Prüfkraft kann auch die Verformung oder die Dehnung am Ver-
suchsstück gemessen und als Regelgröße gewählt werden.
Für einen Betriebsfestigkeits-Versuch mit stochastischem Beanspru-
chungsablauf hat sich die Bezeichnung Zufallslasten-Versuch, oder aus dem
englischen Sprachraum übernommen, die Bezeichnung Random-Versuch
eingeführt. Swanson [106] vermittelt eine vergleichende Übersicht zu dieser
Versuchstechnik. Der Ansatz und die Durchführung von Zufallslasten-Versu-
chen geschieht nach den gleichen Grundsätzen wie bei Blockprogramm-Ver-
suchen, Abschn. 2.2 und Abb. 2.3–16. Allerdings gestaltet sich die Istwert-
Kontrolle bei stochastischer Beanspruchung wegen der von Umkehrpunkt zu

Abb. 2.3–16. Lebensdauer-


linien aus Zufallslasten-Ver-
suchen (Gauß’sche Vertei-
90% 50% 10%
lung I = 0,7) für einen
Kerbstab aus AlCuMg2 mit
ak = 3,6 [115]
2.3.3 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung 95

Umkehrpunkt unterschiedlichen Prüfkraft schwieriger als bei Blockpro-


gramm-Versuchen mit stufenweise konstanter Schwingkraft.
Selbst wenn es sich um starre Prüfkörper handelt, die durch eine einzige
Prüfkraft mit definiertem Kraftangriffspunkt und unveränderlicher Wir-
kungslinie beansprucht werden, so bleibt durch eine dynamische Kalibrie-
rung abzuprüfen, ob für das gesamte Frequenzspektrum der auftretenden
Prüfkräfte ein frequenzunabhängiger Zusammenhang zwischen der einwir-
kenden Prüfkraft und der örtlich schwingbruchbestimmenden Beanspru-
chung des Prüfkörpers besteht.
Angesprochen, aber nicht näher abgehandelt, seien hier die Besonderhei-
ten bei Zufallslasten-Versuchen an elastischen Strukturen oder Baugruppen,
bei denen die Beziehung zwischen Prüfkraft und örtlich maßgebender Bean-
spruchung durch dynamische Einflüsse mitbestimmt sein kann. Weiterge-
hende Anforderungen bestehen auch für die Versuchstechnik bei Großversu-
chen, bei denen mehrere stochastisch schwingende Prüfkräfte an verschiede-
nen Punkten mit unterschiedlichem Verlauf und unterschiedlicher Richtung
am Versuchsobjekt angreifen [23]. Ausführungen dazu s. Abschn. 4.1.3.

Sollwert-Vorgabe der Beanspruchungs-Zeit-Funktion


Weiterhin besteht eine spezifische Aufgabe in der notwendigen Bereitstel-
lung eines geeigneten Sollwert-Signals der im Versuch aufzubringenden Be-
anspruchungs-Zeit-Funktion. Zwei Möglichkeiten stehen zur Wahl:
– das Nachfahren der im Betrieb gemessenen und analog oder digital ge-
speicherten Beanspruchungs-Zeit-Funktion,
– die Synthese der Beanspruchungs-Zeit-Funktion nach analogen oder digi-
talen Verfahren.
Im Sinne einer Festlegung ist für Zufallslasten-Versuche zu entscheiden und
bei Ergebnissen unmissverständlich anzugeben, wie die Zahl der aufgebrach-
ten Schwingspiele bestimmt und wie die Höhe der Beanspruchung gekenn-
zeichnet wird, denn hierüber fehlen bislang eindeutige und allgemein beach-
tete Definitionen. So kann die Schwingspielzahl

– durch die Zahl der Lastumkehrpunkte als N p oder

– durch die Zahl der Mittelwertdurchgänge als N 0
bestimmt sein, wobei über diese Frage durchaus nach Gesichtspunkten der
Zweckmäßigkeit entschieden werden kann, Abschn. 2.3.9. Zur Kennzeich-
nung der Beanspruchungshöhe kann entweder

– die Spannungsamplitude Sa
dienen, die anhand der betreffenden Kollektivform für die Auftretenswahr-
scheinlichkeit 1:106 bestimmt wird, oder damit praktisch gleichbedeutend,
weil über die Kollektivform linear verknüpft, Gl. (2.3–12),
– der Effektivwert Srms .
96 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Nicht selten wurde dem Effektivwert im Schrifttum eine weitergehende Be-


deutung in der Art eines Schädigungskennwertes unterstellt, eine Annahme,
die jedoch einer kritischen Betrachtung nicht standhält: Der Effektivwert ist
zwar einer schädigungsäquivalenten Ersatz-Spannungsamplitude nach Gl.
(3.2–24) vergleichbar, jedoch für eine praktisch unzutreffende Neigung k = 2
der Wöhlerlinie.

2.3.4
Betriebslastennachfahr-Versuche

Betriebslastennachfahr-Versuche sind eine naheliegende Konsequenz aus


den prüftechnischen Möglichkeiten der Servohydraulik: Im Einzelfall ver-
sprechen sie, ohne hypothetische Annahmen, eine wirklichkeitsnahe Ermitt-
lung der Lebensdauer, wenn der unter realen Betriebsbedingungen gemesse-
ne und analog oder digital gespeicherte Beanspruchungsablauf des betrach-
teten Bauteils unter Berücksichtigung etwaiger Umgebungseinflüsse im La-
bor reproduziert wird. Ihre Ergebnisse sind allerdings wegen des speziellen
Beanspruchungsablaufs nur bedingt verallgemeinerungsfähig und nur mit
Einschränkung auf andere Bauteile übertragbar. Zudem ist dieses Versuchs-
konzept nur unter zwei Voraussetzungen konsequent zu verwirklichen:
– es muss der Beanspruchungsablauf bekannt sein, dem das betrachtete
Bauteil während seiner Nutzungsdauer unterworfen ist, und
– eine der vorgesehenen Nutzungsdauer entsprechende Versuchszeit muss
zur Verfügung stehen.
Ein Betriebslastennachfahr-Versuch ist also nur dann durchführbar, wenn
von einem Prototyp oder Vorgängermodell ein zutreffender Beanspru-
chungsablauf gespeichert vorliegt oder wenn für ein bereits produziertes
Bauteil nachträglich der Lebensdauernachweis geführt werden soll.
Die in der Regel geräteseitig und terminlich begrenzte Messzeit hat zur
Folge, dass nur ein vergleichsweise kurzer Ausschnitt der Betriebsbeanspru-
chung aufgezeichnet werden kann. Wenn der damit durchgeführte Betriebs-
lastennachfahr-Versuch aussagekräftig sein soll, muss der aufgenommene
Ausschnitt repräsentativ für die Beanspruchung des zu prüfenden Bauteils
während seiner gesamten Nutzungsdauer sein. Da die nachzuweisende Le-
bensdauer meist die Dauer der Messaufzeichnung übersteigt, sind in der
Regel mehrere Wiederholungen der Messaufzeichnung pro Versuch nötig,
wodurch dem Versuch eine in Wirklichkeit nicht vorhandene Periodizität
der Belastung aufgeprägt wird. Sie ist dann, ähnlich wie die Wiederho-
lung gleicher Teilfolgen im Blockprogramm-Versuch, an der Struktur der
Schwingbruchfläche erkennbar, Abb. 2.3–17.
Ein Abkürzen der Versuchszeit durch Weglassen von Beanspruchungspau-
sen und von kleinen Beanspruchungsschwankungen erweist sich bei analo-
gen Aufzeichnungen schwierig. Das Abspielen einer analogen Messaufzeich-
2.3.4 Betriebslastennachfahr-Versuche 97

a b

Abb. 2.3–17a, b. Struktur einer Schwingbruchfläche, nach Gaßner; a nach einem Block-
programm-Versuch und b nach einem Betriebslastennachfahr-Versuch

nung mit höherer Geschwindigkeit scheidet meist wegen des nach hohen
Frequenzen begrenzten Übertragungsverhaltens des Prüfsystems aus. Even-
tuell muss sogar mit einer geringeren Geschwindigkeit abgespielt werden,
wenn das Prüfsystem hochfrequente Betriebsbeanspruchungen nicht ampli-
tudengetreu nachfahren kann. Aus diesen Gründen führt der Betriebslasten-
nachfahr-Versuch meist auf eine unvertretbar lange Laufzeit, wenn sie nicht
im Sinne der Lebensdauerlinie durch eine gegenüber dem Betrieb überhöhte
Versuchsbeanspruchung abgekürzt wird, was aber wiederum die Frage nach
etwaigen unzulässigen Überschreitungen der Streckgrenze aufwirft. In jedem
Fall ist eine Absicherung gegen Störspannungsspitzen erforderlich, wie sie
insbesondere für analoge Magnetbandaufzeichnungen typisch sind, um den
Prüfkörper gegen Überbeanspruchung zu schützen.
Bei näherer Betrachtung erweist sich der Betriebslastennachfahr-Versuch
also keineswegs als die problemlose Lösung eines Betriebsfestigkeits-Ver-
suchs, als die er im ersten Augenblick erscheinen mag.
Einen gewissen Ausweg aus den aufgezeigten Schwierigkeiten bietet eine
digitale Aufbereitung der gemessenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion. Sie
kann so weit gehen, dass die Beanspruchungs-Zeit-Funktion unter Verzicht
auf eine zeitgetreue Wiedergabe nur noch durch die sequentielle Abfolge
ihrer Umkehrpunkte beschrieben wird. Ein typisches Beispiel hierfür sind
die sog. SAE-Histories [107], Abb. 2.3–18, die als einheitliche Grundlage eines
von der Society of Automotive Engineers initiierten Versuchsprogramms
ausgewählt und weltweit bei einer Vielzahl von Untersuchungen herangezo-
gen wurden, obgleich auch ihnen eine im Vergleich zu realen Lebensdauer-

werten von Fahrzeugbauteilen (N = 107 bis 109) sehr kurze Messzeit über nur
rund 1253, 854, oder 2968 Schwingspiele anzulasten ist. Die SAE-Histories
bedingen somit zwangsläufig eine vielfache Wiederholung im Versuch, wo-
mit sich die Kollektivform durch die häufige Wiederholung des Kollektiv-
Höchstwertes in Richtung auf das Rechteck-Kollektiv verändert, Abb. 2.3–19.
Ein anderer Ausweg ist in einer geeigneten statistischen Analyse der ge-
messenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion zu sehen, um ausgehend von den
dabei gewonnenen Kennwerten durch analoge oder digitale Synthese eine
statistisch gleichwertige Versuchs-Beanspruchung zu erzeugen, was die Mög-
lichkeit einschließt, nach den erkannten statistischen Gesetzmäßigkeiten
auch eine Extrapolation über die durch die Messung erfasste Betriebszeit
hinaus vorzunehmen, Abschn. 3.3.4.
98 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–18a–c. Vollständige Schriebe der als SAE-Histories bekannten Lastfolgen [107]:
a Suspension: Biegemomente an der Radaufhängung eines Kraftwagens auf einer Prüf-
strecke; b Transmission: Drehmomente gemessen an einem Traktor im Frontlader-Ein-
satz; c Bracket: Stochastische schmalbandige Schwingung an einer Winkelstütze bei Fahrt
auf einer Schlechtwegstrecke

Abb. 2.3–19. Amplitudenkollektive der SAE-Histories ermittelt nach dem Spannenpaar-


Verfahren und aufgetragen zum Vergleich mit Abb. 2.2–5
2.3.5 Digitale Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-Zeit-Funktionen 99

2.3.5
Digitale Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-Zeit-Funktionen

Verfahren zur digitalen Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-Zeit-


Funktionen können bei Betriebsfestigkeits-Untersuchungen in vielfältiger
Abwandlung angewandt werden. Entsprechende Software-Werkzeuge sind
dazu verfügbar [108, 103]. Sie ermöglichen bildschirmunterstützt sowohl
eine manuelle wie auch eine halb- oder vollautomatisierte Bearbeitung eines
einzelnen Messkanals oder auch mehrerer parallel aufgezeichneter Mess-
kanäle nach verschiedenen Methoden im Zeit-, Frequenz- oder Rainflow-
Bereich.
Für eine Aufbereitung im Zeitbereich wird das Messsignal z.B. nach
außergewöhnlichen Merkmalen (Maximal- oder Minimalwert, extreme oder
geringe Signalveränderungen, Mittelwerts-Drift u.ä.) durchsucht. Die davon
betroffenen digitalen Messwerte können sodann in geeigneter Weise editiert
werden. Weiterhin können im Zeitbereich mehrere Messkanäle in verschie-
denster Art algebraisch miteinander verknüpft werden.
Aufbereitungen im Frequenzbereich bedienen sich der Fourier- und der
Inversen Fourier-Transformation in Verbindung mit einer digitalen Filterung
[102, 103].
Bei den Aufbereitungen im Rainflow-Bereich werden einzelne Rainflow-
Matrizen und ihr zugehöriges Residuum abgeändert oder auch mehrere
(abgeänderte) Rainflow-Matrizen mit ihren Residuen überlagert, um dann
einen dementsprechend bearbeiteten Verlauf des Messsignals zu rekonstru-
ieren, Abschn. 3.3.4.
Damit gestatten diese Methoden der digitalen Signalaufbereitung auf
meist einfache und eindeutige Weise unter anderem,
– Störsignale und sonstige unerwünschte Mess- oder Kalibrier-Signale aus
der vorliegenden Messaufzeichnung zu eliminieren,
– Warte-, Halte- und Pausenzeiten aus einer gemessenen Beanspruchungs-
Zeit-Funktion zu eliminieren,
– gemessene Schwingspiele für den Versuchsablauf amplitudengleich auf
eine höhere oder niedrigere Frequenz umzusetzen,
– Amplituden, die kleiner sind als ein vorgegebener Schwellwert, ohne
Rückwirkung auf die verbleibenden Schwingspiele zu unterdrücken,
– Schwingspiele, die nur einen unwesentlichen oder geringen Schädigungs-
beitrag liefern, aus der Beanspruchungs-Zeit-Funktion zu eliminieren und
– die in der so aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion verbleiben-
den Schwingspiele reihenfolgengetreu zur gemessenen Abfolge wieder-
zugeben.
Das folgende Beispiel veranschaulicht die Aufbereitung einer gemessenen
Beanspruchungs-Zeit-Funktion für eine reihenfolgegetreue Wiedergabe ih-
rer wesentlichen Merkmale durch einen Prozessrechner in einer den ver-
suchstechnischen Erfordernissen besser angepassten Form [90].
100

Abb. 2.3–20. Gegenüberstellung der gemessenen Antriebsdrehmomente eines reversierenden Walzgerüstes und der digital auf-
bereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion [109]
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit
2.3.5 Digitale Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-Zeit-Funktionen 101

Beispiel einer digital aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion


Im gemessenen zeitlichen Verlauf des Drehmomentes in der Antriebswelle
eines reversierenden Walzgerüstes, Spur 1 in Abb. 2.3–20, überlagern sich
mehrere Beanspruchungsanteile: Der Grundverlauf des Drehmomentes spie-
gelt das charakteristische Walzprogramm wider. Es steigt beim Einlauf der
Bramme sprungartig vom Leerlaufwert auf einen für die Dauer des Stichs
annähernd konstanten Wert an. Ist der Stich beendet, fällt das Grunddreh-
moment auf den Leerlaufwert zurück. Der nächste Stich läuft in umgekehr-
ter Richtung ab, wobei sich das Grunddrehmoment umkehrt. Es folgen meh-
rere Stiche aufeinander, bis die Bramme ihr Endmaß erreicht hat und nach
einer ungeraden Anzahl von Stichen das Walzgerüst verlässt. Dem Grund-
drehmoment überlagern sich gedämpfte Einschwingvorgänge, welche vom
sprungartigen Anstieg und Abfall des Grunddrehmomentes herrühren, des
Weiteren Ratterschwingungen, die aus Schlupfbewegungen zwischen Walzen
und Walzgut angeregt werden und deren Schwingbreiten ein Mehrfaches des
Grunddrehmomentes erreichen können.
Das vorliegende Analog-Magnetband für eine ereignisbehaftete Mess-
dauer von 4,9 h enthielt die während einer 8 h-Schicht kontinuierlich auf-
gezeichneten Beanspruchungen aus 184 Walzvorgängen (= Zahl der Bram-
men). Seine zeitgetreue Wiedergabe hätte wegen der extrem niederfrequen-
ten Grundbeanspruchung und wegen der Wartezeiten und Pausen zwischen
den einzelnen Stichen zu unrealisierbar langen Versuchszeiten geführt. Eine
deutlich höhere Abspielgeschwindigkeit des Magnetbandes verbot sich bei
der mit ca. 11 Hz ohnehin schon hohen Frequenz der Ratterschwingungen.
Für die digitale Aufbereitung wurden folgende Annahmen getroffen:
– Der für die Werkstoffschädigung maßgebende Informationsinhalt der Be-
anspruchungs-Zeit-Funktion stellt sich in der Abfolge ihrer Umkehrpunk-
te dar; die Analog-Digital-Umsetzung kann sich deshalb auf die sequen-
tielle Folge der Umkehrpunkte beschränken.
– Zahlreiche kleine Amplituden können aufgrund ihres unbedeutenden
Schädigungsbeitrags unterdrückt werden; die dazu notwendige Festle-
gung stützt sich auf die Häufigkeitsverteilung der Bereichspaare, Kurven A
und B in Abb. 2.3–21. Das betreffende Zählverfahren benutzt den Algo-
rithmus des Rainflow-Verfahrens als Amplitudensieb, Abschn. 3.3.4.
– Haltezeiten und Frequenzeinflüsse der hier vorliegenden Art sind für das
Schädigungsgeschehen von untergeordneter Bedeutung; die als wesentlich
verbleibenden Umkehrpunkte können deshalb durch Kosinus-Halbwellen
verbunden und mit einer einheitlichen, dem dynamischen Leistungsbe-
reich der Prüfmaschine angepassten Frequenz durch den Rechner wieder-
gegeben werden, Spur 2 in Abb. 2.3–20.
Das Ergebnis der Aufbereitung ist aus den Abb. 2.3–20 und 21 ersichtlich: Je-
des markante Schwingspiel des Messschriebes ist in der aufbereiteten Funk-
tion wiederzufinden. Doppelamplituden kleiner als 0,34 MNm (das sind
102

Abb. 2.3–21. Häufigkeitsverteilung nach dem Klassendurchgangs- und nach dem Spannenpaar-Verfahren für die gemessene und die
2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

aufbereitete Beanspruchungs-Zeit-Funktion [109]


2.3.6 Analoge Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen 103

weniger als 5% des Kollektivhöchstwertes) wurden unterdrückt, Kurve C in


Abb. 2.3–21. Die Gesamtzahl der ausgezählten Bereichspaare ist gleich der
Anzahl der wiederzugebenden Schwingspiele; sie beläuft sich für die aufbe-
reitete Funktion auf 3900. Im Vergleich dazu ergab die gemessene Beanspru-
chungs-Zeit-Funktion 145700 bzw. 11500 Schwingspiele, je nachdem ob
beim Klassieren nur eine Tiefpassfilterung bei 15 Hz oder ob zusätzlich eine
Rückstellbreite, Abb. 2.2–18, von 0,11 MNm verwendet wurde, Kurven A und
B in Abb. 2.3–21.
Im vorliegenden Fall konnte die relativ geringe Anzahl von 2 ¥ 3900 = 7800
verbleibenden Umkehrpunkten der aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-
Funktion im Kernspeicher des Prozessrechners abgespeichert und von dort
in beliebiger Wiederholung sequentiell abgearbeitet werden. Wird die Fre-
quenz der Ratterschwingungen von 11 Hz zugrunde gelegt, so erfordert die
Wiedergabe der aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion mit 3900
Schwingspielen eine Versuchszeit von 3900/(11 ¥ 60) = 6 min gegenüber
einer mit der Messung erfassten Betriebszeit von 4,9 h = 294 min; dies
bedeutet eine Zeitraffung um den Faktor 50. Eine vergleichbare Zeitraffung
gegenüber einem zeitgetreuen Nachfahr-Versuch wäre mit Methoden der
analogen Signalverarbeitung nicht erreichbar. Abb. 3.2–32 zeigt Versuchser-
gebnisse, die mit der aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion an Kerb-
stäben aus Stahl Ck45 und Stahl 42CrMo4 gewonnen wurden.

2.3.6
Analoge Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
Bei der analogen Erzeugung stochastischer Sollwertsignale wird unterstellt,
dass die maßgebliche Schwingbeanspruchung der zu untersuchenden Kon-
struktion als stationärer Gauß’scher Zufallsprozess zutreffend beschrieben
werden kann. Dementsprechend können die statistischen Eigenschaften der
zu erzeugenden Sollwert-Funktion mit ihrer spektralen Leistungsdichte-Ver-
teilung eindeutig und vollständig vorgegeben werden.
Die Geräteanordnung besteht je nach den Erfordernissen aus einem oder
mehreren Rauschgeneratoren mit nachgeschalteten Bandpassfiltern, Abb.
2.3–22. Die Rauschgeneratoren liefern ein Signal, dessen spektrale Leistungs-
dichte bis zu der interessierenden oberen Eckfrequenz wmax konstant ist. Mit
jedem der Bandpassfilter lässt sich sodann über die wählbare Mittenfreqenz,
Bandbreite und Flankensteilheit ein eingipfliges Leistungsspektrum darstel-
len und in seiner Intensität anpassen, bevor die einzelnen Signale an einem
Summierverstärker zum eigentlichen Sollwert-Signal überlagert werden.
Nachgeschaltete Messgeräte dienen einer Kontrolle und Analyse des erzeug-
ten Signals.
Im Vergleich zu dem nach Abb. 2.3–13 durch Hochpass-Filterung gewon-
nenen stochastischen Beanspruchungsanteil zeigt Abb. 2.3–23 das analog mit
einer Geräteanordnung nach Abb. 2.3–22 erzeugte Signal mit einem Leis-
tungsspektrum nach Abb. 2.3–24.
104 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–22. Geräteanordnung zur analogen Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-


Zeit-Funktionen mit zweigipfligem Leistungsspektrum [105]

Abb. 2.3–23a, b. Vergleich a einer im Betrieb gemessenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion


mit I = 0,30 und b einer mit einer Geräteanordnung nach Abb. 2.3–22 erzeugten stochas-
tischen Beanspruchungs-Zeit-Funktion mit I = 0,34 bei angeglichenem zweigipfligem
Leistungsspektrum nach Abb. 2.3–24 [104]

Aus Abb. 2.3–25 ist zu ersehen, wie sich der durch den Unregelmäßig-
keitsfaktor nach Gl. (2.3–15) gekennzeichnete Charakter eines Sollwert-Sig-
nals mit zweigipfligem Leistungsspektrum abhängig vom Verhältnis der Mit-
tenfrequenzen und dem Intensitäts-Verhältnis der beiden spektralen Anteile
variieren lässt [105]. Der Unregelmäßigkeitsfaktor erweist sich, über den
Term w4 in Gl. (2.3–15), in erster Linie durch den höherfrequenten Anteil des
Leistungsspektrums bestimmt, weil daraus eine große Anzahl von Spitzen-
werten ohne Mittelwertdurchgänge entstehen kann.
Bei den Rauschgeneratoren sind zwei grundsätzlich verschiedene Typen
zu unterscheiden. Der Pseudo-Zufallsspannungsgenerator liefert ein zufalls-
2.3.6 Analoge Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen 105

Abb. 2.3–24. Zweigipfliges Leistungsspektrum der erzeugten stochastischen Beanspru-


chungs-Zeit-Funktion [104]

Abb. 2.3–25. Variationsmöglichkeiten des Unregelmäßigkeitsfaktors über ein zweigipfli-


ges Leistungsspektrum [105]
106 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

artig verlaufendes, reproduzierbares Signal von endlicher Periodenlänge.


Diesem Vorteil eines reproduzierbaren Signals steht der Nachteil einer meist
zu kurzen Periode und damit eines zu geringen Scheitelfaktors
C = MAX(Sa) / Srms (2.3–16)
gegenüber. Typisch für handelsübliche Geräte sind Werte C = 3,5, während
nach Gl. (2.3–12) ein Scheitelfaktor C = 5,25652 erforderlich ist, damit auch

die höchste Spannungsamplitude Sa mit der Auftretenswahrscheinlichkeit
1:106 real im Kollektiv enthalten ist.
Ein echter Zufallsspannungsgenerator liefert hingegen ein Signal, das im
Scheitelfaktor zwar einstellbar, in seinem Verlauf jedoch nicht reproduzier-
bar ist. Zudem ist, wegen des echten Zufall-Charakters, bei endlicher Ver-
suchszeit keineswegs sichergestellt, dass alle extremen Spitzenwerte mit den
ihnen theoretisch zukommenden Häufigkeiten auch tatsächlich auftreten. Es
ist deshalb eine fortlaufende Signalanalyse erforderlich, um das wirkliche
Sollwert-Signal zu kennen.
Die beschriebene Geräteanordnung ist primär zur Erzeugung von Soll-
wertsignalen geeignet, die als stationäre stochastische Schwingungsvorgänge
ablaufen. Mit zusätzlichem Geräteaufwand können auch quasistationäre Vor-
gänge realisiert werden, wie z.B. Beanspruchungs-Zeit-Funktionen für ein
Kraftfahrzeug-Bauteil auf Straßen unterschiedlicher Fahrbahnbeschaffen-
heit. Es setzt sich dann die Beanspruchung aus mehreren Abschnitten mit le-
diglich intensitätsweise oder auch spektral unterschiedlichen Leistungsdich-
te-Verteilungen zusammen. Zudem kann sich abschnittsweise der lineare
Mittelwert der Beanspruchung verändern, z.B. aus der Beladung oder weil
sich den hochfrequenten Beanspruchungen aus Straßenunebenheiten eine
niederfrequente Beanspruchungskomponente überlagert, die von der Kur-
venfahrt herrührt, Abb. 2.3-4.

2.3.7
Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen

Die digitale Erzeugung stochastischer Sollwertfunktionen kann ausgehend


von den zweiparametrischen und in Matrizenform dargestellten Häufig-
keitsverteilungen geschehen, die für einen stationären Gaußprozess durch
Zählung nach dem Verfahren der Übergangsmatrix [110–112] oder nach
dem Rainflow-Zählverfahren, Abschn. 3.3.4, ermittelt wurden. Bei dem Ver-
fahren der Übergangsmatrix, einem Spannen-Mittelwert-Zählverfahren, han-
delt es sich um ein zweiparametrisches Zählverfahren aufeinanderfolgender
Ober- und Unterwerte im Sinne zusammengehöriger Spannen und Mittel-
werte. Im Unterschied dazu handelt es sich bei dem Rainflow-Verfahren um
ein zweiparametrisches Zählverfahren derjenigen Ober- und Unterwerte, die
im Sinne von Amplituden und Mittelwerten geschlossener Hystereseschlei-
fen einander zuzuordnen sind.
2.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen 107

Abb. 2.3–26. Zweiparametrige Zählung von Übergangshäufigkeiten und ihre Darstellung in


einer Übergangs-Matrix [110]; die Übergänge können, wie hier dargestellt, als Spannen de-
finiert sein, oder auch, wie beim Rainflow-Verfahren nach Abschn. 3.3.3, als Amplituden

Zählung nach dem Verfahren der Übergangsmatrix


Die Beanspruchungs-Zeit-Funktion wird bei dem Verfahren der Übergangs-
matrix als eine Folge von Umkehrpunkten, d.h. Oberwerten und Unterwer-
ten, aufgefasst, die sich einer äquidistanten Klassenteilung des überdeckten
Wertebereichs zuordnen. Zusätzlich wird unterstellt, dass zwischen aufeinan-
derfolgenden Umkehrpunkten eine Markov’sche Abhängigkeit erster Ord-
nung besteht: der nächste Umkehrpunkt fällt in eine Klasse, die von der Klas-
se des ihm vorangegangenen Umkehrpunktes statistisch abhängig ist. Diese
Abhängigkeit lässt sich in Form einer zweidimensionalen Häufigkeitsvertei-
lung durch eine Matrix darstellen, deren Elemente aij die Häufigkeit der
Übergänge von der Ausgangsklasse i zu der Zielklasse j beziffern.
Für eine gegebene Beanspruchungs-Zeit-Funktion können diese Über-
gangshäufigkeiten durch Zählen entsprechend Abb. 2.3–26 bestimmt wer-
den. Steigende Übergänge „nach oben“ und fallende Übergänge „nach un-
ten“ werden in der gezeigten Weise ausgezählt, sodass aus den beiden zuge-
hörigen dreieckförmigen Matrizen nach Abb. 2.3–26 schließlich die vollstän-
dige Übergangs-Matrix nach Abb. 2.3–27 entsteht, die das Zählergebnis in
ausdeut- und auswertbarer Form wiedergibt. Einer solchen Matrix-Darstel-
lung der Übergangshäufigkeiten sind zu entnehmen, Abb. 2.3–28:
– das zweiparametrische Kollektiv aufeinanderfolgender Oberwerte und
Unterwerte,
– das zweiparametrische Kollektiv zusammengehöriger Spannen und Mittel-
werte
– das Kollektiv der Überschreitungen von Klassengrenzen,
– die einparametrischen Kollektive der Oberwerte bzw. der Unterwerte,
– die einparametrischen Kollektive der Spannen bzw. der Mittelwerte,
– die Anzahl der Oberwerte oder Unterwerte,
– die Anzahl der Mittelwertdurchgänge,
– der Unregelmäßigkeitsfaktor.
108 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–27. Vollständige Übergangs-Matrix mit den zugehörigen Bezeichnungen [110]

Abb. 2.3–28. Der Übergangs-Matrix zu entnehmende Informationen [110]

Das einparametrische Kollektiv der Ober- oder Unterwerte entspricht dabei


einer Zählung nach dem Spitzenwert-Verfahren, das Kollektiv der Über-
schreitungshäufigkeiten einer Zählung nach dem Klassendurchgangs-Ver-
fahren, das einparametrische Kollektiv der Spannen einer Zählung nach dem
Spannen-Verfahren (nicht zu verwechseln mit dem Spannenpaar-Verfahren),
Abschn. 2.2.1.
Als Gesetzmäßigkeiten im Aufbau der Matrix sind zu erkennen: Die An-
zahl der Übergänge in eine bestimmte Klasse hinein muss gleich sein der
2.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen 109

a b
Abb. 2.3–29. Symmetrien der Übergangs-Matrix, a einfache Symmetrie zur Hauptdiago-
nalen, b zweifache Symmetrie zur Haupt- und Nebendiagonalen [110]

Anzahl der Übergänge aus dieser Klasse heraus. Daraus folgt, dass einander
zugehörige Zeilen- und Spaltensummen gleich sein müssen. Bei symme-
trisch zur Mittellinie verlaufenden Beanspruchungs-Zeit-Funktionen sind
die beiden Matrix-Hälften oberhalb und unterhalb der Diagonalen zum Ma-
trix-Mittelpunkt symmetrisch. Bleiben, wie bei Funktionen Gauß’scher Art
die statistischen Eigenschaften erhalten, wenn die Funktion entgegen der
Zeitachse abläuft, so besteht noch eine weitere Symmetrie zur Nebendiago-
nalen, Abb. 2.3–29.
Die Umkehrpunkte innerhalb einer Klasse werden bei der Ausdeutung
der Klassenmitte zugeordnet. Mithin werden die Matrix-Elemente auf der
Hauptdiagonalen zu Null gesetzt, da ein Übergang von einer in dieselbe
Klasse kein Schwingspiel ergibt. Den Klassenmitten entsprechen die Mit-
telpunktskoordinaten der Matrix-Elemente. Sie können wahlweise einem
Koordinatensystem der Ober- und Unterwerte p und q, oder in einem Koor-
dinatensystem der Mittelwerte m und der Spannen a ausgedeutet werden,
Abb. 2.3–30. Für die Umrechnung gilt:

p = m + a; q = m – a, (2.3–17)

m = (p + q) / 2; a = (p – q) / 2 . (2.3–18)

Die Spannen werden mit wachsendem Abstand der Matrix-Elemente von der
Hauptdiagonalen größer. Betrachtet man die Amplituden, bzw. dementspre-
chend die Spannen, als maßgebende Einflussgröße der Schwingfestigkeit, so
sollte durch die Klassenteilung gerade für sie ein möglichst geringer Fehler
entstehen. Bei gleichen Mittelpunktskoordinaten tragen diesem Grundsatz
die an der Hauptdiagonalen orientierten rechteckigen Elemente besser Rech-
nung, Abb. 2.3–31b, als die an der Klassenteilung orientierten quadratische
Elemente, Abb. 2.3–31a. Der Fehler für die Spannen vermindert sich auf die
Hälfte, wenn die Matrix ausgehend von den Spannen und den Mittelwerten
110 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–30. Beziehung


zwischen den p,q-Koordi-
naten und den m,a-Ko-
ordinaten [110]

Abb. 2.3–31a, b. Durch das


Klassieren entstehende
Fehler der Mittelwerte m
und der Amplituden bzw.
Spannen a, abhängig
von der Form der Matrix-
Elemente: a an der
Klassenteilung orientierte a
quadratische Elemente,
b an der Hauptdiagonalen
orientierte rechteckige
Elemente bei jeweils glei-
chen Mittelpunktskoordi-
naten [111]

für die Rechteckelemente bestimmt wird. Die hausförmigen Elemente ent-


lang der Diagonalen in Abb. 2.3–31a ergeben sich, wenn in diesem Element-
Schema alle Übergänge mit Spannen kleiner als einem Viertel der Klassen-
breite vernachlässigt werden.

Berechnung der Matrix-Elemente


Neben der Zählung der Übergangshäufigkeiten bietet sich eine Berechnung
der Matrix-Elemente an. Für eine dem stationären Gauß’schen Prozess ent-
sprechende Beanspruchungs-Zeit-Funktion kann diese Berechnung ausge-
hend von einer von Kowalewski [80] heuristisch abgeleiteten Näherung für
2.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen 111

Abb. 2.3–32. Zweidimensionale Häufigkeitsverteilung der Mittelwerte m und der Spannen


a für einen stationären Gauß-Prozess [80]

die zweidimensionale Häufigkeitsverteilung von a und m geschehen, Abb.


2.3–32. Nach dieser Näherung gilt für die Übergangshäufigkeit h (m, a) bei
vorgegebenem rms-Wert s, Unregelmäßigkeitsfaktor I und Anzahl der

Mittelwertdurchgänge H0 :

   
H0 · a – m2 – a2
h(m, a) = 0006 · exp 004 · exp 05 .
a0003
2p · s 6 · I 6 · (1 – I 2) 2 · s 2 · (1 – I 2) 2 · s 2 · I2
(2.3–19)
Die Matrix-Elemente aij bestimmen sich damit als Integrale

aij = ∫ h (m, a) · dm · da , (2.3–20)


Fij

wenn Fij das durch die Klassenteilung in der m, a-Ebene bestimmte Flächen-
element darstellt. Vereinfachend lassen sich die Symmetrien der Matrix beim
zahlenmäßigen Auswerten der Integrale nutzen. Im Randbereich der Matrix
muss unter Beachtung der ihr eigenen Gesetzmäßigkeiten eine Rundung der
Werte aij vorgenommen werden, weil nur ganzzahlige Übergangshäufigkei-
ten sinnvoll sind. Da die Elemente auf der Hauptdiagonalen nicht belegt

sind, enthält die Matrix insgesamt weniger Werte als durch H0 und I be-
stimmt.

Erzeugen einer Sollwert-Funktion


Aus der Übergangs-Matrix ist sodann die Synthese einer Sollwert-Funktion
möglich. Primär ergibt sich dabei eine Folge von Ober- und Unterwerten. Sie
setzt sich zusammen aus Übergängen von einem Unterwert zu einem Ober-
112 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–33. Schema zur Abfrage einer Übergangs-Matrix [110]

wert (die betreffenden Häufigkeiten stehen in der Matrix oberhalb der


Hauptdiagonalen) und aus Übergängen von einem Oberwert zu einem
Unterwert (die betreffenden Häufigkeiten stehen unterhalb der Hauptdiago-
nalen). Der zur Erzeugung der Ober- und Unterwert-Folge entwickelte Algo-
rithmus lässt sich am Übergang von einem Unterwert der Klasse a zu einem
Oberwert der Klasse b > a und einem anschließenden Übergang von dem
soeben erreichten Oberwert der Klasse b zu einem Unterwert der Klasse
g < b wie folgt beschreiben, Abb. 2.3–33:
Die Häufigkeiten aa j für Übergänge, die von einem Unterwert der Klasse
i = a zu einem Oberwert b > a gehen, stehen in der Matrix-Zeile a oberhalb
der Hauptdiagonalen ( j > a) und bilden die Summe Ta . Eine gleichverteilte
Pseudo-Zufallszahlenfolge, die alle ganzen Zahlen von Null bis (Ta – 1) ge-
nau je einmal enthält, dient zum Bestimmen der Zielklasse j > a, beispiels-
weise j = b. Für den nächsten Übergang wird die bisherige Zielklasse b zur
Ausgangsklasse i = b. Da es sich nun um den Übergang von einem Oberwert
zu einem Unterwert handelt, stehen die betreffenden Übergangshäufigkeiten
abj in der Matrix-Zeile b unterhalb der Hauptdiagonalen ( j > b). Sie bilden
die Summe Tb . Wiederum dient eine gleichverteilte Pseudo-Zufallszahlenfol-
ge, die jetzt jedoch die Zahlen von Null bis (Tb – 1) enthält, zum Bestimmen
der Zielklasse j < b, beispielsweise j = g. Als nächstes wird i = g zur Aus-
gangsklasse, usw.
Das Bestimmen der Zielklasse geschieht durch schrittweises Subtrahieren
der Häufigkeiten aij von der aktuellen Zufallszahl, wobei mit den Elementen
an der Hauptdiagonalen begonnen wird. Die Zielklasse ist erreicht, wenn die
Subtraktion eine Zahl kleiner oder gleich Null ergibt.
2.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funktionen 113

Für jede der 2 · n Teilzeilen werden mithin gesonderte Pseudo-Zufallszah-


lenfolgen benötigt. Sie werden nach dem gemischten Kongruenzverfahren
[113] berechnet als
Rn = A · Rn–1 + (B + 1 + W) (MOD M). (2.3–21)
In diesem Bildungsgesetz für Pseudo-Zufallszahlen Rn werden die Parameter
A, B, W und M für jede einzelne Teilzeile i = a gesondert und in Abhängig-
keit von der Elementsumme Ta wie folgt festgelegt:
M = 2r mit r = [1 + INT (ln Ta / ln 2)] MAX [4] , (2.3–22)
D = M – Ta , (2.3–23)
A = (5) MAX (M / 2 – 3) , (2.3–24)
B = (3) MAX (M / 4 – 1) , (2.3–25)
W = + 1 für Übergänge von einem Unter- zu einem Oberwert , (2.3–26)
W = – 1 für Übergänge von einem Ober- zu einem Unterwert . (2.3–27)
Durch diese Parameterwahl entstehen Pseudo-Zufallszahlenfolgen, die alle
ganzen Zahlen von 0 bis (M – 1) genau einmal enthalten. Um sie auf den
gewünschten Umfang von 0 bis (Ta – 1) zu reduzieren, wird jede erzeugte
Zufallszahl zunächst um den jeweiligen Differenzwert D vermindert, um bei
negativem Ergebnis sogleich die nächste Zufallszahl zu berechnen.
Die Anfangswerte R0 der Zahlenfolgen werden für jede Teilzeile i abhän-
gig von der gewünschten Ausgangszeile a und dem Matrix-Inhalt gewählt.
Die allgemeinen Grundsätze dazu sind in [111] formuliert: In jeder Matrix-
Zeile muss der letzte Übergang in eine solche Klasse führen, die eine Rück-
kehr in die Ausgangsklasse erlaubt. Zufallszahlen, die diese Übergänge lie-
fern, sind als Anfangswerte R0 zulässig.
Durch diese Wahl der Zufallszahlenfolgen und ihrer speziellen Anfangsbe-
dingungen ist gesichert, dass die erzeugte Folge der Ober- und Unterwerte
alle durch die Matrix bezeichneten Übergänge genau je einmal enthält, nach
Durchlaufen der damit definierten Periode zu den Anfangsbedingungen zu-
rückkehrt und sich dann automatisch wiederholt. Hinweise zur zweckmäßi-
gen Assembler-Programmierung von Prozessrechnern sind in [110] zu fin-
den; Abb. 2.3–34 zeigt den dort beschriebenen Ablaufplan für eine Matrix
von 32 ¥ 32 Elementen.
Das Umsetzen der durch die Zielklasse j bezeichneten Umkehrpunkte in
analoge Spannungswerte geschieht in der Regel nach einer linearen Bezie-
hung
U = U1 + U2 · (2j – n – 1) / (n – 1) . (2.3–28)
Für einen linearen Mittelwert U1 = 0 ergibt sich danach die Ausgangsspan-
nung U = U1 = 0 für j = (n + 1) / 2 sowie U = + U2 für j = n und U = – U2 für
j = 1.
114 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–34. Ablaufplan zum Rechenprogramm für die Erzeugung einer Markov’schen
Folge von Spitzenwerten aus einer Übergangs-Matrix mit 32 ¥ 32 Elementen [110]

2.3.8
Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung

Die Erzeugung von Sollwertfunktionen aus Matrizen der Übergangshäufig-


keiten wurde entwickelt unter der Zielsetzung, eine dem stationären Gauß-
prozess verwandte Standard-Zufallslastfolge für Aufgaben der Schwingfestig-
keitsforschung zu definieren. Die Veröffentlichungen [110, 111] beruhen auf
der diesbezüglichen Gemeinschaftsarbeit des Fraunhofer-Instituts für Be-
triebsfestigkeit, Darmstadt, und der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft,
2.3.8 Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung 115

Ottobrunn. Eine nach diesem Verfahren erzeugbare Zufallsfolge erfüllt dazu


vier wichtige Forderungen:
– Die Folge stimmt in allen Einzelheiten mit dem Matrix-Inhalt überein.
– Die Folge wiederholt sich exakt nach der entsprechenden Periode.
– Die Folge beginnt bei jedem erneuten Start am Anfang der Periode.
– Die Folge ist auf einem beliebigen Rechnertyp exakt reproduzierbar.
Im Einzelnen wurden nach Gl. (2.3–19) und Gl. (2.3–20) und entsprechend
Abb. 2.3–31a die Matrix-Elemente für drei Zufallsfolgen mit den Unregel-
mäßigkeitsfaktoren I = 0,99, I = 0,7 und I = 0,3 unter folgenden Vorgaben be-
rechnet:
– Der Wertebereich umfasst 32 Klassen.

– Die Folge enthält H0 = 106 Mittelwertdurchgänge.
– Der Kollektivhöchstwert entspricht dem 5,25652-fachen rms-Wert.
– Die Mitte der Klasse 32 liegt beim + 5,25652-fachen des rms-Wertes.
– Die Mitte der Klasse 1 liegt beim – 5,25652-fachen des rms-Wertes.
– Der lineare Zeitmittelwert Null liegt mittig zwischen Klasse 16 und 17.
Anfangswerte R0 für einen Beginn in Klasse 16 wurden dazu wie folgt defi-
niert: für die Teilzeilen oberhalb der Diagonalen
16
R0i = Di + ∑ aij für i = 1 … 15 , (2.3–29)
j=i+1

R0i = Di für i = 16 … 32 (2.3–30)

und für die Teilzeilen unterhalb der Diagonalen

R0i = Di für i = 1 … 17 , (2.3–31)


i=1
R0i = Di + ∑ aij für i = 18 … 32 . (2.3–32)
j = 17

Abbildung 2.3–35 veranschaulicht die Struktur der erhaltenen Matrix-Bele-


gung; die Zahlenwerte der Matrix-Elemente sind in [110, 112] zu finden. In
der Matrix für I = 0,99 zeigen die Übergänge nur eine geringe Schwan-
kungsbreite der Mittelwerte, während die Matrix für I = 0,3 vornehmlich
kleine Spannen verbunden mit großen Schwankungen der Mittelwerte aus-
weist. In der Matrix für I = 0,7 überdecken sowohl die Spannen wie auch die
Mittelwerte einen größeren Schwankungsbereich; sie wurde deshalb als
Standard-Matrix empfohlen.
Abbildung 2.3–36 zeigt im Ausschnitt den sich ergebenden Funktionsab-
lauf, wenn die Folge der Umkehrpunkte durch Kosinus-Halbwellen verbun-
den wird. Aufgrund des einheitlich mit 5,25652 · rms definierten Kollektiv-
höchstwertes gilt für alle drei Funktionen nach Gl. (2.3–11) das gleiche
116 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

I = H0 / HP = 0,99 I = H0 / HP = 0,70 I = H0 / HP = 0,30

Abb. 2.3–35. Struktur der Matrix-Belegung abhängig vom Unregelmäßigkeitsfaktor [110]

Abb. 2.3–36. Ausschnitte der mit dem Rechner aus Übergangs-Matrizen von 32 ¥ 32 Ele-
menten erzeugten Beanspruchungs-Zeit-Funktionen für Unregelmäßigkeitsfaktoren
H0 /HP = 0,99, 0,70 und 0,30 [112]

Treppenkollektiv, Abb. 2.3–37. Abb. 2.3–38 zeigt ihre spektrale Leistungs-


dichte-Verteilung mit jeweils einer Spitze bei der Prüffrequenz von 21 Hz,
die durch die Kosinus-Halbwellen definiert ist. Die die Umkehrpunkte ver-
bindende Funktion darf zwar auch hier als eine untergeordnete Einfluss-
größe gelten, doch wird mit dieser Vereinfachung der in der spektralen Leis-
tungsdichte enthaltene Informationsanteil eines stationären Gaußprozesses
verfälscht.
Die Möglichkeit zur Darstellung spezieller Kollektivformen nach Art eines
quasistationären Gaußprozesses (d), Abb. 2.2–5, ist in gleicher Weise auch für
die Standard-Lastfolgen nach dem Verfahren der Übergangsmatrix gegeben.
Alternativ bietet dieses Verfahren die Möglichkeit, anstelle einer abschnitt-
2.3.8 Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung 117

Abb. 2.3–37. Treppenkollektiv der mit dem Rechner aus der Übergangs-Matrix für einen
Gauß-Prozess erzeugten Beanspruchungs-Zeit-Funktion, gültig für alle Unregelmäßig-
keitsfaktoren [110]

Abb. 2.3–38. Spektrale Leistungsdichte-Verteilung der mit dem Rechner erzeugten Bean-
spruchungs-Zeit-Funktionen, nach Gaßner und Lowak

weisen Aufeinanderfolge unterschiedlicher stationärer Lastfolgen eine antei-


lige additive Überlagerung entsprechender Matrizen zu einer Summenma-
trix vorzusehen, die dann zufallsartig abgearbeitet wird.

Erfahrungen und Empfehlungen


Mittlerweile darf man feststellen, dass sich die Standard-Lastfolgen auf der
Grundlage von Übergangsmatrizen praktisch bewähren. Dennoch sollte ihre
118 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

1,0
Bezogene Spannungsamplitude sai /S a

0,5

0,0
100 102 104 106

Abb. 2.3–39. Anomalie der Stufenhäufigkeiten hi bei fehlendem Term (1 + W) in Gl.


(2.3–21) bzw. im Ablaufplan nach Abb. 2.3–34, hier gezeigt am Beispiel der Zufallslast-
folge für H0 / HP = 0,7, nach Abb. 2.3–36

endgültige Festschreibung sowie eine künftige Anwendung des Verfahrens


folgende Erkenntnisse berücksichtigen [112]:
Vielfach kam und kommt noch eine ursprüngliche Variante des Verfah-
rens zur Anwendung, bei der die Veränderung des Parameters B durch den
Term 1 + W in Gl. (2.3–21) noch nicht vorgenommen ist. Dadurch folgen
Übergänge, die zum zeitlichen Mittelwert symmetrisch und unschwer in
Abb. 2.3–36 zu erkennen sind, in kurzem zeitlichen Abstand aufeinander.
Diese den Zufallscharakter störende Symmetrie zeigt sich auch in Kollekti-
ven, die nach dem Spannenpaar-Verfahren erhalten werden, Abb. 2.3–39.
Durch den Zusatzterm 1 + W in Gl. (2.3–21) werden in diesem Punkt ver-
besserte statistische Eigenschaften erzielt.
Ausgehend von den für n = 32 Klassen berechneten Matrix-Elementen fällt
der zeitliche Mittelwert auf die Grenze der Klassen 16 und 17. Insofern ist
er niemals als Umkehrpunkt in der erzeugten Sollwertfunktion enthalten.
Der zeitliche Mittelwert stellt jedoch eine wichtige Kontrollgröße dar, so-
dass es sich empfiehlt, von einer ungeraden Anzahl von Klassen, z.B. n = 31,
auszugehen, womit sich der Mittelwert durch entsprechende Umkehrpunkte
markiert.
Weiterhin empfiehlt sich aus den dargelegten Gründen die Berech-
nung der Matrix-Elemente für die amplitudengetreueren Rechteckele-
mente [112] und ihre Rundung dergestalt, dass auf die höchste Stufe der
Treppenkurve, Abb. 2.3–37, die zutreffendere Häufigkeit hi = 2 entfällt,
Abschn. 3.2.5.
2.3.8 Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung 119

Und schließlich wäre zu berichtigen, dass die Matrizen auch tatsächlich



für einen Gaußprozess mit H0 = 1 · 106 Mittelwertdurchgängen bestimmt
sind, was wegen der zu null gesetzten Elemente auf der Hauptdiagonalen be-
dingt, dass die Matrizen selbst pro Durchlauf eine Mittelwertdurchgangszahl

H0 < 1 · 106 liefern. Die bisher definierten Matrizen [110, 112] beinhalten hin-

gegen sogar wenig mehr als H0 = 1 · 106 Mittelwertdurchgänge, sodass die
damit versuchstechnisch ermittelten Lebensdauerwerte um den genannten
Fehler der Mittelwertsdurchgangszahl zu ungünstig ausfallen.
Als eindeutige Vorzüge von Standard-Lastfolgen der beschriebenen Art
lassen sich anführen:
– Die mathematische Prozedur, die Matrix-Elemente und alle erforderlichen
Parameter sind eindeutig definiert.
– Das Kollektiv der Überschreitungshäufigkeiten ist gleich dem eines statio-
nären Gauß-Prozesses.
– Der Kollektivhöchstwert und die zugehörige Mittelspannung können be-
liebig gewählt werden.
– Der Unregelmäßigkeitsfaktor der Beanspruchungs-Zeit-Funktion ist vor-
gebbar, ohne dass sich die Kollektivform ändert.
– Die Abfolge der Ober- und Unterwerte ist eindeutig beschrieben und re-
produzierbar.
– Eine Veränderung der Prüffrequenz bleibt ohne Auswirkung auf die Ab-
folge der Ober- und Unterwerte.
– Identische Lastfolgen sind in jedem Laboratorium darstellbar, unabhängig
vom Typ des eingesetzten Rechners und von Bedienungseinflüssen.
– Die eindeutige Abfolge der Ober- und Unterwerte eröffnet neue Möglich-
keiten zum Studium der Schädigungsakkumulation.
Ganz allgemein bleibt noch auf folgenden Sachverhalt hinzuweisen: Allein
mit einer gegebenen Übergangsmatrix ist die daraus entstehende Sollwert-
Funktion nicht eindeutig bestimmt. Abbildung 2.3–40 veranschaulicht in ver-

a b
Abb. 2.3–40. Aus der gleichen Übergangsmatrix erzeugte Funktionsabläufe, nach LMS-
Unterlagen
120 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–41. Spannenpaar-Kollektive der aus der Übergangsmatrix für I = H0 /HP = 0,70
erzeugten Lastfolgen: (●) maximal schädigende Lastfolge, (¥) zufallsartige Standard-Last-
folge, (●) minimal schädigende Lastfolge [554]

einfachter Form, dass aus ein und derselben Übergangsmatrix sehr unter-
schiedliche Funktionsabläufe erzeugt werden können, wenn dies nach be-
wusst unterschiedlichen deterministischen Regeln geschieht. Pompetzki und
Topper [114] beschreiben die Regeln, wie aus einer Übergangsmatrix die
minimal oder maximal schädigende Sollwertfunktion erzeugt werden kann.
Abbildung 2.3–41 zeigt die betreffenden Spannenpaar-Kollektive, die sich
aus der Übergangsmatrix für einen Unregelmäßigkeitsfaktor I = H0 / HP =
0,70 herleiten; die Spannenpaar-Kollektive aus den Übergangsmatrizen für
H0 / HP = 0,99 bzw. 0,30 sind hingegen deutlich weniger bzw. noch stärker
verschieden. Daraus wird ersichtlich, dass auch die Bildungsgesetze für die
zufallsartigen Standard-Lastfolgen in eindeutiger Weise vorgegeben sein
müssen, wie es mit den Zufallsfolgen nach Gl. (2.3–21) bis Gl. (2.3–27) ge-
schehen ist. Denn andere Vorgaben hätten andersartige Funktionsabläufe
mit unterschiedlichem Schädigungspotential zur Folge.

2.3.9
Kritik des Zufallslasten-Versuchs

Die Betriebsbeanspruchungen schwingbeanspruchter Bauteile laufen in den


weitaus meisten Fällen zufallsartig ab. Durch ihre Aufzeichnung auf Magnet-
band oder in einer Datei werden sie als Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
einer analytischen Behandlung zugeführt, wobei entweder stochastische Pro-
zesse oder Folgen zufälliger Ereignisse als die zutreffenden mathematischen
Modelle gelten können. Die Vielfalt und die Verschiedenartigkeit der prak-
2.3.9 Kritik des Zufallslasten-Versuchs 121

tisch auftretenden Beanspruchungs-Zeit-Funktionen ist dabei im Grunde


unbegrenzt.
Zwar kann im Einzelfall ohne hypothetische Annahme eine hohe Verläss-
lichkeit der Lebensdauerbestimmung erzielt werden, wenn die unter Be-
triebsbedingungen gemessene und gespeicherte Beanspruchungs-Zeit-Funk-
tion mit einer geeigneten Prüfeinrichtung exakt und unter Beachtung aller
Umgebungseinflüsse im Labor reproduziert wird. Das ist heute beim Be-
triebslastennachfahr-Versuch mit servohydraulischen Prüfmaschinen zwar
im Grundsatz, aber doch nur unter den im Abschn. 2.3.4 genannten Ein-
schränkungen möglich. Denn ein Betriebslastennachfahr-Versuch bewahrt
die betriebsähnliche Abfolge der unterschiedlichen Spannungsausschläge,
macht aber in der Regel aus Gründen der Mess- und Versuchszeit periodi-
sche Wiederholungen und Eingriffe in den zeitlichen Ablauf und damit in die
spektrale Leistungsdichte-Verteilung erforderlich.
Allgemeingültige Erkenntnisse zum Betriebsfestigkeits-Verhalten von
Werkstoffen und Bauteilen dürften aus Betriebslastennachfahr-Versuchen
mangels einer unmittelbaren Vergleichbarkeit der Ergebnisse nur schwerlich
zu erarbeiten sein. Geeigneter dafür erweisen sich Versuchstechniken, die
aus den physikalischen Grundlagen stochastischer Prozesse entwickelt wur-
den, wenngleich auch echte Zufallsprozesse eine beachtliche Vereinfachung
betrieblicher Beanspruchungs-Zeit-Funktionen bedeuten können.
Der stationäre Gaußprozess stellt insofern sicher nicht den Regelfall einer
zufallsartigen Betriebsbeanspruchung dar, er kann jedoch als Grundtyp in
der Abwandlung als quasistationärer Prozess für viele Anwendungen zu-
grunde gelegt werden.
Die bestehenden und vorstehend beschriebenen Möglichkeiten werden
mit Abb. 2.3–42 zusammenfassend aufgezeigt. Zusätzlich sind dort Zufalls-

a e

b f

c g

d h

Abb. 2.3–42a–h. Möglichkeiten der Sollwert-Erzeugung für Zufallslasten-Versuche, nach


Jacoby und Nowack. a Betriebslastennachfahr-Versuch, analog, b Betriebslastennachfahr-
Versuch, digital, c Gauß’scher Zufallsprozess, stationär, d Gauß’scher Zufallsprozess,
quasi-stationär, e Zufallsfolge ganzer Schwingspiele, f Zufallsfolge halber Schwingspiele,
g Zufallsfolge von Spitzenwerten, h Zufallsfolge Markov’scher Übergänge
122 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.3–43. Versuchsergeb- Unregelmäßigkeitsfaktor I


nisse zum Einfluss des
Unregelmäßigkeitsfaktors,
Kerbstab aus der Alumi-
nium-Legierung AlCuMg2,
Formzahl ak = 3,6 [115]

folgen einzelner oder halber Schwingspiele bzw. unabhängiger Umkehr-


punkte aufgeführt, die heute kaum noch von Bedeutung sind und nicht nä-
her erörtert wurden, weil bei ihnen gewisse Vorbehalte bezüglich ihrer statis-
tischen Eigenschaften angebracht sind.
Festgestellt werden kann, dass sich die Kollektivform auch bei Zufallslas-
ten-Versuchen als die vorrangig entscheidende Einflussgröße darstellt. Hin-
ter ihr treten sonstige, mit der spektralen Leistungsdichte-Verteilung gekenn-
zeichnete Eigenschaften der Beanspruchungs-Zeit-Funktion als Einflussgrö-
ßen eindeutig zurück.
Abbildung 2.3–43 zeigt Ergebnisse zum Einfluss des Unregelmäßigkeits-
faktors. Der experimentelle Befund ist nur zum Teil über eine Kollektivaus-
wertung deutbar, Abb. 2.3–44. Nach Gaßner und Lowak [115] hält sich der
Einfluss etwa in den Grenzen einer Lebensdauerveränderung im Verhältnis
1: 2, wenn zur Auswertung und Darstellung der Ergebnisse die ertragene

Schwingspielzahl N0 aus der Zahl der Mittelwertdurchgänge H0 bestimmt
wird. Ausgehend von der Zahl der Scheitelwerte HP wäre die ertragene

Schwingspielzahl NP im Verhältnis 1 / I = HP / H0 größer.
Digitale Verfahren tragen wesentlich dazu bei, die Handhabung von Zu-
fallslasten-Versuchen zuverlässig und reproduzierbar zu gestalten. Diese
Feststellung gilt insbesondere für die Standard-Lastfolgen auf der Grundlage
von Übergangsmatrizen. Sie erweisen sich anwendbar auf eine Vielzahl von
Problemstellungen und mit ihnen lässt sich vermeiden, dass die Wahl der
Versuchsbedingungen eine Ermessensfrage bleibt. Sie schaffen somit die
Voraussetzungen für vergleichbare Versuchsergebnisse und sie eröffnen so
die Möglichkeit ihrer zusammenfassenden Auswertung, Abschn. 2.5.2. Sie
bieten damit alle Voraussetzungen für eine zukünftig zu bevorzugende Ver-
suchstechnik
– bei der Ermittlung allgemeiner Betriebsfestigkeits-Daten zur Bemessung
und Lebensdauerbeurteilung zufallsartig schwingbeanspruchter Bauteile,
2.3.9 Kritik des Zufallslasten-Versuchs 123

Abb. 2.3–44. Vom Unregelmäßigkeitsfaktor abhängige Unterschiede der nach verschiede-


nen Zählverfahren anfallenden Häufigkeitsverteilungen [115]

– bei Versuchen zur vergleichenden Bewertung der Betriebsfestigkeits-Ei-


genschaften von Werkstoffen und von Bauweisen,
– bei Versuchen zur Optimierung der Bauteilgestalt und der Fertigungsbe-
dingungen im Hinblick auf ein günstiges Betriebsfestigkeitsverhalten.
Eine Einschränkung für die Anwendung von Sollwertfunktionen aus Über-
gangsmatrizen ist jedoch eindeutig dann geboten, wenn die Beanspru-
chungs-Zeit-Funktion mit einer Markov’schen Abhängigkeit 1. Ordnung
für die Folge ihrer Ober- und Unterwerte nicht zutreffend wiedergege-
ben werden kann. Als Beispiel einer in dieser Hinsicht ungeeigneten Bean-
spruchungs-Zeit-Funktion mag der Drehmomentenverlauf in den Achs-
wellen eines Lastkraftwagens dienen, Abb. 2.3–4: Die gedämpft abklingen-
den Schwingungsvorgänge unterliegen anderen Gesetzmäßigkeiten als sie
mit Häufigkeitsverteilungen für Übergänge zwischen Ober- bzw. Unter-
werten durch Übergangsmatrizen beschrieben und reproduziert werden
können.
Auch für andere Anwendungsfälle wurden, so wie mit den Lastfolgen Twist
[116] und Minitwist [119] nach Abschnitt 2.4, spezielle Standard-Lastfolgen
definiert [446, 447], die im Abschnitt 5.2 aufgelistet sind.
124 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

2.4
Einzelfolgen-Versuche und spezielle Versuchstechniken
2.4.1
Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit veränderlicher Mittelspannung

Die bisherigen Betrachtungen und Versuchstechniken betrafen Beanspru-


chungs-Zeit-Funktionen mit einer annähernd konstanten Mittelspannung. In
Verbindung mit dieser annähernd konstanten Mittelspannung wurden sie als
eine Folge von Schwingspielen oder als eine Folge von Umkehrpunkten be-
handelt.
Abweichend davon kann es angezeigt sein, eine Beanspruchungs-Zeit-
Funktion als eine Folge komplexer Beanspruchungsabläufe aufzufassen und
versuchstechnisch darzustellen, wenn diese Beanspruchungsabläufe insofern
einen deterministischen Charakter aufweisen, als sich ihr zeitlicher Ablauf
immer annähernd gleichartig vollzieht. Zwingend wird eine solche Betrach-
tungsweise, wenn es sich um Beanspruchungsabläufe mit auffälligen Verän-
derungen der Mittelspannung handelt, Abschn. 2.2.6.
Ein typisches und häufig untersuchtes Beispiel dafür ist der sich von Flug
zu Flug nahezu gleichartig wiederholende Spannungsablauf an der Flügel-
wurzel eines Transportflugzeugs, Abb. 2.4–1. Während des Stehens oder Rol-
lens am Boden wird das Flugzeug vom Fahrwerk getragen und der Flügel
wird auf seiner Unterseite durch Biegung aus seinem Eigengewicht und der
Betankung auf Druck beansprucht. Mit dem einsetzenden Auftrieb beim
Start übernimmt der Flügel seine Tragfunktion und wird auf seiner Unter-
seite auf Zug beansprucht. Beim Landen kehrt die Beanspruchung in den
Druckbereich zurück. Dieses sogenannte Boden-Luft-Lastspiel bedeutet im

Abb. 2.4–1. Spannungsablauf im Zuggurt an der Flügelwurzel eines Transportflugzeugs,


nach Svenson
2.4.2 Standard-Lastfolge Twist 125

Wesentlichen eine quasistatische Veränderung der Mittelspannung. Ihr über-


lagern sich am Boden dynamische Beanspruchungen aus der Rollbahn-
unebenheit und im Flug dynamische Beanspruchungen aus Luftlasten. Die
Anstellung der Landeklappen, der Treibstoff-Verbrauch und das erneute Be-
tanken bringen zusätzliche Veränderungen dieser Mittelspannung. Damit
zeichnen sich einzelne Abschnitte des Beanspruchungsablaufs für eine ge-
sonderte Auswertung ab.
Eine pauschalierende Auswertung ohne Beachtung der sich verändernden
Mittelspannung und der aus den Boden-Luft-Lastspielen periodisch auf-
tretenden Beanspruchungen im Druckbereich würde wesentliche Merkmale
eines solchen Beanspruchungsablaufs vernachlässigen. Nach heutigem Er-
kenntnisstand führt die Vernachlässigung einer veränderlichen Mittelspan-
nung auf eine deutliche Überschätzung der Lebensdauer sowohl in Versu-
chen wie auch bei einer Schädigungsakkumulations-Rechnung.
Eine zutreffende Aussage über die Lebensdauer bei Beanspruchungs-Zeit-
Funktionen mit veränderlicher Mittelspannung kann demnach nur aus Ver-
suchen mit einem Lastablauf erwartet werden, der dem betrieblichen Ablauf
diesbezüglich angepasst ist. Für den Beanspruchungsablauf mit Boden-Luft-
Lastspiel geschieht diese Anpassung durch einen Versuchsablauf in Form von
Einzelflügen. Mit der Standard-Lastfolge Twist wurde dazu eine spezifische
Versuchstechnik entwickelt und festgeschrieben.

2.4.2
Standard-Lastfolge Twist

Die Standard-Lastfolge Twist (Transport Wing Standard) [116] wurde aus


Häufigkeitsverteilungen für das Biegemoment im Flügelwurzelbereich abge-
leitet, die für eine Reihe ziviler und militärischer Transportflugzeuge aus
Messungen oder Berechnungen vorlagen. Zur vergleichenden Auftragung
sind sie in Abb. 2.4–2 jeweils auf 40000 Flüge und auf die im ungestörten
Reiseflug auftretende Mittelspannung Sm, Flug bezogen, wobei zur besseren
Übersicht nur die Oberwerte der Luftlasten und die Unterwerte der Boden-
lasten aufgetragen sind.
Die standardisierte Häufigkeitsverteilung stellt sich als eine Mittelung der
einzelnen Verteilungen dar. Sie wurde getreppt, Abb. 2.4–3, und in Teilfolgen
zu je 4000 Flügen unterteilt. Die Teilfolgen ihrerseits wurden, in Anlehnung
an die Verhältnisse im Betrieb, in 10 Flugtypen A bis J mit unterschiedlicher
Belastungs-Intensität und Lastspielhäufigkeit aufgeteilt, Tabelle 2.4–1, und
zwar unter der Voraussetzung, dass die Häufigkeitsverteilungen für alle Flug-
typen dem gleichen Verteilungsgesetz folgen und sich nur in ihrer Intensität
unterscheiden.
Die Standard-Lastfolge Twist ist nun dadurch gekennzeichnet, Abb. 2.4–4,
– dass die so definierten Flugtypen A bis J innerhalb einer Teilfolge in einer
Zufallsfolge auftreten,
126 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.4–2. Kollektive für die Flügelwurzel verschiedener Transportflugzeuge, jeweils für
40000 Flüge und bezogen auf die Mittelspannung im Flug [116]

Abb. 2.4–3. Kollektiv und Treppenkurve der Standard-Lastfolge Twist für 40000 Flüge
[116]

– dass jeweils zwischen den Flügen deterministisch ein Boden-Luft-Last-


spiel auf die Untergrenze der Rolllasten, d.h. auf – 0,5 Sm, Flug , eingefügt ist
– und dass die weiteren Lastspiele innerhalb eines Flugs aus einer Zufalls-
folge von positiven und negativen Halblastspielen bestimmt sind, die sich
für jeden einzelnen Flug unterscheidet.
Tabelle 2.4–1. Aufteilung des getreppten Kollektivs auf die Flugtypen A bis J [116]

Flug- Anzahl Flüge Anzahl der Böenlastspiele in den Stufen Gesamtzahl


typ in 4000 Flügen der Lastspiele
= 1 Teilfolge I II III IV V VI VII VIII IX X pro Flug
2.4.2 Standard-Lastfolge Twist

A 1 1 1 1 4 8 18 64 112 391 900 1500


B 1 1 1 2 5 11 39 76 366 899 1400
C 3 1 1 2 7 22 61 277 879 1250
D 9 1 1 2 14 44 208 680 950
E 24 1 1 6 24 165 603 800
F 60 1 3 19 115 512 650
G 181 1 7 70 412 490
H 420 1 16 233 250
I 1090 1 69 70
J 2211 25 25

Gesamtzahl der Last- 1 2 5 18 52 152 800 4170 34800 358665


spiele in allen Flügen

Überschreitungs- 1 3 8 26 78 230 1030 5200 40000 398665


häufigkeit
127
128 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.4–4. Beispiele für verschiedene Flugtypen in der Standard-Lastfolge Twist [116]

Abb. 2.4–5a–c. Lebensdauerlinien a eines Kerbstabs ak = 2,5; b eines Kerbstabs ak = 3,6


und c einer zweischnittigen Fügung aus dem Werkstoff AlCuMg2 für die Standard-Last-
folge Twist ohne und mit Veränderungen des Kollektivs [118]
2.4.3 Lebensdauer bei verändertem Kollektiv der Standard-Lastfolge 129

Die dabei geltenden Zufallsfolgen und ihre Anfangsbedingungen sind in


einem Rechnerprogramm festgeschrieben und somit eindeutig reproduzier-
bar [116].
Bei Versuchen für Bauteile der Flügelunterseite darf auf eine Wiedergabe
der vornehmlich im Druckbereich auftretenden Lastspiele beim Rollen
nachweislich verzichtet werden; sie müssen jedoch in den Lastablauf einbe-
zogen werden, wenn Bauteile der Flügeloberdecke untersucht werden, weil
dann diese Lastspiele im Zugbereich liegen [117, 118]. Eine weitere Variante
ist die Lastfolge Minitwist, bei der die Lastspiele in der kleinsten Stufe mit
Rücksicht auf die Versuchsdauer in ihrer Häufigkeit auf 1/4 verringert wur-
den [119].
Typische Ergebnisse aus Versuchen mit der Standard-Lastfolge Twist bei
denen die Spannung Sm, Flug als Maß für die Beanspruchungshöhe dient, zeigt
Abb. 2.4–5.

2.4.3
Lebensdauer bei verändertem Kollektiv der Standard-Lastfolge
Eine Standard-Lastfolge sollte ihrem Bestimmungszweck entsprechend im
Mittel der interessierenden Beanspruchungs-Zeit-Funktionen und Kollektiv-
formen zutreffen. Im Anwendungsfall sollte dann auch die Umrechnung auf
eine abweichende, aber im Grunde ähnliche Kollektivform mit kleinem Feh-
ler möglich sein. Experimentell wurde dazu von Schütz und Lowak [120]
untersucht, wie sich Abwandlungen des Kollektivs der Standard-Lastfolge
Twist auf die Lebensdauer auswirken und wie derartige Einflüsse durch eine
Schädigungsakkumulations-Rechnung erfasst werden können, Abschn.
3.2.12. Folgende Veränderungen der Standard-Lastfolge wurden untersucht,
Abb. 2.4–6:
– Weglassen der kleinsten Stufe der Luftlasten (Omission),
– Begrenzung des Kollektivhöchstwertes (Truncation),
– Abändern des Unterwertes des Boden-Luft-Lastspiels.
Einheitlich zeigen sich dabei für Kerbstäbe mit ak = 2,5 oder 3,6 und für eine
zweischnittige Fügung folgende Tendenzen, wenn auch in verschieden star-
ker Ausprägung, Abb. 2.4–5:
– Das Weglassen der kleinsten Stufe führt auf eine etwas verlängerte Le-
bensdauer, das heißt, auch die kleine Stufe der Standard-Lastfolge bewirkt
noch einen merklichen Schädigungsbeitrag.
– Die Begrenzung des Kollektivhöchstwertes verringert die Lebensdauer,
das heißt, in der Standard-Lastfolge hat der Kollektivhöchstwert einen
günstigen Einfluss auf die Lebensdauer, insbesondere bei der Fügung.
– Das Abändern des Unterwertes des Boden-Luft-Lastspiels von – 0,5 · Sm, Flug
auf – 1,0 · Sm, Flug vermindert, das Abändern von – 0,5 · Sm, Flug auf
0,0 · Sm, Flug verlängert die Lebensdauer gegenüber der Lebensdauer für die
Standard-Lastfolge.
130 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.4–6. Untersuchte Veränderungen des Twist-Kollektivs [118]

Einflüsse auf die Lebensdauer


Eine Erklärung dieser experimentellen Befunde muss mindestens vier Ein-
flüsse berücksichtigen: Als erster Einfluss zeigt sich bei der Fügung, im
Gegensatz zu den Kerbstäben, ein komplexerer, bei Zug- und Druckbean-
spruchung andersartiger Mechanismus der Kraftübertragung, was sich in
einer unterschiedlichen Ausprägung der genannten Einflüsse auf die Lebens-
dauer widerspiegelt.
Als zweiter Einfluss ist die Schädigung zu nennen, die sich abhängig von
der Amplitude und Häufigkeit der Schwingspiele ergibt. Sie verändert sich
beim Weglassen der kleinsten Stufe aufgrund der großen Häufigkeiten der
an sich kleinen Amplituden merklich. Bei der Begrenzung des Kollektiv-
höchstwertes oder bei Abänderung des Unterwertes des Boden-Luft-Last-
spiels verändern sich zwar gerade die größten Amplituden der Beanspru-
chungs-Zeit-Funktion, aber ohne nennenswerte Auswirkung auf die Schädi-
gung, weil ihre Häufigkeit zu gering ist.
Als dritter Einfluss ist die tatsächlich wirksame Mittelspannung anzu-
führen, die sich im Kerbgrund als Folge von Eigenspannungen einstellt. Die
Eigenspannungen entstehen dort aus einer örtlichen Überschreitung der
Dehngrenze: Am Beispiel des Kerbstabs mit ak = 3,6 errechnet sich z.B. für
elastisches Werkstoffverhalten bei Sm, Flug = 110 N/mm2 mit So = 2,6 · Sm, Flug
eine Kerbspannung smax = 1030 N/mm2 gegenüber einer Ist-Dehngrenze der
Legierung AlCuMg2 von 378 N/mm2. Als Folge der Dehngrenzenüberschrei-
tung unter der maximalen Zugspannung bilden sich bei Entlastung im Kerb-
grund Druckeigenspannungen aus, Abb. 2.4–7. Sie senken die wirksame
2.4.3 Lebensdauer bei verändertem Kollektiv der Standard-Lastfolge 131

Abb. 2.4–7. Ausbildung


von Eigenspannungen im
Kerbgrund bei Entlastung
nach vorangegangener
überelastischer Belastung

Mittelspannung und erhöhen die Lebensdauer. Bei abgemindertem Kollek-


tiv-Höchstwert ist der Grad der Dehngrenzenüberschreitung und damit auch
dieser Lebensdauer-Einfluss vermindert. Einer Ermittlung des elastisch-
plastischen Kerbgrund-Verhaltens und den daraus entstehenden Einflüssen
gelten die Ausführungen im Abschn. 2.4.4.
Als vierter Einfluss und in Wechselwirkung mit den Eigenspannungszu-
ständen im Kerbgrund äußert sich eine entweder verzögerte oder eine be-
schleunigte Rissentstehung bzw. Rissausbreitung. Auf diesen Sachverhalt be-
ziehen sich die im Abschn. 2.4.5 beschriebenen Untersuchungen.

Abb. 2.4–8. Beeinflussung


der Lebensdauer eines Kerb-
stabs durch das Weglassen
der hohen Stufen eines Kol-
lektivs [121]
132 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Ein anderes aufschlussreiches Beispiel zum Einfluss des Kollektiv-Höchst-


wertes auf die Lebensdauer beschrieb Gaßner [121] anhand von Abb. 2.4–8:
Eine Begrenzung des Kollektivhöchstwertes von ursprünglich 215 N/mm2
auf 175 N/mm2 bewirkte eine Abminderung der Lebensdauer auf 65%, die
sich wie vorstehend erklären lässt. Eine noch weitergehende Begrenzung des
Kollektiv-Höchstwertes auf 124 N/mm2 brachte sodann jedoch wieder einen
Anstieg der Lebensdauer auf 85%, weil sich mit dieser weiteren Abminde-
rung nun auch die Schädigung merklich verringerte, Abschn. 3.2.3.

2.4.4
Experimentelle Ermittlung der Kerbgrund-Beanspruchung

Zur Deutung der im vorstehenden Abschnitt erörterten Versuchsergebnisse


versprechen Studien der tatsächlichen Beanspruchungs-Situation im schwing-
bruchkritischen Kerbgrund einen weitergehenden Aufschluss über Lebens-
dauer-Einflüsse aus komplexen Beanspruchungsabläufen. Für solche Studien
bietet sich in erster Linie eine experimentelle Ermittlung und Simulation der
Kerbgrund-Beanspruchung bei dünnen Kerbscheiben an, denn bei dünnen
Kerbscheiben liegt am Kerbrand ein einachsiger Spannungszustand vor. Der
zeitliche Ablauf der Kerbgrund-Beanspruchung ist damit an einem unge-
kerbten Prüfstab nachstellbar. Die entsprechende Versuchsmethodik ist als
Begleitproben-Versuch bekannt, Abschn. 3.3.2.
Abbildung 2.4–9 zeigt die aus einer Untersuchung von Schütz [122] ge-
wonnenen Kurven des Spannungs-Dehnungs-Ablaufs an einem Kerbstab
unter einer Einzelflugfolge mit geblockten Luftlasten in einem Ausschnitt,
der wegen des erstmaligen Auftretens der höchsten Laststufe I im Flug 100
besonders interessant ist. Die Kerbgrund-Dehnungen bei den Oberspannun-
gen in hohen Laststufen liegen im plastischen Bereich und bewirken eine
deutliche Verschiebung der Kerbgrund-Mitteldehnung. Sie wird jedoch bei
der niedrigen Unterspannung aus dem Boden-Luft-Lastspiel teils wieder
rückgängig gemacht. Darüber hinaus bleibt die Kerbgrund-Mitteldehnung
jeweils über die erste und über die zweite Hälfte der geblockten Luftlasten
eines Flugs nahezu konstant. Zu jedem Halbschwingspiel kann die zugehöri-
ge Kerbgrund-Mittelspannung abgelesen werden.
Abbildung 2.4–10 veranschaulicht die sich über etwa 700 Flüge vollziehen-
den Veränderungen der Kerbgrund-Mitteldehnung und der Kerbgrund-
Mittelspannung, bis sich ein annähernd stabilisierter Zustand einstellt. Ihre
Bewertung muss berücksichtigen, dass die Stufe I mit der höchsten Luftlast
nur in den Flügen 100, 300, 500, 700, 900 usw. und zudem, wie auch bei allen
übrigen Flügen, jeweils abwechselnd mit einer Ober-Unterspannungsfolge
oder mit einer Unter-Oberspannungsfolge auftritt. Zum Vergleich sind auch
Messwerte für den Einzelflug-Ablauf ohne Boden-Luft-Lastspiel angeführt.
Für den stabilisierten Zustand lassen sich wirksame Kerbgrund-Mittelspan-
nungen von +124 N/mm2 bzw. +55 N/mm2 und, als Differenz zur quasi-
2.4.4 Experimentelle Ermittlung der Kerbgrund-Beanspruchung 133

Abb. 2.4–9. Hysteresekurven der gemessenen Kerbgrunddehnung und der Nennspannung


sowie der Kerbgrunddehnung und der Kerbgrundspannung, experimentell ermittelt für
eine vereinfache Einzelflugfolge [122]
134 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.4–10. Veränderung der Kerbgrund-Mitteldehnung und der Kerbgrund-Mittelspan-


nung über die ersten 700 Flüge [122]
2.4.5 Experimentelle Ermittlung des Rissfortschritts 135

elastischen Kerbgrund-Mittelspannung von 350 N/mm2, wirksame Eigen-


spannungen von –226 N/mm2 bzw. –295 N/mm2 ablesen. Damit konnte
Schütz [122] belegen, dass der nachteilige Einfluss des Boden-Luft-Lastspiels
nicht aus einem Entstehen von ungünstigen Zugeigenspannungen, sondern
vielmehr aus einem Abbau günstiger Druckeigenspannungen erklärbar ist.

2.4.5
Experimentelle Ermittlung des Rissfortschritts

Da sich kein physikalisch sinnvolles Kriterium zur Abgrenzung der Lebens-


dauer bis Anriss von der Lebensdauer unter Rissfortschritt angeben lässt, ist
diese Abgrenzung im Grunde willkürlich wählbar und praktisch danach be-
stimmbar, in welcher Größe ein Anriss als eindeutig feststellbar und welche
Rissgröße somit als Auswertekriterium gelten kann. Die Gesamt-Lebens-
dauer bleibt jedoch als Summe der Lebensdauer bis Anriss und der Lebens-
dauer unter Rissfortschritt von dieser Abgrenzungs-Problematik unbeein-
flusst die gleiche.
Dass also kleinere Risse innerhalb der Gesamt-Lebensdauer entweder
noch der Anrissphase oder schon der Rissfortschrittsphase zugerechnet wer-
den können, ohne dass sich dies auf die Gesamt-Lebensdauer auswirkt, heißt
aber auch, dass die Lebensdauer bis Anriss und die Lebensdauer unter Riss-
fortschritt in gleichartiger Weise von Einflüssen der Beanspruchungsfolge
bestimmt sein müssen. Allenfalls kann ein gradueller Unterschied dieser Ein-
flüsse gegeben sein. Somit müssen diese Einflüsse aber auch in Abhängigkeit
von der Rissgröße wie auch in Abhängigkeit von der Spannungshöhe be-

Lebensdauerspannen für Rissfortschritt


Risslänge l in mm

Lebensdauerspannen für Rissentstehung


Abb. 2.4–11. An einem Kerbstab bestimmte Lebensdauerspannen bis zum 2 mm-Anriss
und unter Rissfortschritt für drei Varianten einer Einzelflugfolge bei unterschiedlich be-
grenzten Spannungsamplituden Sa, max des Böenkollektivs (Sm, Flug = 70 N/mm2), nach
Schijve [117]
136 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Risslänge a

Rissfortschrittsrate da/dn Schwingspielzahl n

Abb. 2.4–12. Durch eine einzelne Überlast im Wöhler-Versuch bewirkte Verzögerung des
Rissfortschritts, nach Führing und Seeger;
nSP = durch die Spitzenlast beeinflusste Zahl der Schwingspiele,
nK = ohne die Spitzenlast zu erwartende Zahl der Schwingspiele,
nV = auf die Verzögerung entfallende Zahl der Schwingspiele

trachtet werden, was bislang noch nicht konsequent geschah. Beispielsweise


belegt Abb. 2.4–11 solche graduell unterschiedliche Lebensdauer-Einflüsse
dadurch, dass sich der Lebensdauer-Anteil bis zur Bildung eines Anrisses von
2 mm Länge und der Lebensdauer-Anteil für einen Rissfortschritt von 2 auf
70 mm Risslänge bei den drei untersuchten Lastfolgen beachtlich unter-
scheiden [117].
Andererseits werden Untersuchungen über Einflüsse auf die Lebensdauer
unter Rissfortschritt dadurch erleichtert, dass die auftretende Schädigung
als Zunahme der Risslänge erkennbar ist und lebensdauersteigernde Ein-
flüsse durch eine Verzögerung des Rissfortschritts und lebensdauermin-
dernde Einflüsse durch eine Beschleunigung des Rissfortschritts messbar
sind, Abschn. 3.4.
Klassisches Beispiel dafür ist die Verzögerung des Rissfortschritts im
Wöhler-Versuch zufolge einer einzigen Überlast, Abb. 2.4–12. Während die
Risslängen-Kurve normalerweise monoton ansteigt, verläuft sie flacher,
nachdem die Überlast einwirkte. Nach einigem weiteren Rissfortschritt wird
die Kurve wieder steiler und zeigt im Weiteren schließlich den normalen, der
Risslänge entsprechenden Verlauf, doch um einen Betrag über der Lebens-
dauerachse nach rechts verschoben, der der eingetretenen Lebensdauerstei-
gerung entspricht. Je höher die Überlast, desto flacher knickt die Kurve ab;
im Extremfall kann sie horizontal verlaufen und es findet kein weiterer Riss-
fortschritt statt.
Generell werden Verzögerungen des Rissfortschritts durch sprunghafte
Veränderungen von hohen zu niedrigen Belastungen, Beschleunigungen des
Rissfortschritts durch sprunghafte Veränderungen von niedrigen zu hohen
Belastungen hervorgerufen [123, 124], Abb. 3.4–16. Bei zufallsartigen Last-
Zeit-Funktionen treten solche Verzögerungs- und Beschleunigungs-Effekte
in großer Zahl auf. Sie überlagern sich gegenseitig und stehen dadurch
untereinander in komplizierter Wechselwirkung, Abschn. 3.4.8 und 3.4.9.
2.4.6 Kritik des Einzelfolgen-Versuchs 137

b
Abb. 2.4–13. Einfluss der auf Sa, max abgeminderten Oberspannung einer Einzelflugfolge
mit zufallsartigen Böenlastspielen auf die Rissfortschrittsrate, Werkstoff 7075-T6 [117];
a Boden-Luft-Lastspiel ohne Roll-Lastspiele, Smin = – 3,4 · Sm, Flug
b Boden-Luft-Lastspiel mit Roll-Lastspiele, Smin = – 1,4 · Sm, Flug

Die Abb. 2.4–13 und 2.4–14 aus Untersuchungen von Schijve [117] und
von Wanhill [125] veranschaulichen als Beispiele, wie sich die Rissfort-
schrittsrate da / dn unter einer Einzelflugfolge von Flugtyp zu Flugtyp und
abhängig von der größten Ober- und Unterspannung risslängenabhängig
verändert. Die größten auftretenden Ober- und Unterspannungen erweisen
sich bei diesen Rissfortschritts-Versuchen gleichfalls als die entscheidenden
Kennwerte einer ansonsten vorgegebenen Einzelflug-Lastfolge.

2.4.6
Kritik des Einzelfolgen-Versuchs

Der Einzelfolgen-Versuch dient einer zweckentsprechenden versuchstechni-


schen Behandlung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen, die in ihrem Er-
scheinungsbild durch mehr oder weniger streng determinierte und sich in
ähnlicher Weise wiederholende Abfolgen gekennzeichnet sind, wobei diese
determinierten Abfolgen ihrerseits stochastischen Charakter haben können.
138 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.4–14. Bei der Lastfolge Twist durch Flüge mit hohen Böenlasten verursachte Ver-
zögerung des Rissfortschritts [125]

Sie gestatten eine fallspezifische Abhandlung solcher Beanspruchungs-


Zeit-Funktionen mit dem Ziel, den dabei zutage tretenden Reihenfolge-Ein-
flüssen mit einem wirklichkeitsnahen Versuchsablauf bestmöglich zu ent-
sprechen. Die Ergebnisse sind deshalb in aller Regel auch nur für den betref-
fenden Einzelfall von praktischer Bedeutung.
Breite Anwendung erlangten Einzelfolgen-Versuche in der Form von Ein-
zelflug-Versuchen. Die daraus gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse
sind für den Flugzeugbau von konkretem Interesse. Wegen der dabei mar-
kanten Reihenfolge-Einflüsse aus dem Boden-Luft-Lastspiel gelten sie darü-
ber hinaus aber auch als Prüfstein für die Leistungsfähigkeit von Verfahren
der Schädigungsakkumulations-Rechnung. In dieser Eigenschaft werden sie
auch in den Abschn. 3.3.2, 3.3.5, 3.3.6 und 3.4.8 herangezogen.
2.5.1 Übereinstimmung von Lebensdauerwerten aus Labor und Betrieb 139

2.5
Übertragbarkeit von Betriebsfestigkeits-Werten
2.5.1
Übereinstimmung von Lebensdauerwerten aus Labor und Betrieb

Die Frage nach der Übertragbarkeit von Betriebsfestigkeitswerten auf das


Bauteilverhalten im Betrieb lässt sich zurückführen auf die Fragestellung,
wie gut eine aus Laborversuchen abgeleitete Lebensdauerlinie geeignet ist,
die Lebensdauer eines schwingbruchgefährdeten Bauteils unter seinen wirk-
lichen Betriebsbedingungen zu beschreiben.
Gaßner und Lipp führten seit 1960 über mehr als ein Jahrzehnt hinweg
eingehende und systematische Untersuchungen zu dieser Frage durch, indem
sie die Lebensdauerwerte aus Versuchen unter einer echten Betriebslasten-
folge, den sogenannten Betriebslasten-Versuchen, verglichen mit den Le-
bensdauerwerten, die sie im Labor für die betreffende betriebliche Lastfolge
mit Blockprogramm-Versuchen oder mit Betriebslastennachfahr-Versuchen
erzielten [126–128].
Zu diesem Zweck erstellten sie eine spezielle Versuchseinrichtung, die die
gleichzeitige Biegebelastung von 10 gekerbten Prüfstäben gestattete, Abb.
2.5–1. Die Prüfstäbe von 7 mm Durchmesser hatten in der Biegeebene eine
Querbohrung von 1 mm Durchmesser, die eine Formzahl ak = 2,15 ergab.
Die Versuchseinrichtung konnte im Kofferraum eines Volkswagens montiert
und mit einem Übertragungshebel an die Hinterachse angeschlossen wer-
den. Aus den Vertikalbewegungen der Hinterachse im normalen Fahrbetrieb
übertrug sich dann eine wirklichkeitsgetreue Beanspruchungs-Zeit-Funk-

Abb. 2.5–1. Prinzip der Vielproben-Versuchseinrichtung im Kofferraum eines Volkswa-


gens [126–128].
A Hinterachse D Drehfeder G Zählwerke
B Schwingweg E Prüfstäbe 1 bis 10 H Kofferraum-
C Verstell-Kupplung F Kontaktgeber boden
140 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

tion auf die Prüfstäbe. Ihre Mittelspannung wurde für jeden Beladezustand
des Fahrzeugs auf Null eingestellt.
Durch vorgeschaltete weiche Drehfedern blieb die Beanspruchungshöhe
auch bei angerissenen Prüfstäben weitestgehend konstant. Über die Steifig-
keit der Drehfedern war die Beanspruchungshöhe so abgestimmt, dass einer
der Prüfstäbe auf einem oberen Prüfhorizont bereits nach etwa 1500 km
Fahrstrecke, zwei weitere auf einem mittleren Horizont nach etwa 5000 km
und die restlichen sieben auf einem unteren Horizont nach etwa 30000 km
zu Bruch gingen. Später wurden dann auch noch Versuche auf mehr als
100000 km ausgedehnt. In Abb. 2.5–2 sind Ergebnisse aus solchen Betriebs-
lasten-Versuchen für Kerbstäbe aus Stahl 41Cr4 mit der ertragenen Anzahl

der Mittelwertdurchgänge N0 zu einer Lebensdauerlinie aufgetragen.
Um die während des Betriebslasten-Versuchs einwirkende Beanspruchung
zu kennen und als Kollektiv zu erfassen, übertrug sich der Schwingweg über
Kontaktgeber auf Zählwerke. Schon für Strecken von 1000 km stellte sich als
Kollektivform eine Geradelinien-Verteilung ein, und zwar mit bemerkens-
wert geringer Streuung um ein ausmittelndes Geradelinien-Kollektiv, Abb.
2.5–3.
Unter Ansatz des ausmittelnden Kollektivs, das mit 8 Stufen bei einem

Teilfolgenumfang H0 = 3 · 105 getreppt wurde, erlaubte die gleiche Versuchs-
einrichtung mit gleichartigen Prüfstäben die Durchführung von Block-
programm-Versuchen im Labor; sie wurde dazu durch einen einstellbaren
Exzenter angetrieben. Die betreffenden Versuche belegten eine Lebensdauer-
linie, die mit einer flacheren Neigung zwei- bis dreifach höhere Lebens-
dauerwerte auswies, als die Lebensdauerlinie aus den Betriebslasten-Ver-
suchen, Abb. 2.5–2.

Abb. 2.5–2. Statistisch belegte Lebensdauerlinien aus Betriebslasten-Versuchen und aus


Labor-Versuchen [127, 128]
2.5.1 Übereinstimmung von Lebensdauerwerten aus Labor und Betrieb 141

Abb. 2.5–3. Kollektive der Überschreitungshäufigkeiten, ermittelt während der Betriebs-


lasten-Versuche für je 1000 km Fahrstrecke und ausmittelnd für die Labor-Versuche zu-
grunde gelegt [127, 128]


Mit einem verkürzten Teilfolgenumfang von H0 = 5 · 103 und einer dabei
häufigeren Durchmischung der Laststufen ergaben Blockprogramm-Versu-
che deutlich niedrigere Lebensdauerwerte, die sich besser mit den Ergebnis-
sen der Betriebslasten-Versuche deckten [92, 127].
Für die Betriebslastennachfahr-Versuche wurde die einwirkende Beanspru-
chung während der Betriebslasten-Versuche auf Magnetband aufgezeichnet.
Bei der geringen Streuung der Kollektive, Abb. 2.5–3, durfte sich die Messung

auf 1500 km entsprechend H0 = 2,41 · 105 Mittelwertdurchgänge beschränken.
Diese Lastfolge wurde vom Magnetband unmittelbar und in entsprechend
häufiger Wiederholung als Sollwertfunktion für die Betriebslastennachfahr-
Versuche verwendet. Die gewonnenen Ergebnisse decken sich innerhalb
enger Grenzen mit den Ergebnissen der Betriebslasten-Versuche, Abb. 2.5–2.
Weitere Zufallslasten-Versuche, für die das geradlinige Kollektiv analog als

quasistationärer Gauß-Prozess mit fünf Intensitätsstufen und H0 = 6 · 105
Mittelwertdurchgängen dargestellt wurde, lieferten gegenüber den Betriebs-
lasten- und Betriebslastennachfahr-Versuchen allerdings eindeutig höhere
Lebensdauerwerte, Abb. 2.5–2. Für diesen unerwarteten Befund fehlt bislang
eine Erklärung; sie dürfte jedoch in der seinerzeitigen Technik der analogen
Sollwerterzeugung zu suchen sein.
142 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Folgerungen
Aus diesen Ergebnissen von Gaßner und Lipp für Kerbstäbe aus dem Stahl
41Cr4 und aus gleichartigen, hier nicht angeführten Ergebnissen für Kerb-
stäbe aus der Aluminiumlegierung AlCuMg2 darf gefolgert werden:
– Die im Betriebslasten-Versuch ermittelten Lebensdauerlinien und die Le-
bensdauerlinien aus Betriebslastennachfahr-Versuchen zeigen keine statis-
tisch signifikanten Unterschiede.
– Zufallslasten-Versuche mit einer synthetisch erzeugten Beanspruchungs-
Zeit-Funktion können hingegen merkliche Unterschiede gegenüber der
realen Lebensdauer nach Betriebslasten-Versuchen bringen.
– Blockprogramm-Versuche führen, insbesondere im Bereich der praktisch

interessierenden Mittelwertdurchgangszahlen N 0 > 107, zu einer Über-
schätzung der realen Lebensdauer nach Betriebslasten-Versuchen.
– Eine bessere Durchmischung der Lasten in Blockprogramm-Versuchen
durch drastisch verkürzte Teilfolgen lässt eine Annäherung an die realen
Lebensdauerwerte erreichen.
– Bei hohen Mittelwertdurchgangszahlen ist eine möglicherweise auf Kor-
rosionseinflüsse zurückführbare Tendenz erkennbar, sodass die ohne Un-
terbrechung und bei gleichen Umgebungsbedingungen im Labor durch-
geführten Betriebslastennachfahr-Versuche höhere Lebensdauerwerte
liefern als die über mehrere Jahre unter wechselnden Witterungsbedin-
gungen durchgeführten Betriebslasten-Versuche.
– Der Unterschied zwischen den Lebensdauerwerten aus den Betriebslas-
ten- und den Blockprogramm-Versuchen bleibt auch bei einem Korro-
sionsschutz der Kerbstäbe bestehen.
– Der zu verzeichnende Unterschied der Lebensdauerwerte aus den Be-
triebslasten- und den Blockprogramm-Versuchen kann angesichts des in
beiden Fällen gleichen Beanspruchungskollektivs nur in der abweichen-
den Reihenfolge begründet sein, mit der die unterschiedlich hohen Bean-
spruchungswerte auftreten.
Es darf somit der Schluss gezogen werden, dass im Sinne der vorgenannten
Fragestellung eine Übertragbarkeit von Betriebsfestigkeitswerten im Grund-
satz gegeben ist. Entscheidende Voraussetzung dabei ist, dass die Lebens-
dauerlinie mit einer dem betrieblichen Beanspruchungsablauf unmittelbar
entsprechenden, zufallsartigen Beanspruchungsfolge ermittelt wird. Ergän-
zende Untersuchungen erscheinen jedoch erforderlich, um festzustellen,
nach welchen Kriterien eine zutreffende Sollwertfunktion für Zufallslasten-
Versuche erzeugt werden kann.
Die durchgreifende Vereinfachung des betrieblichen Beanspruchungsab-
laufs für den Blockprogramm-Versuch kann hingegen die Übertragbarkeit
entsprechender Versuchsergebnisse in Frage stellen. In dieser Bewertung des
Blockprogramm-Versuchs werden die Feststellungen von Gaßner und Lipp
mittlerweile durch zahlreiche weitere Beispiele im Schrifttum qualitativ bestä-
2.5.2 Schrifttumsauswertung zum Reihenfolge-Einfluss 143

tigt. Zu untersuchen bleibt, inwieweit die sich daraus ergebende Überschät-


zung der Lebensdauer als ein gesetzmäßig fassbarer Reihenfolge-Einfluss und
damit als am Ergebnis nachträglich korrigierbar erweist, Abschn. 2.5.2.
Unverzichtbar ist aber auch die Anmerkung, dass eine in einer Einzel-
untersuchung unter den dortigen speziellen Bedingungen festgestellte Fehl-
einschätzung der Lebensdauer als Zahlenwert nicht verallgemeinert werden
sollte, weil solche Zahlenwerte nicht unerheblich streuen und ein Einzelwert
somit die Vielfalt der praktisch auftretenden Beanspruchungs-Zeit-Funktio-
nen, die verschiedenartigen Bauteil- und unterschiedlichen Werkstoffeigen-
schaften sowie sonstige Einflussgrößen der Betriebsfestigkeit nur beispiel-
haft berücksichtigt.

2.5.2
Schrifttumsauswertung zum Reihenfolge-Einfluss

In ihrem Bericht über die Sollwerterzeugung aus Übergangsmatrizen [110]


legten Fischer, Hück, Köbler und Schütz auch eine Schrifttumsauswertung
vor, die eine Gegenüberstellung der damals verfügbaren Ergebnisse aus
Blockprogramm-Versuchen und Zufallslasten-Versuchen zum Ziel hatte. Da-
ten aus rund 30 von 75 zitierten Veröffentlichungen boten sich dazu an. Als
Zufallslasten-Versuch gewertet wurde jede Versuchsart, deren Lastfolge zu-
fallsartigen Charakter hatte, was auch Einzelflug-Versuche mit oder ohne Bo-
den-Luft-Lastspiel einschloss.
Als gesicherte Erkenntnis durfte gelten, dass das Kollektiv als entschei-
dendes Merkmal einer Zufallslastfolge anzusehen ist, und dass deshalb nur
Versuchsreihen mit vergleichbarem Kollektiv für die Auswertung in Betracht
kommen konnten. Zu beachten war jedoch, dass sich das Kollektiv abhängig
vom angewandten Zählverfahren erweist, wobei aber dieser Einfluss bei ge-
wissen Lastfolgen, wie z.B. bei einem schmalbandigen Gauß-Prozess, nicht
oder kaum besteht.
Die Auswertung sollte zeigen, welchen weiteren Parametern einer zufalls-
artigen Lastfolge ein wesentlicher Einfluss auf die Betriebsfestigkeit von
Werkstoffen und Bauteilen beizumessen ist, auch wenn die eingeschränkte
Vergleichbarkeit der bis dato verfügbaren Daten lediglich Tendenzen aufzu-
zeigen gestattete.
Im Einzelnen wurden bei dieser Auswertung die Lebensdauerwerte aus
Blockprogramm-Versuchen auf die Lebensdauerwerte aus den vergleichba-
ren Zufallslasten-Versuchen bezogen. Die Lebensdauer wurde mit der Zahl
der Mittelwertdurchgänge oder mit anderen ihr proportionalen Kenngrößen
jeweils für Pü = 50% angesetzt und die Beanspruchungshöhe durch den Kol-

lektiv-Höchstwert Sa bzw. mittelbar über den rms-Wert gekennzeichnet.
Die so erhaltenen 67 Verhältniszahlen für Lebensdauerwerte aus Block-
programm- und Zufallslasten-Versuchen sind in Abb. 2.5–4 als Histogramme
aufgetragen. Durch Aufteilung nach Versuchen mit und ohne Boden-Luft-
144 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.5–4. Ergebnis einer Schrifttumsauswertung zum Reihenfolgeeinfluss bei Blockpro-


gramm- und Zufallslasten-Versuchen [110]

Lastspiel und nach Versuchen ohne Einfluss des Zählverfahrens werden zu-
sätzliche Aufschlüsse geboten. Diese Darstellung zeigt:
– Die Lebensdauer nach Blockprogramm-Versuchen liegt in 80% aller Fälle
und im Mittel um den Faktor 1,74 höher als in Zufallslasten-Versuchen,
d.h. auf der unsicheren Seite. Besonderheiten der Beanspruchungs-Zeit-
Funktion, wie sie z.B. mit dem Boden-Luft-Lastspiel gegeben sind, ändern
praktisch nichts an diesem Sachverhalt.
– Die große, aus den Histogrammen erkennbare Streubreite der Verhältnis-
zahlen ist den zahlreichen, nicht erfassten Einflussgrößen sowohl sach-
licher wie aber auch versuchstechnischer Art zuzuschreiben, die in den
Vergleich eingehen. Innerhalb dieser Streubreite sind eindeutige Einflüsse
des Werkstoffs, der Kollektivform, des Spannungsverhältnisses oder unter-
schiedlicher Formzahlen nicht ausweisbar.
– Bei alleiniger Betrachtung von Vergleichsreihen, bei denen das Zählver-
fahren keinen Einfluss hat, ist die Übereinstimmung der Lebensdauerwer-
te im Mittel nur wenig besser, die Streubreite der Verhältniszahlen aber
deutlich vermindert.
– In allen betrachteten Fällen liefern Zufallslasten-Versuche einen steileren
Verlauf der Lebensdauerlinie als Blockprogramm-Versuche, ein Sachver-
halt, den es bei der fast immer notwendigen Extrapolation von Versuchs-
ergebnissen auf die praktisch interessierenden, größeren Schwingspiel-
zahlen zu beachten gilt.
2.5.2 Schrifttumsauswertung zum Reihenfolge-Einfluss 145

Abb. 2.5–5. Beziehungen zwischen dem Spannungskollektiv, der Wöhlerlinie (A), den Le-
bensdauerlinien aus Blockprogramm-Versuchen (B) und der Lebensdauerlinie aus Zu-
fallslasten-Versuchen (C) nach dem U0-Verfahren [129, 130]

U0-Verfahren
Zu grundsätzlich vergleichbaren Feststellungen auf verbreiterter und durch
neuere Ergebnisse aktualisierter Datenbasis kommen Gaßner und Kreutz
[129] bei einer zusammenfassenden Auswertung von Ergebnissen aus Wöh-
ler-Versuchen, aus Blockprogramm-Versuchen und aus Zufallslasten-Versu-
chen. Ihre Auswertung nach dem U0-Verfahren [130] hat zwar keine prakti-
sche Bedeutung erlangt, nichtsdestoweniger haben aber die Folgerungen
nach wie vor Gültigkeit, die aus ihren Ergebnissen ableitbar sind. Die Aus-
wertung erfasst und dokumentiert, jeweils mit den statistisch gesicherten
Mittelwerten Pü = 50%, insgesamt 60 Versuchsreihen aus Zufallslasten-Ver-
suchen mit den typisierten Gauß’schen Lastfolgen aus Übergangsmatrizen
sowie 123 Versuchsreihen aus Blockprogramm-Versuchen mit der Normver-
teilung, samt den entsprechenden Wöhler-Versuchen.
Das Konzept des U0-Verfahrens erläutert Abb. 2.5–5: Ausgehend von ei-
nem Bezugspunkt auf der Wöhlerlinie (A), definiert durch die Schwingspiel-
zahl
Hms = 106 · exp [– (k + 1) / 2] (2.5–1)
und die bei ihr ertragbare Spannungsamplitude Sa (Hms), wird für jede ein-
zelne Versuchsreihe ermittelt und über alle Reihen statistisch ausgewertet,

– in welchem Verhältnis U0 (C) die im Zufallslasten-Versuch (C) mit N0 = 106

Mittelwertdurchgängen ertragbare Spannungsamplitude Sa den Wert Sa
(Hms) übersteigt, Abb. 2.5–6a, und

– in welchem Verhältnis U0 (B) die im Blockprogramm-Versuch (B) mit N =

106 Schwingspielen ertragbare Spannungsamplitude Sa den Wert Sa (Hms)
übersteigt, Abb. 2.5–6b.
146 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

a b

Abb. 2.5–6a, b. Streuverteilung der Verhältniszahlen U0 (C) für Zufallslasten-Versuche und


U0 (B) für Blockprogramm-Versuche im Wahrscheinlichkeitsnetz; n = 60 bzw. n = 123
Mittelwerte aus statistisch gesicherten Versuchsreihen [129]

Die Schwingspielzahl Hms bedeutet dabei die Überschreitungshäufigkeit bei


der meistschädigenden Spannungsamplitude Sa, ms im Kollektiv eines Gauß-
Prozesses, Abb. 2.3–37. Sie ist durch die Ausführungen im Abschn. 3.2.2 er-
klärt und lässt sich abhängig von der Neigung k der Wöhlerlinie errechnen.
Bei bekanntem Verlauf oder bekannter Gleichung der Zeitfestigkeitslinie
für den Bereich zwischen N = 104 und 105 kann also mittels U0 (C) innerhalb
des aus Abb. 2.5–6a erkennbaren Vertrauensbereichs eine Abschätzung der
Lebensdauerlinie für das Kollektiv eines stationären Gauß-Prozesses vorge-
nommen werden.
2.5.2 Schrifttumsauswertung zum Reihenfolge-Einfluss 147

Die Definition des Bezugspunktes auf der Wöhlerlinie bei Sa (Hms) ent-
behrt zwar nicht einer gewissen Plausibilität, ist aber im Grunde willkürlich
und wurde deshalb von Gaßner und Kreutz ebenso im Fall der Blockpro-
gramm-Versuche für die Normverteilung gewählt. Damit ist es zulässig, aus
den Verhältniszahlen U0 (C) und U0 (B) entsprechend
– –
Sa (C) / Sa (B) = U0 (C) / U0 (B) (2.5–2)
– – –
für N0 = N = 106 das Verhältnis der ertragbaren Spannungsamplitude Sa nach
Zufallslasten-Versuchen (C) und Blockprogramm-Versuchen (B) zu errech-
nen. Es besagt:
– –
– Für N0 = 106 Mittelwertdurchgänge bzw. für N = 106 Schwingspiele sind

die als Kollektiv-Höchstwert Sa ertragbaren Spannungen aus Zufallslas-
ten-Versuchen mit dem Kollektiv eines stationären Gauß-Prozesses (C)
gegenüber denen aus Blockprogramm-Versuchen mit der Normverteilung
– –
(B) im Mittel in einem Verhältnis Sa (C) / Sa (B) = 0,84 niedriger.
– Bei einer im Mittel als zutreffend gefundenen Neigung k = 7,0 der Le-
bensdauerlinie für Blockprogramm-Versuche bedeutet dieser Spannungs-

Unterschied, dass einer Lebensdauer in Zufallslasten-Versuchen von N0 =

1,0 · 106 Mittelwertdurchgängen bei gleicher Beanspruchungshöhe Sa eine

Lebensdauer von N = 3,4 · 106 in Blockprogramm-Versuchen entspricht,
Abb. 2.5–7.
Hierbei bleibt ein bestehender, wenn auch geringer Unterschied zwischen
der Kollektivform der Normverteilung, Abb. 2.2–9, und der Kollektivform
eines stationären Gauß-Prozesses bzw. der aus einer Übergangsmatrix er-
zeugten Gauß’schen Lastfolge, Abb. 2.3–37, unangesprochen [87]. Er kann

Abb. 2.5–7. Gegenüberstel-


lung und vergleichende
Beschreibung von Ver-
suchsergebnissen aus Zu-
fallslasten-Versuchen (C)
und aus Blockprogramm-
Versuchen (B); Streuband
nach [130], Ausgleichs-
gerade nach [129], Vorlage
aus [129] ergänzt
148 2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit

Abb. 2.5–8. Streuverteilung für die Exponenten


– der Wöhlerlinien k (A), der Lebensdauer-
linien aus Zufallslasten-Versuchen
– k (C) und der Lebensdauerlinien aus Blockprogramm-
Versuchen k (B); n = 37 bzw. n = 79 Mittelwerte aus statistisch gesicherten Versuchsreihen

mit R = R = – 1 [129]

aufgrund einer Schädigungsrechnung, Abschn. 3.2.2, mit einem Verhältnis-


wert der ertragbaren Spannungsamplituden von 0,95 beziffert werden. Zu
Lasten des eigentlichen Reihenfolgeeinflusses geht somit allenfalls nur noch
ein Unterschied der als Kollektiv-Höchstwert ertragbaren Spannungsampli-
tuden im Verhältnis
– –
Sa (C) / Sa (B) = 0,84 / 0,95 = 0,88 . (2.5–3)
Zudem liefern vermutlich die zur Anwendung gelangten, ursprünglichen
Matrizen mit 32 ¥ 32 Elementen wegen der zu null gesetzten Elemente auf
der Hauptdiagonalen zu niedrige Lebensdauerwerte, ein Umstand der zu-
sätzlich noch zu berücksichtigen wäre und der den vorstehenden Verhältnis-
wert von 0,88 noch näher an den ohne Reihenfolgeeinfluss zu erwartenden
Wert 1,00 angleichen würde.
Auch im Rahmen dieser Vergleichsauswertung sind keine signifikanten
Einflüsse des Werkstoffs, der Belastungsart, des Spannungsverhältnisses oder
der Formzahl zu erkennen. Für die Praxis bedeutet dieses Ergebnis, dass von
einem Betriebsfestigkeits-Kennwert aus Blockprogramm-Versuchen mit der
Normverteilung unter Beachtung der genannten Verhältniswerte mit akzep-
tabler Vertrauenswahrscheinlichkeit auf einen entsprechenden Kennwert für
die Zufallsbelastung mit der Häufigkeitsverteilung eines stationären Gauß-
Prozesses geschlossen werden kann, Abb. 2.5–7.
2.5.2 Schrifttumsauswertung zum Reihenfolge-Einfluss 149

Um in diesem Zusammenhang auch den Verlauf der Lebensdauerlinie für


die Zufallsbelastung abzuschätzen, darf nach Gaßner und Kreutz unterstellt

werden, dass ihre Neigung k (C) mit der Neigung k der Wöhlerlinie überein-
stimmt, und zwar nicht nur im statistischen Mittel, Abb. 2.5–8, sondern, mit
nur wenigen Ausnahmen, auch im Einzelfall nachweisbar. Die Lebensdauer-
linie nach Blockprogramm-Versuchen verläuft hingegen grundsätzlich flacher.
Als eine im Mittel zutreffende Neigung der Wöhlerlinie und der Lebens-

dauerlinie bei Zufallsbelastung darf nach Abb. 2.5–8 ein Wert k (C) = k = 5,0
angenommen werden. Dieser Befund kann zugleich als Bestätigung für die
Neigung k = 5,0 der normierten Wöhlerlinie für Kerbstäbe aus Stahl gewer-
tet werden. Interessant wäre mithin eine Untersuchung zu der Frage, ob bzw.
wie sich das Ergebnis der Auswertung bei konsequenter Anwendung nor-
mierter Wöhlerlinien der Neigung k = 5,0 verändern würde.
Eine ähnlich angelegte Auswertung des von Gaßner und Kreutz betrachte-
ten Datenmaterials, ergänzt um Daten aus Versuchen mit der Geradelinien-
Verteilung, doch in Verbindung mit einer Schädigungsakkumulations-Rech-
nung führten Heuler, Vormwald und Seeger mit praktisch gleichem Ergebnis
durch [131], Abschn. 3.2.12.
Die Auswertungen von Gaßner und Kreutz wie auch die von Heuler,
Vormwald und Seeger beschränken sich auf Versuchsdaten für gekerbte Bau-
teile ohne bewusst erzeugte Eigenspannungszustände. Eine Anwendung der
abgeleiteten Verhältniswerte auf Bauteile mit künstlich eingebrachten Eigen-
spannungen, die sich belastungsabhängig verändern, oder auf Bauteile mit
Fügungen durch Niete oder Schrauben, bei denen unübersichtliche Bean-
spruchungsverhältnisse und Reibkorrosionseffekte auftreten, muss vorsorg-
lich ausgeschlossen bleiben.
Eine von Buxbaum und Kotte vermutete und veröffentlichte Erklärung für
Reihenfolgeeinflüsse hat sich in nachfolgenden Studien als nicht verallge-
meinerungsfähig erwiesen [132]. Auf rechnerischem Wege sollten aber die
hier mitgeteilten Befunde zu Reihenfolgeeinflüssen durch vergleichende Le-
bensdauerberechnungen eine wohlbegründete Erklärung finden können,
wenn diese Lebensdauerberechnungen auf der Basis des Rissfortschrittver-
haltens kurzer Risse nach den von Vormwald und weiterführend von Anthes
erarbeiteten Ansätzen vorgenommen werden, Abschn. 3.4.9. In solche Be-
rechnungen könnte auch der Einfluss von Eigenspannungen einbezogen wer-
den, sofern im Einzelfall deren Größe und Verteilung verlässlich bekannt ist.
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

3.1
Berechnen der auftretenden und ertragbaren Spannungen
3.1.1
Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle

Die Spannungsberechnung und Festigkeitsbeurteilung auf der Grundlage


von Nennspannungen ist jedem Ingenieur aufgrund seiner Ausbildung ge-
läufig und sie ist sowohl im einschlägigen Schrifttum wie auch in maß-
gebenden Regelwerken die bei weitem vorherrschende Betrachtungsweise
[26, 27, 41–44, 47, 48]. Ein solches Vorgehen kennzeichnet auch den Be-
triebsfestigkeitsnachweis nach dem sogenannten Nennspannungskonzept.
Die einwirkende Schwingbeanspruchung wird dementsprechend als Nenn-
spannungs-Zeit-Funktion S(t) dargestellt und gemäß den Darlegungen im
Kap. 2 in geeigneter Weise nach Größe und Häufigkeit der auftretenden
Nennspannungsamplituden samt den Nennmittelspannungen als Kollektiv,
Abschn. 2.2, als Rainflow-Matrix, Abschn. 3.3.4, oder als sequentielle Folge
von Ober- und Unterwerten, Abschn. 2.3 und 2.4, beschrieben.
Die Nennspannung als Normalspannung S oder als Schubspannung T soll
die Beanspruchung des schwingbruchkritisch erachteten Systempunktes
kennzeichnen. Sie berechnet sich für einen näher zu bezeichnenden Nenn-
querschnitt nach einfachen Formeln wie
S = F /A für Zug , (3.1–1)
S = Mb / Wb für Biegung , (3.1–2)
T = Q /A für Schub , (3.1–3)
T = Mt / Wt für Verdrehung , (3.1–4)
mit F = Normalkraft, Q = Schubkraft, Mb = Biegemoment, Mt = Verdrehmo-
ment, sowie A = Fläche, Wb = Widerstandsmoment bei Biegung, Wt = Wider-
standsmoment bei Verdrehung des Nennquerschnitts. Der einfacheren Dar-
stellung wegen sei hier auf die indexweise Unterscheidung von Nennspan-
nungsamplituden Sa , Nennmittelspannungen Sm usw. verzichtet, ebenso wie
auf eine Nennung der üblichen Indizes für Spannungskomponenten bzw.
152 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–1. Nahtquerschnitt N-N und


Übergangsquerschnitte Ü-Ü bei
Stumpf- und Kehlnahtverbindungen

Spannungsarten, wie sie z.B. nach [44] in stabförmigen, flächenförmigen und


volumenförmigen Bauteilen zu unterscheiden sind.
Wie der Nennquerschnitt im Einzelfall anzusetzen ist, liegt weitgehend
durch Konvention fest und ist aus dem Fachschrifttum zu ersehen, z.B. [26,
41–44, 47, 48]. Beispielsweise müssen bei Schweißverbindungen in der Regel
zwei Querschnitte betrachtet werden: Der Nahtquerschnitt N-N und der
Übergangsquerschnitt Ü-Ü, Abb. 3.1–1. Genauer besehen handelt es sich bei
einer Stumpfnaht um zwei, bei einer Kehlnaht um zwei oder drei Über-
gangsquerschnitte. Die Berechnung eines dieser Querschnitte darf nur dann
unterbleiben, wenn er mit Bestimmtheit als nicht gefährdet gelten darf. Be-
kanntlich wird der Nahtquerschnitt dabei mit der rechnerischen Nahtdicke a
in Ansatz gebracht, also bei Stumpfnähten ohne eine etwaige Nahtüberhö-
hung, und bei Kehlnähten unter Vernachlässigung seiner Schräglage und sei-
ner außermittigen Lage zur Kraftwirkungslinie. Darüber hinaus bestehen
Vorschriften oder Empfehlungen, welche Querschnittsanteile bei bestimmten
Naht- oder Stoßformen als tragend oder nichttragend anzunehmen sind.
Entsprechende Festlegungen oder Vereinbarungen zur Nennspannungsbe-
rechnung gibt es auch für Schrauben- oder Nietverbindungen oder für ge-
kerbte Querschnitte ganz allgemein.
Die Nennspannung als Maß der auftretenden Beanspruchung bietet den
unbestreitbaren Vorteil, dass sie ohne großen Rechenaufwand zu bestimmen
ist. Als eine elementare, nach stark vereinfachten Gleichgewichtsbetrachtun-
gen über den Nennquerschnitt gemittelte, gleichmäßig oder linear verteilte
Spannung weicht sie jedoch teils wenig, teils erheblich von der tatsächlich
vorliegenden Spannungsverteilung ab, die sich bei der vorliegenden Bauteil-
3.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle 153

Abb. 3.1–2a, b. Außermittiger Kraftangriff an einem axial-belasteten Flachstab a und da-


durch hervorgerufene Spannungsverteilung über den Querschnitt b

gestalt unter der einwirkenden Belastung einstellt. Gründe für eine derartige
Abweichung sind mannigfacher Art und selbst schon in glatten Querschnit-
ten gegeben, beispielsweise weil die Außermittigkeit einer Axialkraft und
die daraus entstehende Zusatzbiegung unbeachtet blieb, Abb. 3.1–2, oder weil
der betreffende Querschnitt nicht als Stab oder Balken, sondern als Scheibe,
Platte oder Schale hätte berechnet werden müssen. Ein beanspruchungsge-
recht gestaltetes Bauteil zeichnet sich dadurch aus, dass die tatsächliche
Spannungsverteilung nur wenig von der (sinnvoll berechneten) Nennspan-
nung abweicht.
Insbesondere wird die Nennspannung aber an jeder Art von Kerbstelle
durch eine von der Bauteilgestalt und der Beanspruchungsart abhängige
Spannungsspitze smax überschritten, Abb. 3.1–3. Als Kerbstellen wirken sich
alle Veränderungen einer einfachen Bauteilform durch Querschnittsüber-
gänge, Ansätze, Einschnitte, Bohrungen, Nuten, Rillen, sowie Stellen einer
örtlichen Krafteinleitung aus, Abschn. 4.1.2.
In welchem Verhältnis die Kerbspannung smax bzw. tmax unter der Voraus-
setzung eines rein elastischen Werkstoffverhaltens die Nennspannung S bzw.
T übersteigt, wird durch die Formzahl ak beschrieben, Abb. 3.1–4,
ak = smax / S bei Normalspannung (3.1–5)
ak = tmax / T bei Schubspannung . (3.1–6)
Wegen des unterstellten elastischen Werkstoffverhaltens ist die Formzahl un-
abhängig vom Werkstoff und allein von der Bauteilgestalt bestimmt, dabei
aber abhängig von der Beanspruchungsart. Unter den Gegebenheiten der
Abb. 3.1–5 ist sie bei Axialbeanspruchung größer als bei Biegebeanspru-
154 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–3. Spannungsver-


teilung in einem zylindri-
schen Zugstab mit um-
laufender Kerbe (schema-
tisch), nach Bautz

Abb. 3.1–4. Zur Definition


der Formzahl ak und
des bezogenen Spannungs-
gefälles c

Abb. 3.1–5. Formzahlen


bei Zug-, Biege- und
Verdrehbeanspruchung
[26]
3.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle 155

Abb. 3.1–6. Abhängigkeit der Formzahl ak von der Definition der Nennspannung S; hier
z.B. ohne oder mit einbezogenem Biegespannungsanteil

chung und bei Verdrehbeanspruchung nochmals geringer als bei Biegebean-


spruchung; Formzahlen für die Schubbeanspruchung von Wellen sind weit-
gehend unbekannt. Kerbstellen können zudem einen mehrachsigen Span-
nungszustand bedingen, Abb. 3.1–3. Ihm wird u.U. dadurch Rechnung getra-
gen, dass die Kerbspannung smax als Vergleichsspannung in die Formzahl
eingeht, Abschn. 3.1.6.
Grundsätzlich ist zu bedenken, dass die Formzahl ak abhängig ist von der
Art, wie die Nennspannung berechnet bzw. wie der Nennquerschnitt defi-
niert wird. Beispielsweise ist die Formzahl für den einseitig gekerbten Stab
nach Abb. 3.1–6 davon abhängig, ob die Biegespannung, die im Kerbquer-
schnitt durch die dort außermittige Kraftwirkungslinie entsteht, in der
Nennspannung enthalten ist (Möglichkeit 2) oder ob diese Biegespannung
der Formzahl zugerechnet wird (Möglichkeit 1). Prinzipielle Schwierigkeiten
mit Nennspannungen und Formzahlen ergeben sich, wenn eine sinnvolle
Definition des Nennquerschnitts nicht vorzunehmen ist, wie z.B. bei Flä-
chentragwerken.
Üblicherweise bezieht man die Nennspannung auf den durch die Kerbe
verminderten Nettoquerschnitt, seltener auf den ohne Kerbe gegebenen
Bruttoquerschnitt, was natürlich für die Formzahl einen beachtlichen Unter-
schied ausmacht. In jedem Falle und insbesondere bei möglichen Unklarhei-
ten sollte deshalb zu jeder Formzahlangabe auch der gewählte Nennquer-
schnitt und die Art der Nennspannungsberechnung explizit bezeichnet sein.
Geometrisch ähnliche Bauteile haben die gleiche Formzahl. Im Zu-
sammenhang mit der Bauteilgröße stellt das bezogene Spannungsgefälle c
156 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–7. Bezogenes Spannungsgefälle c für einfache Bauteilformen und verschiedene


Beanspruchungsarten [44]; bei einem Kerbradius r gelten cs, r für Zug-Druck und Biegung,
ct, r für Schub und Torsion, für Querschnitte einer geringen Dicke d gelten die Formeln für
Flachstäbe bzw. Rundstäbe mit d statt r für cs, d bei Biegung bzw. ct, d bei Torsion

eine weitere Kenngröße der Kerbbeanspruchung dar [133]; es gilt für die
Stelle s = smax , Abb. 3.1–4,
1 ds
c = 8 · 5 bei Normalspannung , (3.1–7)
smax dx
1 dt
c = 7 · 5 bei Schubspannung . (3.1–8)
tmax dx
Abhängig vom Kerbradius r und vom Gradienten der Nennspannung kann
das bezogene Spannungsgefälle abgeschätzt werden, Abb. 3.1–7. Es ist vor
allem bei extrem dünnen Querschnitten (b, d oder D < 5 mm), bei kleinen
Kerbradien (r < 5 mm) oder bei verfestigten Randschichten von Einfluss auf
die ertragbare Beanspruchungshöhe.
3.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle 157

Bewerten von Nennspannung und Formzahl


Im Sinne der Betriebsfestigkeit gilt es, Formzahlen durch eine beanspru-
chungsgerechte Gestaltung der Bauteile so niedrig wie möglich zu halten,
während es dem Bestreben nach Leichtbau entspricht, die Nennspannung so
weit als möglich an die statisch zulässige Spannung anzuheben. In etwa kann
man bei Formzahlen ak < 2,5 von günstig und bei Formzahlen ak > 5 von
ungünstig gestalteten Bauteilen sprechen, d.h. für das Ausrundungsverhält-
nis, Abb. 3.1–8, sollten Werte r / b < 0,1 möglichst vermieden werden.
Qualitativ lässt sich ein Überblick über Kerbstellen und Kerbspannungen
aus Vorstellungen über den Kraftfluss im Bauteil gewinnen: Je stärker die ge-
dachten Kraftflusslinien umgelenkt und an der Umlenkstelle zusammenge-
drückt werden, desto höher ist die dort zu erwartende Kerbspannung. Ähn-
lich hilfreich können Vorstellungen über die lastbedingten Verformungen
des Bauteils und seiner Randkontur sein: An Stellen, wo sich die Verformung
konzentriert, ergeben sich Kerbspannungen. Schließlich gibt auch jede Art
einer örtlich außermittigen Kraftwirkung eine zusätzliche Biegespannung,
die der Kerbspannung zugerechnet werden muss, wenn sie nicht über die
Nennspannung erfasst ist, Abb. 3.1–6.
Einen Einblick in die Gesetzmäßigkeiten von Kerbspannungen vermittelt
eine Abhandlung von Thum, Petersen und Svenson [134]. Anschaulich und

Abb. 3.1–8. Formzahlen ak einiger ebener Kerbformen [137], aufgetragen in Abhängigkeit


vom Ausrundungsverhältnis r / b
158 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

lehrreich ist der „Atlas der Spannungsfelder in technischen Bauteilen“ von


Kloth [135].
Bestimmen der Formzahl
Quantitativ sind Formzahlen aus analytischen Lösungen, aus Formzahldia-
grammen, aus Approximationsformeln, durch numerische Berechnung oder
nach experimentellen Verfahren zu gewinnen.
Analytische Lösungen für Formzahlen wurden vor allem von Neuber in
seiner Kerbspannungslehre erarbeitet [136]. Er unterscheidet dabei zwischen
den Grenzfällen der „flachen Kerbe“ und der „tiefen Kerbe“: Durch eine fla-
che Kerbe wird die Spannungsverteilung nur in der näheren Umgebung der
Kerbe gestört; in größerer Entfernung bleibt der ungestörte Spannungszu-
stand erhalten. Die Formzahl einer flachen Kerbe hängt deshalb nur von der
Kerbtiefe und dem Kerbradius ab. Die Annahme einer flachen Kerbe ist
immer dann zulässig, wenn die Kerbtiefe klein ist gegenüber der Dicke des
Nettoquerschnitts an der Kerbstelle. Eine tiefe Kerbe bewirkt hingegen eine
gestörte Spannungsverteilung für den gesamten Kerbquerschnitt. Für die
Formzahl ist dabei neben dem Kerbradius die Dicke des Kerbquerschnitts
bestimmend; der Einfluss der Kerbtiefe kann hingegen vernachlässigt wer-
den, weil die Spannungen am Kerbrand nach außen hin sehr rasch abklin-
gen. Weiterhin bemerkenswert ist, dass die Formzahl der tiefen Kerbe für
Biegung kleiner ist als für Zug, während die der flachen Kerbe für Biegung
und Zug übereinstimmt.
Formzahldiagramme ähnlich Abb. 3.1–9 sind u.a. in [26, 27, 44] sowie in
größerer Auswahl in dem Nachschlagewerk „Stress concentration design fac-
tors“ von Peterson zu finden [137]. Für grobe Abschätzungen mag die Dar-
stellung nach Abb. 3.1–8 nützlich sein, die zugleich die Verwandtschaft einer
tiefen Außenkerbe und eines stark gekrümmten Balkens veranschaulicht, auf
die Thum und Petersen hinwiesen [134].
Approximationsformeln für Formzahlen einer Vielfalt von Kerben an
Flach- und Rundstäben sowie für die Kerben am Nahtübergang und an der
Nahtwurzel von Schweißverbindungen leitete Rainer für die einfachen Bean-
spruchungsfälle aus Finite-Element-Rechnungen ab [138]; sie sind im An-
hang 5.3 wiedergegeben [51]. Ähnliche, doch untereinander etwas abwei-
chende Approximationsformeln für Kerben an Flach- und Rundstäben wer-
den auch in [26, 27, 139] angegeben.
Formzahlen für Bauteile mit spezieller Gestalt und Beanspruchung sind
heute unschwer durch numerische Berechnung der Kerbspannung nach der
Finite-Element- oder nach der Randelement-Methode zu erhalten. Es drängt
sich jedoch die Frage auf, ob es dann nicht sinnvoller ist, mit der errechneten
Kerbspannung nach dem Kerbspannungskonzept weiterzuverfahren, Abschn.
3.1.3 oder 3.1.4 und 3.3.3, statt auf eine Nennspannung und Formzahl zurück-
zurechnen.
Als experimentelle Verfahren zum Ermitteln von Formzahlen kommen
spannungsoptische Untersuchungen in Betracht, die vorzugsweise an einem
3.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle 159

Abb. 3.1–9. Beispiel für verfügbare Formzahldiagramme; gekerbte Rundstäbe bei Belas-
tung durch Biegemoment [27]
160 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

ebenen Modell, mit größerem Aufwand aber auch am räumlichen Modell,


oder an einem mit spannungsoptischer Folie beschichteten Modell (oder
Bauteil) durchgeführt werden. Ebenso eignen sich Messungen mit geeignet
platzierten Dehnungsmessstreifen kurzer Messlänge oder speziell entwickel-
ten Dehnungsmessstreifen-Ketten an einem Gießharzmodell (oder am Bau-
teil). Durch einen Reißlackversuch lassen sich vorab die Kerbstellen und die
dort vorliegende Richtung der Hauptspannungen abklären.

Ertragbare Nennspannungen nach verfügbaren Unterlagen


Die im Einzelfall für einen Bauteilquerschnitt als ertragbar anzusetzende
Nennspannung ergibt sich entweder aus geltenden Normen, Vorschriften,
Richtlinien oder Empfehlungen, oder sie kann aus vorliegenden Versuchs-
daten oder aus einer rechnerischen Abschätzung gewonnen werden. Diese
Reihenfolge der Nennung sollte auch die Präferenzen des Anwenders be-
stimmen.
Die dauer- oder zeitfest ertragbare Nennspannung bestimmt sich aus der
betreffenden Wöhlerlinie, die unter einem gegebenem Kollektiv ertragbare
Nennspannung aus der entsprechenden Lebensdauerlinie. Die Wöhlerlinie
dient des Weiteren dazu, die ertragbare Nennspannung für eine beliebige
Kollektivform auf dem Wege einer Schädigungsakkumulations-Rechnung
abzuleiten, sei es nach der elementaren, der modifizierten oder der konse-
quenten Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.2, 3.2.8 bzw. 3.2.9, oder in
Anlehnung an eine vorliegende Lebensdauerlinie nach der relativen Miner-
Regel, Abschn. 3.2.11.
Insofern ist das Bestimmen der jeweiligen Wöhlerlinie unverzichtbar, und
als wesentlicher Arbeitsschritt eines jeden Betriebsfestigkeits-Nachweises
anzusehen. Die einfache Berechnung der Nennspannung hat dabei ihren
Preis: Denn die mehr oder weniger große Abweichung der tatsächlichen
Spannungsverteilung von der errechneten Nennspannung bedingt, dass die
dauer- oder zeitfest ertragbare bzw. zulässige Nennspannung nicht nur vom
Werkstoff, sondern auch ganz entscheidend von der Bauteilgestalt und der
Beanspruchungsart abhängt, was eine nahezu unbegrenzte Vielfalt mög-
licher Wöhlerlinien ergibt. Dem im Anhang 5.5 benannten Schrifttum kön-
nen Wöhlerlinien und Lebensdauerlinien für zahlreiche Anwendungsfälle
entnommen werden. Darüber hinaus ist man auf eine experimentelle Er-
mittlung oder auf Abschätzungen angewiesen, Abschnitte 2.1 oder 3.1.3 und
3.1.5.

3.1.2
Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen

Bisherige Vorschriften und Berechnungsvorschläge sind mit der stark ver-


einfachenden Berechnung von Nennspannungen vornehmlich auf Konstruk-
tionen mit stabartigen Traggliedern ausgerichtet. Heute geht die Entwick-
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen 161

Abb. 3.1–10. Finite-Element-Modell für die Festigkeitsberechnung eines Lastkraftwagen-


rahmens [32]

lung hingegen zu flächig tragenden Strukturen, die als Blech-, Schweiß- oder
Gusskonstruktionen ausgeführt sein können. Ihre Auslegung erfordert ver-
feinerte Methoden zur Berechnung der Spannungen, Dehnungen und Ver-
formungen, die aus den einwirkenden Kräften entstehen. Diese verfeinerten
Berechnungsmethoden bieten sich mit der Finite-Element- oder mit der
Randelement-Methode (FE- oder BE-Methode) ganz allgemein auch für Be-
triebsfestigkeits-Untersuchungen an.
Leistungsfähige Rechner- und Programmsysteme für Finite-Element-Be-
rechnungen stehen mittlerweile in den meisten Berechnungs- und Kon-
struktionsabteilungen zur Verfügung. Das Entwickeln der Elementstruktur,
Abb. 3.1–10, lässt sich softwareseitig durch Preprozessoren wirkungsvoll
unterstützen. Sie gestatten sowohl, beliebige Bauteilgeometrien zunächst ein-
mal in 3D-Darstellung zu erzeugen, als auch die Geometriedaten aus einem
CAD-System, vorzugsweise einem 3D-CAD-System, zu übernehmen und die-
se sodann zu vernetzen. Das automatisch erzeugte FE-Netz lässt sich be-
darfsweise editieren, z.B. um die Elementierung in Kerbbereichen zu verfei-
nern, aber auch Veränderungen am Modell selbst sind möglich, um z.B. eine
insgesamt günstigere Spannungsverteilung zu erzielen. Das so erzeugte bzw.
veränderte FE-Modell kann abschließend mit seiner Geometrie in das CAD-
System (rück-) übertragen werden, womit gewährleistet ist, dass Berechnung
und Konstruktion auf identischen Geometriedaten beruhen. Problematisch
ist, wenn gewisse Details, wie z.B. Bohrungen, zur Vereinfachung des FE-Mo-
dells vernachlässigt werden.
Mit Vorteil können beim FE-Modell Symmetrie-Eigenschaften des Bau-
teils genutzt werden, um die Anzahl der Elemente bzw. der Freiheitsgrade
und damit den Rechenaufwand zu reduzieren. Oft ist es der Fall, dass für die
gesamte Struktur ein grobes FE-Netz ausreicht, um die globalen Verformun-
gen zu analysieren, dass dieses Netz aber für eine genaue Berechnung von
örtlichen Spannungsspitzen, z.B. an Kerben, nicht fein genug ist. Um Kerb-
162 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–11. Substruktur mit Volumenelementen zum Grobmodell mit Schalenelementen


für einen Rohrstoß [140]

spannungen mit ausreichender numerischer Genauigkeit zu erhalten, ist eine


hinreichend feine Elementierung des Kerbgrundes vorzusehen.
Mit einer verfeinerten Elementstruktur steigt der Rechenaufwand, insbe-
sondere bei räumlich vernetzten Strukturen. Anstatt die gesamte Struktur
mit einem (u.U. auch nur örtlich) verfeinerten Netz neu zu berechnen, ist mit
der Submodelltechnik ein Verfahren verfügbar, mit dem bei grob vernetzten
Strukturen genauere Ergebnisse in benutzerdefinierten, fein vernetzten Be-
reichen zu erhalten sind, Abb. 3.1–11. Gerade für die Berechnung örtlicher
Spannungsspitzen ist die Submodelltechnik eine hervorragende Möglichkeit,
wirtschaftliche Vorgehensweise und hohen Anspruch an die Genauigkeit der
Ergebnisse in Einklang zu bringen. Sie beruht auf dem Prinzip nach St. Ve-
nant, das im übertragenen Sinnen besagt: Sind die Schnittflächen des Sub-
modells genügend weit vom Kerbbereich entfernt, kann die Spannung im
Kerbbereich zutreffend berechnet werden, indem die Verschiebungen auf
diesen Schnittflächen aus dem Gesamtmodell errechnet und für das Submo-
dell als Randbedingung vorgegeben werden. Dies gilt selbst dann, wenn im
Kerbbereich örtliche elastisch-plastische Verformungen auftreten, vorausge-
setzt, dass sie sich nicht auf die Schnittrandverschiebungen auswirken.
Alternativ zur Finite-Element-Methode ist auch die Randelement-Metho-
de zu einem praktisch anwendbaren Verfahren zur Berechnung von Span-
nungen, Dehnungen und Verformungen in elastisch beanspruchten Bauteilen
entwickelt worden und als industriell einsetzbares Programmsystem allge-
mein zugänglich [141, 142]. Unter gewissen Umständen ist mit ihr ein Vorteil
gegenüber der Finite-Element-Methode dadurch gegeben, dass für ein räum-
liches Gebilde nur dessen Oberfläche mit einem Knotennetz, für ein ebenes
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen 163

Abb. 3.1–12. Randelement-


Modell mit vergrößerten
Kerbradien r f und damit er-
rechnete Randspannungen
und Kerbwirkungszahlen am
zugbeanspruchten Kreuzstoß
(Symmetrieviertel) [141]

Element lediglich dessen Rand mit einer Knotenschnur diskretisiert wird,


eventuell mit erhöhter Knotendichte an Stellen starker Spannungsänderung,
Abb. 3.1–12. Vielfach darf sich auch die Randelement-Berechnung exakt oder
näherungsweise auf ein Symmetrieviertel oder eine Symmetriehälfte be-
schränken. Submodelltechnik ist ebenfalls möglich.
Ein Anwendungsvorteil der Randelement-Methode ist dort zu sehen, wo
nur Oberflächen- bzw. Randwerte eines elastischen Spannungszustandes ge-
fragt sind, also insbesondere bei Kerbspannungsproblemen, wo der elasti-
sche Kerbspannungshöchstwert an der Kerboberfläche bzw. am Kerbrand
auftritt [143]. Die Finite-Element-Methode ist hingegen angebracht, wenn
die Spannungsverteilung auch im Inneren des Bauteils interessiert; diese ist
aus einer Randelement-Berechnung nicht zu erhalten.

FE-Modellbildung
Sachkompetente Hinweise zur FE-Modellbildung sind einer Ausarbeitung
von Rother, Wang und Rust [140] zu entnehmen; sie liegen den nachstehen-
den Ausführungen zugrunde.
Danach ist von grundsätzlicher Bedeutung vorab zu entscheiden, ob die
errechneten Beanspruchungen lediglich einen Einfluss der Grobgestalt oder
(auch) einen Einfluss der Feingestalt aufzeigen sollen. Weiterhin eine Ent-
scheidung, ob die Beanspruchungen beispielsweise vereinfachend für ein
insgesamt linear-elastisches Werkstoffverhalten, für ein elastisch-plastisches
Werkstoffverhalten mit mäßigen plastischen Verformungen in hochbean-
spruchten Kerbbereichen, für große plastische Verformungen an der Grenze
der statischen Bauteilfestigkeit und/oder für Kriechen bei Temperaturein-
164 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–13. Vernetzung eines Rohrstoßes mit unterschiedlichen Elementtypen [140]

wirkung errechnet werden sollen. Abhängig davon ergibt sich die erforderli-
che Art und Feinheit der Element-Struktur und das weitere Vorgehen. Zu-
dem gilt es, das FE-Modell so zu erstellen, dass es sowohl die jeweiligen Ge-
nauigkeitsanforderungen in Bezug auf die Aufgabenstellung erfüllt als auch
hinsichtlich des Modellierungs-, Berechnungs- und Auswerteaufwandes ko-
stenoptimal realisiert werden kann.
Je nach Aufgabenstellung kann bzw. muss demnach eine Vernetzung mit
verschiedenartigen Elementtypen geschehen. Während für eine Vernetzung
mit Balkenelementen starke Vereinfachungen gelten, können Beanspruchun-
gen mit Schalenelementen und insbesondere mit Volumenelementen höher
aufgelöst werden, Abb. 3.1–13.
Balkenelemente (einschließlich Stabelemente) sowie Schalenelemente
(mit den Sonderfällen der Scheiben- und Plattenelemente) sind nach mecha-
nischen Eigenschaften idealisierte Elemente, deren Anwendbarkeit aus der
ihnen zugrunde liegenden Balken-, Schalen-, Scheiben- bzw. Platten-Theorie
mehr oder weniger eingeschränkt ist. Ihre Anwendung erfordert diesbezüg-
liche Sachkunde, beispielsweise dahingehend, ob bei dem betreffenden Typ
des Balken- oder Plattenelementes die Schubverformungen berücksichtigt
werden oder nicht. Volumenelemente beruhen auf kontinuumsmechanischen
Ansätzen und sind universeller sowohl für 2D- als auch 3D-Netzstrukturen
einsetzbar.
Bei einer Modellierung mit Balkenelementen, Abb. 3.1–14, werden die
Spannungen in der Struktur elementweise entsprechend der klassischen Bal-
kentheorie nach Bernoulli oder Timoshenkov berechnet. Formen des Bal-
kenquerschnitts lassen sich katalogweise oder individuell per Editor zuord-
nen. Es ist nicht notwendig, an Lastangriffspunkten oder Rahmenknoten zu-
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen 165

Abb. 3.1–14. FE-Modell des Parkhaussystems „Wendelpark“ erstellt mit Balkenelementen


[140]. Mit freundlicher Genehmigung der Firma Maurer & Söhne

sätzliche Elemente vorzusehen, da örtlich konzentrierte Lasteinleitungen mit


der Differentialgleichung des Elementansatzes berücksichtigt sind. Die er-
rechneten Spannungen sind als Nennspannungen zu verstehen und als sol-
che zu bewerten; Abschn. 3.1.3 und 3.1.4.
Schalenelemente bieten vereinfachte Vernetzungsmöglichkeiten für flächi-
ge und dünnwandige Strukturen in den Größenverhältnissen Länge/Dicke
≥ 20 und Krümmungsradius/Dicke ≥ 10, Abb. 3.1–15. Bei ihnen werden die
Spannungen entsprechend der klassischen Schalen- bzw. Scheiben- oder
Platten-Theorie nach Kirschhoff oder Reissner-Medlin berechnet. Weil Span-
nungen in Dickenrichtung zu Null angenommen werden, können die Ver-
hältnisse an Krafteinleitungspunkten oder an Verzweigungspunkten einer
Schale nicht exakt abgebildet werden. Lineare Scheibenelemente sind insbe-
sondere bei Biegung in der Ebene zu steif; ihnen können aber intern er-
weiterte Ansätze zugewiesen werden, die die Steifigkeit korrigieren. Die er-
rechneten Spannungen sind entweder nach dem Nennspannungskonzept
oder nach dem Strukturspannungs-Konzept, Abschn. 3.1.3, 3.1.4 und 3.1.6, zu
bewerten. Für das Nennspannungs-Konzept sind die Spannungsverteilungen
evtl. nachträglich zu linearisieren.
Volumenelemente kommen für massive Bauteile und Teilstrukturen zur
Anwendung, bei denen die Ansätze nach der Balken-, Scheiben-, Platten-
oder Schalentheorie ihre Gültigkeit verlieren, Abb. 3.1–11. Ein wichtiger Vor-
teil von Volumenelementen ist, dass Schubspannungen und vor allem ört-
166 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–15. FE-Modell für den Schweberahmen des TRANSRAPID erstellt mit Schalen-
elementen [140]. Mit freundlicher Genehmigung der Thyssen Transrapid System GmbH

liche Kerbspannungen sehr genau erfasst werden können. Die Bewertung der
Spannungen geschieht nach dem Kerbspannungskonzept, Abschn. 3.1.3, 3.1.4
und 3.1.6, oder nach dem Kerbgrund-Dehnungskonzept anhand werkstoff-
spezifischer Daten, Abschn. 3.3.3.
Die Genauigkeit der Berechnung ist von der Netzdichte und Netzqualität
abhängig. An Strukturverzweigungen treten bei exakter Modellierung keine
Spannungssingularitäten auf. Zudem werden Volumenelemente wegen ihrer
Anschaulichkeit und Eignung für eine automatische Vernetzung anhand
von 3D-CAD-Daten immer häufiger eingesetzt, während früher ein hoher
Modellierungs- und Berechnungsaufwand ihrer Anwendung oft entgegen-
stand. Mit den modernen leistungsfähigen Hardwareplattformen und den
modernen iterativen Berechnungsalgorithmen entfallen diese Einschrän-
kungen weitestgehend; ein 3D-Modell mit ca. 100000 Freiheitsgraden
brauchte 1998 auf einer Workstation ca. 5 Minuten zur Berechnung eines
Lastfalles [144].
Tetraeder und Hexaeder sind gängige Formen für Volumenelemente.
Lineare Tetraeder (ohne Zwischenknoten) sind zu steif und sollten grund-
sätzlich nicht angewendet werden; Tetraeder mit zusätzlichen rotatorischen
Freiheitsgraden sind besser, aber auch noch sehr steif und allenfalls für
Überschlagsrechnungen geeignet. Tetraederelemente mit Zwischenknoten
verhalten sich ähnlich gut wie Hexaederelemente und reagieren weniger
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen 167

empfindlich auf Elementverzerrungen als Hexaederelemente, was sie be-


sonders geeignet macht für komplizierte Modelle, z.B. von Gussteilen oder
Schmiedeteilen. Hexaeder, gut vernetzt, sind immer die besten Elemente,
ohne Softwareunterstützung ist jedoch der Vernetzungsaufwand sehr hoch.
Ein Vergleich der mit Hexaeder- und Tetraeder-Elementen errechneten
Spannungen für eine Rohrverbindung ähnlich der Substruktur in Abb.
3.1–11 stellt sich nach [140] wie folgt dar:
20-Knoten Hexaeder: Spannung 221 N/mm2
8-Knoten Hexaeder: Spannung 221 N/mm2
10-Knoten Tetraeder: Spannung 216 N/mm2
4-Knoten Tetraeder: Spannung 143 N/mm2
Bei 2D-Modellen sind im Hinblick auf einen geringeren Modellieraufwand
nach Möglichkeit (rechteckige) Scheibenelemente einzusetzen. Sie sind so-
wohl bei ebenem Dehnungszustand als auch bei ebenem Spannungszustand
geeignet, und darüber hinaus für 2D-Modelle von 3D-Strukturen mit Rota-
tionssymmetrie ohne Einschränkung der Größenverhältnisse. Bei gewissen
Anwendungen sind aber die Belastungen oder die Verformungen ihrerseits
nicht rotationssymmetrisch, was den Einsatz sog. harmonischer Elemente
mit Fourieransätzen für die Verteilung der Belastung und/oder der Verfor-
mung auf dem Umfang erforderlich macht.
Für Zug, Schub und Biegung reagieren 2D-Elementtypen unterschiedlich.
Abbildung 3.1–16 zeigt die Ergebnisse für einen Kragbalken ohne nennens-
werte Schubverformung abhängig vom verwendeten Elementtyp. Die Span-
nungswerte sind auf die analytische Referenzlösung normiert: Die vier-
seitigen Elemente mit 4 Knoten bei linearer wie auch mit 8 Knoten bei
quadratischer Ansatzfunktion, jeweils mit den erweiterten Ansätzen zur
Steifigkeitskorrektur, liefern sehr gute Werte, selbst bei nur einem Element
über der Balkendicke. Die dreiseitigen Elemente mit linearer Ansatzfunk-
tion zeigen unzulässige Abweichungen, die mit quadratischer Ansatzfunk-
tion eine noch annehmbare Genauigkeit. Bei Biegeträgern mit nennens-
werter Schubverformung sind mehrere Elemente über der Balkendicke er-
forderlich, um die analytisch erwartete parabelförmige Schubspannungs-
verteilung zu erhalten.

Beurteilen der errechneten Beanspruchungen


Bei Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen geht es vorrangig um
eine Ermittlung und Bewertung der Beanspruchungshöhe abhängig von Ein-
flüssen aus der Bauteilgestalt und der einwirkenden Belastung. Im Anschluss
daran ist es in aller Regel ein unabdingbares Erfordernis, in einem ersten
Schritt zunächst eine Beurteilung der Ergebnisse durch Anschauung auf
Plausibilität und nach Erfahrungswerten vorzunehmen, auch wenn heute Be-
strebungen mehr und mehr hinzielen auf eine schnelle und formalisierte
Bewertung der errechneten Beanspruchungen, die auch ohne das Spezialwis-
168 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

4-Knoten: 1,0

8-Knoten: 1,0

3-Knoten: 0,25

6-Knoten: 1,025

Abb. 3.1–16. Spannungswerte für einen momentenbelasteten Kragbalken als Scheiben-


problem [140]

sen eines FE-Experten möglich ist. Ein weiteres wesentliches Kriterium der
Beurteilung ist die Höhe der auftretenden maximalen Beanspruchung, ins-
besondere an Kerben. Dazu gehört nicht zuletzt auch eine Überprüfung, ob
tatsächlich alle konstruktiven Details im FE-Modell enthalten sind, welche
Kerbspannungen zur Folge haben können.
Weiterhin sollte der Umstand bedacht werden, dass die Berechnung in
aller Regel von der zeichnerischen Idealform des Bauteils ausgeht. Ihr
gegenüber kann die Realform des Bauteils u.U. merklich abweichen, und
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen 169

zwar aufgrund geometrischer Toleranzen bei unbearbeiteten Bauteiloberflä-


chen ganz allgemein, und speziell z.B. bei unbearbeiteten Gussstücken
durch Kernversatz, Abb. 3.5–17, bei Bauteilen mit Schmiedeoberfläche
durch Gesenkverschleiß, Abb. 3.5–19 [396], bei Blechkonstruktionen durch
Rückfederung oder bei Schweißkonstruktionen durch Verzug und Versatz
an den Schweißstößen [43]. Solche geometrischen Imperfektionen können
die aus der Idealform errechnete Spannungsverteilung erheblich verfäl-
schen, insbesondere bei dünnwandigen Bauteilen. Treten die Imperfektio-
nen in systematischer Weise auf, dann sind sie auch messtechnisch und da-
mit rechnerisch erfassbar; sind sie von Bauteil zu Bauteil unterschiedlich
ausgeprägt, so können sie nur in ihrer statistischen Natur berücksichtigt
werden; probabilistische Methoden der FE-Berechnung wurden hierfür ent-
wickelt.
Postprozessoren bieten mannigfache Möglichkeiten zur Darstellung der
Ergebnisse. Zu diesem Zweck stellen sie gewisse Standard-Routinen bereit.
Unter anderem gestatten sie, Ergebnisse der Berechnung für nachfolgende
Auswertungen in Dateiform zu speichern. Spezielle Auswerte-Software greift
sodann auf diese Ergebnisdatei zu und gibt die der Auswertung unterzoge-
nen Ergebnisse in Dateiform zur grafischen Darstellung an den Postprozes-
sor zurück. Dieser Verfahrensweise bedienen sich insbesondere auch die
hochentwickelten Software-Pakete zur Lebensdauerberechnung [307–310],
die von FE-Berechnungen ausgehen, Abschn. 3.3.5 und 3.3.7.
Weitere Standard-Routinen liefern Darstellungen des vernetzten Struktur-
modells, wie auch des unter Last verformten Strukturmodells ohne oder mit
der unverformten Struktur im Hintergrund, wie auch grafische Darstellun-
gen der interessierenden Spannungsverteilungen.
Farbdarstellungen – im Druck häufig auch Grauwertdarstellungen – der
Beanspruchungshöhe an auswählbaren Oberflächen der Struktur veran-
schaulichen z.B. die Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungsenergie-
Hypothese oder die Hauptspannungen oder Hauptdehnungen. Sie lassen z.B.
auffallend hoch oder niedrig beanspruchte Bereiche der Struktur an Kerb-
oder Krafteinleitungsstellen erkennen. Es sind dies Bereiche, in denen auf
konstruktivem Wege durch Abminderung der Spannungshöhe eine örtliche
Überbeanspruchung vermieden bzw. durch Materialabspeckung eine insge-
samt bessere Werkstoffausnutzung angestrebt werden sollte.
Meist wird es von erkennbarem Vorteil sein, einer quantitativen Bewer-
tung der sich örtlich abzeichnenden maximalen Beanspruchungswerte zu-
nächst eine Bewertung des sich insgesamt ergebenden Spannungsfeldes vo-
ranzustellen. Diese Bewertung kann in qualitativer Weise geschehen mit dem
Ziel, in den erfassten Elementen und Bereichen der Struktur auf eine ausge-
wogene Spannungsverteilung innerhalb zulässiger Spannungshöchstwerte
hinzuwirken.
Als Besonderheit sei dazu erwähnt, dass sich aus Darstellungen der Span-
nungshöhe in Blechfeldern auch Hinweise zur Bemessung ihrer Anschlüsse
mittels Kehlnähten gewinnen lassen, selbst wenn die Nahtgeometrie nicht in
170 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

der Elementstruktur abgebildet ist. Einmal kann die Beanspruchungshöhe


im Schweißnahtbereich vom Blech- auf den Nahtquerschnitt umgerechnet
werden. Zum anderen deuten stark veränderliche Längsspannungswerte an
einer Schweißkante auf eine hohe Schubbeanspruchung der betreffenden
Schweißnahtquerschnitte und geben so Hinweis auf eine entsprechend star-
ke Bemessung der Nahtdicke, Abb. 3.1–17a, wohingegen bei geringer Verän-
derung der Längsspannungswerte die schweißtechnisch empfohlene Min-
destnahtdicke ausreichen mag, Abb. 3.1–17b.
Mit den Farb- oder Grauwert-Darstellungen, wie in Abb. 3.1–11 rechts,
wird insbesondere augenfällig erkennbar, wo in der Struktur sich die höchst-
beanspruchten Stellen befinden. Die betreffenden Spannungsspitzen werden
zudem numerisch beziffert. Die Zuordnung zwischen Spannungswerten und
Farbwerten wird im einfachsten Fall vom Postprozessor an die maximalen

b
Abb. 3.1–17a, b. Wandscheiben eines geschweißten Kastenrahmens a mit stark und b mit
wenig veränderlicher Spannung an den Schweißkanten als Hinweis auf die vorzusehende
Kehlnahtdicke
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen 171

und minimalen Spannungswerte angepasst. Für Darstellungen von verschie-


denen Teilen oder Ansichten einer Struktur ergibt sich dann aber keine ein-
heitliche Spannungswertigkeit der einzelnen Farbstufen, was einer anschau-
lichen Beurteilung der Gesamtsituation abträglich ist. Für eine solche Ge-
samtbeurteilung ist deshalb zu empfehlen, eine feste Zuordnung zwischen
Spannungswerten und Farbwerten einheitlich für alle Darstellungen von
Hand vorzugeben. In unterschiedlicher Vollkommenheit lassen sich bei den
einzelnen Postprozessoren auch die Darstellungen für das Richtungsfeld der
Hauptspannungen und Hauptdehnungen vornehmen, wobei deren örtliche
Größe durch Pfeile veranschaulicht wird.
Die genannten Standard-Routinen sind aber aus Anwendersicht nicht in
jeder Hinsicht befriedigend; weitere wünschenswerte grafische Ergebnisdar-
stellungen werden bei nahezu allen Postprozessoren vermisst. Bedarfsweise
können sie nur über den Weg einer eigenprogrammierten Auswertung der
Ergebnisdatei verwirklicht werden. Im Einzelnen sind dies Darstellungsmög-
lichkeiten für die betragsmäßig größte Hauptspannung bzw. Hauptdehnung
und für die Vergleichsspannung, der das Vorzeichen und die Richtung der
betragsmäßig größten Hauptspannung bzw. Hauptdehnung zugeordnet ist,
Abb. 3.1–18.
Für die Hauptspannungen bzw. Hauptdehnungen werden üblicherweise
als Standard-Routine nur Darstellungen für die arithmetisch größte bzw.

Abb. 3.1–18a–f. Zur Bedeutung von Vorzeichen für die Ausdeutung der größten Haupt-
spannung und der Vergleichsspannung. Bei proportionaler Beanspruchung (links): sinn-
fällige Ausdeutung im Fall d und f bei nichtproportionaler Beanspruchung (rechts):
keine sinnfällige Ausdeutung möglich. a Erste Hauptspannung, b Zweite Hauptspannung,
c Arithmetische größte Hauptspannung (z.B. s1 = + 3 > s2 = –5), d Betragsmäßig größ-
te Hauptspannung (z.B. s1 = –5 > s2 = +3), e Vergleichsspannung ohne Vorzeichen, f Ver-
gleichsspannung mit dem Vorzeichen der betragsmäßig größten Hauptspannung
172 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

kleinste Hauptspannung oder Hauptdehnung angeboten, Fall c) in Abb.


3.1–18, nicht aber eine Darstellungsmöglichkeit der betragsmäßig größten
Hauptspannung oder Hauptdehnung, Fall d). Diese ist jedoch nicht nur be-
züglich der Beanspruchungshöhe aussagefähiger, sondern auch für die Beur-
teilung der Dehnungsfelder bei der Planung oder Auswertung von ver-
gleichsweise durchgeführten Messungen mit Dehnungsmessstreifen.
Vergleichsspannungen nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese bie-
ten sich als skalare Größen ohne Vorzeichen dar, Fall e) in Abb. 3.1–18. Des-
halb sind aus ihrer Farbdarstellung die Bereiche mit einer vorherrschenden
Zugspannung nicht von Bereichen mit einer vorherrschenden Druckspan-
nung zu unterscheiden. Aus einer Darstellung der vorzeichenbehafteten Ver-
gleichsspannung, Fall f), wird hingegen für eine Abfolge mehrerer Belas-
tungszustände erkennbar, welche Bauteilbereiche einer schwingbruchkriti-
scheren Wechselbeanspruchung und welche einer weniger kritischen Zug-
oder Druck-Schwellbeanspruchung unterliegen.
Wie aus Abb. 3.1–18 ersichtlich ist, ergibt sich mit den beiden Darstellun-
gen nach Fall d und f bei proportionaler Beanspruchung eine sinnfällige
Ausdeutungsmöglichkeit der betragsmäßig größten Hauptspannung und der
Vergleichsspannung, bei nichtproportionaler Beanspruchung ist weder der
zeitliche Ablauf der Hauptspannungen noch der Vergleichsspannung im ge-
wohnten Sinne bewertbar.

FE-Methoden der Strukturoptimierung


Die Topologieoptimierung mit SKO (Soft Kill Option) nach Mattheck [145,
146] erzeugt in einem vom Konstrukteur festgelegten Entwurfsraum bei vor-
gegebenen Auflagern und Lasten ohne weitere Eingriffe eine hinsichtlich des
Bauteilgewichts, der Verformung und/oder anderer Kriterien optimierte Bau-
teil(roh)form, Abb. 3.1–19. Der zunächst gänzlich mit Material gefüllte Ent-
wurfsraum stellt das anfängliche Strukturmodell dar. Seine Vorgabe und
seine FE-Vernetzung sowie die Spezifikation der Randbedingungen und der
Belastungen kann wie üblich mit dem Preprozessor geschehen. Vorzugsweise
kommen Hexaederelemente mit gleichen Seitenlängen und mit inneren 90°-
Winkeln, sog. ideale Kuben, oder quadratische Tetraeder zur Anwendung,
weil sie das Steifigkeitsverhalten der Struktur homogen abbilden. Die dabei
entstehende facettierte Oberfläche ist für den Optimierungsprozess nicht
störend, Abb. 3.1–19 (mitte).
Die Optimierung geschieht in einem Wechselspiel zwischen FE-Berech-
nung und der Optimierung. Das Ergebnis der FE-Analyse wird dem Opti-
mierer übergeben. Er eliminiert Elemente aus dem FE-Modell, in denen aus
dem Kraftfluss heraus nur eine geringe Beanspruchung auftritt. Damit ent-
steht ein um entbehrliches Material erleichtertes Strukturmodell, für das
eine erneute FE-Berechnung und Optimierung vorgenommen wird. Dieser
Prozess wird so lange wiederholt, bis Konvergenz unter einem vorgegebenen
Endkriterium erreicht ist, so beispielsweise Maximalbeanspruchung gleich
3.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen 173

Abb. 3.1–19. Topologieoptimierung einer Nabe (Gewichtsminimierung durch Entfernen


überflüssigen Materials als Kriterium der Optimierung). Mit freundlicher Genehmigung
der Firma CAD-FEM

einem vorgegebenen Grenzwert, oder Beanspruchung in allen Elementen


größer als x Prozent der Maximalbeanspruchung. Im Grundsatz kann eine
Verminderung des Bauteilgewichts bis nahe an die physikalische Leichtbau-
grenze erreicht werden, was in der Regel filigrane Stabtragwerke ergibt. Die
facettierte Struktur als Konstruktionsvorschlag aus der Topologieoptimie-
rung ist abschließend zu glätten und die optimierte Geometrie an das CAD-
System zur Weiterverarbeitung, u.a. unter Fertigungsgesichtspunkten, zu
übergeben [147, 148]. Alternativ kann unmittelbar im Anschluss daran auch
noch eine Kerbspannungsoptimierung durchgeführt werden.
Bei der Kerbspannungsoptimierung mittels CAO (Computer Aided Optimi-
zation) [145, 146] wird die Oberfläche eines Bauteils in einem ausgewählten
Bereich so variiert, dass sich die dort örtlich auftretende Maximalbeanspru-
chung im Sinne einer Spannungsglättung vermindert, Abb. 3.1–20. Nach Mat-
theck [145] wird dazu im FE-Modell die Randschicht des Bauteils als ein Werk-
stoff mit extremer Wärmeausdehnung definiert und die Höhe der errechneten
Beanspruchung als Temperatur gewertet, welche die Wärmeausdehnung be-
wirkt. Die sich auf diese Weise verändernde Randkontur wird sodann als neue
Berandung des Bauteils übernommen und eine erneute Wärmedehnung simu-
liert. Durch den dabei im hochbeanspruchten Randbereich beanspruchungs-
abhängig entstehenden örtlichen Materialauftrag (wie auch durch Materialab-
trag in niedrig beanspruchten Bereichen) wird die örtliche Maximalbeanspru-
chung verringert. Diese Iteration wird bis zum Erreichen einer gewünschten
Beanspruchungsminderung fortgeführt. Sie kann erheblich sein. Eine nen-
nenswerte Verringerung des Bauteilgewichts wie bei der Topologieoptimie-
rung kann aber bei der Kerbspannungsoptimierung nicht erreicht werden.
174 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Spannungsniveau 100% Spannungsniveau 65%

Abb. 3.1–20. Beispiel für die Gestaltoptimierung eines Gussteiles, durch die die Kerbspan-
nung auf 65% gesenkt wurde. Mit freundlicher Genehmigung der Firma CAD-FEM

Anwendung für Betriebsfestigkeits-Untersuchungen

Wenig Anleitung und Unterstützung wird dem Anwender bislang gebo-


ten, wenn es um die zweckmäßige Konzeption von Finite-Element- oder
Randelement-Berechnungen für Betriebsfestigkeits-Untersuchungen geht.
Ältere Vorschriften und Richtlinien sagen hierzu wenig oder gar nichts
aus. Kennzeichnend ist, dass erst die moderneren Regelwerke, wie z.B.
der Eurocode 3 [48], die IIW-Empfehlungen [43], das aktualisierte AD-
Merkblatt S2 für Druckbehälter [49], und vor allem die FKM-Richtlinie [44]
dem Anwendungsstand der FE-Methode bei der Berechnung und Be-
wertung von Bauteilbeanspruchungen explizit Rechnung tragen. In nicht
geregelten Bereichen ist – auf diese neueren Regelwerke abgestützt – ein
individuelles, produktspezifisches Betriebsfestigkeitskonzept zu erarbeiten,
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 175

um eine optimale Lösung zu finden. Praktisch gilt es, bei vertretbarem Auf-
wand und unter Beachtung der verfahrensspezifischen Grundsätze eine
zweckdienliche Konzeption der Berechnung zu entwickeln, die den Krite-
rien einer nachfolgenden Bewertung der Ergebnisse im Sinne von Aussagen
zur Betriebsfestigkeit gerecht wird. Der Schwierigkeitsgrad und der anfäng-
liche Aufwand hierfür ist nicht zu unterschätzen.
Softwareprodukte mit unterschiedlichen Leistungsmerkmalen werden für
eine formalisierte, auch von Nicht-Experten durchführbare Bewertung der
Ergebnisse angeboten und sie sind auch für die verschiedenartigen Aufga-
benstellungen in dieser Verschiedenartigkeit notwendig. Dem Stand der
Technik entsprechende Bewertungen der Beanspruchungen in komplexen
Strukturen oder bei komplexen oder nichtproportionalen Beanspruchungs-
zuständen sind ohne Rechnereinsatz grundsätzlich nicht mehr wirtschaftlich
zu bewerkstelligen. Der Einsatz von Software zur Abarbeitung spezifischer
Bewertungsschemata kann hierbei aber nur eine kochbuchartige, standardi-
sierte und automatisierte Hilfestellung geben, die in speziell gelagerten Fäl-
len u. U. nicht ausreichen mag.
Die Bewertung im Sinne der Betriebsfestigkeit gilt nicht allein der Höhe
der errechneten Beanspruchung, sondern vor allem ihrer Schwingbreite und
Häufigkeit. Die Berechnung einer einzigen Lastsituation reicht dazu aus,
wenn eine lineare Umrechnung des zeitlichen Lastablaufs in den Beanspru-
chungsablauf zutrifft. Ist die lineare Umrechnung nicht möglich, wie z.B. bei
nichtlinearen Systemen oder für die Beanspruchung in der Scheibe eines
umlaufenden Zahnrades aus einer raumfesten Zahnkraft, so muss u.U. der
Beanspruchungsablauf in mehreren markanten Zeitschritten berechnet wer-
den. Häufig sind in einer Berechnung mehrere Lastfälle zu berücksichtigen.
Dazu kann empfohlen werden, unterschiedliche Lastfälle zunächst gesondert
durchzurechnen und zu bewerten, und ihr Zusammenwirken im Hinblick
auf die örtliche Beanspruchungshöhe und den zeitlichen Beanspruchungs-
ablauf erst in einer zweiten Stufe abzuhandeln. Dieses der Anschaulichkeit
dienende Vorgehen vermittelt u.a. Aufschluss, inwieweit Stellen höchster Be-
anspruchung aus unterschiedlichen Lastfällen zusammenfallen oder aus-
einanderliegen, ein Umstand, der für eine Einschätzung der Mehrachsigkeit
und die Bewertung nichtproportionaler Beanspruchungen erhebliche Bedeu-
tung hat.

3.1.3
Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile

Bei der rechnerischen Abschätzung einer Bauteilwöhlerlinie wird davon aus-


gegangen, dass sich ihre kennzeichnende Form und die ertragbare Bean-
spruchungshöhe abhängig erweisen
– von dem Werkstoff und seiner Wärmebehandlung,
– von der Bauteilgestalt und der Bauteilgröße,
176 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

– von den Eigenschaften der Bauteiloberfläche,


– von den Umgebungsbedingungen und
– von der Beanspruchungsart,
und weiterhin von der Frage, ob die betreffende Bauteilwöhlerlinie zur Be-
wertung von
– Nennspannungen
– Strukturspannungen oder
– Kerbspannungen
Anwendung finden soll.
Im Schrifttum finden sich zahlreiche Vorschläge, wie die Dauerfestigkeit
oder die vollständige Wöhlerlinie eines gekerbten Bauteils aus allgemei-
nen Kennwerten des betreffenden Werkstoffs bei gegebener Kerbwirkung
und Oberflächenbeschaffenheit abgeschätzt werden kann, z.B. [24–30, 44,
149–153]. Vor dem Hintergrund des heutigen Erkenntnisstandes, wie er in
diesem Buch und speziell in den Abschn. 3.1 und 3.2 dargestellt ist, wurden
diese Vorschläge mit der FKM-Richtlinie „Rechnerischer Festigkeitsnachweis
für Maschinenbauteile“ [44] – wie in diesem Abschnitt nachfolgend darge-
stellt – auf einen aktuellen Stand fortgeschrieben.

Abb. 3.1–21. Statistische Auswertung zur Korrelation der Wechselfestigkeit mit der Zugfes-
tigkeit von Stählen nach dem Vorschlag von Hück, Thrainer und Schütz [150]; die Größe
der Quadrate entspricht der gewichteten Anzahl von Versuchen in den betreffenden Ver-
suchsreihen
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 177

Alle diese Vorschläge beruhen auf einem empirisch gewonnenen Zu-


sammenhang, wonach die Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit oder die Bie-
ge-Dauerwechselfestigkeit einer ungekerbten Probe korreliert mit der Zug-
festigkeit, mit der Streckgrenze oder mit einer arithmetischen Kombination
von Zugfestigkeit und Streckgrenze, u.U. auch noch unter Hinzunahme der
Bruchdehnung und Einschnürung, Abb. 3.1–21. Davon ausgehend wird die
vorliegende Beanspruchungsart, die Kerbwirkung, der Größeneinfluss, der
Oberflächeneinfluss und der Mittelspannungseinfluss in Ansatz gebracht.
Schließlich wird über die Neigung der Zeitfestigkeitslinie und die Lage des
Abknickpunktes sowie über die anzusetzende Sicherheitszahl entschieden.
Mit den genannten Einflüssen sind mehrere Problemkreise angesprochen:

Werkstoffeinfluss
Die Problematik einer Korrelation der Dauerfestigkeit mit allgemeinen
Werkstoffkennwerten ist dadurch gekennzeichnet; dass diese Kennwerte ge-
wisse werkstoffliche Einflüsse auf die Schwingfestigkeit nicht erfassen: So
z.B. nicht die Legierungszusammensetzung, nicht den Wärmebehandlungs-
zustand, nicht die Korngröße, nicht die Gleich- oder Ungleichmäßigkeit und
etwaige Richtungsabhängigkeit der Gefügeausbildung, nicht die Art, Form,
Größe und Verteilung der nichtmetallischen Einschlüsse. Eine Korrelations-
formel kann also bestenfalls auf die Mittelwerte eines Streubandes zutreffen,
für das die Standardabweichung etwa mit 15% des jeweiligen Mittelwertes zu
beziffern ist, z.B. Abb. 3.1–21 [149, 150]. Insofern sind auch die Unterschiede
verschiedener Korrelationsformeln, wie sie von Lang [149], von Hück, Thrai-
ner und Schütz [150] oder von anderen in Vorschlag gebracht wurden, weit
weniger systematisch als zufällig, und eher davon abhängig, aus welcher
Untermenge der Daten sie abgeleitet wurden.
Nach der FKM-Richtlinie [44] wird die Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit
sW allein aus der Zugfestigkeit Rm abgeschätzt und daraus auch die Schub-
Dauerwechselfestigkeit abgeleitet. Folgende Festlegungen wurden getroffen:
sW = fW, s · Rm , (3.1–9)
tW = fW, t · sW . (3.1–10)
Die Umrechnungsfaktoren fW, s und fW, t sind werkstoffabhängig und aus Ta-
belle 3.1–2 zu entnehmen.
Nach den von Eulitz, Kotte et al. vorgenommenen Auswertungen von Ver-
suchsdaten [240] wird die in der FKM-Richtlinie für Stahl mit 0,45 · Rm ge-
troffene Festlegung in Verbindung mit der Form der normierten Wöhlerlinie
nach Abb. 3.1–26 von allen untersuchten Alternativen als statistisch am bes-
ten zutreffend gefunden. Der Unterschied gegenüber der Regressionsgeraden
in Abb. 3.1–21 für C = 50% ist unerheblich.
Zum anderen veranschaulicht die genannte Streubreite aber auch die be-
stehenden Möglichkeiten, durch enger tolerierte und kontrollierte Werkstoff-
178 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

eigenschaften auf günstige Schwingfestigkeits-Eigenschaften hinzuwirken.


In Umkehr des Gedankens folgt die Notwendigkeit, gemäß der Untergrenze
des Streubandes eine Abminderung der abgeschätzten Mittelwerte vorzu-
sehen, wenn trotz des Verzichts auf eine strenge Werkstoffkontrolle eine
schwingbruchsichere Bauteilauslegung angestrebt wird.

Nennspannungen und Kerbeinfluss


Eine Problematik des Kerbeinflusses ist in der Weise zu verzeichnen, dass
sich die spannungstheoretische Formzahl ak bei kleinem Kerbgrundradius r
bzw. bei steilem bezogenen Spannungsgefälle c, Abb. 3.1–4, nicht voll
schwingfestigkeitsmindern auswirkt. Die Abminderung erfolgt lediglich im
Verhältnis einer Kerbwirkungszahl bk , die mit der Dauerfestigkeit des unge-
kerbten Prüfstabs und der Dauerfestigkeit des gekerbten Prüfstabs definiert
ist als
bk = SD, ungekerbt / SD, gekerbt . (3.1–11)
Nach Magin [154] sind im Schrifttum mehr als 20 Formeln vorgeschlagen,
um von der Formzahl auf die Kerbwirkungszahl umzurechnen, wie z.B. [133,
150, 155–162] aber nahezu alle gehen auf zwei Grundbeziehungen zurück:
Auf die Kerbempfindlichkeit nach Thum und Mitarbeitern [155],
hk = (bk – 1) / (ak – 1) , (3.1–12)
oder auf die Stützziffer nach Siebel und Mitarbeitern [158], Abb. 3.1–22,
n(c) = ak / bk , (3.1–13)
mit einer allen Beziehungen gleichen Aussage, dass die Kerbwirkungszahl
umso mehr hinter der Formzahl zurückbleibt, je kleiner der Kerbgrundra-
dius ist. Für Schubspannungen statt Normalspannungen gelten die Bezie-
hungen nach Gl. (3.1–10) bis Gl. (3.1–13) entsprechend.
Der Begriff „Stützziffer“ resultiert aus der Vorstellung, dass für den Be-
reich der Kerbspannungsspitze eine gewisse Stützwirkung von dem umge-
benden, weniger hoch beanspruchten Werkstoff ausgeht, die die Kerbspan-
nungsspitze nicht voll zur Auswirkung kommen lässt. Andere Vorstellungen
zur Erklärung des Unterschiedes zwischen ak und bk gehen von statistisch
verteilten Fehlstellen und der geringeren Wahrscheinlichkeit aus, in kleinen
hochbeanspruchten Bereichen eine größere Fehlstelle anzutreffen; als Ergeb-
nis wird eine statistisch begründete Stützziffer erhalten, Abschn. 3.5.6.
Für einen Kerbradius r = 2 mm, d.h. c = 1 mm– 1, lässt sich beispielsweise
aus Abb. 3.1–22 entnehmen, dass die Stützziffer für weiche Stähle etwa
n(c) = 1,2, für Vergütungsstähle üblicher Festigkeit etwa n(c) = 1,1 und für
austenitische Stähle etwa n(c) = 1,3 beträgt. Stützziffern in vergleichbarer
Größe sind auch dem entsprechenden Diagramm nach der FKM-Richtlinie,
Abb. 3.1–23, zu entnehmen. Ihm entsprechen die folgenden Formeln:
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 179

Abb. 3.1–22. Stützziffern n(c)


für metallische Werkstoffe
nach der zurückgezogenen
VDI-Richtlinie 2226 [153]

Für c ≤ 0,1 mm–1 n(c) = 1 + c · 10 –(ac – 0,5 + Rm /bc ) , (3.1–14)


für 0,1 mm–1 > c ≤ 1 mm– 1 n(c) = 1 + c1/2 · 10 –(ac + Rm /bc ) , (3.1–15)
für 1 mm–1 > c n(c) = 1 + c1/4 · 10 –(ac + Rm /bc ) , (3.1–16)
mit den Konstanten ac und bc nach Tabelle 3.1–1 und dem bezogenen Span-
nungsgefälle c nach Abb. 3.1–7.
Aus Abb. 3.1–23 bzw. aus Gl. (3.1–14 bis Gl. (3.1–16) folgen mit den Wer-
ten cs, r und cs, d nach Abb. 3.1–7 die Stützziffern n(c)s, r und n(c)s, d für
Zug-Druck und Biegung, und, wenn Rm ersetzt wird durch fW, t · Rm , mit
den Werten ct, r und ct, d nach Abb. 3.1–7 die Stützziffern n(c)t, r und n(c)t, d

Tabelle 3.1–1. Konstanten ac und bc , aus [44]

Werkstoff- nicht-rost. anderer GS GGG GT GG


gruppe Stahl Stahl

ac 0,40 0,50 0,25 0,05 – 0,05 – 0,05


bc 2400 2700 2000 3200 3200 3200
180 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Tabelle 3.1–2. Umrechnungs-


faktoren fW, s und fW, t , aus Werkstoff fW, s fW, t
[44]
Stahl (im Allgemeinen) 0,45 0,58
Schmiedestahl 0,40 0,58
Einsatzstahl blindgehärtet 0,40 0,58
nichtrostender Stahl 0,40 0,58
Stahlguss GS 0,34 0,58
Sphäroguss GGG 0,34 0,65
Temperguss GT 0,30 0,75
Grauguss GG 0,30 0,85
Al-Knetlegierungen 0,30 0,58
Al-Gusslegierungen 0,30 0,75

Abb. 3.1–23. Stützziffern n(c)


für metallische Werkstoffe,
aus [44]
Stützziffer n (c)

Bezogenes Spannungsgefälle c in mm–1


3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 181

für Schub und Torsion. Im Zusammenwirken der Stützziffern aus r und d


gehen sie multiplikativ verknüpft als n(c) nach Gl. (3.1–13) in die Berech-
nung ein:
n (c) = n (c)s, r · n (c)s, d (3.1–17)
n (c) = n (c)t, r · n (c)t, d (3.1–18)
Im Grunde könnte hier auf weitere Ausführungen zu dieser Problematik ver-
zichtet werden. Denn ein Kerbradius r < 2 mm ist, wenn überhaupt geome-
trisch exakt, dann aber wohl nur so zu fertigen, dass der Kerbgrund beim
Verwenden eines Profilstahles aufgeraut oder gedrückt wird, oder dass bei
einem Profilschleifen Schleifeigenspannungen oder bei einem Rollprofilieren
Druckeigenspannungen entstehen. Bei Einflüssen solcher Art scheidet aber
jede elementare Kerbtheorie aus.
Als Folgerung aus diesen Überlegungen muss dem Praktiker nachdrück-
lich empfohlen werden, auf den Ansatz einer Stützziffer zu verzichten, was ei-
ner zusätzlichen Sicherheitszahl zur Abdeckung etwaiger nachteiliger Ein-
flüsse beim Fertigen kleiner Radien gleichkommt und ausschließt, dass hohe
Stützziffern zum Konstruieren mit (zu) kleinen Kerbradien verleiten. Denn
erfahrungsgemäß erweisen sich kleine Radien als besonders schwingbruch-
gefährdet: ein sehr kleiner Kerbradius ist einem konstruktiv eingebrachten
Schwinganriss vergleichbar. Ein weiteres Argument ergibt sich aus Abb.
3.1–6, dass nämlich mit dem Ansatz einer Stützziffer auch eine unzutreffend
berechnete Nennspannung anteilig abgemindert würde.
Soll hingegen die Gestaltfestigkeit eines Bauteils auch bei kleinen Kerb-
radien voll ausgeschöpft werden, so kann geraten werden, die Fertigungs-
bedingungen fest vorzugeben und zu überwachen, und für diese Bedingun-
gen die Schwingfestigkeit des Bauteils experimentell zu bestimmen. Doch
dieses Vorgehen lohnt wohl nur für Serienteile.
Konkrete Bedeutung für das Berechnen der Bauteile hat der Ansatz einer
Stützziffer jedoch dann, wenn Schwingfestigkeitswerte an kleinen Probe-
stäben mit dementsprechend kleinen Kerbradien von r = 0,1 bis 5 mm ge-
wonnen wurden und beabsichtigt ist, diese Werte auf größere Bauteile mit
vergleichbarer Formzahl anzuwenden. Denn in diesem Fall sollten die expe-
rimentell gewonnenen Werte um die Stützziffer der kleinen Kerbstäbe ernied-
rigt werden, wie es z.B. für Abb. 3.1–21 geschehen ist. Die bis Bruch ertra-
genen Schwingspielzahlen der kleinen Kerbstäbe können dann in der An-
wendung auf große Bauteile als Schwingspielzahlen bis Anriss interpretiert
werden.

Oberflächen- und Größeneinfluss


Ein weiterer Problemkreis ist mit dem Oberflächeneinfluss und dem Grö-
ßeneinfluss angesprochen, wobei sich diese Einflüsse in ihrer jeweiligen Aus-
prägung als abhängig von der Kerbwirkung erweisen. Weiterhin sind diesem
182 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Problemkreis die Verfahren der Oberflächenbehandlung und der Rand-


schichtverfestigung zuzuordnen. Auch ein Einfluss der dabei verfahrensbe-
dingt entstehenden Eigenspannungen in ihrer Wechselwirkung mit den vor-
liegenden Mittelspannungen ist einzubeziehen, Abschn. 3.1.5.
Ein Einfluss der Oberflächenrauigkeit kann nach Siebel und Gaier [165]
– und wie in der FKM-Richtlinie [44] und in [150] geschehen – durch einen
Rauigkeitsfaktor erfasst werden, mit dessen Reziprokwert die an polierten
ungekerbten Proben ermittelten Werkstoff-Wechselfestigkeiten multipliziert
und damit abgemindert werden. Der Rauigkeitsfaktor wird experimentell
aus den Dauerfestigkeiten ungekerbter Proben mit und ohne Oberflächen-
rauheit abgeleitet und in Abhängigkeit von der Rautiefe Rz und der Zug-
festigkeit Rm des Werkstoffs dargestellt; für eine polierte Oberfläche hat er
den Wert 1,0.
Da sich aber der Rauigkeitseinfluss bei kleinen Kerbradien nicht in glei-
chem Ausmaß zeigt wie bei großen Kerbradien, wird der reziproke Rauig-
keitsfaktor nicht multiplikativ sondern additiv mit der Kerbwirkungszahl
verknüpft in Ansatz gebracht, vergl. Gl. (3.1–27) und Gl. (3.1–28). Diese Fest-
legung erweist sich allerdings dahingehend als nachteilig, dass auch beim
Rechnen mit Kerbspannungen eine Kerbwirkungszahl für eine nicht be-
kannte Formzahl festgelegt werden muss.
In neuerer Sichtweise sind die Betrachtungsweise nach Siebel und Gaier
[165], insofern überarbeitungsbedürftig, weil bei deren Untersuchungen die
durch Witworth-Gewinde erzeugten Rauigkeitsprofile nur wenig Ähnlichkeit
mit den durch Schleifen oder Drehen entstehenden Rauigkeitsprofilen ha-
ben, und darüber hinaus, weil bei den experimentell bestimmten Rauigkeits-
faktoren außer Acht bleibt, dass bei der Oberflächenbearbeitung fast immer
auch Eigenspannungen entstehen [166]. Zwar ist auch dieser Sachverhalt
mittlerweile – wie mit Abb. 3.3–50 – in einem Rechenmodell erfassbar, des
Aufwandes wegen aber wohl beschränkt auf Einzelfälle.
Im Zusammenhang mit randschichtverfestigten und eigenspannungs-
behafteten Bauteilen wurde von Kloos und Mitarbeitern ein Konzept für
örtlich veränderliche Dauerfestigkeiten entwickelt [167, 168]. Dabei werden
im versagenskritischen Querschnitt unter Annahme elastischen Werkstoff-
verhaltens die Verteilungen der Last- und Eigenspannungen ermittelt und
den infolge Festigkeit, Mittelspannung und Stützziffer örtlich veränder-
lichen Dauerfestigkeiten gegenübergestellt, um den Anrissort innerhalb
des Querschnittes und die dauerfest ertragbare äußere Belastung zu er-
halten.
Nach Kloos [163], Abb. 3.1–24, sollte aufgrund der Entstehungsursachen
und der Mechanismen zwischen einem technologischen, einem spannungs-
mechanischen, einem statistischen und einem oberflächentechnischen Grö-
ßeneinfluss unterschieden werden. Der heutige Erkenntnisstand über die
sehr vielfältigen Einzeleinflüsse und ihre Erscheinungsformen ist allerdings
in angemessener Weise bislang nur in Verbindung mit Bauteilversuchen in
die Praxis umsetzbar. Die Möglichkeiten ihres rechnerischen Erfassens dür-
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 183

Entstehungsursachen Mechanismen

Technologischer
Größeneinfluss

Spannungsmechanischer
(geometr.) Größenein-
fluss

Statistischer
Größeneinfluss

Oberflächentechnischer
Größeneinfluss

Abb. 3.1–24. Entstehungsursachen und Mechanismen des Größeneinflusses [163]

fen vergleichweise als rudimentär bezeichnet werden: Nahezu alle einschlä-


gigen Berechnungsvorschläge beschränken sich auf den Einfluss der Rau-
tiefe, der Verschmiedung und des bezogenen Spannungsgefälles [44, 149, 150,
164]. Ein statistischer Größeneinfluss, Abschn. 3.5.6, bleibt bislang meistens
außer Betracht, wobei aus heutiger Sicht wohl auch der geometrische Grö-
ßeneinfluss als ein eigentlich statistischer Größeneinfluss abgehandelt wer-
den könnte.
184 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Mittelspannungseinfluss
Nach Vorschlägen im Schrifttum wird der Einfluss der Mittelspannung Sm
auf die ertragbare Spannungsamplitude Sa meist mit einer Goodman-Gera-
den erfasst,
Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [1 – (Sm / SG)] , (3.1–19)
seltener mit einer Gerber-Parabel,
Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [1 – (Sm / SP)2] . (3.1–20)
Im Haig-Schaubild, Abb. 3.1–25, bezeichnen die Spannungen SG bzw. SP als
Abszissenabschnitt die Mittelspannung Sm , bei der die ertragbare Span-
nungsamplitude auf Sa = 0 abgefallen ist. Im Einzelnen wird vorgeschlagen,
SG = Rm bzw. SP = Re oder auch SG = x · Rm bzw. SP = x · Re zu setzen, wobei
der Faktor x eine Anpassung an vorliegende Versuchsergebnisse erlaubt.
Doch zeigt sich beim Vergleich mit gut belegten Haigh-Schaubildern, z.B.
Abb. 2.1–8, dass beide Formelansätze eine recht konservative Abschätzung
für Spannungsverhältnisse R > 0 darstellen.
In besserer Übereinstimmung mit Versuchsergebnissen, und angelehnt an
die Ausführungen zu den Abb. 2.1–7 bis 2.1–9 im Abschn. 2.1.4, wird nun
hier wie auch in der FKM-Richtlinie [44] in Erweiterung des Vorschlags in
der 1. Auflage dieses Buchs ein dreifach abgeknickter Geradenzug zur Be-
schreibung des Mittelspannungseinflusses gekerbter Proben und Bauteile aus
verformungsfähigen Werkstoffen vorgeschlagen, Abb. 3.1–25. Im Bereich
– • ≤ R ≤ 0 ist seine Neigung mit dem Wert M der Mittelspannungsemp-
findlichkeit und im Bereich 0 ≤ R ≤ 0,5 mit einen Wert M / 3 gegeben; ober-

R = 0,5

Abb. 3.1–25. Mittelspannungsabhängigkeit M der ertragbaren Spannungsamplitude; Mit-


telspannungsempfindlichkeit nach Schütz, fortgeführt für Werte R > 0 nach der Good-
man-Geraden und der Gerber-Parabel, sowie nach dem neuen Vorschlag in Übereinstim-
mung mit der FKM-Richtlinie [44]
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 185

halb von R = 0,5 im hohen Zug-Schwellebereich und von R = – • in den


Druck-Schwellbereich setzt er sich mit horizontalen Geraden fort. Der Grund
für den bei R > 0 flacheren Verlauf ist in einer plastischen Verformung mit
Spannungsumlagerungen im Kerbgrund zu sehen. Der speziell vorgeschla-
gene Wert M /3 ist als eine empirische Näherung zu betrachten, für die es
noch keine werkstoffmechanische Begründung gibt. Die Abhängigkeit nach
Abb. 3.1–25 gilt darüber hinaus nur für eigenspannungsfreie Bauteilquer-
schnitte, da Eigenspannungen die Mittelspannungsabhängigkeit verändern,
Abschn. 3.1.5.
Abgestützt auf die Feststellungen zum Einfluss des Spannungsverhältnis-
ses nach Abschn. 2.1.7 und Abb. 2.1–23, soll dieser abgeknickte Geradenzug
in Verbindung mit normierten Wöhlerlinien R-abhängig für alle dauer- und
zeitfest ertragbaren Spannungsamplituden gelten:

Sa (R) = Sa (R = – 1) · [1 / (1 – M)] für + 1 ≤ R ≤ + •


Sa (R) = Sa (R = – 1) · [1] / [1 + M · (1 + R) / (1 – R)] für – • ≤ R ≤ 0
Sa (R) = Sa (R = – 1) · [(1 + M / 3) / (1 + M)] / [1 + (M / 3) · (1 + R) / (1 – R)
für 0 ≤ R ≤ 0,5
Sa (R) = Sa (R = – 1) · [(1 + M / 3) / (1 + M)2] für 0,5 ≤ R ≤ 1
(3.1–21)
Für eine vorgegebene Mittelspannung Sm lässt sich daraus mit Sa (Sm = 0) =
Sa (R = – 1) und (1 + R) / (1 – R) = Sm / Sa ableiten:
Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [1 / (1 – M)] für Sm / Sa ≤ – 1
Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [1] / [1 + M · Sm / Sa] für – 1 ≤ Sm / Sa ≤ + 1
Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [(1 + M / 3) / (1 + M)] / [1 + (M/3) · Sm / Sa]
für + 1 ≤ Sm / Sa ≤ 3
Sa (Sm) = Sa (Sm = 0) · [(1 + M / 3) / (1 + M)2] für 3 ≤ Sm / Sa
(3.1–22)
Bei Schubspannungen ist der Mittelspannungseinfluss erfahrungsgemäß ge-
ringer; deshalb wird in der FKM-Richtlinie [44] vorgeschlagen, bei Schub-
spannungen mit einer im Verhältnis der Dauerwechselfestigkeiten für Schub
und Zug-Druck reduzierten Mittelspannungsempfindlichkeit zu rechnen:
M (für Schub) = (tw / sw) · M (für Zug-Druck) (3.1–23)
Für Schubspannungen ist zudem das Haigh-Schaubild – wie mit den Haupt-
spannungen erklärbar – dahingehend verändert, dass im Bereich von Druck-
Mittelspannungen der an der Linie R = – 1 gespiegelte Verlauf im Bereich für
Zug-Mittelspannungen gilt.
186 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Ein solches hälftig gespiegeltes Haigh-Schaubild gilt auch für die Biegebe-
anspruchung symmetrischer Querschnitte, wenn nicht zwischen den oberen
und unteren Randfasern unterschieden wird; bei unsymmetrischen Quer-
schnitten ist hingegen eine gesonderte Betrachtung für beide Randfasern an-
hand des Haig-Schaubild nach Abb. 3.1–25 vorzunehmen.
In Anbetracht der ohnehin geforderten ausreichenden Bemessung der
Bauteile im Sinne des Maximalspannungs-Nachweises nach Gl. (2.1–21) bzw.
Gl. (2.2–3) darf darauf verzichtet werden, auch über das Haigh-Schaubild
eine Begrenzung der Nenn-Oberspannung in Höhe der Streckgrenze oder
der Zugfestigkeit vorzugeben, zumal diese Begrenzung einem anderen
Bruchmechanismus gälte.

Verlauf der Zeitfestigkeitslinie


Der anzunehmende Verlauf der Zeitfestigkeitslinie wirft zum einen die Fra-
ge auf, bei welcher Schwingspielzahl der Abknickpunkt zwischen der hori-
zontalen Dauerfestigkeitslinie und der Zeitfestigkeitslinie vorzugeben ist,
zum anderen die Frage, welche Neigung der Zeitfestigkeitslinie zutrifft. Bei-
de Fragen werden bislang von einzelnen Autoren recht verschieden und mit
unterschiedlichem Ergebnis beantwortet.
Mittlerweile darf jedoch die Erkenntnis der Normierbarkeit von Wöhler-
linien, die im Abschn. 2.1.7 empirisch aufgezeigt ist und sich in den Abschn.
3.3.5, 3.3.8 und 3.4.5 aus anderer Sicht bestätigen lässt, als hinreichend gesi-
chert gelten, um daraus einen entsprechenden Vorschlag wie folgt abzuleiten,
wie er auch in die FKM-Richtlinie [44] aufgenommen wurde, Abb. 3.1–26:
Die aus den allgemeinen Werkstoffkennwerten abschätzbare Dauerfestig-
keit SD gilt für eine „Grund-Wöhlerlinie“ des eigenspannungsfreien Kerb-

Abb. 3.1–26. Form der normierten Wöhlerlinie für gekerbte Bauteile aus Stahl und Alumi-
niumlegierungen
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 187

Abb. 3.1–27. Statistische Auswertung für Stähle zur formzahlabhängigen Festlegung der
Neigung k der Zeitfestigkeitslinie nach dem Vorschlag von Hück, Thrainer und Schütz
[150] im Vergleich zu dem neuen Vorschlag k = 5

querschnitts bei hoher Oberflächengüte und ohne einen technologischen


Größeneinfluss. Zu ihr ergeben sich der Abknickpunkt ND und die Nei-
gung k der betreffenden Zeitfestigkeitslinie werkstoffspezifisch, aber unab-
hängig von der Formzahl und unabhängig von der Mittelspannung, z.B. mit
ND = 1 · 106 und k = 5 für gekerbte Bauteile aus Stahl. Im Gegensatz dazu zei-
gen die Abb. 3.1–27 und 3.1–28 statistische Auswertungen von Hück, Thrai-
ner und Schütz für eine formzahlabhängige Festlegung von Neigung und
Abknickpunkt. Die Gründe dieser unterschiedlichen Einschätzungen werden
durch die Ausführungen im Abschn. 3.3.8 ersichtlich und sie sprechen ein-
deutig für den hier gemachten Vorschlag.

Strukturspannungen
Bei gekerbten Bauteilen ist ein Rechnen mit Strukturspannungen in den ein-
schlägigen Regelwerken nicht vorgesehen, wenngleich es in der Praxis bei Fi-
nite-Element-Berechnungen durchaus üblich ist, gewisse Kerbstellen, wie
z.B. eine Bohrung in einem Blechfeld, zunächst unberücksichtigt zu lassen
und erst nachträglich mit ihrer Kerbwirkung, ausgehend vom Spannungsfeld
im Blech ohne Bohrung, zu beurteilen.
188 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–28. Statistische Auswertung für Stähle zur neigungsabhängigen Festlegung der
Schwingspielzahl ND am Abknickpunkt nach Hück, Thrainer und Schütz [150] im Ver-
gleich zu dem neuen Vorschlag ND = 1 · 106 in Verbindung mit einem festen Wert k = 5

Kerbspannungen
Kerbspannungen werden bei hoch ausgelasteten Bauteilen und bei realem
Werkstoffverhalten in aller Regel die Elastizitätsgrenze des Werkstoffs über-
steigen. Dieser Sachverhalt kann zwar in einer Finite-Element-Berechnung
erfasst werden, doch nur mit einem stark erhöhten Rechenaufwand. Wie
für das Bestimmen von Formzahlen üblich, werden Kerbspannungen des-
halb in aller Regel unter der Annahme eines elastischen Werkstoffverhaltens
berechnet.
Denn einerseits – wenn für erforderlich erachtet – lässt sich das reale elas-
tisch-plastische Werkstoffverhalten im Kerbgrund weit einfacher als mit
einer elastisch-plastischen Finite-Element-Berechnung ausgehend von den
elastisch berechneten Kerbspannungen über verfügbare Näherungsformeln
erfassen und in seiner Auswirkung berücksichtigen, Abschn. 3.3.3. Und an-
dererseits kann den Erfordernissen des Betriebsfestigkeits-Nachweises – in
gleicher Weise wie beim Rechnen mit (elastisch bestimmten) Nennspannun-
gen üblich – auch mit elastisch berechneten Kerbspannungen entsprochen
werden.
Für den Dauerfestigkeits-Nachweis ist ohnehin die Annahme gerechtfer-
tigt, dass die Amplituden der Kerbspannungen vom Werkstoff nahezu elas-
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 189

tisch ertragen werden, Abschn. 3.3.1. Dauerfest ertragbare Kerbspannungs-


amplituden smax, D können deshalb auf einfache Weise nach Gl. (3.1–5) als
dauerfest ertragbare Nennspannungsamplitude SD mal Formzahl a k be-
stimmt werden, jedoch unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen
zum Kerbeinfluss bzw. zur Stützziffer n sowie der Erläuterungen zu Tabelle
3.5–6:
smax , D = SD · ak / n (3.1–24)

Davon ausgehend lassen sich in Verallgemeinerung aber auch alle anderen


Kenngrößen und Kennfunktionen für Berechnungen der Zeit- und Betriebs-
festigkeit mit ihrer jeweiligen Beziehung zur Dauerfestigkeit aus dem Nenn-
spannungskonzept übernehmen, weil sie den örtlich plastischen Dehnungs-
anteilen implizit Rechnung tragen. Diese alternative Möglichkeit eines Be-
triebsfestigkeits-Nachweises anhand von Kerbspannungen statt anhand von
Nennspannungen ist in der FKM-Richtlinie aufgezeigt [44].
Selbst bei elastischer Rechnung können extrem scharfe Kerben wegen der
erforderlichen Feinheit des Finite-Element-Netzes einen ungewöhnlichen
Rechenaufwand bedingen. In solchen Fällen kann die Berechnung und Be-
wertung mit Vorteil nach dem von Radaj für Schweißverbindungen ent-
wickelten und im Abschn. 3.1.5 beschriebenen Vorschlag mit einem fiktiv
vergrößerten Kerbradius geschehen [191].

Vorschläge von Lang und von Hück, Thrainer und Schütz


Zwei frühere Vorschläge zur rechnerischen Abschätzung von Bauteilwöhler-
linien gekerbter Bauteile aus Stahl, Stahlguss oder Gusseisen, die auf der
Analyse umfangreicher Datensätze beruhen und praktische Bedeutung er-
langten, seien als Vorläufer der FKM-Richtlinie [44] kurz dargestellt; ihre
Anwendung sollte mittlerweile aber nur noch mit Vorbehalt geschehen.
Ein Vorschlag von Lang [149] wurde vornehmlich zur dauerfesten Ausle-
gung gekerbter Bauteile aus Stahl abgeleitet und er gestattet, auch den Fall ei-
ner Randschichtverfestigung einzubeziehen. Die Berechnung ist auf elasti-
sche Kerbspannungen abgestellt. Die innere Kerbwirkung des Werkstoffs (ik),
die Kerbwirkung der Bauteiloberfläche (ok) und der Radius der Ersatzkerbe
r * werden dabei nach der von Petersen [157] vorgeschlagenen Formel

ak · SD (R = – 1) = sw · [(ok MIN ik) + ar0


* ·c] (3.1–25)

berücksichtigt. Außerdem können Druckeigenspannungen bei Randschicht-


verfestigung im Haigh-Schaubild durch eine Nullpunktverschiebung für die
Mittelspannung in Ansatz gebracht werden. Mit der vorgeschlagenen Good-
man-Geraden wird einheitlich eine Mittelspannungsempfindlichkeit M ≈ 0,3
vorgegeben. Oberwerte der Kerbspannung werden durch die Streckgrenze
begrenzt, Abb. 3.1–29. Die Zeitfestigkeitslinie weist einen Abknickpunkt bei
ND = 1 · 106 Schwingspielen auf und hat, abweichend von der hier zugrunde
190 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–29. Haigh-Schaubild für Kerbspannungen nach dem Vorschlag von Lang [149]
(extrem konservativ für R = 0)

gelegten Darstellung, Abb. 3.1–26, einen auf die Zugfestigkeit bezogenen,


linearen Verlauf im halblogarithmischen Netz. Über einzuhaltende Sicher-
heitszahlen sind keine Angaben gemacht, aber den Ausführungen nach sind
die errechneten Dauerwechselfestigkeiten als Mittelwerte zu verstehen und
mit einer Standardabweichung von ca. 15% des Mittelwertes behaftet. Es
darf also unterstellt werden, dass sie mit einer Vertrauenswahrscheinlichkeit
C = 50% für eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 50% gelten.
Hück, Thrainer und Schütz erarbeiteten einen Vorschlag zur Berechnung
sogenannter synthetischer Wöhlerlinien für Bauteile aus Stahl, Stahlguss und
Grauguss [150]. Die Berechnung ist auf die Abschätzung ertragbarer Nenn-
spannungen angelegt. Als Gleichung der Wöhlerlinie gilt Gl. (2.1–19), Abb.
3.1–18. Die Kerbwirkungszahl bk wird ähnlich wie nach Siebel und Pfender
[133] abhängig vom Werkstoff, doch unabhängig von dessen Zugfestigkeit,
allein aus dem bezogenen Spannungsgefällt mit einer Stützziffer n(c) aus
der Formzahl ak errechnet als
bk = ak / n(c) . (3.1–26)
Des Weiteren werden nach Zenner [164] ein Technologiefaktor fT und ein
Oberflächenfaktor fO zusammen mit der Kerbwirkungszahl bk wie folgt in
Ansatz gebracht:
SD (R = – 1) = sW / [bk2 – 1 + 1 / f OT
2 ]1 / 2 , (3.1–27)
fOT = 1 – [(1 – fO)2 + (1 – fT)2]1 / 2 . (3.1–28)
Der Einfluss der Mittelspannung bzw. des Spannungsverhältnisses wird über
die Mittelspannungsempfindlichkeit M nach Schütz [55], Abb. 2.1–9, berück-
sichtigt und mit einem Formelansatz nach Troost und El-Magd [169] ver-
knüpft. Die ertragbaren Oberspannungen werden durch die Zugfestigkeit
begrenzt. Neigung und Abknickpunkt der Zeitfestigkeitslinie werden ab-
hängig von dem Werkstoff und von der Kerbwirkung berechnet, Abb. 3.1–27
und 3.1–28. Mindestwerte der Zugfestigkeit und Streckgrenze aus Normen
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 191

oder Werkstoffblättern werden als Eingabewerte um 6% erhöht, da die Be-


rechnung auf Istwerte abgestellt ist. Die als ertragbar ausgewiesenen Span-
nungen sind als Mittelwerte für eine Vertrauenswahrscheinlichkeit C = 50%
und eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 50% zu verstehen. Die benutz-
ten Versuchsdaten streuen um diese Mittelwerte mit einer Standardabwei-
chung von rund 15% des Mittelwertes, bei Grauguss von 20%.
Der Vorschlag von Hück, Thrainer und Schütz wurde mit einem etwas ver-
änderten Formelansatz für den Mittelspannungseinfluss auch in den Leit-
faden für eine Betriebsfestigkeitsrechnung [28] übernommen.

Inhaltsübersicht und Struktur der FKM-Richtlinie


Die FKM-Richtlinie „Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbau-
teile“ [44] erschien 1994 in ihrer ersten Ausgabe und 1998 in einer dritten,
vollständig überarbeiteten und erweiterten Ausgabe. 2002 erschien sie in
einer vierten, nochmals erweiterten Ausgabe. Mittlerweile hat sie eine
breite Anerkennung gefunden und kennzeichnet damit den Stand der
Technik.
Grundlage bei ihrer Erarbeitung waren insbesondere ehemalige TGL-
Standards [151, 152] u.a., die frühere VDI-Richtlinie 2226 [153] sowie Rege-
lungen der DIN 18800 [42], des Eurocode 3 [48] und der IIW-Empfehlungen
[43]. Unter Einbeziehung neuerer Forschungsergebnisse wurde die FKM-
Richtlinie auf einen aktuellen Erkenntnisstand weiterentwickelt, wie er hier
in den Abschn. 3.1 und 3.2 aufgezeigt ist. Ergänzend sind anwendungsrele-
vante Erläuterungen und Erfahrungsberichte in den Berichtsbänden von
drei einschlägigen Fachtagungen enthalten [45, 46]. Die nachstehend und im
Anhang 5.4 gegebene Übersicht erhebt nicht den Anspruch einer umfassen-
den Darstellung der FKM-Richtlinie und sie ist deshalb auch nicht geeignet,
statt der Originalfassung als Grundlage eines Betriebsfestigkeits-Nachweises
zu dienen.
Die FKM-Richtlinie ist im Maschinenbau und in verwandten Bereichen
der Industrie anwendbar. Für mechanisch beanspruchte Bauteile ermöglicht
sie einen rechnerischen Nachweis der statischen Festigkeit und einen rech-
nerischen Nachweis der Dauer- oder Betriebsfestigkeit, im Rahmen der
Richtlinie als Ermüdungsfestigkeitsnachweis bezeichnet. Der statische Fes-
tigkeitsnachweis wird für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis vorausgesetzt.
Der Nachweis kann ausgehend von Nennspannungen geschehen oder
auch von örtlichen, elastisch bestimmten Spannungen, wie sie aus elastizi-
tätstheoretischen Lösungen, Finite-Elemente- oder Randelement-Berechnun-
gen oder aus Messungen erhalten werden.
Werkstoffspezifische Parameter sind für Stähle, für Eisengusswerkstoffe,
für Aluminiumknetwerkstoffe und für Aluminiumgusswerkstoffe aufgeführt.
Sie gelten unter nichtkorrosiven Umgebungsbedingungen. Werkstoffabhän-
gig wird zwischen den Bereichen normaler und erhöhter Temperaturen
unterschieden.
192 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Die Formeln des Nachweises sind aufbereitet für stabförmige, für flächen-
förmige und für volumenförmige Bauteile. Die Bauteile können mit oder
ohne spanabhebende Bearbeitung oder auch durch Gießen oder Schweißen
hergestellt sein. Es wird vorausgesetzt, dass die Bauteile hinsichtlich Kon-
struktion, Werkstoff und Verarbeitung fachgerecht und im technischen Sinne
fehlerfrei ausgeführt sind.
Für alle diese Anwendungsfälle gilt ein einheitlich strukturierter Berech-
nungsablauf unter Beachtung aller relevanten Einflüsse. Gewisse Besonder-
heiten gelten für geschweißte Bauteile. Der Berechnungsgang ist zum über-
wiegenden Teil zwangsläufig. Der Anwender hat nur wenige Entscheidungen
zu treffen.
Der Inhalt mit seinen recht umfassenden Berechnungsmöglichkeiten ent-
spricht dem in einer Richtlinie anwendbaren Stand des Wissens. Der Berech-
nungsalgorithmus besteht aus Anweisungen, Formeln und Tabellen. Die ein-
gefügten Bilder haben meistens nur erläuternde Funktion. Textliche Erklä-
rungen erfolgen, wenn sie zur sicheren Anwendung erforderlich erscheinen.
Die verwendeten Formelzeichen sind zum Teil der neueren Entwicklung an-
gepasst. Der Berechnungsablauf wird zur besseren Verständlichkeit durch
Beispiele ergänzt.

Berechnungsablauf nach der FKM-Richtlinie


Der Berechnungsablauf für den Nachweis der statischen Festigkeit ist in Abb.
3.1–30 dargestellt, der im Prinzip gleiche Berechnungsablauf für den Nach-
weis der Dauer- oder Betriebsfestigkeit in Abb. 3.1–31. Ein formelmäßiger
Abriss des Berechnungsganges ist im Anhang 5.4 aufgeführt.
Beim Nachweis (in beiden Bildern ganz unten) sind die Spannungskenn-
werte für die auf das Bauteil einwirkenden Belastungen (links oben), sowie
die aus den Werkstoff-Festigkeitskennwerten und den Konstruktionskenn-
werten abgeleiteten Bauteilfestigkeitswerte (mittlere Spalte) unter Berück-
sichtigung der Sicherheitsfaktoren (rechts unten) gegenüberzustellen. In
Unterelementen werden Mittelspannung und Betriebsfestigkeit als weitere
wesentliche Einflüsse auf die Bauteilfestigkeit erfasst. Der Festigkeitsnach-
weis ist erbracht, wenn die Spannungskennwerte die Bauteilfestigkeitswerte
unter Berücksichtigung der Sicherheitsfaktoren höchstens zu 100% aus-
lasten.
Die Anordnung der einzelnen Berechnungselemente in den Abb. 3.1–30
und 3.1–31 veranschaulicht (von oben nach unten) die Reihenfolge ihrer Be-
arbeitung im Berechnungsablauf.
Für eine Anwendung der Richtlinie sind die Belastungen in ihrer Höhe so
festzulegen, dass sie auf der sicheren Seite liegen und mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit größer sind als die ungünstigstenfalls auftretenden Belas-
tungen.
Aus den Belastungen des Bauteiles sind sodann die sich ergebenden Be-
anspruchungen zu bestimmen, und zwar als Spannungen im Nachweispunkt,
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 193

Abb. 3.1–30. Ablauf des statischen Festigkeits-Nachweises nach der FKM-Richtlinie [44]

Abb. 3.1–31. Ablauf des Ermüdungsfestigkeits-Nachweises nach der FKM-Richtlinie [44]


194 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

d.h. im versagenskritischen Punkt des betrachteten Querschnittes oder des


Bauteiles. Im Zweifelsfall sind mehrere Nachweispunkte zu betrachten, so
beispielsweise bei Schweißverbindungen der Schweißnahtübergang und die
Schweißnahtwurzel.
Dabei wird zwischen stabförmigen, flächenförmigen und volumenförmi-
gen Bauteilen mit jeweils anderen Spannungskomponenten bzw. Spannungs-
arten unterschieden. Der Berechnungsablauf bleibt dadurch unverändert.
Denn die Unterscheidung ist nur formaler Art und sie betrifft lediglich die
Bezeichnung und Indizierung der verschiedenen Spannungskomponenten
bzw. Spannungsarten, z.B.:
zd für Zugdruck x für die Komponente in x-Richtung
b für Biegung y für die Komponente in y-Richtung
s für Schub z für die Komponente in z-Richtung
t für Torsion
Die Spannungen sind nach bekannten Grundsätzen und Methoden zu be-
stimmen: analytisch nach der elementaren oder höheren Festigkeitslehre,
numerisch nach der Finite-Elemente-Methode oder nach der Randelement-
Methode, oder experimentell durch Messung. Sie können bestimmt werden
– als Nennspannungen, mit S und T bezeichnet, oder
– als örtliche Spannungen (elastische Kerbspannungen bzw. Strukturspan-
nungen), mit s und t bezeichnet.
Dementsprechend sind auch die Bauteilfestigkeitswerte zu bestimmen
– als Nennfestigkeitswerte oder
– als örtliche Festigkeitswerte der Kerbspannung bzw. der Strukturspan-
nung.
Mit der in beiden Fällen gleichartigen Struktur des Berechnungsablaufes ist
angestrebt, dass für vergleichbare Berechnungen mit Nennspannungen oder
mit örtlichen Spannungen möglichst gleiche Ergebnisse erhalten werden.
Um die Richtlinie übersichtlich und eindeutig zu gestalten, ist sie in vier
Kapitel gegliedert:
– Statischer Festigkeitsnachweis mit Nennspannungen,
– Ermüdungsfestigkeitsnachweis mit Nennspannungen,
– Statischer Festigkeitsnachweis mit örtlichen Spannungen,
– Ermüdungsfestigkeitsnachweis mit örtlichen Spannungen.
Der Berechnungsablauf ist in jedem der vier Kapitel vollständig dargestellt,
selbst wenn sich daraus textliche Wiederholungen ergeben.

Statischer Festigkeitsnachweis nach der FKM-Richtlinie


Maßgebliche Spannungskennwerte sind die extremen Maximalspannungen
und Minimalspannungen der einzelnen Spannungsarten bzw. Spannungs-
komponenten. Je nach Art des Bauteils werden sie als Nennspannungswerte
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 195

oder örtliche Spannungswerte für Zugdruck, Szd , usw. ermittelt. Die extre-
men Maximal- oder Minimalspannungen für den statischen Festigkeitsnach-
weis können verschieden sein von den Maximal- und Minimalspannungen
für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis, die sich aus der größten Spannungs-
amplitude und der zugehörigen Mittelspannung ergeben.
Für geschweißte Bauteile ist der statische Festigkeitsnachweis für den
Schweißnahtübergangsquerschnitt wie für nichtgeschweißte Bauteile durch-
zuführen, und für den Schweißnahtquerschnitt wie nach DIN 18800 Teil 1
[42] mit einer Vergleichsnennspannung, die aus den in der Schweißnaht wir-
kenden Komponenten der Nennspannung bzw. der Strukturspannung zu bil-
den ist.
Werkstoff-Festigkeitskennwerte sind Zugfestigkeit und Fließgrenze
(Streckgrenze bzw. 0,2-Dehngrenze) unter Beachtung des technologischen
Größeneinflusses, sowie hieraus mit einem Faktor abgeleitete Werte für
Schubfestigkeit und Schubfließgrenze. Die Temperaturabhängigkeit der
Werkstoff-Festigkeitskennwerte sowie die Zeitstandfestigkeit und Zeitdehn-
grenze können mittels Temperaturfaktoren berücksichtigt werden. Die in
Ansatz kommenden Festigkeitswerte sollen einem Erwartungswert mit
97,5% Wahrscheinlichkeit entsprechen bzw. einer mittleren Überlebens-
wahrscheinlichkeit PÜ = 97,5%. Anderweitig angegebene Zugfestigkeitswerte
sind deshalb u.U. zu erniedrigen.
Konstruktionskennwerte sind vor allem die plastischen Stützziffern, mit
denen eine erfahrungsgemäß zulässige Teilplastizierung des Bauteiles je
nach Fließgrenze, Belastung, Querschnitt und Formzahl berücksichtigt wird.
Bei großer Formzahl und/oder bei hoher Fließgrenze wird dabei aber die
vollplastische Traglast (plastische Formzahl) nur teilweise ausgeschöpft. Aus
den plastischen Stützziffern und aus weiteren Größen wird ein zusammen-
fassender Konstruktionsfaktor berechnet.
Die ertragbaren Nennwerte bzw. die örtlich ertragbaren Werte der stati-
schen Bauteilfestigkeit ergeben sich aus dem Zugfestigkeitswert, dividiert
durch den jeweiligen Konstruktionsfaktor.
Grundwert der Sicherheitsfaktoren ist der praxisübliche Wert 2,0 gegen-
über der Zugfestigkeit bzw. – bei Werkstoffen mit einem Verhältnis von
Fließgrenze zu Zugfestigkeit kleiner als 0,75 – der Wert 1,5 gegenüber der
Fließgrenze. Für Gusswerkstoffe ist er 1,4fach erhöht. Unter günstigen Vor-
aussetzungen dürfen diese Sicherheitsfaktoren vermindert werden.
Der Nachweis wird mittels des Auslastungsgrades durchgeführt, der höchs-
tens den Wert „eins“ (entsprechend 100%) annehmen darf. Der Auslas-
tungsgrad für eine bestimmte Spannungskomponente bzw. Spannungsart ist
gleich dem maßgeblichen Spannungskennwert, dividiert durch den zulässi-
gen Wert der statischen Bauteilfestigkeit. Der zulässige Wert ist gleich dem
ertragbaren Wert der statischen Bauteilfestigkeit, dividiert durch den Sicher-
heitsfaktor.
Bei mehreren Spannungskomponenten bzw. Spannungsarten werden die
einzelnen Auslastungsgrade zu einem Gesamtauslastungsgrad zusammen-
196 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

gefasst. Die hierfür anzuwendende Interaktionsgleichung berücksichtigt die


Duktilität des Werkstoffes.

Ermüdungsfestigkeitsnachweis nach der FKM-Richtlinie


Maßgebliche Spannungskennwerte sind die größten Spannungsamplituden
und die zugehörigen Mittelspannungen der einzelnen Spannungskomponen-
ten bzw. Spannungsarten, jeweils als Nennspannungen bzw. als örtliche
Spannungen für Zugdruck, Sa, zd und Sm, zd , usw. und gegebenenfalls in Ver-
bindung mit ihren jeweiligen Spannungskollektiven.
Werkstoff-Festigkeitskennwerte sind die Zugdruckwechselfestigkeit und
die Schubwechselfestigkeit des Werkstoffes unter Beachtung des technologi-
schen Größeneinflusses. Sie werden mittels Faktoren aus der Zugfestigkeit
abgeleitet. Diese kommt mit dem gleichen Wert wie beim statischen Festig-
keitsnachweis für einen Erwartungswert mit 97,5% Wahrscheinlichkeit bzw.
eine mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit PÜ = 97,5% in Ansatz. Der Ein-
fluss erhöhter Temperatur auf die Werkstoff-Festigkeitswerte des Ermü-
dungsfestigkeitsnachweises kann mittels eines Temperaturfaktors berück-
sichtigt werden.
Für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis geschweißter Bauteile gelten
schweißnahtspezifische Wechselfestigkeitskennwerte, die – anders als bei
nichtgeschweißten Bauteilen – unabhängig von der Zugfestigkeit des Werk-
stoffs sind. Die Auswirkung der Eigenspannungen in geschweißten Bauteilen
wird mit einem Eigenspannungsfaktor berücksichtigt. Die betreffenden Fest-
legungen sind in enger Anlehnung an die IIW-Empfehlungen [43] so getrof-
fen, dass einerseits der gleiche einheitliche Berechnungsgang wie bei gekerb-
ten Bauteilen zutrifft und andererseits dennoch praktisch vergleichbare Er-
gebnisse wie nach den IIW-Empfehlungen erhalten werden.
Konstruktionskennwerte beim Rechnen mit Nennspannungen sind vor al-
lem elastizitätstheoretisch bestimmte Formzahlen mit zugeordneten Stütz-
ziffern oder experimentell bestimmte Kerbwirkungszahlen, bzw. lediglich
Stützziffern beim Rechnen mit örtlichen Spannungen. Mit diesen Konstruk-
tionskennwerten werden die Gestalt (Form und Größe) des Bauteiles, sowie
mit einem Rauheits- und einem Randschichtfaktor der Oberflächenzustand
(Oberflächenrauheit und Randschichtverfestigung) berücksichtigt. Aus all
diesen Größen wird ein zusammenfassender Konstruktionsfaktor berechnet.
Die ertragbaren Nennwerte der Bauteil-Wechselfestigkeit ergeben sich aus
den Werkstoff-Festigkeitskennwerten, dividiert durch den betreffenden Kon-
struktionsfaktor. Je nach den Mittelspannungen der einzelnen Spannungs-
komponenten folgen hieraus die ertragbaren Spannungsamplituden der Bau-
teil-Dauerfestigkeit, und je nach Kollektivumfang und Kollektivform mit ei-
nem Betriebsfestigkeitsfaktor die ertragbaren Spannungsamplituden der
Bauteil-Betriebsfestigkeit, jeweils als Nennspannungen bzw. als örtliche
Spannungen. Der Betriebsfestigkeitsfaktor wird durch Schädigungsakkumu-
lations-Rechnung ermittelt, Abschn. 3.2.
3.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter Bauteile 197

Der Grundwert des Sicherheitsfaktors ist 1,5. Für Gusswerkstoffe ist er


1,4fach höher. Unter günstigen Voraussetzungen bzw. je nach Möglichkeit
einer betrieblichen Bauteil-Inspektion darf der Sicherheitsfaktor vermindert
werden.
Der Nachweis wird mittels des Auslastungsgrades durchgeführt, der
höchstens den Wert „eins“ (entsprechend 100%) annehmen darf. Der Auslas-
tungsgrad für eine bestimmte Spannungskomponente bzw. Spannungsart ist
gleich der maßgeblichen Spannungsamplitude dividiert durch die zulässige
Spannungsamplitude der Bauteil-Dauerfestigkeit bzw. der Bauteil-Betriebs-
festigkeit. Die zulässige Spannungsamplitude ist gleich der ertragbaren
Spannungsamplitude der Bauteil-Dauerfestigkeit bzw. der Bauteil-Betriebs-
festigkeit, dividiert durch den Sicherheitsfaktor.
Bei mehreren Spannungskomponenten bzw. Spannungsarten sind die ein-
zelnen Auslastungsgrade zunächst einzeln zu ermitteln und zu beurteilen
und dann zu einem Gesamtauslastungsgrad zusammenzufassen. Bei mehr-
achsigen Spannungen werden proportionale Spannungen, synchrone Span-
nungen und nichtproportionale Spannungen unterschieden, Abschn. 3.1.6.
Die anzuwendende Interaktionsgleichung berücksichtigt die Duktilität des
Werkstoffes in gleicher Weise wie beim statischen Festigkeitsnachweis.

Anhänge der FKM-Richtlinie


Als Anhänge der FKM-Richtlinie sind ausführliche Werkstofftabellen, Form-
zahlen und Kerbwirkungszahlen für Wellen und Stäbe, sowie Bauteilklassen
für Schweißverbindungen entsprechend den IIW-Empfehlungen angefügt. In
weiteren Anhängen werden erläuternde Ausführungen zu den für ge-
schweißte Bauteile getroffenen Festlegungen, zur Berechnung mit Beanspru-
chungsgruppen, zur Anpassung des Spannungskollektivs an die Wöhlerlinie,
zu den Besonderheiten randschichtgehärteter Bauteile, zur Berechnung bei
mehrachsigen Beanspruchungen sowie zum experimentellen Festigkeits-
nachweis gemacht.

Wöhler- oder Lebensdauerlinien aus Versuchsdaten


Eine Wöhlerlinie oder Lebensdauerlinie, die eigens durch Versuche mit dem
Original-Bauteil ermittelt wurde, beschreibt als sog. Bauteilwöhlerlinie des-
sen Schwingfestigkeits-Eigenschaften in der bestmöglichen Weise, wenn si-
chergestellt ist, dass die betriebliche Bauteilbeanspruchung durch die ge-
wählten Versuchsbedingungen zutreffend dargestellt wurde und dass die
Auswertung der Versuche in angemessener Form geschah. Auch Wöhler-
linien für Versuchskörper, die den schwingbruchkritischen Bauteilbereich
darstellen, besitzen eine ähnlich hohe Aussagekraft, wenn etwaige Größen-
einflüsse ausgeschlossen oder erforderlichenfalls korrigierend berücksichtigt
werden können.
Eine anderweitig verfügbare Wöhlerlinie oder Lebensdauerlinie mag hin-
gegen in manchen Punkten nicht unmittelbar für den interessierenden An-
198 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

wendungsfall zutreffen. Sie muss dann durch Umrechnen an die vorliegen-


den Bedingungen angepasst werden. Eine solche Umrechnung geht von den
gleichen Zusammenhängen aus, die der rechnerischen Abschätzung von
Wöhlerlinien nach Abschn. 3.1.3 und 3.1.4 zugrunde liegen.
Auch sollte eine experimentell bestimmte Wöhlerlinie oder Lebensdauer-
linie stets abgeprüft werden, ob sie nach allgemeinem Erfahrungswissen als
zutreffend und verlässlich gelten darf, Abschn. 2.1 und 2.5. Diese Abprüfung
kann u.a. darin bestehen, dass vergleichsweise eine rechnerische Abschät-
zung vorgenommen wird, wie sie im Abschn. 3.1.3 und 3.1.4 beschrieben ist
bzw. wie sie in Umkehr der Betrachtungsweise nach Abschn. 3.2.11 durchge-
führt werden kann. Und nicht zuletzt bleibt kritisch zu betrachten, ob eine
festgestellte Abweichung gegenüber anderweitigen Angaben oder Erfah-
rungswerten statistisch gesichert und nicht etwa zufälliges Ergebnis auf-
grund einer zu geringen Anzahl der Versuche ist, s. hierzu auch die Ausfüh-
rungen zur „Validierung“ in Abschn. 4.4.2.

3.1.4
Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile

Die Berechnung geschweißter Bauteile ist – im Unterschied zur Berechnung


gekerbter Bauteile – auf vielen Gebieten traditionell durch Vorschriften,
Normen usw. geregelt, so z.B. im Eisenbahn-Brückenbau [erste DV 848 von
1936], im Kranbau [41], im Stahlbau [42], im Anlagenbau [49] oder im
Schiffbau [187]. Kennzeichnend für die ersten Regelwerke dieser Art war
ein Dauerfestigkeits-Nachweis anhand von Nennspannungen. Inzwischen
haben alle diese Regelwerke Aktualisierungen erfahren. Sie wurden u.a.
beeinflusst durch den Betriebsfestigkeits-Nachweis nach DIN 15 018 [41],
durch den mit der Offshore-Technik aufkommenden Strukturspannungs-
Nachweis [170], durch die Vorarbeiten für den Eurocode 3 [171], durch die
Erarbeitung der IIW-Empfehlungen [44], sowie durch den Vorschlag von
Radaj [191] zur Berechnung von Kerbspannungen an Schweißverbindungen
mit einem fiktiv vergrößerten Kerbradius.
Bei Wöhlerlinien, die aus Normen, Vorschriften oder Richtlinien über-
nommen werden, kann es mithin ratsam sein zu überprüfen, ob die betref-
fenden Angaben noch dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.

Wöhlerlinien aus Normen, Vorschriften, Richtlinien oder Empfehlungen


In aller Regel handelt es sich bei Wöhlerlinien, wie sie durch Normen, Vor-
schriften und Richtlinien vorgegeben sind, um Wöhlerlinien auf der Grund-
lage von Nennspannungen. Als Beispiel seien hier Wöhlerlinien für Schweiß-
verbindungen aus Baustahl nach der 1985 veröffentlichten und international
erarbeiteten Empfehlung eines Ausschusses der Europäischen Konvention
für Stahlbau (EKS) angeführt [171], Abb. 3.1–32.
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 199

Abb. 3.1–32. Wöhlerlinien für Schweißverbindungen aus Baustahl, zulässige Schwingbrei-


ten der Spannung nach ECCS-T6 [171], wie sie auch in den Eurocode 3 [48], in die IIW-
Empfehlungen [43] und in die FKM-Richtlinie [44] übernommen wurden

Diese EKS-Empfehlung beschreibt ein Schema paralleler Zeitfestigkeits-


linien der Neigung m M k = 3, die durch die Schwingfestigkeitskennwerte
DSR = 2 · SA als Schwingbreiten für NA = 2 · 106 Schwingspiele bestimmt sind.
Die Schwingfestigkeitskennwerte DSR sind nach der Normzahlreihe R20
abgestuft und bezeichnen zugleich die Kerbfälle (Kategorien bzw. FAT-
Klassen), denen die stahlbautyischen Formen von Schweißverbindungen
zugeordnet sind [77], Abb. 3.1–33. Die Dauerfestigkeit ist bei ND = 5 · 106
Schwingspielen angesetzt; für die Schädigungsakkumulations-Rechnung
werden die Zeitfestigkeitslinien mit einer Neigung m = (2k – 1) = 5 bis zu
einem Grenzwert bei 108 Schwingspielen fortgesetzt, Abschn. 3.2.8.
Bei der vorgegebenen Kerbfallzuordnung sollen die Wöhlerlinien als Li-
nien für eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü = 97,7% (Mittelwert minus
zwei Standardabweichungen) verstanden werden. Eine Angabe über den zu-
gehörigen Mittelwert oder über den Wert der zugrunde gelegten Standard-
abweichung wird bedauerlicherweise vermisst; sie muss im Bedarfsfall als
Erfahrungswert aus anderer Quelle, z.B. Abb. 3.5–23 [53], übernommen wer-
den. So lässt sich dann eine dem Linienschema der EKS-Empfehlung ent-
sprechende normierte Wöhlerlinie etwa nach Abb. 3.1–34b angeben. Zum
Vergleich ist ihr mit Abb. 3.1–34a die bisherige Form der normierten
Wöhlerlinie für Schweißverbindungen aus Baustahl [68, 69] gegenüberge-
200 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–33. Beispiel für die Zu-


ordnung von Schweißnaht-Details
zu den Schweißnaht-Kategorien
in Abb. 3.1–32 [171]

stellt. Die zu verzeichnenden Unterschiede halten sich in relativ engen Gren-


zen, so dass für beide Darstellungsformen weitgehend die gleichen Schwing-
festigkeitswerte DSR = 2 · SA als zutreffend gelten können. Die EKS-Empfeh-
lung [171] bildete sodann die Grundlage für die Abfassung des Eurocode 3
[48] und der IIW-Empfehlungen [143].
Beachtenswerte Unterschiede gegenüber der in ihren Grundzügen bereits
1967 konzipierten DIN 15018 [19, 41] und den ihr verwandten Normen beste-
hen nach der EKS-Empfehlung bzw. dem Eurocode 3 und den IIW-Empfeh-
lungen vor allem in drei Punkten: Zum einen unterscheidet sich die vorge-
nommene Kerbfallzuordnung einiger Verbindungsformen. Zum anderen be-
stehen Unterschiede im Verlauf der Wöhlerlinien, die sich nach DIN 15018
(Kollektiv S3) mit einer Neigung k = 3,5 und einem Abknickpunkt bei ND =
2 · 106, hingegen nach den neueren Empfehlungen aufgrund bruchmechanischer
Überlegungen mit einer steileren Neigung k = 3 und einem Abknickpunkt bei
ND = 5 · 106 darstellen. Und drittens sind, mit dem Hinweis auf die in ge-
schweißten Bauteilen zu unterstellenden ungünstigen Schweißeigenspannun-
gen, bei der EKS-Empfehlung die als zulässig ausgewiesenen Schwingbreiten
der Spannungen DS (bzw. Ds) im Bereich der Druckschwell- und Wechselbe-
anspruchung – 1 ≤ R ≤ 0 aus erkannter Notwendigkeit z.T. erheblich gegenüber
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 201

Abb. 3.1–34a, b. Normierte Wöhlerlinie für Schweißverbindungen aus Baustahl; a bisheri-


ge Form [68, 69] und b an Abb. 3.1–32 angepasste neue Form

denen der DIN 15018 erniedrigt. Entsprechend Abb. 3.1–35 Kurve C sind sie
nunmehr in ihrer Höhe unabhängig vom Spannungsverhältnis R angesetzt,
womit sich die Berechnung (nach dem sogenannten Ds-Konzept) allein auf die
Schwingbreiten der Spannung beschränken darf. Der sachliche Hintergrund
dieser neuen Regelung wird im Abschn. 3.1.5 dargelegt.
202 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–35. Mittelspannungsabhängigkeit der ertragbaren Spannungsamplituden von


Schweißverbindungen aus Baustahl nach bisheriger Auffassung und Regelung (Kurve A
oder B) sowie nach neuer Regelung entsprechend dem Ds-Konzept (Kurve C)

Lebensdauerlinien aus Normen, Vorschriften, Richtlinien


oder Empfehlungen
DIN 15018 [41] ist darüber hinaus ein Beispiel für die wenigen Normen,
Vorschriften, Richtlinien oder Empfehlungen, die mit Daten von Lebens-
dauerlinien auch Angaben über die unter einem Kollektiv als ertragbar bzw.
zulässig anzusetzenden Spannungen machen. Als weiteres Beispiel wäre das
Handbuch Strukturberechnung [24] zu nennen. Wesentlich ist, dass Angaben
über ertragbare Spannungen anhand von Lebensdauerlinien stets nur in Be-
zug auf eine näher zu bezeichnende Kollektivform möglich sind.
DIN 15018 liegt die Systematik der p-Wert-Kollektive zugrunde, Abb.
2.2–7. Man findet dort die zulässigen Spannungen nach der Schwere des
Kranbetriebs beziffert für die folgenden Kollektive:
– Kollektiv S0 sehr leichter Kranbetrieb selten Volllast p = 0,
– Kollektiv S1 leichter Kranbetrieb gelegentlich Volllast p = 1/3 ,
– Kollektiv S2 mittelschwerer Kranbetrieb häufig Volllast p = 2/3 ,
– Kollektiv S3 schwerer Kranbetrieb immer Volllast p = 1,
und dazu jeweils nach der Häufigkeit der Schwingspiele für folgende Kollek-
tivumfänge:
– gelegentliche Kranbenutzung 2 · 104 ≤ N ≤ 1 · 105 ,
– unterbrochener Kranbetrieb 1 · 105 ≤ N ≤ 6 · 105 ,
– dauernder Kranbetrieb 6 · 105 ≤ N ≤ 2 · 106 ,
– angestrengter Dauerbetrieb 2 · 106 ≤ N.
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 203

Dieses Schema zulässiger Spannungen für schwingbeanspruchte Schweiß-


verbindungen nach DIN 15018 wurde inzwischen auch auf verschiedene
andere Anwendungsgebiete übertragen.

Abriss der IIW-Empfehlungen


In Anlehnung an die EKS-Empfehlung [171], aber in wesentlicher sachlicher
Weiterführung und inhaltlicher Vervollständigung entstanden die von einer
internationalen Arbeitsgruppe im IIW (International Institut of Welding) er-
arbeiteten „Empfehlungen zur Schwingfestigkeit geschweißter Verbindungen
und Bauteile“, die 1996 im Druck erschienen [43]. Sie zeichnet sich durch
Vollständigkeit aus und kennzeichnen den derzeitigen Stand der Technik.
Durch ihre modulare Struktur kann sie in nahezu allen Bereichen der
Schweißtechnik angewendet werden, insbesondere dort, wo keine Regel-
werke vorliegen oder bestehende Regelwerke die jeweilige Problemstellung
nicht oder unzureichend behandeln.
Für die Wöhlerlinie der Schweißverbindungen aus Baustählen wurde das
Linienschema der EKS-Empfehlungen, Abb. 3.1–32, übernommen. Außer den
Angaben zu Wöhlerlinien für Schweißverbindungen aus Baustählen sind in
entsprechender Weise Angaben zu Wöhlerlinien für Schweißverbindungen
aus Aluminiumlegierungen gemacht. Weiterhin ist der Kerbfallkatalog um
wesentliche nicht-stahlbautypische Formen von Schweißverbindungen er-
weitert. Hinzu kommen Formeln zum Bewerten von Schweißverbindungen
mit Imperfektionen (Kantenversatz und Verzug, Einbrandkerben, Poren und
Einschlüsse, rissartige Defekte). Und nicht zuletzt sind die Wöhlerlinien und
Kerbfall-Einstufungen nicht nur für eine Berechnung anhand von Nenn-
spannungen sondern in gleicher Vollständigkeit auch für eine Berechnung
anhand von Strukturspannungen sowie anhand von Kerbspannungen ange-
geben. Insgesamt enthält der Kerbfallkatalog 81 konstruktive Details.
Die Wöhlerlinien und Kerbfall-Einstufungen wurden neben anderen Re-
gelungen der IIW-Empfehlungen inhaltlich deckungsgleich – und lediglich
mit formalen Anpassungen an den Rechengang – in die FKM-Richtlinie
Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile [44] übernom-
men, Abschn. 3.1.3. Damit darf erwartet werden, dass Berechnungen nach
der FKM-Richtlinie oder nach den IIW-Empfehlungen vergleichbare Ergeb-
nisse liefern.

Nennspannungen und ertragbare Nennspannungen


Die Spannungsermittlung mit Nennspannungen wird wegen ihrer Einfach-
heit bei Schweißverbindungen weitestgehend angewandt und sie ist Grund-
lage der meisten Regelwerke. Die örtlich spannungserhöhenden Effekte der
Schweißverbindungen bleiben dabei unberücksichtigt, während spannungs-
erhöhende Effekte aus der Gestalt des Bauteils berücksichtigt werden, bei-
spielsweise bei einer Schweißnaht, die im Kerbspannungsbereich eines kreis-
förmigen Ausschnitts endet.
204 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Die einzelnen konstruktiven Details sind in das feste Linienschema der


Wöhlerlinien nach Abb. 3.1–32 eingestuft. Die danach für das Detail geltende
Wöhlerlinie wird durch die Kerbfall- oder Schwingfestigkeitsklasse (FAT) ge-
kennzeichnet, die sich als Spannungsschwingbreite DSR aus der Wöhlerlinie
bei 2 · 106 Schwingspielen ergibt.
Die einheitliche Neigung der Wöhlerlinien für Schweißverbindungen
aus Baustählen wie auch aus Aluminiumlegierungen wurde für Normalspan-
nung mit k = 3,0 und einem Abknickpunkt bei 5 · 106 Schwingspielen, für
Schubspannungen hingegen mit k = 5,0 und einem Abknickpunkt bei 1 · 108
Schwingspielen festgelegt.
Die Frage nach diesen Kennwerten der normierten Wöhlerlinie für
Schweißverbindungen war mehrmals Anlass zu Auswertungen des dafür
verfügbaren Datenmaterials unter verschiedenen Prämissen. Eine erneute,
von Ritter [70] vorgenommene Auswertung bezieht sich auf die Daten in
den Wöhlerlinienkatalogen von Oliver und Ritter [69] und auf neuere Ergeb-
nisse, die für geschweißte T- und Y-Stöße unter Normalkraft- und Biegungs-
belastung vorliegen [192, 193]. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass er jede
einzelne Versuchsreihe gesondert betrachtete, jeweils eine klare Abgrenzung
zum Kurzzeitfestigkeitsbereich und zum Übergangsbereich in die Dauer-
festigkeit vornahm, und für den so definierten Zeitfestigkeitsbereich eine
Regressionsrechnung und Streuauswertung durchführte. Abweichend von
der ursprünglichen normierten Wöhlerlinie, Abb. 3.1–34a, ergab sich dabei,
dass bei Schweißverbindungen aus Baustahl für alle ausgewerteten Versuchs-
reihen
– im Zeitfestigkeitsbereich ein paralleles Streuband zutrifft,
– sich für den Exponenten k geringfügige Änderungen gegenüber k = 3,75
ergeben
– unterschiedliche Schwingspielzahlen ND am Abknickpunkt zu verzeichnen
sind, und
– insgesamt jeweils geringere Spannungsstreuungen TS festzustellen sind.
Die entsprechenden Zahlenwerte sind in Tabelle 3.1–2 zusammengestellt. Sie
sind in weitgehender Übereinstimmung mit den Festlegungen in den neue-
ren Regelwerken und sie lassen sich wie folgt kommentieren:
Bei der Festlegung des Streubandes der normierten Wöhlerlinie nach [68]
wurde für jede Versuchsreihe eine gewisse fertigungsbedingte Schwankung
der Schwingfestigkeits-Kennwerte unterstellt, um unmittelbar auf zulässige
Spannungen schließen zu können. Erst die breiter angelegten Auswertungen
von Oliver und Ritter [69] offenbarten, dass die fertigungsbedingten Ein-
flüsse eine weit größere Auswirkung hatten und dass die Schwingfestig-
keits-Kennwerte einzelner Versuchsreihen einer gesonderten statistischen
Betrachtung unterzogen werden mussten, Abb. 3.5–23.
Neigungsexponenten k > 3,0 stellen sich offenbar trotz der klaren Ab-
grenzungen gegen den Kurzzeitfestigkeitsbereich bei hohen Schwingfestig-
keitskennwerten SA ein, bei denen sich bereits wenig oberhalb der Dauer-
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 205

Tabelle 3.1–3. Kennwerte für die normierte Wöhlerlinie von Schweißverbindungen aus
Baustahl, nach Ritter [70]

Fallgruppe k ND TN TS = TN1 /k

1. Schweißverbindungen 3,5 2 · 106 1 : 2,40 1 : 1,28


mit Bruchausgang am
Übergang Naht/Grundwerkstoff,
eigenspannungsarmer Zustand
2. Schweißverbindungen 3,5 > 6 · 106 1 : 2,40 1 : 1,28
mit Bruchausgang am
Übergang Naht/Grundwerkstoff,
eigenspannungsbehafteter Zustand
3. Schweißverbindungen 3,5 > 6 · 106 1 : 2,40 1 : 1,28
mit Bruchausgang an der Wurzelkerbe,
mit oder ohne Eigenspannungen
4. Normalkraftbelastetes Grundblech 3,0 3 · 106 1 : 2,10 1 : 1,28
mit aufgeschweißter Längssteife,
eigenspannungsarm
5. Normalkraftbelastetes Grundblech 3,0 > 6 · 106 1 : 2,10 1 : 1,28
mit aufgeschweißter Längssteife,
eigenspannungsbehaftet
6. Schubbeanspruchte Kehlnaht 5,0 > 8 · 107 1 : 5,00 1 : 1,38

festigkeit ein allmählich beginnender Übergang in die Kurzzeitfestigkeit ab-


zeichnet, mit dem sich der Neigungsexponent vergrößert.
Hinsichtlich des Abknickpunktes wird erkennbar, dass die neuere Festle-
gung nach der EKS-Empfehlung [171] mit ND = 5 · 106 zwar für eigenspan-
nungsfreie Schweißverbindungen mit einem Bruchausgang am Nahtüber-
gang recht gut zutrifft, dass aber für Verbindungen mit einem Bruchausgang
von der Nahtwurzel und offenbar generell für stark eigenspannungsbehafte-
te Verbindungen ein Wert ND > 6 · 106 anzunehmen ist. Es gibt allerdings nur
einige wenige Einzelergebnisse, die diesen Sachverhalt belegen und insofern
ist er bislang statistisch nicht gesichert und nicht konkretisierbar. Nur im
Eurocode wird bisher diesem Umstand bei bestimmten Details Rechnung ge-
tragen durch eine „modified fatigue strength curve“ mit einem Abknick-
punkt bei 107 Schwingspielen, oder ersatzweise durch die Abstufung um eine
Kerbfallklasse gegenüber dem 2 · 106-Wert nach der betreffenden Wöhler-
linie. Bei Anwendung der IIW-Empfehlung oder der FKM-Richtlinie sollte
gegebenenfalls diesem Punkt gesonderte Beachtung geschenkt werden.
Ergebnisse für schubbeanspruchte Kehlnahtverbindungen wurden fast
ausnahmslos an Rohr-Flansch-Verbindungen unter Verdrehbeanspruchung
ermittelt. Für eine normierte Schub-Wöhlerlinie ergeben sich daraus – wie
auch durch eine neuere Auswertung der verfügbaren Daten mit vergleichba-
ren Werten bestätigt [172] – die in Tabelle 3.1–3 aufgeführten speziellen
206 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Kennwerte. Aus bisher nicht geklärten Gründen unterscheiden sich die Wöh-
lerlinien-Kennwerte für Schub erheblich von denen der übrigen Verbindun-
gen: Eine Erklärung wie für die Regressionsgerade in Abb. 2.1–22b kann
zwar für die bei Schub flachere Neigung bedingt in Betracht kommen, nicht
jedoch für den durch Versuchspunkte belegten Verlauf der Zeitfestigkeitsge-
raden bis zu einem Abknickpunkt bei ND = 108.
Dennoch muss bezweifelt werden, ob eine Wöhlerlinie mit diesen Kennwer-
ten auch für die Schubspannungen in Stegblechmitte eines Doppel-T-Trägers
gelten, wenn dort eine mit Kehlnähten verschweißte Stegsteife endet, denn im
Unterschied zur Rohrprobe werden in diesem Fall die elastisch-plastischen
Dehnungsbeträge dadurch begrenzt, dass der umgebende Werkstoff sich im
Wesentlichen elastisch verhält. Indem die aktuellen Regelwerke spezielle Wöh-
lerlinien für Schub vorsehen, beinhalten sie den Widerspruch, dass statt der
Schubspannungen ebensogut die Hauptspannungen betrachtet werden könn-
ten, für die die üblichen Wöhlerlinien-Kennwerte zutreffen würden. Dadurch
kommt es zu einem datenbedingten Invarianzproblem, s. Abschn. 3.1.6. Nähe-
re Untersuchungen zu dieser Sachfrage sollten vielleicht unter der Hypothese
angegangen werden, dass sich die plastischen Wechseldehnungen bei runden
verdrehbeanspruchten Körpern in bevorzugten Gleitbändern konzentrieren.

Neben den Kerbfällen zu berücksichtigende Einflussgrößen


Bestehende Wechselwirkungen zwischen Schweißeigenspannungen und Mit-
telspannungen, Blechdicke und anzunehmendem Einfluss der Nahtdicke, so-
wie der Einfluss von geometrischen Imperfektionen, statistische Aspekte und
die Frage der Sicherheitszahlen werden in den aktuellen Regelwerken in not-
wendiger Vereinfachung experimenteller Befunde abgehandelt. Durch einge-
hendere Berücksichtigung dieser Einflüsse mögen sich fallweise Möglichkei-
ten zur besseren Einschätzung und zur Optimierung schwingbeanspruchter
Schweißverbindungen abzeichnen. In den an Vorschriften gebundenen An-
wendungsfällen sind diesbezügliche Einzelnachweise aber nicht einfach zu er-
bringen. Die Ausschöpfung solcher Möglichkeiten dürfte sich daher auf Bau-
teile der Serienfertigung beschränken, bei denen ein experimenteller Nach-
weis für den Einzelfall vertretbar erscheinen mag; s. dazu Abschn. 4.5 in [43].
Dem bei Schweißverbindungen wesentlichen Einfluss von Schweißeigen-
spannungen und Lastmittelspannungen ist z.B. im Eurocode 3 [48], in den
IIW-Empfehlungen [43] und in der FKM-Richtlinie [44] zwar einheitlich
nach dem Ds-Konzept sowie in prinzipieller Übereinstimmung mit Abb.
3.1–35, aber konkret dennoch in etwas unterschiedlicher Weise Rechnung ge-
tragen. Die betreffenden Festlegungen lassen sich in einem Haigh-Schaubild
mit bezogenem Spannungsmaßstab veranschaulichen, Abb. 3.1–36.
Bezugswert ist die ertragbare Nennspannungsamplitude SA (bzw. der DSR-
Wert) der Kerbfallklasse, wie sie für die einzelnen Stoß- und Nahtformen ta-
bellarisch angegeben ist. Sie gilt entsprechend dem Ds-Konzept für den Fall,
dass die Schweißverbindung hohe Zug-Eigenspannungen (etwa in Höhe der
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 207

Abb. 3.1–36. Berücksichtigung des Einflusses der Mittelspannung und von Eigenspannun-
gen nach dem Eurocode 3, den IIW-Empfehlungen und der FKM-Richtlinie, aus [177]

Streckgrenze) aufweist und dass deshalb keine Abhängigkeit von der Last-
Mittelspannung bzw. vom Spannungsverhältnis besteht, Kurve 햲. Für
Schweißverbindungen, bei denen nachweislich nur geringe oder mäßige Zug-
Eigenspannungen vorliegen, gelten demgegenüber abhängig von der Last-
Mittelspannung bzw. vom Spannungsverhältnis höhere ertragbare Span-
nungsamplituden. Nach Eurocode 3 ist eine nur moderate Erhöhung bei ge-
ringen Eigenspannungen vorgesehen, Kurve 햷, nach den IIW-Empfehlun-
gen und bei der FKM-Richtlinie ist hingegen eine vergleichbare Erhöhung
bereits im Fall mäßiger Eigenspannungen vorgesehen, Kurven 햳 und 햴, so-
wie eine weitergehende Erhöhung für den Fall geringer Eigenspannungen,
Kurven 햵 und 햶. Während die Erhöhung nach den IIW-Empfehlungen bei
Druckmittelspannungen (R < – 1) konstant bleibt, Kurven 햳 und 햵, sehen
der Eurocode 3 und die FKM-Richtlinie auch noch in diesem Bereich eine
zunehmende Erhöhung bis zu einer Druck-Schwellbeanspruchung (R = – •)
vor, Kurven 햴, 햶 und 햷. Anmerkenswert ist dabei, dass die nach der FKM-
Richtlinie angesetzten, bei R = – •, bei R = 0 und R = + 0,5 abknickenden
Geradenzüge über Mittelspannungsempfindlichkeiten M = 0,3 bzw. 0,15 in
der gleichen Weise definiert sind wie für den Rechengang bei gekerbten Bau-
teilen, Abb. 3.1–25 und Gl. (3.1–21 bis Gl. (3.1–22).
Geometrische Imperfektionen, wie sie durch Verzug und/oder Versatz an
Schweißnähten entstehen, sind zwar durch eine diesbezüglich angelegte
Spannungsermittlung erfassbar. Aber auch entsprechend aufbereitete For-
meln, die eine Bewertung verschiedener Arten des Verzugs und des Kanten-
versatzes gestatten, sind in den IIW-Empfehlungen [43] enthalten. Imperfek-
208 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

tionen können aber logischerweise vorab bei der Berechnung von Schweiß-
konstruktionen nur dann in Ansatz gebracht werden, wenn sie in ihrer Grö-
ße mit Erfahrungswerten einschätzbar sind. Praktisch häufiger auftreten wird
hingegen die Frage nach der Zulässigkeit von auffälligen Werten des Verzugs
und/oder Versatzes, die an ausgeführten Schweißverbindungen festgestellt
wurden.
Dass sich nach Versuchen auch ein Einfluss der Blechdicke auf die ertrag-
bare bzw. zulässige Beanspruchungshöhe zeigte, war schon länger bekannt.
Aber erst Versuchsergebnisse aus den siebziger Jahren, vornehmlich im Hin-
blick auf die Bemessung dickwandiger Offshore-Konstruktionen an Blech-
dicken bis zu 50 mm und zudem teils unter künstlichem Seewasser durchge-
führt, belegten eine deutliche Abhängigkeit der Schwingfestigkeitswerte von
den verschweißten Blechdicken und von den Kehlnahtdicken [173–175].
In den aktuellen Regelwerken ist dieser geometriebedingte Größenein-
fluss auf die ertragbaren Nennspannungsamplituden mit einem allein blech-
dickenabhängig angesetzten Faktor f (teff) berücksichtigt, d.h. bei vernach-
lässigtem Nahtdickeneinfluss, Abb. 3.1–37. Für die verschiedenen Stoß- und
Nahtformen ist er nach Eurocode 3 und FKM-Richtlinie einheitlich gewählt,
hingegen nach den IIW-Empfehlungen über den Exponenten n wie folgt
unterschieden:
Querbeanspruchte Kehlnähte im Schweißzustand n = 0,3
Nahtübergang geschliffen n = 0,2
Querbeanspruchte Stumpfnähte im Schweißzustand n = 0,2
blecheben geschliffen n = 0,1
Längsbeanspruchte Nähte ohne Unterscheidung n = 0,1

Abb. 3.1–37. Berücksichtigung des Einflusses der Blechdicke nach dem Eurocode 3, den
IIW-Empfehlungen und der FKM-Richtlinie, aus [177]
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 209

Abb. 3.1–38. Vergleich gemessener und berechneter Dehnungen vor dem Nahtübergang in
Abhängigkeit von der Blechdicke, nach [192–194]

Sinnfälligerweise kommt der Faktor f (teff) nicht in Ansatz, wenn die Berech-
nung mit örtlich ertragbaren Kerbspannungen geschieht. Dazu ist u.a. in
[192, 193] nachgewiesen, dass der geometrische Größeneinfluss bereits mit
dem Berechnen der Kerbspannung erfasst wird, Abb. 3.1–38; ein Einfluss aus
dem Nahtdickenverhältnis wurde dabei nicht ausgewiesen, wohl aber in ei-
ner nachfolgenden Arbeit [176].
Weitere Größeneinflüsse bei schwingbeanspruchten Schweißverbindun-
gen sind zusammenfassend in [177] abgehandelt. Ein statistischer Größen-
einfluss aus der Nahtlänge, wie in [177] und im Abschn. 3.4.6 mit Abb. 3.5–31
aufgezeigt, ist bisher in keinem Regelwerk eingearbeitet.
Bei genauerer Betrachtung wird die Problematik des augenscheinlich so
einfachen Nennspannungs-Konzeptes offensichtlich: Es werden Schwingfes-
tigkeitsdaten eines jeden einzelnen konstruktiven Details benötigt. Die Viel-
falt möglicher Kerbfälle von Schweißverbindungen lässt sich durch Kerbfall-
kataloge mit Angabe experimentell bestimmter Schwingfestigkeitskennwer-
ten schlechterdings nicht darstellen. Die zweifelsfreie Zuordnung einer gege-
benen Schweißverbindung zu einem bestimmten Detail des Regelwerks kann
erhebliche Schwierigkeiten bedeuten. Bei speziell gestalteten und komplex
belasteten Schweißverbindungen reichen elementar berechnete Nennspan-
nungen eben nicht mehr zur Ermittlung der Schwingfestigkeit aus. Ein Aus-
weg besteht in solchen Fällen darin, dass die wesentlichen Geometrie- und
Lasteinflüsse deutlich besser als durch Nennspannungen durch eine einge-
hendere Spannungsanalyse erfasst werden. Als Alternative kommt dafür eine
Finite-Element-Berechnung anhand von Strukturspannungen oder anhand
von Kerbspannungen in Betracht.
210 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Strukturspannungen und ertragbare Strukturspannungen


Um größere Bereiche einer Struktur mit vertretbarem Aufwand nach der
Finite-Element-Methode zu berechnen, wird zwangsläufig eine gröbere Ele-
mentierung vorgesehen. Wahlweise ist dabei ein Rechnen mit Strukturspan-
nungen oder auch ein Rechnen mit Strukturdehnungen gebräuchlich, wobei
elastisches Werkstoffverhalten zugrunde gelegt wird.
Neuere Regelwerke, Richtlinien und Empfehlungen [43, 44, 48] enthalten
Angaben, wie Schwingfestigkeitsnachweise mit Strukturspannungen geführt
werden können. Die Strukturspannungen sind allerdings bisher in allgemei-
ner Form nur für Schweißverbindungen definiert, und dabei zudem begrenzt
auf eine Bewertung des Nahtübergangs, aber nicht der Nahtwurzel.
Typischer und wohl bekanntester Anwendungsfall für Strukturspannun-
gen oder -dehnungen ist die Berechnung der Rohrknoten für Offshore-Kon-
struktionen, Abb. 3.1–39. Man verwendet Schalen-Elemente und erhält damit
im Knotenbereich den Spannungs- oder Dehnungsanstieg auf der Rohr-
außenwand zufolge ihrer Grundbeanspruchung und ihrer örtlichen Auswöl-
bung im Knotenbereich, Abb. 3.1–40. Inzwischen wird auch die Berechnung
von geschweißten Rohr- und Blechkonstruktionen in anderen Bereichen, wie
z.B. im Schiff-, Behälter-, Maschinen- oder Fahrzeugbau, vielfach mit Struk-
turspannungen vorgenommen, wenn eine Nennspannung nicht einfach und
eindeutig definiert werden kann.
Mit der gröberen Element-Struktur sind also Kerbspannungen im
Schweißnahtbereich des Rohrknotens nicht oder nicht mehr korrekt erfass-

Abb. 3.1–39. Finite-Element-Struktur für einen


Rohrknoten, ausgerichtet auf die Struktur-
spannungen (Hot Spot Konzept), nach Robert,
Bourdon und Meziere
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 211

Abb. 3.1–40. Dehnungsanstieg vor der Schweißnaht und Strukturdehnung für einen Rohr-
knoten, nach Robert, Bourdon und Meziere

bar. Bewusst bleiben die Stoß- und Nahtform sowie die Schweißnähte selbst
und damit die örtliche Kerbwirkung am Nahtübergang wie auch an der
Nahtwurzel unberücksichtigt. Wohl aber sollen die aus der jeweiligen Gestalt
bei Lastübertragung und Verformung entstehenden Zusatzspannungen er-
fasst werden. Im Prinzip handelt es sich mithin bei Strukturspannungen um
verbesserte Nennspannungen für den engeren Nahtbereich.
Dem Einfluss der Kerbwirkung und den werkstofflichen Besonderheiten
an Schweißnähten wird auf der Festigkeitsseite mit der anzusetzenden Wöh-
lerlinie Rechnung getragen. Strukturspannungen können nach der Substruk-
turtechnik als Eingangsgrößen für eine ausführliche Berechnung örtlicher
Kerbbereiche dienen. Oder die Strukturspannungen werden einer unmittel-
baren Beurteilung zugeführt, was jedoch eine strengere Festlegung darüber
voraussetzt, wie Strukturspannungen zu definieren und zu berechnen sind:
Im Sinne einer solchen Definition sollen Strukturspannungen für den
schwingbruchkritischen Punkt an der Bauteiloberfläche, dem sog. Hot Spot,
mit einem über die Dicke des Balken-, Platten- oder Schalenquerschnitts li-
nearen Spannungsansatz unter Vernachlässigung von Kerbeinflüssen berech-
net werden, ähnlich wie es für die Spannungen nach den technischen Trag-
werkstheorien gilt [32]. Durch geeignet gewählte Elementtypen und günsti-
ge Elementgrößen relativ zur Wanddicke und zum Krümmungshalbmesser
einer Schale kann dieser Vorgabe weitgehend entsprochen werden. Im Allge-
212 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

meinen wird, und zwar auch bei mehrachsigen Beanspruchungszuständen,


allein die größte Hauptspannung zugrunde gelegt, was für vorwiegend quer-
beanspruchte Schweißnähte durchaus auch eine sachliche Berechtigung hat,
Abb. 3.1–76.
Bisher gibt es noch keine einheitlichen und allgemeingültigen Vorgaben,
wie Strukturspannungen praktisch zu bestimmen sind. Je nach gewählter
Elementstruktur und Auswertemethode sind gewisse Unterschiede in der
Höhe der ausgewiesenen Strukturspannungen zu erwarten und bei der
nachfolgenden Bewertung dahingehend zu bedenken, dass auch die heran-
gezogenen Wöhlerlinien auf die jeweilige Art der Spannungsermittlung zu-
treffen müssen.
In den IIW-Empfehlungen werden konkrete Hinweise zur Bestimmung
von Strukturspannungen in folgender Weise gegeben: Ausgehend von zwei
(oder drei) Basispunkten in gestaffeltem Abstand vor der Naht, für die die
Spannungswerte errechnet oder mit Dehnungsmessstreifen gemessen wer-
den, wird die i.Allg. nichtlineare Spannungsverteilung bis zum Nahtüber-
gang hin linear (oder quadratisch) auf den gesuchten Strukturspannungs-
wert extrapoliert, Abb. 3.1–41. Die empfohlene Position dieser Basispunkte
ist aus Abb. 3.1–42 zu ersehen.
Abgestimmt auf diese Art der Spannungsermittlung sind in den IIW-
Empfehlungen ertragbare Strukturspannungen für Stumpfnähte, Kehlnähte
und Kreuzstöße mit abgestuften Kerbfallklassen aufgeführt. Diese Angaben
über ertragbare Strukturspannungen beziehen sich auf Schweißverbindun-
gen aus Baustahl und sie wurden auch in die FKM-Richtlinie aufgenommen.
Für Schweißverbindungen aus Aluminiumwerkstoffen sind in den IIW-Emp-
fehlungen keine konkreten Angaben gemacht. Unter gewissem Vorbehalt
wurde sie jedoch für die FKM-Richtlinie aus den Strukturspannungswerten
für Baustahl mit dem Verhältniswert 0,35:1 abgeleitet, wie er nach den IIW-

Abb. 3.1–41. Ermittlung der Strukturspannung am Nahtübergang durch Extrapolation


ausgehend von Basispunkten in geeignetem Abstand von der Naht, aus [43]
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 213

Abb. 3.1–42. Empfohlene Position der Basispunkte, aus [43]

Empfehlungen bei einem Vergleich der Kerbfallklassen für Nennspannungen


einander entsprechender Schweißverbindungen aus Baustahl und Alumini-
umwerkstoffen ableitbar ist [44].
Für Rohrknoten sind die Basispunkte nach Abb. 3.1–43 vorgegeben. Wenn
entlang der Schweißnaht eine unterschiedliche Beanspruchungshöhe vor-
liegt, ist vorab der Nahtbereich mit der höchsten Beanspruchung zu bestim-
men. Zugehörige ertragbare bzw. zulässige Werte der Strukturspannung sind
in verschiedenen Regelwerken in Form von Wöhlerlinien angegeben [170,

a b1 , b2 b3
– – ––
Dijkstra, de Back 0,2 krt 0,65 krt 0,5 k RT
– – 4 ––––
UK-Richtlinie 0,2 krt 0,65 krt 0,4 k rtRT
– 4 ––––
Gurney, van Deilt 0,4 t 0,65 krt 0,4 k rtRT

API Empfehlung 0,1 krt – –

Abb. 3.1–43. Basispunkte zur Extrapolation auf die Strukturspannung (Hot Spot Stress)
[180] und vorgeschlagene Werte der Ortsparameter [183], aus [32]
214 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–44. Zulässige


Schwingbreiten der Struk-
turspannung bei Rohr-
knoten nach unterschied-
lichen Regelwerken
[170, 178–182], aus [32]

178–182], Abb. 3.1–44. Sie gelten für die Lebensdauer bis zum technischem
Anriss, die Linie nach UK-DoE-T für ungeschützte Rohrknoten in Meerwas-
ser, die Linien AWS-X1 und API-X¢ für Schweißnähte mit nachbehandeltem
Nahtübergang. Abgesehen von den bekanntermaßen unkonservativen Wer-
ten des ASME-Codes und von denen der japanischen Empfehlung nach IIW-
XIII-950, zeigen sie für den Zeitfestigkeitsbereich ein recht einheitliches Bild.
Eingehender setzen sich Wardenier [183] für den Fall der Rohrknoten-Ver-
bindung und Iida [184 in allgemeiner Form, ebenso wie Niemi [185] mit der
Bewertung von Strukturspannungen auseinander. Es hat sich aber gezeigt
[185–189], dass die für Rohr-Konstruktionen der Offshore-Technik ent-
wickelten Berechnungshinweise für andere Anwendungsgebiete nicht gleich
gut geeignet ist. Für unterschiedliche Anwendungsgebiete werden deshalb
teils unterschiedliche ertragbare Spannungswerte angegeben.
Fricke und Petershagen [186] führten eingehende Studien zum Struktur-
spannungs-Konzept an Schweißkonstruktionen des Schiffbaus durch. In
[189] berichtet Fricke über die teils recht unterschiedlichen Ergebnisse, wie
sie für schiffbauliche Details von neun Teilnehmern eines Ringversuchs erzielt
wurden; Abb. 3.1–45 ist eines der Beispiele. Das Problem liegt in der Wahl
der Basispunkte und in der Extrapolation, bzw. darin begründet, dass Kerb-
spannungen und Strukturspannungen bei kleineren konstruktiven Details
nicht eindeutig trennbar sind, Abb. 3.1–46. Von einer Arbeitsgruppe im IIW
wird derzeit ausgehend von Vorschlägen von Niemi [185] an einer verbes-
serten Berechnung von Strukturspannungen gearbeitet.
Als Ausweg aus dem Problem der Extrapolation bietet sich die von Radaj
[32] beschriebene Linearisierung der Spannungsverteilung in Dickenrichtung
des Übergangquerschnitts an, wodurch ebenfalls die Kerbspannung am Naht-
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile

Abb. 3.1–45. Unterschiedliche Werte der Strukturspannung als Ergebnis der Extrapolation ausgehend von verschiedenen Be-
rechnungsweisen der neun Teilnehmer an einem Ringversuch, aus [189]
215
216 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

a b

c d

Abb. 3.1–46. Strukturspannungen an verschiedenen konstruktiven Details, aus [43]. (An-


merkung: Strukturspannungen und Kerbspannungen sind bei solchen Details nicht ein-
deutig zu trennen!)

übergang ausgeschlossen und die Strukturspannung eindeutig definiert wird.


Die Finite-Element-Modellierung muss dazu aber hinreichend detailliert sein.
Nach Fricke und v. Stelle [188] kann sie auf zwei Arten geschehen, Abb. 3.1–47:
– entweder mit Plattenelementen, die von sich aus eine lineare Spannungs-
verteilung über die Plattendicke liefern. Um dabei auch die Naht zu
modellieren, schlagen Fricke und v. Selle schräggestellte Plattenelemente
vor.
– oder mit Tetraeder- oder prismatischen Elementen, die eine korrekte Mo-
dellierung der Naht ermöglichen. Die linearisierte Spannungsverteilung
ergibt sich unmittelbar bei grober Modellierung, d.h. bei nur einem Volu-
menelement über der Plattendicke, und bei Verwendung von isoparamet-
rischen Elementen mit Zwischenknoten bei zwei Integrationspunkten in
Dickenrichtung, wobei die Zwischenknoten bzw. der quadratische Ver-
schiebungsansatz zur realistischen Nachbildung der Biegeverformungen
der Platte benötigt werden.
Ertragbare Strukturspannungen zu der von Petershagen, Fricke und Mitar-
beitern entwickelten Vorgehensweise sind in [186–188] zu finden. Sie sind in
die Bemessungsunterlagen des Germanischen Lloyd [190] eingegangen und
unterscheiden sich für Schweißnähte mit geringer und ausgeprägter Kraft-
flussumlenkung vom Blech auf die Naht.
Nichtsdestoweniger spricht für das Strukturspannungs-Konzept eine in
der Regel gute Übereinstimmung zwischen den errechneten und den mittels
Dehnungsmessstreifen oder auch spannungsoptisch zu messenden Span-
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 217

Abb. 3.1–47. Verschiedene


Finite-Element-Modellierun-
gen eines Knieblechauslaufs a
(Halbmodell), nach [188]

nungen oder Dehnungen in der Nachbarschaft von Kerben oder Schweiß-


nähten, Abb. 3.1–40 und 3.1–45. Somit können also die in der Konstruk-
tionsphase berechneten Strukturspannungen oder -dehnungen problemlos
einer nachträglichen experimentellen Überprüfung unterzogen werden, eine
Möglichkeit, die für Kerbspannungen oft nur mit messtechnischen Schwie-
rigkeiten und für stark vereinfachend berechnete Nennspannungen nur mit
wesentlichen Einschränkungen gegeben ist.
Abbildung 3.1–48 zeigt Ergebnisse für Rohrknoten in versuchstechnisch
großen Abmessungen im Vergleich zu einem Wöhlerlinien-Streuband für die
örtliche Dehnung an Schweißnähten, wie sie mit Dehnungsmessstreifen
dicht vor einem Nahtübergang gemessen wird, Abb. 3.1–49. Diese örtlich ge-
messene Dehnung stimmt innerhalb der messtechnisch bedingten Streuung
auch bei anderen Kehlnahtverbindungen gut mit der finite-element-weise
bzw. randelement-weise berechenbaren Dehnung überein [190, 194]. Das
angegebene Wöhlerlinien-Streuband nach [68] wurde aus Versuchen mit
kleinen geschweißten und spannungsarm geglühten Probestäben abgeleitet
unter der Voraussetzung, dass die zu beurteilenden Schweißverbindungen
extremen Zug-Eigenspannungen unterliegen, Abb. 3.1–35. Mit
Dsörtl = 2 · sa, örtl = E · Ddörtl = 2 · E · ea, örtl (3.1–29)
und in Verbindung mit der normierten Wöhlerlinie nach Abb. 3.1–34 gilt für
den betreffenden Schwingfestigkeitskennwert der ertragbaren Dehnungsam-
218 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–48. Versuchsergebnisse für Rohrknoten ausgewertet mit der Strukturdehnung


und der AWS-X Kurve, nach Gibstein, im Vergleich zum Wöhlerlinien-Streuband für die
örtliche Dehnung an Schweißnähten [183]

plitude an einem 3 mm-Dehnungsmessstreifen in ca. 2 mm Abstand von der


Einbrandgrenze der Naht, Abb. 3.1–49,
ertr eA, örtl = 0,315‰ für N = 2 · 106 und Pü = 50% , (3.1–30)
woraus sich mit E = 210000 N/mm2 und einer Sicherheitszahl jS = 1,65 als
zulässige Schwingbreite der Strukturspannung ergibt:
zul Dsörtl = 80 N/mm2 für N = 2 · 106 und Pü ≈ 99,9% . (3.1–31)
Die gute Übereinstimmung dieses Wertes mit den Regelwerken, Abb. 3.1–44,
mit dem im Folgenden abgehandelten örtlich ertragbaren Kerbspannungs-
wert nach [192–194] und eine über Jahre hin positive Praxiserfahrung bei
Untersuchungen des LBF [36] rechtfertigt seine allgemeinere Anwendung für
Schweißverbindungen aus Baustahl.
Wird eine gröbere Elementstruktur gewählt, als sie für eine korrekte Be-
rechnung von Strukturspannungen vorzusehen wäre, so können zwar große
Bereiche einer Struktur hinsichtlich der sich global einstellenden Span-
nungsverteilung berechnet, aber selbst örtliche Gestalteinflüsse nicht mehr
erfasst werden. Die so erhaltenen Spannungen können bei einfachen Stoß-
formen ihrem Charakter nach als „Nennspannungen“ angesehen und bewer-
tet werden. Die zulässigen Spannungen folgen in diesem Fall sinngemäß als
zulässige Nennspannungen aus den entsprechenden Kerbfällen der beste-
henden Normen und Richtlinien. Wird hingegen eine feinere Elementstruk-
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 219

a b

c d e
Abb. 3.1–49. Anordnung von 3 mm-Dehnungsmessstreifen in etwa 2 mm Mittenabstand
von der Einbrandgrenze der Schweißnaht, nach [183]

tur gewählt, wie z.B. in [189] vorgeschlagen, Abb. 3.1–46, so steigt der Be-
rechnungsaufwand, sodass u.U. eine Berechnung der Kerbspannungen, wie
nachstehend beschrieben, nicht zuletzt wegen ihrer eindeutigen Bewertungs-
möglichkeit zu bevorzugen ist.

Kerbspannungen und ertragbare Kerbspannungen


Bei hoch ausgelasteten Bauteilen und bei realem Werkstoffverhalten werden
Kerbspannungen in aller Regel die Elastizitätsgrenze des Werkstoffs über-
steigen. Auch dieser Sachverhalt kann in einer Finite-Element-Berechnung
erfasst werden. Doch einerseits im Hinblick auf den damit ansteigenden Re-
chenaufwand und andererseits sachlich gerechtfertigt, wird den Erfordernis-
sen des Betriebsfestigkeits-Nachweises durchaus auch mit Kerbspannungs-
berechnungen für das elastische Kontinuum entsprochen. Denn von den
elastisch berechneten Kerbspannungen ausgehend, lässt sich das reale elas-
tisch-plastische Werkstoffverhalten im Kerbgrund weit einfacher über ver-
fügbare Näherungsformeln erfassen und in seiner Auswirkung berücksichti-
gen, Abschn. 3.3.3.
Extrem scharfe Kerben können einen ungewöhnlichen Rechenaufwand
bedingen, insbesondere wenn neben der Formzahl auch noch das bezogene
Spannungsgefälle zum Bestimmen der Kerbwirkungszahl errechnet werden
soll. Extrem scharfe Kerben sind z.B. am Wurzelspalt von Schweißverbin-
dungen gegeben. Ihre Berechnung und Bewertung stößt, ebenso wie die der
Kerben am Nahtübergang, vor allem aber auf die Schwierigkeit, dass die
Kerbgeometrie wegen der unregelmäßigen Feinform einer Schweißnaht
nicht eindeutig bestimmbar ist. Kerbspannungen lassen sich deshalb bei
220 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–50. Zur Modellierung von Einbrandkerben und von Wurzelkerben zur Berech-
nung von Kerbspannungen mit einem Radius r = 1 mm, aus [43]

Schweißverbindungen nur für ein idealisiertes Nahtprofil mit definierten


Kerbradien errechnen. Entsprechend eingeschränkt ist u.U. eine absolute Be-
wertung solcher Kerbspannungen. Zweckdienlich kann jedoch eine relative
Bewertung der Kerbspannungen sein, um den Einfluss der Grob- und Fein-
gestalt auf die Höhe der auftretenden Spannung zu erkennen [138, 141].
Eine Möglichkeit der Bewertung, die sich bei problematisch scharfen Ker-
ben und insbesondere bei Schweißverbindungen anbietet, wurde von Radaj
vorgeschlagen und dargestellt [191]. Der Grundgedanke des Vorschlags ist,
die bei kleinen Kerbradien angezeigte Abminderung der Formzahl auf eine
Kerbwirkungszahl dadurch zu ersetzen, dass die Kerbspannung, wie bei-
spielsweise aus Abb. 3.1–12 und ausführlicher aus Abb. 3.1–50 zu ersehen,
mit einer vergrößerten Kerbausrundung berechnet und daraus eine Form-
zahl erhalten wird, die als Kerbwirkungszahl angesetzt, die tatsächliche
Schwingfestigkeitsminderung der Kerbe wiedergibt.
Nach Neuber [159] ist dazu der tatsächliche Kerbkrümmungsradius r um
die Ersatzstrukturlänge r* mal Mehrachsigkeitsfaktor s zu vergrößern, um
das Berechnungsmodell mit dem fiktiv vergrößerten Kerbkrümmungsradius
r f zu erhalten:

r f = r + s · r* (3.1–32)
Bei Schweißnähten findet man am Nahtübergang Kerbradien r = 0,01 bis
3 mm, an der Nahtwurzel r = 0,01 bis 0,3 mm. Um den ungünstigsten Fall ab-
zudecken, setzt Radaj für beide Kerbarten r = 0. Bei Baustählen ist nach der
Gestaltänderungsenergie-Hypothese ein Wert s = 2,5 als gültig anzu-
sehen. Für das stahlgussähnliche Werkstoffgefüge an den Nahtkerben mit
Rp 0,2 = 300 N/mm2 findet man bei Neuber den Wert r* = 0,4. Damit folgt
für die Nahtübergangs- wie für die Wurzelkerbe ein vergrößerter Kerbkrüm-
mungsradius r f = 1,0 mm, wie er den Untersuchungen [141, 191] zugrunde
lag. Verfeinerte Betrachtungen sind möglich, führen aber nach Radaj auf eine
relativ schärfere Wurzelkerbe. Doch sie stünde in gewissem Widerspruch zu
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 221

Versuchsdaten für Kreuzstöße: Diese zeigten bei Blechdicken von t = 10 bis


20 mm und Schlitzlängen s = t sowie bei Kehlnahtdicken a = 0,5 t, d.h. bei
gleicher Nennspannung in Naht- und Blechquerschnitt für die Übergangs-
und Wurzelkerben gleiche Bruchwahrscheinlichkeiten, was auch gleich hohe
Kerbwirkung voraussetzt.
Der Vorschlag von Radaj wurde von Olivier, Köttgen und Seeger [192–194]
an Schweißverbindungen aus Baustählen auf einer breiteren experimentellen
Grundlage untersucht, weiterentwickelt und für die Übernahme in Regel-
werke aufbereitet. An die Stelle eines fiktiven Kerbradius tritt bei ihnen die
Vereinbarung, dass am Nahtübergang der Mittelwert eines real vorhandenen
Kerbradius anzusetzen ist. Dieser effektive Kerbradius ergibt sich nach ver-
schiedenen Untersuchungen zu r = 1 mm. Entsprechend Abb. 3.1–50 wird er
in gleicher Größe auch für die Wurzelkerbe angesetzt. Die elastizitätstheo-
retische Berechnung der Formzahlen ak (r = 1) geschah sodann nach der
Randelement-Methode, Abb. 3.1–51, wobei die Nahtanstiegswinkel etwa dem
Mittelwert bei den jeweils ausgeführten Versuchstücken entsprachen. Aus
den für diese Versuchstücke experimentell ermittelten Bauteil-Wöhlerlinien
wurden die Schwingfestigkeitskennwerte SA für Pü = 50% entnommen und
mit ihnen nach Gl. (3.1–33) die örtlichen Schwingfestigkeitskennwerte se, A
errechnet, indem sie mit den betreffenden Formzahlen ak (r = 1) multipli-
ziert wurden:
se, A = ak (r = 1) · SA (3.1–33)
Mit den so gewonnenen Schwingfestigkeitskennwerten für Pü = 50% sind
also die Streuungen der Kerbradien um den Mittelwert r = 1 mm, die werk-
stofflich bedingten Streuungen der Festigkeiten, die Streuungen anderer geo-
metrischer Parameter um deren angesetzte Mittelwerte sowie Rauigkeits-
und Stützwirkungseffekte abgedeckt.
Die umfangreiche Untersuchung erstreckte sich auf 105 Versuchsreihen
und umfasste mehr als 700 Einzelversuche an Schweißverbindungen aus
Stahl St 52-3 mit unterschiedlichen Knotenausbildungen und Lastkonfigura-
tionen, Abb. 3.1–52, mit unterschiedlichen Lastspannungsverhältnissen R,
Blechdicken von 8 bis 80 mm und sowohl HV- als auch Kehlnähten. Ergeb-
nisse für spannungsarmgeglühte Versuchsstücke sind als Schwingfestigkeits-
kennwerte se, A für die Spannungsverhältnisse R = –1, 0 und +0,4 in Abb.
3.1–53 aufgetragen. Jeder Versuchspunkt repräsentiert den Schwingfestig-
keitskennwert zu einer Wöhlerlinie. Die Streuspannen Ts ergeben sich in
nahezu gleicher Größe wie sie üblicherweise mit TA = 1:1,5 für bauteilähn-
liche Schweißverbindungen aus Baustahl beobachtet werden, Abb. 3.5–26
und Tabelle 3.5–5.
Aus einem Vergleich mit den Schwingfestigkeitskennwerten SA für typi-
sierte Schweißverbindungen aus [69] und den betreffenden Formzahlen
nach [33] zeigt sich, dass diese örtlich ertragbaren Spannungsamplituden se, A
für einen entsprechenden Schwingfestigkeitsnachweis allgemein verwendet
werden können. Eine Einschränkung ist jedoch bei den bisher nicht unter-
222

R = –1

SA

SD

105 106 NA = 2 · 106 107

Abb. 3.1–51. Zur Ermittlung von Schwingfestigkeitswerten se, A der örtlich ertragbaren Kerbspannung an Schweißnähten, nach [192–194]
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter Bauteile 223

Abb. 3.1–52. Ausbildung


und Belastung der Versuchs-
stücke, nach [192–194]

suchten geringeren Blechdicken zu sehen, und dabei insbesondere bezüglich


der Wurzelkerbe, wenn durch den angesetzten Radius von r = 1 mm eine
Minderung des tragenden Blechquerschnitts zustande kommt.
Ein Schwingfestigkeitsnachweis für Schweißverbindungen anhand von
elastisch berechneten örtlichen Spannungen wurden daraufhin in die IIW-
Empfehlungen [43] aufgenommen und den dort geltenden Festlegungen für
die zulässigen Spannungen in folgender Weise angepasst:
Nach Abb. 3.1–53 beläuft sich der örtliche Schwingfestigkeitskennwert für
Schweißverbindungen aus Baustahl unter örtlich zugschwellender Beanspru-
chung mit R = +0,4 und für Pü = 50% Überlebenswahrscheinlichkeit auf
se, A = 140 N/mm2. Davon ausgehend wurde die Schwingbreite des örtlichen
Schwingfestigkeitskennwertes zu Dse, A = 225 N/mm2 abgeschätzt und der
FAT-Klasse 225 zugeordnet, wobei eine örtliche Beanspruchung mit R = + 0,5
und gemäß dem Sicherheitskonzept der IIW-Empfehlungen eine Überle-
benswahrscheinlichkeit von Pü = 97,7% (genauer Pü = 95% bei 75% Ver-
trauenswahrscheinlichkeit) bei einer mittleren Streuspanne T = 1:1,48 zu-
grunde gelegt ist. Damit sind Eigenspannungen in extremer Höhe gemäß
dem Ds-Konzept berücksichtigt.
Diese FAT-Klasse 225 gilt einheitlich für die verschiedenartigen Nahtüber-
gangs- und Wurzelkerben an Schweißverbindungen aus Baustahl mit quer
zur Beanspruchungsrichtung angeordneten Schweißnähten. Wenn keine an-
deren Angaben vorliegen, wird empfohlen, bei Stumpfnähten einen Flanken-
224 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Ts = 1 : 1,55 Ts = 1 : 1,42
Ts = 1 : 1,44

se, A 50 = 176 N/mm2


R=0

se, A 50 = 247 N/mm2


R = –1

se, A 50 = 140 N/mm2


R = + 0,4

ertragbare örtliche Spannungsamplitude ␴e, A [N/mm2]


Abb. 3.1–53. Statistische Auswertung der Ergebnisse für die örtlich ertragbaren Span-
nungsamplituden se, A abhängig vom Spannungsverhältnis R, nach [192–194]

winkel von 30° und bei Kehlnähten einen Flankenwinkel von 45° anzuneh-
men. Eine entsprechende Untersuchung und Festlegung für Schweißnähte
parallel zur Beanspruchungsrichtung steht derzeit noch aus.
Das Konzept des Schwingfestigkeitsnachweises anhand von elastisch be-
rechneten örtlichen Spannungen wurde sodann in die FKM-Richtlinie [44]
inhaltlich deckungsgleich übernommen, aber angepasst an deren Rechen-
gang und Sicherheitskonzept: Zur FAT-Klasse 225 ergibt sich mit einer Nei-
gung der Wöhlerlinie k = 3 die Dauerfestigkeit bei ND = 5 · 106 mit einer
Spannungsamplitude se, D = 83 N/mm2, während in der FKM-Richtlinie ein
Wert se,D = 92 N/mm2 vorgegeben ist. Damit wird berücksichtigt, dass bei
der FKM-Richtlinie ein etwa im Verhältnis 1,5/1,35 = 1,11 höherer Sicher-
heitsfaktor in Ansatz kommt als in den IIW-Empfehlungen. Mit dem so er-
höhten Dauerfestigkeitswert wird in der praktischen Anwendung erreicht,
dass nach beiden Regelwerken von den Basiswerten her ein identisches Er-
gebnis zustande kommt; gewisse Unterschiede können sich aber aus den
unterschiedlichen Festlegungen für die Mittelspannungsabhängigkeit ein-
stellen, Abb. 3.1–36.
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses 225

Die genannten und für Normalspannung geltenden Werte wurden schließ-


lich für die FKM-Richtlinie ergänzt durch Untersuchungen für die Bewer-
tung von Schubspannungen. Sie führten auf eine Wöhlerlinie der Neigung
k = 5 mit einem Dauerfestigkeitswert te, D = 33 N/mm2 bei ND = 1 · 108 bzw.
auf einen Schwingfestigkeitskennwert te, A = 145 N/mm2 entsprechend der
FAT-Klasse 145. Wie vorerwähnt und mit der Anmerkung im Abschn. 3.1.6
ausgeführt, sind allerdings unterschiedliche Wöhlerlinien-Kennwerte für
Normal- bzw. Schubspannungen im Grunde in sich widersprüchlich.
In schlüssiger Fortführung der IIW-Empfehlungen wurden für die FKM-
Richtlinie in Ergänzung der geltenden Fassung bzw. für eine künftige Fas-
sung auch entsprechende Festlegungen für Schweißverbindungen aus Alumi-
niumwerkstoffen wie folgt getroffen [44]: Für Normalspannungen ist eine
Dauerfestigkeit mit se, D = 32 N/mm2 vorgegeben in Verbindung mit einer
Zeitfestigkeitslinie der Neigung k = 3, die bei ND = 5 · 106 horizontal abknickt,
und für Schubspannungen eine Dauerfestigkeit te, D = 13 N/mm2 in Verbin-
dung mit einer Zeitfestigkeitslinie der Neigung k = 5, die bei ND = 1 · 108
horizontal abknickt; s. dazu die Anmerkung im Abschn. 3.1.6. Diese Dauer-
festigkeitswerte sind gegenüber den Werten für Schweißverbindungen aus
Baustahl in einem Verhältnis 1:0,35 erniedrigt, wie es aus den IIW-Empfeh-
lungen bei einem Vergleich der FAT-Klassen für vergleichbare Schweißver-
bindungen aus Baustahl und Aluminiumwerkstoffen ableitbar ist.
Nachdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass die vorstehenden Festlegun-
gen eine fachgerechte Schweißausführung voraussetzen, für die insbeson-
dere bei Aluminium-Schweißverbindungen besondere Anforderungen zu
beachten sind. Größerer Verzug und/oder Versatz ist über die Spannungs-
berechnung zu erfassen, Abb. 3.1–38.
Ein Rechnen mit Kerbspannungen ist im Eurocode 3 [48] nicht beinhaltet.

3.1.5
Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses
Bei praktisch allen technologischen Prozessen der Herstellung, Bearbeitung
und Behandlung von metallischen Bauteilen entstehen Eigenspannungen, die
teils mit eigenen Bezeichnungen belegt werden [195], so z.B. Gußeigenspan-
nungen, Schweißeigenspannungen, Schleifeigenspannungen oder Wärmebe-
handlungseigenspannungen.
Des Weiteren können Eigenspannungen aus der einwirkenden Belastung
entstehen, wenn diese in einem Bauteilquerschnitt mit inhomogener Span-
nungsverteilung örtlich begrenzt eine plastische Dehnung hervorruft. Eigen-
spannungszustände aus unterschiedlichen Ursachen können sich überlagern.
Doch werden sie nach einem dem Werkstoff gemäßen Fließkriterium in
ihrer Höhe begrenzt.
Eigenspannungen sind innerhalb des Bauteils im mechanischen Gleich-
gewicht. Für eine Betrachtung, die dem vielkristallinen Aufbau techni-
scher Werkstoffe Rechnung trägt, erweist es sich als zweckmäßig, der von
226 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–54. Überlagerung und Definition von Eigenspannungen I., II. und III. Art [117]

Macherauch, Wohlfahrt und Wolfstieg [196] vorgeschlagenen Definition fol-


gend, eine Unterscheidung nach Eigenspannungen I., II. und III. Art vorzu-
nehmen, Abb. 3.1–54:
– Eigenspannungen I. Art sind über größere Werkstoffbereiche (mehrere
Körner) nahezu homogen. Die mit ihnen verbundenen inneren Kräfte
sind bezüglich jeder Schnittebene durch den ganzen Körper im Gleichge-
wicht, ebenso die mit ihnen verbundenen inneren Momente bezüglich je-
der Achse. Bei Eingriffen in dieses Kräfte- oder Momentengleichgewicht
treten immer makroskopische Maßänderungen auf.
– Eigenspannungen II. Art sind über kleinere Werkstoffbereiche (ein Korn
oder Kornbereiche) nahezu homogen. Die mit ihnen verbundenen inneren
Kräfte und Momente sind über größere Werkstoffbereiche (mehrere Kör-
ner) im Gleichgewicht. Bei Eingriffen in dieses Gleichgewicht können
makroskopische Maßänderungen auftreten.
– Eigenspannungen III. Art sind über kleinste Werkstoffbereiche (mehrere
Atomabstände) inhomogen. Die mit ihnen verbundenen inneren Kräfte
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses 227

und Momente sind in kleinen Bereichen (Teile eines Korns) im Gleichge-


wicht. Bei Eingriffen in dieses Gleichgewicht treten keine makroskopi-
schen Maßänderungen auf.

Eigenspannungen I. Art werden auch als Makroeigenspannungen, Eigen-


spannungen II. und III. Art als Mikroeigenspannungen bezeichnet. Praktisch
handelt es sich bei Eigenspannungszuständen stets um eine Überlagerung
von Makro- und Mikroeigenspannungen, weil untrennbar mit der Erzeu-
gung von Makroeigenspannungen auch Mikroeigenspannungen entstehen.
Nur röntgenographische Messverfahren lassen einen Aufschluss über Eigen-
spannungen I., II. und III. Art gewinnen, während mechanische (zerstören-
de) Messverfahren oder verfügbare Rechenverfahren lediglich Eigenspan-
nungen I. Art ausweisen.
Noch schwieriger als das Bestimmen von Eigenspannungszuständen er-
weist sich ihre Vorhersage, da sie in ihrer Höhe sehr empfindlich auf Para-
meteränderungen bei den sie erzeugenden Verfahren reagieren. Schließlich
ist bedeutsam, dass zusätzlich zu den Eigenspannungen meist auch noch
Veränderungen der Werkstoffeigenschaften und des Oberflächenzustandes
eintreten, sodass sich der Einfluss aus diesen Veränderungen mit dem der
Eigenspannungen verbindet. Doch kann sich ein durch Mikroeigenspannun-
gen verfestigter Werkstoff unter der nachfolgenden Schwingbeanspruchung
u.U. auch wieder zyklisch entfestigen.
Bei einer mechanischen Beanspruchung eigenspannungsbehafteter Bau-
teile überlagern sich die Eigenspannungen mit den Lastspannungen. Dabei
wird die Summe aus Last- und Eigenspannungen durch das dem Werkstoff
gemäße Fließkriterium begrenzt. Einer darüber hinausgehenden Beanspru-
chung entzieht sich der Werkstoff durch plastische Verformung mit der Fol-
ge, dass eine das Gleichgewicht wiederherstellende Spannungsumlagerung
eintritt. Nach anschließender Entlastung sind dementsprechend veränderte
Eigenspannungen festzustellen, die in aller Regel in ihrer Höhe gegenüber
dem Ausgangszustand betragsmäßig vermindert sind. Und nur diese ver-
minderten Eigenspannungen sind bei einer erneuten oder schwingenden Be-
lastung weiterhin wirksam.
Da sich eine spannungsmechanische Bewertung von Eigenspannungszu-
ständen auf die Makroeigenspannungen beschränken muss, seien nachfol-
gend unter der Bezeichnung „Eigenspannungen“ stets „Makroeigenspannun-
gen“ verstanden.
Aus der Erfahrung bekannt und experimentell belegbar ist, dass Eigen-
spannungen, je nach ihrem Vorzeichen, eine günstige oder auch eine ungüns-
tige Auswirkung auf das Schwingfestigkeits-Verhalten von Bauteilen haben
können. Ihrem Charakter nach sind sie einer Mittelspannung vergleichbar
und dementsprechend ist ein günstiger Einfluss zu verzeichnen, wenn an der
schwingbruchkritischen Stelle Druckeigenspannungen vorliegen, während
Zugeigenspannungen einen ungünstigen Einfluss zeigen. Quantitativ und
exakt sind solche Auswirkungen angesichts des aufgezeigten komplexen Ein-
228 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

flussfeldes nur durch Versuche und für einen konkreten Einzelfall bestimm-
bar. Rechnerisch sind sie verständlicherweise nur mit Einschränkungen und
anhand vereinfachender Modellvorstellungen zu erfassen.
Für schwingbeanspruchte Schweißverbindungen aus Baustahl haben sich
solche vereinfachenden Modellvorstellungen mit dem Ds-Konzept bereits in
Normen, Richtlinien und Empfehlungen niedergeschlagen [43, 44, 48]. Für
ungekerbte und gekerbte Bauteile zeichnen sich viel versprechende Berech-
nungsansätze in neueren Veröffentlichungen ab, wobei diese neueren Arbei-
ten durch Finite-Element-Berechnungen in Verbindung mit rechnerischen
Modellen des elastisch-plastischen Werkstoffverhaltens gekennzeichnet sind,
Abschn. 3.3.5 und 3.3.8.

Eigenspannungen in geschweißten Bauteilen


Ein instationäres Temperaturfeld und zeit-temperatur-abhängige Umwand-
lungen des Werkstoffs sind verfahrensspezifische Begleiterscheinungen des
Schweißens. Sie haben zur Folge, dass im Schweißnahtbereich Schrumpfun-
gen und Verwerfungen sowie Eigenspannungszustände entstehen. Je mehr
aber die Konstruktion und die Schweißfolge darauf ausgerichtet sind, Ver-
werfungen des Schweißteiles zu vermeiden, um so höher sind im Regelfall
die sich ausbildenden Schweißeigenspannungen. Der Begriff „Verwerfungen“
soll dabei als Oberbegriff alle Abweichungen gegenüber der gewollten geo-
metrischen Form infolge von Verzug, Versatz oder Ausbeulen bezeichnen.
Wie Erker [197] feststellt, dürfte es jedoch in aller Regel richtiger sein, eine
größtmögliche Annäherung an die gewollte geometrische Form zu erzwin-
gen und Eigenspannungen in Kauf zu nehmen, als umgekehrt Eigenspan-
nungen zu vermeiden und große Abweichungen von der gewollten Form zu
haben. Um den denkbar ungünstigsten Fall abzudecken, ist davon auszuge-
hen, dass maximale Zugeigenspannungen in Höhe der Streckgrenze auftre-
ten und dass das Maximum der Eigenspannungen mit dem schwingbruch-
kritischen Nahtbereich zusammenfällt. Die Frage ist sodann, wie Eigenspan-
nungen in dieser extremen oder auch in einer geringeren Höhe zu bewerten
sind, Abb. 3.1–55.
Entgegen experimentellen Befunden, die sowohl einen extrem ungünsti-
gen Einfluss, Abb. 3.1–55, oder auch einen günstigen Einfluss der Schweiß-
eigenspannungen erkennen lassen, Abb. 3.1–56, waren in früheren Normen
und Vorschriften, wie z.B. in DIN 15018 [41], keine Aussagen über ein expli-
zites Berücksichtigen von Schweißeigenspannungen gemacht. Dafür war ver-
mutlich die Überlegung maßgebend, dass die zulässigen Spannungswerte
aus Versuchsergebnissen für betriebsüblich geschweißte Versuchsstücke ab-
geleitet wurden, und dass diese Versuchsergebnisse bereits den Einfluss von
Schweißeigenspannungen beinhalteten [17]. Aus heutiger Sicht ist jedoch zu
vermerken, dass sich die betreffenden Versuche vornehmlich auf kleine,
stabartige Versuchsstücke bezogen, bei denen aus physikalischen Gründen
nur geringe Eigenspannungen auftreten können; besondere Vorkehrungen,
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses 229

Abb. 3.1–55. Auswirkung von Eigenspannungen bei einer Kehlnahtverbindung, nach


Gurney

Abb. 3.1–56. Auswirkung von 16 Herstellungsvarianten auf den Mittelwert und die Streu-
ung der ertragenen Schwingspielzahlen einer Schweißverbindung, ermittelt durch eine
mehrfache Streuungszerlegung, nach Haibach und Olivier
230 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–57. Versuchsergebnisse aus [53] für (weitgehend eigenspannungsfreie) ge-


schweißte Prüfstäbe bei verschiedenen Mittelspannungen

um in den Versuchsstücken z.B. durch eine spezielle Schweißfolge oder


durch einen zusätzlichen Wärmepunkt hohe Eigenspannungszustände zu er-
zeugen, Abb. 3.1–55, wurden nicht vorgesehen.
Insofern können also bestenfalls die Ergebnisse aus solchen Versuchen für
das Bemessen von extrem eigenspannungsbehafteten Bauteilen herangezo-
gen werden, bei denen anstelle der Zug-Eigenspannungen eine hohe Zug-
Mittelspannung aufgebracht war. Abbildung 3.1–57 zeigt solche Ergebnisse
für Mittelspannungen von 240 bzw. 320 N/mm2 [53], die darauf schließen las-
sen, dass die ertragbaren Spannungsamplituden (gemäß dem horizontalen
Verlauf der Linien im Haigh-Schaubild) unter solchen Beanspruchungsbe-
dingungen nicht mehr von der Mittelspannung abhängen.
Gurney und Maddox, die mit ihrer Arbeit [198] den entscheidenden An-
stoß zum Überdenken der früheren Auffassung gaben, gehen davon aus, dass
gleich hohe ertragbare Spannungsamplituden wie bei extremer Zug-Mittel-
spannung auch für eine mit extremen Schweißeigenspannungen behaftete
Schweißverbindung bei wechselnder Beanspruchung oder selbst bei Druck-
Schwellbeanspruchung gelten. Denn in allen diesen Beanspruchungsfällen
ergibt sich aus der Überlagerung der Last- und Eigenspannungen ein teil-
weiser Abbau der Eigenspannungen durch Fließen in solchem Ausmaß, dass
sich summarisch eine wirksame Oberspannung in Höhe der Streckgrenze
einstellt. Das bedeutet mit anderen Worten, dass die Schwingfestigkeit der
mit hohen Eigenspannungen behafteten Schweißverbindungen in realen
Konstruktionen allein von der Höhe der Spannungsamplitude abhängt und
somit von der aus den Lasten gegebenen Mittelspannung unabhängig ist.
Versuche an großen geschweißten Biegeträgern, wie sie u.a. von Fisher
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses 231

und Mitarbeitern durchgeführt wurden [69, 199], bestätigten die von Gurney
und Maddox vertretende Auffassung. Kennzeichnend für sie ist die implizite
Voraussetzung, dass die räumliche Ausdehnung des Kerbspannungsfeldes
klein ist gegenüber der des Eigenspannungsfeldes.
Die praktischen Konsequenzen sind aus Abb. 3.1–35 abzulesen: Während
die früheren Vorschriften einen Einfluss der Mittelspannung gemäß Kurve A
oder B voraussetzten, die für eigenspannungsfreie oder mit mäßigen Eigen-
spannungen behaftete Schweißverbindungen zutreffen, sind im Normalfall
extrem hohe Schweißeigenspannungen und ertragbare Spannungsamplitu-
den nach Kurve C anzunehmen, die insbesondere im Wechselbereich deut-
lich erniedrigt sind.
Eine diesbezügliche Überarbeitung der bestehenden Bemessungsvor-
schriften war mithin unausweichlich. Folgerichtig musste aber auch vorgese-
hen werden, dass die im Wechselbereich deutlich höheren zulässigen Span-
nungen nach Kurve A dann in Ansatz gebracht werden dürfen, wenn verfah-
rensbedingt, wie beispielsweise bei einem abbrennstumpfgeschweißten
Rohrstoß, oder nachweislich, z.B. aufgrund der Bauteilform und Schweiß-
folge oder weil ein Spannungsarmglühen vorgesehen wird, nur sehr geringe
Schweißeigenspannungen vorliegen können; diese Möglichkeit wird mit den
IIW-Empfehlungen [43], mit der FKM-Richtlinie [44] und dem Eurocode 3
[48] in etwas unterschiedlicher Ausprägung eröffnet, Abb. 3.1–36.

Eigenspannungen in nicht geschweißten Bauteilen


Eigenspannungen in ungekerbten und gekerbten Bauteilen können unge-
wollt vor der Bearbeitung her vorliegen oder bewusst durch eine Nachbe-
handlung eingebracht sein. Das Bestreben, ihren Einfluss auf die Schwing-
festigkeit zu ergründen, leitete mit Beginn der dreißiger Jahre, wie es
Macherauch und Wohlfahrt formulieren [195], „eine inzwischen praktisch
unüberschaubare Zahl von Untersuchungen“ ein. Die Mehrzahl dieser Ver-
öffentlichungen befasst sich mit Untersuchungen zum Einfluss von Eigen-
spannungen auf die Dauerfestigkeit. Die von Macherauch und Wohlfahrt ge-
gebene Übersicht sowie Veröffentlichungen von dem Thema Eigenspannun-
gen gewidmeten internationalen Konferenzen [141] vermitteln Aufschluss
über den erreichten Erkenntnisstand.
Für die Dauerfestigkeit sind die Eigenspannungen an bzw. dicht unter der
Bauteiloberfläche entscheidender als der Verlauf der Eigenspannungen, mit
dem sie sich unter der Oberfläche in die Tiefe erstrecken, Abb. 3.1–58. Für
die Zeitfestigkeit und die Betriebsfestigkeit ist hingegen auch die Tiefenver-
teilung der Eigenspannungen bedeutsam, weil sie, wie Lowak [201] heraus-
fand, die Lebensdauer in der Rissfortschrittsphase beeinflusst.
Wie stark sich Eigenspannungen auf die Schwingfestigkeit ungekerbter und
gekerbter Bauteile auswirken, hängt hauptsächlich von der Werkstoff-Festig-
keit ab: bei hochfesten Werkstoffzuständen ist der Einfluss beträchtlich, bei
Werkstoffzuständen mit geringer Festigkeit hingegen vergleichsweise klein.
232 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–58. Tiefenverteilung der Eigenspannungen bei unterschiedlich kugelgestrahlten


Federstahlproben und zugehörige Wöhlerkurven, nach Mattson und Roberts aus [195]

Nach Macherauch und Wohlfahrt lässt sich dieser Sachverhalt formel-


mäßig fassen mit einem Ansatz
sDE = sW – ME · sE , (3.1–34)
bei dem mit sE die Höhe der Eigenspannungen und mit ME die Eigenspan-
nungsempfindlichkeit des Werkstoffs gekennzeichnet wird, ein Ansatz wie er
sich ähnlich auch für die Mittelspannung Sm mit der Mittelspannungsemp-
findlichkeit M in Vereinfachung von Gl. (2.1–24) für ak = 1 schreiben lässt als
SD = sW – M · Sm . (3.1–35)
Für Stähle unterschiedlicher Festigkeit zeigt Abb. 3.1–59 in einer Gegenüber-
stellung Zahlenwerte von ME und M; wie daraus ersichtlich, ergibt sich
ME < M . (3.1–36)

Abb. 3.1–59. Eigenspannungs-


empfindlichkeit ME und
Mittelspannungsempfindlich-
keit M von Stählen in Ab-
hängigkeit von der Zugfestig-
keit [195]
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses 233

Eine Erklärung für die von der Festigkeit des Werkstoffs abhängige Eigen-
spannungsempfindlichkeit ist in dem teilweisen Abbau der Eigenspannun-
gen bei ihrer Überlagerung mit Lastspannungen zu sehen. Für ein Gedan-
kenmodell seien einachsige Eigenspannungen sE in Höhe der Streckgrenze
Re angenommen. Um sie durch Fließen abzubauen, muss sich eine plastische
Dehnung ep einstellen von
ep = sE / E = Re / E . (3.1–37)
Das heißt, bei Stählen geringer Festigkeit genügen kleine Beträge der plasti-
schen Dehnung von rd. 0,1%, um einen vollständigen Abbau von Eigenspan-
nungen in Höhe der Streckgrenze zu bewirken, bei hochfesten Stählen sind
hingegen 4- bis 8fach größere plastische Dehnungsbeträge erforderlich, wie
sie örtlich begrenzt kaum auftreten können. (Eine ähnliche Erklärung wäre
auch für die Mittelspannungsempfindlichkeit denkbar.)
Gründe für den niedrigeren Zahlenwert der Eigenspannungsempfindlich-
keit sind einmal in der schwierigen Definition der effektiv wirksamen Ei-
genspannungshöhe zu sehen, aber auch in gewissen Unterschieden, die zwi-
schen Eigenspannungen und Mittelspannungen bestehen:
Mittelspannungen sind in der gleichen Weise homogen oder inhomogen
über den Querschnitt verteilt und wirken in der gleichen Vorzugsrichtung
wie die Lastspannungen.
Eigenspannungen sind meist nur in einer dünnen Randschicht markant
ausgeprägt, also sehr ungleichmäßig über den Querschnitt verteilt, meist
zweiachsig an der Oberfläche, dreiachsig im Bauteilinneren und in einer
etwaigen Vorzugsrichtung unabhängig von den Lastspannungen sowie auch
weitgehend unabhängig von einer Kerbwirkung.

Eigenspannungen in ungekerbten Bauteilen


Der Eigenspannungseinfluss nach Gl. (3.1–34) für einen Werkstoff mit der
Streckgrenze Re lässt sich im Fall ak = 1 und bei Lastspannungen mit sm = 0
im Haigh-Schaubild darstellen, Abb. 3.1–60. Daraus ist ablesbar, wie sich die
Dauerfestigkeit mit der Höhe der Eigenspannungen an der Bauteiloberfläche
ändert. Linie D–Z. Bei der Annahme eines elastisch-idealplatischen Werk-
stoffs kann die Summe der Last- und Eigenspannungen die Grenzlinien
su = – Re und s0 = Re nicht übersteigen. Insofern sind die Eigenspannungen
nur bis zu einer Größe voll wirksam, die durch die Abszisse der Punkte D
und Z bezeichnet wird. Beispielsweise würden sich Zug-Eigenspannungen in
Höhe der Streckgrenze Re , die im lastfreien Zustand dem Punkt Z* entspre-
chen, bei hinzukommender Lastspannung sa der Grenzlinie folgend durch
Fließen so weit abbauen, dass sich auch in diesem Fall die Dauerfestigkeit am
Punkt Z einstellt. (Ein Einfluss der plastischen Dehnung bleibt dabei außer
Betracht.)
Aus dem Haig-Schaubild lassen sich unschwer auch Wöhlerlinien für die
extrem wirksamen Eigenspannungszustände herleiten. Die Wöhlerlinie W–F
234 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–60. Im Haigh-Schaubild dargestellte Auswirkung von Eigenspannungen auf die


in ungekerbten Querschnitten ertragbaren Spannungsamplituden für den Fall sm = 0, in
Anlehnung an [195]

des eigenspannungsfreien Bauteils sei für R = – 1 als normierte Wöhlerlinie


einer biegebeanspruchten Welle mit k = 5 angesetzt, Abb. 3.1–61. Sie erlaubt
es sodann, im Haigh-Schaubild auch die Schar der Linien N = konstant ober-
halb und parallel zur Linie Z–D zu bestimmen. Von ihnen lassen sich die
Wöhlerlinien Z–F und D–F für extreme Zug- oder Druck-Eigenspannungen
abgreifen.
Für Mittelspannungen sm ⫽ 0 oder Spannungsverhältnisse R ⫽ – 1 kann
das Haigh-Schaubild auf die Darstellungsform von Abb. 3.1–62 erweitert
werden; ihr liegt allerdings die Voraussetzung ME = M zugrunde. Der Ur-
sprung des Mittelspannungs-Koordinatensystems wird fallweise auf den
wirksamen Eigenspannungswert sE (Abszissenpunkt Ex) verschoben, der
sich aus folgender Bedingung bestimmt: Die maximal einwirkende Ober-
spannung (bzw. Unterspannung) erreicht zusammen mit dem wirksamen
Wert der Zugeigenspannung (bzw. Druckeigenspannung) die Streckgrenze
+Re , Linie F–Z (bzw. die Quetschgrenze –Re , Linie F–D). Die Wöhlerlinie,
die für die auf den wirksamen Wert sE verminderten Eigenspannungen bei
R = konstant gilt, verläuft in Abb. 3.1–61 parallel zur Wöhlerlinie W–F.

Eigenspannungen in gekerbten Bauteilen


Die für ungekerbte Bauteile entwickelte Modellvorstellung lässt sich nur mit
Einschränkung auf gekerbte Bauteile übertragen. Denn der Eigenspannungs-
abbau wird sich unter einer örtlich begrenzten Kerbspannung mit steilem
Spannungsgefälle quantitativ anders abspielen als unter der Lastspannung
eines ungekerbten Bauteils, die kein oder nur ein geringes Spannungsgefälle
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses 235

Abb. 3.1–61. Aus dem Haigh-Schaubild, Abb. 3.1–60, mit der Wöhlerlinie für sm = sE = 0
ableitbare Wöhlerlinien für R = – 1 im Fall extremer Zug- oder Druck-Eigenspannungen

Abb. 3.1–62. Erweitertes Haigh-Schaubild zur Darstellung des kombinierten Einflusses


von Eigenspannungen und Mittelspannungen unter der Annahme M = ME
236 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

aufweist. Zudem kommt es an Kerben allein schon bei einer anliegenden ho-
hen Mittelspannung zum Fließen und Spannungsabbau. Die dazu entwickel-
ten werkstoffmechanischen Modellvorstellungen, die im Abschn. 3.3 darge-
stellt sind, wurden aber noch nicht in die hier erörterte Darstellungsform
eines Haigh-Schaubildes übersetzt. Es gilt jedoch auch bei gekerbten Bau-
teilen, dass hochfeste Werkstoffe weit stärker auf Eigenspannungseinflüsse
ansprechen als niedrigfeste Werkstoffe, Abb. 3.1–59.
Nach Lowak [201] ist bei gekerbten Bauteilen entscheidend, um welchen
Betrag die im Kerbgrund erzeugten Eigenspannungen die Maximalwerte
der elastisch-plastisch errechneten Kerbgrundspannungen übersteigen.
An gelochten Flachstäben ohne und mit Druckeigenspannungen, die
am Lochrand durch optimiertes Aufdornen erzeugt waren, untersuchte
Lowak die erreichbare Steigerung der Lebensdauer in Wöhler-, Zufalls-
lasten- und Einzelflug-Versuchen, wobei er die Lebensdauersteigerung ge-
sondert für die Anriss- und die Rissfortschrittsphase für jeweils zwei Span-
nungshorizonte und für unterschiedliche Kerbradien zwischen 1 und 8 mm
auswies, Abb. 3.1–63.
Als Folgerungen konnte er vermerken, dass für die Lebensdauer bis zum
Anriss nur der Differenzbetrag von Einfluss ist, um den die eingebrachten
Eigenspannungen die Maximalwerte der Kerbspannung übersteigen, und
dass die nach Abschn. 3.3 zu berechnenden Hüll-Hysteresekurven der Kerb-
grundspannung und -dehnung im Einzelfall eine entsprechende Abschät-
zung des zu erwartenden Einflusses anhand des Haig-Schaubildes ermög-
lichen.
Davon unabhängig erwies sich jedoch die in der Rissfortschrittsphase zu
verzeichnende, teils beträchtliche Lebensdauersteigerung. Sie wurde von Lo-
wak damit erklärt, dass unter den sich in größere Tiefe erstreckenden Druck-
eigenspannungen an der Rissspitze zwar große zug-plastische Zonen, aber
wegen des Rissschließens nur kleine druck-plastische Zonen ausbilden, wo-
mit sich der Rissfortschritt verzögert, Abschn. 3.4. Diese Feststellung deckt
sich mit der Beobachtung von Fuchsbauer [202], der an Umlaufbiegeproben,
die im Kerbgrund unter optimierten Bedingungen festgewalzt waren, bei den
nach 107 Schwingspielen nicht gebrochenen Proben nicht-fortschreitende
Makrorisse fand.
In weiterführenden Untersuchungen konnte dieser Befund inzwischen in
allgemeiner Form bestätigt werden, indem geeignete analytische Werkzeuge
als numerische Verfahren entwickelt und mit Erfolg an Praxis-Beispielen er-
probt wurden, die nunmehr sowohl die Bedingungen zur Erzeugung von
Eigenspannungen in ungekerbten und gekerbten Bauteilen und wie auch
ihre Auswirkung auf die Lebensdauer zu ermitteln gestatten. Neueste diesbe-
zügliche, und für einen künftigen Stand der Technik richtungweisende Ar-
beiten seien hier mit [203–205] und mit dem Hinweis auf die dort enthalte-
nen Schrifttumshinweise aufgeführt.
Als mit diesen Arbeiten eröffnete Möglichkeiten sind beispielsweise und
insbesondere zu nennen:
3.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses 237

Abb. 3.1–63. Wöhler- und Lebensdauerlinien von Flachstäben aus AlCuMg2 mit aufge-
dornter oder nicht aufgedornter Kerbbohrung, Formzahl a k = 2,5, Kerbradius r = 4,0 mm
[201]
238 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

– die Vorausberechnung der bei Umformvorgängen oder beim Festwalzen


entstehenden bzw. bewusst erzeugten Eigenspannungs-Zustände,
– die rechnerische Ermittlung der unter der Einwirkung einer äußeren Be-
lastung durch Spannungsumlagerung entstehenden oder sich veränderten
errechneten und/oder gemessenen Eigenspannungs-Zustände,
– die rechnerische Berücksichtigung des Einflusses der oberflächennahen
Eigenspannungen auf die Anriss-Lebensdauer im Bereich der Dauer-,
Zeit- und Betriebsfestigkeit mittels Modellvorstellungen zum Rissschließ-
und Rissöffnungsverhalten kurzer Risse,
– das rechnerische Erfassen des Einflusses aus dem Eigenspannungs-Tiefen-
verlauf auf einen verzögerten bzw. beschleunigten Rissfortschritt mittels
Modellvorstellungen zum Rissschließ- und Rissöffnungsverhalten kurzer
Risse bis hin zur Vorhersage von nichtfortschreitenden Rissen und der da-
für maßgebenden Bedingungen.

Im Einzelnen bleibt ergänzend anzumerken, dass der Aufbau bzw. die Um-
lagerung von Eigenspannungen sich im Wesentlichen bereits beim erstmali-
gen Auftreten der maximalen äußeren Beanspruchung vollzieht und sich so-
dann unter Einstufenbelastung während weniger nachfolgender Schwing-
spiele so weit stabilisiert, dass nachfolgende Veränderungen gering sind,
Abb. 3.1–64. Unter Kollektivbelastung ergeben sich hingegen wiederholte
Umlagerungen jeweils mit dem Auftreten größerer Spannungsausschläge,
Abb. 3.1–65.

a Nach Festwalzen b Nach Umlagerung


Axiale Spannung in N/mm2

Messung nach 4000 Schwingspielen


Messung nach 3,6 Mio. SSP

Abstand von der Oberfläche in mm

Abb. 3.1–64a,b. Vergleich zwischen den berechneten und den röntgenografisch gemesse-
nen axialen Eigenspannungen einer Rundprobe mit Umlaufkerbe, a nach dem Festwalzen
und b nach Umlagerung unter einer axialen Spannung S = 0 ± 480 N/mm2, nach [204]
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 239

Abb. 3.1–65. Nichtlineare Beziehung zwischen dem Ablauf der Nennspannung und dem
Ablauf der Kerbgrundspannung infolge der örtlichen Plastizierung und der daraus ent-
stehenden und sich umlagernden Eigenspannungen, nach Schütz

Weiterhin ist anzumerken, dass z.B. durch Simulation des Festwalzens ge-
kerbter Bauteile die Druckeigenspannungen für eine maximale Auswirkung
gezielt eingebracht werden können. Das Maximum der Druckeigenspannun-
gen liegt dann im Allgemeinen deutlich unter der Oberfläche, Abb. 3.1–64, so-
dass sich die anrissfreie Lebensdauer nur geringfügig erhöht. Die eigentliche
Schwingfestigkeitssteigerung tritt erst in der Rissfortschrittsphase auf, in der
die Druckeigenspannungen den Rissfortschritt verzögern oder gar vollstän-
dig verhindern. Ein optimiertes Festwalzen kann durch Ausnutzen des Riss-
stopps die Dauerfestigkeit bis zu 200% oder 250% steigern und damit eine
mäßige Kerbwirkung voll kompensieren.

3.1.6
Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung

Nicht selten erfahren Bauteile eine Beanspruchung aus mehreren Kräften


bzw. Momenten, die sich in ihrer Größe unabhängig voneinander schwin-
gend verändern und damit eine mehrachsige Beanspruchung des schwing-
bruchkritischen Bauteilquerschnitts erzeugen.
Eine mehrachsige Schwingbeanspruchung kann recht verschiedenartige
und überaus komplexe Erscheinungsformen zeigen, aber bislang ist dazu
selbst für den Fall eines isotropen Werkstoffs noch kein allgemeingültiges
Berechnungsverfahren bekannt. Verfügbare Rechenverfahren sind viemehr in
ihrer Anwendbarkeit auf bestimmte Sonderfälle der mehrachsigen Schwing-
beanspruchung beschränkt; ihre Unterscheidung ergibt sich, wie nachfol-
gend noch ausgeführt wird, aus einer Betrachtung der sich unter Schwing-
beanspruchung einstellenden Größe und Richtung der Hauptspannungen.
240 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Der allgemeine Fall einer mehrachsig-stochastischen Schwingbeanspru-


chung lässt sich derzeit in verlässlicher Form nur experimentell abhandeln.
Die Veröffentlichungen [206–214] vermitteln einen Überblick des Kenntnis-
standes, wie er den nachstehenden Ausführungen zugrunde liegt. Darüber
hinausgehende neuere Entwicklungen sind in den Abschn. 3.3.5 und 3.3.7
unter Bezug auf die dafür relevanten Veröffentlichungen abgehandelt.
Ein Schwingbruch geht im Regelfall von der Bauteiloberfläche aus. Des-
halb ist vornehmlich der zweiachsige Spannungszustand der lastfreien Bau-
teiloberfläche am mutmaßlichen Ausgangspunkt des Schwingbruchs zu be-
trachten, also bei gekerbten Bauteilen der Spannungszustand im Kerbgrund.
Die Größe und Richtung der dort wirkenden Kerbspannungen ist zwar für
jeden Zeitpunkt und für den dann gerade vorliegenden Belastungszustand
eindeutig aus der Bauteilgeometrie und dem elastisch-plastischen Werkstoff-
verhalten bestimmbar. Vereinfachend wird aber zumeist elastisches Werk-
stoffverhalten vorausgesetzt. Weit weniger eindeutig ist vorhersagbar, wie
sich der Werkstoff unter der so gekennzeichneten mehrachsigen Schwingbe-
anspruchung verhält. Mit dieser Frage ist man auf Festigkeits-Hypothesen
angewiesen. Die Anwendungsgrenzen der Festigkeits-Hypothesen sind einer-
seits werkstoffabhängig und andererseits beanspruchungsabhängig zu be-
trachten. In ihrer übertragenen Anwendung auf elastische Kerbspannungen
oder auf Nennspannungen hingegen sind die streng genommen nur als for-
male Interaktionsgleichungen zu verstehen.

Festigkeits-Hypothesen abhängig vom Werkstoffverhalten


Die bekannten klassischen Festigkeits-Hypothesen [26] wurden ursprüng-
lich für den Fall der zügigen Beanspruchung erstellt und experimentell be-
stätigt. Mit ihrer Hilfe lässt sich der mehrachsige Spannungszustand im Bau-
teil auf einen fiktiven einachsigen Spannungszustand reduzieren. Das Ergeb-
nis ist eine Vergleichsspannung, die für einen mutmaßlichen Versagensme-
chanismus (z.B. Verformungs- oder Trennbruch) so definiert ist, dass ihre
Höhe mit dem unter einachsiger Beanspruchung ermittelten Festigkeits-
kennwert beurteilt werden kann.
In der Praxis finden die Gestaltänderungsenergie-Hypothese auf Bauteil-
versagen durch Fließen oder Schubbruch oder die Normalspannungs-Hypo-
these auf das Bauteilversagen durch verformungslosen Trennbruch Anwen-
dung. Die betreffenden Vergleichsspannungen errechnen sich nach bekann-
ten Formeln [26, 27]. Bei zweiachsigem Spannungszustand gilt für die Ge-
staltänderungsenergie-Hypothese
0
su = as 2 0008 2 2
x – sx · sy + s y + 3 · t xy , (3.1–38)

und für die Normalspannungs-Hypothese

su = 0,5 · [(sx + sy)2 + a0


(sx 0
– sy)206
+ 4 · t 2xy] . (3.1–39)
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 241

Auch bei mehrachsiger Schwingbeanspruchung kommen vorzugsweise die


Gestaltänderungsenergie-Hypothese und die Normalspannungs-Hypothese
zur Anwendung. Werkstoffmechanisch zutreffend sind dabei die Spannun-
gen sx , sy und txy als elastisch-plastische Kerbspannungen, vereinfachend
auch als elastische Kerbspannungen, finite-elementweise oder mit den ihnen
jeweils zuzuordnenden Formzahlen zu errechnen und in Ansatz zu bringen.
Statt der Spannungen im bauteilbezogenen Koordinatensystem können auch
die Hauptspannungen s1 und s 2 angesetzt werden. Beide Festigkeits-Hypo-
thesen werden, wie nachstehend zu Gl. (3.1–48) ausgeführt, in geeigneter
Schreibweise auch für Nennspannungen angewendet.
Statt der herkömmlichen Unterscheidung in duktile und spröde Werk-
stoffe ist es nach Liu und Zenner [210] auf dem Gebiet der Schwingfestigkeit
zweckdienlicher, von „fehlerfreien duktilen Werkstoffen“ als Anwendungs-
fälle für die Gestaltänderungsenergie-Hypothese oder die Schubspannungs-
intensitäts-Hypothese (s. im Folgenden) und von „fehlerbehafteten duktilen
oder spröden Werkstoffen“ als Anwendungsfälle für die Normalspannungs-
Hypothese zu sprechen. Ihre einleuchtende Begründung ist wie folgt: Bei
„fehlerfreien“ Werkstoffen, z.B. Stählen, entstehen Schwinganrisse durch ir-
reversible plastische Gleitungen; wichtig für die Rissentstehung sind hierbei
die Orientierung der Gleitebene und die Schubspannungsamplitude in dieser
Gleitebene. Bei fehlerbehafteten Werkstoffen, z.B. Grauguss mit Lamellen-
graphit, sind rissähnliche Fehler werkstoff- und fertigungsbedingt bereits
vorhanden, und die Schwinganrisse gehen i.Allg. von diesen Fehlern aus; da-
bei sind die Geometrie, Orientierung und Dichte der Fehler sowie die dort
wirkenden Normalspannungen entscheidend. Grauguss und Temperguss ge-
hören generell zu der letzteren Fallgruppe. Eine zutreffende werkstoffliche
Zuordnung mag jedoch im Einzelfall nicht immer eindeutig möglich sein.
In der FKM-Richtlinie [44] wird deshalb die Vergleichsspannung su (ge-
nauer: der aus su errechnete Auslastungsgrad a) in Abhängigkeit vom Ver-
hältnis der Schub-Wechselfestigkeit tW zur Zug-Druck-Wechselfestigkeit sW
als ein gewogenes Mittel aus der Vergleichsspannung su, GH nach der Gestalt-
änderungsenergie-Hypothese und der Vergleichsspannung su, NH nach der
Normalspannungs-Hypothese wie folgt ermittelt:
su = (1 – q) · su, GH + q · su, NH (3.1–40)
bzw. der Auslastungsgrad
a = (1 – q) · aGH + q · aNH (3.1–41)
mit
q = [a3
3 – (1 / fW,t)] / [a3
3 – 1] (3.1–42)
und
fW,t = tW / sW nach Tabelle 3.1–4. (3.1–43)
242 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Entsprechend gilt für Stahl mit tW / sW = 1 / a3 3 und q = 0 die Gestaltände-


rungsenergie-Hypothese, für randschichtgehärtete oder für geschweißte Bau-
teile mit q = 1 die Normalspannungs-Hypothese und für Grauguss mit
tW / sW = 0,85 und q = 0,76 ein gewogenes Mittel aus beiden Hypothesen.
Neben den genannten klassischen Hypothesen wurden weitere Festig-
keits-Hypothesen vorgeschlagen, die unter den jeweils gemachten Vorausset-
zungen zutreffendere Bewertungen mehrachsiger Beanspruchungszustände
liefern sollen. Nach [210] lassen sie sich einteilen in:
– Empirische Festigkeits-Hypothese, die durch Erweiterung der klassischen Hy-
pothesen für spezielle Anwendungsfälle formuliert wurden; ihre Anwendungs-
bereiche sind eingeschränkt auf spezifische Beanspruchungsbedingungen,
– Festigkeits-Hypothesen der kritischen Schnittebene, bei denen unter sys-
tematisch variierter Winkelorientierung von Schnittebenen diejenige be-
trachtet wird, in der aus den Amplituden und Mittelwerten der betreffen-
den Normal- und Schubspannungen nach einer klassischen oder speziel-
len Hypothese die größte Vergleichsspannung bzw. Schädigung resultiert,
Abb. 3.1–72 und 3.1–73; diese Hypothesen haben insbesondere für Finite-
Element-Berechnungen Bedeutung erlangt, Abschn. 3.3.7.
– Festigkeits-Hypothesen der integralen Anstrengung, bei denen die Ampli-
tuden und Mittelwerte der Normal- und Schubspannungen für alle mög-
lichen Schnittebenen als schädigungsrelevant betrachtet werden und über
ein geeignetes Integral summarisch in Ansatz kommen, Abb. 3.1–75; unter
entsprechenden Integrationsbedingungen sind die Gestaltänderungsener-
gie-Hypothese und die Schubspannungsintensitäts-Hypothese auf diese
Weise herleitbar.

Betrachtungen zur Invarianz


Eine wesentliche Anforderung an Festigkeits-Hypothesen ist, dass sie invari-
ant sind, d.h. dass sie unabhängig von dem gewählten Koordinatensystem
auf das gleiche Ergebnis führen [207]; dementsprechend lassen sie sich auch
mit den Invarianten des Spannungstensors schreiben [207, 208, 212].
Eine Verletzung der Invarianzbedingung kann aber auch durch die in An-
satz kommenden Werkstoffdaten bedingt sein. Sie entsteht beispielsweise
schon dadurch, dass sich die Neigungsexponenten der Wöhlerlinien ks = 5
für Normalspannungen und kt = 8 für Schubspannungen – wie beispiels-
weise nach der FKM-Richtlinie – unterscheiden:
Mit den Bezeichnungen nach Abb. 3.1–66 lauten die Transformationsglei-
chungen des Spannungstensors für eine um den Winkel j gedrehte Schnitt-
ebene, d.h. für den Übergang vom x-y-System auf das x-h-System:

sx = 0,5 · (sx + sy) + 0,5 · (sx – sy) · cos(2j) + txy · sin(2j) (3.1–44)
sh = 0,5 · (sx + sy) – 0,5 · (sx – sy) · cos(2j) – txy · sin(2j)
txh = – 0,5 · (sx – sy) · sin(2j) – txy · cos(2j)
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 243

Abb. 3.1–66. Zur Veranschaulichung der Transformationsgleichungen des Spannungs-


tensors vom x-y-System in ein gedrehtes x-h-System

Nach Gl. (2.1–19) lauten die betreffenden Gleichungen der Wöhlerlinien,


angeschrieben für die ertragbaren Nennspannungen abhängig von der
Schwingspielzahl N:
ertr Sa = SD · (N / ND)– 1/5 , (3.1–45)
ertr Ta = TD · (N / ND)– 1/8 ,
wobei nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese gilt:
TD = (1 / a3
3) · SD . (3.1–46)
Mit diesen ertragbaren Werten dieser Normal- bzw. Schubspannungen lässt
sich mit sD = sW die Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungsenergie-
Hypothese in der bezogenen Schreibweise der Interaktionsgleichung nach
Gl. (3.1–48) für das x-h-System schreiben als:

0000000000
        
su Sx 2 Sx Sh Sh 2 Txh 2
5 = 0 + · + +
sD ertr S2x 0
ertr S2x 02
ertr Sh 02
ertr Sh 04
ertr Txh
(3.1–45)
Damit lassen sich die vorstehenden Beziehungen beispielsweise für einen ein-
achsig auf Zug beanspruchten ungekerbten Stab, das heißt mit Sy = ertr Sa (N),
Sx = 0, Txy = 0 abhängig vom Winkel j und für ausgewählte Werte der
Schwingspielzahl N numerisch auswerten.
Tabelle 3.1–4 enthält (für sD = 1 gerechnet) die Werte der Vergleichsspan-
nung su abhängig vom Winkel j relativ zum Wert der Vergleichsspannung su
für j = 0. Gerechnet wurde einmal für den (gemeinsamen) Abknickpunkt
der Wöhlerlinien, also für N = ND = 106, und zum anderen für die Schwing-
244 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Tabelle 3.1–4. Bezogene Werte der Vergleichsspannung su für einen zugbeanspruchten un-
gekerbten Stab abhängig vom Winkel j, den die betrachtete Schnittebene mit der Zug-
spannung einnimmt, errechnet einmal für die Schwingspielzahl N = 106 am Abknick-
punkt der Wöhlerlinie und zum anderen für die Schwingspielzahl N = 104 im Zeitfestig-
keitsbereich

[Vergleichsspannung su für j]/[Vergleichsspannung su für j = 0]

Winkel j bei N = 106 bei N = 104 bei N = 104


ks = 5, kt = 8 ks = 5, kt = 5 ks = 5, kt = 8

0° 1,00 1,00 1,00


15° 1,00 1,00 1,09
30° 1,00 1,00 1,25
45° 1,00 1,00 1,32 !
60° 1,00 1,00 1,25
75° 1,00 1,00 1,09
90° 1,00 1,00 1,00

spielzahl N = 104 im Zeitfestigkeitsbereich. Dort ist die ertragbare Schub-


spannung nicht wie am Abknickpunkt im Verhältnis (1/ a3 3 ) = 0,58:1, son-
dern (wegen des flacheren Verlaufs der Schubspannungs-Wöhlerlinie) etwa
im Verhältnis 0,41:1 kleiner als die ertragbare Nennspannung.
Der Auswertung ist zu entnehmen: am Abknickpunkt bei N = ND = 106
(linke Ergebnisspalte) ist die Invarianzbedingung erfüllt, so wie es für die
Gestaltänderungsenergie-Hypothese zu erwarten ist. Sie ist auch im Zeit-
festigkeitsbereich bei N = 104 erfüllt, wenn die Auswertung mit ks = kt , also
mit gleicher Neigung der Normalspannungs- und Schubspannungs-Wöhler-
linien geschieht. Die Invarianzbedingung ist jedoch nicht mehr erfüllt, wenn
die Neigungsexponenten mit ks = 5 und kt = 8 unterschiedlich sind: für eine
Schnittebene unter 45° errechnet sich dann eine um 32% höhere Vergleichs-
spannung!
Bei Schweißverbindungen besteht nach den IIW-Empfehlungen [43] und
nach dem Eurocode 3 [48] mit den dort angegebenen Neigungsexponenten
ks = 3 und kt = 5 eine entsprechende Problematik; sie wird aber noch
dadurch bedeutsamer, dass sich neben den Neigungsexponenten auch noch
die Schwingspielzahlen an den Abknickpunkten der Normalspannungs-
und Schubspannungs-Wöhlerlinien mit ND,s = 106 bzw. ND, t = 108 erheblich
unterscheiden.
Bisher findet diese Problematik noch in keinem der Regelwerke Beach-
tung. Aber auch der Grund für die experimentell eindeutig belegten Unter-
schiede der Normalspannungs- und Schubspannungs-Wöhlerlinien ist bis-
her noch nicht gefunden. Es ist nicht absehbar, inwieweit mitgeteilte Ergeb-
nisse aus Zeitfestigkeits- und Betriebsfestigkeits-Versuchen von diesem
Widerspruch zwischen Versuch und Theorie beeinflusst sind. In diesem
Punkt besteht offensichtlicher Forschungsbedarf.
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 245

Anpassung an richtungsabhängige Werkstoffeigenschaften


Die vorstehenden Formeln bzw. Hypothesen beruhen auf der Voraussetzung
isotroper Werkstoffeigenschaften, d.h. es wird ein gleiches Werkstoffverhal-
ten bei Zug und Druck, wie auch in x- und y-Richtung im Bauteil postuliert.
Dementsprechend lassen sich die ertragbaren Spannungskombinationen für
den zweiachsigen Spannungszustand einer lastfreien Bauteiloberfläche
durch einfache Grenzlinien in einem Interaktionsdiagramm darstellen, z.B.
als Funktion der beiden Hauptspannungen oder als Funktion kombinierter
Normal- und Schubspannungen, Abb. 3.1–67.
Wenn anisotrope, d.h. richtungsabhängige Werkstoffeigenschaften vorlie-
gen, so bedeutet dies ein zusätzliches Erschwernis. Doch ist für diesen Fall
eine pragmatische Anpassung der Festigkeits-Hypothesen derart denkbar,
dass die Achsenabschnitte der Grenzkurven entsprechend verzerrt werden,
Abb. 3.1–68; die Form der Grenzkurve bleibt dabei gewahrt. Diese Anpas-
sung stellt eine affine Abbildung im Verhältnis der richtungsabhängigen
Schwingfestigkeitswerte dar.
In gleicher Weise muss auch eine Anpassung geschehen, wenn statt mit
Kerbspannungen mit Nennspannungen gerechnet werden soll und wenn da-
bei für die sx-, sy- und die txy-Richtung aufgrund unterschiedlicher Form-
zahlen akx ⫽ aky ⫽ akxy unterschiedliche ertragbare Nennspannungen SDx ,
SDy und TDxy gelten. Mit
sx = Sx · akx und SDx = sW / akx ,
sy = Sy · aky und SDy = sW / aky , (3.1–47)
txy = Txy · akxy und TDxy = tW / akxy ,

a b

Abb. 3.1–67a, b. Proportionale Wechselbeanspruchung: a Grenzlinien für phasengleich


kombinierte Hauptnormalspannungen und b Grenzlinien für phasengleich kombinierte
Normal- und Schubspannungen; NH = Normalspannungs-Hypothese, GEH = Gestalt-
änderungsenergie-Hypothese, SH = Schubspannungs-Hypothese [206]
246 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–68. Mögliche Anpassung der Festigkeits-Hypothesen an richtungsabhängige


Schwingfestigkeits-Eigenschaften [206]; vergl. Abb. 3.1–67

lässt sich für den Fall der Gestaltänderungsenergie-Hypothese Gl. (3.1–38)


schreiben als

          
sy 2 Sx 2 Sy 2 Sx Sy Txy 2
5
sW
= 6 + 6 – 6 · 6 + 8
SDx SDy SDx SDy TDxy
(3.1–35)

und in dieser Form verallgemeinern, wie es z.B. für DIN 15018 [41] ge-
schah.
Entsprechend ergibt sich für den Fall der Normalspannungs-Hypothese
aus Gl. (3.1–45)
60009
      
su Sx Sy Sx Sy 2 Txy 2
5
sw
= 0,5 · 6 + 6 +
SDx SDy 6
S
– 6
S
+ 4 · 8
T
(3.1–49)
Dx Dy Dxy

Besonderheiten der Bauteilgestalt

Entscheidend für die Anwendung der genannten Festigkeits-Hypothesen ist


die Voraussetzung, dass die angesetzten Spannungskomponenten für den be-
trachteten Systempunkt gelten. Je nach Bauteilgestalt können die Maximal-
werte der Beanspruchung aus verschiedenen auf ein Bauteil einwirkenden
Belastungen in ein und demselben Systempunkt zusammenfallen oder aber
an unterschiedlichen Systempunkten auftreten. So fallen z.B. die Maximal-
werte bei einer Welle mit v-förmiger Umlaufkerbe im Kerbgrund zusammen.
Insbesondere bei realen Bauteilen treten sie aber oftmals an unterschied-
lichen Systempunkten auf. In einfacher Weise verdeutlicht wird dieser Sach-
verhalt bei einer unendlichen Scheibe mit Kreisloch unter zweiachsiger
Längs- und Schubbeanspruchung [211], bei der die daraus entstehenden
Tangentialspannungen st am Lochrand aus den Nennspannungen in x-Rich-
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 247

tung wie in y-Richtung mit ak,x = ak,y = 3 und in xy-Schubrichtung mit


ak, xy = 4 beschrieben werden durch
st,x = 3 · Sx · (1 + 2 · cos 2 b)
st,y = 3 · Sy · (1 – 2 · cos 2 b) (3.1–50)
st,xy = 4 · Txy · 2 · sin 2 b

Für unterschiedliche zufallsartige Zeitabläufe von Sx , Sy und Txy muss des-


halb für jeden Punkt des Lochrandes abgeprüft werden, wo aus der Über-
lagerung der drei Beanspruchungskomponenten die größte Schädigung auf-
tritt. Denn grundsätzlich gilt es bei Bauteilen mit einer mehraxialen Belas-
tung zu beachten, dass der Punkt der maximalen Schädigung nicht identisch
sein muss mit dem Punkt, an dem (z.B. aus einer Finite-Element-Rechnung)
die höchste Beanspruchung aus einer statischen Überlagerung der jeweiligen
Maximalwerte der Zeitabläufe gefunden wird. Der Grund ist, dass die maß-
geblichen Schädigungsbeiträge im Allgemeinen aus kleineren Amplituden
mit ihrer größeren Häufigkeit entstehen.

Besonderheiten der Beanspruchungssituation


Bei einer mehrachsigen Beanspruchungssituation gilt es zwischen vier Fällen
wie folgt zu unterscheiden:
Trivialer Fall einer additiven Beanspruchung
Eine mehrachsige Einwirkung von Schwinglasten muss nicht zwangsläufig
auf eine mehrachsige Beanspruchung führen, sondern sie kann durchaus
eine örtlich einachsige Beanspruchung bedingen, wie schon aus dem vorste-
henden Beispiel der Lochscheibe erkennbar ist. Dieser Fall ist u.a. gegeben
[211] für
– Außenkanten von Bauteilen generell,
– ungekerbte Wellen unter Normalkraft und Biegung in zwei Ebenen,
– gekerbte gerade oder verzweigte Flachstäben unter Biegung, Normal- und
Querkraft,
– Scheiben mit Innen- oder Außenkerben unter Normalkraft und Schub,
sowie
– Rohre mit Querbohrungen oder Kerben unter Normalkraft, Biegung und
Torsion.
Als praktisches Beispiel sei dazu das Bauteil nach Abb. 3.1–69 betrachtet,
das einer Biegebeanspruchung aus den rechtwinklig zueinander wirkenden
Kräften Fx und Fy ausgesetzt ist. Für den Punkt A sind die aus Fx und
Fy entstehenden einachsigen Biegespannungen für jeden Zeitpunkt additiv
zu überlagern, um die maßgebliche Beanspruchungs-Zeit-Funktion zu er-
halten.
248 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–69. Mehrachsial


unabhängig schwingende
Kräfte Fx und Fy an einem
Lagerbock und additive
Überlagerung der daraus
entstehenden Biegespan-
nungen im Punkt A

Schwingen die Kräfte Fx und Fy und die daraus entstehenden Biegespan-


nungen Sx (t) und Sy (t) jeweils determiniert mit zwar verschiedener, aber
doch konstanter Amplitude und Frequenz, so lässt sich die daraus entste-
hende Beanspruchungs-Zeit-Funktion S(t) als Überlagerung der Spannun-
gen Sx (t) und Sy (t) ableiten als

S (t) = Sx (t) + Sy (t) (3.1–51)

und gemäß den vorstehenden Ausführungen sowie nach Abschn. 2.2.6 aus-
werten.
Schwingen die Kräfte Fx und Fy und damit die daraus entstehenden Bie-
gespannungen Sx (t) und Sy (t) jeweils stochastisch in der Art eines schmal-
bandigen Gauß’schen Zufallsprozesses, so gelten nach Gl. (3.1–51) für deren
Überlagerung die folgenden Beziehungen. Sie lassen sich nach Abschn. 2.3.2
ableiten, indem die betreffenden Leistungsspektren Gx (w) für Sx (t) und
Gy (w) für Sy (t) zum Leistungsspektrum G (w) der entstehenden Beanspru-
chungs-Zeit-Funktion S(t) überlagert werden:

G(w) = Gx (w) + Gy (w) . (3.1–52)

Daraus folgt für den rms-Wert der Spannungs-Zeit-Funktion aus Gl. (2.3–10):
• •
2 = 1/(2p) ∫ G(w) · dw = 1/(2p) · ∫ [G (w) + G (w)] · dw .
S rms (3.1–53)
x y
0 0

• •
= 1/ (2p) · ∫ Gx (w) · dw + 1 / (2p) · ∫ Gy (w) · dw ,
0 0

S 2rms = Srms,
2 2
x + Srms, y . (3.1–54)

Für die sekündliche Mittelwert-Durchgangszahl H0 folgt entsprechend aus


Gl. (2.3–13):
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 249

 
• • 1/2
H0 = 1 / (2p) · ∫ w2 · G(w) · dw / ∫ G(w) · dw ,
0 0

 
• 1/2
= 1 / (2p) · ∫ w2 · G(w) · dw / (2 · S 2rms) , (3.1–55)
0

 
• • 1/2
= 1 / (2p) · ∫ w2 · Gx (w) · dw + ∫ w2 · Gy (w) · dw) / (2 · S 2rms ,
0 0

 

H 20 = 1 / (2p)2 · ∫ w2 · Gx (w) · dw / (2 · Srms,
2 2 2
x) · (S rms, x / S rms)
0

 

+ 1/ (2p)2 · ∫ w2 · Gy (w) · dw / (2 · S rms,
2 2 2
y) · (S rms, y / S rms) , (3.1–56)
0

H 02 = H0,2 x · (Srms,
2 2 2 2 2
x / Srms) + H 0, y · (Srms, y / S rms) . (3.1–57)

Die hier abgeleiteten Gln. (3.1–54) und (3.1–57) lassen sich unschwer auch
auf den Fall von drei zu überlagernden stochastischen Funktionen um-
schreiben.

Einfacher Fall einer proportionalen Beanspruchung


Selbst Bauteile, die aus einer einzelnen Kraft, einem einzelnen Moment oder
allein aus Innendruck schwingend beansprucht sind, können im schwing-
bruchkritischen Querschnitt einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung
unterliegen. Es handelt sich dann um eine proportionale mehrachsige
Schwingbeanspruchung. Beispiele sind der Querschnitt mit umlaufender
Kerbe bei einem zylindrischen Zugstab, Abb. 3.1–3, der Einspannquerschnitt
eines außermittig beanspruchten Kragarms, Abb. 3.1–70, oder die Wand ei-
nes Behälters unter Innendruck.
Eine proportionale Beanspruchung liegt auch dann vor, wenn zwar meh-
rere Kräfte oder Momente einwirken, diese sich ihrerseits aber proportional,

Abb. 3.1–70. Außermittige Be-


anspruchung eines Kragarmes
durch Einzelkraft F oder
gleichwertige, proportionale
Beanspruchung durch Quer-
kraft Q und Drehmoment Mt
250 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

d.h. streng synchron und stets in gleichem Verhältnis ändern, denn solche
Kräfte und Momente könnten zu einer resultierenden Einzelkraft zusam-
mengefasst werden, wie z.B. in Abb. 3.1–70 mit der Aufteilung von F in Q und
Mt gezeigt.
In all diesen Fällen einer proportionalen Beanspruchung ist der mehrach-
sige Beanspruchungszustand dadurch gekennzeichnet, dass die Hauptspan-
nungen zu jedem Zeitpunkt der Schwingbeanspruchung in ihrer Richtung
körperfest und, ebenso wie alle anderen Beanspruchungswerte, in ihrer Grö-
ße zeitlich verhältnisgleich sind. Daher sind die Beträge der Spannungskom-
ponenten, wie auch ihre untereinander gleichartigen Spannungskollektive,
mit konstanten Faktoren umrechenbar. Die Schwingbeanspruchung kann
entweder konstante oder stochastisch veränderliche Amplituden aufweisen,
was für ihre rechnerische Behandlung keinen grundsätzlichen Unterschied
ausmacht.
Die Gestaltänderungsenergie-Hypothese bzw. die Normalspannungs-Hy-
pothese sind für eine Berechnung mit örtlichen Spannungen, ebenso wie die
entsprechenden Interaktionsformeln Gl. (3.1–48) und Gl. (3.1–49) für eine
Berechnung mit Nennspannungen, unter Beachtung der werkstofflichen Ab-
grenzung für den Fall einer proportionalen Schwingbeanspruchung als
werkstoffmechanisch exakt zutreffend zu erachten. In der Verfahrensweise
der FKM-Richtlinie wird über die jeweils anzuwendende Hypothese oder
über ein gewogenes Mittel beider Hypothesen nach Gl. (3.1–38) bis Gl.
(3.1–44) anhand des Verhältnisses tW / sW bzw. des Faktors fW, t nach Tabelle
3.1–2 entschieden. Eine gegenphasig schwingende Spannungsamplitude
muss dabei mit negativem Vorzeichen eingesetzt werden. Die so zu errech-
nende und ebenfalls proportional schwingende Vergleichsspannung wird mit
den entsprechenden Schwingfestigkeitswerten des einachsigen Beanspru-
chungsfalles beurteilt.

Erweiterter Fall einer synchronen Beanspruchung


Eine synchrone mehrachsige Schwingbeanspruchung ist hinsichtlich der
Amplituden proportional, aber hinsichtlich deren Mittelwerte nichtpropor-
tional. Von daher ist sie ein vergleichsweise einfacher Fall einer nichtpropor-
tionalen Beanspruchung. Sie entsteht beim Zusammenwirken einer zeitlich
veränderlichen Belastung mit einer zweiten, konstanten Belastung. Beispiele
sind der lange, liegende, zylindrische Behälter unter pulsierendem Innen-
druck, bei dem die Längsspannung durch die additiv überlagerte Biegespan-
nung aus dem Eigengewicht nichtproportional zur Umfangsspannung ist,
oder auch die umlaufbiegebeanspruchte Welle mit einer konstanten Tor-
sionsbelastung.
Nach der FKM-Richtlinie [44] können die für proportionale Beanspru-
chung geltenden Interaktionsformeln in brauchbarer Näherung auch für
die Berechnung bei synchroner Beanspruchung angewendet werden, um
zum einen aus den zueinander proportionalen Spannungsamplituden eine
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 251

Vergleichs-Spannungsamplitude und zum anderen aus den Mittelspannun-


gen eine Vergleichs-Mittelspannung zu errechnen, die der Vergleichs-
Spannungsamplitude zugeordnet wird; auch eine konstante Spannungs-
komponente (wie die konstante Verdrehspannung beim vorgenannten Bei-
spiel der Welle) rechnet dabei als Mittelspannung. Die Begründung für diese
Verfahrensweise ist, dass die Schwingfestigkeit in erster Linie durch die zu-
einander proportionalen Spannungsamplituden bestimmt wird. Dabei ge-
schieht die Berechnung der Vergleichs-Spannungsamplitude wie auch der
Vergleichs-Mittelspannung entsprechend Gl. (3.1–38) bis Gl. (3.1–43) nach
der kombinierten Hypothese mit dem Faktor fW, t nach Tabelle 3.1–2. Zur Be-
urteilung der sich ergebenden äquivalenten Vergleichs-Spannungsamplitude
ist die bei R = –1 als dauerfest anzusetzende Spannungsamplitude heranzu-
ziehen.
Ein verbessertes Verfahren zur Berechnung der Dauerfestigkeit bei syn-
chron mehrachsigen Spannungen ist in der nachstehend beschriebenen
Schubspannungsintensitäts-Hypothese zu sehen.

Allgemeiner Fall einer nichtproportional mehrachsigen Beanspruchung


Schwierigere und heute noch keineswegs allgemein gelöste Probleme erge-
ben sich, wenn die Komponenten der mehrachsigen Beanspruchung phasen-
verschoben schwingen, wenn sie unterschiedliche Frequenzen aufweisen,
oder wenn sie unterschiedlich mit jeweils veränderlichen Amplituden
schwingen. Solche nichtproportionale mehrachsige Beanspruchungen entste-
hen, wenn auf das Bauteil zwei oder mehrere verschiedenartige und in unter-
schiedlicher Weise zeitlich veränderliche Belastungen einwirken. In all die-
sen Fällen sind die Beträge und die Richtungen der Hauptspannungen ver-
änderlich. Für die einzelnen Belastungen und für die daraus entstehenden
Spannungskomponenten gelten im Allgemeinen unterschiedliche Kollektive.
Für diese allgemeineren Fälle der nichtproportional mehrachsigen Bean-
spruchung sind bislang nur Lösungen für Sonderfälle bekannt. Eine generel-
le Anwendung der Festigkeits-Hypothesen stößt hierbei auf Schwierigkeiten
grundsätzlicher Art, weil sich trotz richtungsbehafteter Spannungskompo-
nenten eine Vergleichsspannung lediglich als skalare Größe ergibt. Der damit
verbundene Informationsverlust ist immer dann von Nachteil, wenn die Ver-
gleichsspannung als Tensor beschrieben, auch in ihrer Richtung relativ zum
körperfesten Achsensystem schwingt. Die für proportionale Beanspruchung
angegebenen Formeln zur Berechnung einer Vergleichsspannung sind dann
nicht anwendbar.
Eine Näherungslösung für die Berechnung bei nichtproportionaler mehr-
achsiger Beanspruchung wird in der FKM-Richtlinie [44] in der Form einer
speziellen Vorgehensweise angegeben. Gedanklicher Ausgangspunkt dabei
ist nicht der örtlich mehrachsige Beanspruchungszustand, sondern eine je-
weils gesonderte Betrachtung der einzelnen, primär auf das Bauteil einwir-
kenden Belastungen I, II, usw.
252 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Denn jede dieser Belastungen erzeugt, für sich betrachtet, im Nachweis-


punkt eine proportionale Beanspruchung, für die die Vergleichsspannung su
und daraus der Auslastungsgrad
a = su / zul su (3.1–58)
werkstofflich zutreffend errechnet werden kann. Für die Interaktion der ein-
zelnen Belastungen wird sodann im Sinne einer auf der sicheren Seite zu se-
henden Annahme unterstellt, dass die nach Gl. (3.1–58) ermittelten Einzel-
werte des Auslastungsgrades aI , aII , usw. linear zum Gesamtauslastungsgrad
aufzuaddieren sind:
ages = aI + aII + usw. (3.1–59)

Ein allgemeiner Interaktions-Ansatz, wie ihn auch schon Naubereit vor-


schlug [215], Abb. 3.1–71, wäre

ages = [aIZ + aIIZ + usw.]1/Z . (3.1–60)

Die aufgetragenen 159 Versuchspunkte werden eingegrenzt durch die Kur-


ven für Z = 2,6 und Z = 1,2. Es ist anzunehmen, dass sie alle für pro-
portionale Beanspruchung erhalten wurden. Zum Vergleich eingezeichnet
sind die Kurven für die Normalspannungs-Hypothese 1 mit Z ≈ 1,5,
für die Hauptdehnungs-Hypothese 2 mit Z ≈ 1,6 und für die Gestalt-
änderungsenergie-Hypothese 3 mit Z = 2. Nachgetragen in dieser Ab-
bildung ist die Kurve für Z = 1 entsprechend der Interaktionsformel nach
Gl. (3.1–59).
Ein Wert Z = k (mit k als Neigungsexponent der Wöhlerlinien-Gleichung)
träfe als oberer Grenzfall dann zu, wenn die einzelnen Belastungen ohne jede
Interaktion zeitlich alternierend aufeinanderfolgen würden und dementspre-
chend die jeweiligen, zu s k verhältnisgleichen Einzel-Schädigungssummen
zu addieren wären. Eine entsprechende Interaktionsgleichung für Normal-
und Schubspannungen, wie sie im Eurocode 3 für Schweißverbindungen vor-
gegeben ist, lautet:

     
su ks Sx ks Txy kt
5 = 6 + 8 (3.1–61)
sw SDx TDxy

mit ks = 5 und kt = 8 für ungeschweißte Bauteile bzw. ks = 3 und kt = 5 für


Schweißverbindungen.
Versuche mit einer häufig alternierenden Biege- und Verdrehbeanspru-
chung zeigen jedoch, dass dabei eine Interaktion auftritt, die allein durch
Addition der Schädigungssummen unterschätzt wird [210]. Die betreffenden
Versuchspunkte würden unterhalb der Kurve für Z = k liegen.
Mit Z = 1 und der linearen Addition nach Gl. (3.1–59) wird eine extrem
ausgeprägte Interaktion unterstellt. Von der entsprechenden Interaktions-
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 253

Abb. 3.1–71. Auftragung nach Naubereit [215] von Versuchsergebnissen für (proportiona-
le) Biege- und Torsionsbeanspruchung in einem Interaktionsdiagramm im Vergleich zur
Normalspannungs-Hypothese 1, zur Hauptdehnungs-Hypothese 2 und zur Gestaltände-
rungsenergie-Hypothese 3, sowie Grenzkurven an die Versuchswerte mit Z = 2,6 und Z =
1,2 nach Gl. (3.1–60), ergänzt um die untere Grenzkurve mit Z = 1,0, wie sie nach der
FKM-Richtlinie für nichtproportionale Beanspruchungen vorgesehen ist [44]

kurve darf angenommen werden, dass sie auch in ungünstigen Beanspru-


chungsfällen als untere Grenzkurve auf der sicheren Seite liegt. In einer
etwas anderen Auftragung für die Hauptspannungen, Abb. 3.1–74, wird sie
auch im Vergleich zu Kurven für phasenverschobene, also nichtproportionale
Beanspruchung als solche ersichtlich.
Dennoch besteht ein notwendiger Vorbehalt bei dieser Vorgehensweise
nach der FKM-Richtlinie dahingehend, dass in jedem Anwendungsfall die
vorliegende Beanspruchungssituation eine sorgfältige Analyse und das er-
haltene Ergebnis eine kritische Bewertung erfahren müssen.
Verfeinerte Berechnungsmethoden für nichtproportionale mehrachsige
Beanspruchungen sind mit der Methode der kritischen Schnittebene und mit
der Schubspannungsintensitäts-Hypothese verfügbar; sie sind jedoch rechen-
aufwendig.
254 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Methode der kritischen Schnittebene


Bei der Methode der kritischen Schnittebene [216] wird die Betrachtung
vom Hauptspannungsgerüst losgelöst und statt dessen für körperfeste
Schnittebenen vorgenommen. Für die in ihrer Winkelorientierung systema-
tisch variierten Schnittebenen werden die dort wirkenden Normal- und
Schubspannungen in Mittelspannungs- und Amplituden-Anteile aufgeteilt,
Abb. 3.1–72. Beide Anteile werden gesondert nach einer Festigkeits-Hypo-
these zusammengefasst und für die Festigkeitsbeurteilung dahingehend aus-
gewertet, in welcher Schnittebene sich die maximale Vergleichsspannung
bzw. nach Abschn. 3.2 die maximale Schädigungssumme ergibt. Diese Aus-
wertung und Beurteilung geschieht in den entsprechenden Rechnerpro-
grammen analytisch im Hintergrund. Anschaulich für den Fall eines Dauer-
festigkeitsnachweises dargestellt, lässt sich die Vergleichsspannung punkt-
weise als Beanspruchungs-Charakteristik im werkstoffspezifischen Dauer-
festigkeits-Schaubild auftragen, Abb. 3.1–73. Durch den Punkt der Bean-
spruchungs-Charakteristik mit dem geringsten Abstand zur Grenzlinie des
Dauerfestigkeits-Schaubildes ist die kritische Beanspruchungshöhe und die
ihr zugeordnete Schnittebene bestimmt [217].
Konsequent auf die Oktaederebene und sämtliche Oktaederspannungen
in ihrem Einfluss auf das Festigkeitsverhalten übertragen, führt das Verfah-
ren der kritischen Schnittebene auf die Oktaederspannungs-Hypothese, die

Abb. 3.1–72. Aufteilung der Amplituden- und Mittelspannungsanteile für die Normal-
und Schubspannungen in Schnittebenen unter dem Winkel y [206]
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 255

Abb. 3.1–73. Beanspruchungs-Charakteristik aufgetragen im werkstoffspezifischen Dauer-


festigkeits-Schaubild [217]

eine Erweiterung der Mises-Fließbedingung nach Nadaj darstellt [218]. Ihre


Anwendung auf gleichfrequente, aber phasenverschobene Wechselbeanspru-
chung durch Normalspannungen konstanter Amplitude führt mit den Grenz-
kurven nach Abb. 3.1–74 auf eine experimentell für den Dauerfestigkeits-
nachweis gut abgesicherte Erweiterung der Gestaltänderungsenergie-Hypo-
these.

Abb. 3.1–74. Grenzlinien


nach der Oktaederspan-
nungs-Hypothese für gleich-
frequente, phasenverscho-
bene Normalspannungen
konstanter Amplitude [218];
die Grenzlinien für die
Phasenwinkel d = 0° und
d = 180° entsprechen der
Gestaltänderungsenergie-
Hypothese
256 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Schubspannungsintensitäts-Hypothese
Die Schubspannungsintensitäts-Hypothese [219, 220] gilt für verformungs-
fähige Werkstoffe und leitet sich aus der Interpretation der Mises-Fließ-
bedingung nach Novozhilov ab. Bei ihr wird unterstellt, dass die Schubspan-
nungen sämtlicher Schnittebenen zum Versagen durch Schwingbruch beitra-
gen. Dementsprechend wird die maßgebliche Schubspannung durch Integra-
tion der Schubspannungen über alle Schnittebenen einer Kugeloberfläche
gebildet, Abb. 3.1–75. Der allgemeine Charakter der Schubspannungsinten-
sitäts-Hypothese wird unter anderem daraus deutlich, dass sie die Schub-
spannungs-Hypothese (bei einer Integration nur über den Kugeläquator)
und die Gestaltänderungsenergie-Hypothese (bei einer Integration nur über
den Breitenkreis für 63,4°) als Sonderfälle beinhaltet.
Übereinstimmend mit der Oktaederspannungs-Hypothese führt die
Schubspannungsintensitäts-Hypothese bei gleichfrequenten, phasenverscho-
benen Normalspannungen zu einem Abfall der Dauerfestigkeit bis auf den
Wert der Verdrehfestigkeit bei 180° Phasenverschiebung, Abb. 3.1–74, bei
einer gleichfrequenten, phasenverschobenen Normal- und Schubbean-
spruchung hingegen auf einen unveränderten oder geringfügig höheren
Schwingfestigkeitswert als bei gleichphasigem Verlauf [206].
Etwa vorhandene Mittelspannungen können über die Normalspannungs-
komponenten in ihrem Einfluss auf die ertragbare Schubspannungsamplitu-
de durch einen linearen [162] oder quadratischen Ansatz [220] berücksich-
tigt werden. Für synchrone Beanspruchungen mit beliebig überlagerten
Mittelspannungen lässt sich hingegen eine vereinfachte Berechnung der
Dauerfestigkeit ungekerbter Querschnitte aus der Schubspannungsinten-

Abb. 3.1–75. Prinzip der


Schubspannungsintensitäts-
Hypothese, aus [218]
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 257

sitäts-Hypothese angeben, die in guter Übereinstimmung mit einer Vielzahl


von Versuchsreihen gefunden wird [221].
Die Schubspannungsintensitäts-Hypothese kann zur Zeit als die zuverläs-
sigste Hypothese zur Beurteilung einer frequenzgleichen, aber phasenver-
schobenen oder auch einer nicht frequenzgleichen mehrachsigen Schwing-
beanspruchung verformungsfähiger Werkstoffe gelten, wenngleich ihre expe-
rimentelle Absicherung noch nicht sehr breit, d.h. vornehmlich nur für die
Dauerfestigkeit ungekerbter Querschnitte, erfolgte. Außerdem bedürfen ge-
wisse werkstoffliche Besonderheiten noch einer Klärung. Eine praktische Ein-
schränkung ergibt sich auch aus dem beträchtlichen Rechenaufwand [51].
An Lösungsansätzen für den allgemeinen Fall einer mehrachsigen Bean-
spruchung gekerbter Bauteile im Bereich der Zeitfestigkeit oder der Betriebs-
festigkeit wurde und wird gearbeitet. Diese neueren Arbeiten gehen aus von
der Erkenntnis, dass die Entwicklung einer zutreffenden Festigkeits-Hypo-
these angesichts der Komplexität und Parametervielfalt mehrachsig und vor
allem nichtproportional schwingender Beanspruchungen auf empirischem
Weg kaum möglich sein dürfte. Vielmehr hat es sich als unumgänglich er-
wiesen, dass die elastisch-plastischen Spannungs-Dehnungs-Abläufe am
schwingbruchgefährdeten Systempunkt des betrachteten Bauteils rechne-
risch abgebildet und in geeigneter Weise in Verallgemeinerung des Kerb-
grund-Konzeptes, Abschn. 3.3, bewertet werden müssen, Abschn. 3.3–7.

Empfehlungen für das praktische Vorgehen


Für eine Beurteilung anhand von ertragbaren oder zulässigen Spannungs-
werten ist es ein bewährter Grundsatz, die einzelnen Komponenten einer
mehrachsigen Beanspruchung zunächst jeweils gesondert für sich abzuhan-
deln. Bei stochastischer Schwingbeanspruchung wird dazu für den jeweiligen
zeitlichen Beanspruchungsablauf eine Schädigungsrechnung nach Abschn.
3.2 durchgeführt. Einmal wird mit einem solchen Vorgehen ausgeschlossen,
dass bei der Gestaltänderungsenergie-Hypothese für zwei Normalspan-
nungskomponenten sx und sy wegen des Terms (– sx · sy) bei gleichzeitiger
Einwirkung höhere ertragbare Werte in Ansatz kommen können als es für
eine von ihnen alleine zuträfe.
In jedem Fall wird aus dieser Einzelbetrachtung ersichtlich, welche Kom-
ponente der Beanspruchung den vorherrschenden Schädigungsanteil liefert.
Sollte danach schon eine der Komponenten für sich alleine eine unzulässige
Höhe erreichen, würde sich jede weitere Rechnung erübrigen.
Entsprechend wird bei vorherrschender Schubbeanspruchung zweckmä-
ßig auch mit einer Vergleichs-Schubspannung und mit einer Wöhler- oder
Lebensdauerlinie der ertragbaren Schubspannung weitergerechnet, wie um-
gekehrt bei vorherrschender Normalspannungskomponente auch die weite-
re Berechnung auf der Grundlage von Normalspannungen geschieht. Durch
dieses Vorgehen werden nachteilige Einflüsse aus einer oft nur vereinfachend
zutreffenden Festigkeits-Hypothese minimiert.
258 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Angesichts der Situation, dass noch keine allgemein verlässlich anwend-


bare Festigkeits-Hypothese existiert, ist nach heutigem Stand der Technik ein
experimenteller Betriebsfestigkeits-Nachweis vorzusehen, wenn eine opti-
male Auslastung der Bauteilfestigkeit bei nichtproportional mehrachsigen
Spannungen ohne sicherheitliches Risiko erreicht werden soll.
Gerade bei finite-element-weise berechneten Spannungszuständen wer-
den häufig mehrachsige Spannungskomponenten sx , sy , txy allein deshalb
ausgewiesen, weil das bauteilfeste Koordinatensystem gegenüber den Haupt-
spannungsrichtungen gedreht ist; ein kennzeichnendes Beispiel dafür sind
die mehrachsigen Spannungen in der schrägen Schnittebene an einem ein-
achsig beanspruchten Zugstab nach Gl. (3.1–44).
Ganz allgemein lässt sich feststellen, dass ausgeprägte mehrachsige nicht-
proportionale oder nichtsynchrone Beanspruchungen an schwingbruchkriti-
schen Systempunkten ausgesprochen selten sind. Oftmals handelt es sich
vorrangig um die proportionale Beanspruchung aus einer bestimmten Ein-
zelbelastung, während die zusätzlich einwirkenden Belastungen in ihrer
Beanspruchungshöhe deutlich geringer sind. Um so vertrauenswürdiger ist
denn die vorstehend beschriebene und aus der FKM-Richtlinie übernom-
mene Vorgehensweise mit einer linearen Addition der Auslastungsgrade,
denn in der Nachbarschaft der beiden Achsenpunkten bei jeweils 1,0 in
Abb. 3.1–70 unterscheiden sich die eingezeichneten Interaktionsformeln weit
weniger als auf der 45°-Linie. (Demgegenüber werden für experimentelle
Untersuchungen die einwirkenden Beanspruchungen auf oder näher an der
45°-Linie gewählt, sodass jede Beanspruchungskomponente für sich eine in
etwa gleiche Beanspruchungshöhe liefert, womit sich dann eine etwaige
Interaktion am deutlichsten zeigt.)

Geringere Komplexität des Dehnungszustandes


Weiterhin spricht einiges dafür, dass sich mehrachsige Beanspruchungen an-
hand des Dehnungszustandes einfacher darstellen als anhand des Span-
nungszustandes. So allein schon bei dem an Kerben recht häufig gegebenen
ebenen Dehnungszustand. Oder bei Abb. 3.1–76, wo nur die größte Haupt-
dehnung e1ü am Nahtübergang gegenüber der größten Hauptdehnung e1B vor
der Naht um eine Formzahl ak1 überhöht ist. Die kleinere Hauptdehnung
e2ü , die in Richtung der Kerbe auftritt, kann hingegen am Nahtübergang
wegen begrenzter Verformungsmöglichkeit nicht oder nur wenig höher sein
als e2B vor der Naht. Daraus folgt, dass die Mehrachsigkeit e2 / e1 am Naht-
übergang deutlich geringer ist als im Blech vor der Naht, und ebenfalls ge-
ringer als die Mehrachsigkeit s2/s1 des Spannungszustandes, weil sich s2 mit
(e2 + n · e1) errechnet und somit auch noch von der überhöhten Hauptdeh-
nung e1 abhängt:
s1 = (e1 + n · e2) · E / (1 – n 2) , (3.1–62)
s2 = (e2 + n · e1) · E / (1 – n 2) . (3.1–63)
3.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen Schwingbeanspruchung 259

Abb. 3.1–76. Dehnungsverteilung an


und vor einer quer zur Richtung der
größten Hauptdehnung e1 verlaufenden
Schweißnaht (schematisch) [68]

Um den Dehnungszustand zu beurteilen, lassen sich die bekannten Hypo-


thesen mit Gl. (3.1–62 und Gl. (3.1–63) umformen auf die handliche Berech-
nungsformel [68]

sn = e1 · E · H(n, e2 / e1). (3.1–64)


Für die Gestaltänderungsenergie-Hypothese zeigt Abb. 3.1–77, dass sich im
Fall n = 0,3 die fiktive Spannung e1 · E bei einer Mehrachsigkeit in den
Grenzen
–0,4 ≤ e2 / e1 ≤ + 0,3 (3.1–65)

über den Faktor H(n, e1 / e2) nur bis zu 3% von der Vergleichsspannung unter-
scheidet. Bei teilplastischer oder vollplastischer Beanspruchung verschiebt
sich dieser Bereich in Richtung auf den Schubspannungszustand e2 / e1 = –1.
Häufig genügt es also, vor einer scharfen Kerbe lediglich die quer zur
Kerbe wirkende Hauptdehnung e1 zu messen oder zu berechnen, um aus
su = e1 · E (3.1–66)
mit hinreichender Genauigkeit die Vergleichsspannung nach der Gestaltän-
derungsenergie-Hypothese zu erhalten.
Davon abweichende Bedingungen liegen allerdings vor, wenn eine Kerbe
oder Schweißnaht schräg zur größten Hauptdehnung e1 verläuft. Wellinger,
Gaßman und Zenner [131] haben für diesen Fall gezeigt, dass dann neben
den Normalspannungen (oder Dehnungen) quer und längs zur Schweißnaht
auch die Schubspannung (oder die Schiebung) am Nahtübergang mit ihren
jeweiligen, unterschiedlichen Kerbspannungsüberhöhungen berücksichtigt
werden müssen.
260 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.1–77. Werte des Faktors H(n, e2 / e1) als Funktion von e2 / e1 und bei Querdehnzah-
len n = 0,3 bis 0,5 für elastische, elastisch-plastische und vollplastische Beanspruchung [68]

3.1.7
Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung

Aus Gründen der Praktikabilität beruht jede Spannungsberechnung auf


idealisierenden Annahmen, die mehr oder weniger weitgehende Vereinfa-
chungen oder Vernachlässigungen gegenüber dem tatsächlichen Beanspru-
chungszustand beinhalten.
So erweist es sich als ein für die betriebliche Praxis noch ungelöstes Prob-
lem, Eigenspannungen in einem Bauteilquerschnitt oder in einer Rand-
schicht in ihrer wirksamen Höhe so zu errechnen, dass sie in der Überlage-
rung mit den Lastspannungen bei der Lebensdauerberechnung bewertet
werden könnten. Eigenspannungen bleiben deshalb bei der Spannungsbe-
rechnung meist gänzlich außer Betracht.
Besonders einschneidende Vereinfachungen gelten für die Berechnung
von Nennspannungen, bei der die Kerbspannungen bewusst vernachlässigt
3.1.7 Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung 261

werden. Da die Schwingfestigkeit jedoch als ein örtliches Festigkeitsproblem


anzusehen ist, darf erwartet werden, dass die Lebensdauer in erster Linie von
den Spannungen und Dehnungen bestimmt ist, die örtlich an der Stelle des
ersten Schwinganrisses wirken. Bei den neuzeitlichen Möglichkeiten, eine
verfeinerte Spannungsberechnung nach der Finite-Element- oder Rand-
element-Methode vorzunehmen, stellt sich deshalb die Frage, ob auf der
Grundlage der örtlichen Spannungen und Dehnungen eine verlässlichere
Lebensdauerermittlung erreicht werden kann als auf der Grundlage von
Nennspannungen. Zur Beantwortung dieser Frage sind zwei kennzeichnende
Grenzfälle zu unterscheiden:

Grenzfall 1
In einen Grenzfall erweist sich die Nennspannung zur Beschreibung des tat-
sächlichen Spannungszustandes an der schwingbruchkritischen Stelle als
völlig ausreichend und eine verfeinerte Methode der Spannungsberechnung
würde kaum die Zuverlässigkeit der Lebensdauerermittlung verbessern kön-
nen. Dieser Fall trifft zu bei Bauteilen, die klar definierten Belastungen
unterliegen und eine einfache und beanspruchungsgerechte Formgebung
aufweisen, wie sie sich nicht zuletzt als Ergebnis einer guten Konstruktion
darstellt. Ein typisches Beispiel ist der zylindrische Schaft einer Achswelle,
der große Übergangsradien aufweist, und für den die Nennspannung recht
genau die tatsächliche Spannungsverteilung beschreibt, Abb. 3.1–78, Quer-
schnitt A–A.

Abb. 3.1–78. Kritische Querschnitte einer Achswelle


262 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Grenzfall 2
Im entgegengesetzten Grenzfall besteht kein Zweifel an der Unzulänglichkeit,
mit der die Nennspannung den tatsächlichen Spannungszustand im schwing-
bruchkritischen Querschnitt beschreibt. Wegen des komplizierten Span-
nungsfeldes würde aber auch jede andere Methode der Spannungsberech-
nung von stark vereinfachenden Annahmen ausgehen müssen, sodass sich
das Ergebnis für die Lebensdauerermittlung kaum als aussagefähiger erwei-
sen dürfte. Ein Beispiel dafür ist mit der Spannungsverteilung im kritischen
Querschnitt einer Kerbverzahnung gegeben, wo der Kraftangriff und die
Kraftverteilung auf die einzelnen Zähne ganz wesentlich von den Ferti-
gungstoleranzen bestimmt wird, Abb. 3.1–78, Querschnitt B–B. Es ist des-
halb kein Vorteil darin zu sehen, die einfache Nennspannungsberechnung
durch eine aufwendigere Methode der örtlichen Spannungsermittlung zu er-
setzen. Der Ausweg ist unter diesen Umständen vielmehr darin zu sehen, die
Gestaltfestigkeit über unmittelbare Versuche an dem betreffenden Bauele-
ment und gegebenenfalls mit einer Variation seiner kennzeichnenden Ab-
messungen zu bestimmen, was die Möglichkeit einschließt, dass sich auch
die Ausgangsstelle des Schwinganrisses bei veränderten Abmessungen verla-
gern kann.

Lohnende Fälle für eine eingehendere Spannungsanalyse


Zwischen diesen beiden Grenzfällen ist die Vielzahl der praktischen Fälle
einzuordnen, bei denen erwartet werden darf, dass über eine eingehendere
Spannungsermittlung eine verlässlichere Berücksichtigung der Beanspru-
chungsbedingungen möglich wird. Der Vorteil einer ausführlichen Span-
nungsermittlung kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn sie auf eine
Ermittlung der örtlichen Spannungen und/oder Dehnungen nach Amplitude
und Mittelwert angelegt ist mit dem Ziel, dass diese Werte unmittelbar mit
geeigneten Schwingfestigkeitswerten verglichen werden sollen. Selbstver-
ständlich unterscheiden sich diese örtlich zulässigen Schwingfestigkeitswer-
te von den zulässigen Nennspannungen.
Um über das zweckmäßigerweise anzuwendende Verfahren der Span-
nungsberechnung zu entscheiden, gilt es mithin, zwischen den Vor- und
Nachteilen der einzelnen Verfahren abzuwägen, die sich wie folgt umreißen
lassen:
Die Berechnung mit Nennspannungen ist für einfache stabförmige und
für flächenförmige Bauteile zu bevorzugen. Die Berechnung mit örtlichen
Spannungen ist bei volumenförmigen Bauteilen anzuwenden und darüber
hinaus ganz allgemein, wenn die Spannungsbestimmung nach der Finite-
Element-Methode oder nach der Randelement-Methode durchgeführt wird,
wenn keine definierten Querschnitte oder keine einfachen Querschnittsfor-
men vorliegen, wenn keine Formzahlen oder Kerbwirkungszahlen bekannt
sind oder (bezüglich des statischen Festigkeitsnachweises) bei sprödem
Werkstoff.
3.1.7 Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung 263

Das Nennspannungs-Konzept
Vorausgesetzt, es kann ein geeigneter Nennquerschnitt definiert werden, so
lassen sich Nennspannungen selbst bei komplexer Bauteilgeometrie einfach
berechnen. Andererseits sind verschiedene Schwierigkeiten, die bei der Le-
bensdauerermittlung für Bauteile praktisch auftreten, darauf zurückzufüh-
ren, dass eine Nennspannung die tatsächliche Spannungsverteilung im
schwingbruchkritischen Querschnitt nur unzulänglich beschreibt. Normaler-
weise wird diese Abweichung einer Spannungskonzentration zugeschrieben
und mit einer Formzahl erfasst, obgleich zahlreiche andere Ursachen, z.B.
Zusatzbiegespannungen in einem exzentrisch auf Zug belasteten Quer-
schnitt, Abb. 3.1–2, derartige Abweichungen bedingen können. Die Formzahl
hängt nicht zuletzt davon ab, ob solche zusätzlichen Einflüsse durch die Be-
rechnung der Nennspannung erfasst sind oder nicht, Abb. 3.1–6.
Andererseits werden zulässige Nennspannungen für Bauteile abgeleitet
aus den Versuchsergebnissen für einfache Kerbstäbe, die die gleiche Form-
zahl wie das Bauteil aufweisen. Zudem muss ein Einfluss des Spannungsgra-
dienten – oder vielleicht zutreffender ein statistischer Größeneinfluss,
Abschn. 3.5.6, – berücksichtigt werden, der bei kleinen Kerbradien zum Tra-
gen kommt, sodass Ergebnisse für Kerbstäbe mit ihren meist kleinen Kerb-
radien höhere ertragbare Spannungen ausweisen, als sie bei gleicher Form-
zahl für Bauteile mit größeren Kerbradien zutreffen. Nach den vorangehen-
den Anmerkungen mag die Voraussetzung einer formalen Übereinstimmung
der Formzahlen möglicherweise einen unzutreffenden Lösungsansatz be-
deuten. Für komplexe Geometrien besteht zudem das Problem, eine auf die
bauteilspezifischen Gegebenheiten zutreffende Wöhler- oder Lebensdauer-
linie zur Verfügung zu haben.
Für das Berechnen von Nennspannungen wird elastisches Werkstoffver-
halten angenommen, sodass sich die Nennspannungs-Kollektive über eine
lineare Beziehung aus den betreffenden Lastkollektiven ableitet. Die dabei
nicht zu berücksichtigenden Reihenfolgeeinflüsse bedingen – neben anderen
Einflüssen – die Problematik der Schädigungsakkumulation, Abschn. 3.2.
Für das Nennspannungs-Konzept geeignete Finite-Element-Modelle sind
beispielsweise Strukturen aus Balkenelementen oder Regelgeometrien (wie
Rechteckplatten o.ä.) aus Schalenelementen. Um dabei letztlich Nennspan-
nungen ohne versteckte Sicherheiten zu erhalten, sind dann aber u.U. Linea-
risierungen der Spannungsverteilungen vorzunehmen.
Trotz seiner nicht unerheblichen Einschränkungen kommt das Nennspan-
nungs-Konzept nach wie vor bei Betriebsfestigkeits-Berechnungen am häu-
figsten zur Anwendung.

Das Strukturspannungs-Konzept
Das Strukturspannungs-Konzept hat seine Bedeutung fast ausschließlich für
die Berechnung von Schweißverbindungen, bei denen der Schwingbruch
am Nahtübergang zu erwarten ist. Strukturspannungen werden aus Finite-
264 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Element-Berechnungen erhalten, die mit einer vergleichsweise einfachen


und relativ groben Elementstruktur darauf ausgerichtet sind, die vornehm-
lichen geometrischen Einflüsse auf das globale Spannungsfeld zu erfassen,
nicht aber die schwingbruchbestimmende Spannungskonzentration am Über-
gang zur Schweißnaht. Bisher ist noch nicht allgemeingültig geklärt, durch
welche Art der Elementierung und Auswertung dies konkret zu geschehen
hat. In den verschiedenen Anwendungsbereichen des Strukturspannungs-
Konzeptes gibt es dafür unterschiedliche Regeln, die auf unterschiedliche Er-
gebnisse führen und demzufolge auch unterschiedliche ertragbare Struktur-
spannungswerte bedingen.
Generell können Strukturspannungen aufgrund ihrer Berechnung als ver-
besserte Nennspannungen im Bereich der Schweißnaht angesehen werden.
Dadurch verringert sich die Anzahl der beim Strukturspannungs-Konzept
relevanten Kerbfälle auf eine kleine Auswahl, gegenüber einer nahezu unbe-
grenzten Vielfalt beim Nennspannungskonzept.
Bei dem für die Berechnung unterstellten elastischen Werkstoffverhalten
gilt für die Ableitung der Strukturspannungs-Kollektive und für die Proble-
matik der Schädigungsakkumulation das Gleiche wie beim Nennspannungs-
Konzept.

Das Kerbspannungs-Konzept
Kennzeichnend für das Kerbspannungs-Konzept ist die ausführliche Finite-
Element- oder Randelement-Berechnung der Kerbspannungen an den Stel-
len des Bauteils, die sich als schwingbruchkritisch erweisen könnten, und
zwar unter der Annahme eines elastischen Werkstoffverhaltens. Notwendige
Voraussetzung, dass Kerbspannungen zutreffend errechnet werden, sind eine
hinreichend feine Vernetzung und die Wahl geeigneter Element-Typen. Bei
Schweißverbindungen ist zudem ein Ausrundungsradius r = 1 mm am Naht-
übergang und an der Nahtwurzel vorzusehen.
Da sich die so berechneten Kerbspannungen im Prinzip als die um die
Formzahl erhöhten Nennspannungen darstellen, unterscheidet sich das
weitere Vorgehen von dem Vorgehen beim Nennspannungs-Konzept nur
im Zahlenwert der zu betrachtenden Spannungen. Der entscheidende Vor-
teil der genauen Kerbspannungs-Berechnung ist jedoch, dass die als er-
tragbar anzusetzenden Kerbspannungen nicht mehr von der Formzahl
bzw. vom Kerbfall abhängig sind, sondern sich nur noch vom Werkstoff,
von der Oberflächenbeschaffenheit, vom Spannungsverhältnis und vom
Spannungsgradienten, den es anhand der Spannungsverteilung abzuschät-
zen gilt.
Bei dem für die Berechnung unterstellten elastischen Werkstoffverhalten
gilt für die Ableitung der Kerbspannungs-Kollektive und für die Problema-
tik der Schädigungsakkumulation das Gleiche wie beim Nennspannungs-
Konzept.
3.1.7 Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung 265

Das Kerbgrund-Konzept
Die Annahme eines elastischen Werkstoffverhaltens erweist sich allerdings
als unrealistisch, wenn die Spitzenwerte einer betriebsähnlichen Beanspru-
chungs-Zeit-Funktion an der schwingbruchkritischen Stelle aufgrund der
dort vorliegenden Spannungskonzentration merkliche Wechselplastizierun-
gen des Werkstoffs hervorrufen. Die Folge ist eine nicht-lineare Beziehung
zwischen der äußeren Belastung (oder Nennspannung) und der tatsäch-
lichen, schwingbruchbestimmenden Spannung im Kerbgrund, Abb. 3.1–63.
Diese Nicht-Linearität kann verstanden werden als ein Einfluss veränder-
licher Eigenspannungen, der im Wesentlichen bestimmt ist von der Größe
und der Aufeinanderfolge der einwirkenden Spannungswerte. Es darf mit
einigem Recht erwartet werden, dass eine genauere Lebensdauerermittlung
für komplexe Beanspruchungsabläufe zu erreichen ist, wenn die Schädi-
gungsakkumulations-Rechnung von dem tatsächlichen, zyklischen Span-
nungs-Dehnungs-Ablauf im Kerbgrund ausgeht. Zwar werden die heute ver-
fügbaren Berechnungsverfahren trotz ihrer werkstoffmechanisch besseren
Begründung den in sie gesetzten Erwartungen noch nicht voll gerecht, doch
ist nur aus ihrer Weiterentwicklung eine allgemeingültige Lösung des Rei-
henfolgeproblems in der Schädigungsakkumulations-Rechnung zu erwarten,
Abschn. 3.3.

Das bruchmechanische Konzept

Die örtlichen Spannungen und Dehnungen verlieren mit dem Auftreten ei-
nes makroskopischen Schwinganrisses ihre Aussagekraft. Um die Lebens-
dauer in der sich anschließenden Rissfortschrittsphase zu beurteilen, kom-
men die bruchmechanischen Gesetze des Rissfortschritts unter Schwingbe-
anspruchung in Betracht. Als Beanspruchungskennwert dient die Schwing-
breite des Spannungsintensitätsfaktors, der sich aus der Nennspannung des
rissbehafteten Querschnitts, aus der Risslänge und aus einer Geometriefunk-
tion bestimmt. Die mathematisch-physikalisch klar definierte Berechnungs-
grundlage des Rissmodells und die analytische Anlage des bruchmechani-
schen Gesamtkonzeptes haben viel zu seiner Popularität beigetragen und
auch z.T. übersteigerte Erwartungen an seine Leistungsfähigkeit aufkommen
lassen, Abschn. 3.4. Überaus vielversprechend sind aber die neueren Ent-
wicklungen zum Erfassen von Reihenfolgeeinflüssen über das beanspru-
chungsabhängige Rissöffnungs- und Rissschließverhalten kurzer Risse in
Kerben, Abschn. 3.3.5 und 3.4.5.
266 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

3.2
Lebensdauerberechnung anhand der Nennspannung
3.2.1
Miner-Regel (Hypothese der linearen Schädigungsakkumulation)

Das einfachste, bekannteste und am häufigsten angewandte Verfahren, nach


dem die Lebensdauer eines Bauteils unter einer Schwingbeanspruchung mit
veränderlicher Amplitude errechnet werden kann, ist die lineare Schädi-
gungsakkumulations-Hypothese nach Palmgren (1924) [223] und Miner
(1945) [224].
Als Verfahren für eine Lebensdauerberechnung anhand von Nennspan-
nungen ging die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese auch unter
der Bezeichnung „Miner-Regel“ in das Schrifttum ein. Als Eingangsgrößen
der Berechnung dienen die einwirkende Schwingbeanspruchung, nach Grö-
ße und Häufigkeit beschrieben durch das Kollektiv der Nennspannungsam-
plituden, und die Schwingfestigkeit des Bauteils, gekennzeichnet durch die
ertragbaren Nennspannungsamplituden nach seiner Wöhlerlinie.
Für das Durchführen einer solchen Lebensdauerberechnung ist das Am-
plitudenkollektiv, Abschn. 2.2.1, zweckmäßig durch seine Treppenkurve, Abb.
3.2–1, und die Schwingfestigkeit zweckmäßig durch die Gleichung der Wöh-
lerlinie vorgegeben. Eine in jeder Hinsicht vorteilhafte systematische Dar-
stellung und Handhabung der Miner-Regel wird, wie es im Folgenden ge-
schieht, ausgehend von Wöhlerlinien in ihrer normierten Darstellung mög-
lich, Abschn. 2.1.7, wenn dementsprechend die Zeitfestigkeitslinie nach Gl.
(2.1–19) bzw. Gl. (2.1–22) als eine Gerade im doppellogarithmischen Netz be-

Abb. 3.2–1. Als Beispiel betrachtetes Amplitudenkollektiv mit seiner Treppenkurve


3.2.1 Miner-Regel (Hypothese der linearen Schädigungsakkumulation) 267

schrieben wird. Und streng genommen wird dabei vorausgesetzt, dass für
alle Stufen des Kollektivs und für die Wöhlerlinie das gleiche Spannungsver-
hältnis Ri = R = konst zutrifft.
Grundgedanke der linearen Schädigungsakkumulations-Hypothese ist,
dass die schwingende Beanspruchung des Werkstoffs eine „Schädigung“ be-
wirkt, die sich im Laufe ihrer Einwirkung akkumuliert, und zwar bis zum Er-
reichen eines kritischen Schädigungswertes, bei dem der Schwingbruch er-
folgt. Die Maßzahl der Schädigung D ist definiert aus dem Schädigungsbei-
trag DDi eines Schwingspiels

DDi = 1 / Ni mit Ni = N (Sai , Smi) . (3.2–1)

Dabei bedeutet Ni die unter der Spannungsamplitude Sai und der Mittel-
spannung Smi des Schwingspiels i nach der Wöhlerlinie ertragbare Schwing-
spielzahl. Als kritischer Schädigungswert gilt in der Regel eine Schädigungs-
summe

D = ∑ DDi = 1 für Bauteilversagen . (3.2–2)


i

Beispiel 1: Auf einem Horizont Sai , Smi im Zeitfestigkeitsbereich sei eine


Schwingspielzahl Ni = 100 000 ertragbar und ni = 30000 Schwingspiele wer-
den aufgebracht. Die Schädigung Di auf diesem Horizont ist dann

Di = ni · DDi = ni · 1 / Ni = ni /Ni = 30000/100000 = 0,3 .

Werden hingegen ni = 100000 Schwingspiele aufgebracht, so ist rechnerisch


Bruch zu erwarten und die Schädigungssumme D ist dementsprechend

D = ni / Ni = 100000 /100000 = 1,0 .

Beispiel 2: Auf einem Horizont i = 1 seien N1 = 100000, auf einem Horizont


i = 2 seien N2 = 500000 Schwingspiele ertragbar, auf dem Horizont i = 1 wer-
den n1 = 30000 und auf dem Horizont i = 2 werden n2 = 180000 Schwing-
spiele aufgebracht. Die Schädigung daraus ist

auf Horizont i = 1: D1 = 30000 /100000 = 0,30,


auf Horizont i = 2: D2 = 180000 /500000 = 0,36, insgesamt D = 0,66.

Auf einem Horizont i = 3 mit N3 = 1000000 wäre dann rechnerisch bis


Bruch, d.h. bis zu einer Schädigung D = 1, eine weitere Schädigung D3 und
demnach eine Schwingspielzahl n3 ertragbar, die sich ergibt aus

D3 = 1 – 0,66 = 0,34 zu
n3 = D3 · N3 = 0,34 · 1000000 = 340000 .
268 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Oder: Auf den Horizonten 1 und 2 wäre bei der Schädigung D (vorhanden)
= 0,66 rechnerisch bis zum Bruch bei D (Bruch) = 1 ein Mehrfaches der
Schwingspielzahlen n1 und n2 ertragbar, nämlich im Verhältnis
D (Bruch) /D (vorhanden) = 1 / 0,66 = 1,515,
n1 (Bruch) = 1,515 · 30000 = 45450 und
n2 (Bruch) = 1,515 · 180000 = 272700 .
Die Nachrechnung ergibt:
D = 45450 /100000 + 272700 /500000 = 0,455 + 0,545 = 1,00 .
Entsprechend einer solchen Nachrechnung wird die Miner-Regel oft auch
mit der Formel angegeben:

∑ ni / Ni = 1 für Bruch . (3.2–3)


i

3.2.2
Elementare Form der Miner-Regel

Die lineare Schädigungsakkumulations-Rechnung gestaltet sich einfach un-


ter der Voraussetzung, dass alle auftretenden Schwingamplituden die Dauer-
festigkeitsgrenze übersteigen, oder wenn unterstellt werden darf, dass die
Wöhlerlinie, wie z.B. bei Baustahl in korrosiver Umgebung, praktisch keine
Dauerfestigkeitsgrenze zeigt, oder wenn die Dauerfestigkeit unberücksich-
tigt bleiben soll.
Weisen zudem noch alle Schwingamplituden das gleiche Spannungsver-
hältnis auf, dann kann die ertragbare Schwingspielzahl allein aus der Glei-
chung der Zeitfestigkeitslinie berechnet werden, die für dieses Spannungs-
verhältnis zutrifft. Sind hingegen die Spannungsamplituden mit verschiede-
nen Spannungsverhältnissen bzw. Mittelspannungen verknüpft, so wird rein
formal eine Schar entsprechender Wöhlerlinien benötigt, um die jeweiligen
Schädigungsbeiträge DDi gemäß Gl. (3.2–1) zu berechnen. Fallweise kann
bzw. muss ein solches Vorgehen jedoch mit erheblichen Vorbehalten gesehen
werden, Abschn. 3.2.11. Werkstoffmechanisch zutreffender ist in solchen Fäl-
len eine Berechnung nach Abschn. 3.3.
Beispielsweise gelte nach Gl. (2.1–22) und Abb. 3.2–2 und für R = kon-
stant:
N = NA · (Sa / SA)–k mit NA = 2 · 106, SA = 125 N/mm2 und k = 7.
Ausgehend von den Wertepaaren Sai und Hi der Treppenkurve, Abb. 3.2–1,
und mit den Stufenhäufigkeiten hi = Hi – Hi–1 als ein beliebiges Vielfaches
der bis Bruch ertragbaren Schwingspielzahlen ni , folgt die Rechnung sodann
dem Schema der Tabelle 3.2–1.
3.2.2 Elementare Form der Miner-Regel 269

Abb. 3.2–2. Als Beispiel betrachtete Wöhlerlinie

Unter dem vorgegebenen Kollektiv mit einem Umfang von ∑ hi = 1000000


Schwingspielen entsteht mithin eine Schädigung D = ∑ Di = 0,4614. Bis zum
rechnerischen Bruch bei D = 1 wären demnach insgesamt

N = ∑ hi / D , (3.2–4)
i

im vorliegenden Fall also 1000000 / 0,4614 = 2167330 Schwingspiele ertrag-


bar.
Das Ergebnis der Lebensdauerberechnung nach Tabelle 3.2–1 lässt sich
auch in allgemeiner Form schreiben, unter der Voraussetzung, dass die Zeit-

Tabelle 3.2–1. Beispiel zur elementaren Form der Miner-Rechnung

Stufe Spannung Summen- Stufen- Schwingspiel- Schädigung


i Sai häufigkeit häufigkeit zahl
Hi hi Ni Di in %

1 350 10 10 1482 0,0067 1,46


2 300 100 90 4360 0,0206 4,47
3 250 1000 900 15625 0,0576 12,48
4 200 10000 9000 75506 0,1208 26,18
5* 150 100000 90000 558163 0,1612 *34,94
6 100 1000000 900000 9536743 0,0944 20,45

Summen: 1000000 0,4614 100%

* = meistschädigende Stufe.
270 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

festigkeitslinie als Gerade im doppellogarithmischen Netz dargestellt und


durch Gl. (2.1–22) beschrieben werden kann als
N = NA · (Sa / SA)–k . (2.1–22)
Diese Gleichung lässt sich auch umformen auf
Ni · S kai = NA · SAk = ND · SDk = N0 · Sak 0 = konst , (3.2–5)
wobei N0 und Sa 0 einen beliebigen Punkt auf der Zeitfestigkeitslinie ange-
ben. Es gilt dann auch
Ni = (N0 · S ka 0) · Sai–k , (3.2–6)
k / (N · S k ) ,
DDi = 1 / Ni = Sai (3.2–7)
0 a0

k / (N · S k ) ,
Di = hi / Ni = hi · S ai (3.2–8)
0 a0

i  i 
D = ∑ (hi / Ni) = ∑ hi · S kai / (N0 · S ak 0) . (3.2–9)

Für die Lebensdauer



N = ∑ hi /D (3.2–10)
i

folgt somit

N = (N0 · Sak0) ·  ∑ h  ∑ h · S  ,
i
i
i
i
k
ai (3.2–11)


oder mit der auf den Höchstwert S a bezogenen Schreibweise des Kollektivs

Sai = xi · S a (3.2–12)

nach Ausklammern von S ak,

– –
N = N (Sa = S a) · ∑ h  ∑ h · x  ,
i
i
i
i i
k (3.2–13)

wobei die Summen in Gl. (3.2–9) bis Gl. (3.2–11) und Gl. (3.2–13) über alle
Stufen i = 1 … z des Treppenkollektivs zu erstrecken sind.
Nach der elementaren Form der Miner-Regel, also bei Außerachtlassen ei-
ner Dauerfestigkeitsgrenze, ergibt sich mithin die unter einem Kollektiv er-

tragbare Lebensdauer N als ein Vielfaches der Schwingspielzahl N, die nach
der Zeitfestigkeitslinie unter einer Spannungsamplitude Sa gleich dem Kol-

lektivhöchstwert S a ertragen wird. Wöhlerlinie und Lebensdauerlinie verlau-
fen demzufolge, im doppellogarithmischen Netz aufgetragen, zueinander pa-
rallel, Abb. 3.2–3.
3.2.3 Völligkeitsgrad und Schädigungsfunktion eines Kollektivs 271

Abb. 3.2–3. Nach der elementaren Form der Miner-Regel berechnete, parallel zur Wöhler-

linie verlaufende Lebensdauerlinie sowie für S a = 350 N/mm2 ermittelte Schädigungs-
funktion bzw. relative Schädigungsbeiträge der einzelnen Kollektivstufen

3.2.3
Völligkeitsgrad und Schädigungsfunktion eines Kollektivs

Der Faktor, in Gl. (3.2–13) dargestellt durch den Ausdruck in eckigen Klam-
mern, wird mit seinem Kehrwert auch als Völligkeitsgrad V des Kollektivs
bezeichnet:


V = ∑ hi · xik
i ∑ h  .
i
i (3.2–14)

Für den Grenzfall des Rechteck-Kollektivs nimmt er den Wert 1 an. Außer in
diesem Grenzfall erweist er sich allerdings nicht nur von der Kollektivform,
sondern auch noch von der Neigung der Wöhlerlinie k abhängig. Zudem
bleibt gemäß der in Abschn. 3.2.2 getroffenen Voraussetzung die Dauerfes-
tigkeit unberücksichtigt. Wenngleich sich der so definierte Völligkeitsgrad
wegen seiner handlichen Form für einen groben Vergleich von Kollektiven
als nützlich erweist, so kann ihm andererseits aus den genannten Gründen
keine allgemeine Bedeutung beigemessen werden.

Schädigungsfunktion eines Kollektivs


Betrachtet man im Beispiel der Tabelle 3.2–1 in der letzten Spalte den pro-
zentualen Schädigungsbeitrag, den die einzelnen Stufen des Kollektivs zur
Gesamtschädigung liefern, so wird für die Stufe i = 5 mit rund 35% ein Ma-
272 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

ximum dieses Schädigungsbeitrags erkennbar. Die relativen Schädigungsbei-


träge errechnen sich aus Gl. (3.2–8) und Gl. (3.2–9) als

 i 
Di / D = (hi · S aik ) / ∑ hi · S ai
k . (3.2–15)

Die meistschädigende Kollektivstufe folgt aus zwei gegenläufigen Tendenzen


im Zähler von Gl. (3.2–15): aus einer Abnahme des Faktors S aik mit abneh-
mender Stufen-Spannung (i = 1 nach i = 6) und aus einer Abnahme des Fak-
tors hi mit abnehmender Stufenhäufigkeit in umgekehrter Stufenfolge (i = 6
nach i = 1).
Die relativen Schädigungsbeiträge, die als Histogramm aufgetragen und
für einen Bezugshorizont der Spannung unter Beachtung des logarithmi-
schen Ordinatenmaßstabs ins Netz der Wöhlerlinie übertragen sind, Abb.
3.2–3, liefern eine Darstellung der sogenannten Schädigungsfunktion eines
Kollektivs. Sie veranschaulicht den Sachverhalt und die Lage der meistschä-
digenden Stufe bzw., bei hinreichend kleiner Stufenteilung, des meistschädi-
genden Spannungshorizontes.
Bei inkrementeller Stufenteilung gilt entsprechend zu Gl. (3.2–15)

 
H
dD /D = (Sak · dH) / ∫ Sak · dH , (3.2–16)
0

und der meistschädigende Spannungshorizont folgt aus

d(dD /D) / dSa = 0 . (3.2–17)

Für das Kollektiv des stationären Gauß-Prozesses errechnet sich auf diesem
Weg mit Gl. (2.3–11) und Gl. (2.3–12) [109]

Sa, ms = ak8
+ 1 · S a / 5,52652 ) = ak8
+ 1 · Srms . (3.2–18)
Die Schädigungsfunktion kann eine wertvolle Entscheidungshilfe bei der Be-
urteilung von Kollektiven sein. Zum Beispiel sollten vergleichbare Kollektive
insbesondere im Bereich des meistschädigenden Spannungshorizontes über-
einstimmen, oder bei Vereinfachung eines Kollektivs sollte der Bereich des
meistschädigenden Spannungshorizontes unverändert bleiben.
Abbildung 3.2–4 veranschaulicht solche Überlegungen für das typische
Geradelinien-Kollektiv von Offshore-Strukturen. Unter der gleichzeitigen
korrosiven Einwirkung des Meerwassers erfahren solche Strukturen im Ver-
lauf von 20 Jahren (7000 Tagen) aus dem Seegang eine Beanspruchung durch

rund N = 108 Schwingspiele. Die Frage war, ob die zahlreichen kleinen Am-
plituden im Kollektiv bei Zufallslasten-Versuchen entfallen dürfen, um einen
Versuch in etwa 7 bis 70 Tagen, d.h. in einer auf x = 1:1000 bis 1:100 ver-
kürzten Zeitspanne abwickeln zu können. Der errechneten Schädigungs-
funktion, Abb. 3.2–4, ist jedoch zu entnehmen, dass allenfalls eine Verkür-
3.2.3 Völligkeitsgrad und Schädigungsfunktion eines Kollektivs 273

Abb. 3.2–4a, b. Untersuchung über das Weglassen kleiner Amplituden bei der Geradlinien-
verteilung a anhand der errechneten Schädigungsfunktionen und Lebensdauerlinien für
unterschiedliche Anteile der weggelassenen kleinen Amplituden b

zung auf x = 1:10 bis 1:20 vertretbar ist, weil bei jeder weitergehenden Ver-
kürzung die meistschädigenden Amplituden des Kollektivs entfallen würden
und eine Verfälschung des Ergebnisses erwartet werden müsste. Hingegen
erweist sich der Einfluss der Dauerfestigkeit auf die Lebensdauerlinie nicht
sonderlich bedeutsam, wenn in der korrosiven Umgebung mit einem Abknick-
punkt der Wöhlerlinie deutlich oberhalb ND = 2 · 106 gerechnet werden kann.
Bei solchen Betrachtungen kann allerdings störend sein, dass das Erschei-
nungsbild der Schädigungsfunktion nach Abb. 3.2–3 von der Anzahl der Kol-
lektivstufen abhängt. Eine Vergleichbarkeit unabhängig von der Anzahl der
Kollektivstufen ist jedoch gegeben, wenn die Darstellung zweier Schädi-
gungsfunktionen mit vereinheitlichten, bezogenen Höchstwerten der Schädi-
gung geschieht, oder wenn die Schädigungsfunktion als Summenkurve auf-
getragen wird, Abb. 3.2–5.
Bei nicht vernachlässigter Dauerfestigkeit, Abschn. 3.2.8 oder 3.2.9, er-
weisen sich nach Gl. (3.2–68) die prozentualen Schädigungsbeiträge der
einzelnen Kollektivstufen bzw. die Schädigungsfunktion abhängig von dem
Verhältnis, in dem der Kollektivhöchstwert die Dauerfestigkeit übersteigt.
274 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.2–5a, b. Schädigungsfunktionen eines Geradelinien-Kollektivs a für grobe bzw. feine


Treppung mit 6 bzw. 128 Stufen, aufgetragen mit bezogenem Höchstwert b oder als Sum-
menkurve c, wobei die grobe Treppung zu einer ersichtlich größeren Schädigung führt

3.2.4
Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatzkollektiv

Nach Gl. (3.2–13) sind die nach der Wöhlerlinie und nach der Lebensdauer-
linie ertragbaren Schwingspielzahlen einander proportional, was sich nach
Abb. 3.2–3 in einem parallelen Verlauf der Wöhler- und Lebensdauerlinie äu-
ßert. Dieser Sachverhalt legt den Gedanken nahe, ein vorgegebenes Amplitu-
denkollektiv ersatzweise durch ein schädigungsgleiches Rechteck-Kollektiv zu
beschreiben. Die Schädigung für das Kollektiv ist nach Gl. (3.2–9):

 
D (Kollektiv) = ∑ hi · S aik / (N0 · S ak 0),
i
(3.2–19)

und für das Rechteck-Ersatzkollektiv


k ) / (N · S k ) .
D (Ersatz) = (HE · S aE (3.2–20)
0 a0
k ergibt
Gleichsetzen und Kürzen von N0 · S a0


k = ∑ h · Sk .
HE · SaE i
i
ai  (3.2–21)

Vier Möglichkeiten sind aus Gl. (3.2–21) zu entwickeln, Abb. 3.2–6:


3.2.4 Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatzkollektiv 275

Abb. 3.2–6. Schädigungsgleiche Rechteck-Kollektive des betrachteten Amplitudenkollek-


tivs, Abb. 3.2–1, berechnet nach Fall a, Fall b oder Fall c


a) Für den vorgegebenen Kollektivhöchstwert S a wird eine schädigungsäqui-
valente Ersatz-Schwingspielzahl bestimmt:


 i  –
SaE = S a ergibt HE = ∑ hi · S kai / Sak (3.2–22)

oder H = ∑ h · x  .
E i
k
i (3.2–23)
i

b) Für den vorgegebenen Kollektivumfang ∑hi wird eine schädigungsäqui-


valente Ersatz-Spannungsamplitude bestimmt:

  
(1/k)
HE = ∑ hi ergibt SaE = k
∑ hi · S ai ∑ hi (3.2–24)
i i i

  
(1/k)

oder SaE = S a · ∑ hi · xik ∑ hi . (3.2–25)
i i

c) Für eine beliebig vorgegebene Spannungsamplitude Sa1 wird eine schädi-


gungsäquivalente Ersatz-Schwingspielzahl bestimmt:


SaE = Sa1 ergibt HE = ∑ hi · S kai /S aE
i
k .
 (3.2–26)
276 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

d) Für eine beliebig vorgegebene Schwingspielzahl N1 wird eine schädi-


gungsäquivalente Ersatz-Spannungsamplitude bestimmt:

  
(1/k)
HE = H1 ergibt SaE = k /H
∑ hi · S ai . (3.2–27)
E
i

Als Beispiel folgt für das Kollektiv nach Abb. 3.2–1 mit k = 7 und mit den
Summenwerten nach Tabelle 3.2–2:
im Fall a): HE = 683 Schwingspiele mit SaE = 350 N/mm2 ,
im Fall b): SaE = 123,6 N/mm2 für HE = 1000000 Schwingspiele ,
im Fall c): HE = 4207 Schwingspiele mit SaE = 270 N/mm2 ,
im Fall d): SaE = 112 N/mm2 für HE = 2000000 Schwingspiele .
Mit den Werten nach Fall d) lässt sich beispielsweise die Frage beantworten, wel-
che Sicherheitszahl jS demnach gegenüber der Wöhlerlinie mit SA = 125 N/mm2
und NA = 2 · 106 besteht; mit SaE = 112 N/mm2 für HE = 2 · 106 ergibt sich:
jS = SA / SaE = 1,117 .
In verallgemeinerter Form wird eine solche Ersatzamplitude für HE = ND als
Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude bezeichnet, s. Abschn. 3.2.10.
In Abb. 3.2–6 liegen alle Eckpunkte der so berechneten Rechteck-Kollek-
k = konst, die bei doppellogarithmischer Auf-
tive auf einer Ortskurve HE · S aE
tragung in einem vertikalen Abstand entsprechend jS = 1,117 zur Zeitfestig-
keitslinie parallel wäre. Insofern sind auch alle aufgezeigten Möglichkeiten
im Grundsatz als gleichwertig anzusehen. Dennoch wird fallweise die eine
oder andere Möglichkeit zu bevorzugen sein. So z.B., wenn eine Überein-
stimmung im Kollektivhöchstwert gegeben sein soll, oder wenn eine Über-
einstimmung mit der meistschädigenden Spannungsstufe gegeben sein soll.
Stets zu bedenken ist aber auch, dass beim Herleiten von Gl. (3.2–21) keine

Tabelle 3.2–2. Berechnung für ein schädigungsgleiches Rechteck-Kollektiv

Stufe Spannung Summen- Stufen- Werte


i häufigkeit häufigkeit
Sai xi Hi hi hi · Saik hi · xik

1 350 1,000 10 10 64339 · 1014 10,000


2 300 0,857 100 90 196830 30,593
3 250 0,714 1000 900 549316 85,378
4 200 0,571 10000 9000 1152000 179,051
5 150 0,429 100000 90000 1537730 239,004
6 100 0,286 1000000 900000 900000 139,883

Summen: 1000000 4400220 · 1014 683,909


3.2.5 Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung 277

Dauerfestigkeitsgrenze berücksichtigt ist: bei vorhandenem Dauerfestig-


keitswert könnte also eine Ersatz-Spannungsamplitude nach Fall b oder d
unter Umständen dauerfest ertragen werden.

3.2.5
Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung
Bei den grundlegenden Arbeiten von Gaßner [14–16] wurde die Treppung
des Kollektivs unter Beachtung gewisser versuchstechnischer Belange durch
einen Flächenabgleich in der üblichen, halblogarithmischen Auftragung des
Kollektivs vorgenommen. Kowalewski [225] verwendete hingegen eine Trep-
pung, die sich aus dem Schwerpunkt der innerhalb einer Stufe liegenden
Spitzenwerte ableitet. Schjelderup und Galef [226] machten den Vorschlag,
zum Festlegen der Kollektivtreppung die lineare Schädigungsakkumula-
tions-Hypothese heranzuziehen, und sie schreiben das Ergebnis ihrer Über-
legung allgemein in Integralform an, was aber in der Anwendung auf expe-
rimentell ermittelte oder mathematisch schwer zu beschreibende Kollektiv-
formen auf gewisse Schwierigkeiten stößt. Ihr gedanklicher Ansatz war da-
bei, dass die Schwingspiele einer Kollektivstufe die gleiche Schädigung
bewirken sollen wie diejenigen Spannungsamplituden, die im Kollektiv
durch die betreffende Stufe ersetzt werden. Im Folgenden wird nach [227]
unter den Voraussetzungen des Abschn. 3.2.2 für eine derartige Festlegung
der Kollektivtreppung eine einfache, formelmäßige Lösung angegeben.
Die Treppung des Kollektivs in bezug auf die Häufigkeiten Hi und die sich
daraus für die Stufen ergebenden Schwingspielzahlen hi unterliegt i.Allg.
gewissen versuchstechnischen Anforderungen. So sollen sich beispielsweise
diese Schwingspielzahlen zu hi > 1, stets ganzzahlig und darüber hinaus mit
Rücksicht auf ihre Unterteilung für den Teilfolgeablauf nach Möglichkeit
durch Zahlen 2 bis 10 ganzzahlig teilbar ergeben. Für ein rechnerisch weiter-
zuverarbeitendes Treppenkollektiv sind solche Einschränkungen zwar nicht
gegeben. Dennoch geschieht auch dann die Treppung zweckmäßigerweise
zunächst in Bezug auf die Häufigkeiten Hi , Abb. 3.2–7. Zu den festgelegten
Häufigkeiten werden sodann die Spannungsamplituden Sai für die einzelnen
Stufen aus der Forderung gleicher Schädigung berechnet.
Eine Spannungsamplitude Sa , die nach dem stetigen Kollektiv mit einer
Häufigkeit dH auftritt, Abb. 3.2–7, bewirkt nach Gl. (3.2–8) einen Schädi-
gungsanteil
k ).
dD = dH / N(Sa) = dH · Sak / (N0 · S a0 (3.2–28)
Die Schädigung durch alle Spannungsamplituden Sa innerhalb der vorgege-
benen Stufengrenzen Hi–1 und Hi ergibt sich somit als Integral
Hi Hi
Di = ∫ dD = k ).
∫ dH · Sak / (N0 · S a0 (3.2–29)
Hi –1 Hi –1
278 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.2–7. Zur rechnerischen Treppung eines Kollektivs

Diese Schädigung soll gleich sein der Schädigung durch die ersatzweise auf-
zubringenden hi = Hi – Hi–1 Lastspiele mit der Spannungsamplitude Sai , die
sich nach Gl. (3.2–8) ergibt zu
Di = hi · S aik / (N0 · S a0
k ). (3.2–30)
Durch Gleichsetzen der beiden Schädigungswerte und nach Kürzen des Aus-
k folgt die gesuchte Spannungsamplitude der Treppung zu
drucks N0 · Sa0

Hi
1
S kai = 05 · ∫ Sak · dH . (3.2–31)
Hi – Hi –1 Hi –1

Ist das Kollektiv als Sa = Sa (H) formelmäßig anzugeben, so lässt sich die
Spannungsamplitude Sai für jede Stufe nach diesem Integral berechnen.

Formelmäßig angebbare Kollektive


Als Beispiel wird das Kollektiv eines stationären Gauß-Prozesses nach Gl.
(2.3–11) mit der bezogenen Spannungsamplitude x nach Gl. (3.2–11) formel-
mäßig beschrieben durch

x = [1 – ln H / ln H]1/2 . (3.2–32)
Damit folgt aus Gl. (3.2–31).
Hi
1 –
xik = 05 · ∫ [1 – ln H / ln H ]k/2 · dH . (3.2–33)
Hi – Hi–1 Hi –1
3.2.5 Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung 279

Die Integration mit den bezeichneten Häufigkeiten Hi gleich denen der ge-
treppten Normverteilung und die Auswertung für einen Exponenten k = 4
liefert die in Tabelle 3.2–3 aufgeführten Werte xi . Für i = 1 muss xi gleich
dem Kollektivhöchstwert xi = 1 sein und mit h1 = H1 = 2 auftreten, was auf
Hi–1 = 0 führt. Für Hi–1 = 0 ist Gl. (3.2–23) aber nicht mehr sinnvoll, sodass
daraus nur die folgenden Spannungsamplituden i > 1 berechnet werden kön-
nen [91].

Formelmäßig nicht angebbare Kollektive


Für experimentell ermittelte, formelmäßig nicht angebbare Kollektiv emp-
fiehlt sich die nachfolgende mathematische Näherungslösung, die im Ergeb-
nis der Simpson-Regel entspricht. Dazu wird die Funktion Sak im Bereich der
Stufe i durch ein quadratisches Polynom angenähert,
Sak = A + B · [H – Hi–1] + C · [H – Hi–1]2 , (3.2–34)
in der Formel für Sai eingesetzt und in den gegebenen Grenzen integriert; es
ergibt sich:

Saik = A + (B / 2) · [Hi – Hi–1] + (C / 3) · [Hi – Hi–1]2 . (3.2–35)

Mit drei Ordinatenwerten u, u, w, die aus der Auftragung des Kollektivs ab-
zulesen sind, Abb. 3.2–7,

u = Sa [Hi]; u = Sa [(Hi + Hi–1) / 2]; w = Sa [Hi–1] (3.2–36)

bestimmen sich die Konstanten A, B und C durch Einsetzen in Gl. (3.2–34) zu


A = 1 · wk ,
B · [Hi – Hi–1] = – 3 · wk + 4 · u k – 1 · u k , (3.2–37)
C · [Hi – Hi–1]2 = 2 · wk – 4 · u k + 2 · u k .

Einsetzen dieser Ausdrücke in das Polynom für S kai , Gl. (3.2–35), führt auf
k = (1 / 6) · uk + (4 / 6) · u k + (1 / 6) · w k .
S ai (3.2–38)

Nach dieser handlichen Formel lässt sich die Treppung eines Kollektivs in
sinnvoller Weise und mit guter Genauigkeit berechnen, Tabelle 3.2–3.
Für die höchste Stufe des Kollektivs mit i = 1 wird zweckmäßig Hi = H1 = 2
und Hi–1 = 0 gewählt. Dann kann die Spannungsamplitude Sai in der ge-

wohnten Weise gleich dem Kollektivhöchstwert S a gesetzt werden, der zu-
gleich wegen (Hi – Hi–1) / 2 = 1 mit dem Ordinatenwert u übereinstimmt.
Als Beispiel zeigt Tabelle 3.2–4 einen Vergleich der herkömmlichen und
der rechnerischen Treppung für die Normverteilung. Um die Ordinatenwer-
te u, u und w zu bestimmen, wurde zwischen den im Anhang 5.2 gegebenen
280 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Tabelle 3.2–3. Berechnete Treppenstufung für das Kollektiv eines Gauß-Prozesses

Stufe Summen- Stufen- bezogene Spannungsamplituden xi nach


i häufigkeit häufigkeit (3.2–33) (3.2–38) (3.2–38)
Hi hi mit k = 4 mit k = 4 mit k = 5

1 2 2 1,00 1,00 1,00


2 18 16 0,92 0,92 0,92
3 298 280 0,81 0,81 0,81
4 3018 2720 0,69 0,69 0,69
5 23000 20000 0,57 0,57 0,58
6 115000 92000 0,45 0,45 0,45
7 395000 280000 0,33 0,33 0,33
8 1000000 605000 0,19 0,19 0,19

Tabelle 3.2–4. Herkömmliche und rechnerische Treppung der Normverteilung

Stufe Summenhäufigkeit bezogene Spannungsamplituden xi der Treppenkurve


i Hi herkömmlich nach (3.2–38) errechnet mit
k = beliebig
k=2 k=5 k = 10

1 2 1,000 1,000 1,000 1,000


2 18 0,950 0,933 0,933 0,935
3 298 0,850 0,826 0,829 0,835
4 3018 0,725 0,704 0,708 0,714
5 23000 0,575 0,570 0,576 0,587
6 115000 0,425 0,423 0,432 0,477
7 395000 0,275 0,266 0,280 0,303
8 1000000 0,125 0,114 0,139 0,162

Punkten des stetigen Kollektivs im halblogarithmischen Netz parabolisch


interpoliert.
Wie dieses Beispiel belegt, stimmen die nach Gl. (3.2–38) berechneten
Spannungsamplituden der Treppenkurve recht annehmbar mit den her-
kömmlich durch Flächenabgleich ermittelten überein. Aus Gründen einer
Vergleichbarkeit der künftigen und der früher mit der Normverteilung ge-
wonnenen Versuchsergebnisse sollte deshalb deren herkömmliche Treppung
beibehalten werden.
Weiterhin zeigen die berechneten Spannungsamplituden nur eine gering-
fügige Abhängigkeit von der zugrunde gelegten Neigung k der Zeitfestig-
keitsgeraden. Schjelderup und Galef kamen ebenfalls zu dieser praktisch
recht erfreulichen Feststellung. Zumindest gilt sie für den vorkommenden
Bereich von Exponenten zwischen k = 2 und k = 10 für die oberen und mitt-
leren Stufen von Kollektiven mit konvexer Form, d.h. bei einer relativ nicht
zu groben Stufenteilung. Weiterhin zeigt sich, dass die Schädigung eines grob
3.2.5 Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung 281

Abb. 3.2–8. Der Parabelansatz nach (3.2–34) zur Annäherung der Funktion S ak in (3.2–31)
bedingt für die betreffende Kollektivstufe einen höheren Schädigungsanteil (= Fläche
unter der Kurve)

getreppten Kollektivs vergleichsweise überhöht ist und auf eine entspre-


chend niedrigere Lebensdauer führt, Abb. 3.2–5. Der Grund ist, dass die
Funktion Sak unter dem Integral in Gl. (3.2–31) über größere Stufenbereiche
durch den Parabelansatz nach Gl. (3.2–34) nicht sonderlich gut angenähert
wird, Abb. 3.2–8. Eine hinreichend feine Stufenteilung des Kollektivs, bei-
spielweise durch mindestens 8 oder besser 20 Stufen, sollte deshalb als Vo-
raussetzung für die Anwendung von Gl. (3.2–38) beachtet werden.
Da die Treppung eines Kollektivs aus praktischen Erwägungen nicht von
der Neigung k der jeweiligen Wöhlerlinie abhängig gemacht werden sollte,
empfiehlt es sich, für die Berechnung der Kollektivtreppung grundsätzlich
einen Exponenten k = 5 anzusetzen, wie er etwa auf die Mehrzahl von Wöh-
lerlinien gekerbter Bauteile zutrifft; für Exponenten k < 5 liegt dann die so
berechnete Treppung auf der sicheren Seite.
Darüber hinaus eröffnet sich die Möglichkeit, die Treppung eines gemes-
senen Kollektivs nach Gl. (3.2–38) per Programm auf einem Rechner durch-
führen zu lassen, wie es erstmals für die Treppung der Förderdruck-Kollek-
tive von Mineralöl-Fernleitungen in Verbindung mit einem Programm zur
Lebensdauerberechnung geschehen ist [51, 228], Abb. 3.2–9. Zusätzliche Be-
dingung war in diesem Fall, die Aufteilung der Häufigkeiten Hi an den Eck-
punkten des stetigen Kollektivs zu orientieren und zudem war die Mittel-
spannung Smi der einzelnen Kollektivstufen verschieden.
282 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.2–9. Rechnerisch getrepptes Kollektiv für den Förderdruck in einer Mineralöl-
Fernleitung [196]

3.2.6
Amplitudentransformation auf ein Kollektiv mit Ri = – 1

Das Haig-Schaubild, Abb. 3.1–25 bzw. die ihm entsprechenden Formeln Gl.
(3.1–22), sind zudem Grundlage für eine nennspannungsbasierte Amplitu-
dentransformation; davon zu unterscheiden ist eine s-e-basierte Amplitu-
dentransformation anhand der elastisch-plastischen Kerbgrundbeanspru-
chung nach Abschn. 3.3.6. Der Grundgedanke einer Amplitudentransforma-
tion kann wie folgt formuliert werden:
Für ein Bauteil lassen sich anhand des Haigh-Schaubildes Schwingspiele
mit unterschiedlicher Nennspannungsamplitude und Mittelspannung ange-
ben, die im Wöhler-Versuch auf die gleiche Schwingspielzahl N und damit
bei der linearen Schädigungsakkumulation auf den gleichen Schädigungs-
beitrag DD = 1 / N führen. Diese schädigungsgleichen Nennspannungsampli-
tuden und Mittelspannungen sind im Haig-Schaubild entlang der Linie N =
konstant ablesbar. Jedes in der vorgegebenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion
enthaltene Schwingspiel lässt sich somit für die Belange der Schädigungs-
Rechnung auf ein schädigungsgleiches Schwingspiel mit anderer Mittelspan-
nung und Spannungsamplitude transformieren. Zweckmäßig wird die Mit-
telspannung des transformierten Schwingspiels passend zur vorhandenen
Wöhlerlinie des betrachteten Bauteils, der Bezugs-Wöhlerlinie, gewählt. In
der Regel dürfte dies eine Wöhlerlinie für das Spannungsverhältnis R = –1
sein; mit ihr ist dann der Schädigungsbeitrag des betreffenden Schwingspiels
eindeutig als Funktion der Spannungsamplitude zu bestimmen.
3.2.7 Original-Form der Miner-Regel 283

Auf der Basis von Nennspannungen ergeben sich die transformierten


Spannungsamplituden für R = –1 bzw. Sm = 0 durch Umformen von Gl.
(3.1–22) wie folgt:
Sa (Sm = 0) = Sa (Sm) · [(1 – M)] für Sm / Sa ≤ –1 ,
Sa (Sm = 0) = Sa (Sm) · [(1 + M · Sm / Sa] für – 1 ≤ Sm / Sa ≤ +1 ,
Sa (Sm = 0) = Sa (Sm) · [(1 + M) / (1 + M / 3)]
· [1 + (M / 3) · Sm / Sa] für + 1 ≤ Sm / Sa ≤ 3 ,
Sa (Sm = 0) = Sa (Sm) · [(1 + M)2 / (1 + M / 3)] für 3 ≤ Sm / Sa .
(A3.2–39)
Eine typische Anwendung einer solchen nennspannungsbasierten Amplitu-
dentransformation ist die Ableitung eines Amplitudenkollektivs für R = – 1
aus einem Kollektiv, dessen Stufen ein Spannungsverhältnisse Ri ⫽ – 1 auf-
weisen. In entsprechender Weise findet sie Anwendung auf die Ableitung ei-
nes Amplitudenkollektivs für R = – 1 aus eine Rainflow-Matrix, Abschn. 3.3.3.
Die für jedes Matrixelement geltende Spannungsamplitude und Mittelspan-
nung werden auf eine Spannungsamplitude Sai für R = – 1 transformiert, und
ihr wird die Häufigkeit des Matrixelementes als Klassenhäufigkeit hi zuge-
ordnet. Nach der Größe von Sai geordnet und über hi summiert ergeben sich
die Summenhäufigkeiten Hi und das gesuchte Amplitudenkollektiv.
Die Amplitudentransformation auf ein Amplitudenkollektiv mit dem
Spannungsverhältnis Ri ⫽ – 1 kann ausgehend vom Kollektiv für Ri = – 1
nach Gl. (3.1–21) oder Gl. (3.1–22) geschehen.

3.2.7
Original-Form der Miner-Regel

Den bisherigen Ausführungen des Abschn. 3.2 lag mit der elementaren Form
der Miner-Regel als Voraussetzung zugrunde, dass eine Dauerfestigkeit ent-
weder nicht gegeben ist oder nicht berücksichtigt werden soll, oder dass alle
Stufen des Beanspruchungskollektivs oberhalb der Dauerfestigkeit liegen.
Die letztere Bedingung legte übrigens auch Miner [224] seiner vielzitierten
Arbeit zugrunde, sodass bei ihr das Vorliegen oder Fehlen einer Dauer-
festigkeitsgrenze ohne Belang war.
Besitzt hingegen die Wöhlerlinie einen eindeutigen Dauerfestigkeitswert,
der nicht vernachlässigt werden soll, und beinhaltet das Beanspruchungskol-
lektiv auch Stufen unterhalb dieses Dauerfestigkeitswertes, so stellt sich die
Frage, wie diesem Umstand Rechnung getragen werden kann. Denn sicher-
lich bedeutet das Vernachlässigen der Dauerfestigkeit bei der elementaren
Form der Miner-Regel insofern eine Härte, als die Stufen unterhalb der
Dauerfestigkeit in gleicher Weise wie die Stufen oberhalb der Dauerfestigkeit
anhand der Zeitfestigkeitslinie bewertet und deshalb in ihrem Schädigungs-
284 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

beitrag überschätzt werden. Damit fällt die Schädigungssumme in solchen


Fällen zu groß und die rechnerische Lebensdauer zu niedrig aus.
Eine einfache Erweiterung der Miner-Regel zur Berücksichtigung einer
Dauerfestigkeitsgrenze sah man in dem Umstand, dass eine Beanspruchung
unterhalb der Dauerfestigkeit per Definition beliebig oft ohne Bruch ertragen
werden kann. Demzufolge geht man nach der vielfach verwendeten Original-
Form der Miner-Regel bei der Schädigungsrechnung für Stufen unterhalb
der Dauerfestigkeit von einer ertragbaren Schwingspielzahl Ni = ⬁ aus. Zur
Beschreibung der Wöhlerlinie gilt damit die Gleichung der Zeitfestigkeits-
linie, Gl. (2.1–19) oder Gl. (2.1–22), nur noch für Spannungsamplituden ober-
halb der Dauerfestigkeit SD und mit Gl. (2.1–20) als Zusatzbedingung:
N = ND · (Sa / SD)–k für Sa ≥ SD , (2.1–19)
N=⬁ für Sa < SD . (2.1–20)
Mit dieser Festlegung erbringen Kollektivstufen unterhalb der Dauerfestig-
keit keinen Schädigungsanteil. Die entsprechende Lebensdauer-Berechnung
läuft formal ab wie für die elementare Form der Miner-Regel, und wie mit
dem Beispiel nach Tabelle 3.2–1 aufgezeigt und mit Gl. (3.2–11) oder Gl.
(3.2–13) beschrieben,

  
j
– –
N = (N0 · S ka0) · ∑ hi ∑ hi · S kai für S a ≥ SD , (3.2–40)
i=1 i=1

  
j
– – –
N = N (Sa = S a ) · ∑ hi ∑ hi · xik für S a ≥ SD , (3.2–41)
i=1 i=1

jedoch mit der Maßgabe, dass zwar die Häufigkeitssummen über alle Kol-
lektivstufen i = 1 … z, aber die Schädigungssummen nur über solche Stufen
i = 1 … j zu erstrecken sind, die oberhalb der Dauerfestigkeit liegen, d.h. für
die Sai ≥ SD . Ergänzend zu Gl. (3.2–40) bzw. Gl. (3.2–41) gilt
– –
N = ⬁ für Sa < SD . (3.2–42)
Ist also die Dauerfestigkeit im Beispiel der Tabelle 3.2–1 für die dort zu-
grunde gelegte Wöhlerlinie bei NA = ND = 2 · 106 und SA = SD = 125 N/mm2
anzunehmen, so liegt die Stufe i = 6 mit Sa = 100 N/mm2 unterhalb der
Dauerfestigkeit. Dann ist in dieser Stufe die Schwingspielzahl N6 = ⬁ und die
Schädigung D6 = 0 zu setzen bzw. die Summation nur über die Stufen 1 bis 5
zu erstrecken. Dadurch ändert sich die Schädigungssumme um den Schädi-
gungsanteil der Stufe i = 6 auf D = 0,4614 – 0,0944 = 0,3670 und die rechne-
– –
rische Lebensdauer von N = 2167300 auf N = 2724800 Schwingspiele.
Diese Handhabung der Dauerfestigkeit in der Miner-Regel, wie sie für vie-
le Jahre Stand der Technik war und teils auch heute noch praktiziert wird,
steht jedoch im Widerspruch zu Versuchsergebnissen von Gaßner aus dem
Jahre 1941 [229], ebenso wie zu neueren Versuchsergebnissen von Conle
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel 285

[230], die übereinstimmend belegen, dass Stufen unterhalb der Dauerfestig-


keit durchaus einen nennenswerten Schädigungsbeitrag bringen können. Je
nach der Form des Amplitudenkollektivs und der relativen Beanspruchungs-
höhe in Bezug auf die Dauerfestigkeit wird also die Lebensdauer mit der hier
aufgezeigten Handhabung der Miner-Regel systematisch und teils um ein
Vielfaches überschätzt. Diese offensichtliche Unzulänglichkeit der Original-
Form der Miner-Regel war Anlass zu einer Weiterentwicklung, die auf die
modifizierte Form der Miner-Regel führte [85].

3.2.8
Modifizierte Form der Miner-Regel

Die modifizierte Form der Miner-Regel berücksichtigt einen Dauerfestig-


keitsabfall als Funktion der fortschreitenden Schädigung. In besserer Ent-
sprechung zu den experimentellen Befunden wird auf diese Weise eine sys-
tematische Überschätzung der Lebensdauer vermieden, wie sie sich bei der
Handhabung nach Abschn. 3.2.7 einstellt, zugleich aber auch eine systemati-
sche Unterschätzung der Lebensdauer, wie sie sich nach Abschn. 3.2.2 für
Horizonte wenig oberhalb der Dauerfestigkeit ergibt. Praktisch wird dazu
auch Kollektivstufen unterhalb der Dauerfestigkeit ein Schädigungsbeitrag
beigemessen, indem die Zeitfestigkeitslinie zur Berechnung dieser Schädi-
gungsbeiträge durch eine fiktive Linie flacherer Neigung in den Bereich
unterhalb der Dauerfestigkeit fortgesetzt wird [85, 231].
Die Definition der Schädigung nach Gl. (3.2–1) und Gl. (3.2–2) beinhaltet
die Annahme, dass sich die Wöhlerlinie eines mit D > 0 vorgeschädigten
Bauteiles im doppellogarithmischen Netz gegenüber seiner Wöhlerlinie für
D = 0 nach links parallel verschoben darstellt, Abb. 3.2–10. Gegenüber den
Schwingspielzahlen N nach der Wöhlerlinie des ungeschädigten Bauteiles
N = ND · (Sa / SD)–k für Sa ≥ SD , (2.1–19)

Abb. 3.2–10a, b. Wöhlerlinie


des Bauteils ohne Schädigung
(D = 0) und des Bauteils mit
einer akkumulierten Schädi-
gung (D > 0) gemäß den An-
nahmen a nach der Original-
form der Miner-Regel, b nach
der elementaren Form der
Miner-Regel
286 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

sind die noch ertragbaren Schwingspielzahlen im Zeitfestigkeitsbereich für


das vorgeschädigte Bauteil als Funktion der Schädigungssumme D verrin-
gert auf
N(D) = (1 – D) · N . (3.2–43)
Mit der Original-Form der Miner-Regel nach Abschn. 3.2.7 wird zudem noch
unterstellt, dass die Dauerfestigkeit des Bauteils von seiner Vorschädigung
unbeeinflusst gleich der des ungeschädigten Teiles bleibt, d.h. SD (D) = SD .
Die Annahme einer unveränderten Dauerfestigkeit stellt sich in einem Dia-
gramm für SD (D) / SD = f (D) durch eine Linie a) dar, Abb. 3.2–11). Sie wider-
spricht jedoch dem experimentellen Befund [232] wie auch der berechtigten
Einschätzung, dass ein unter der Vorschädigung angerissenes Bauteil nicht
mehr seine ursprüngliche Dauerfestigkeit haben kann.
Mit der elementaren Form der Miner-Regel nach Abschn. 3.2.2 wird hin-
gegen auch für Spannungsamplituden Sai < SD eine endliche Schwingspiel-
zahl Ni formal aus Gl. (2.1–22) berechnet oder nach Abb. 3.2–10 von der nach
unten extrapolierten Zeitfestigkeitslinie abgegriffen. Damit ist die Annahme
getroffen, dass die Dauerfestigkeit bereits bei einer kleinsten akkumulierten
Schädigung S Ⰶ 1 auf SD (D) = 0 abfällt. Dieser Sachverhalt stellt sich in
Abb. 3.2–11 durch eine Linie b) dar und bedeutet eine sicherlich zu harte
Annahme.
Die wirkliche Abnahme der Dauerfestigkeit infolge einer Vorschädigung D
wird also irgendwo zwischen den beiden Extremfällen a) und b) zu suchen
sein. Das besagt mit anderen Worten nach Abb. 3.2–10, dass der Schädi-
gungsbeitrag für eine Spannungsamplitude unterhalb der Dauerfestigkeit
gegen eine fiktive Fortsetzung der Zeitfestigkeitslinie zu berechnen ist, die

Abb. 3.2–11. Erörterte Annahmen über den Abfall der Dauerfestigkeit als Funktion der
akkumulierten Schädigung, a) nach der Originalform, b) nach der elementaren Form und
e) nach der modifizierten bzw. der konsequenten Form der Miner-Regel
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel 287

innerhalb des schraffierten Bereichs vom Abknickpunkt der Zeitfestigkeits-


linie bei ND nach rechts unten verläuft.
Nun lassen sich des Weiteren in Abb. 3.2–11 durch eine Linie c) die un-
wahrscheinlichen Fälle eines degressiven Dauerfestigkeitsabfalles d) von den
Fällen eines progressiven Dauerfestigkeitsabfalles e) abgrenzen. Der Ansatz
SD (D) / SD = (1 – D)(1/q) (3.2–44)
liefert eine geeignete formelmäßige Beschreibung und führt mit q = 1 auf die
Linie c), mit q = ⬁ auf die Linie a) und mit q = 0 auf die Linie b).
Damit stellt sich die Wöhlerlinie eines vorgeschädigten Teiles nach Zu-
sammenfassen von Gl. (2.1–19), Gl. (3.2–43) und Gl. (3.2–44) durch folgende
Beziehungen dar
N(D) = ND (D) · (Sa / SD (D))–k , (3.2–45)
ND (D) = ND · (1 – D)–(k–q)/q . (3.2–46)
Im doppellogarithmischen Netz erscheint danach die Wöhlerlinie des vorge-
schädigten Teiles gegenüber seiner Wöhlerlinie für den ungeschädigten Zu-
stand bei gleicher Neigung aber abgeminderter Zeit- und Dauerfestigkeit pa-
rallel verschoben. Der durch die Schwingspielzahl ND (D) und die abgemin-
derte Dauerfestigkeit SD (D) gekennzeichnete Abknickpunkt liegt für ver-
schiedene Werte der Vorschädigung D > 0 auf einer geradlinigen Ortskurve,
Abb. 3.2–12, deren Gleichung sich aus Gl. (3.2–44) und Gl. (3.2–46) ergibt als
ND (D) = ND · (SD (D) / SD)–(k–q). (3.2–47)

Abb. 3.2–12. Wöhlerlinie des Bauteils ohne Schädigung (D = 0) und des Bauteils mit einer
akkumulierten Schädigung (D > 0) gemäß dem Zusammenhang bei einem progressiven
Abfall der Dauerfestigkeit mit fortschreitender Schädigung
288 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Die Ortskurve beginnt sinnvollerweise für D = 0 und SD (D) = SD bei ND (D)


= ND und verläuft von dort geradlinig mit einer Neigung entsprechend dem
Exponenten – (k – q) nach unten.
Der Schädigungsbeitrag von Spannungsamplituden oberhalb der Dauer-
festigkeit wird bei der linearen Schädigungsakkumulations-Hypothese stets
nach Gl. (2.1–19) berechnet, d.h. mit der Schwingspielzahl N nach der Zeitfes-
tigkeitslinie des ungeschädigten Teiles, und zwar unabhängig davon, welche
Schädigung bereits abgelaufen ist. Die Zeitfestigkeitslinie des ungeschädig-
ten Bauteils endet jedoch nach Gl. (2.1–20) an der Dauerfestigkeitsgrenze SD .
Um im gleichen Sinne und gedanklich widerspruchsfrei auch für Span-
nungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit verfahren zu können, sei
hier die Schwingspielzahl N nach der Zeitfestigkeitslinie des ungeschädigten
Teiles nach Gl. (3.2–45) beschrieben durch die Schwingspielzahl N(D) nach
der Zeitfestigkeitslinie des vorgeschädigten Teiles als
N = N(D) / (1 – D) . (3.2–48)
Denn die Zeitfestigkeitslinie N(D) des vorgeschädigten Teiles erstreckt sich
bis zu Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit SD , Abb. 3.2–12.
Zwar führt Gl. (3.2–48) nach Umformung formal auf Gl. (2.1–19) zurück, je-
doch mit einem bis zur abgeminderten Dauerfestigkeit erweiterten Gültig-
keitsbereich, Abb. 3.2–13:
N = ND · (Sai / SD)–k für Sai ≥ SD (D) . (3.2–49)
Somit kann nach Gl. (3.2–49) sowohl der Schädigungsbeitrag von Span-
nungsamplituden oberhalb wie auch unterhalb der Dauerfestigkeit SD er-
rechnet werden, jedoch mit folgender Einschränkung gemäß Gl. (3.2–44):
Erst nach einer akkumulierten Schädigung
Di = 1 – (Sai / SD)q (3.2–50)

Abb. 3.2–13. Erläuterung


zur Berechnung der
Schädigung für Stufen
unterhalb der Dauer-
festigkeit
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel 289

übersteigt eine Spannungsamplitude Sai < SD die durch Vorschädigung abge-


minderte Dauerfestigkeit SD (D). Bei weitestgehend zufallsartigen Beanspru-
chungsvorgängen, die hier allein betrachtet werden, verteilen sich die ni
Schwingspiele mit Sai < SD im Mittel etwa gleichmäßig über die gesamte Le-
bensdauer des Teiles. Folglich tragen sie dann nur während der restlichen
(1 – Di)-fachen Lebensdauer zur Schädigung bei. Somit ist der Schädigungs-
beitrag für Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit auch nicht
mit der vollen Schwingspielzahl hi = ni , sondern nur mit hi = ni · (1 – Di)
Schwingspielen zu berechnen. Demnach lässt sich schreiben:
Di = D(Sai < SD) = [(1 – Di) · n1] / Ni = ni / [Ni / (1 – Di)] . (3.2–51)
Diese Gleichung kann dahingehend interpretiert werden, dass der Schädi-
gungsbeitrag für Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit ent-
weder mit der reduzierten Schwingspielzahl (1 – Di) · ni und der Schwing-
spielzahl Ni nach Gl. (3.2–49) berechnet werden kann, oder auch mit der vol-
len Zahl der Schwingspiele ni und einer auf das 1 / (1 – Di)-fache vergrößer-
ten, fiktiven Schwingspielzahl Nfiktiv . Sie ergibt sich für Sa = Sai aus der Gl.
(3.2–49) und Gl. (3.2–51) zu
Nfiktiv = ND · (Sai / SD)–(k + q) . (3.2–52)
Diese nach Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeitslinie fortge-
setzte, „fiktive“ Zeitfestigkeitslinie zur Schädigungsberechnung verläuft in
Abb. 3.2–10 von dem Abknickpunkt in dem schraffierten Bereich als Gerade
nach rechts unten und deckt sich bei q = 0 mit Linie b) und bei q = ⬁ mit
Linie a), Abb. 3.2–14.
Wird für die Neigung der Ortskurve nach Gl. (3.2–47), Abb. 3.2–12, ein Ex-
ponent
– (k – q) = – 1 bzw. q=k–1 (3.2–53)

Abb. 3.2–14. Fiktive Fort-


setzung der Wöhlerlinie
zur Berücksichtigung des
Dauerfestigkeitsabfalls mit
fortschreitender Schädi-
gung entsprechend der
modifizierten Form der
Miner-Regel
290 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

gewählt, was übereinstimmt mit dem Ergebnis aus einem eleganten theoreti-
schen Ansatz von Gatts [233] und auch aus bruchmechanischen Überlegun-
gen sinnvoll erscheint, Abschn. 3.4.7, so wird mit q = k – 1
Nfiktiv = ND · (Sai / SD) –(2k–1) . (3.2–54)
Verläuft also die Zeitfestigkeitslinie für D = 0 im doppellogarithmischen
Netz geradlinig mit einer Neigung k, so setzt sich die fiktive Zeitfestig-
keitslinie mit der Annahme q = k – 1 geradlinig mit einer Neigung (2 k – 1)
vom Abknickpunkt bei ND nach Werten unterhalb der Dauerfestigkeit
fort, Abb. 3.2–14. Eine Schädigungsrechnung in der so modifizierten Weise
gegen den abgeknickten Linienzug durchgeführt, berücksichtigt somit
einen Dauerfestigkeitsabfall durch die Vorschädigung gemäß Linie e) in
Abb. 3.2–11:
SD (D) / SD = (1 – D)1/(k–1) . (3.2–55)
Dass demnach die Dauerfestigkeit bei einer Schädigung S = 1 auf den Wert
SD (D) = 0 abfällt, steht noch in einem gewissen Widerspruch zu der Tatsache,
dass der statische Restbruch einen endlichen Querschnittsanteil erfasst, für
den sich zumindest theoretisch noch ein endlicher Dauerfestigkeitswert an-
geben ließe. Um die modifizierte Miner-Regel auch noch in diesem Punkt
den wirklichen Gegebenheiten besser anzupassen, wäre noch ein Kriterium
für den Restbruch einzuarbeiten, ähnlich wie es in den Ansätzen von Gatts
[233] oder von Vormwald [362], Abb. 3.4–35, geschehen ist.

Praktische Durchführung der Schädigungsrechnung


Die praktische Durchführung einer Schädigungsrechnung nach der modi-
fizierten Form der Miner-Regel geschieht also zweckmäßig in folgender
Weise:
Beim Ersatz des Beanspruchungskollektives durch ein getrepptes Ampli-
tudenkollektiv, Abschn. 3.2.5, werden für jede Treppenstufe die Spannungs-
amplituden Sai und die Stufenlastspielzahlen hi erhalten, wobei der Kollektiv-
umfang ∑ hi frei gewählt sein kann. Benötigt wird die Gleichung der Zeit-
festigkeitslinie, Gl. (2.1–19) oder Gl. (2.1–22). Daraus ergibt sich die fiktive
Fortsetzung der Zeitfestigkeitslinie nach Gl. (3.2–54). Die Schädigungssum-
me entsprechend Gl. (3.2–9),

 i
0
k / (N · S k ) ,
D = ∑ (hi /Ni) = ∑ hi · S ai a0 (3.2–9)

errechnet sich sodann mit N0 = ND und Sa0 = SD aus zwei Termen: aus einem
Term D1 für die Kollektivstufen i = 1 … j oberhalb der Dauerfestigkeit und
aus einem Term D2 für die Kollektivstufen i = ( j + 1) … z unterhalb der
Dauerfestigkeit,
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel 291

 i 
D1 = ∑ hi · S aik / (ND · S Dk ) für i = 1 … j , (3.2–56)

D = ∑ h · S
2  / (N
i
(2k–1)
ai D · S D(2k–1)) für i = ( j + 1) … z . (3.2–57)
i

Damit folgt die Lebensdauer nach Gl. (3.2–10) zu



N = ∑ hi /D mit D = D1 + D2 : (3.2–58)

 
z
∑ hi
– i=1 –
N = (ND · SDk) · 000000 0 für Sa ≥ SD ,

∑h ·S +S · ∑ 
j z
(1–k)
i
k
ai D hi · Sai(2k–1) (3.2–59)
i =1 i=j+1


oder mit den auf den Kollektivhöchstwert Sa bezogenen Spannungsampli-
tuden
– –
xi = Sai /S a sowie xD = SD /S a : (3.2–60)

 ∑ h
z
i
– – i=1 –
N = N(S = S ) · 000000
a a 0 für S a ≥ SD .

∑h ·x +x · ∑ h ·x 
j z
k (1–k) (2k–1)
i i D i i (3.2–61)
i=1 i=j+1

Ergänzend zu Gl. (3.2–59) bzw. Gl. (3.2–61) gilt


– –
N = ⬁ für Sa < SD . (3.2–62)

Die nach der modifizierten Form der Miner-Regel unter dem Kollektiv er-
tragbare Schwingspielzahl ergibt sich auch hiernach als ein bestimmtes

Vielfaches der Schwingspielzahl N(Sa = Sa), die nach der Zeitfestigkeits-

geraden unter der höchsten Spannungsamplitude des Kollektivs Sa ertragen
wird. Der Faktor, dargestellt durch den Summenterm, erweist sich, wie auch
bei der elementaren Form der Miner-Regel nach Gl. (3.2–13), abhängig von
der Kollektivform, gegeben durch die Werte hi und Sai bzw. xi , sowie über
den Exponenten k abhängig von der Neigung der Wöhlerlinie. Zum Unter-
schied besteht aber darüber hinaus hier noch eine Abhängigkeit des Faktors
von dem Verhältnis xD , in dem die Dauerfestigkeit SD zur höchsten Span-

nungsamplitude Sa des Kollektivs steht.
Die praktische Durchrechnung geschieht zweckmäßig in Form eines
Schemas, das sich auch für die Programmierung auf einem Rechner an-
bietet. Als Beispiel ist mit Tabelle 3.2–5 die Berechnung für das Treppen-
292 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Tabelle 3.2–5. Beispiel zur modifizierten Form der Miner-Regel

Stufe Stufenhäufigkeit Spannungsamplitude Werte Werte


(2k – 1)
i hi xi hi · xik hi · xi

1 2 1,000 2,000 2,000


2 16 0,950 13,032 11,173
3 280 0,850 146,162 89,762
4 2720 0,725 751,486 286,375
5 20000 0,575 2186,260 415,628
6 92000 0,425 3001,540 230,415
7 280000 0,275 1601,360 33,303
8 605000 0,125 147,705 0,288

Kollektiv- Errechnete Schwingspielzahlen nach der Verhältniswert



Höchstwert Wöhlerlinie Lebensdauerlinie N /N
– –
Sa N N

100 1000000 935519000 935,519


125 409600 200010000 488,306
150 197531 61605400 311,877
175 106622 23621600 221,544
200 62500 11994100 191,906
250 25600 3864020 150,938
300 12346 1761820 142,708
350 6664 883736 132,616
400 3906 505981 129,531
500 1600 206778 129,236
600 772 99382 128,799
700 416 53392 128,195
800 244 31103 127,398

kollektiv der Normverteilung und für eine Wöhlerlinie nach Gl. (2.1–19) mit
den Daten

SD = 100 N/mm2, ND = 1 · 106, k = 4

in dieser Art dargestellt. Im ersten Teil des Schemas werden mit den vorge-
gebenen Stufenhäufigkeiten hi und den bezogenen Spannungsamplituden xi
die Schädigungswerte hi · xik (Spalte 4) sowie hi · xi(2k–1) (Spalte 5) errechnet.
Der zweite Teil des Schemas zeigt dann die errechneten Schwingspielzahlen,

die bei den angegebenen Kollektivhöchstwerten Sa nach der Wöhlerlinie (N)

und nach der modifizierten Form der Miner-Regel (N ) ertragen werden. Da-
bei ist für jeden Kollektivhöchstwert zu prüfen, welche Stufen oberhalb und
welche Stufen unterhalb der Dauerfestigkeit liegen, um dementsprechend die
Schädigungswerte aus Spalte 4 bzw. Spalte 5 zu summieren und um sie mit
dem jeweiligen Wert xD nach Gl. (3.2–59) zu verrechnen. Die Verhältniszah-
3.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel 293


len N / N veranschaulichen den vorerwähnten Umrechnungsfaktor zwischen

Wöhler- und Lebensdauerlinie. Für große Werte Sa nähert er sich dem Fak-
tor nach der elementaren Form der Berechnung Gl. (3.2–13), und stimmt mit
diesem überein, wenn alle Stufen oberhalb der Dauerfestigkeit liegen, wie

hier, wenn Sa = 800 N/mm2.
Das mit der Wöhlerlinie einer Schweißverbindung für verschiedene p-
Wert-Kollektive durchgerechnete Beispiel nach Abb. 3.2–15 [68] veranschau-
licht den Unterschied der berechneten Lebensdauer, der sich mit Anwendung
der modifizierten Form der Miner-Regel aus Gl. (3.2–57) bzw. Gl. (3.2–59)
gegenüber der elementaren Form der Berechnung nach Gl. (3.2–11) bzw. Gl.
(3.2–13) ohne Berücksichtigen der Dauerfestigkeit bzw. bei einfacher Be-
rücksichtigung der Dauerfestigkeit in der Original-Form der Miner-Regel
nach Gl. (3.2–40) bzw. Gl. (3.2–41) ergibt. In allen Fällen gilt zudem nach
– –
Gl. (3.2–42) bzw. Gl. (3.2–62) N = ⬁ für Sa < SD .
Die Lebensdauerunterschied sind umso größer, je völliger das Kollektiv ist
und je weniger der Höchstwert des Kollektivs die Dauerfestigkeit übersteigt.
Zudem wird bei der elementaren Berechnungsweise bei gegebener Dauerfes-
tigkeit, ausgehend von einem getreppten Kollektiv, jedes Mal ein unwirklicher
Stufensprung in der Lebensdauerlinie erhalten, wenn mit einer Verringerung
Bezogene Spannungsamplitude Sa /SD

Abb. 3.2–15. Unterschied der berechneten Lebensdauerlinien für p-Wert-Kollektive nach


der Original-Form, der elementaren Form und der modifizierten Form der Miner-Regel
294 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Spannungsamplitude S a in N/mm2


Schwingspielzahl N
Abb. 3.2–16. Versuchsergebnisse einer Schweißverbindung für p-Wert-Kollektive und be-
rechnete Lebensdauerlinien nach der modifizierten Form der Miner-Regel


der Beanspruchungshöhe Sa eine weitere Kollektivstufe Sai unter der Dauer-
festigkeit SD absinkt und dadurch mit ihrem Schädigungsbeitrag sogleich
insgesamt ausfällt. Von der Original-Form der Miner-Regel sollte deshalb zu-
gunsten ihrer modifizierten oder der im Folgenden beschriebenen konse-
quenten Form grundsätzlich abgesehen werden.
Eine Gegenüberstellung von modifiziert berechneten Lebensdauerlinien
mit Versuchsergebnissen ist mit Abb. 3.2–16 gegeben. Es handelt sich hier
um ein Beispiel aus den umfangreichen Untersuchungen mit p-Wert-Kollek-
tiven an Schweißverbindungen, die als Grundlage der DIN 15018 [41] durch-
geführt wurden [19, 85, 234].

3.2.9
Konsequente Form der Miner-Regel

Beim Herleiten der modifizierten Form der Miner-Regel wird mit Gl.
(3.2–51) und der ihr zugrunde liegenden Überlegung eine gewisse Verein-
fachung gemacht, die sich im Ergebnis einschränkend auf den Verlauf der
Lebensdauerlinie insofern auswirkt, als die Lebensdauerlinie für große
3.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel 295

Schwingspielzahlen nicht asymptotisch in die Dauerfestigkeitslinie übergeht.



So zeigt auch Tabelle 3.2–5 für S a = SD = 100 N/mm2 einen endlichen Wert
– 6
von N = 935 · 10 Schwingspielen, bei dem die Lebensdauerlinie mit einer
Neigung (2k – 1) die Dauerfestigkeitslinie schneidet. Ein asymptotischer Ver-
lauf der Lebensdauerlinie muss jedoch nach Definition der Dauerfestigkeit
erwartet werden, wenn der Kollektivhöchstwert zugleich den Beanspru-
chungshöchstwert darstellt und eindeutig unterhalb der Dauerfestigkeit
bleibt.
Insofern liefert die modifizierte Form der Miner-Regel eine (unter Um-
ständen nicht akzeptable) Näherung auf der sicheren Seite der tatsächlichen
Lebensdauerlinie, und zwar dann, wenn der Kollektivhöchstwert die Dauer-
festigkeit nur wenig übersteigt und eine hohe Lebensdauer bzw. Schwing-
spielzahl ertragen wird.
Die konsequente Form der Miner-Regel, die hier vorgestellt wird, liefert
widerspruchsfrei im Sinne der Grundannahmen zur modifizierten Miner-
Regel den Verlauf der rechnerischen Lebensdauerlinie von ihrem oberen, zur
Zeitfestigkeitslinie parallelen Teil, über ihren mittleren Teil, bis in ihren un-
teren, zur Dauerfestigkeit asymptotischen Teil. Sie bedeutet im Grunde eine
logische Fortführung der Überlegungen nach Abb. 3.2–11 und Gl. (3.2–51).
In ähnlicher Weise wurden solche Überlegungen etwa gleichzeitig zu den Ar-
beiten an diesem Buch von Gnilke und von Wirthgen [235], von Reppermund
[236] und von Franke [237] angestellt.
Der sachliche Ansatz ergibt sich wiederum aus dem Dauerfestigkeitsabfall
mit fortschreitender Schädigung, beschrieben durch

SD (D) / SD = (1 – D)(1/q) (3.2–44)

mit q = k – 1 nach Gl. (3.2–53).


Dieser Ansatz kann nämlich eine konsequentere Handhabung insofern er-
fahren, dass in einer schrittweisen Rechnung jeweils exakt allein nur die
Spannungsamplituden zur Schädigung beitragen, die oberhalb des jeweilig
abgeminderten Wertes der Dauerfestigkeit liegen. Ihre Schädigungsbeiträge
folgen in der für die lineare Schädigungsakkumulation typischen Weise aus
der Gleichung der Zeitfestigkeitslinie für das ungeschädigte Teil Gl. (2.1–19),
und über die gedankliche Brücke von Gl. (3.2–49).
Die formelmäßige Herleitung stützt sich auf Abb. 3.2–17 und die dort ein-
getragenen Bezeichnungen unter Verwendung der auf den Kollektivhöchst-

wert S a bezogenen Spannungsamplituden sowie der auf den Kollektiv-
höchstwert bezogenen Dauerfestigkeit SD :
– –
xi = Sai / S a sowie xD = SD / S a . (3.2–59)

Der Anschaulichkeit halber sei zunächst angenommen, dass die Dauerfestig-


keit mit der Kollektivstufe i = 3 zusammenfällt. Es liefern dann allein die
Stufen 1 bis 3 einen Schädigungsbeitrag und die Lebensdauer bis zu einer
296 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.2–17. Berechnung der Schädigung bei Berücksichtigung des Dauerfestigkeitsab-


falls entsprechend der konsequenten Form der Miner-Regel

Schädigungssumme D = 1 wäre in diesem Fall nach der Original-Form,


Gl. (3.2–41):

   .
z 3
– –
N (D = 1) = N (Sa = S a) · ∑ hi ∑ hi · xik (3.2–63)
i=1 i=1

Im Sinne der konsequenteren Betrachtung kann jedoch unter dieser Kon-


stellation nicht die Schädigungssumme D = 1 auflaufen, sondern nur eine
Schädigungsteilsumme D3 < 1, weil dann die Dauerfestigkeit auf die Kollek-
tivstufe 4 abgesunken ist. Aus Gl. (3.2–44) folgt durch Auflösen nach D
D = 1 – (SD (D) / SD)q (3.2–64)

und für die hier anstehende Betrachtung ergibt sich daraus mit SD = x3 · S a

und SD (D) = x4 · S a sowie mit x3 = xD die Schädigungsteilsumme D3 als
D3 = 1 – (x4 / xD)q = (x3 / xD)q – (x4 / xD)q
D3 = (x3q – x4q) / xDq (3.2–65)
und der darauf entfallende Lebensdaueranteil ist nur der D3-fache Wert von

N (D = 1) nach Gl. (3.2–63), nämlich

    .
z 3
– –
N 3 = N(Sa = S a) · ∑ hi · (x 3q – x4q) / xDq · ∑ hi · xik (3.2–66)
i =1 i =1

Im nächsten Schritt der Rechnung tragen nun die Stufen i = 1 bis i = 4 zur
Schädigung bei, bis die Schädigungsteilsumme
D4 = 1 – (x5 / xD)q (3.2–67)
3.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel 297

erreicht ist. Der auf die Zunahme der Schädigung von D3 auf D4 entfallende
Lebensdaueranteil beträgt dementsprechend mit

D4 – D3 = (x4 / xD)q – (x5 / xD)q = (x4q – x5q) / xDq , (3.2–68)

    .
z 4
– –
N 4 = N(Sa = S a) · ∑ hi · (x4q – x5q) / xDq · ∑ hi · xik (3.2–69)
i =1 i =1

In gleicher Weise fortgeführt für die Kollektivstufen 5 bis z, ist die Dauer-
festigkeit letztlich dann bei einem rechnerisch zu ergänzenden Wert xz + 1 = 0
bis auf SD (D = 1) = 0 abgefallen und die insgesamt ertragbare Lebensdauer

folgt als Summe der Lebensdaueranteile Nd mit d = j … z nach Gl. (3.2–66),
3.2–69), usw. zu

 ∑ h  · ∑ (x   .
z z d
– – q
N = N(Sa = Sa) · i d – x qd+1) / xDq · ∑ hi · xik (3.2–70)
i=1 d=j i=1

Oder auch zu

 ∑ h  · ∑ (S  
z z d
q q
N = (ND · SDk) · i ad – S a(d+1) ) / SDq · ∑ hi · S kai (3.2–71)
i=1 d= j i=1

mit
– –
N(Sa = Sa) = ND · SDk / Sak (3.2–72)
und
– – – –
xd · Sa = Sad ; xd + 1 · Sa = Sa(d + 1); xD · Sa = SD ; xi · Sa = Sai (3.2–73)

Als Zusatzbedingung zu Gl. (3.2–70) bzw. Gl. (3.2–71) gilt auch hier
– –
N = • für Sa < SD . (3.2–74)

Die Gln. (3.2–70) und (3.2–71) gelten zunächst nach ihrer Herleitung unter
der Voraussetzung, dass eine Stufe i = j des Kollektivs exakt mit der Dauer-
festigkeit zusammenfällt, d.h. wenn xj = xD .
Der allgemeine Fall ist jedoch, dass die Dauerfestigkeit zwischen zwei Stu-
fen des Kollektivs liegen wird, also xj > xD > xj + 1 . Beispielsweise könnte die
Dauerfestigkeit zwischen Stufe 3 und 4 liegen. Unter der Voraussetzung einer
nicht zu groben Stufenteilung wäre dann lediglich in Gl. (3.2–66) anstelle von
x3 der Wert xD zu setzen, oder allgemein

Dj = (xDq – xj+1
q
) / xDq . (3.2–75)

Dieser Fall wird durch Gl. (3.2–70) mit abgedeckt, wenn die zusätzliche Fest-
legung getroffen wird, dass unter dem zweiten Summenausdruck für d = j
298 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.2–18. Lebensdauerlinien für ein Geradelinien-Kollektiv, grob getreppt mit 6 Stufen
und fein getreppt mit 128 Stufen; die grobe Treppung ergibt nach Abb. 3.2–5 insgesamt
geringere Lebensdauerwerte und mit der modifizierten Miner-Regel leicht bogenförmige
Lebensdauerlinien

der größere Wert xdq = xdq = j durch den kleineren Wert xdq = xDq zu ersetzen ist.
In einem ohnehin zur numerischen Auswertung erforderlichen Rechnerpro-
gramm [51] ist diese zusätzliche Festlegung einfach zu realisieren. In der
praktischen Anwendung bei grober Stufenteilung zeigt jedoch die errechne-
te Lebensdauerlinie in den mit Gl. (3.2–75) interpolierten Zwischenbereichen
leicht bogenförmige konvexe Auswölbungen des an für sich eher konkaven
Kurvenverlaufs, Abb. 3.2–18.
Die Indizes in Gl. (3.2–70) und Gl. (3.2–71) haben folgende Bedeutung:
i = 1 bis z Stufen des getreppten Kollektivs,
i = 1 bis j Stufen oberhalb oder gleich der Dauerfestigkeit SD ,
i = 1 bis d Stufen oberhalb der abgeminderten Dauerfestigkeit SD (D),

mit i=1 für Sai = Sa (i = 1) = Kollektivhöchstwert Sa ,
i=z für Sai = Sa (i = z) = kleinste Stufe des Kollektivs,
i = z + 1 Sa (i = z + 1) = 0 = rechnerisch zu ergänzende Stufe.

Auch nach der konsequenten Form der Miner-Regel errechnet sich also die
Lebensdauer unter dem Belastungskollektiv als ein Vielfaches der nach der
Wöhlerlinie unter dem Kollektivhöchstwert ertragbaren Schwingspielzahl.
Der Umrechnungsfaktor geht jedoch mit einer Annäherung des Kollektiv-
höchstwertes an die Dauerfestigkeit in einer von der Kollektivform abhängi-
gen Weise asymptotisch gegen Unendlich.
3.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel 299

Durchführung der Berechnung


Das Konzept einer praktischen Berechnung lässt sich unschwer aus dem
Schema der Tabelle 3.2–5 entwickeln und entsprechend auf einem Rechner
programmieren [51]. Mit Tabelle 3.2–6 ist die Berechnung zum Vergleich
wiederum für das Treppenkollektiv der Normverteilung und für eine Wöh-
lerlinie nach Gl. (2.1–19) mit
SD = 100 N/mm2, ND = 1 · 106, k=4
aufgezeigt. Im ersten Teil des Schemas werden mit den vorgegebenen Stu-
fenhäufigkeiten hi und den bezogenen Spannungsamplituden xi die Schädi-

Tabelle 3.2–6. Beispiel zur konsequenten Form der Miner-Regel

Stufe Stufen- Spannungs- Werte Summen- Differenz-


i häufigkeit amplitude hi · xik werte werte
hi xi ∑ hi · xik xiq – xiq+ 1

1 2 1,000 2,000 2,000 0,142625


2 16 0,950 13,032 15,032 0,243250
3 280 0,850 146,162 161,194 0,233047
4 2720 0,725 751,486 912,680 0,190969
5 20000 0,575 2186,260 3098,940 0,113343
6 92000 0,425 3001,540 6100,480 0,055969
7 280000 0,275 1601,360 7701,840 0,018844
8 605000 0,125 147,705 7849,545 0,001953
(9) 0,000

Kollektiv- Errechnete Schwingspielzahlen nach der


Höchstwert Wöhlerlinie Lebensdauerlinie Verhältniswert
– – –
Sa N N N /N

100 1000000 89199590000 89199,590


105 822702 20111650000 24445,830
110 683013 9845537000 14414,850
115 571753 3991383000 6980,954
125 409600 855923700 2089,658
150 197531 109862800 556,181
175 106622 27034190 253,551
200 62500 13717630 219,482
250 25600 3911033 152,775
300 12346 1785897 144,658
350 6664 888492 133,296
400 3906 506001 129,536
500 1600 206792 129,245
600 772 99391 128,810
700 416 53396 128,205
800 244 31103 127,398
300 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

gungswerte hi · xik (Spalte 4), deren Teilsummen (Spalte 5) sowie die Diffe-
renzen der xdq (Spalte 6) errechnet. Der zweite Teil des Schemas zeigt dann
die errechneten Schwingspielzahlen, die bei den angegebenen Kollektiv-

höchstwerten S a nach der Wöhlerlinie (N) und nach der konsequenten Form

der Miner-Regel (N ) ertragen werden. Dabei ist für jeden Kollektivhöchst-
wert zu prüfen, welche Stufen oberhalb und welche unterhalb der Dauerfes-
tigkeit liegen, um dementsprechend die Summenwerte aus Spalte 5 bzw. die
Differenzwerte aus Spalte 6 zu entnehmen und um sie mit dem jeweiligen

Wert xD nach Gl. (3.2–75) zu verrechnen. Die Verhältniszahlen N / N veran-
schaulichen den sich ergebenden Umrechnungsfaktor zwischen Wöhler- und

Lebensdauerlinie; für mittlere Werte S a gleicht er sich zunehmend dem Um-
rechnungsfaktor nach der modifizierten Rechnung an, d.h. auch er nähert

sich für große Werte S a dem Faktor nach der elementaren Berechnung an, Gl.
(3.2–13), und stimmt mit diesem überein, wenn alle Stufen oberhalb der
Dauerfestigkeit liegen, Tabelle 3.2–5.
Abbildung 3.2–19 zeigt die Ergebnisse nach den Tabellen 3.2–5 und 3.2–6
als Lebensdauerlinien. Für die Lebensdauerlinie nach der konsequenten
Form der Miner-Regel kann man die parallel zur Wöhlerlinie verlaufende
Lebensdauerlinie nach der elementaren Form der Miner-Regel als eine auf
der sicheren Seite liegende Näherung für deren oberen Teil ansehen, und die
flacher werdende Lebensdauerlinie nach der modifizierten Form als eine auf
der sicheren Seite liegende Näherung für deren mittleren Teil betrachten. Ein
nennenswerter Unterschied zwischen der modifizierten und der konsequen-
ten Form der Miner-Regel besteht mithin nur im unteren Bereich der Le-
bensdauerlinien, d.h. wenn der Kollektivhöchstwert die Dauerfestigkeit nur

Abb. 3.2–19a–c. Als Lebensdauerlinien aufgetragene Ergebnisse der Beispiel-Rechnungen;


a elementar, b nach Tabelle 3.2–5 und c nach Tabelle 3.2–6
3.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel 301

Abb. 3.2–20. Berechnete Lebensdauerlinie nach der konsequenten Form der Miner-Regel
im Vergleich zu den Ergebnissen aus Wöhler-Versuchen und aus Blockprogramm-Ver-
suchen mit der Normverteilung nach Ostermann

wenig übersteigt. Die konsequente Form hat deshalb mit ihrer in diesen Fäl-
len nachweislich besseren Übereinstimmung mit Versuchsergebnissen vor
allem Bedeutung für eine Extrapolation der Lebensdauerlinie auf hohe
Schwingspielzahlen, Abb. 3.2–20.

Vereinfachte Konstruktion der Lebensdauerlinien


Eine vereinfachte Konstruktion der Lebensdauerlinien wird nach Abb. 3.2–21
mit wenigen Schritten erreicht: Ausgehend von der Wöhlerlinie in ihrer for-
melmäßigen Darstellung nach Gl. (2.1–19) wird die Lebensdauer für einen

Kollektivhöchstwert gleich der Dauerfestigkeit, d.h. Sa = SD , als erstes nach
der elementaren Form mit der Neigung k (Punkt E) und dann nach der ele-
mentaren Form mit der Neigung (2k – 1) errechnet (Punkt M). Eine Paralle-
le zur Zeitfestigkeitslinie mit der Neigung k durch den Punkt E gelegt liefert
die Asymptote der Lebensdauerlinie in ihrem oberen Teilstück, eine Gerade
mit der flacheren Neigung (2k – 1) durch den Punkt M liefert für die modi-
fizierte Form die Asymptote im unteren Teil der Lebensdauerlinie. Mittels
dieser Grenzlinien kann sodann durch Interpolation nach Augenschein un-
schwer eine Schätzkurve für den exakten rechnerischen Verlauf der Lebens-
dauerlinie nach der konsequenten Form gezeichnet werden, wobei der
Schnittpunkt der Linie mit der Neigung k und der Linie mit der Neigung
(2k – 1) auch einen Anhalt für die beginnende Abweichung von der modi-
fiziert errechneten Linie liefert.
302 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.2–21. Vereinfachte Konstruktion der Lebensdauerlinien

Relative Schädigungsbeiträge der Kollektivstufen


Die relativen Schädigungsbeiträge der einzelnen Kollektivstufen sind bei
nicht vernachlässigter Dauerfestigkeit nicht mehr, wie im Abschn. 3.2.3, un-
abhängig von der Beanspruchungshöhe, sondern abhängig vom Verhältnis-

wert xD = SD / Sa , um den der Kollektivhöchstwert über der Dauerfestigkeit
liegt. Ähnlich wie die Lebensdauerwerte bestimmen sich auch die relativen
Schädigungsbeiträge als gewichtete Summen, so z.B. zu dem Lebensdauer-

anteil N3 nach Gl. (3.2–63) für die Stufen i = 1 … 3 zu

 
3
Di / D3 = (hi · xik) / ∑ hi · x ik . (3.2–76)
i=1

d.h. gewichtet mit D3 nach Gl. (3.2–65). Die Summation über alle Lebens-
daueranteile ergibt dann allgemein für die Stufen i = 1 … z:

   .
z d
Di / D = (hi · xik) · ∑ (xdq – xq(d + 1)) / xDq · ∑ hi · xik (3.2–77)
d i =1

mit d=j für i ≤ j bzw. d = i für i > j ,


aber xj = xD falls xj < xD .

Das Ergebnis einer Berechnung zum vorstehenden Beispiel zeigt Tabelle



3.2–7, wobei im Fall S a = 800 N/mm2 alle Stufen i = 1 … 8 oberhalb der

Dauerfestigkeit liegen, im Fall S a = 350 N/mm2 die Stufen i = 1 … 6, im Fall
– –
S a = 200 N/mm die Stufen i = 1 … 5 usw., und im Fall S a = 100 N/mm2 nur
2

die Stufe i = 1. Aus dieser Gegenüberstellung wird erkennbar, wie sich die
Schädigungsbeiträge der oberen Kollektivstufen mit Annäherung des Kol-
lektivhöchstwertes an die Dauerfestigkeit erhöhen, während sich die der
3.2.10 Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude 303

Tabelle 3.2–7. Beispiel zur Berechnung der relativen Schädigungsbeiträge



Spannung Sa 800 350 200 150 125 110 100
Stufen i ober- 1–8 1–6 1–5 1–4 1–3 1–2 1–1
halb SD : Stufe i Relativer Schädigungsbeitrag der Stufe i in %

1 0,03 0,03 0,04 0,11 0,42 2,88 17,84


2 0,17 0,17 0,29 0,72 2,72 18,79 23,31
3 1,86 1,95 3,21 8,13 30,54 *33,14 *24,90
4 9,57 10,02 16,49 *41,80 *37,82 25,77 19,36
5 27,85 29,15 *47,98 35,75 20,69 14,10 10,59
6 *38,24 *40,02 28,50 12,02 6,96 4,74 3,56
7 20,40 18,51 3,45 1,46 0,84 0,57 0,43
8 1,88 0,16 0,03 0,01 0,01 0,00 0,00

* Jeweils meistschädigende Stufe.

unteren Kollektivstufen vermindern. Die meistschädigende Stufe liegt für



Werte S a ≤ 350 N/mm2 bei oder sogar unter der Dauerfestigkeit. Sofern alle
Stufen oberhalb der Dauerfestigkeit liegen, ergeben sich die gleichen relati-
ven Schädigungsbeiträge wie nach Gl. (3.2–15).

3.2.10
Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude

Die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa,äq , wie sie u.a. in [44]


aufgeführt ist, stellt eine dem Spannungskollektiv schädigungsgleiche, kon-
stante Spannungsamplitude mit einer zugeordneten Häufigkeit gleich der
Schwingspielzahl ND am Abknickpunkt der Wöhlerlinie dar. Sie ermöglicht,
den Betriebsfestigkeits-Nachweis in der Form eines Dauerfestigkeits-Nach-
weises zu führen. Nach Gl. (4.1–1), Abschn. 4.1.7, wird sie dabei als Kennwert
der betrieblichen Beanspruchungshöhe dem Wert der Dauerfestigkeit als zu-
lässiger Beanspruchungshöhe unter Einbeziehung der erforderlichen Sicher-
heitszahl gegenübergestellt. Diese Vorgehensweise kann in manchen Fällen
von Vorteil sein, insbesondere dann, wenn Zahlenwerte der schädigungs-
äquivalenten Spannungsamplitude als Erfahrungswerte vorliegen.
Gegenüber der üblichen Vorgehensweise besteht dabei kein grundsätz-
licher, sondern nur ein formaler Unterschied dahingehend, dass die Schädi-
gungsakkumulations-Rechnung nicht festigkeitsseitig zur Ermittlung der
unter dem Kollektiv ertragbaren Beanspruchungshöhe bzw. Lebensdauer
eingesetzt wird, sondern beanspruchungsseitig zur Ermittlung eines speziel-
len Kennwertes der betrieblichen Beanspruchungshöhe in Verbindung mit
der als Forderung vorgegebenen Lebensdauer bzw. Schwingspielzahl. Die
drei verschiedenen Formen der Miner-Regel können dabei angewendet wer-
den. Zu den nachstehend angegebenen Formeln sind dabei allerdings gewis-
se Besonderheiten zu vermerken:
304 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Nach der elementaren Form der Miner-Regel, bei der die Dauerfestigkeit
keine Berücksichtigung erfährt, errechnet sich die schädigungsäquivalente
Spannungsamplitude Sa, äq für ein vorgegebenes Amplituden-Kollektiv in
einem festen Verhältnis zum Kollektiv-Höchstwert. Im Prinzip bezeichnet
dann Sa, äq die Ersatz-Spannungsamplitude für eine spezielle Form eines
schädigungsgleichen Rechteck-Ersatzkollektivs nach Abschn. 3.2.4, und zwar
nach Gl. (3.2–27) für HE = ND :

Sa,äq = [(∑ hi · S ka1) / ND](1/k) (3.2–78)

Mit Gl. (3.2–77) würde allerdings unterstellt, dass die unter dem Kollektiv als

ertragbar geforderte Schwingspielzahl NFord mit dem Kollektivumfang ∑ hi
übereinstimmt. Im allgemeineren Fall ist jedoch davon auszugehen, dass

NFord Z-fach höher ist, Abschn. 2.2.2, also

NFord = Z · ∑ hi (3.2–79)
Damit ergibt sich durch Zusammenfassen von Gl. (3.2–78) und Gl. 3.2–86)
folgende Formel für die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa, äq
nach der elementaren Form der Miner-Regel:

  
z z (1/k)

Sa, äq = {NFord / ND}(1/k) · ∑ hi · S kai ∑ hi , (3.2–80)
i=1 i=1

oder auch mit Gl. (3.2–12)

  
z z (1/k)
– –
Sa, äq = S a · {NFord / ND}(1/k) · ∑ hi · xik ∑ hi . (3.2–81
i=1 i=1

Statt vorstehender Definition von Sa, äq anhand der elementaren Form der
Miner-Regel ist ebenso gut auch eine Definition unter Berücksichtigung der
Dauerfestigkeit nach der modifizierten oder der konsequenten Form der
Miner-Regel möglich. Die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa, äq
ergibt sich dann allerdings auch noch abhängig davon, in welchem Verhält-
nis der Kollektiv-Höchstwert die Dauerfestigkeit übersteigt.
Nach einem Vergleich von Gl. (3.2–11) bzw. Gl. (3.2–13) mit Gl. (3.2–59)
bzw. Gl. (3.2–61) und mit Gl. (3.2–80) bzw. Gl. (3.2–81) lässt sich die fol-
gende Formel für die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa, äq
angeben, die nach der modifizierten Form der Miner-Regel zu errechnen
ist:

  
j z z (1/k)

Sa, äq = {NFord / ND}(1/k) · ∑ hi · S kai + SD(1–k) · ∑ hi · Sai(2k–1) ∑ hi ,
i=1 i=j+1 i=1

(3.2–82)
oder auch mit Gl. (3.2–12)
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen 305

– –
Sa, äq = Sa · {NFord / ND}(1/k)

  
j z z (1/k)
· ∑ hi · xik + xD(1–k) · ∑ hi · xi(2k – 1) ∑ hi . (3.2–83)
i=1 i=j+1 i=1

Und nach einem Vergleich von Gl. (3.2–11) bzw. Gl. 3.2–13) mit Gl. (3.2–70)
bzw. Gl. (3.2–71) und mit Gl. (3.2–80) bzw. Gl. (3.2–81) lässt sich die folgen-
de Formel für die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa,äq ange-
ben, die nach der konsequenten Form der Miner-Regel zu errechnen ist:

Sa,äq = {NFord / ND}(1/k))

     
z d z (–1/k)
q q
· ∑ Sad – S a(d + 1) SDq · ∑ hi · S ai
k) · ∑ hi , (3.2–84)
d=j i=1 i=1

oder auch mit Gl. (3.2–12)


– –
Sa,äq = Sa · {NFord / ND}(1/k))

     
z d z (–1/k)
· ∑ xdq – x(d
q
+ 1) xDq · ∑ hi · xik · ∑ hi . (3.2–85)
d=j i=1 i=1

Allerdings ist die schädigungsäquivalente Spannungsamplitude Sa,äq in kei-


nem der vorstehenden Fälle eine reine Beanspruchungskenngröße, denn
über die Wöhlerlinien-Neigung k und die Dauerfestigkeit SD hängt sie zudem
auch noch von Schwingfestigkeitskenngrößen des jeweiligen Bauteils ab!

3.2.11
Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen

Arbeiten, die sich mit der „Gültigkeit“ der Miner-Regel und der ihr zu-
grunde liegenden linearen Schädigungsakkumulations-Hypothese mehr oder
weniger schlüssig auseinandersetzen, sind in einer nicht mehr überschau-
baren Vielzahl im Schrifttum zu finden. Dennoch wurde bislang in dieser
Frage weder eine klare, noch eine einheitliche Einschätzung gewonnen: so
unterschiedlich wie die Befunde sind die ihrer Bewertung zugrunde ge-
legten Prämissen und deshalb auch die abgeleiteten Folgerungen. Hier sei
zunächst auf zwei Arbeiten von Schütz und Zenner [238, 239] Bezug ge-
nommen, die auch Hinweise auf weiteres einschlägiges Schrifttum enthal-
ten. Ziel dieser Arbeiten war es zu untersuchen, welche Gegebenheiten die
bei Bruch zutreffende Schädigungssumme nach einer Miner-Rechnung be-
einflussen. Ergänzend werden Ergebnisse einer neueren Auswertung von
Versuchsdaten erörtert, die von Eulitz und Kotte unter einer ähnlichen Fra-
gestellung durchgeführt und von Eulitz zusammenfassend veröffentlicht
wurden [240].
306 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Überprüfung anhand der Schädigungssumme


Schütz und Zenner werteten etwa 350 Versuchsreihen aus Blockprogramm-
Versuchen und etwa 130 Versuchsreihen aus Zufallslasten-Versuchen anhand
der zugehörigen Daten der Wöhler-Versuche aus. Für die einzelnen Ver-
suchsreihen verglichen sie den durch mindestens je fünf Versuche belegten
Mittelwert der Lebensdauer mit der rechnerischen Lebensdauer. Dazu er-
rechneten sie die Schädigungssumme, die sich für die im Versuch ertragene
Lebensdauer nach der Original-Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2–7, und
nach der elementaren Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.2, ergab. Damit
sind, was den Abfall der Dauerfestigkeit als Funktion der Schädigung be-
trifft, die beiden denkbaren Grenzfälle abgehandelt, Abb. 3.2–11.
Die errechneten Schädigungssummen unterschieden sich im Einzelfall
mehr oder weniger stark von der theoretisch erwarteten Schädigungssumme
D = 1. Eine Auftragung der Schädigungssummen im Wahrscheinlichkeitsnetz
diente der zusammenfassenden Auswertung. Mit der für die Abb. 3.2–22 bis
3.2–24 gewählten und vom Original abweichenden Darstellungsweise sind
die zugehörigen Häufigkeitssummen auch ausdeutbar als Vertrauenswahr-
scheinlichkeiten C, um mit einer von D = 1 abweichenden Schädigungssum-

Abb. 3.2–22. Statistische Verteilung der Schädigungssummen aus Blockprogramm-Ver-


suchen an Bauteilen und Kerbstäben aus Stahl, Aluminium- und Titan-Legierungen bei
Axial- oder Biegebeanspruchung, nach der Auswertung von Schütz und Zenner [238]
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen 307

Abb. 3.2–23. Statistische Verteilung der Schädigungssummen aus Zufallslasten- und Ein-
zelflug-Versuchen an axial beanspruchten Kerbstäben aus Aluminium-Legierungen, nach
der Auswertung von Schütz und Zenner [238]

me eine zutreffende Lebensdauer-Vorhersage nach der Miner-Regel zu er-


halten, Abschn. 3.2–12.
Die Schädigungssumme bezeichnet den Verhältniswert der im Versuch
ertragenen Lebensdauer zu der errechneten Lebensdauer. Schädigungssum-
men kleiner als 1 bedeuten mithin eine rechnerische Überschätzung der Le-
bensdauer und damit eine Vorhersage auf der unsicheren Seite. Bei Schädi-
gungssummen größer als 1 liegt die Vorhersage hingegen auf der sicheren
Seite, d.h. die Lebensdauer nach dem Versuch wird dann unterschätzt.
Die Diskussion der von D = 1 abweichenden Schädigungssummen muss

sich auf ihre Mittelwerte und auf ihre Streuspannen erstrecken: Von D = 1
abweichende Mittelwerte verweisen auf einen systematischen Einfluss, dem
bei allen ähnlich gelagerten Fällen Rechnung getragen werden kann, Abschn.
3.2–12. Große Streuspannen TD deuten auf nicht erfasste, fallweise unter-
308 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.2–24. Statistische Verteilung der Schädigungssummen aus Einzelflug-Versuchen


bei Raumtemperatur und erhöhter Temperatur an axial beanspruchten Kerbstäben und
Schweißverbindungen aus der Titanlegierung Ti8Al1Mo1V1, nach der Auswertung von
Schütz und Zenner [238]

schiedlich ausgeprägte Einflüsse, die die Verlässlichkeit der errechneten Le-


bensdauerwerte einschränken.
Außerdem ist zu bedenken, dass sowohl die Ergebnisse aus den Wöhler-
Versuchen, die als Eingangsdaten der Berechnung dienen, wie auch die Er-
gebnisse aus den Betriebsfestigkeits-Versuchen, die zur Überprüfung der Mi-
ner-Regel herangezogen werden, mit einer nicht unerheblichen Streuung
und Zufälligkeit und mit einer experimentellen Unsicherheit behaftet sein
können. Auch diese Einflüsse beeinflussen die Schädigungssummen, bzw.
ihre Streuspannen TD , dürfen aber gerechterweise nicht der Miner-Regel an-
gelastet werden. Nach einer Abschätzung von Eulitz [240] bedingen allein
schon die streuenden Versuchsergebnisse aus den Wöhler- und Betriebs-
festigkeitsversuchen – selbst wenn die Schädigungsakkumulations-Hypothese
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen 309

den idealen Wert D = 1 liefern würde – eine Streuspanne der Schädigungs-


summen von TD = 1:2 bis TD = 1:3,5!
Feststellungen und Einschätzungen nach Schütz und Zenner
Nach ihren Auswertungen kommen Schütz und Zenner zu einigen allgemeinen
Feststellungen und zu folgenden Einschätzungen einzelner Einflussgrößen:
Mit der Original-Form der Miner-Regel ausgewertet lag der Mittelwert
– –
über alle Blockprogramm-Versuche mit D = 0,82 nahe bei D = 1, wenn auch
mit einer Tendenz zur unsicheren Seite. Die Streuspanne TD in den Grenzen
90% bis 10% war jedoch mit TD = 1:8,0 vergleichsweise beachtlich, Abb.
3.2–22. Demgegenüber ergab sich nach der elementaren Form ausgewertet,

erwartungsgemäß ein zur sicheren Seite tendierender Mittelwert D = 1,70,
doch die Streuspanne blieb mit TD = 1:7,8 praktisch unverändert.
Bei eingegrenzten Versuchsbedingungen zeigte sich eine kleinere Streu-
spanne TD . Aus 29 Reihen mit Zufallslasten-Versuchen an Aluminium-Legie-

rungen ergab sich ein Mittelwert bei D = 1,05, Abb. 3.2–23, in Verbindung mit
einer etwas verkleinerten Streuspanne TD = 1:4,0. Im Vergleich zu Block-
programm-Versuchen an Aluminium-Legierungen mit einem Mittelwert

D = 1,10 wäre nach diesem Ergebnis kaum ein Reihenfolgeeinfluss zu ver-
zeichnen, was mit der Auswertung nach Abschn. 2.5.2 nur dadurch vereinbar
erscheint, dass bei Schütz und Zenner die Anzahl der ausgewerteten Versu-
che geringer und daher ihr Ergebnis vermutlich stärker zufallsbestimmt ist.
Eine systematische Überschätzung der Lebensdauer mit einem Mittelwert
– –
D = 0,57 für Aluminiumlegierungen, Abb. 3.2–23, oder mit D = 0,59 für eine
Titan-Legierung, Abb. 3.2–24, liefert die Miner-Regel für Ergebnisse aus Ein-
zelflug-Versuchen, Abschn. 2.4. Dieser häufig verzeichnete Befund wird all-
gemein einem ungünstigen Einfluss des Boden-Luft-Lastspiels zugeschrie-
ben, auch wenn dessen Schädigungsbeitrag an sich unbedeutend sein mag.
Die rechnerische Überschätzung der Lebensdauer vergrößerte sich im

Mittel auf D = 0,32, wenn die Einzelflug-Versuche an der Titan-Legierung statt
bei Raumtemperatur unter erhöhter Temperatur durchgeführt wurden; auch
beim Vergleich von Ergebnissen aus Blockprogramm-Versuchen wurde die
Lebensdauer bei erhöhter Temperatur rechnerisch beachtlich überschätzt.
Mit D = 0,03 bis 0,08 rechnerisch extrem überschätzt wurde die Lebens-
dauer von Achsschenkeln, die im kritischen Querschnitt gerollt waren. Dafür
kann als Erklärung angeführt werden, dass die Dauerfestigkeit durch das
Rollen ganz wesentlich, die Betriebsfestigkeit jedoch weit weniger ansteigt,
weil sich die günstigen Druck-Eigenspannungen unter dem Höchstwert des
Kollektivs abbauen, Abschn. 3.1–5. Ebenfalls weit auf der unsicheren Seite
ergaben sich die Schädigungssummen bei hohen Druckmittelspannungen
oder bei einer Formzahl ak = 1, also in Fällen in denen sich unter der ein-
wirkenden Belastung keine nennenswerten Druckeigenspannungen auf-
bauen konnten.
Überaus hohe Schädigungssummen mit D = 6,5 and 8,7 wurden bei sehr
scharf gekerbten Proben aus der Legierung AlMg4,5Mn errechnet. Aus-
310 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

schließlich sehr hohe Schädigungssummen bis D = 5,51 wurden auch für


Augenstäbe erhalten, was damit erklärbar sein dürfte, dass bei ihnen im
Kerbgrund der Bohrung die unter hohen Zuglasten aufgebauten günstigen
Druck-Eigenspannungen weitgehend erhalten bleiben, weil Drucklasten di-
rekt an der Lochleibung übertragen werden.
Des Weiteren lieferte auch die Beanspruchungsart einen nennenswerten
Einfluss. Die Schädigungssummen für Biegebeanspruchung ergaben sich
deutlich niedriger als für Axialbeanspruchung, doch die Streuspannen TD
waren für beide Arten der Beanspruchung ähnlich. Lediglich bei 2 von 50
Versuchsreihen mit biegebeanspruchten Stahlproben lag die Schädigungs-
summe mit D > 1 auf der sicheren Seite.
Zudem zeigte sich ein gewisser Einfluss des Spannungsverhältnisses da-
hingehend, dass die errechnete Lebensdauer mit abnehmendem Spannungs-
verhältnis bzw. mit einem zunehmenden Anteil von Druckspannungen zur
unsicheren Seite tendierte.
Vorbehalte hinsichtlich des errechneten Lebensdauerwertes sind auch
dann angebracht, wenn die einwirkende Beanspruchung nicht durch ein ein-
ziges Amplitudenkollektiv für einheitliche Mittelspannung oder einheitliches
Spannungsverhältnis darstellbar ist, obwohl eine formale Abhandlung dieses
Sachverhaltes mit Hilfe von Wöhlerlinien für die unterschiedlichen Mittel-
spannungen oder Spannungsverhältnisse bzw. auf dem Weg der Amplituden-
transformation, Abschn. 3.3.6 problemlos erscheinen mag.
Alle übrigen untersuchten Einflussgrößen erwiesen sich angesichts der
großen Streuspannen kaum als signifikant: Für Aluminium-Legierungen wa-
ren die Schädigungssummen im Mittel etwas höher und die Streuspanne et-
was größer als für Stähle. Für Titan-Legierungen waren nur wenige Daten
vorhanden, sodass sie keine diesbezügliche Aussage abzuleiten gestatteten.
Blockprogramm-Versuche mit der Normverteilung, mit p-Wert-Kollektiven
oder mit der Geradelinien-Verteilung lieferten nur geringe Unterschiede der
Schädigungssummen; auch die Streuspannen TD waren vergleichbar. Die
Formzahl, die ertragene Schwingspielzahl oder die korrosive Einwirkung von
künstlichem Meerwasser hatten keinen merklichen Einfluss auf die Schädi-
gungssummen.
Bei Schweißverbindungen aus Baustahl ergibt die Auswertung der Ergebnis-
se aus Blockprogramm-Versuchen mit der Original-Form der Miner-Regel für
Stumpfnähte überwiegend Schädigungssummen kleiner 1, bei Kehlnähten sind
hingegen etwa 50% der Schädigungssummen größer 1. Für die elementare
Form der Miner-Regel liegen die Schädigungssummen bei den Stumpfnähten
– –
im Mittel bei D = 0,9 und bei den Kehlnähten im Mittel bei D = 1,5. In beiden
Fällen ist jedoch die Streuung mit TD = 1:4 bis 1:5 beachtlich.

Auswertung und Feststellungen nach Eulitz und Kotte


Mit ihrer neueren, umfangreichen Auswertung von Versuchsdaten widmen
sich Eulitz und Kotte [240] gleichfalls der Fragestellung, welche Schädi-
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen 311

gungssummen aufgrund nachgerechneter Versuchsergebnisse für eine Schä-


digungsakkumulations-Rechnung als zutreffend angesehen werden dürfen.
Ihre Auswertung erstreckt sich auf rund 18000 Einzelergebnisse, durch die
mehr als 2000 Spannungshorizonte mit Betriebsfestigkeits-Versuchen und
351 zugehörige Wöhlerlinien belegt sind. Sie zeichnet sich aus durch eine be-
sonders sorgfältige Aufbereitung der in die Auswertung einbezogenen Daten.
So wurden alle herangezogenen Versuchsreihen mit allen Einzelversuchen,
den zugehörigen Werkstoffdaten, den Belastungsvorgaben sowie den Pro-
benformen einer kritischen Sichtung unterzogen, fehlende Angaben durch
Nachforschung ergänzt und sodann in einheitlichen Formaten als Dateien
auf einem PC abgespeichert. Für jede Versuchsreihe im Sinne einer Wöhler-
linie oder Lebensdauerlinie wurde eine eigenständige Datei mit einer Be-
schreibung aller Einzelheiten angelegt. Belastungskollektive sind, soweit
möglich, als Rainflow-Matrix und als Übergangsmatrix aufbereitet, indem
verfügbare Originalmatrizen gespeichert, Originallastfolgen klassiert oder
nicht mehr verfügbare Lastfolgen neu generiert und klassiert wurden. 72
Originallastfolgen sind in einem Lastfolgenspeicher dokumentiert. Ergän-
zend sind sodann auch noch die Ergebnisse der rechnerischen Lebensdauer-
vorhersage in Dateien abgelegt. Die gesamte Datensammlung liegt als CD-
Rom vor [241]. Der Zugriff auf die Dateien wird durch ein bereitgestelltes
Auswahlprogramm unterstützt.
Weiterhin kennzeichnend ist eine erneute einheitliche Auswertung der
Wöhlerlinien hinsichtlich der Neigung im Zeitfestigkeitsbereich, der
Schwingspielzahl am Abknickpunkt und der Dauerfestigkeit mittels Regres-
sionsrechnung sowie alternativ mittels normierter Wöhlerlinien. Von den
Kennwerten der Wöhlerlinie erwies sich insbesondere die festgelegte
Schwingspielzahl am Abknickpunkt und die damit bestimmte Dauerfestig-
keit von erheblichem Einfluss auf die Schädigungssumme. Mit der Verwen-
dung normierter Wöhlerlinien werden diesbezüglich die Erfahrungen aus ei-
ner Großzahl von Wöhlerversuchen genutzt. Normierte Wöhlerlinien mit den
Kennwert-Festlegungen der FKM-Richtlinie [44], Abschn. 3.1.6, zeigen gegen-
über synthetischen Wöhlerlinien nach Hück, Thrainer und Schütz [122], An-
hang 5.4, die bessere Übereinstimmung mit den experimentellen Wöhler-
linien, Abb. 3.2–25.
Verschiedene Zählverfahren wurden hinsichtlich ihres Einflusses auf die
errechnete Lebensdauer einbezogen, indem aus der Rainflow-Matrix das
Amplitudenkollektiv entsprechend dem Klassendurchgangs-Verfahren, Ab-
schn. 2.2.1, entsprechend dem Spannenpaar-Verfahren, Abschn. 2.2.6, so-
wie durch Transformation aller Amplituden auf ein Spannungsverhältnis
R = –1, Abschn. 3.2.6, abgeleitet wurde. Unsymmetrische Kollektive wurden
für das Klassendurchgangs-Verfahren durch die Amplitudentransformation
symmetrisiert, oder es wurden die Kollektive nach dem Klassendurchgangs-
und dem Spannenpaar-Verfahren gemittelt, Abschn. 2.2.6. Nach den erzielten
Ergebnissen ist eine Berechnung mit Kollektiven nach dem Klassendurch-
gangs-Verfahren abzulehnen; die Streuspannen der Schädigungssummen
312 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

SD (Schätzung) [MPa]

Dauerfestigkeits-
schätzung nach
● HTS
▲ RLI

a
SD (exp.) [MPa]
k (Schätzung)

Neigungsexponenten der
synth. Wöhlerlinie nach
● HTS
▲ RLI

b
k (exp.)

Abb. 3.2–25a, b. Treffsicherheit bei einer Abschätzung a der Dauerfestigkeit und b des Nei-
gungsexponenten; HTS = nach Hück, Thrainer und Schütz [150], RLI = nach FKM-Richt-
linie [44], aus [240]
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen 313

sind dabei vergleichsweise um den Faktor 1,7 bis 1,9 größer. Die mittels Am-
plitudentransformation abgeleiteten Kollektive lieferten insgesamt die ge-
ringsten Streuspannen der Schädigungssummen; sie werden deshalb von
Eulitz und Kotte für die Schädigungsakkumulations-Rechnung empfohlen,
Tabelle 3.2–8.
Zur Schädigungsakkumulations-Rechnung kam die Miner-Regel ver-
gleichsweise in der elementaren Form, Abschn. 3.2.2, in der modifizierten
Form, Abschn. 3.2.8, in der konsequenten Form, Abschn. 3.2.9, und in einer
weiteren, vorstehend nicht behandelten Variante zur Anwendung. Trotz der
größeren Datenbasis und trotz aller Sorgfalt bei der Datenaufbereitung und
der Kollektivermittlung sind die erhaltenen Ergebnisse, Tabelle 3.2.9, un-
günstiger als nach der früheren Auswertung von Schütz und Zenner [182],

Abb. 3.2–22: Nicht nur die erhaltenen Mittelwerte liegen mit rd. D = 0,3 bis

0,4 gegenüber den seinerzeitigen Werten von rd. D = 0,8 bis 1,7 niedriger und

wesentlich unter dem Erwartungswert D = 1, sondern vor allem auch die
Streuspannen in einer Größe von rd. TD = 1:12,5 sind erheblich größer als
der seinerzeitige Wert TD = 1:8,0!
Erwartungsgemäß sind die Mittelwerte und Streuspannen für die modifi-
zierte und konsequente Form der Miner-Regel praktisch gleich, weil sich die-
se beiden Varianten in dem durch die Versuche belegten Schwingspielzahl-
bereich kaum unterscheiden, Linien b und c in Abb. 3.2–19. Für die elemen-
tare Form der Miner-Regel ist die Streuspanne zwar etwas geringer; doch


Tabelle 3.2–8. Einfluss des Zählverfahrens auf Mittelwert D und Streuspanne TD der Schä-
digungssummen nach der konsequenten Form der Miner-Regel bei beliebigen und bei
unsymmetrischen Kollektiven

Kollektivform beliebig, n = 964 unsymmetrisch, n = 79


Zählverfahren
– –
D TD D TD

Transformierte Amplituden 0,29 1:12,7 0,53 1:29,4


Spannenpaar-Verfahren 0,27 1:15,3 0,50 1:37,8
Klassendurchgangs-Verfahren 0,63 1:25,9 1,91 1:210,8
Mittel aus Klassendurchgangs- 1,33 1:81,5
und Spannenpaar-Verfahren


Tabelle 3.2–9. Mittelwerte D und Streuspannen TD der Schädigungssummen für die drei
Varianten der Miner-Regel und für die Kollektive der transformierten Amplituden,
n = 964

Elementare Form der Miner-Regel D = 0,39 TD = 1 : 12,3

Modifizierte Form der Miner-Regel D = 0,28 TD = 1 : 12,6

Konsequente Form der Miner-Regel D = 0,29 TD = 1 : 12,7
314 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

muss bedacht werden, dass mit ihr die Lebensdauer in den praxisrelevanten
Fällen unterschätzt wird, wenn der Höchstwert des Kollektivs nicht so weit
über der Dauerfestigkeit liegt wie bei den ausgewerteten Versuchen, Linie a
in Abb. 3.2–19. Eulitz und Kotte sprechen sich deshalb eindeutig für die kon-
sequente Form der Miner-Regel aus. Die betreffende Streuverteilung der
Schädigungssummen im Wahrscheinlichkeitsnetz zeigt Abb. 3.2–26.
Angesichts des insoweit unbefriedigenden Befundes untersuchten Eulitz
und Kotte, ob durch eine gesonderte Betrachtung charakteristischer Gruppen

n = 964 Werte

Mittelwert D = 0,29

Streuspanne TD = 1:12,7
Vertrauenswahrscheinlichkeit [%]

Schädigungssumme
Abb. 3.2–26. Schädigungssummen nach den Auswertungen von Eulitz und Kotte [240]:
964 Werte aus unterschiedlichsten Versuchsreihen, jeweils errechnet nach der konsequen-
ten Form der Miner-Regel anhand des Kollektivs der transformierten Amplituden
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen 315


Tabelle 3.2–10. Mittelwerte D und Streuspannen TD der Schädigungssummen für unter-
schiedliche Gruppierungen der jeweils n Berechnungswerte, ermittelt nach der konse-
quenten Form der Miner-Regel und mit den Kollektiven der transformierten Amplituden

Gesamtheit der Daten n = 964 D = 0,29 TD = 1:12,7

Berechnungsgruppen:

Werkstoff Stahl n = 525 D = 0,24 TD = 1:10,3

Al-Legierungen n = 332 D = 0,34 TD = 1:15,2

Eisenguss n = 88 D = 0,38 TD = 1:13,8
– –
Spannungsverhältnis R=–1 n = 587 D = 0,40 TD = 1:11,8
– –
R⫽–1 n = 377 D = 0,37 TD = 1:12,3

Beanspruchungsart Zug-Druck n = 463 D = 0,25 TD = 1:11,1

Flachbiegung n = 422 D = 0,36 TD = 1:13,5

Torsion n = 21 D = 0,13 TD = 1:3,6

Kollektivform normalverteilt n = 417 D = 0,38 TD = 1:10,8

geradelinienverteilt n = 127 D = 0,17 TD = 1:13,4

unsymmetrisch n = 79 D = 0,53 TD = 1:29,4

Lebensdauerbereich Nexp < 106 n = 127 D = 0,26 TD = 1:6,5

Nexp < 106 bis 107 n = 542 D = 0,26 TD = 1:11,0

Nexp > 107 n = 295 D = 0,34 TD = 1:20,3

Wöhlerlinie experimentell n = 964 D = 0,29 TD = 1:12,7

normiert n = 928 D = 0,35 TD = 1:14,4

(Stahl, experimentell n = 317 D = 0,22 TD = 1:9,4

gekerbt, geschätzt nach [621] n = 317 D = 0,21 TD = 1:15,3

Zug-Druck) geschätzt nach [122] n = 317 D = 0,18 TD = 1:35,5

von Werkstoffen, Bauteilen und Beanspruchungssituationen eine diesbezüg-


lich spezifische Wahl der anzusetzenden Schädigungssummen ermöglicht
und die Zuverlässigkeit von Lebensdauerberechnungen erhöht werden
kann. Einen Überblick über die betreffenden Ergebnisse vermittelt Ta-
belle 3.2–10.
Wie dort zu ersehen, können Streuspannen TD durch die Betrachtung
von Berechnungsgruppen mit spezifischen Schädigungssummen insgesamt
gesehen nur geringfügig verringert werden. Die so erreichbare Verbesse-
rung bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Mit der vorgenommenen
Gruppenbildung wird die wesentliche Ursache der großen Streuspannen
offensichtlich nicht erfasst! Es ist vielmehr anzunehmen, dass die Unter-

schiede der Mittelwerte D und der Streuspannen TD , die aus Tabelle 3.2–10,
aus Abb. 3.2–27 und aus den ähnlichen Auswertungen in den Abb. 3.2–24
und 3.2–25 zu entnehmen sind, angesichts der großen Anzahl der Zahlen-
werte zwar statistisch signifikant, aber dennoch kaum verallgemeinerungs-
fähig sind, weil eine Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit der verfügbaren,
aus unterschiedlichen Quellen stammenden „Stichproben“ nicht gegeben
ist: Für andere Untermengen der Daten würden sich andere Werte ergeben.
316 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.2–27. Schädigungssummen nach den Auswertungen von Eulitz und Kotte [240]:
Werte aus unterschiedlichsten Versuchsreihen, jeweils errechnet nach der elementaren,
der modifizierten und der konsequenten Form der Miner-Regel mit experimentellen
Wöhlerlinien und aufgeteilt in werkstoffspezifische Berechnungsgruppen

So kommen Eulitz und Kotte beispielsweise beim Vergleich der Schädi-


gungssummen für Stahl und Al-Legierungen oder für die Spannungsver-
– –
hältnisse R = – 1 und R ⫽ – 1 zu gegenteiligen Feststellungen wie Schütz
und Zenner.

Überprüfung anhand der Lebensdauerlinie


Die Auswertungen von Schütz und Zenner sowie von Eulitz und Kotte er-
strecken sich, wie die meisten Auswertungen dieser Art, auf Versuchsergeb-
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen 317

nisse für jeweils einen einzigen Spannungshorizont der Lebensdauerlinie. In-


sofern ist das Ergebnis der Auswertung auch von den Zufälligkeiten der oft
recht wenigen Versuchsergebnisse für den betreffenden Spannungshorizont
beeinflusst. Eine Auswertung, die die Ergebnisse auf mehreren Spannungs-
horizonten einbezieht, sollte hingegen von solchen Zufälligkeiten weniger
beeinflusst sein.
Eine derartige zusammenfassende Auswertung wurde anhand von Ver-
suchsergebnissen für gekerbte Flachstäbe aus geglühtem Stahl Ck45 sowie
aus vergütetem Stahl 42CrMo4 vorgenommen [242]. Die Berechnung ging
dabei von den normierten Wöhlerlinien und den Schwingfestigkeits-Kenn-
werten nach Abschn. 2.1.7 aus.
Da sich die normierten Wöhlerlinien-Streubänder für den geglühten
Stahl Ck45 und für den vergüteten Stahl 42CrMo4 lediglich in der Schwing-
spielzahl ND am Abknickpunkt unterscheiden, liegt es nahe, noch einen
weiteren Schritt der Normierung vorzusehen, indem nicht nur die Span-
nungsamplitude Sa auf die Spannungsamplitude SD , sondern auch noch die
Schwingspielzahl N auf die Schwingspielzahl ND am Abknickpunkt bezo-
gen wird, Abb. 3.2–28. Die Kennwerte der hier in Betracht kommenden
vier Wöhlerlinien zeigt Tabelle 3.2–11. Eine statistische Auswertung ent-
sprechend Abb. 2.1–20a–c bestätigt die gute Ausmittelung und die
ausgewogene Streuverteilung der ertragbaren Beanspruchungshöhe, die
sich für die betreffenden Einzelergebnisse gegenüber dem zweifach nor-
mierten Wöhlerlinien-Streuband ergibt: Mittelwert m = 1,017 bei einer
Streuspanne TS = 1:1,19.
In gleicher Weise auf die Kennwerte der Wöhlerlinien bezogen, lassen sich
dann auch die Ergebnisse der Betriebsfestigkeits-Versuche zu Lebensdauer-

Abb. 3.2–28. Zweifach normierte Auftragung der Wöhlerlinien für Kerbstäbe mit ak = 3,6
aus geglühtem Stahl Ck45 oder vergütetem Stahl 42CrMo4 [242]
318 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Tabelle 3.2–11. Kennwerte der in Betracht kommenden vier Versuchsreihen

Formzahl ak = 3,6 Spannungsverhältnis SD in N/mm2 ND



Stahl Ck45, geglüht R bzw. R– = – 1 105 1 · 106
Rm = 651 N/mm2 R bzw. R– = 0 90 1 · 106
Stahl 42CrMo4, vergütet R bzw. R– = – 1 165 3 · 105
Rm = 910 N/mm2 R bzw. R = 0 135 3 · 105

linien in zweifach normierter Darstellung auftragen, Abb. 3.2–29 bis 3.2–31.


Es handelt sich dabei um Versuchsergebnisse aus Blockprogramm-Ver-
suchen mit der Normverteilung, Abschn. 2.2.4, um Versuchsergebnisse aus
Zufallslasten-Versuchen mit der Standardlastfolge für einen Unregel-
mäßigkeitsfaktor I = 0,7, Abschn. 2.3.8, sowie um Ergebnisse aus Betriebs-
lastennachfahr-Versuchen mit der digital aufbereiteten Beanspruchungs-
Zeit-Funktion eines reversierenden Walzwerkantriebs, Abschn. 2.3.5 und
Abb. 2.3–20. Durch die zusammenfassende Auftragung verdichtet sich die
Belegung der Lebensdauerlinien-Streubänder und es werden die vorerwähn-
ten Zufälligkeiten der Einzelergebnisse in den einzelnen Versuchsreihen er-
sichtlich.
Die in den Abb. 3.2–29 bis 3.2–31 eingezeichneten Lebensdauerlinien-
Streubänder sind nach der modifizierten Form der Miner-Regel errechnet; in
dem durch Versuche belegten Schwingspielzahlbereich sind die Unterschiede
zur konsequenten Form der Miner-Regel gering. Um rechnerisch die Streu-

Abb. 3.2–29. Zweifach normierte Auftragung der Lebensdauerlinien aus Blockprogramm-


Versuchen mit der Normverteilung für Kerbstäbe mit ak = 3,6 aus geglühtem Stahl Ck45
oder vergütetem Stahl 42CrMo4 [242]
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen 319

Abb. 3.2–30. Zweifach normierte Auftragung der Lebensdauerlinien aus Zufallslasten-Ver-


suchen mit der Standardlastfolge für I = 0,7 für Kerbstäbe mit a k = 3,6 aus geglühtem
Stahl Ck45 oder vergütetem Stahl 42CrMo4 [242]

Abb. 3.2–31. Zweifach normierte Auftragung der Lebensdauerlinien aus Betriebslasten-


nachfahr-Versuchen mit der digital aufbereiteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion nach
Abb. 2.3–20 für Kerbstäbe mit ak = 3,6 aus geglühtem Stahl Ck45 oder vergütetem Stahl
42CrMo4 [242]
320 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

bänder nach Mittelwert und Streubreite zu erhalten, wurden jeweils drei


Berechnungen ausgehend von den (zweifach normierten) Wöhlerlinien für
Pü = 90%, 50% und 10% vorgenommen.
Statistische Auswertungen zeigen, Abb. 3.2–32, welche Streuverteilung die
Ergebnisse aus den Betriebsfestigkeits-Versuchen gegenüber der jeweiligen
mittleren rechnerischen Lebensdauerlinie in der ertragbaren Beanspru-
chungshöhe aufweisen. Als Mittelwerte m ergeben sich

bei den Blockprogramm-Versuchen nach Abb. 3.2–29: m = 0,909


bei den Zufallslasten-Versuchen nach Abb. 3.2–30: m = 0,883
bei den Betriebslastennachfahr-Versuchen nach Abb. 3.2–31: m = 0,911
Im statistischen Mittel liegen also die Ergebnisse aus den Betriebsfestigkeits-
versuchen unterhalb der mittleren rechnerischen Lebensdauerlinie, und
zwar rund um einen Faktor 0,90. Im Sinne der Auswertungen von Schütz und

Zenner, und mit einem mittleren Wert der Neigung k = 6,0 umgerechnet,
entspräche dieser Faktor 0,90 einem Mittelwert der Schädigungssummen

von D = 0,55.
Bemerkenswert ist zudem, dass die Streuspanne TS bei den Betriebsfestig-
keits-Versuchen gegenüber der Streuspanne TS = 1:1,19 bei den Wöhler-Ver-

a b

Abb. 3.2–32a, b. Streuverteilung der ertragbaren Beanspruchungshöhe; a Streuverteilung


zu Abb. 3.2–30 mit einem Mittelwert m = 0,883, b einheitliche Streuverteilungen nach den
Abbildungen 3.2–28 bis 3.2–32, wenn sie auf den jeweiligen Mittelwert m bezogen werden
[242]
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen 321

suchen praktisch unverändert ist, Abb. 3.2–32. Innerhalb des Zufallsstreu-


bereichs darf eine global zutreffende Streuspanne TS = 1:1,20 zugrunde
gelegt werden. Nach Gl. (3.5–12) mit den unterschiedlichen mittleren Nei-

gungswerten k in eine Streuspanne TN umgerechnet, ergeben sich nach den
Blockprogramm-Versuchen und nach den Zufallslasten-Versuchen Streu-
spannen TN = 1:3,5 gegenüber TN = 1:2,4 bei den Wöhler-Versuchen und
TN = 1:2,1 bei den Betriebslastennachfahr-Versuchen. Das heißt, dass die
von Schütz und Zenner bei ihren Auswertungen verzeichneten großen
Streuspannen TD zu einem Teil auch aus der sich zu größeren Schwingspiel-
zahlen hin verflachenden Neigung der Lebensdauerlinien erklärbar sein
könnten.

Diskussion der Schädigungssummen D
Insgesamt gesehen erweist sich mithin die Miner-Regel selbst in ihrer Origi-
nal-Form im Vergleich zu vielen Versuchsreihen mit Schädigungssummen

wenig unterhalb von D = 1 als durchaus zutreffend, wenn die Ergebnisse der
Auswertung von Kotte und Eulitz wegen der nachfolgend zu diskutierenden
außergewöhnlich großen Streuspannen TD > 1:10 außer Betracht bleiben.
Die modifizierte Form oder die konsequente Form der Miner-Regel kann
u.U., und zwar je nach Kollektivform, noch gewisse Korrekturen der Mittel-

werte zur sicheren Seite, d.h. in Richtung auf D = 1 bringen. Wie Schütz und
Zenner aber zurecht feststellen, ist auf diesem Weg keine Einengung der
Streuspanne TD zu erreichen: Für 80% der untersuchten Versuchsreihen ver-
zeichneten sie Schädigungssummen D zwischen 0,3 auf der unsicheren und
2,5 auf der sicheren Seite. Auf die daraus ableitbare Streuspanne TD = 1:8,0
beziehen sich die wesentlichen Vorbehalte, die von Schütz und Zenner gegen
die Verlässlichkeit der Miner-Regel vorgebracht werden, was nachfolgend
noch zu diskutieren sein wird.

Systematische Abweichungen von einem Mittelwert D = 1 stellten sich in
Fällen ein, bei denen ein lebensdauerbestimmender Einfluss von Eigen-
spannungen zu verzeichnen ist: Bei vorherrschenden Druckeigenspannun-

gen ergaben sich Werte deutlich größer als D = 1, d.h. errechnete Le-
bensdauerwerte auf der sicheren Seite, beispielsweise bei Augenstäben. Ent-

sprechend müssten sich kleine Werte D und errechnete Lebensdauerwerte
auf der unsicheren Seite einstellen, wenn Zug-Eigenspannungen vorherr-
schen. Eine gleichartige Auswirkung wie aus Zug-Eigenspannungen kann
aber auch dann erwartet werden, wenn günstige Druck-Eigenspannungen
unter der Belastung im Betriebsfestigkeits-Versuch stärker abgebaut werden
als im Wöhlerversuch, wie z.B. bei den gerollten Achsschenkeln. Nach Schütz
und Gaßner [122] scheiden zwar hohe Zug-Eigenspannungen als Erklärung
des Einflusses aus dem Boden – Luft-Lastspiel aus; wird aber unterstellt,
dass das Boden – Luft-Lastspiel günstige Druck-Eigenspannungen ver-
mindert, die sich unter hohen Zug-Luftlasten bilden, so wird der nachteilige
Einfluss des Boden – Luft-Lastspiels ebenso erklärbar wie der Einfluss einer
322 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

erhöhten Temperatur, die bei abgeminderter Streckgrenze die Ausbildung


günstiger Druck-Eigenspannungen aus der Belastung einschränkt. Diese
Einschätzung eines dominanten Einflusses von Eigenspannungen bestäti-
gen insbesondere die Untersuchung und die Ergebnisse nach Abb. 3.2–34.
Ähnlich detaillierte Betrachtungen von Einflüssen auf die Schädigungs-
summen, wie sie von Schütz und Zenner ausgeführt und vorstehend erör-
tert wurden, sind den Berichten von Kotte und Eulitz leider nicht zu ent-
nehmen.

Diskussion der Streuspannen TD


Der Ansicht von Schütz und Zenner, dass die von ihnen ermittelten großen
Streuspannen von TD = 1:8,0 bzw. TD = 1:7,8 nach Abb. 3.2–27 einer Unzu-
länglichkeit der Miner-Regel anzulasten sind, kann folgendes entgegengehal-
ten werden: Bei der Auswertung von Gaßner und Kreutz [129] ergaben sich,
– da die Streuspannen von TU (C) und TU (B) auch als Streuspannen für die

ertragbaren Spannungsamplituden Sa aufgefasst werden dürfen – aus den
Versuchsreihen unter Zufallsbelastung (C) und unter Blockprogrammbelas-
tung (B) gleich große Streuspannen TU (C) = TS (C) = TU (B) = TS (B) = 1:1,41.

Sie liefern, wenn sie mit den mittleren Neigungen k aus Abb. 2.5–8 von
– –
k (C) = 5.38 bzw. k (B) = 6.98 nach Gl. (3.5–12) umgerechnet werden, Streu-
spannen der Lebensdauer TN (C) = 1:6,5 bzw. TN (B) = 1:11,0, die mit den
o.g. Streuspannen TD vergleichbar sind. Oder umgekehrt bedeuten die Streu-
spannen TD = 1:8 bzw. TD = 1 : 7,8 nach den Auswertungen von Schütz und

Zenner, mit einer mittleren Neigung k = 6,0 umgerechnet, dass die ertragba-
ren Spannungen eine Streuspanne TS = 1:1,4 aufweisen. In einer vergleich-
baren Größenordnung von TQ = 1:1,33 bis 1:1,47 ergeben sich auch die
Streuspannen nach dem Q0-Verfahren, Abschn. 3.2–12, das dem U0-Verfah-
ren verwandt ist.
Das heißt mit andern Worten, einerlei ob die Verknüpfung der Ergebnisse
aus Wöhler-Versuchen und aus Betriebsfestigkeits-Versuchen unabhängig
von der Miner-Regel (wie bei der Auswertung von Gaßner und Kreutz) vor-
genommen wird, oder aber mittels der Miner-Regel (wie bei Schütz und Zen-
ner oder auch wie beim Q0-Verfahren bei Heuler, Vormwald und Seeger), in
allen Fällen ergeben sich Streuspannen in einer vergleichbaren Größenord-
nung, nämlich Streuspannen TD oder TN von etwa 1:8 bzw. Streuspannen TS
oder TU bzw. TQ von etwa 1:1,4. Ihre Ursache kann deshalb wohl nicht bei
dem jeweiligen Auswerte- oder Berechnungs-Verfahren, sondern eigentlich
nur bei den verfügbaren Versuchsergebnissen zu suchen sein. Einer solchen
Betrachtungsweise wurde bei den bisherigen Auswertungen keine besondere
Aufmerksamkeit gewidmet. Es ist aber zweifelhaft, ob die bei den einzelnen
Versuchsreihen jeweils maßgeblichen Einflüsse im Zuge einer nachträglichen
Auswertung noch auszumachen wären.
Besonders nachdenklich sollte in diesem Zusammenhang des Weiteren
vermerkt werden, dass auch die dauerfest ertragbaren Spannungen für Stäh-
3.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen 323

le, wie sie sich nach Lang [149] oder nach Hück, Thrainer und Schütz [150]
aus der Zugfestigkeit abschätzen lassen, mit einer Streuspanne von gleich-
falls etwa TS = 1:1,4 behaftet sind, Abschn. 3.1.3.
In Anbetracht eines offensichtlich markanten Einflusses von Eigenspan-
nungen auf das Ergebnis einer Miner-Rechnung erscheint es mithin nahelie-
gend, auch zur Deutung der hier bezifferten, großen Streuspannen TD , TN ,
TS , TU und TQ ebenfalls einen Einfluss von Eigenspannungen derart anzu-
nehmen, dass es sich hierbei um die Auswirkung von nicht erfassten Zug-
oder Druck-Eigenspannungen handelt, die im schwingbruchkritischen
Querschnitt aus Fertigungseinflüssen oder aus der Wärmebehandlung als
Umwandlungs- oder Wärmespannungen vorliegen und die in den Wöhler-
Versuchen und in den Betriebsfestigkeits-Versuchen in unterschiedlichem
Maße abgebaut bzw. wirksam werden. Der Beweis dieser These wäre aber
noch zu erbringen. Gelänge er, wäre eine der grundlegendsten Fragen der
Betriebsfestigkeit beantwortet.
Eulitz und Kotte fanden keine Erklärung, warum nach ihrer Auswertung
[240] die Streuspanne der Schädigungssummen mit TD > 1:10 so beträcht-
lich größer ist als bei allen vorgenannten, bisher veröffentlichten Auswertun-
gen. Eine Streuspanne in der von ihnen festgestellten Größe ist mit Sicher-
heit nicht mehr mit der Auswirkung von Eigenspannungen erklärbar; sie
muss andere Ursachen haben.
Aufschlussreich hierfür wäre – ähnlich wie von Schütz und Zenner vorge-
nommen – eine Analyse, welche besonderen Merkmale für diejenigen Ver-
suchspunkte gelten, die den unteren bzw. oberen Bereich der Streuverteilung
nach Abb. 3.2–26 belegen. Oder eine Analyse darüber, wie und in welchem

u.U. auffälligen Maße sich die Mittelwerte D und Streuspannen TD für die
Daten aus den einzelnen der insgesamt 63 ausgewerteten Quellen unter-
scheiden, was möglicherweise Rückschlüsse auf Besonderheiten einzelner
Datenquellen zuließe.
Betrachtet man die Angaben zu den ausgewerteten Quellen und die dies-
bezüglich dokumentierten Kollektive, so fällt auf, dass die Auswertung ohne
Unterschied pauschal alle Arten von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen ein-
bezieht. Darunter auch Lastfolgen, von denen bekannt ist, dass sich mit ih-
nen andere Schädigungssummen ergeben als beispielsweise für Gauß’sche
oder ähnliche Zufallslastfolgen: So u.a. die Standard-Lastfolgen TWIST,
MINITWIST und FALSTAFF mit Boden-Luft-Lastspiel, sowie daraus abgelei-
tete Lastfolgen zur Untersuchung des Einflusses einer Omission oder Trun-
cation ohne Beachtung der bekannten Unterschiede, die sich dabei für ge-
kerbte oder genietete Prüfstäbe ergeben, Abb. 2.4–5, weiterhin Lastfolgen mit
stark veränderlichen Mittelwerten, oder Lastfolgen zur Untersuchung des
Einflusses von Zug- oder Druck-Überlasten und von Sonderereignissen. Sol-
che Lastfolgen, für die sich unsymmetrische Kollektive ergeben, führen nach
Tabelle 3.2–10 für sich alleine betrachtet auf eine extreme Streuspanne von
TD ≈ 1:30, die das ungünstige Gesamtergebnis erheblich mitbestimmt. Auch
wäre es von praktischem Interesse aufzuzeigen, welche Arten der Unsymme-
324 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit


trie auf Schädigungswerte oberhalb oder unterhalb des Mittelwertes D = 0,53
führen.

3.2.12
Folgerungen für die praktische Anwendung

Basierend auf den Erfahrungswerten, wie sie aus den Vergleichen von Rech-
nung und Versuch gewonnen wurden, lassen sich gewisse Folgerungen und
Hinweise ableiten, wie die Verlässlichkeit der Miner-Regel bei ihrer prakti-
schen Anwendung für die Lebensdauerberechnung verbessert werden kann.
Zwei Möglichkeiten sind dafür gegeben: Ein Rechnen mit Schädigungssum-
men D ⫽ 1, oder ein Rechnen mit veränderten Schwingfestigkeits-Kennwer-
ten SD der Wöhlerlinien.

Rechnen mit Schädigungssummen D ⫽ 1 für Bauteilversagen

Für die vorangegangenen Abhandlungen und für die hergeleiteten Formeln


wurde mit Gl. (3.2–2) unterstellt, dass das Schwingbruchversagen eines Bau-
teils mit dem Erreichen einer Schädigungssumme D = 1 eintritt. Die vor-
liegenden Auswertungen führen hingegen zu der Feststellung, dass das
Schwingbruchversagen in Betriebsfestigkeits-Versuchen bei Schädigungs-
summen D ⫽ 1 zu verzeichnen ist, und zwar vorzugsweise bei Schädigungs-
summen D < 1.
Eine naheliegende Folgerung ist es deshalb, die Lebensdauerberechnung
nach der Miner-Regel unter der Vorgabe einer Schädigungssumme D ⫽ 1 für
Bauteilversagen durch Schwingbruch vorzunehmen. Welche Schädigungs-
summe für Bauteilversagen vorgegeben werden sollte, um einen verläss-
lichen Lebensdauerwert zu erhalten, ist insbesondere danach zu entscheiden,
welche Vertrauenswahrscheinlichkeit C für den errechneten Lebensdauer-
wert gelten soll. Wie im Abschn. 3.2.10 ausgeführt, erweisen sich dafür nicht
nur Merkmale der Beanspruchungs-Zeit-Funktion von Einfluss, sondern in
Wechselwirkung mit ihnen auch schwingfestigkeitsbestimmende Eigenschaf-
ten des Bauteils.
Beispielsweise wäre nach Abb. 3.2–23 für die Twist-Lastfolge oder eine an-
dere Lastfolge mit Boden-Luft-Lastspiel bei C = 90% eine Schädigungssum-
me D = 0,28 anzusetzen. Oder für eine Zufallslastenfolge bei C = 90% eine
Schädigungssumme D = 0,52.
Wie von Eulitz und Kotte mit Tabelle 3.2.8 aufgezeigt, ist darüber hinaus
auch noch zu berücksichtigen, nach welchem Zählverfahren das Amplitu-
denkollektiv bestimmt wird. Folgt man mit gutem Grund ihrer Empfehlung,
Amplitudenkollektive für eine Schädigungsrechnung aus Rainflow-Matrizen
mittels Amplitudentransformation abzuleiten, so ergeben sich damit niedri-
gere Schädigungswerte als mit (härteren) Amplitudenkollektiven nach dem
Klassendurchgangs-Verfahren, wie es wohl noch vornehmlich für die frühe-
3.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung 325

ren Auswertungen zur Anwendung kam. Damit ist dann auch erklärbar, wa-
rum sich nach der Auswertung von Eulitz und Kotte der in Tabelle 3.2–9 und
im Folgenden genannte pauschale Mittelwert der Schädigungssummen von
– –
rund D ≈ 0,3 ergibt gegenüber Mittelwerten von rund D ≈ 0,8 nach den bis-
herigen Auswertungen von Schütz und Zenner, von Gaßner und Kreutz oder
von Heuler, Vormwald und Seeger.
Nach diesem neuen Erkenntnisstand und bei einer entsprechenden Ablei-
tung des Amplitudenkollektivs ist also zu empfehlen, im Normalfall – wie
auch in der FKM-Richtlinie [44] angegeben – mit einer Schädigungssumme
D = 0,3 zu rechnen, hingegen in Sonderfällen mit bekanntermaßen ungüns-
tigen Reihenfolgeeinflüssen – wie beispielsweise bei einer Lastfolge mit Bo-
den-Luft-Lastspiel – oder bei bekanntermaßen ungünstigen Bauteileigen-
schaften – wie beispielsweise bei gerollten Achsschenkeln – mit einer noch
weiter abgeminderten Schädigungssumme D < 0,3 zu rechnen.
Die praktische Umsetzung dieser Konzeption kann einfach dadurch ge-
schehen, dass die Lebensdauer wie formelmäßig in den Abschn. 3.2.2, 3.2.7,

3.2.8 oder 3.2.9 angegeben, als Schwingspielzahl N (D = 1) für D = 1 berech-
net wird. Für eine von D = 1 abweichend vorgegebene Schädigungssumme
DB folgt dann die Lebensdauer als
– – –
N = N (D = DB) = DB · N (D = 1) . (3.2–86)

Begründet mit einer generell erkennbaren Tendenz der Miner-Regel zur


rechnerischen Überschätzung der Lebensdauer, ist die Empfehlung, entspre-
chend Gl. (3.2–86) mit einer Schädigungssumme DB < 1 zu rechnen, im
Schrifttum weit verbreitet.
Dieser einfachen Formel zur Korrektur des rechnerischen Lebensdauer-
wertes haftet jedoch eine grundsätzliche Problematik an: Wenn sich die Kol-
lektivform dem Rechteck-Kollektiv einer Einstufenbeanspruchung annähert,
fällt die korrigierte Lebensdauer schließlich niedriger aus als nach der Zeit-
festigkeitslinie für das Rechteck-Kollektiv zu erwarten wäre. Eine in diesem
Punkte widerspruchsfreie Formel wurde von Wirthgen für die FKM-Richt-
linie in Vorschlag gebracht. Sie lautet
– –
N (D = DB) = N + DB · [N (D = 1) – N] , (3.2–87)
wenn

N (D = DB) die auf D = DB reduzierte Schwingspielzahl,

N (D = 1) die mit D = 1 errechnete Schwingspielzahl, und

N die Schwingspielzahl nach der Wöhlerlinie bei Sa = S a

bedeutet. Sie besagt anschaulich, dass nur die über die Wöhlerlinie hinausge-
hende Schwingspielzahl durch die abgeminderte Schädigungssumme ver-
mindert wird, während die Schwingspielzahl bis zur Wöhlerlinie unbeein-
flusst bleibt.
326 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Wird die Schwingspielzahl nach der Wöhlerlinie entsprechend Gl. (2.1–22)


errechnet und eingesetzt,
– –
N(Sa = S a) = ND · (S a / SD)–k, (3.2–88)

so lässt sich Gl. (3.2–87) zur Berechnung von N (D = DB) auch wie folgt
schreiben, wenn nach den Formeln der Abschn. 3.2.2 bis 3.2.10 die Schwing-

spielzahl N mit der Schädigungssumme D = 1 errechnet wurde:
– – –
N (D = DB) = N (D = 1) / DB + ND · (S a / SD)–k · (1 – DB) /DB , (3.2–89)
– –
oder nach Umformung zur Berechnung von N (D = 1), wenn N (D = DB) als
nachzuweisende Lebensdauerforderung vorgegeben ist:
– – –
N (D = 1) = N (D = DB) · DB + ND · (S a / SD) –k · (1 – DB) . (3.2–90)
Für die experimentell gut belegten Kollektive des stationären Gaußpro-
zesses oder der Normverteilung unterscheiden sich die nach Gl. (3.2–86)
korrigierten Lebensdauerwerte nur etwa um ein Prozent, weil dabei N

weniger als 1/100 von N (D = 1) beträgt. Für diese und ähnliche Kollek-
tivformen dürfen also die im Sinne von Gl. (3.2–86) bestimmten Schä-
digungssummen DB in gleicher Größe auch bei Gl. (3.2–87) in Ansatz
kommen.
Eindeutige und anderweitig verifizierbare Festlegungen für DB können
allerdings aus Auswertungen, wie sie für die Abb. 3.2–23 bis 3.2–26 vorge-
nommen wurden, nicht abgeleitet werden, weil die Streubereiche auch bei
strukturierten Analysen ähnlich Abb. 3.2–27 groß sind, sich weitestgehend
überdecken und sich bisher weder beanspruchungs- noch werkstoffmecha-
nisch deuten lassen. Deshalb sind in allgemeiner Form nur empirisch pau-
schalierende Festlegungen möglich, so wie es u.a. für die FKM-Richtlinie ge-
schah. Die dort empfohlenen Werte sind DB = 0,3 für nichtgeschweißte Bau-
teile aus Stahl, Stahlguß und Aluminiumknetlegierungen, DB = 0,5 für ge-
schweißte Bauteile sowie DB = 1 für Bauteile aus den Gußwerkstoffen GGG,
GT, GG und Aluminiumguss.

Relative Miner-Regel

Bei der Relativen Miner-Regel wird mit einer fallweise ermittelten Schä-
digungssumme DB gerechnet, die sich für das betrachtete Bauteil nach
vorliegenden Ergebnissen aus Betriebsfestigkeits-Versuchen und der zu-
gehörigen Kollektivform als DV errechnet. Es wird angenommen, dass
diese Schädigungssumme als DV = DB auch unter vergleichbaren Bedin-
gungen bei der Lebensdauerberechnung für eine andere Kollektivform zu-
trifft.
Für die durch Versuche belegte Kollektivform folgt die Schädigungssum-
me DV in Umkehr von Gl. (3.2–86) aus der für sie experimentell bestimmten
3.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung 327


Lebensdauer NV (exp) und der für sie mit D = 1 berechneten Lebensdauer

N V (D = 1):
– –
DV = N V (exp) / NV (D = 1) . (3.2–91)

Entsprechend zu Gl. (3.2–86) gilt dann


– – –
N = N (D = DV) = DV · N (D = 1) (3.2–92)
und aus der Zusammenfassung mit Gl. (3.2–91) ergibt sich die Relative Mi-
ner-Regel als
– – –
N = NV (exp) · [N (D = 1) / N V (D = 1)] . (3.2–93)

Sie besagt, die gesuchte Lebensdauer N für die betrachteten Bedingungen er-

gibt sich aus der aus Versuchen bekannten Lebensdauer N V , multipliziert mit
dem Verhältnis der Lebensdauerwerte, die für die betrachteten und für die
bei den Versuchen geltenden Bedingungen mit D = 1 errechnet werden.
Dieses Vorgehen bietet sich insbesondere an, um von den vorliegenden
Versuchsergebnissen für eine Standard-Lastfolge auf die Lebensdauer unter
der in einem Anwendungsfall interessierenden, speziellen Kollektivform um-

zurechnen. Logischerweise müssen die Lebensdauerwerte N (D = 1) und

N V (D = 1) jeweils für D = 1 anhand der gleichen Wöhlerlinie berechnet wer-
den. Über diese Wöhlerlinie kann bzw. muss notfalls eine sinnfällige An-
nahme getroffen werden.
Ebenso ist dieses Vorgehen geeignet, um von Versuchsergebnissen für ei-
nen bestimmten Werkstoff oder für eine bestimmte Formzahl auf die Le-
bensdauer bei verändertem Werkstoff oder bei veränderter Formzahl umzu-
– –
rechnen. Dazu werden die Lebensdauerwerte N (D = 1) und N V (D = 1) für D
= 1 anhand der jeweils zutreffenden Wöhlerlinie berechnet.
Da der absolute Wert der Schädigungssumme bei der Relativen Miner-Re-
gel ohne Bedeutung ist, erhoffte man auf diese Weise verlässlichere Lebens-
dauerwerte errechnen zu können [238], was sich erwartungsgemäß auch im
statistischen Mittel und insbesondere dann bestätigt, wenn die den Versu-
chen zugrunde liegenden Bauteileigenschaften und Beanspruchungsbedin-
gungen in ihren kennzeichnenden Merkmalen und in den zugehörigen Kol-
lektivkennwerten von denen des Anwendungsfalles nur wenig verschieden
sind, Abb. 3.2–33. Sind hingegen die beiden Beanspruchungs-Zeit-Funktio-
nen von unterschiedlichem Charakter, oder bestehen bei ihnen merkliche
– –
Unterschiede in den Kollektivhöchstwerten S o und S u , so kommt es auch mit
der Relativen Miner-Regel zu beträchtlichen Fehleinschätzungen der Lebens-
dauer, die sich zudem noch abhängig von Bauteileigenschaften in unter-
schiedlicher Ausprägung einstellen.
Wie Schütz und Lowak [118] anhand der Ergebnisse nach Abb. 2.4–5 und
anhand weiterer Versuchsreihen nachweisen, sind Fehleinschätzungen der
Lebensdauer auch bei der Relativen Miner-Regel in erster Linie dadurch be-
328 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.2–33. Statistische Ver-


teilung von Schädigungssum-
men nach der Relativen
Miner-Regel, nach Schütz

dingt, dass sich im Kerbgrund unterschiedliche Eigenspannungszustände


ausbilden, Abb. 3.2–34, des Weiteren dadurch, dass sich unterschiedliche
Wechselwirkungen zwischen großen und kleinen Spannungsamplituden er-
geben, sowie bei Fügungen dadurch, dass unterschiedlich starke Reibkorro-
sion auftritt. An dieser grundsätzlichen Einschätzung hat sich auch nach
neueren Untersuchungen nichts geändert, wenngleich es mit ihnen gelang,
für die Belange des Flugzeugbaus einige Einflussgrößen zu quantifizieren
[243, 244].

Rechnen mit verändertem Schwingfestigkeitskennwert SD


Die Erörterung der Abb. 3.2–29 bis 3.2–32 legt den Schluss nahe, dass die Ab-
weichungen zwischen Versuch und Rechnung weniger als Unterschiede der
Lebensdauerwerte als vielmehr als Unterschiede der ertragbaren Bean-
spruchungshöhe aufzufassen sind, was insbesondere dann einen sachlichen
Unterschied ausmacht, wenn die Lebensdauerlinie mit zunehmender Schwing-
spielzahl einen flacheren Verlauf annimmt und die Rechnung zur Extrapola-
tion auf hohe Schwingspielzahlen herangezogen wird.
3.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung 329

Abb. 3.2–34. Einfluss veränderter Eigenspannungen im Kerbgrund auf die Schädigungs-


summe bei der Relativen Miner-Regel [120]

So wäre für die Versuchsergebnisse nach den Abb. 3.2–29 bis 3.2–31 für
die ertragbare Beanspruchungshöhe eine praktisch perfekt übereinstimmen-
de Rechnung nach Mittelwert und Streuspanne TS gegeben, wenn die Be-
rechnung mit einem Schwingfestigkeits-Kennwert SD vorgenommen wird,
der im Verhältnis m = 0,909, m = 0,883 bzw. m = 0,911 abgemindert ist, Text
zu Abb. 3.2–32. Bei einer Berechnung mit geeignet vorgegebenen Schädi-
gungssummen D < 1 wäre zwar ebenfalls eine Übereinstimmung im Mittel-
wert der Lebensdauer zu erreichen, jedoch bei einer deutlich vergrößerten
Streuspanne TN [184].

Q0-Verfahren
Einem Rechnen mit abgeminderten Schwingfestigkeits-Kennwerten SD bzw.
SA vergleichbar ist das Q0-Verfahren, wie es von Heuler, Vormwald und See-
ger vorgeschlagen wurde [131]. Die dafür geltenden Bezeichnungen erläutert
Abb. 3.2–35: Die Lebensdauerlinie für das betrachtete Kollektiv wird nach
der elementaren Form der Miner-Regel aus Gl. (3.2–13) errechnet. Der Fak-
tor Q0 bezeichnet die Abweichung, die sie in der ertragbaren Spannungs-

höhe bei einer vorgegebenen Schwingspielzahl NQ gegenüber der im Versuch
ermittelten Lebensdauerlinie zeigt.
330 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.2–35a, b. Für das Q0-Verfahren geltende Bezeichnungen [131]; a Interpretation von
Q0 nach [131] als nachträgliche Korrektur der errechneten Lebensdauerlinie, b hier ge-
wählte Interpretation von Q0 als Vorab-Korrektur der Wöhlerlinie für die Schadensakku-
mulations-Rechnung

a b c

Abb. 3.2–36a – c. Statistische Auswertung der Q0-Werte [111];


– – –
a Blockprogramm-Versuche mit der Normverteilung, NQ = N = 106, R = –1 und 0;
– – 6 –
b Zufallslasten-Versuche mit der Gaußverteilung, NQ = N0 = 10 , R = –1 und 0;
– – –
c Zufallslasten-Versuche mit der Geradlinienverteilung, NQ = N0 = 106, R = –1 und 0
3.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung 331

Die aus einer Vielzahl verfügbarer Lebensdauerlinien so abgeleiteten Wer-


te Q0 unterliegen mit Werten TQ = 1:1,31, 1:1,33 und 1:1,47 einer über-
raschend kleinen Streuung, Abb. 3.2–36. Die Mittelwerte für die Normvertei-
lung und die Gauß’sche Zufallslastenfolge sind vergleichbar mit den Mittel-
werten m zu den Abb. 3.2–29b und 30b. Besonders bemerkenswert ist je-
doch, dass sich die Werte Q0 in einem Bereich 2,5 ≤ k ≤ 14 (bei geeigneter

Wahl von N Q !) kaum von der Neigung k der Wöhlerlinie abhängig erweisen.
Andererseits ist eine Abhängigkeit der Werte Q0 von der Form bzw. vom
Völligkeitsgrad des Kollektivs zu erwarten und auch aus Abb. 3.2–36 zu er-
kennen.
Der Faktor Q0 kann ebensogut ausgedeutet werden als ein Faktor, um den
die Wöhlerlinie in ihrem Schwingfestigkeits-Kennwert SA oder SD abgesenkt
werden muss, um eine Übereinstimmung der durch Rechnung und durch
Versuch ermittelten Lebensdauerlinien bei der vorgegebenen Schwingspiel-

zahl N 0 zu erreichen. Dafür gilt nach Gl. (2.1–22)

N = NA · [Sa / (SA / Q0)]–k. (3.2–94)

Ungeachtet ihrer speziellen Ableitung anhand der elementaren Form der Mi-
ner-Regel darf den Werten Q0 bei dieser Art der Ausdeutung eine allgemei-
nere Bedeutung auch in Verbindung mit der modifizierten oder der konse-
quenten Form der Miner-Regel beigemessen werden. Denn zu ihrer Ablei-

tung war in [131] die Schwingspielzahl N 0 so niedrig gewählt, dass die nach
der elementaren Form berechnete Lebensdauerlinie in diesem Bereich auch
für die modifizierte oder die konsequente Form zutrifft, Abb. 3.2–19.

Veränderliche Mittelspannung

Alle bisherigen Ausführungen zur Miner-Regel unterlagen der einleitend im


Abschn. 3.2.2 formulierten und im Übrigen stillschweigenden Voraussetzung,
dass für alle auftretenden Spannungsamplituden das gleiche Spannungsver-
hältnis oder zumindest eine konstante Mittelspannung gilt. Denn in diesem
Fall, bzw. nur in diesem Fall können die Schädigungsbeiträge der einzelnen
Schwingspiele aus der Gleichung einer einzigen Wöhlerlinie errechnet wer-

den, wie es bei den abgeleiteten Formeln zur Berechnung der Lebensdauer N
geschah.
Demgegenüber verlangt der Fall eines veränderlichen Spannungsverhält-
nisses oder einer veränderlichen Mittelspannung eine besondere Berück-
sichtigung auf drei Problemebenen:

– bei der Ermittlung des Amplitudenkollektivs,


– bei der Bereitstellung entsprechender Wöhlerlinien oder des Haigh-Schau-
bildes, und
– bei der Lebensdauerberechnung wegen nicht erfasster Reihenfolgeein-
flüsse.
332 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Bei einer nur mäßig veränderlichen Mittelspannung kann das Amplituden-


kollektiv noch als einparametrisches Kollektiv gemäß dem Vorschlag von
Svenson und Lipp, Abschn. 2.2.6, durch Mittelung aus den Kollektiven nach
dem Klassendurchgangs-Verfahren und nach dem Spannenpaar-Verfahren
gewonnen werden, wobei beide Einzelkollektive auch aus einer (zwei-
parametrischen) Zählung nach dem Rainflow-Verfahren abgeleitet werden
können, Abschn. 3.3.3. Die Schädigungsakkumulations-Rechnung kann dann
wie bei konstanter Mittelspannung bzw. Spannungsverhältnis anhand einer
einzigen Wöhlerlinie geschehen, die der Mittelspannung entspricht, wie sie
dem Kollektiv nach dem Klassendurchgangs-Verfahren zu entnehmen ist.
Diese Vorgehensweise entspricht aber nicht mehr dem neueren Erkenntnis-
stand, wie er mit Tabelle 3.2–8 veranschaulicht wird. Zudem ist es schwierig
zu definieren, wann eine nur mäßig veränderliche Mittelspannung vorliegt.
Bei einer markant oder auch nur mäßig veränderlichen Mittelspannung
stehen zwei alternative Möglichkeiten des Vorgehens zur Wahl, die von
unterschiedlicher Qualität sind:
Nach der rein formalen Lösungsmöglichkeit muss statt des Amplituden-
kollektivs die zweidimensionale Häufigkeitsverteilung der Spannungsampli-
tuden und Mittelspannungen nach dem Rainflow-Verfahren bestimmt wer-
den, Abschn. 3.3.3. Davon ausgehend kann dann die Schädigungsakkumula-
tions-Rechnung anhand einer Schar von Wöhlerlinien geschehen, die für die
verschiedenen Mittelspannungen verfügbar sein müssen. Ersatzweise kann
auch von einer einzigen Wöhlerlinie ausgegangen werden, die entsprechend
der anzusetzenden Mittelspannungsempfindlichkeit nach Gl. (3.1–21) oder
Gl. (3.1–22) auf die anderen Mittelspannungen umgerechnet wird. Dem
gleichwertig wäre auch eine Amplitudentransformation auf Nennspannungs-
basis, wie im Abschn. 3.3.5 beschrieben. Alle diese Varianten sind im Prinzip
gleichwertig, sofern die Mittelspannungsabhängigkeit nach Gl. (3.1–21) oder
Gl. (3.1–22), Abb. 3.1–25 zutrifft. Sie führen aber auf einen rechnerischen Le-
bensdauerwert, der als mehr oder weniger fragwürdig gelten muss, weil bei
seiner Ermittlung unberücksichtigt bleibt, dass die im Kerbgrund tatsächlich
wirkenden Mittelspannungen durch Spannungsumlagerungen verändert
sind und zudem u.U. sehr maßgebliche Reihenfolgeeinflüsse wirksam sind.
Beispiele für so errechnete Lebensdauerwerte, die von entsprechenden Ver-
suchsergebnissen erheblich abweichen, sind mit den Auswertungen nach
Abb. 3.2–23 und Abb. 3.2–25 sowie mit den Berechnungen nach dem Nenn-
spannungs-Konzept für Einzelflug-Lastfolgen in den Abb. 3.3–53 und 3.2–55
gegeben.
Nach der werkstoffmechanisch als zutreffender einzuschätzenden Lö-
sungsmöglichkeit muss das elastisch-plastische Beanspruchungsgeschehen
im Kerbgrund reihenfolgeabhängig errechnet und über einen geeigneten
Schädigungsparameter für die Schädigungsakkumulations-Rechnung bewer-
tet werden. Die betreffenden Berechnungsweisen nach dem sog. Kerbgrund-
Konzept sind im Abschn. 3.3 beschrieben und durch Ergebnisse veranschau-
licht.
3.2.13 Kritik der Miner-Regel 333

Sofern allerdings der dabei verwendete Schädigungsparameter allein die


reihenfolgebedingten Umlagerungen der Kerbgrundbeanspruchung über
den Mittelspannungseinfluss bewertet, aber weitergehende Wechselwirkun-
gen der kleinen, mittleren und großen Beanspruchungswerte außer acht
lässt, liefert auch das Kerbgrund-Konzept bei Einzelflug-Lastfolgen keine
zutreffenderen Lebensdauerwerte als das Nennspannungs-Konzept, Abb.
3.3–43 und 3.3–53. Der Schädigungsparameter PHL nach Gl. (3.3–58), wie er
für das Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation zur Anwen-
dung kam, bewertet hingegen neben den Mittelspannungseinflüssen auch
noch ungünstige Reihenfolgeeinflüsse und liefert demgemäß (d.h. wegen der
vernachlässigten günstigen Reihenfolgeeinflüsse) Lebensdauerwerte, die ge-
genüber den Versuchsergebnissen eindeutig auf der sicheren Seite liegen,
Abb. 3.3–53 und 3.3–55. In Verbindung mit einem optimalen Schädigungs-
parameter, z.B. mit dem zwischenzeitlich verfügbaren Schädigungsparame-
ter PJ nach Gl. (3.3–60), dürfte das Verfahren der s-e-basierten Amplituden-
transformation, Abschn. 3.3.6, insoweit eine sinnvolle Lösung des Problems
der Schädigungsakkumulation versprechen.

3.2.13
Kritik der Miner-Regel
Die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese nach Palmgren und Mi-
ner bildet die Grundlage nahezu aller bekannten und betrieblich angewand-
ten Verfahren der Lebensdauerberechnung. Unter der Bezeichnung „Miner-
Regel“ findet sie Anwendung zur Lebensdauerberechnung schwingbean-
spruchter Bauteile, deren Beanspruchung durch Nennspannungen gekenn-
zeichnet sind.
Dieses Berechnungsverfahren ist einfach und im Grunde immer anwend-
bar, die errechneten Lebensdauerwerte können aber erheblich von der Wirk-
lichkeit abweichen. Die sich daraus ergebenden Einwände gegen die lineare
Schädigungsakkumulations-Hypothese wurden im Schrifttum von zahlrei-
chen Autoren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln erörtert und von
Schijve [124] ausführlich und zusammenfassend dargestellt.
Aussagen wie „die Miner-Regel ist falsch“, halten einer sachlichen Prüfung
nicht stand. Allenfalls ist die Miner-Regel für den vorliegenden Fall unbe-
friedigend hinsichtlich der Verlässlichkeit des errechneten Lebensdauerwer-
tes; für eine verlässlichere Aussage müsste die Lebensdauer in diesem Falle
dann experimentell bestimmt werden.
Häufig wird jedoch in der Konstruktionspraxis wie auch in der Betriebsfes-
tigkeits-Forschung eine einfach anwendbare Schädigungsakkumulations-Hy-
pothese benötigt, die – wie es für die Miner-Regel zutrifft – allein mit den aus
einer Wöhlerlinie zu entnehmenden Kennwerten der Schwingfestigkeit aus-
kommt. In dieser Hinsicht gibt es zur Miner-Regel bis heute keine Alternative.
Andere Schädigungsakkumulations-Hypothesen [238, 245], die zusätzliche
Kennwerte aus gesondert durchzuführenden Schwingfestigkeits-Versuchen
334 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

benötigen, werden kaum eine praktische Bedeutung erlangen. Die Kosten


von solch gesonderten Versuchsreihen unterscheiden sich im Einzelfall kaum
von den Kosten eines experimentellen Lebensdauernachweises, der eigens
für das zur Diskussion stehende Bauteil durch Betriebsfestigkeits-Versuche
geführt wird [245].
Nach übereinstimmender Einschätzung in der Fachwelt liegen die Un-
zulänglichkeiten der Miner-Regel in dem Umstand begründet, dass die Rei-
henfolge und damit eine mögliche Wechselwirkung von großen, mittleren
und kleinen Schwingspannungen bei der Schädigungsrechnung unbeachtet
bleibt. Zutreffende Lebensdauerwerte werden daher errechnet, wenn sich die
günstigen und ungünstigen Reihenfolgeeinflüsse ausgleichen, unzutreffende
Lebensdauerwerte werden erhalten, wenn ein solcher Ausgleich wegen einer
markanten Unsymmetrie der Beanspruchungs-Zeit-Funktion nicht möglich
ist; so z.B. bei dem einseitig zur Druckseite wirkenden Boden-Luft-Lastspiel,
Abschn. 3.2.11. Häufig dürften allerdings ungünstige Reihenfolgeeinflüsse
überwiegen, was sich bruchmechanisch erklärbar erweist, Abschn. 3.4.8.
Ursächlich sind diese Reihenfolgeeinflüsse jedoch durch Eigenspannungs-
einflüsse bedingt, Abschn. 3.2.11. Bei eigenspannungsbehafteten Bauteilen
kann es deshalb zu besonders gravierenden Fehleinschätzungen der Lebens-
dauer kommen. Wie diese Erkenntnis in ein weiterentwickeltes Berech-
nungsverfahren umgesetzt werden kann, ist bislang noch nicht bekannt. Mit
einer Lebensdauerberechnung ausgehend von der elastisch-plastischen
Kerbgrundbeanspruchung sind jedoch erfolgversprechende Ansätze in die-
ser Richtung vorhanden, Abschn. 3.3.
Auch erweist es sich wenig sinnvoll zu fragen und aufwendig zu untersu-
chen, wie die Miner-Regel verbessert werden muss; alle bisherigen Bemü-
hungen in dieser Richtung waren nicht überzeugend. Erfolgversprechender
ist die Fragestellung, wie die Miner-Regel gehandhabt werden muss, um eine
verlässliche Lebensdauer-Vorhersage zu erhalten. Praktisch wird dies fürs
Erste in vielen Fällen bedeuten, die Unsicherheiten der Berechnung nach Er-
fahrungswerten abzuschätzen und dementsprechende Sicherheitszuschläge
vorzusehen. Wissenschaftlich sollte der Frage nachgegangen werden, wie die
Analyse der Beanspruchungs-Zeit-Funktionen bei der Umsetzung in ein Am-
plitudenkollektiv zweckmäßig zu geschehen hat, damit die lineare Schädi-
gungsakkumulations-Hypothese, von diesem Amplitudenkollektiv ausge-
hend, einen zutreffenden Lebensdauerwert liefert. Ein solcher Lösungsansatz
kann in dem Verfahren der Amplitudentransformation gesehen werden,
Abschn. 3.3.6.
Wenn also die Miner-Regel trotz der Unzulänglichkeiten, die ihr bislang
erwiesenermaßen anhaften, dennoch zur Lebensdauerabschätzung von Bau-
teilen empfohlen wird, so sollte aufgrund dieser Unzulänglichkeiten gegen-
über dem Ergebnis einer solchen Lebensdauerberechnung eine angemessene
Kritik bestehen bleiben. Aus diesem Grund möchten einige Autoren statt von
einer „Lebensdauer-Berechnung“ auch nur von einer „rechnerischen Lebens-
dauer-Abschätzung“ gesprochen wissen.
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche 335

3.3
Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung
3.3.1
Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche

Die Ausführungen im Abschn. 2.1 galten Wöhler-Versuchen, bei denen die


Belastung bzw. die daraus zu berechnende Nennspannung vorgegeben ist.
Sie können deshalb als spannungskontrollierte Wöhler-Versuche bezeichnet
werden.
Versuche im Zeitfestigkeitsbereich führten jedoch zu der Erkenntnis, dass
am Ausgangspunkt eines Schwinganrisses nicht nur eine der Spannungsam-
plitude proportionale elastische Dehnungsamplitude auftritt, sondern dass
die dort örtlich wirkende Gesamt-Dehnungsamplitude einen beachtlichen
plastischen Dehnungsanteil enthält. Im Kurzzeitfestigkeitsbereich ist vorran-
gig der plastische Dehnungsanteil schwingfestigkeitsbestimmend [246–249].

Zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve
Der im Wöhlerversuch bestehende Zusammenhang zwischen der örtlich auf-
tretenden elastisch-plastischen Gesamt-Dehnungsamplitude und der Span-
nungsamplitude lässt sich am ungekerbten Prüfstab ermitteln, wenn dieser
einer vorgegebenen axialen Wechseldehnung unterworfen wird. Bei derarti-
gen dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen wird zusätzlich auch noch
die sich einstellende Prüfkraft gemessen, um daraus die im Prüfquerschnitt
wirkende Spannungsamplitude bestimmen und die sich ergebende Span-
nungs-Dehnungs-Hysterese aufzeichnen zu können, Abb. 3.3–1.

Abb. 3.3–1. Hystereseschleife


der Spannung und Dehnung
und zugehörige Bezeichnungen
336 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–2. Zyklische Spannungs-


Dehnungs-Schaubild

Aus der Spannungsamplitude und dem Elastizitätsmodul folgt die elasti-


sche Dehnungsamplitude ea, e zu
ea, e = sa /E . (3.3–1)
Sie wird von der vorgegebenen Gesamtdehnungsamplitude ea, t subtrahiert,
um die plastische Dehnungsamplitude ea, p zu erhalten als
ea, p = ea, t – ea, e , (3.3–2)
gemäß der unterstellten Beziehung
ea, t = ea, e + ea, p . (3.3–3)
Der Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung stellt sich als Span-
nungs-Dehnungs-Schaubild dar, Abb. 3.3–2. Als zyklisches Spannungs-Deh-
nungs-Schaubild bezeichnet es den Zusammenhang zwischen den Amplitu-
den der Spannung und der Dehnung unter einer zyklischen Beanspruchung
im Wöhler-Versuch, Abb. 3.3–1, im Unterschied zum zügigen Spannungs-
Dehnungs-Schaubild, das im Zugversuch erhalten wird, Abb. 3.3–3.
Dieser Unterschied ist nicht allein begrifflicher Art, sondern auch werk-
stoffabhängig ausgeprägt. Die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve liegt
für Werkstoffe, die sich unter der zyklischen Beanspruchung entfestigen,
unterhalb, für Werkstoffe, die sich zyklisch verfestigen, oberhalb der zügigen
Spannungs-Dehnungs-Kurve. Nur für zyklisch stabile Werkstoffe, die sich
also weder verfestigen noch entfestigen, stimmen die zyklische und die zügi-
ge Spannungs-Dehnungs-Kurve überein, Abb. 3.3–3.
Ein Unterschied der zügigen und zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve
bedeutet, dass sich das elastisch-plastische Werkstoff-Verhalten im Wöhler-
Versuch unter der einwirkenden Schwingbeanspruchung verändert [250,
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche 337

Abb. 3.3–3. Zügige und zyklische Spannungs-Dehnungskurve bei zyklisch ver- oder ent-
festigendem Werkstoffverhalten, nach Landgraf, aus [251]

251]. Abbildung 3.3–4 veranschaulicht diesen Sachverhalt für normalgeglüh-


ten Stahl 42CrMo4 mit einem markanten Anstieg der plastischen Dehnungs-
amplitude innerhalb der ersten 10 bis 1000 Schwingspiele, obwohl die Span-
nungsamplitude über die insgesamt ertragene Zahl der Schwingspiele kon-
stant gehalten wurde, Abb. 3.3–4a, bzw. mit einem Abfall der Spannungsam-
plitude bei konstant gehaltener Gesamt-Dehnungsamplitude, Abb. 3.3–4b.
Über die verbleibende Mehrzahl der ertragenen Schwingspiele zeigt der so
entfestigte Werkstoffzustand sodann ein annähernd zyklisch stabiles Ver-
halten.
Für das punktweise Auftragen der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kur-
ve ist für solche Fälle per Konvention festgelegt, dass die Spannungs- und
Dehnungsamplituden bei der halben Anriss-Schwingspielzahl herangezogen
werden, Abb. 3.3–4. Sie gelten dann gewissermaßen als Mittelwerte für die
gesamte Lebensdauer, die sich allerdings in Abb. 3.3–4 logarithmisch stark
verzerrt darstellt. Was in diesem Zusammenhang als schwingspielzahl-be-
stimmender Anriss gelten soll, entbehrt bislang noch einer einheitlichen
Festlegung. Im dehnungskontrollierten Wöhlerversuch ist die Lebensdauer-
spanne zwischen makroskopischem Anriss und Bruch wegen des ungekerb-
ten Prüfstabs relativ kurz. Und für diese kurze Lebensdauerspanne verliert
schließlich auch die gemessene Dehnung ihre Bedeutung als Beanspru-
chungskennwert.
Um die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve schneller und weniger auf-
wendig als punktweise durch dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche zu be-
stimmen, gibt es den Incremental-Step-Test [252], bei dem die Dehnungsam-
338 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–4a, b. Zyklisch instabiles Werkstoffverhalten a im spannungskontrollierten, b im


dehnungskontrollierten Wöhler-Versuch [251]

plitude stufenweise bis zu einem festzulegenden Größtwert gesteigert und


stufenweise wieder vermindert wird, Abb. 3.3–5. Dabei vollziehen sich etwai-
ge Ver- oder Entfestigungen des Werkstoffs in ähnlicher, aber nicht unbe-
dingt gleicher Weise wie im Wöhler-Versuch. Nach zwei oder drei Auf-Ab-
Folgen dieser Art liefern die Umkehrpunkte der Beanspruchung eine weitge-
hend stabilisierte zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve, die sich in etwa mit
derjenigen deckt, die sich aus Wöhler-Versuchen ergibt.

Dehnungs-Wöhlerlinie
Für die Dehnungs-Wöhlerlinie, Abb. 3.3–6, werden die zyklisch stabilisierten
oder die bei den halben Anriss-Schwingspielzahlen bestimmten Amplituden
der Gesamtdehnung, der elastischen Dehnung und der plastischen Dehnung
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche 339

Abb. 3.3–5. Bestimmen der


zyklischen Spannungs-
Dehnungs-Kurve im Incre-
mental-Step-Test

Abb. 3.3–6. Dehnungs-Wöhlerlinie und zugehörige Bezeichnungen

über der bis zum Schwinganriss ertragenen Zahl der Schwingspiele N aufge-
tragen. Wie die richtungsweisenden Arbeiten von Coffin [253], Manson [254]
und Morrow [255] zeigen, lassen sich die Linien der elastischen und der plas-
tischen Dehnungsamplituden bei doppellogarithmischem Maßstab in guter
Näherung als Geraden darstellen und wie folgt beschreiben:
ea, e = (s f¢ / E) · (2N)b = (2 b · s f¢ / E) · N b , (3.3–4)
ea, p = e ¢f · (2N)c = (2c · e ¢f ) · N c (3.3–5)
Für die Gesamt-Dehnungsamplitude gilt damit nach Gl. (3.3–3):
ea, t = (s f¢ /E) · (2N) b + e f¢ · (2N)c = (2 b · s f¢ /E) · N b + (2 c · e ¢f ) · N c . (3.3–6)
(Die heute nach wie vor noch gängige Schreibweise der Formeln mit einer
Abhängigkeit der Dehnungsamplituden von (2N) anstatt von N ist ein tradi-
tionelles Relikt, entstanden aus einer anfänglichen, sich aber nicht erfüllen-
den Erwartung, dass die Kennwerte s f¢ und e ¢f für N = 1/2 unmittelbar aus
dem Zugversuch entnommen werden könnten. Sie ist vor allem deshalb nicht
340 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

mehr abänderbar, weil im Schrifttum alle Zahlenangaben für die Kennwerte


s f¢ und e f¢ für diese Schreibweise gelten. Bei der alternativ angeführten und
gleichwertigen Schreibweise mit N sind deshalb die Kennwerte s f¢ und e ¢f mit
den Faktoren 2 b bzw. 2 c verknüpft.)
Eine direkte Querbeziehung besteht zwischen dem Diagramm der Deh-
nungs-Wöhlerlinie, Abb. 3.3–6, und dem zyklischen Spannungs-Dehnungs-
Schaubild, Abb. 3.3–2: Ein vertikaler Schnitt im Diagramm der Dehnungs-
Wöhlerlinie findet seine Entsprechung in einem horizontalen Schnitt im
Spannungs-Dehnungs-Schaubild. Wird in diesem horizontalen Schnitt an
der Spannungs-Dehnungs-Kurve die ertragbare Anriss-Schwingspielzahl N
als Parameter angeschrieben, Abb. 3.3–2, so enthalten das Spannungs-Deh-
nungs-Schaubild und das Diagramm der Dehnungs-Wöhlerlinie eine absolut
und vollständig gleiche Information. Denn durch Zusammenfassen von Gl.
(3.3–1) bis Gl. (3.3–6) ergibt sich als Gleichung der Spannungs-Dehnungs-
Kurve die Ramberg-Osgood-Beziehung [195A]
ea, t = (sa /E) + (sa /K¢)1/n¢ (3.3–7)
mit
n¢ = b /c , (3.3–8)
K¢ = s ¢f · e f¢ –n¢ (3.3–9)
und
ea, p = (sa /K¢)1/n¢ . (3.3–10)
Für die Konstante K¢, die anschaulich die Spannungsamplitude für eine plas-
tische Dehnungsamplitude von 100% bedeutet, lässt sich auch schreiben
K¢ = s 0¢,2 · 0,002–n¢ , (3.3–11)
wenn, entsprechend zur zügigen Streckgrenze, mit s 0¢ ,2 ein sogenannter
zyklischer Streckgrenzenwert für eine plastische Dehnungsamplitude von
0,2% definiert wird. Es gilt dann auch statt Gl. (3.3–7) und Gl. (3.3–10)
¢ )1/n¢ ,
ea, t = (sa /E) + 0,002 · (sa / s0,2 (3.3–12)

ea, p = 0,002 · (sa / s 0¢ ,2)1/n¢ . (3.3–13)

Bezogene Darstellung mit NT , e T und s T


Ein anderer, sinnfälliger Bezugswert ist mit der Schwingspielzahl NT, dem so-
genannten Transition-Life, und mit den zugehörigen Werten eT und sT gege-
ben [257], Abb. 3.3–6. Es gilt
ep = ee = eT = sT /E für N = NT , (3.3–14)
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche 341

Abb. 3.3–7. Bezogene Darstellung der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve und Varia-


tionsbereich des zyklischen Verfestigungsexponenten n¢

Die vorstehenden Gleichungen lassen sich damit auf eine bezogene Form wie
folgt umschreiben [258]: Für die Spannungs-Dehnungs-Kurve Gl. (3.3–7) er-
gibt sich
(et / eT) = (s / sT) + (s / sT)1/n¢ , (3.3–15)
und für die Dehnungs-Wöhlerlinie Gl. (3.3–6)
(ea, t / eT) = (N /NT)b + (N /NT)c . (3.3–16)
Für die Schwingspielzahl NT gilt
NT = 0,5 · [s f¢ /(E · e ¢f)]1/(c–b) (3.3–17)
Für die Umrechnung zwischen sT und s 0¢ ,2 gilt
sT = s 0¢ ,2 · [s 0¢,2 /(0,002 · E)]n¢/(1 – n¢). (3.3–18)
Bei dieser Schreibweise genügen fünf Kennwerte, um das zyklische Werk-
stoffverhalten mittels der angegebenen Beziehungen zu kennzeichnen: Der
Elastizitätsmodul E, die Exponenten b und c, der Dehnungswert e T und die
Schwingspielzahl NT , Abb. 3.3–7.

Verlauf der Dehnungs-Wöhlerlinien bei hohen Schwingspielzahlen


Ein Übergang von der Zeit- in die Dauerfestigkeit, wie er sich aus Versuchen
ergibt, ist mit den vorstehenden Gleichungen der Dehnungs-Wöhlerlinie Gl.
342 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

(3.3–4) bis Gl. (3.3–6) noch nicht berücksichtigt. Dazu bietet sich an, als wei-
teren Kennwert die Grenzschwingspielzahl ND einzuführen, bei der die Deh-
nungs-Wöhlerlinien in die Horizontale abknicken. Es gilt dementsprechend:
ea,e = (sa /E) = (2 b · s f¢ /E) · N b , für N ≤ ND (3.3–19)
ea,e = eD,e = (sD /E) = (2b · s f¢ /E) · NDb = konst , für N ≥ ND (3.3–20)
ea,p = (2c · e f¢) · N c , für N ≤ ND (3.3–21)
ea,p = eD,p = (2c · e f¢) · NDc = konst , für N ≥ ND (3.3–22)
ea,t = (2b · s f¢ /E) · N b + (2c · e ¢f ) · N c , für N ≤ ND (3.3–23)
ea,t = eD = (2b · s f¢ /E) · NDb + (2c · e f¢) · NDc = konst . für N ≥ ND (3.3–24)
Zudem bezeichnen dann sD die Dauerfestigkeit als Spannungsamplitude, so-
wie eD,e , eD, p und eD die Dauerfestigkeit als elastische, plastische bzw. Ge-
samt-Dehnungsamplitude.
Weiterhin zeigt sich bei Versuchen, dass die Wöhlerlinien der elastischen
und der plastischen Dehnungsamplituden bei doppellogarithmischer Auftra-
gung nicht immer als Geraden darstellbar sind, wie es mit Gl. (3.3–4) und Gl.
(3.3–5) unterstellt wird. Klee [259] hat deshalb diese Gleichungen um die
Grenzwerte sL und eL der elastischen und der plastischen Dehnungsamplitu-
den erweitert. Diese gestatten, den Verlauf der Wöhlerlinien bei hohen
Schwingspielzahlen anzupassen:
ea,e = (2b · s f¢ /E) · N b + (sL /E) , (3.3–25)
ea, p = (2c · e ¢f ) · N c + eL . (3.3–26)
Meist kann sL = 0 gesetzt werden. Für den Grenzwert eL kommen Werte eL > 0
oder auch eL < 0 in Betracht, Abb. 3.3–8. Gleichung (3.3–26) ist dann nur
gültig bis zu einer Schwingspielzahl N = ND; für eL < 0 ist Gl. (3.3–26) aber
allenfalls gültig bis zu einer Schwingspielzahl NL, bei der die plastische Deh-
nungsamplitude auf ea,p = 0 abgefallen ist:
NL = (1/2) · (– eL / e f¢)1/c < ND . (3.3–27)
Für die Gleichung der Spannungs-Dehnungs-Kurve folgt
ea,t = (sa /E) + (sa /K¢)1/n¢ + eL . (3.3–28)
Für eL < 0 ist sie in dieser Form allerdings nur gültig für Spannungsampli-
tuden
sa ≥ K¢ · (– eL)n¢, (3.3–29)
bei kleineren Spannungsamplituden gilt hingegen die elastische Gerade
ea,t = (sa /E) . (3.3–30)
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche 343

Abb. 3.3–8. Wöhlerlinien der plastischen Dehnungsamplituden, bei großen Schwingspiel-


zahlen beschrieben mit dem Grenzwert eL , nach Klee [259]

Im übrigen veranschaulicht Abb. 3.3–8 auch noch eine allgemeine Feststel-


lung von Coffin [253], dass eine plastische Dehnungsamplitude eap = 1% von
nahezu allen Metallen etwa mit N = 1000 Schwingspielen ertragen wird.

Einfluss der Mitteldehnung und Mittelspannung


Untersuchungen zum Einfluss einer von Null verschiedenen Mitteldehnung
oder Mittelspannung an ungekerbten Prüfstäben sind mit Schwierigkeiten
verbunden, Abb. 3.3–9.
Bei spannungskontrollierten Versuchen mit Mittelspannung tritt bei un-
gekerbten Prüfstäben unter Umständen ein haltloses zyklisches Kriechen
auf, was in einem erweiterten Haigh-Schaubild dargestellt werden kann
[250, 251], Abb. 3.3–10. Bei dehnungskontrollierten Versuchen mit einer
von Null verschiedenen Mitteldehnung kommt es zu einer Mittelspan-
nungsrelaxation auf einen amplitudenabhängig sich stabilisierenden Wert
der Mittelspannung; für ihn kann nach [260] geschrieben werden, Abb.
3.3–11b:
sm = sm0 / [1 + (1 + (ea / em0)d] . (3.3–31)

Die Form des zyklischen Spannungs-Dehnungs-Schaubildes wird unter die-


sen Umständen zwar nicht verändert [261], doch muss der sich ergebende,
kombinierte Mittelspannungs- und Mitteldehnungs-Einfluss auf die ertrag-
bare Dehnungsamplitude berücksichtigt werden. Dies kann nach einem
Vorschlag von Smith, Watson und Topper [262] durch einen Schädigungs-
344 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–9. Zyklisches Kriechen und zyklische Mittelspannungsrelaxation

Abb. 3.3–10. Um die Kriechdehnung erweitertes Haigh-Schaubild für den ungekerbten,


axialbeanspruchten Stab aus vergütetem Stahl 42 CrMo4 mit Rm = 1120 N/mm2 [251]
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche 345

a b

c d
Abb. 3.3–11a–d. Vollständiger Datensatz für Stahl St E 690 [260]; a zyklische Spannungs-
Dehnungskurve, b Mittelspannungskurve, c Dehnungs-Wöhlerlinie, d Schädigungspara-
meter-Wöhlerlinie

parameter geschehen, der sich aus der Hystereseschleife, Abb. 3.3–1, be-
stimmt als

PSWT = a0
so · e0
a,t · E . (3.3–32)

Wird er der Auftragung einer Schädigungsparameter-Wöhlerlinie zugrunde


gelegt, so sollten die Versuchspunkte für unterschiedliche Mitteldehnungen
näherungsweise in einem Streuband zusammenfallen, Abb. 3.3–1d. Durch
Einsetzen in Gl. (3.3–32) ergibt sich mit so = sa für R = – 1 und sa = E · ea,e
346 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

mit ea,e nach Gl. (3.3–4) sowie ea = ea,t nach Gl. (3.3–6) als Gleichung dieser
Schädigungsparameter-Wöhlerlinie
PSWT = [s f¢ 2 · (2N)2b + s ¢f · e ¢f · E · (2N)(b + c) ] 1/2 . (3.3–33)
Auf andere Definitionen eines Schädigungsparameters wird im Abschn. 3.3.5
eingegangen.

Erfassen der Streuung


Auch Ergebnisse aus dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen weisen
Streuungen auf. Insofern sind die vorstehenden Gleichungen der Dehnungs-
Wöhlerlinien und der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve genau ge-
nommen als eine im Mittel zutreffende Beschreibung dieser streuenden Ver-
suchsergebnisse, also als Gleichungen für eine Überlebenswahrscheinlichkeit
Pü = 50% zu verstehen.
Um darüber hinaus die Streuung zu erfassen, wird unterstellt, dass die
elastischen und die plastischen Dehnungsamplituden für eine konstante
Schwingspielzahl nach einer logarithmischen Normalverteilung streuen, und
dass die Streubreite über den gesamten Schwingspielzahlbereich gleich
bleibt. Wegen der geltenden Potenzsansätze sind dann auch die Schwing-
spielzahlen für konstante Dehnungsamplituden logarithmisch normalver-
teilt, und wegen des Zusammenhangs zwischen Dehnungs-Wöhlerlinie und
zyklischer Spannungs-Dehnungs-Kurve gilt auch für sie eine schwingspiel-
zahl-unabhängige Normalverteilung zwischen den Spannungsamplituden
und Dehnungsamplituden. Die betreffenden Werte der Standardabweichung
se , sp , st und sc werden im Zuge der Auswertung bei den jeweiligen Re-
gressionsanalysen erhalten [263]. Sie gehen in Form eines Faktors 10 u · s
in die Gleichungen für ea,e , ea,p und ea,t ein, wobei sich u abhängig von der
gewünschten Überlebenswahrscheinlichkeit Pü nach Tabelle 5.1–1 z.B. mit
u = + 1,28 für Pü = 10% oder u = – 1,28 für Pü = 90% ergibt.
Entsprechend Gl. (3.3–4) bis Gl. (3.3–7) gilt dann beispielsweise, Abb.
3.3–12:
ea,e = (s f¢ /E) · (2N)b · 10u · se , (3.3–34)
ea,p = e ¢f · (2N)c · 10u · sp , (3.3–35)
ea,t = [(s ¢f /E) · (2N) b + e f¢ · (2N)c] · 10u · st , (3.3–36)
ea,t = (sa /E) + (sa /K¢)1/n¢ · 10u · sc . (3.3–37)

Mit st ist in Gl. (3.3–36) für die Wöhlerlinie der Gesamt-Dehnung eine über
der Schwingspielzahl gleichbleibende Breite des Streubandes vorgegeben, die
aus einer gesonderten Auswertung bestimmt werden muss, denn andernfalls
würde sich aus der Zusammenfassung von Gl. (3.3–34) und Gl. (3.3–35) ent-
sprechend Abb. 3.3–12 eine über die Schwingspielzahl veränderliche Streu-
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche 347

Abb. 3.3–12. Streuungsbehaftete zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve und Dehnungs-


Wöhlerlinie, nach Seeger [263]

breite ergeben, die entsprechend (3.3–38) zu Komplikationen bei der beab-


sichtigten Anwendung führen würde:
ea,t = (2b · s f¢ /E) · N b · 10u · se + (2c · e ¢f ) · N c · 10 u · sp . (3.3–38)
Selbst in der Datensammlung von Boller und Seeger gibt es kaum Daten-
sätze, die eine gediegene statistische Auswertung dieser Art gestatten. Zu-
meist ist die Anzahl der typischerweise nur 5 bis 10 Versuche je Versuchs-
reihe zu gering. Die Standardabweichung wird dann in aller Regel unter-
schätzt. Bislang können deshalb auch noch keine Erfahrungswerte für Stan-
dardabweichungen bei Dehnungs-Wöhlerlinien genannt werden.

Kennwerte des zyklischen Werkstoff-Verhaltens


Eine Sammlung der vorliegenden Daten und Kennwerte aus dehnungs-
kontrollierten Wöhler-Versuchen findet man bei Boller und Seeger [264], mit
einer Ergänzung bei Bäumel und Seeger [265]. Auch Formeln wurden vorge-
schlagen, um die Kennwerte zu den vorstehenden Beziehungen abzuschätzen
[194, A201], Tabelle 3.3–1.
Bereits mit der 1965 veröffentlichten „Method of Universal Slopes“ wurde
von Manson [254] aufgezeigt, dass für die elastische und die plastische Linie
typische Neigungsexponenten b und c gelten. Die für alle Arten metallischer
Werkstoffe anwendbaren Schätzformeln erfuhren sodann mit den 1988 ver-
öffentlichten „Modified Universal Slopes Equations“ nach Muralidharan und
Manson [266] eine Verbesserung durch Änderung der Neigungsexponenten
auf b = – 0,09 und c = – 0,56 sowie durch Änderung der Schätzformel für e ¢f .
348

Tabelle 3.3–1. Schätzformeln für die Kennwere der Dehnungswöhlerlinien von metallischen Werkstoffen, gültig für den zyklisch stabilisierten Zu-
stand bzw. für die halbe Anriss-Schwingspielzahl und Pü = 50%, Abb. 3.3–6

Method of Universal Slopes Modified Universal Slopes Equation Uniform Material Law
nach Manson [254] nach Muralidharan u. Manson [266] nach Bäumel jr. u. Seeger [265]
für alle metallische Werkstoffe für alle metallische Werkstoffe
für unlegierte und für Aluminium- und
schwach legierte Stähle Titanlegierungen

sf¢ = 1,90 · Rm sf¢ = 0,623 · Rm0,832 · E 0,168 sf¢ = 1,50 · Rm sf¢ = 1,67 · Rm
b = – 0,12 b = – 0,09 b = – 0,087 b = – 0,095
ef¢ = 0,76 · D0,6 ef¢ = 0,0196 · D 0,156 · (Rm /E)–0,53 ef¢ = 0,59 · Y ef¢ = 0,35
c = – 0,6 c = – 0,56 c = – 0,58 c = – 0,69
sD = 0,45 · Rm sD = 0,42 · Rm
eD = 0,45 · Rm /E + 1,95 · 10–4 · Y eD = 0,42 · Rm /E
ND = 5 · 105 ND = 1 · 106

K¢ = 1,65 · Rm K¢ = 1,61 · Rm
n¢ = 0,15 n¢ = 0,11

D = – ln (1 – Z) mit Z = Brucheinschnürung; Y = 1,0 für Rm ≤ 630 N/mm2; Y = 1,375 – 125,0 · Rm/E für Rm > 630 N/mm2.
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche 349

Diese Neigungsexponenten unterscheiden sich nur wenig von den Neigungs-


exponenten b = – 0,087 bzw. b = – 0,095 und c = – 0,58 bzw. c = – 0,69, wie sie
mit dem „Universal Material Law“ (UML) von Bäumel und Seeger [265] für
Stähle bzw. Aluminiumlegierungen und Titanlegierungen abgeleitet wurden,
Tabelle 3.3–1.
Bei der Auswertung einzelner Versuchsreihen werden hingegen Werte für
die elastische Linie zwischen b = – 0,05 und – 0,12 und für die plastische
Linie zwischen c = – 0,5 und – 0,7 gefunden [257]; ein Wert c = – 0,5 wurde
seinerzeit von Coffin [253] als allgemeingültig genannt. So belegt zwar die
Auswertung nach dem UML, dass je nach Art des Werkstoffs gewisse Unter-
schiede in den Neigungsexponenten b und c bestehen, aber wegen der meist
kleinen Anzahl streuender Einzelversuche dürften die vorstehenden, in [257]
genannten beachtlichen Schwankungsbreiten zu einem erheblichen Teil
zufallsbedingt sein. Diese Einschätzung wird u.a. durch folgendes Beispiel
belegt:
In der Datensammlung von Boller und Seeger [264] befinden sich mehre-
re Datensätze für den Stahl Ck45 (bzw. SAE 1045), die hinsichtlich der daraus
abgeleiteten Kennwerte alles andere als vergleichbar sind, Tabelle 3.3–2. Wie
sich die Abweichungen erklären lassen, ist den Angaben zu den einzelnen
Versuchsreihen nicht zu entnehmen. Zu fragen ist, welcher Datensatz im
konkreten Anwendungsfall als der zutreffende angesehen werden darf. Und
welche Kennwerte würden sich bei einer weiteren Versuchsreihe ergeben?

Tabelle 3.3–2. Zyklische Kennwerte für den Stahl Ck45 (SAE 1045), wie sie für vergleichbare
Versuchsreihen der Datensammlung von Boller und Seeger [264] zu entnehmen sind, im
Vergleich zu den Kennwerten nach dem UML [265]

In [201] Zahl der Rm s f¢ b e f¢ c


auf Seite Versuche

316 13 678 519 – 0,044 0,124 – 0,424


298 5 680 2581 – 0,202 396,6 – 1,222
295 9 680 1243 – 0,129 45,60 – 1,020
286 6 680 2621 – 0,210 46593 – 1,753
289 9 680 1199 – 0,117 5,000 – 0,770
341 8 705 695 – 0,062 0,132 – 0,419
UML 680 1020 – 0,087 0,970 – 0,580

319 15 790 987 – 0,083 0,994 – 0,715


322 28 790 1405 – 0,110 0,6065 – 0,545
329 7 790 767 – 0,064 0,135 – 0,426
332 7 790 606 – 0,035 0,025 – 0,282
UML 790 1185 – 0,087 0,905 – 0,580

326 7 915 2350 – 0,148 0,447 – 0,561


335 5 915 2022 – 0,151 0,517 – 0,631
UML 915 1373 – 0,087 0,830 – 0,580
350 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Die vielfach vertretende Auffassung, dass Kennwerte aus eigens durchge-


führten Versuchen die größere Verlässlichkeit hätten, erweist sich damit als
durchaus fragwürdig.
Vielmehr sind für Stähle bzw. für Aluminium- und Titanlegierungen die
verlässlicheren Kennwerte doch wohl den Schätzformeln des UML zu ent-
nehmen, die die Gesamtheit der gesammelten und ausgewerteten Daten im
statistischen Mittel zutreffend modellieren. Zusätzlich werden mit ihnen
auch noch Schätzformeln für die Dauerfestigkeit und für die zyklische Span-
nungs-Dehnungskurve angegeben. Mit 2530 Einzelwerten für 290 Versuchs-
reihen aus der Datensammlung von Boller und Seeger [264] haben sie eine
bestmögliche statistische Belegung mit entsprechenden Angaben zu den
Streugrenzen. Nach Abb. 3.3–13 korrelieren die Versuchsdaten mit den
Schätzformeln in einem erstaunlich engen Streuband, wohingegen sich für
die gleichen Versuchsdaten mit den „Modified Universal Slopes Equations“
deutliche und mit den „Universal Slopes Equations“ schon beachtliche
Abweichungen ergeben. Dieser Befund mag insofern verwundern, als beim
UML im Wesentlichen allein eine werkstoffspezifische Abhängigkeit der
Kenngrößen von der Zugfestigkeit Rm zugrunde liegt, wenn von der nur
geringen Variationsbreite durch den E-Modul abgesehen wird.
So wie in Abb. 3.3–13a liegen alle 2530 Versuchspunkte auch bei den Wöh-
lerlinien für die elastischen, plastischen und Gesamt-Dehnungsamplituden
sowie bei der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie für PSWT und bei der
zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve in relativ engen und statistisch
durch die Linien für Pü = 90%, 50% und 10% beschriebenen Streubereichen,
Tabelle 3.3–3. In etwa betragen die entsprechenden Streuspannen in Bean-
spruchungsrichtung bei den Dehnungs-Wöhlerlinien für Stahl Te = 1:1,80,
bei den Dehnungs-Wöhlerlinien für Aluminium- und Titan-Legierungen
Te = 1:1,95, bei den Schädigungsparameter-Wöhlerlinien Te = 1:1,55 und
bei den zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurven Te = 1:1,40 für Stahl und
Te = 1:1,50 für die Aluminium- und Titan-Legierungen. Diese Streuspannen
sind weitaus größer als sich aus den Daten für die einzelnen Wöhlerlinien
und in Analogie z.B. aus Abb. 2.1–20 abschätzen lässt, was übereinstimmend
mit Tabelle 3.3–2 besagt, dass die 290 einzelnen Versuchsreihen untereinan-
der eine recht erhebliche Streuung zeigen.
Innerhalb der Streubänder werden alle systematischen Einflüsse des
Werkstoffs aus seiner Zusammensetzung, Gefügestruktur, Reinheit und
Halbzeugfertigung wie auch alle Streueinflüsse aus der Versuchstechnik ab-
gedeckt. Insofern weist die häufig geäußerte Ansicht, dass eine Lebensdauer-
steigerung allein durch die Wahl eines geeigneteren Stahles mit anderer Zu-
sammensetzung zu erreichen sei, eine nur eingeschränkte Gültigkeit auf. Von
den zyklischen Kennwerten her ist eine systematisch zu belegende Möglich-
keit der Lebensdauersteigerung nur in einer Erhöhung der Zugfestigkeit zu
sehen; sie ist allerdings je nach chemischer Zusammensetzung des Werk-
stoffs und wegen seiner zu fordernden Zähigkeit und Bearbeitbarkeit be-
grenzt.
3.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche

a b c

Abb. 3.3–13a–c. Überprüfung der Schätzformeln für die Dehnungs-Wöhlerlinie mit Versuchsergebnissen aus der Datensammlung von Boller
und Seeger [264]; a Universal Material Law, b Modified Universal Slopes Equation, c Universal Slopes Equation; nach Bäumel und Seeger [265]
351
352

Tabelle 3.3–3. Schätzformeln für die Dehnungs-Wöhlerlinie, die Schädigungsparameter-Wöhlerlinie und die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kur-
ve nach den Auswertungen für das Uniform Material Law mit den zugehörigen Streubändern, jeweils bezeichnet durch die Linien für Pü = 90%,
50% und 10% Überlebenswahrscheinlichkeit [265]

Unlegierte und schwachlegierte Stähle Aluminiumlegierungen und Titanlegierungen

Dehnungs-Wöhlerlinie: Dehnungs-Wöhlerlinie:
Pü = 90% ea,t = 0,75 · ea,t = 0,72 ·
Pü = 50% ea,t = 1,00 · [(1,50 · Rm /E) · (2N)–0,087 + (0,59 · Y ) · (2N)–0,58] ea,t = 1,00 · [(1,67 · Rm /E) · (2N)–0,095 + 0,35 · (2N)–0,69]
Pü = 10% ea,t = 1.34 · ea,t = 1,40 ·

Schädigungsparameter-Wöhlerlinie: Schädigungsparameter-Wöhlerlinie:
Pü = 90% PSWT = 0,80 · PSWT = 0,80 ·
Pü = 50% PSWT = 1,00 · [(1,5 · Rm)2 · (2N)–0,174 + (0,885 · Rm · Y ) · (2N)–0,667]1/2 PSWT = 1,00 · [(1,67 · Rm)2 · (2N)–0,190 + (0,5845 · Rm) · (2N)–0,785]1/2
Pü = 10% PSWT = 1,24 · PSWT = 1,24 ·

Zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve: Zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve:


Pü = 90% ea,t = (sa/E) + (sa /1,95 · Rm )1/0,15 ea,t = (sa/E) + (sa / 1,97 · Rm )1/0,11
Pü = 50% ea,t = (sa/E) + (sa /1,65 · Rm )1/0,15 ea,t = (sa/E) + (sa / 1,61 · Rm )1/0,11
Pü = 10% ea,t = (sa/E) + (sa /1,40 · Rm )1/0,15 ea,t = (sa/E) + (sa / 1,32 · Rm )1/0,11

Y = 1,0 für Rm ≤ 70 N/mm2; Y = 1,375 – 125,0 · Rm/E für Rm > 70 N/mm2.


3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.3.2 Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung und Lebensdauer 353

Nicht zuletzt bedeutet das UML unter Hinweis auf die Ausführungen im
Abschn. 3.3.8 auch eine Bestätigung für das im Abschn. 2.1.7 dargelegte
Konzept der normierten Wöhlerlinien, wenngleich folgende Abweichungen
zu den Kennwerten der Wöhlerlinie der elastischen Dehnungsamplituden
angeführt werden müssen, für die über den E-Modul eine Querbezie-
hung zur normierten Wöhlerlinie des ungekerbten Stabes nach Abb. 2.1–17
besteht [258]. Als Beziehung zwischen den betreffenden Neigungsexponen-
ten gilt

b = – 1 / k. (3.3–39)
Dem Wert b = – 0,087 für Stähle würde bei der normierten Wöhlerlinie ein
Neigungsexponent k = 11,5 entsprechen gegenüber dem Wert k = 15, wie er
für Abb. 2.1–17 angegeben ist. Zudem besteht eine Abweichung hinsichtlich
der Schwingspielzahl am Abknickpunkt der Wöhlerlinie, die für Stähle nach
dem UML mit ND = 5 · 105, hingegen nach Abb. 2.1–17 mit ND = 1 · 106 an-
zusetzen ist. Während die Abweichungen zwischen b und k praktisch nicht
sehr ins Gewicht fallen dürften, ist hingegen die zutreffende Abschätzung des
Abknickpunktes, und damit zusammenhängend auch der Dauerfestigkeit,
für das Ergebnis einer Schädigungs-Rechnung in aller Regel von großer Be-
deutung. In dieser Frage sollte eine eindeutige Präferenz für den experimen-
tell weitaus breiter abgesicherten Wert ND = 1 · 106 der normierten Wöhler-
linie gesehen werden, was dann jedoch beim UML auch eine Korrektur für
die Kennwerte der Dauerfestigkeit erfordert.

3.3.2
Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung und Lebensdauer

Für einen Betriebsfestigkeits-Nachweis nach dem sogenannten Kerbgrund-


Konzept wird von der Annahme ausgegangen, dass die am ungekerbten Stab
gewonnene Dehnungs-Wöhlerlinie herangezogen werden kann, um die Le-
bensdauer von gekerbten Bauteilen anhand der ermittelten elastisch-plasti-
schen Kerbgrundbeanspruchung durch eine Schädigungsakkumulations-
Rechnung zu bestimmen.
Um die Praktikabilität dieses Konzeptes zu bestätigen, bietet sich eine
experimentelle Ermittlung und Simulation der Kerbgrundbeanspruchung
bei dünnen Kerbscheiben an, denn im Kerbgrund dünner Kerbscheiben
liegt, ebenso wie am ungekerbten Stab, ein einachsiger Spannungszustand
vor.

Begleitproben-Versuch
Bei dem Begleitproben-Versuch (Companion Specimen Test) [267], Abb.
3.3–14, wird die interessierende Beanspruchungs-Zeit-Funktion S(t) als Kraft
bzw. Nennspannung an der Kerbscheibe vorgegeben und die Kerbgrunddeh-
354 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–14. Prinzip des Begleitproben-Versuchs (RV = Regelverstärker, Zyl = Hydraulik-


zylinder)

nung e (t) gemessen. Diese gemessene Kerbgrunddehnung wird sodann un-


mittelbar als Sollwert für den dehnungskontrollierten Versuch an einem un-
gekerbten Prüfstab aus gleichem Werkstoff, der sog. Begleitprobe, vorgege-
ben. Aus der Prüfkraft, die erforderlich ist, um den so vorgegebenen Deh-
nungsablauf als Istwert im ungekerbten Prüfquerschnitt der Begleitprobe
nachzustellen, lässt sich der zugehörige Spannungsablauf s (t) gewinnen. Er
wird dem Ablauf der Kerbgrundspannung gleich erachtet. Damit können die
sich ergebenden Spannungs-Dehnungs-Hysteresen für den Kerbgrund ge-
zeichnet werden [122], Abb. 2.4–9. Bei gleichem Oberflächenzustand des
Kerbgrundes und der Begleitprobe sollte sich für die Begleitprobe unter der
so nachgestellten Kerbgrundbeanspruchung auch eine vergleichbare Lebens-
dauer bis Anriss ergeben. In aller Regel wird jedoch eine etwas geringere Le-
bensdauer der Begleitprobe gefunden, was einem statistischen Größenein-
fluss aus ihrer größeren hochbeanspruchten Oberfläche zuzuschreiben sein
dürfte, s. Abschn. 3.5.6.

Neuber-Control-Versuch
Eine Weiterentwicklung des experimentell aufwendigen und schwierigen Be-
gleitproben-Versuchs ist der Neuber-Control-Versuch [268, 269], Abb. 3.3–15.
Dabei kann auf die Belastungsanordnung für die Kerbscheibe verzichtet wer-
den, denn die Kerbgrunddehnung wird für eine frei wählbare Formzahl an-
hand der vorgegebenen Nennspannungs-Zeit-Funktion S(t) analytisch be-
stimmt. Die ungekerbte Probe liefert dazu das gültige Spannungs-Dehnungs-
Gesetz, wie auch die gesuchte Lebensdauer bis Anriss.
Die Berechnung der Kerbgrunddehnung beruht auf der als Neuber-Regel
bekannten Beziehung [270], Abschn. 3.3.3. Sie wird hier auf die Schwingbrei-
ten der Kerbgrundspannung Ds und der Kerbgrunddehnung De angewandt:
Ds · De = ak2 · DS2 / E . (3.3–40)
3.3.2 Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung und Lebensdauer 355

Abb. 3.3–15. Prinzip des Neuber-Control-Versuchs (RV = Regelverstärker, Zyl = Hydrau-


likzylinder)

Abb. 3.3–16. Ablauf eines Neuber-Control-Versuchs [269]

Im Spannungs-Dehnungs-Diagramm, stellt sie sich als Hyperbel dar, Abb.


3.3–16. Für jedes vorgegebene Halbschwingspiel DS wird zunächst die rechte
Seite von Gl. (3.3–40) berechnet. Dann wird die Belastung der ungekerbten
Probe so weit gesteigert, bis das Produkt aus der gemessenen Spannungs-
schwingbreite Ds und der Dehnungsschwingbreite De gleich dem vorberech-
neten Wert ist.
Der so bestimmte Punkt der Spannungs-Dehnungs-Kurve wird zum Ko-
ordinaten-Nullpunkt für das nächste Halbschwingspiel DS. Davon ausgehend
wird der Wert der rechten Seite von Gl. (3.3–40) errechnet und die Belastung
vollzieht sich in Gegenrichtung, bis wiederum das aus Gl. (3.3–40) bestimm-
te Produkt aus Spannungsschwingbreite und Dehnungsschwingbreite er-
reicht ist. In dieser Weise, und unter zusätzlicher Beachtung des Werkstoff-
gedächtnisses, Abschn. 3.3.3, setzt sich der Versuch fort, bis mit dem Anriss
der Probe der Lebensdauerwert bestimmt ist.
356 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Kerbdehnungs-Versuch
Basiert der Neuber-Control-Versuch noch auf der am Probestab ermittelten
Spannungs-Dehnungs-Beziehung, so wird sie in der weiteren Abstraktions-
stufe des Kerbdehnungs-Versuchs ebenfalls analytisch vorgegeben [271],
Abb. 3.3–17. Damit entfällt die Einbindung des Rechners in den Regelkreis
der Prüfmaschine. Es ergibt sich die einfache Versuchsanordnung eines deh-
nungskontrollierten Versuchs, bei dem die vorausberechneten und digital auf
Magnetband gespeicherten Umkehrpunkte der Kerbgrunddehnungs-Zeit-
Funktion nachgefahren werden. Die Vorausberechnung der Kerbgrunddeh-
nung geschieht dazu wie im Abschn. 3.3.3 beschrieben.

Versuchsergebnisse
In einer Gegenüberstellung zeigt Abb. 3.3–18 Versuchsergebnisse aus Kerb-
stab-Versuchen, Begleitproben-Versuchen, Neuber-Control-Versuchen und
Kerbdehnungs-Versuchen nach Untersuchungen von Heuler [271]. Die un-
mittelbar an der Kerbscheibe bestimmte Lebensdauer als Anzahl der bis An-
riss ertragenen Flüge unter der Lastfolge Minitwist kann als Bezugswert für
die reale Lebensdauer gelten. Mit ihr erweisen sich die Kerbdehnungs-Versu-
che in guter Übereinstimmung, wenn die Kerbgrunddehnung statt nach der
Neuber-Regel mittels einer von Seeger [272] vorgeschlagenen und von Beste
[273] als zutreffender ausgewiesenen Näherungsformel berechnet wird, Ab-
schn. 3.3.3. Denn die Neuber-Regel neigt dazu, den plastischen Dehnungs-
anteil last- bzw. gesamtdehnungs-abhängig zu überschätzen. Sie liefert dem-
zufolge zur sicheren Seite hin abweichende Lebensdauerwerte, und zwar
praktisch übereinstimmend sowohl im Kerbdehnungs-Versuch wie auch im
Neuber-Control-Versuch. Auch die Lebensdauerwerte aus den Begleitpro-
ben-Versuchen weichen zur sicheren Seite hin ab, als Grund dafür wird je-

Abb. 3.3–17. Prinzip des Kerbdehnungs-Versuchs (RV = Regelverstärker, Zyl = Hydraulik-


zylinder)
3.3.2 Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung und Lebensdauer 357

Abb. 3.3–18. Anriss-Lebensdauerwerte für die Lastfolge Minitwist, bestimmt aus Begleit-
proben-Versuchen, Neuber-Control-Versuchen, und Kerbdehnungs-Versuchen, aufgetra-
gen im Verhältnis zur Anriss-Lebensdauer aus Kerbstab-Versuchen [271]

doch ein leichtes Überschwingen des Regelkreises für die Begleitprobe bei
plastischen Dehnungen genannt [271].
Durch diese bewertende Erörterung der Ergebnisse nach Abb. 3.3–18 wird
mithin die Gültigkeit des einfachen und einsichtigen Begleitproben-Konzep-
tes für dünne Kerbscheiben im Grundsatz bestätigt. Bei scharfen Umlaufker-
ben in dickeren Querschnitten treten weitere Einflüsse in Erscheinung, die
zusätzlich berücksichtigt werden müssen, so z.B. eine Mehrachsigkeit des
Spannungs-Dehnungs-Zustandes. Insbesondere bleibt zu bedenken, dass die
hier dargestellten Versuchsmethoden nur die Lebensdauer bis Anriss zu er-
mitteln gestatten. Bei dicken, scharf gekerbten Querschnitten mag die Le-
bensdauer unter Rissfortschritt für die Gesamt-Lebensdauer anteilig über-
wiegen und damit praktisch bedeutsamer sein, Abschn. 3.4.
358 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

3.3.3
Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung

Für den allgemeinen Fall einer betriebsähnlich mit unterschiedlichen Ampli-


tuden schwingenden Beanspruchung in Verbindung mit einer beliebigen Bau-
teilgeometrie und unter Ansatz eines allgemeinen Spannungs-Dehnungs-Ge-
setzes ist keine mathematisch strenge und zugleich praktikable Umrechnung
zwischen der Nennspannung und der elastisch-plastischen Kerbgrundbean-
spruchung bekannt. Finite-Element-Berechnungen, die im Prinzip geeignet
erscheinen, scheiden aus wegen eines inakzeptablen Rechenaufwandes.

Neuber-Regel und Seeger-Formel


Vereinfacht lässt sich jedoch die elastisch-plastische Kerbgrundbeanspru-
chung errechnen nach der Neuber-Regel [270],
s · e = s H2 /E = [(ak · SH)2 /E = ak2 · S · e , (3.3–41)
nach der erweiterten Neuber-Regel [272],
s · e = s H2 /E = [(ak · SH)2 /E] · [e * · E /S*] , (3.3–42)
mit S* = S · ak / ap sowie ap = Sp / Re , (3.3–43)
nach der Seeger-Formel [272],

       · 0
S* 
s ak · S 2 2 1 ak · S e* · E
e=3· 0 · 42 · ln 0 + 1 – 0 , (3.3–44)
E s u cos u s
mit u = (p / 2) · [(S · ak / s) – 1] / (ap – 1) und Gl. (3.3–43),

oder nach ähnlichen Näherungsformeln, wenn dazu


– die Nennspannung S,
– die Formzahl ak bzw. die Formzahlen ak und ap und
– das Spannungs-Dehnungs-Gesetz als e = e (s), e = e(S) und e* = e* (S*)
gegeben sind [273]. Abb. 3.3–19 veranschaulicht für unterschiedlich scharf
gekerbte Lochscheiben bei elastisch-idealplastischem Werkstoffgesetz die
Fließkurven nach Finite-Element-Rechnung und nach der Neuber-Regel Gl.
(3.3–41); sie – und ebenso die erweiterte Neuber-Regel Gl. (3.3–42) – über-
schätzen im teilplastischen Bereich die plastische Dehnung. Die (nicht ein-
gezeichneten) Fließkurven nach der Seeger-Formel Gl. (3.3–44) liegen hinge-
gen nahe bei den finite-element-weise errechneten Fließkurven.
Mit einem (dimensionsbehafteten) Lastfaktor c, der die Berechnung der
elastischen Kerbspannung se als
se = c · L (3.3–45)
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung 359

Abb. 3.3–19. Fließkurven für unterschiedlich scharf gekerbte Lochscheiben bei elastisch-
idealplastischem Werkstoffgesetz nach Finite-Element-Rechnung und nach der Neuber-
Regel Gl. (3.3–22), nach Amstutz

Abb. 3.3–20. Nennspannung Sp


für den vollplastischen Zu-
stand eines Kerbquerschnitts
360

Abb. 3.3–21. Beispiele für die Berechnung des Lastfaktors c, der Traglast Lp für den vollplastischen Zustand, der plastischen
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Formzahl ap , und der Nennspannung S* bei unterschiedlicher Festlegung der Lastgröße L, nach Seeger [31]
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung 361

Abb. 3.3–21 (Fortsetzung)


362 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

bei unterschiedlichen Festlegungen der Lastgröße L gestattet und einer her-


kömmlichen Einflusszahl bei baustatischen Berechnungen vergleichbar ist,
kann die erweiterte Neuber-Regel Gl. (3.3–42) mit sH = se nach Gl. (3.3-45)
in verallgemeinerter Form auch wie folgt geschrieben werden:
s · e · E = (c · L)2 · (E · e / S) = (c · L)2 · (E · e* / S*) (3.3–46)
Die Größen e, S, e*, S* und ap dienen dazu, den Anwendungsbereich der Nä-
herungsformeln auf den Fall einer globalen plastischen Beanspruchung des
Kerbquerschnitts zu erweitern [272, 274], wobei Sp die Nennspannung im
Kerbquerschnitt für den vollplastischen Zustand bedeutet, Abb. 3.3–20. An
drei Beispielen erläutert Abb. 3.3–21 die Berechnung des Lastfaktors c, der
Traglast Lp für den vollplastischen Zustand, der plastischen Formzahl ap ,
und der Nennspannung S* bei unterschiedlichen Festlegungen der Last-
größe L [31].

Masing-Hypothese
Im Fall der schwingenden Beanspruchung müssen zudem
– ein zyklisch stabiles Werkstoff-Verhalten,
– die Gültigkeit der Masing-Hypothese und
– die Gesetze des Werkstoffgedächtnisses
unterstellt werden. Zyklisch stabiles Werkstoff-Verhalten heißt, dass die
zügige und die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve übereinstimmen und
sich im Verlauf der Schwingbeanspruchung nicht verändern, Abschn. 3.3.1
sowie Abb. 3.3–3 und 3.3–4. Die Masing-Hypothese [275] besagt, dass sich
die Form eines Hysterese-Astes aus der Form der zyklisch stabilen Span-
nungs-Dehnungs-Kurve bestimmt, indem diese in Spannungs- und Deh-
nungsrichtung im Verhältnis 2:1 vergrößert wird, Abb. 3.3–22. Die Masing-

Abb. 3.3–22. Masing-Hypothese:


Die Form des Hysterese-Astes er-
gibt sich aus der im Verhältnis 2:1
vergrößerten zyklischen Span-
nungs-Dehnungs-Kurve [275]
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung 363

Hypothese und die nachfolgend zu behandelnden Gesetze des Werkstoff-


gedächtnisses erlauben, den Spannungs-Dehnungs-Verlauf für eine beliebige
Schwingbeanspruchung mit konstanten oder veränderlichen Amplituden zu
bestimmen.

Wechselbeanspruchung mit konstanter Amplitude


Abbildung 3.3–23 veranschaulicht die Neuber-Regel zunächst für den verein-
fachten Fall, dass der Kerbstab einer wechselnden Beanspruchung mit kon-
stanter Amplitude unterliegt und die Nennspannung mit einer Nenndehnung
e = S/E vom Kerbquerschnitt elastisch ertragen wird. Bei der betrachteten
Wechselbeanspruchung (R = – 1) kann S = Sa sowie s = sa und e = ea,t ge-
setzt und Gl. (3.3–41) geschrieben werden als
sa · ea,t = sH2 /E = (ak · Sa)2 /E . (3.3–47)
Anschaulich besagt diese Formel: Für einen vorgegebenen Nennspannungs-
wert Sa bestimmt sich die Hook’sche Spannung sH auf der elastischen Gera-
den mit der geltenden Formzahl ak als Produkt sH = ak · Sa . Die im Kerb-
grund wirkende Spannungsamplitude sa und die zugehörige elastisch-plas-
tische Gesamt-Dehnungsamplitude ea,t ergibt sich von sH ausgehend als
Schnittpunkt der Neuber-Hyperbel s · e = konstant mit der zyklischen Span-
nungs-Dehnungs-Kurve ea = ea (sa). Wie zu Abb. 3.3–6 ausgeführt, ist mit
diesem Schnittpunkt zugleich die im Kerbgrund bis Anriss ertragbare
Schwingspielzahl N bestimmt.

Abb. 3.3–23. Neuber-Regel


für den vereinfachten Fall,
dass die Nennspannung vom
Nennquerschnitt elastisch
ertragen wird
364 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–24. Neuber-Regel


für den allgemeinen Fall,
dass die Nennspannung
vom Nennquerschnitt nicht
mehr elastisch ertragen
wird

Abbildung 3.3–24 veranschaulicht die Neuber-Regel für den allgemeineren


Fall, dass die einwirkende Nennspannung vom Kerbquerschnitt nicht mehr
elastisch ertragen wird, d.h. wenn die Nenndehnung e ≥ S/E ist. Für die
Amplitudenwerte einer wechselnden Beanspruchung gilt dann Gl. (3.3–41) als
sa · ea = sH2 /E = (ak · SH)2 /E = ak2 · Sa · ea . (3.3–48)
Anschaulich ergibt sich damit für einen vorgegebenen Nennspannungswert
Sa nach der Spannungs-Dehnungs-Kurve eine elastisch-plastische Nenn-
dehnung ea . Nach einer Neuber-Hyperbel führt die um den plastischen
Dehnungsanteil vergrößerte Nenndehnung auf eine erhöhte Nennspannung
SH auf der elastischen Geraden. Von ihr aus folgt nunmehr durch Multiplika-
tion mit der Formzahl die Hook’sche Spannung sH und daraus die Kerb-
grundspannung sa sowie die Kerbgrunddehnung ea und damit, anhand der
Dehnungs-Wöhlerlinie, die im Kerbgrund bis Anriss ertragbare Schwing-
spielzahl N.
Durch die Vorgabe unterschiedlicher Nennspannungsamplituden Sa lässt
sich so die Anriss-Wöhlerlinie eines Bauteils mit der Formzahl ak gewinnen
und das Konzept der Normierten Wöhlerlinien bestätigen, Abschn. 2.1.7 und
3.3.8.
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung 365

Schwingbeanspruchung mit veränderlichen Amplituden


Zum Berechnen der Kerbgrundbeanspruchung bei einer Schwingbeanspru-
chung mit veränderlichen Amplituden ist ein geeignetes Rechnerprogramm
erforderlich [51]. Als Eingaben werden benötigt:
– die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve, die wegen des vorausgesetzten
zyklisch stabilen Werkstoffverhaltens zugleich die zügige Spannungs-Deh-
nungs-Kurve darstellt und als Formel, z.B. Gl. (3.3–7), (3.3–13), (3.3–15),
oder auch punktweise vorgegeben sein kann, und
– der Beanspruchungsablauf als sequenzielle Folge von Umkehrpunkten der
Nennspannungs-Zeit-Funktion.

Gesetze des Werkstoffgedächtnisses


Der Spannungs-Dehnungs-Pfad zwischen zwei aufeinanderfolgenden Um-
kehrpunkten ist dann nach der Masing-Hypothese aus der Form der Span-
nungs-Dehnungs-Kurve gegeben, jedoch unter Beachtung folgender Gesetze
des Werkstoffgedächtnisses, Abb. 3.3–25:
– Für die Erstbelastung gilt die Spannungs-Dehnungs-Kurve als Spannungs-
Dehnungs-Pfad (Pfad 0-1).
– Nach dem Schließen einer Hystereseschleife, die auf der Erstbelastungs-
kurve begonnen wurde (Pfad 1-2-1), verläuft der Spannungs-Dehnungs-
Pfad weiter auf der Erstbelastungskurve (Pfad 1-3).
– Nach Schließen einer Hystereseschleife, die auf einem Schleifenast begon-
nen wurde (Pfad 4-5-4), folgt der Spannungs-Dehnungs-Pfad dem ur-
sprünglichen Schleifenast (Pfad 3-4-6).

Abb. 3.3–25. Lastfolge und Spannungs-Dehnungs-Pfad zur Veranschaulichung des Werk-


stoffgedächtnisses [276]
366 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

– Ein auf der Erstbelastungskurve begonnener Hysterese-Schleifenast (Pfad


3-4-6) endet, wenn der Spiegelpunkt 6 seines Startpunktes 3 im gegen-
überliegenden Quadranten erreicht ist; sodann setzt sich der Spannungs-
Dehnungs-Pfad auf der Erstbelastungskurve fort (Pfad 6-7).
Diesen werkstoffmechanischen Gesetzen wird durch ein rheologisches Mo-
dell aus Feder- und Reiber-Elementen entsprochen, das von Wetzel [277]
beschrieben und in einen häufig verwendeten Rechenalgorithmus umge-
setzt wurde, Abb. 3.3–26: Die Spannungs-Dehnungs-Kurve wird durch
geradlinige Segmente j = 1,2, 3 usw. angenähert und gekennzeichnet durch
die zugehörigen Größen dsj und dej sowie einen Verfügbarkeits-Koeffizien-
ten – 1 < Pj < + 1, der anfänglich mit Pj = 0 definiert ist und die in An-
spruch genommenen Segmentanteile Pj · dsj und Pj · dej angibt. Ausgehend
von dem Startpunkt oder einem Umkehrpunkt werden die Segmente so-
dann nach folgenden Regeln abgearbeitet: (1) beginnend mit dem ersten
Segment j = 1, (2) und weiter der Reihe nach j = 2, 3, …, (3) gemäss der
jeweiligen Verfügbarkeit Pj , (4) bis zum Erreichen des gewünschten s-e-
Wertes, der sich nach der Neuber-Regel für den folgenden Umkehrpunkt
bestimmt. Dieses Abarbeiten der Segmente ist jedoch äußerst rechenzeit-
aufwendig.
Neuere Rechenprogramme machen von der Erkenntnis Gebrauch, dass die
aufgezeigten Modellgesetze unabhängig von der Form der Spannungs-Deh-
nungs-Kurve zutreffen: Jedes Schließen einer Hystereseschleife der örtlichen
Beanspruchung bedeutet auch das Schließen einer Hystereseschleife in ei-
nem gedachten Last-Verformungs-Ablauf. Insofern können die Eckpunkte
der Hysteresen bereits durch eine Rainflow-Zählung, Abschn. 3.3.3, anhand
der Nennspannungs-Zeit-Funktion identifiziert und nach der Neuber-Regel
oder der Seeger-Formel in örtliche s-e-Werte umgerechnet werden. Diese
Berechnungsweise ist wesentlich rechenzeitgünstiger.

Abb. 3.3–26. Rheologisches Hysterese-Modell aus Feder- und Reib-Elementen und die ihm
entsprechende stückweise lineare Annäherung der Spannungs-Dehnungs-Kurve [277]
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung 367

Mit dem Ermitteln der Kerbgrundbeanspruchung in Form geschlossener


Hystereseschleifen ist zugleich die Frage beantwortet, wie eine komplexe Be-
anspruchungs-Zeit-Funktion für die Belange der Schädigungsrechnung in
einzelne Schwingspiele zerlegt werden soll: Jede geschlossene Hysterese-
schleife bestimmt ein Schwingspiel samt seinen Kennwerten. Streng genom-
men ist diese Betrachtungsweise allerdings beschränkt auf einachsige oder
proportional mehrachsige Beanspruchungen, da bei nichtproportional mehr-
achsigen Beanspruchungen – wie nachstehend mit den Abb. 3.3–29 veran-
schaulicht – keine geschlossenen Hystereschleifen auftreten.

Werkstoffmodelle von Mróz und von Jiang


Die bisherigen Ausführungen dieses Abschnitts galten dem Spannungs-Deh-
nungs-Verhalten des Werkstoffs unter einachsiger Beanspruchung. Von Mróz
[278] wurde ein Modell zur Beschreibung des Spannungs-Dehnungs-Verhal-
tens in einem Werkstoffelement unter mehrachsiger Beanspruchung ent-
wickelt. Es kann proportionale und nichtproportionale mehrachsige Bean-
spruchungen beschreiben, wie auch den Grenzfall der einachsigen Bean-
spruchung. Statt durch eine Anzahl von Spannungs-Dehnungs-Segmente wie
im Modell nach Abb. 3.3–26 wird das Werkstoffgedächtnis im Mróz-Modell
durch einen Satz von geschachtelten Fließflächen abgebildet, Abb. 3.3–27. Im
Ausgangszustand liegen sie mit ihren Mittelpunkten im Ursprung. Bei Belas-
tung verschieben sie sich im Spannungsraum nach festgelegten Regeln (ma-
ximale dissipative plastische Arbeit), sie dürfen sich dabei aber – wie von
Garud [279] mit einer verbesserten Verschiebungsregel sichergestellt, Abb.
3.3–28, – niemals überschneiden. Ihre zueinander ähnliche Konturen leiten
sich ab aus der von Mises Fließbedingung als Linien gleicher Vergleichs-
spannung nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese. Bei Verschiebung
bleibt die Kontur der Fließfläche unverändert entsprechend dem sog. kine-
matischen Verfestigungs-Modell. Die Kontur jeder dieser Fließflächen wird
über die Vergleichsspannung einem Knickpunkt auf der abschnittweise line-
arisierten zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve zugeordnet. Spannungs-
zustände zwischen diesen Fließflächen bzw. Knickpunkten werden über
Translationskoeffizienten abgehandelt. Analytisch ist das Mróz-Modell in
tensorieller Schreibweise formuliert. Es hat den Vorteil, dass als Eingabeda-
ten nur die diskretisierte Spannungs-Dehnungs-Kurve benötigt wird. Seine
praktische Anwendung setzt ein entsprechendes Rechnerprogramm voraus.
Der Rechenaufwand ist beträchtlich und gestattet selbst auf leistungsfähigen
Rechnern in der Regel nur kurze Abschnitte von nichtproportional mehr-
achsigen Beanspruchungsabläufen abzuhandeln.
Abbildung 3.3–27 veranschaulicht, dass das Mróz-Modell für einachsige
Beanspruchungen das Masing-Verhalten und das Werkstoffgedächtnis ana-
log zum rheologischen Modell nach Abb. 3.3–26 abbildet. Gleiches gilt für
proportional mehrachsige Beanspruchungen, bei denen sich die Fließflächen
entsprechend dem Verhältnis s2 / s1 entlang einer geneigten Geraden in der
368

Abb. 3.3–27. Fließflächen des Mróz-Modells [278] und deren Verschiebung bei einachsig wechselnder Beanspruchung, nach Buczynski
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung 369

Abb. 3.3–28. Verschiebung der Fließflächen


bei nichtproportional mehrachsiger Beanspru-
chung entsprechend dem verbesserten Mróz-
Modell von Garud [279], nach Buczynski

s1-s2-Ebene verschieben. Abbildung 3.3–29 zeigt hingegen, dass sich unter


nichtproportionalen mehrachsigen Beanspruchungen überaus komplexe
Spannungs-Dehnungs-Abfolgen ergeben, die keine Ähnlichkeit mit den
sich bei einachsiger oder proportionaler Beanspruchung ausbildenden Hys-
tereseschleifen aufweisen [263]; Schädigungsparameter für Hystereseschlei-
fen, wie z.B. PSWT Gl. (3.3–32), sind dann nicht anwendbar.
Die Effekte des zyklischen Kriechens und der zyklischen Verfestigung
werden allerdings mit dem Mróz-Modell nicht befriedigend abgebildet. Das

s t

Abb. 3.3–29. Spannungs-Dehnungs-Abfolgen bei einer nichtproportional mehrachsigen


Beanspruchung, nach Seeger [263]
370 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Jiang-Modell [280] besitzt in dieser Hinsicht weiterentwickelte Eigenschaf-


ten, benötigt demzufolge weitere Modell-Parameter, die als Eingabedaten
aber nicht ohne weiteres verfügbar sind. Trotz seines hohen Entwicklungs-
standes kann aber auch das Jiang-Modell noch nicht alle Erscheinungsfor-
men des zyklischen Kriechens und der Verfestigung allseits befriedigend
darstellen [281]. Erschwerend für seine Anwendung ist zudem eine hohe
Anzahl von Modell-Parametern. Wie Döring und Vormwald herausfanden,
lassen sich aber deren Einflüsse weitgehend separieren und damit ihre Iden-
tifikation mit erträglichem Aufwand realisieren [282].

3.3.4
Rainflow-Verfahren

Neben den bestehenden Möglichkeiten zur alternativen Beschreibung von


Beanspruchungs-Zeit-Funktionen im Zeit- und im Frequenzbereich, Abschn.
2.3.1, wurde als eine dritte Möglichkeit die werkstoffmechanisch begründete
Beschreibung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen im Rainflow-Bereich
entwickelt. Träger der betreffenden Informationen sind einerseits die aus der
Beanspruchungs-Zeit-Funktion extrahierte Abfolge ihrer oberen und unte-
ren Umkehrpunkte und andererseits deren klassierte Darstellung als Rain-
flow-Matrix in Verbindung mit dem zugehörigen Residuum. Mit dem Rain-
flow-Zählverfahren zur Ermittlung der Rainflow-Matrix wird der Übergang
vom Zeit- in den Rainflow-Bereich bewirkt. Der Übergang vom Rainflow- in
den Zeit-Bereich wird mit dem Verfahren der Rainflow-Rekonstruktion zur
Erzeugung einer Umkehrpunkt-Folge aus der Rainflow-Matrix bewerkstel-
ligt. Eine Umrechnung auf das Ergebnis nach anderen Zählverfahren, Ver-
fahren der Extrapolation, der Superposition, der Amplitudenfilterung und
der Editierung sowie die Ableitung eines Amplitudenkollektivs mit Bewer-
tung der jeweiligen Mittelspannungen durch Amplitudentransformation,
Abschn. 3.3.6, lassen sich aus dem Rainflow-Bereich heraus auf systematische
Weise verwirklichen.

Verfahren der Rainflow-Zählung


Mit dem Rainflow-Zählverfahren in seinen verschiedenen programmtechni-
schen Realisierungen, z.B. 283, 276, 284, 285, 286], wird eine Identifikation
geschlossener Hystereseschleifen entsprechend den vorstehend beschriebe-
nen werkstoffmechanischen Gesetzmäßigkeiten erreicht, Abb. 3.3–30. Dabei
wird jede einzelne Hystereseschleife durch ihre Umkehrpunkte gekennzeich-
net. Die Umkehrpunkte werden als Ober- und Unterwert oder als Amplitude
und Mittelwert ausgewiesen und in einer Rainflow-Matrix klassiert.
Die Matrix-Elemente bezeichnen dann die Zahl der geschlossenen Hys-
tereseschleifen, Abb. 3.3–31. Die Bezeichnungen „Startklasse“ und „Zielklas-
se“ beziehen sich auf den Hysterese-Schleifenast, der die jeweilige Schleife
schließt; jede geschlossene Schleife beginnt also in der Zielklasse, kehrt in
3.3.4 Rainflow-Verfahren 371

Abb. 3.3–30. Veranschaulichung des Rainflow-Zählverfahrens; geschlossene Hysterese-


schleifen sind gekennzeichnet durch die numerierten Dreiecke (1 … 7) und mit ihren
Ober- und Unterwerten in der Matrix klassiert; nach ihrer Eliminierung aus dem Bean-
spruchungsablauf verbleibt das Residuum, nach Dreßler et al. [287]

Abb. 3.3–31. Ausdeutung der


Rainflow-Matrix [276]

der Startklasse um und schließt sich in der Zielklasse. Diese Festlegung er-
laubt eine Unterscheidung zwischen hängenden Schleifen, Pfad 1-2-1 in Abb.
3.3–25, und stehenden Schleifen, Pfad 4-5-4 in Abb. 3.3–25. Vielfach wird je-
doch auf eine Unterscheidung von hängenden und stehenden Schleifen ver-
zichtet, weil auch bei der Schädigungsrechnung keine diesbezügliche Unter-
scheidung vorgenommen wird. Es wird dann allein die obere rechte Hälfte
der Matrix belegt, die dann die Summen der einander entsprechenden Ele-
mente beider Matrix-Hälften enthält. Implizit wird damit Symmetrie beider
Matrix-Hälften unterstellt. Für andere Anwendungen ist darin u.U. ein Ver-
372 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

lust an Reihenfolge-Information zu sehen. Mit seinen Eigenschaften erweist


sich das Rainflow-Zählverfahren als ein übergeordnetes (zweiparametri-
sches) Zählverfahren von allgemeiner Bedeutung, das auf beliebige Bean-
spruchungs-Zeit-Funktionen auch auf der Basis von Nennspannungen oder
Lasten anwendbar ist. Denn wie mit Abb. 2.3–28 auch für die Rainflow-
Matrix zutreffend veranschaulicht wird, lassen sich aus der (summarisch be-
legten) oberen Matrix-Hälfte entnehmen:
– das zweiparametrische Kollektiv der Oberwerte und Unterwerte,
– das zweiparametrische Kollektiv der Amplituden und Mittelwerte,
– das Kollektiv der Überschreitung von Klassengrenzen,
– die einparametrischen Kollektive der Oberwerte bzw. der Unterwerte,
– die einparametrischen Kollektive der Amplituden bzw. der Mittelwerte,
– die Anzahl der Oberwerte oder Unterwerte,
– die Anzahl der Mittelwertdurchgänge,
– der Unregelmäßigkeitsfaktor.
Zwischen der Rainflow-Matrix und der Übergangs-Matrix nach Abschn. 2.3.7
besteht also eine weitgehende Verwandtschaft, was sowohl die Interpreta-
tions-Möglichkeiten wie auch die der Matrix und die ihrer Ermittlung zu-
grunde liegenden Gesetzmäßigkeiten betrifft, Abb. 2.3–29. Der wesentliche
Unterschied liegt allein darin, dass das Rainflow-Verfahren ein zweiparame-
trisches Zählverfahren für diejenigen Ober- und Unterwerte darstellt, die im
Sinne von Amplituden und Mittelwerten geschlossener Hystereseschleifen
einander zugeordnet sind, während es sich bei dem Verfahren der Über-
gangsmatrix um ein zweiparametrisches Zählverfahren für aufeinanderfol-
gende Ober- und Unterwerte im Sinne zusammengehöriger Spannen und
Mittelwerte handelt. Insofern ist das Amplitudenkollektiv mit einer Über-
gangsmatrix nur mittelbar und nicht eindeutig bestimmt, Abb. 2.3–33.
Bei einem Amplitudenkollektiv, das ohne Berücksichtigung der jeweiligen
Mittelspannungen nach Abb. 2.3–28 der Rainflow-Matrix unmittelbar zu ent-
nehmen bzw. nach dem Spannenpaar-Verfahren, Abb. 2.2–20, zu gewinnen
ist, wird vernachlässigt, dass sich mit den einzelnen Amplituden recht unter-
schiedliche Mittelspannungen verbinden können. Mit dem Verfahren der
Amplitudentransformation erfährt das Rainflow-Verfahren eine Weiterent-
wicklung dahingehend, dass es die Ableitung eines bewerteten Amplituden-
kollektivs gestattet, bei dem mit einer Erhöhung oder Abminderung der je-
weiligen Amplitudenwerte auch die zugehörigen Mittelspannungen nach
dem Haigh-Schaubild, Abb. 3.1–25, berücksichtigt werden, Abschn. 3.1.3, und
darüber hinaus noch werkstoffliche, bauteilspezifische und lastfolgenabhän-
gige Einflüsse berücksichtigt werden können, Abschn. 3.3.6.
Wie jedes Zählverfahren ist auch die Rainflow-Zählung mit einem Verlust
von Reihenfolge-Informationen verbunden. Doch durch die Bezugnahme auf
geschlossene Hystereseschleifen als zu zählendes Ereignis bleiben implizit
weitergehende Informationen erhalten als bei den einparametrischen Verfah-
ren, die lediglich von der Abfolge einzelner Umkehrpunkte ausgehen. Selbst
3.3.4 Rainflow-Verfahren 373

die Information, ob es sich um eine hängende oder stehende Schleife inner-


halb einer größeren Schleife handelt, ist bei der vollständig (in beiden Hälf-
ten) belegten Rainflow-Matrix gespeichert, und auch noch weitergehende In-
formationen über die Möglichkeiten und die Wahrscheinlichkeiten für die
Verschachtelung von Hystereseschleifen sind einer solchen Matrix für das
nachstehend beschriebene Verfahren der Rainflow-Rekonstruktion zu ent-
nehmen. Weiterhin lässt sich anführen [286]:
– Bei der Rainflow-Zählung werden geschlossene Hystereseschleifen an-
hand des zeitlichen Ablaufs der Last, der Nennspannung, der örtlichen
Spannung oder der örtlichen Dehnung stets zu gleichen Zeitpunkten
identifiziert.
– Bei einer Rainflow-Zählung der örtlichen Spannung (oder Kerbspannung)
bleiben alle maßgeblichen Einflussgrößen wie die Spannungsamplitude,
die Mittelspannung und die Dehnungsamplitude erhalten; allerdings ist die
örtliche Spannung eine in der Regel nicht unmittelbar messbare Größe.
– Bei einer Rainflow-Zählung der örtlichen Dehnung (oder Kerbdehnung)
bleiben die Dehnungsamplitude, die Mitteldehnung und die Spannungs-
amplitude erhalten, aber nicht die genaue Mittelspannung.
– Ausgehend von den Lastamplituden können die örtlichen Spannungsam-
plituden und die Dehnungsamplituden berechnet werden, und zwar über-
einstimmend mit einer numerischen Simulation, aber nicht die genaue
örtliche Mittelspannung oder Mitteldehnung.
Die Amplitudenkollektive, die ohne Berücksichtigung der jeweiligen Mittel-
spannungen alternativ nach Abb. 2.3–28 unmittelbar der Rainflow-Matrix zu
entnehmen bzw. nach dem Spannenpaar-Verfahren, Abb. 2.2–20, erhalten
werden, sind exakt gleich, sofern beim Klassieren der Amplituden die Aus-
führungen zu Abb. 2.3–31 beachtet werden und/oder eine hinreichend feine
Klassenteilung verwendet wird; praktisch üblich sind heute 64 oder 100 Klas-
sen bzw. Matrizen mit 64 ¥ 64 oder 100 ¥ 100 Elementen.
Weiterhin setzt die Übereinstimmung dieser Amplitudenkollektive voraus,
dass kein Residuum auftritt. Wird nämlich die Zählung nach dem Rainflow-
Verfahren an beliebiger Stelle eines endlichen Beanspruchungsablaufs be-
gonnen, so verbleibt am Ende ein sogenanntes Residuum, das die nicht zu
Hysteresen geschlossenen Schleifenäste ausweist, Abb. 3.3–30. Dieses Residu-
um und die betreffende Rainflow-Matrix gehören als Beschreibung eines Be-
anspruchungsablaufs im Rainflow-Bereich untrennbar zusammen. Das Resi-
duum ist insbesondere unverzichtbar für das Verfahren der Rainflow-Rekon-
struktion sowie für die Superposition und die Editierung von Matrizen bzw.
Beanspruchungsabläufen.
Das Residuum besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil setzt sich zusammen
aus anfänglichen Abschnitten der Belastung bis zum erstmaligen Erreichen
des betragsmäßigen Größtwertes in der Umkehrpunkt-Folge; diese Ab-
schnitte bilden nicht mehr schließfähige Schleifenäste. Der zweite Teil enthält
Schleifenäste, die bis zum Ende der Umkehrpunkt-Folge noch nicht zu ge-
374 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

schlossenen Schleifen ergänzt wurden, aber bei einer Fortsetzung der Um-
kehrpunkt-Folge geschlossene Schleifen bilden könnten. In seiner jeweiligen
Ausbildung ist das Residuum vor allem davon abhängig, bei welchen Bean-
spruchungswerten die Umkehrpunkt-Folge beginnt und endet. Beispiels-
weise lassen Clormann und Seeger [276] die Umkehrpunkt-Folge stets bei
null beginnen. Ähnliche Ergänzungen von Umkehrpunkt-Folgen werden be-
wusst oder unbewusst auch bei deren Aneinanderreihung vorgenommen,
wenn sie sich in ihren Anfangs- und Endwerten unterscheiden.
Es gibt verschiedene Empfehlungen, wie ein Residuum weiterbehandelt
werden kann:
Der einfache Weg ist, Schwierigkeiten mit einem Residuum dadurch zu
vermeiden, dass der endliche Beanspruchungsablauf als eine sich mehrfach
wiederholende Teilfolge aufgefasst wird. Dann kann die Zählung bei dem be-
tragsmäßigen Größtwert der Folge beginnen und bei dessen erneutem Er-
reichen enden, Abb. 3.3–32: Mit dem Größtwert auf der Erstbelastungskurve
beginnend, liegt dann das gesamte weitere Beanspruchungsgeschehen in-
nerhalb einer Hüll-Hysterese, die der stabilisierten Hystereseschleife des
Schwingspiels aus oberem und unterem Extremwert der Folge entspricht;
dabei treten nur geschlossene Hystereseschleifen auf, abgesehen von der

Abb. 3.3–32. Hüll-Hysterese für den Spannungs-Dehnungs-Pfad, gegeben durch die stabi-
lisierte Hystereseschleife des Schwingspiels aus oberem und unterem Extremwert einer
sich mehrfach wiederholenden Teilfolge
3.3.4 Rainflow-Verfahren 375

Erstbelastungskurve, die als Residuum verbleibt. Der gleiche Matrix-Inhalt


wird auch bei beliebigem Beginn in der Umkehrpunkt-Folge erhalten, wenn
das Residuum der Umkehrpunktfolge nochmals angefügt und die Zählung
darüber hinaus fortgeführt wird.
Nach dem ASTM-Standard [284] wird jeder Schleifenast im Residuum mit
einer Häufigkeit 1/2 in der Rainflow-Matrix klassiert.
Von Clormann und Seeger [276] wie auch vom ASTM-Standard [284] wird
vorgeschlagen, die Rainflow-Zählung für zwei aufeinanderfolgende Durch-
läufe der Umkehrpunkt-Folge vorzunehmen. Denn für einen zweiten und
folgende Durchläufe liegt zu Beginn immer das gleiche Residuum vor und es
ergibt sich der gleiche Spannungs-Dehnungs-Verlauf innerhalb einer stabili-
sierten Hüll-Hysterese. Nur der erste Durchlauf ist davon verschieden und er
tritt gewissermaßen an die Stelle der Erstbelastungskurve in Abb. 3.3–32. Für
die Schädigungsrechnung bedeutet dies, dass das Ergebnis des zweiten
Durchlaufs auf die weitere Anzahl möglicher Wiederholungen hochgerech-
net werden kann, außer es kommt ein Schädigungsparameter zur Anwen-
dung, der die jeweilige Vorschädigung berücksichtigt. Eine Hochrechnung
erspart u.U. viel Rechenzeit. Der erste Durchlauf kann entweder gesondert
oder, unter Vernachlässigung seines Unterschieds zum wiederholten Durch-
lauf, in gleicher Weise wie ein wiederholter Durchlauf abgehandelt werden.
Ein Fehler, wie er dabei durch das Vernachlässigen der transienten Bean-
spruchungssituation bis zum erstmaligen Erreichen des betragsmäßigen
Größtwertes entsteht, ist in vielen Fällen belanglos. Ausgeprägte transiente
Beanspruchungen sind z.B. für die Abb. 2.4–9 und 2.4–10 kennzeichnend; sie
können u.U. einen nichtvernachlässigbaren Einfluss haben.

Verfahren der Rainflow-Rekonstruktion


Die Rainflow-Rekonstruktion gestattet, einen Beanspruchungsablauf als Um-
kehrpunkt-Folge aus einer Rainflow-Matrix mit zugehörigem Residuum zu
erzeugen. Die Umkehrpunkte können dann bedarfsweise und unter Ver-
nachlässigung von Frequenzeinflüssen z.B. linear oder durch Kosinus-Halb-
wellen verbunden und zum zeitlichen Ablauf ergänzt werden. Da bei der Re-
konstruktion keine Näherungen oder hypothetischen Annahmen getroffen
werden, ist es eigentlich eine triviale Feststellung, dass eine erneute Rain-
flow-Zählung des ordnungsgemäß rekonstruierten Ablaufs wiederum die
exakt gleiche Matrix samt Residuum liefert.
Die Regeln einer solchen Rekonstruktion werden hier nur anschaulich dar-
gestellt, zumal sich der Anwender für die praktische Durchführung wohl stets
eines entsprechenden kommerziellen Rechnerprogrammes bedienen dürfte.
Die mathematische Formulierung und Präzisierung der Regeln sind aus [287]
zu entnehmen. Sie sind gedanklich leicht nachzuvollziehen, wenn man sich
vergegenwärtigt, dass sie sich aus einer Umkehr der Rainflow-Zählung ablei-
ten, und wenn man sich sowohl die entsprechenden Spannungs-Dehnungs-
Hysteresen wie auch den zeitlichen Beanspruchungsablauf vor Augen hält.
376 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Das Residuum, das am Ende einer Rainflow-Zählung verbleibt, bildet


demzufolge den Ausgangspunkt der Rekonstruktion. Dabei besteht aller-
dings die Anforderung, dass das Residuum sowohl den positiven wie auch
den negativen Größtwert aus dem per Rainflow-Zählung verarbeiteten Bean-
spruchungs-Ablauf enthält. Von dem 4-Punkt-Residuum nach [288, 285] wird
diese Anforderung unmittelbar erfüllt, für andere Verfahrensvarianten ist
vorab eine entsprechende Korrektur des Residuums erforderlich.
Als nächstes wird sodann die größte in der Matrix enthaltene Amplitude
als Schwingung in das Residuum eingefügt und ihr Eintrag im betreffenden
Element der Matrix gelöscht, Abb. 3.3–33. Auch für die von Matrixelement zu
Matrixelement fortschreitende Einfügung aller weiteren Schwingungen gilt
der Grundsatz, dass sie stets zuerst für die verbleibenden Schwingungen mit
der größten Amplitude zu geschehen hat, so wie bei der Rainflow-Zählung
eine Hystereseschleife mit großer Amplitude auch erst dann identifiziert
wird, nachdem alle ihr eingefügten kleineren Hystereseschleifen abgearbeitet
worden sind.
An welchen Stellen die jeweils nächstgrößten Schwingungen in den bis
dahin aufgebauten Beanspruchungsablauf überhaupt eingefügt werden kön-
nen, lässt sich analytisch bestimmen [287]. Aber eine Information, welche
dieser Möglichkeiten gewählt werden sollte, ist der Rainflow-Matrix nicht
mehr zu entnehmen, denn diese Reihenfolgeinformation geht mit dem Zähl-
verfahren verloren. Wo also der Einbau der nächsten Schwingung definitiv
geschieht, wird unter den bestehenden Möglichkeiten nach dem Zufallsprin-
zip ausgewählt, Abb. 3.3–33, wobei im Sinne von stehenden und hängenden
Schleifen zu unterscheiden ist, Abb. 3.3–31. An einer einzelnen Stelle werden
mehrere Schwingungen dann eingebaut, wenn die Anzahl der Schwingungen
größer als die Zahl der möglichen Stellen ist, ansonsten ist dieser Fall zwar
nicht ausgeschlossen aber nicht sehr wahrscheinlich. Nach jedem Einbau
einer Schwingung wird deren Eintrag in dem betreffenden Matrixelement
gelöscht, ehe in entsprechender Weise weitere Schwingungen verarbeitet
werden. Die Rekonstruktion ist beendet, wenn alle Elemente der Matrix in
ihren Häufigkeiten auf null abgearbeitet worden sind.
Entsprechend dem vorgenannten Zufallsprinzip ergeben sich bei wieder-
holten Rekonstruktionen anhand der gleichen Matrix auch zufallsartig ver-

a b c
Abb. 3.3–33a–c. Einfügung der größten Amplitude in das Residuum. a größte Amplitude
in der Rainflow-Matrix (stehende Hysterese), b Residuum, c Einfügung als stehende Hys-
terese in das Residuum [287]
3.3.4 Rainflow-Verfahren 377

Abb. 3.3–34a–c. Beispiele für rekonstruierte Beanspruchungsabläufe. a Original-Ablauf, b


drei Beispiele mit guter sowie c drei Beispiele mit schlechter Zufallsdurchmischung der
Stellen für den Einbau der Schwingungen, nach Dreßler et al. [282]

schiedene Beanspruchungsabläufe. Abb. 3.3–34 zeigt drei Beispiele einer


Rainflow-Rekonstruktion mit guter sowie drei Beispiele mit schlechter Zu-
fallsdurchmischung der Stellen für den Einbau der Schwingungen. Alle re-
konstruierten Abläufe mit guter Zufallsdurchmischung sind untereinander
statistisch gleichwertig. Auch der originäre Ablauf ist ihnen statistisch
gleichwertig, außer wenn er deterministische Reihenfolgeeinflüsse auf-
weist.
378 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Vergleichende Schädigungsrechnungen mit dem Schädigungsparameter


PJ , der Reihenfolgeeinflüsse bewertet, Abschn. 3.3.5, lassen für die drei Bei-
spiele mit guter Zufallsdurchmischung nur geringe Unterschiede hinsichtlich
der errechneten Lebensdauer erkennen, weil bei ihnen günstige und ungüns-
tige Reihenfolgeeffekte in etwa gleich wahrscheinlich sind und sich deshalb
weitgehend ausgleichen. Bei den Beispielen mit schlechter Zufallsdurchmi-
schung wirken sich hingegen mehr oder weniger ausgeprägte Reihenfolge-
effekte entsprechend auf die errechnete Lebensdauer aus [289]. Bei den Zu-
falls-Lastfolgen, die in vergleichbarer Weise aus einer Übergangs-Matrix er-
zeugt werden können, Abschn. 2.3.7, sind weit größere Unterschiede der er-
rechneten Lebensdauer möglich, weil sich dabei nicht nur Unterschiede in
der Reihenfolge der Amplituden sondern auch beachtliche Unterschiede hin-
sichtlich Größe und Häufigkeit der Amplituden ergeben, Abb. 2.3–40 und
2.3–41 [114].
Bei aller Anschaulichkeit hat das geschilderte Verfahren der Offline-Re-
konstruktion den praktischen Nachteil, dass die erzeugte Umkehrpunkt-Fol-
ge insgesamt im Speicher des Rechners gehalten werden muss, um die mög-
lichen Stellen für den Einbau der nächsten Schwingungen zu ermitteln und
zu belegen. Bei längeren Umkehrpunkt-Folgen ist dieser Rechneraufwand
nicht mehr beherrschbar. Eine alternativ entwickelte Online-Version ver-
meidet diesen Nachteil durch Betrachtung der Wahrscheinlichkeiten, aus
welchem Matrix-Element die jeweils nächste auszuführende Schwingung ge-
wählt wird. Der Rechenaufwand bleibt dabei proportional zur Zahl der Um-
kehrpunkte [287].

Bearbeitung von Rainflow-Matrizen


Eine Bearbeitung von Rainflow-Matrizen kann in verschiedener Hinsicht
wünschenswert sein. Von vorrangiger Bedeutung sind dabei die Verfahren
zur Extrapolation, zur Superposition und zur Editierung von Matrizen.

Extrapolation
Selbst langzeitige Beanspruchungsmessungen erfassen in der Regel nur eine
vergleichsweise kurze Zeitspanne der insgesamt zu betrachtenden Lebens-
dauer, sodass die Notwendigkeit einer Extrapolation besteht. Hierbei handelt
es sich um eine Extrapolation auf eine längere Zeitspanne bzw. Betriebszeit.
Vorausgesetzt wird dabei, dass die Betriebsbedingungen, die bei der Mes-
sung für die vorliegende Matrix bestimmend waren, auch für die extra-
polierte Matrix zutreffen.
Wie aus dem Beispiel in Abb. 3.3–35 zu ersehen [290], reicht zur Extrapo-
lation ein einfaches Hochmultiplizieren der Häufigkeiten in den Matrixele-
menten nicht aus: Verglichen mit der Matrix für die gesamte Messstrecke (a)
ist die Matrix für die ersten 10% der Messstrecke (b) in den äußeren Berei-
chen mit den großen Schwingspielen nur lückenhaft belegt, die Matrix für
die davon ausgehende Extrapolation zeigt eine der Gesamtstrecke vergleich-
3.3.4 Rainflow-Verfahren 379

Abb. 3.3–35a–c. Rainflow-


Matrizen, jeweils für die
Original- bzw. 100%-Mess-
strecke a, für die ersten
10% der Messstrecke b und
für die auf 100% extrapo-
lierte 10%-Messstrecke c,
nach Dreßler et al. [290]

c
380 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

bare Belegung. Abb. 3.3–36 verdeutlicht mit den Spannenpaar- und den Klas-
sendurchgangs-Kollektiven, dass die Extrapolation auch höhere Extremwer-
te der Kollektive liefert, so wie bei einer häufig wiederholten Messung auf
der Teilstrecke auch zufallsbedingt höhere Extremwerte zu erwarten sind,
Abb. 2.2–8.
Für diese Art der Extrapolation von Rainflow-Matrizen kommen mathe-
matische Verfahren der parameterfreien Dichteschätzung zur Anwendung,
die nicht an bestimmte Häufigkeitsverteilungen gebunden sind [291]. Viel-
mehr gehen sie aus von der Häufigkeitsbelegung der benachbarten Matrix-
elemente, wobei diese elliptischen Nachbarschaftsbereiche bei dünner Bele-
gung größer bzw. bei dichter Belegung kleiner gewählt werden, und zudem
mit der 45°-Orientierung ihrer großen Hauptachse die Matrixelemente für
gleich große Amplituden – über die Ellipsenform vorgebbar – stärker be-
werten als diejenigen für gleich große Mittelwerte. Außerdem können dünn
oder dicht belegte Matrixbereiche gesondert behandelt werden. Ergebnis ist
eine stetige zweidimensionale Rainflow-Funktion, die die diskrete Matrix-
Belegung statistisch ausgleicht und mathematisch beschreibt. Sie wird der
Extrapolation zugrunde gelegt. Wegen möglicher Unsymmetrie bei voll be-
legten Matrizen werden beide Matrix-Hälften für sich betrachtet. Physikali-
sche Grenzen der Extrapolation können sowohl als maximale Amplituden
oder auch als positive und negative Extremwerte vorgegeben werden. Ab-
schließend ist sodann noch das Residuum der extrapolierten Matrix anzu-
passen, sodass es die neuen Extremwerte enthält und die Konsistenzbedin-
gungen erfüllt.
Eine andere Art der Extrapolation von Rainflow-Matrizen stellt sich dar
als eine Verallgemeinerung der Vorgehensweise, wie sie im Abschn. 3.5.3 be-
schrieben ist. Dabei handelt es sich um die Aufgabe, aus den Rainflow-Ma-
trizen, die sich bei mehrfach wiederholten Messungen unter gleichwertigen
Randbedingungen ergeben und die sich in ihrem Schädigungspotenzial
unterscheiden, mittels der sog. Quantilen-Extrapolation eine Matrix abzulei-
ten, deren Schädigungspotenzial bei einer Einzelmessung nur noch mit einer
Wahrscheinlichkeit von z.B. 1% überschritten wird.
Das dazu nach [291] entwickelte Verfahren setzt voraus, dass alle vorlie-
genden Matrizen die gleiche Klassenteilung mit gleicher Wertezuweisung
aufweisen. Für die unterschiedlichen Häufigkeiten in den einander entspre-
chenden Elementen dieser Matrizen lassen sich dann der Mittelwert und der
Variationskoeffizient (= Standardabweichung durch Mittelwert) berechnen
und danach festlegen, in welchen Matrixbereichen eine mehr oder weniger
unterschiedliche Variabilität der Häufigkeiten vorliegt. Für jeden dieser Be-
reiche wird sodann aus jeder einzelnen Matrix mit einer fiktiven Wöhlerlinie
der jeweilige Schädigungsbeitrag errechnet. Dies führt auf eine multidimen-
sionale und in der Regel normale Häufigkeitsverteilung dieser Schädigungs-
beiträge, die die Grundlage der Extrapolation bildet. Das Ergebnis zeigt aller-
dings eine gewisse Variabilität, als es nicht nur eine einzige Matrix sondern
mehrere statistische gleichwertige Matrizen zu liefern vermag, deren Schädi-
3.3.4 Rainflow-Verfahren 381

b
Abb. 3.3–36a, b. Spannenpaar-Kollektive a und Klassendurchgangs-Kollektive b, jeweils
für die Original- bzw. 100%-Messstrecke (o), für die ersten 10% der Messstrecke (+) und
für die auf 100% extrapolierte 10%-Messstrecke (¥), nach Dreßler et al. [290]
382 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

gungspotenzial der vorgegebenen Quantilen-Forderung von z.B. 1% entspre-


chen. Für sie ist dann noch das Residuum abzuleiten, und zwar so, dass es die
betreffenden Extremwerte enthält und die Konsistenzbedingungen erfüllt.

Superposition
Rainflow-Matrizen lassen sich linear überlagern, wobei der summarischen
Matrix auch noch die Rainflow-Zählung für die aneinandergefügten Resi-
duen zugerechnet werden muss. Das Ergebnis entspricht einer Matrix samt
Residuum, wie sie für eine Aneinanderreihung der betreffenden Beanspru-
chungsabläufe erhalten worden wären. Eine praktische Voraussetzung für die
Überlagerung ist wiederum, dass die einzelnen Matrizen eine gleiche Klas-
senteilung mit gleicher Wertezuweisung aufweisen; andernfalls ist eine ent-
sprechende Umskalierung vorzunehmen.
Typischer Anwendungsfall einer solchen Überlagerung sind Matrizen aus
Beanspruchungsmessungen für unterschiedliche Betriebsbedingungen. Im
Fahrzeugbau z.B. aus Messungen auf Schlaglochstrecke, Landstraße, Auto-
bahn und im Stadtverkehr, die in einer vorgegebenen anteiligen Gewichtung
zur Matrix der Gesamtbeanspruchung zusammengefasst werden sollen.
Sinnfälligerweise wird dabei zunächst jede einzelne Matrix auf ihren Anteil
an der Gesamtbeanspruchung extrapoliert. (Für nichtproportional mehr-
achsige Beanspruchungsvorgänge ist diese Vorgehensweise allerdings nicht
geeignet; in diesem Fall wird eine anteilige, abschnittweise Überlagerung der
unterschiedlichen Beanspruchungssituationen anhand der gemessenen Zeit-
reihen vorgenommen.)

Editierung
Beispiele für die Editierung von Rainflow-Matrizen sind eine Veränderung
der Extremwerte oder die Herausnahme kleiner Amplituden durch Nullset-
zen der Matrixelemente entland der Nebendiagonale, wie auch andere spe-
zielle Veränderungen des Matrix-Inhaltes.
Derartige Editierungen des Matrix-Inhaltes unterliegen allerdings der
Einschränkung, dass dadurch die Konsistenzbedingungen für die Matrix und
für die u.U. unsymmetrisch belegten Matrix-Hälften sowie für das Residuum
nicht verletzt werden dürfen. Insofern empfiehlt es sich, für die Editierung
auf ein entsprechendes Rechnerprogramm zurückzugreifen, das diesen Kon-
sistenzbedingungen Rechnung trägt.

Multiaxiale Rainflow-Verfahren
Die vorstehenden Ausführungen betreffen eine Rainflow-Zählung, wie sie
bei einachsigen oder auch bei proportional mehrachsigen Beanspruchungs-
vorgängen zur Anwendung kommt. In sinngemäßer Verallgemeinerung
wurden davon ausgehend sog. multiaxiale Rainflow-Verfahren für nichtpro-
portional mehrachsige Beanspruchungsvorgänge entwickelt. Diese Verfahren
3.3.4 Rainflow-Verfahren 383

sind mathematisch anspruchsvoll und erfordern einen erheblichen Rechen-


aufwand. Bezüglich näherer Einzelheiten sei auf die einschlägigen Veröffent-
lichungen und auf die Dokumentationen zu den diesbezüglichen Rechner-
programmen verwiesen [286, 292]. Die Grundzüge der betreffenden multi-
axialen Rainflow-Verfahren lassen sich wie folgt darstellen:
Der aus mehreren nichtproportionalen äußeren Lasten an einem be-
trachteten Systempunkt entstehende tensorielle Beanspruchungs-Zeit-Ablauf
wird als steuernde Größe der zyklischen Beanspruchung auch im teilplasti-
schen Bereich angesehen. In Erweiterung des Ansatzes Gl. (3.3–45) kann er
unter der Annahme elastischen Werkstoffverhaltens durch Superposition der
Spannungskomponenten esij,k (s, t) mit dimensionsbehafteten Proportionali-
tätsfaktoren cij,k (s) aus den einzelnen Lasten Lk (t) berechnet werden:
es (s, t) = ∑ cij,k (s) · Lk (t). (3.3–49)
ij
k

Die Proportionalitätsfaktoren werden je aus einer elastischen Spannungs-


analyse für den Einheitslastfall k bestimmt, bei dem einzig die Last | Lk | = 1
einwirkt. In der Regel ergeben sich für die verschiedenen Kerbstellen eines
Bauteils die Proportionalitätsfaktoren in unterschiedlicher Größe und Grö-
ßenverhältnissen.
Die Struktur der Gl. (3.3–49) als Linearkombination der Lasten bleibt auch
bei einer Transformation des kartesischen Tensors esij (s, t) in ein anderes ge-
drehtes Koordinatensystem erhalten. Dabei nehmen die Proportionalitäts-
faktoren cij,k (s) richtungsabhängig andere Werte an. In Umkehr der Betrach-
tung lässt sich mithin der Tensor esij (s, t) durch systematische Variation der
Proportionalitätsfaktoren cij,k (s) für beliebige ausgerichtete Koordinaten
(bzw. unterschiedlichste Kerbsituationen) berechnen. Praktisch wird aber die
unbegrenzte Vielzahl der möglichen Richtungen dadurch vermindert, dass
die Proportionalitätsfaktoren nur in diskretisierten Schritten variiert werden.
Für jede Richtung lässt sich dann für einen den Spannungstensor ersetzen-
den skalaren Beanspruchungskennwert eine Rainflow-Zählung und anhand
einer hypothetischen Wöhlerlinie eine Schädigungsrechnung vornehmen.
Diese Rainflow-Zählung und Schädigungsrechnung, beschränkt auf eine
endliche Anzahl von Richtungen und auf die Linearkombinationen von bis
zu drei Lastabläufen, wird als „Rainflow-Projektions-Zählung“ bezeichnet.
Für den skalaren Beanspruchungskennwert gilt dabei
es = c1 · L1 + c2 · L2 + c3 · L3 (3.3–50)
und die Variation der drei Proportionalitätsfaktoren c1 , c2 , c3 unterliegt der
Normierungsbedingung

a0
c12 + 75
c22 + c23 = 1 . (3.3–51)
Die Normierungsbedingung liefert die 3D-Beschreibung einer Kugeloberflä-
che, die in ihrer Projektion auf eine Halbebene mit Farb- oder Grauwerten
384 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

a b

Abb. 3.3–37a, b. „Lasteinfluss-Darstellungen“ nach der Rainflow-Projektions-Zählung; a für


die gemessenen Lasten, b für daraus (unzutreffend) abgeleitete Lastabläufe für einen Prüf-
standversuch, [293]

entsprechend den Schädigungswerten dargestellt wird. Je nach dem Schädi-


gungsbeitrag der drei Lastabläufe ergibt sich ein charakteristisches Aussehen
dieser „Lasteinfluss-Darstellungen“, Abb. 3.3–37. Sie finden Anwendung bei
der Beurteilung und dem Vergleich von mehrdimensionalen Lastabläufen.
Beispielsweise veranschaulicht Abb. 3.3–37a für die gemessenen Lastabläufe
im Vergleich zu Abb. 3.3–37b für daraus (unzutreffend) abgeleitete verkürz-
te Lastfolgen, dass sich in einem mehraxialen Versuch mit den verkürzten
Lastfolgen ein wesentlich anderes Schädigungsverhalten als mit den gemes-
senen Lastabläufen ergäbe [293].

3.3.5
Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung

Eine Lebensdauerberechnung anhand der so bestimmten Kerbgrundbean-


spruchung verläuft dann in aller Regel nach folgenden Konzept:
Es werden die Schädigungsbeiträge DDi der einzelnen Schwingspiele i er-
rechnet und nach der linearen Schädigungsakkumulations-Hypothese sum-
miert mit der Maßgabe, dass Bauteilversagen durch Schwinganriss eintritt
bei einer Schädigungssumme
D = ∑ DDi = 1. (3.3–52)
Die Schädigungsbeiträge
DDi = 1 / Ni mit Ni = N(Pi) (3.3–53)
bestimmen sich aus den Schwingspielzahlen Ni , die aus dehnungskontrol-
lierten Wöhler-Versuchen erhalten wurden und aufgetragen sind in Abhän-
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 385

Abb. 3.3–38. Schädigungsparameter-Wöhlerlinien für AlMg4,5Mn ohne bzw. mit Vorbelas-


tung auf emax = 15‰. [271]

gigkeit von einem als geeignet erachteten Schädigungsparameter Pi , der sich


seinerseits aus den Kennwerten der Hystereseschleife errechnet. Beispiele
derartiger Schädigungsparameter-Wöhlerlinien zeigen die Abb. 3.3–11d und
3.3–38. In der Erwartung, dass sich dadurch die Genauigkeit der Lebens-
dauerberechnung verbessert, wird gelegentlich dem dehnungskontrollier-
ten Wöhler-Versuch eine Vorbelastung vorausgeschickt, wodurch sich die
Wöhlerlinie vor allem im Übergangsbereich zur Dauerfestigkeit verändert,
Abb. 3.3–38.

Schädigungsparameter und Mittelspannungseinflüsse


Die Art, wie der Schädigungsparameter definiert wird, entscheidet letztlich
darüber, ob die Lebensdauerberechnung ein verlässliches Ergebnis liefert.
386 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Denn mit der Definition des Schädigungsparameters wird bestimmt, in wel-


cher Weise
– den Mittelspannungseinflüssen und
– den Reihenfolgeeinflüssen
Rechnung getragen wird, wie sie mit der betrachteten Beanspruchungs-Zeit-
Funktion gegeben sind. Insofern steht der Begriff „Schädigungsparameter“
für einen weitergehenden Sachverhalt als der Begriff „Mittelspannungspara-
meter“. Bislang ist noch keine in dieser Hinsicht vollauf befriedigende Defi-
nition eines Schädigungsparameters bekannt.
Nach Schütz [55] ist die Mittelspannungsempfindlicheit M in Abhängig-
keit von der Zugfestigkeit des Werkstoffs und mit folgenden Grenzfällen zu
betrachten, Abb. 3.3–39: Im Falle M = 0 (Werkstoffe mit niedriger Zugfestig-
keit) erweist sich die Schwingspielzahl im Wöhlerversuch allein abhängig
von der Nennspannungsamplitude Sa , und die Mittelspannung Sm hat keinen
Einfluss. Im Falle M = 1 (Werkstoffe mit extrem hoher Zugfestigkeit) ist die
Schwingspielzahl im Bereich – 1 ⬉ R ⬉ 0 eine Funktion der Oberspannung
So = Sa + Sm , womit die Mittelspannung neben der Spannungsamplitude vol-

Abb. 3.3–39. Mittelspan-


nungsempfindlichkeit
und s-e-Kurve

b
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 387

Abb. 3.3–40. Definition des Schädigungs-


parameters (a) PSWT nach Smith, Watson
und Topper [262]

les Gewicht besitzt. Im Bereich R > 0 hingegen schwächt sich der durch M
bezeichnete Einfluss von Sm merklich ab, Abb. 2.1–8 und Gl. (3.1–14).
Den beiden Grenzfällen M = 0 und M = 1 der Mittelspannungsempfind-
lichkeit wird mit den folgenden Definitionen eines Schädigungsparameters
entsprochen:
PM = 0 = Det , (3.3–54)

PM = 1 = s0 . (3.3–55)

Da die Gesamtdehnungsamplitude ea,t allein von der einwirkenden Span-


nungsamplitude Sa abhängt, ist sie für sich alleine als Schädigungsparameter
natürlich ungeeignet, um Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüssen Rech-
nung zu tragen.
Am gebräuchlichsten ist der Schädigungsparameter nach Smith, Watson
und Topper, der nach Gl. (3.3–32) und Abb. 3.3–40 definiert ist als
08
PSWT = as 000
o · ea,t · E = a(sa + sm) · ea,t · E . (3.3–32)

Bei ihm wird ein Mittelspannungseinfluss über so berücksichtigt, der zudem


noch in sinnfälliger Weise für einen Werkstoff mit hoher zyklischer Streck-
grenze ausgeprägter ist als für einen Werkstoff mit niedriger zyklischer
Streckgrenze. Für einen rein elastischen Werkstoff lässt sich jedoch zeigen,
dass der Smith-Watson-Topper-Parameter nur Mittelspannungsempfindlich-
keiten bis zu maximal M = 0,4 darzustellen vermag*), während für hochfeste
Werkstoffe nach Abb. 2.1–9 Werte M = 0,6 bis 0,8 zutreffen; durch den Schä-
digungsparameter PSWT wird also bei höherfesten Werkstoffen der Einfluss

*) Man setze ea, t · E = ak · Sa und so = ak · Sa für R = – 1 bzw. so = 2 · ak · Sa für R = 0


und findet M = a–2 – 1 nach (2.1–24) aus PSWT (R = – 1) = PSWT (R = 0).
388 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

von Zug-Mittelspannungen unterschätzt und der Einfluss von Druckmittel-


spannungen überschätzt.
Bergmann [260] schlug deshalb vor, die Definition des Schädigungspara-
meters dahingehend zu erweitern, dass der Mittelspannungseinfluss über
einen zusätzlichen Kennwert a, unter Umständen auch noch mit unter-
schiedlichen Werten az und ad für den Fall einer Zug- oder Druck-Mittel-
spannung, innerhalb der Grenzen M = 0 bis M = 1 vorgegeben werden kann:
PB = a0000
(so + az/d · sm) · ea, t · E . (3.3–56)
Hanschmann [294] definierte, angelehnt an PSWT (oder auch PB), einen Schä-
digungsparameter, indem er die damit zu errechnende Schädigung DSWT
(bzw. DB) um eine Zusatzschädigung Dz ergänzte:
PHa = P(DSWT + Dz). (3.3–57)
Wie weiter unten ausgeführt, ist diese Zusatzschädigung durch die jeweils
momentan wirksamen Reihenfolgeeinflüsse bestimmt.
Haibach und Lehrke [295] definierten einen Schädigungsparameter nach
Abb. 3.3–41a als
PHL = a00
Dseff · De0
eff · E , (3.3–58)
der abhängig vom Verhältnis (Dseff ) / (Deeff · E) bzw. vom zyklischen Streck-
grenzenwert s 0¢ ,2 Mittelspannungsempfindlichkeiten von M = 0 bis M = 1
(M = 1 für elastisches Werkstoffverhalten) beschreibt, Abb. 3.3–41a, und über
Dseff und Deeff einen (Reihenfolge)-Einfluss aus der vorausgegangenen Bean-
spruchung berücksichtigt. Als ein wesentlicher Nachteil des Schädigungspa-
rameters PHL ist jedoch zu vermerken, dass sich auch für kleine Amplituden
bzw. für ea,p = 0 stets M = 1 ergibt.
Heitmann [296] leitete aus bruchmechanischen Überlegungen einen Schä-
digungsparameter ab, Abb. 3.3–41b, der auch als Zd -Parameter bekannt und
definiert ist als
2 / E + 2,5 · Ds · De / (n¢ + 1) ,
PHe = 1,45 · Ds eff (3.3–59)
p
mit Dseff = 3,72 · Ds · (3 – R)–1,74 .
Anhand dieser Formeln und der bislang mitgeteilten Auswertungen [296,
297] ist allerdings schwer zu beurteilen, in welchem Maße der Mittelspan-
nungseinfluss hierbei berücksichtigt wird.
Vormwald [298] leitete einen Schädigungsparameter aus der Schwing-
bruchmechanik kurzer Risse und deren Rissschließverhalten wie folgt ab,
Abb. 3.3–41c:
2 / E + 1,02 · Ds · De
PJ = 1,24 · Ds eff eff
4
p, eff / an¢ (3.3–60)
In Weiterentwicklung der Vorstellungen, die dem Schädigungsparameter PHL
zugrunde liegen, trägt er dem reihenfolgeabhängigen Schädigungsverhalten
a b c
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung

Abb. 3.3–41a–c. Bildhafter Vergleich der Schädigungsparameter, die über das Rissschließen und Rissöffnen Reihenfolgeeinflüsse bei Schwing-
belastungen mit variablen Amplituden erfassen; a nach Haibach/Lehrke [295], b nach Heitmann [296], c nach Vormwald [298]
389
390 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

nach dem erreichten Erkenntnisstand der Werkstoffmechanik bislang am


weitestgehenden Rechnung. Ausführungen zu seiner Herleitung und zu sei-
ner praktischen Anwendung werden im Abschn. 3.4.5 gemacht.

Schädigungsparameter und Reihenfolgeeinflüsse


Bei einem Beanspruchungsablauf mit veränderlichen Amplituden ergeben
sich über das elastisch-plastische Spannungs-Dehnungs-Gesetz für die ein-
zelnen Schwingspiele bei der Kerbgrundbeanspruchung andere Mittelspan-
nungsverhältnisse, als sie für die einwirkende Nennspannung gelten. Diese
veränderten Mittelspannungs-Verhältnisse sind dabei nicht allein von dem
augenblicklichen, sondern auch von dem vorausgegangenen Beanspru-
chungsgeschehen abhängig. Insofern beinhalten sie einen Reihenfolgeein-
fluss. Die veränderten Mittelspannungen können aus Eigenspannungen er-
klärt werden, die im Kerbgrund aus der plastischen Verformung entstehen,
Abb. 2.4–7, und als Druck-Eigenspannungen eine Verlängerung, als Zug-
Eigenspannungen eine Verkürzung der Anriss-Lebensdauer bewirken.
Mit den Schädigungsparametern PSWT , PB und PHe werden Reihenfolge-
einflüsse in ihrer Auswirkung auf den Schädigungsbeitrag des einzelnen
Schwingspiels allein über die sich im Kerbgrund einstellenden Mittel- oder
Eigenspannungen bewertet. Ausgeprägtere Reihenfolgeeinflüsse, wie sie z.B.
bei den Lastfolgen Twist oder Minitwist zu verzeichnen sind, werden auf die-
se Weise jedoch nur unzureichend erfasst, Abb. 3.3–43 und 3.3–55.

Schädigungsparameter PHa
Hanschmann erachtete eine zusätzliche Berücksichtigung von Reihenfolge-
einflüssen bei der Schädigungsrechnung für erforderlich, die er über eine
schwingspielweise zu berechnende Zusatzschädigung Dz in Verbindung mit
der aus PSWT bestimmten Schädigung DSWT einführte in der Form

Di = DSWT,i + DZ,i (3.3–61)

und mit dem Ansatz

DZ,i = 2 · FW · ln(Ni /Nmax) + ln(Ni /Ni–1) / a00


z · Nmax · Ni . (3.3–62)

Dabei bedeuten:
FW = ein werkstoffabhängig experimentell zu bestimmender Beiwert,
Ni = N(PSWT) des betrachteten Schwingspiels,
Nmax = N(PSWT) des momentan schädigungs-dominierenden Schwing-
spiels,
Ni–1 = N(PSWT) des unmittelbar vorangegangenen Schwingspiels,
z = die auf das schädigungs-dominierende Schwingspiel bis zum
Schwingspiel i folgende Anzahl der Schwingspiele.
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 391

Die Besonderheit dieses Ansatzes liegt darin, dass ein Reihenfolgeeinfluss


mit dem weiteren Beanspruchungsgeschehen abklingt. Indem das momentan
schädigungs-dominierende Schwingspiel mit der Zahl z der ihm folgenden
Schwingspiele an Einfluss verliert, kann die schädigungs-dominierende Rol-
le auch auf ein zwischenzeitlich aufgetretenes Schwingspiel übergehen. Es
zeigt sich allerdings, dass die Zusatzschädigung nach Gl. (3.3–62) wohl zu
schnell abklingt [298] und dass der Beiwert FW nicht allein vom Werkstoff,
sondern auch noch von den Versuchsparametern bei seiner Ermittlung ab-
hängt.

Schädigungsparameter PHL
Der Definition des Parameters PHL nach Abb. 3.3–40b liegt primär die
(sehr vereinfachende) Vorstellung zugrunde, dass ein kleiner, rissähnlicher
Defekt im hochbeanspruchten Kerbbereich vorliegt, der sich jedoch nicht
vergrößert, wenn die örtliche Spannung als Druckspannung wirkt. Eine
verfeinerte Modellvorstellung berücksichtigt, dass sich dieser rissähnliche
Defekt in einer Werkstoffumgebung befindet, die ständigen zyklisch-plas-
tischen Verformungen ausgesetzt ist, wobei aber plastische Verformun-
gen unter Zug- oder Druckspannung unterschiedlich zu bewerten sind,
Abb. 3.3–42:
Bei örtlicher Druckspannung liegen die Rissufer aufeinander, und die Stö-
rung des Spannungsfeldes verschwindet. Der Werkstoff im Bereich der Riss-
spitzen und Rissufer erfährt eine gleichmäßige plastische Stauchung. Bei
örtlicher Zugspannung hingegen öffnet sich der Riss, und vor den Riss-
spitzen treten plastisch verformte Höfe auf, doch die Rissufer liegen dabei in
einem Spannungsschatten (SCH), sodass für sie keine plastische (Rück-)
Dehnung möglich ist. Dadurch entsteht eine bleibende Rissöffnung, und die
Rissufer gehen anschließend erst bei einem gewissen Wert der örtlichen
Druckspannung auf Kontakt.
Dieser Modellvorstellung entspringt die Definition für die Spannung Dseff ,
dass sich die Bezugslinie B-B nach Abb. 3.3–40 abhängig von der örtlichen

Abb. 3.3–42. Rissmodell für den Schädigungsparameter PHL [295]


392 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Druckspannung in den Druckbereich verschiebt und dort für alle nachfol-


genden Schwingspiele gültig bleibt, es sei denn, eine noch größere Druck-
spannung führt zu einer weiteren Verschiebung. Diese Festlegung bedeutet
letztlich einen lebensdauer-mindernden Einfluss einer (selbst einmaligen) pla-
stischen Stauchung des Kerbbereiches. Die errechnete Lebensdauer sollte dem-
nach zur sicheren Seite tendieren, was sich auch an durchgerechneten Beispie-
len bestätigt, Berechnung für AT, SPEZ in den Abb. 3.3–53 und 3.3–55, sowie
durch weitere detaillierte Versuche und Erörterungen von Vormwald [298].
Die Auswirkung der plastischen Höfe an den Rissspitzen könnte in einer
erweiterten Modellvorstellung berücksichtigt werden; es ließe sich daraus
ein lebensdauer-steigernder Einfluss aus dem (selbst einmaligen) Auftreten
einer hohen Zugspannung herleiten.

Schädigungsparameter PJ
Die wesentliche Weiterentwicklung beim Schädigungsparameter PJ nach
Vormwald [298] ist in einer gegenüber PHL und PHe verbesserten Berechnung
der effektiven Schwingbreiten Dseff und Dep,eff zu sehen. Sie beruht auf einer
bruchmechanischen Betrachtung des Rissöffnungs- und Rissschließverhal-
tens kurzer Risse, deren beanspruchungsabhängiges Anwachsen auf eine
Endrisslänge ae = 0,25 mm die Lebensdauer in der Anrissphase bestimmt.
Die Herleitung von PJ wird deshalb im Abschn. 3.4.9 abgehandelt.
Die Verbesserung beruht auf einer von Newman [299] angegebenen Nä-
herungsformel Gl. (3.4–95), die für eine stabilisierte Schwingbeanspruchung
mit konstanter Amplitude zu berechnen gestattet, bei welchen örtlichen
Spannungen sop bzw. scl sich ein kleiner Schwinganriss im Kerbgrund öffnet
bzw. schließt; dabei wird unterstellt, dass die zugehörigen Dehnungen eop
und ecl in der Hystereseschleife übereinstimmen, Abb. 3.3–41. Für die
Schwingbreiten Dseff und Dep, eff werden allein die Rissschließspannung scl
und Rissschließdehnung ecl als maßgebend erachtet. Da sie sich reihenfolge-
abhängig erweisen von der aktuellen Oberspannung sowie von den vorange-
gangenen Schwingspielen und deren Rissschließwerten, müssen sie schwing-
spielweise gesondert berechnet werden. Der dabei beträchtliche Rechenauf-
wand wird aus dem nachstehenden bzw. im Abschn. 3.4.9 beschriebenen Be-
rechnungsgang ersichtlich.
Werkstoffseitig benötigte Eingabedaten einer Lebensdauerberechnung
sind die Zugfestigkeit Rm , die stabilisierte zyklische Spannungs-Dehnungs-
Kurve nach Gl. (3.3–7) mit Masing-Verhalten, Abb. 3.3–22, sowie die Deh-
nungs-Wöhlerlinie nach Gl. (3.3–6) mit ihren entsprechenden Kennwerten.
Als Grundlage der Schädigungs-Rechnung wird weiterhin auch noch die
Schädigungsparameter-Wöhlerlinie PJ (N) benötigt. Da sie nicht explizit als
Formel angegeben werden kann, muss sie nach Abschn. 3.4.9 horizontweise
aus dehnungskontrollierten Einstufenversuchen ermittelt, oder schwingspiel-
zahlabhängig aus der Dehnungs-Wöhlerlinie und mit den jeweiligen Riss-
schließwerten wie folgt errechnet werden:
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 393

Für R = – 1 und eine vorgegebene Schwingspielzahl N gilt nach Gl. (3.3–4)


und Gl. (3.3–6) sowie Gl. (3.3–7):
so = – su = sa = ea,e · E = sf¢ · (2N)b (3.3–63)

eo = – eu = ea = ea,t = (sf¢ / E) · (2N)b + ef¢ · (2N)c, (3.3–64)

und nach Newman [299] entsprechend Gl. (3.4–95) für R = – 1 und dem
bei kleinen Oberflächenrissen anzunehmenden ebenen Spannungszustand
(a = 1):
(sop – su) = so · [1 + 0,535 · cos(0,5 · p · so / sF) – 0,344 · so /sF] (3.3–65)
mit
sF = 0,5 · (s 0¢,2 + Rm) und s 0¢,2 = K¢ · 0,002n¢. (3.3–66)

Nach Abb. 3.3–40 bestimmt sich damit die Rissschließdehnung ecl = eop aus
dem aufsteigenden Hystereseast aus
ecl = eop = eu + (sop – su) /E + 2 · [(sop – su) / (2 · K¢)]1/n ¢, (3.3–67)

sodann die effektive Spannungsschwingbreite Dseff aus dem abfallenden


Hystereseast durch iteratives Lösen der Gleichung

Dseff /E + 2 · [Dseff /(2 · K¢)]1/n¢ – (eo – ecl) = 0 , (3.3–68)


und die effektive plastische Dehnungsschwingbreite Depl,eff als
Dep, eff = 2 · [Dseff /(2 · K¢)]1/n¢ . (3.3–69)
Damit ist der Wert von PJ (N) nach Gl. (3.3–60) zu der für Gl. (3.3–63) und
Gl. (3.3–64) vorgegebenen Schwingspielzahl N zu errechnen und die gesuch-
te Schädigungsparameter-Wöhlerlinie auf diese Weise durch wiederholte
Rechnungen punktweise zu bestimmen. Auch die Dauerfestigkeit überträgt
sich nach Abschn. 3.3.1 bzw. Gl. (3.3–19) bis Gl. (3.3–24) mit einem Wert PJ, D0
bei der Schwingspielzahl ND auf die Schädigungsparameter-Wöhlerlinie.
Bei doppellogarithmischer Auftragung sollte sich die Schädigungspara-
meter-Wöhlerlinie durch eine die Punkte ausgleichende Zeitfestigkeitsgera-
de beschreiben lassen, die bei der Schwingspielzahl ND horizontal in die
Dauerfestigkeitslinie abknickt:

N = ND · (PJ /PJ,D0)–m J für PJ ≥ PJ,D0 , (3.3–70)


N=• für PJ < PJ,D0 .

Da PJ dem Quadrat einer Spannung proportional ist, ergibt sich der Nei-
gungsexponent mit Werten mJ ≈ 1.5 nur etwa halb so groß wie der Exponent
m in der Paris-Gleichung (3.4–15).
394 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Diese analytische Beschreibung der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie


gestattet sodann, die nachfolgende Schädigungs-Rechnung nicht nur durch
schwingspielweise Berechnung des Rissfortschritts, Abschn. 3.4.9, sondern
alternativ auch nach der konsequenten Form der Miner-Regel, Abschn. 3.3.8
vorzunehmen. Das Vorgehen dazu ist wie folgt:
Für die Lebensdauerberechnung wird der örtliche Beanspruchungsablauf
einer Rainflow-Zählung unterzogen; da er sich für unterschiedlich hohe
äußere Belastungen unterschiedlich ausbildet, muss er jeweils neu bestimmt
werden! Mit den Eckpunkten der ermittelten Hystereseschleifen sind die
Werte so , eo und su , eu bestimmt, die das jeweils aktuell betrachtete Schwing-
spiel kennzeichnen. Mit ihnen wird zunächst nach den Formeln von New-
man [299] entsprechend Gl. (3.4–95) bis Gl. (3.4–98) für den bei kleinen
Oberflächenrissen anzunehmenden ebenen Spannungszustand errechnet,
welche Rissöffnungsspannung sop = sop,einst sich für eine Einstufenbeanspru-
chung ergeben würde.
Die für das aktuelle betrachtete Schwingspiel tatsächlich maßgebende
Rissöffnungsdehnung eop ist jedoch von der vorangegangenen Belastung
bzw. der beim letzten Schwingspiel gültigen Rissöffnungsdehnung eop,alt ab-
hängig; die Einzelheiten dazu sind mit Gl. (3.4–108) im Abschn. 3.4.9 aufge-
führt. Mit
eop = eop,alt (3.3–71)
bestimmen sich sodann für die Berechnung des Schädigungsparameters PJ
nach Gl. (3.3–60) die effektive Spannungsschwingbreite
Dseff = (so – scl) (3.3–72)
für eop ≤ eu mit scl = su bzw.
für eop > eu mit ecl = eop und iteratives Lösen von Gl. (3.3–68)
und weiterhin mit Dseff die effektive plastische Dehnungsschwingbreite
Depl,eff aus Gl. (3.3–69).
Mit dem errechneten Wert PJ ergibt sich der Schädigungsbeitrag des
betrachteten aktuellen Schwingspiels entsprechend Gl. (3.2–1) mit der
Schwingspielzahl N als Funktion von PJ aus der Schädigungsparameter-Wöh-
lerlinie Gl. (3.3–70) zu
DD = 1/N für PJ ≥ PJ,D , (3.3–73)
DD = 0 für PJ < PJ,D ,
und die Schädigungssumme insgesamt durch schwingspielweises Aufaddieren:
Dneu = Dalt + DD. (3.3–74)
Abschließend ist dann noch die Rissöffnungsdehnung eop,neu zu berechnen,
die das aktuelle Schwingspiel hinterlässt mit der Maßgabe, dass ein Unter-
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 395

schied gegenüber eop,einst bei häufiger Wiederholung des gleichen Schwing-


spiels auf null abklingt:
eop,neu = eop,einst – (eop,einst – eop,alt) · e(– 15 · DD) (3.3–75)
Für das folgende Schwingspiel wird der Wert eop,neu wird als eop,alt und der
Wert Dneu als Dalt angesetzt.
Ergebnis einer solchen schwingspielweisen Schädigungsrechnung ist ent-
weder die mit dem Ende der Beanspruchungsfolge erreichte Schädigungs-
summe D, oder die rechnerische Lebensdauer als Anzahl der verarbeiteten
Schwingspiele, wenn der Wert D = 1 erreicht ist.
Bei langen Beanspruchungsfolgen, die sich mit mehrfach wiederholten
Teilfolgen darstellen, ist die rechenzeitaufwendige schwingspielweise Berech-
nung dadurch zu verringern, dass die Werte PJ über eine Teilfolge klassiert
werden, sobald sich eine stabilisierte Hüll-Hysterese ausgebildet hat. Diese ist
nach dem Durchlauf einer ersten Teilfolge erreicht, oder wenn der ersten
Teilfolge ein die Hüll-Hysterese erzeugendes Schwingspiel vorgeschaltet wird,
dessen Schädigung, wie auch die unterschiedliche Schädigung der ersten
gegenüber der zweiten Teilfolge, unberücksichtigt bleiben. Mit den klassier-
ten Werten PJ kann sodann die Berechnung der Schädigung bzw. der Anriss-
Lebensdauer nach der konsequenten Form der Miner-Regel geschehen, die
ein praktisch gleiches Ergebnis liefert wie die schwingspielweise Berech-
nung. In den betreffenden Gleichungen des Abschn. 3.2 muss dazu allerdings
statt des Neigungsexponenten k der Bauteil-Wöhlerlinie der Neigungsexpo-
nent mJ der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie PJ (N) eingesetzt werden.

Vergleich von Lebensdauerberechnung und Versuch


Mit Abb. 3.3–43 werden als Beispiel die Ergebnisse aus Berechnungen von
Heuler [207] für den Werkstoff AlMg4,5Mn vorgestellt. Sie beziehen sich auf
die Lastfolge Minitwist, Abschn. 2.4.2, und Minitwist-Truncation, bei der die
drei höchsten Laststufen auf die Höhe der vierten Laststufe zurückgenom-
men sind.
Aufgetragen sind die Verhältniswerte der errechneten Lebensdauer zur
mittleren Lebensdauer nach Versuchen. Alle errechneten Lebensdauerwerte
liegen danach auf der unsicheren Seite, das heißt, wie für Einzelflug-Lastfol-
gen mit Boden-Luft-Lastspiel auch bei Berechnungen nach der Miner-Regel
bekannt, Abb. 3.3–53 und 3.3–55, wird die wirkliche Lebensdauer, wie sie sich
im Versuch ergibt, teils beträchtlich überschätzt. Die Berechnung umfasst da-
bei verschiedene Varianten:
Es werden die Schädigungsparameter nach Smith, Watson und Topper
Gl. (3.3–32), nach Bergmann Gl. (3.3–56), nach Hanschmann Gl. (3.3–35) bis
Gl. (3.3–62) sowie nach Heitmann Gl. (3.3–59) herangezogen. Weiterhin wird
die Dauerfestigkeit bei der Schädigungsberechnung wie bei der Original-
Form der Miner-Regel berücksichtigt, oder sie bleibt, wie bei der elementa-
ren Form der Miner-Regel, außer Betracht.
396 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–43. Lebensdauerwerte einer Kerbscheibe aus AlMg4,5Mn mit ak = 3,4, errechnet
für die Lastfolge Minitwist mit unterschiedlichen Schädigungsparametern und (original)
mit oder (elementar) ohne Berücksichtigen einer Dauerfestigkeit, jeweils bezogen auf die
Lebensdauer im Versuch [271]

Vorgenommene Lebensdauerberechnungen mit dem Schädigungsparame-


ter PJ bestätigen dessen Überlegenheit gegenüber den bis dahin verfügbaren
Schädigungsparametern [298]. Zudem verbindet sich seine Anwendung i.d.R.
mit einer Berücksichtigung des Dauerfestigkeitsabfalls nach der konsequen-
ten Form der Miner-Regel. Die mit PJ errechnete Lebensdauer fällt ganz all-
gemein deutlich niedriger aus als die mit PSWT errechnete; sie stimmt damit
weit besser mit der Lebensdauer im Versuch überein, Abb. 3.3–44. Eine noch
weitergehende Verbesserung verspricht das Modell FATICA [367], s. Abschn.
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 397

Abb. 3.3–44. Durch den Schädigungsparameter PJ nach Vormwald und durch das Modell
FATICA nach Anthes (Abschn. 3.4.9) erreichte Verbesserungen der errechneten Lebens-
dauer im Vergleich zum Schädigungsparameter PSWT nach Smith, Watson und Topper, aus
[298] und [367]

3.4.9. Diese Feststellung gilt insbesondere auch für die Lastfolge Minitwist mit
ihrem speziellen Einfluss aus dem Boden-Luft-Lastspiel, Abb. 3.3–45 und
3.3–46. Im Normalfall liegen die Ergebnisse für den Schädigungsparameter
PHL recht bei nahe oder unterhalb von denen für den Schädigungsparameter
PJ . Für PHL ist eigentlich eine systematisch ausgeprägten Unterschätzung der
Lebensdauer bei Lastfolgen mit extremen Druckspannungen oder mit einem
hohen Schädigungsbeitrag kleiner Amplituden zu erwarten, weil die Bezugs-
linie nach Abb. 3.3–41a sich nur weiter nach unten, aber nicht wieder nach
oben verschieben kann. Die Ergebnisse in den Abb. 3.3–45 und Abb. 3.3–46
zeigen jedoch, dass es wohl nicht nur von der Art der Lastfolge sondern ent-
scheidend auch von der Beanspruchungshöhe abhängt, in welchem Verhältnis
die errechneten Lebensdauerwerte sich voneinander unterscheiden.
Insgesamt zeigte sich aber bei einer zusammenfassenden Auswertung, wie
sie z.B. von Buch, Vormwald und Seeger [224] vorgenommen wurde, dass die
398 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–45. Lebensdauerwerte einer Kerbscheibe aus AlMg4.5Mn mit ak = 3,4, errechnet
für die Lastfolge Minitwist mit den Schädigungsparametern PJ nach Vormwald, PHL nach
Haibach und Lehrke sowie PHa nach Hanschmann und mit dem Modell FATICA nach
Anthes, aus [367]

Abb. 3.3–46. Lebensdauerwerte einer Kerbscheibe aus StE 460 mit ak = 2,5, errechnet für
die Lastfolge Minitwist mit den Schädigungsparametern PJ nach Vormwald, PHL nach Hai-
bach und Lehrke sowie PHa nach Hanschmann und mit dem Modell FATICA nach Anthes,
aus [367]
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 399

Vertrauenswahrscheinlichkeit

Schädigungssumme
Abb. 3.3–47a, b. Statistische Verteilung der Schädigungssummen aus der Nachrechnung
von Versuchsergebnissen a nach dem Kerbgrund-Konzept mit Daten nach dem Universal
Material Law und dem Schädigungsparameter PSWT sowie b nach dem Nennspannungs-
Konzept mit den Wöhlerlinien-Daten nach der FKM-Richtlinie und der konsequenten
Form der Miner-Regel, nach Eulitz et al. [240]

Genauigkeit der rechnerischen Lebensdauerwerte bei der Berechnung nach


dem Nennspannungs-Konzept sich bisher nach einer Vielzahl veröffentlich-
ter Ergebnisse hinsichtlich einer geringeren Streuung der Einzelwerte als
„besser“ erwies als nach dem Kerbgrund-Konzept. Auch die neueren Aus-
wertungen von Eulitz et al. [240, 300, 301] bestätigen diese Feststellung, Abb.
3.3–47. Dies allerdings – wie im Einzelnen geschehen – mit kommentie-
400 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

rungsbedürftigen Befunden; s. dazu auch Abschn. 3.2.11. Leider blieben der


Schädigungsparameter PJ [298] und das Modell FATICA [578] mit den von
ihnen zu erwartenden Ergebnis-Verbesserungen bei diesen Auswertungen
unberücksichtigt, Abb. 3.3–44. Und schließlich ist nicht auszuschließen, dass
ein vermeintlich „gutes“ Ergebnis der Berechnung durch ein gegenläufiges
Zusammenwirken mehrerer systematischer, nicht richtig erfasster Einflüsse
zustande kommt, wie teils schon zu Abb. 3.3–18 ausgeführt.
In Anbetracht der vielfältigen Festlegungen zu den werkstoffbezogenen
Eingabedaten und zu den verfahrenstechnischen sowie programmtechni-
schen Varianten, die im Einzelnen für eine Berechnung der Lebensdauer nach
dem Kerbgrund-Konzept vom Anwender zu treffen sind, können die Er-
kenntnisse aus den vorgenannten Auswertungen kaum verwundern. Welche
Unterschiede der errechneten Lebensdauer durch solche individuellen Fest-
legungen zustande kommen können, lässt sich über eine systematische Vari-
ation der Werkstoffdaten und der Verfahrensvarianten, d.h. im Sinne einer
sog. Sensitivitäts-Analyse, abschätzen [302]. Bisherige Studien dieser Art be-
schränken sich auf nur wenige der bestehenden Variationsmöglichkeiten.
Eine umfassend und planmäßig angelegte Studie unter kritisch erweitertem
Blickwinkel, Abschn. 4.4, wäre höchst wünschenswert, um die Diskussionen
über die Verlässlichkeit von Lebensdauerberechnungen anhand der daraus
gewonnenen Erkenntnisse zu versachlichen.

Einbeziehen weiterer Einflüsse auf die Lebensdauer


Trotz der aufgezeigten Berechnungsvarianten erfasst das Beispiel nach Abb.
3.3–43 nur einen Teil der Einflüsse, die sich auf die Lebensdauer von Bautei-
len und damit auf die Verlässlichkeit der Berechnung auswirken. Für die Pra-
xis interessiert vor allem ein Einbeziehen von fertigungsbedingten Einflüs-
sen auf die Bauteil-Lebensdauer, die sich aus Eigenspannungen, aus einer
Oberflächenverfestigung, aus Oberflächenrauhigkeiten oder aus einem stei-
len Spannungsgradienten bei scharfen Kerben ergeben.
Ein Erfassen von Eigenspannungen über erhöhte oder abgeminderte Las-
ten führt nur bei näherungsweise elastischen Beanspruchungen zu befriedi-
genden Ergebnissen. Bei Beanspruchungen im teilplastischen oder plasti-
schen Bereich kann auf diese „einfache“ Weise der Abbau von Eigenspan-
nungen nicht abgebildet werden.
Häufig liegen nennenswerte Eigenspannungen fertigungsbedingt nur in
einer dünnen Randschicht vor. Einen geeigneten Ansatz stellt deshalb die
Modellierung des Bauteils mit einer dünnen Randschicht im Kerbbereich dar
[303], Abb. 3.3–48a. Diese Randschicht unterliegt den Eigenspannungen sE
und Eigendehnungen eE und sie kann – z.B. nitriert – auch werkstofflich eine
andere Zusammensetzung und Festigkeit aufweisen als der Grundwerkstoff.
Unter einer schwingend einwirkenden Last werden der dünnen Randschicht
die örtlichen Dehnungen des darunterliegenden Grundwerkstoffs aufge-
zwungen, Abb. 3.3–48b. Die Last-Dehnungs-Abläufe (L-e-Gesetz) sind dann
a b c

Abb. 3.3–48a–c. Modellierung einer dünnen Randschicht im Kerbbereich zum Erfassen von Eigenspannungen und einer Randschichtverfesti-
gung a, Last-Dehnungs-Abläufe b und Spannungs-Dehnungsabläufe c in Randschicht und Grundwerkstoff, nach Seeger und Heuler [303]
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung
401
402 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

um den Betrag der Eigendehnung eE gegeneinander versetzt. Die sich ein-


stellenden Spannungs-Dehnungs-Abläufe sind jedoch unterschiedlich, wenn
für Randschicht und Grundwerkstoff unterschiedliche Stoffgesetze gelten,
Abb. 3.3–48c. Mit den betreffenden Festigkeitskennwerten kommt es damit
zu einer unterschiedlichen Schädigungsbewertung für Randschicht und
Grundwerkstoff.
Das Modell der dünnen Randschicht findet in der Anwendung dort seine
Grenzen, wo der Beitrag der Randschicht bei der Lastabtragung und damit
beim Bestimmen der Gesamtverformung nicht mehr vernachlässigt werden
kann. In Erweiterung des einfachen Modells lassen sich bei axialbean-
spruchten ungekerbten und randschichtverfestigten Rundstäben die Tiefen-
verläufe der Eigenspannungen und des Werkstoffzustandes modellieren, in-
dem beim sog. Mehrschichtmodell mehrere konzentrische Randschichten
mit entsprechenden Eigenspannungs- und Festigkeits-Kennwerten vorgese-
hen werden [303, 304]. Diesbezügliche Untersuchungen wurden mit recht gu-
ten Ergebnissen von Seeger, Heuler und Bäumel an nitrierten ungekerbten
bzw. einsatzgehärteten gekerbten Biegeproben durchgeführt. Ist bei gekerb-
ten Proben die Tiefenausdehnung der verfestigten Randschicht der Größe
des Kerbradius vergleichbar, so beeinflusst die Randschicht das elastisch-
plastische Verformungsverhalten im Kerbgrund. In dem für diesen Fall von
Bruder [305] entwickelten Modell der dicken Randschicht muss die Last-
Kerbdehnungsbeziehung mit einer elastisch-plastischen Finite-Element-Be-
rechnung ermittelt werden, wobei jedem Element im versagenskritischen Be-
reich ein individuelles stabilisiertes zyklisches Spannungs-Dehnungs-Verhal-
ten zugeordnet wird. Der zusätzliche Einfluss von Eigenspannungen wird mit
dem Modell der dünnen Randschicht abgebildet. Außer zur Lebensdauerbe-
rechnung erwies sich das Berechnungsmodell auch geeignet, je nach Span-
nungsgradient, Höhe der Beanspruchung und Höhe der Eigenspannungen
sowie unter Ansatz der betreffenden Festigkeitseigenschaften zutreffend vor-
herzusagen, ob der schwingfestigkeitsbestimmende Anriss in oder unter ei-
ner einsatzgehärteten Randschicht entsteht, Abb. 3.3–49. Besondere Schwie-
rigkeiten bereitet allerdings die Ermittlung zutreffender zyklischer Festig-
keitswerte für Randschichten; nicht zuletzt, weil unter anderem ein statisti-
scher Größeneinfluss zu beachten ist, denn die Randschicht im Kerbgrund
besitzt nur ein sehr kleines hochbeanspruchtes Volumen, Abschn. 3.5.6.
Um den Einfluss von Oberflächenrauhigkeiten einzubeziehen, bestehen
mehrere Möglichkeiten. Zum einen kann die Dehnungs-Wöhlerlinie an Pro-
ben mit entsprechend rauer Oberfläche ermittelt werden. Zum anderen
kann nach Abschn. 3.1.3 die Spannungs- oder Schädigungsparameter-Wöh-
lerlinie über einen Oberflächenfaktor im Verhältnis der Dauerfestigkeiten
bei rauer und polierter Oberfläche abgemindert werden; dieses Vorgehen
erweist sich aber i.Allg. als zu konservativ. In beiden Fällen geht dabei i.d.R.
summarisch neben dem Rauigkeitseinfluss auch noch der in anderer Weise
zu bewertenden Einfluss etwaiger Eigenspannungen ein. Und schließlich
lässt sich eine gemessene Rautiefe bei den bruchmechanisch begründeten
3.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 403

Abb. 3.3–49. Errechnete Wöhlerlinie für eine einsatzgehärtete gekerbte Rundprobe mit be-
anspruchungsabhängiger Ausbildung von Randanrissen oder Kernanrissen, nach Seeger
[263]

Abb. 3.3–50. Einfluss von Oberflächenrauigkeit in Verbindung mit Eigenspannungen, er-


fasst durch den Schädigungsparameter PJ , nach Vormwald [298]
404 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Schädigungsparametern PHe und PJ als Risslänge interpretieren, die zur


Anfangsrisslänge addiert wird, Abschn. 3.4.9. Da zudem Oberflächenrauhig-
keiten aus Fertigungseinflüssen fast immer mit maßgeblichen Eigen-
spannungen verbunden sind, Abschn. 3.1.5, bietet sich insbesondere der
Schädigungsparameter PJ an, um diese kombinierten Einflüsse abzuhan-
deln, Abb. 3.3–50. Die in diesem Beispiel übereinstimmend in Versuch
und Rechnung ausgewiesenen Unterschiede für die Dehnungs-Wöhlerlinie
spiegeln sich in entsprechender Weise auch in der errechneten Lebensdauer-
linie [298].
Die bei kleinen Kerbradien bzw. steilen Spannungsgradienten zu beob-
achtende Stützwirkung, Abschn. 3.1.3, wie auch der mit großen Bauteilab-
messungen verbundene Größeneinfluss, Abschn. 3.1.3, 3.1.5 und 3.5.6, wer-
den für die Berechnung zweckmäßigerweise bei der Dehnungs- oder der
Schädigungsparameter-Wöhlerlinie durch eine Erhöhung bzw. Abminderung
der örtlich ertragbaren Beanspruchungshöhe in Ansatz gebracht.

3.3.6
Lebensdauerberechnung mittels einer s - e -basierten
Amplitudentransformation

Das Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation stellt eine Wei-


terentwicklung der vorgenannten Verfahren dar [295], wie auch eine Weiter-
entwicklung der in Abschn. 3.1.3 erläuterten nennspannungs-basierten
Amplitudentransformation. Es ist darauf angelegt, durch eine neuartige Kon-
zeption des Berechnungsganges die Erfahrungen und Daten aus der konven-
tionellen Schwingfestigkeitsforschung, als Stärke des Nennspannungskon-
zeptes, zu verbinden mit den neueren Erkenntnissen für eine verbesserte
Lebensdauerberechnung auf der Grundlage des örtlichen Beanspruchungs-
geschehens.
Kennzeichnend ist, dass dabei eine herkömmliche Wöhlerlinie des betrach-
teten Bauteils zum Berechnen der Schädigungsanteile verwendet wird. Diese
Bauteilwöhlerlinie soll die ertragbare Schwingspielzahl N als Funktion der
Nennspannungsamplitude Sa und der jeweils zugehörigen Mittelspannung
Sm angeben. Mit der Wahl dieser Bauteilwöhlerlinie als „Bezugs-Wöhlerlinie“
findet die vorliegende Erfahrung über das Bauteilverhalten eine angemesse-
ne Berücksichtigung. Weiterhin wird dem elastisch-plastischen Werkstoff-
verhalten in seiner Auswirkung auf die Schädigungsakkumulation nach den
neueren Kerbgrundverfahren Rechnung getragen, Abschn. 3.3.5. Wie diese
Verknüpfung erreicht wird, lässt sich mit Abb. 3.3–51 veranschaulichen:
Bei der Lebensdauerberechnung anhand von Nennspannungen, Abb.
3.3–51d, wird aus der vorgegebenen Nennspannungs-Zeit-Funktion S(t)
mittels statistischer Zählverfahren (ZV) ein Amplitudenkollektiv (AK) ab-
geleitet und als Häufigkeitsverteilung einzelner Schwingspiele gedeutet. Ein
einzelnes Schwingspiel trägt bei der linearen Schädigungsakkumulation mit
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s-e-basierten Amplitudentransformation 405

Abb. 3.3–51a–d. Verfahren der Lebensdauerberechnung durch lineare Schadensakkumu-


lation a mittels der Kerbgrundbeanspruchung, b, c mittels der s-e basiertenAmplituden-
transformation, d mittels der Nennspannung

einem Schädigungsanteil DD = 1/N zur Schadenssumme D bei. Die Schwing-


spielzahl N bestimmt sich aus einer Wöhlerlinie des betrachteten Bauteils,
abhängig von der Nennspannungsamplitude Sa und der zugehörigen Mittel-
spannung Sm . Unter Umständen ist deshalb das Amplitudenkollektiv als
zweidimensionale Häufigkeitsverteilung der Spannungsamplituden und
Mittelspannungen zu bestimmen. Zur Schädigungsberechnung ist dann eine
Schar von Wöhlerlinien für die verschiedenen Mittelspannungen erforder-
lich, was jedoch wegen der vernachlässigten Spannungsumlagerungen im
Kerbgrund ernstlichen Vorbehalten begegnen muss.
Bei der Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung,
Abb. 3.3–51a, wird die Nennspannungs-Zeit-Funktion S(t) reihenfolgegetreu
mit ihren Umkehrpunkten vorgegeben, um daraus in einem mathematischen
Hysteresemodell die elastisch-plastische Kerbgrundbeanspruchung (s ; e)
auf dem Digitalrechner zu simulieren und davon ausgehend die Schädigung
zu berechnen. Jede geschlossene Hystereseschleife bestimmt ein komplettes
Schwingspiel (Ssp) mitsamt seinem Schädigungskennwert P. Er wird be-
nutzt, um den Schädigungsanteil DD = 1/N des betreffenden Schwingspiels
aus der Schädigungsparameter-Wöhlerlinie N(P) zu errechnen. Der Schädi-
gungsparameter soll dabei allen Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüs-
sen in angemessener Weise Rechnung tragen.
Die Verknüpfung der beiden Vorgehensweisen nach Abb. 3.3–51a und d
zum Verfahren der Amplitudentransformation wird wie folgt erreicht: In
einem ersten Rechengang, Abb. 3.3–51b, werden sinusförmige Beanspru-
chungen (Sm + Sa) vorgegeben, wie sie für verschiedene Horizonte der vor-
liegenden Bauteilwöhlerlinie gelten. Über eine Berechnung der örtlichen
Spannungs-Dehnungs-Hysterese wird so der zur jeweiligen Mittelspannung
Sm und Spannungsamplitude Sa der Bauteilwöhlerlinie gehörige Schädi-
gungskennwert P erhalten und in einer Wertetabelle (Sa ; P) erfasst. (Daraus
406 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

könnte mit der Bauteilwöhlerlinie N(Sa) eine Wertetabelle (N; P) entwickelt


und somit die Schädigungsparameter-Wöhlerlinie N(P), Abb. 3.3–51a, abge-
leitet werden.)
In dem eigentlichen, zweiten Rechengang, Abb. 3.3–51c, werden analog
Abb. 3.3–51a und unter streng gleichen Bedingungen wie im ersten Rechen-
gang, Abb. 3.3–51b, aus der vorgegebenen Nennspannungs-Zeit-Funktion
S(t) die örtlichen Beanspruchungswerte (s ; e) und der Schädigungsparame-
ter P errechnet. Anstatt jedoch mit dem jeweiligen Wert P die Schwingspiel-
zahl N(P) und damit die Schädigung zu ermitteln, wird aus der Wertetabelle
(Sa ; P) diejenige Spannungsamplitude Sa (P) bestimmt, die nach der Bauteil-
wöhlerlinie dem betreffenden Wert P entspricht. Die so definierten Nenn-
spannungsamplituden Sa (P) sind die gesuchten „transformierten Span-
nungsamplituden“. Sie werden in einem (eindimensionalen) Amplitudenkol-
lektiv (AK) erfasst und zum Berechnen der Schädigungsanteile aus der Bau-
teilwöhlerlinie N(Sa ) herangezogen.
Bei dem Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation geschieht
die Transformation derart, dass zum einen der Einfluss der Mittelspannung
Sm auf der Grundlage der sich elastisch-plastisch einstellenden Kerbgrund-
beanspruchung, zum anderen aber auch noch Reihenfolgeeinflüsse aus der
Beanspruchungsfolge mit ihrem speziellen Schädigungseinfluss durch eine
geeignete Überhöhung oder Abminderung der entsprechenden Spannungs-
amplitude abgedeckt sind. Das Ausmaß der Amplitudentransformation wird
aus der Hystereseschleife der örtlichen Spannung und Dehnung für die
schwingbruchkritische Kerbstelle in einem Rechnerprogramm über einen
geeignet definierten Schädigungskennwert bestimmt. Dieses Vorgehen ver-
spricht die folgenden Vorteile:
– mit den Kennwerten der Bauteilwöhlerlinie finden die Bauteileigenschaf-
ten besser als allein durch eine Formzahl Berücksichtigung.
– über die Spannungs-Dehnungs-Kurve und die Simulation der Kerbgrund-
beanspruchung gehen die elastisch-plastischen Eigenschaften des Werk-
stoffs ein,
– durch einen geeignet definierten Schädigungsparameter wird den Mittel-
spannungs- und Reihenfolgeeinflüssen bestmöglich Rechnung getragen
und
– dies geschieht an einer Stelle im Rechengang, wo im unmittelbaren Zugriff
auf die Beanspruchungs-Zeit-Funktion noch alle Reihenfolge-Informatio-
nen verfügbar sind.
Als Ergebnis wird zunächst das Amplitudenkollektiv der transformierten
Nennspannungsamplituden erhalten. Mit ihm wird schließlich die Schädi-
gungsakkumulations-Rechnung anhand der Bauteilwöhlerlinie durchge-
führt. Da auch für Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeits-
grenze mit einem Schädigungsanteil zu rechnen ist, wurde bislang in Ver-
bindung mit dem Verfahren der Amplitudentransformation die modifizier-
te Form der Miner-Regel benutzt, Abschn. 3.2.8, was aber keine für das
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s-e-basierten Amplitudentransformation 407

Verfahren grundsätzliche Festlegung bedeutet; eine Schädigungsberech-


nung nach der konsequenten Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.9, wäre
ebensogut denkbar.
Um für komplexe Beanspruchungs-Zeit-Funktionen neben der werkstoff-
spezifischen (SPEZ) auch noch eine werkstoff-unabhängige Bewertung zu
erhalten, werden in dem entwickelten Rechnerprogramm zusätzlich auch
die Grenzfälle M = 0 und M = 1 mit den Schädigungsparametern nach Gl.
(3.3–54) und Gl. (3.3–55) ohne weitere Berücksichtigung von Reihenfolge-
einflüssen betrachtet.

Vergleich von Lebensdauerberechnung und Versuch


Um die Anwendbarkeit des erarbeiteten Verfahrens der s-e-basierten Ampli-
tudentransformation zu zeigen und um die damit zu erzielenden Verbesse-
rungen der Lebensdauervorhersage zu veranschaulichen, wurde in [295, 302]
auf Beispiele zurückgegriffen, die im Schrifttum experimentell abgehandelt
sind.
Die Belastungsfolgen nach Abb. 3.3–52 liefern dazu ein aufschlussreiches
Beispiel. Sie wurden von Schütz [122] ausgewählt und betrachtet unter der
Fragestellung, ob für derartige „Einzelflüge“ nach der linearen Schädigungs-
akkumulations-Hypothese eine verbesserte Lebensdauervorhersage erhalten
wird, wenn die im Kerbgrund aus der örtlichen Plastizierung entstehenden
Eigenspannungen, Abb. 2.4–10, über eine korrigierte Mittelspannung im
Wöhlerversuch berücksichtigt werden. Die sich wiederholenden Teilfolgen
umfassen 400 Einzelflüge, von denen nur jeder 200. Flug die Laststufe 1 ent-
hält; zusätzlich wird je Flug die Reihenfolge der Ober- und Unterspannungen
vertauscht.

Abb. 3.3–52. Vereinfachte Einzelflug-Lastfolgen zu Abb. 3.3–53


408 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–53. Lebensdauerwerte von Kerbstäben aus AlCuMg2 und AZ/4/72, ak = 3,6, nach
verschiedenen Verfahren errechnet für die Lastfolgen nach Abb. 3.3–30, jeweils bezogen
auf die Lebensdauer im Versuch [122];
EXP = Versuchsergebnisse; NSK = Nennspannungs-Konzept, NSK, korr = mit korrigier-
ten Mittelspannungen; AT = Amplitudentransformation

Die Ergebnisse der Versuche und der Berechnungen sind in Abb. 3.3–53
zusammengefasst. Für die Lastfolgen mit Boden-Luft-Lastspiel wird die Le-
bensdauer in allen Berechnungsfällen außer im werkstoffspezifischen Fall
der Amplitudentransformation überschätzt. Für die Lastfolgen ohne Boden-
Luft-Lastspiel wird die Lebensdauer hingegen rechnerisch unterschätzt,
außer bei der Berechnung mit korrigierter Mittelspannung. In diesem Be-
fund äußert sich
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s-e-basierten Amplitudentransformation 409

Abb. 3.3–54. Biharmonische


Lastfolge zu Abb. 3.3–55

– ein die Lebensdauer mindernder Einfluss des Boden-Luft-Lastspiels durch


eine Plastizierung des Kerbgrundes unter örtlicher Druckspannung, der
nur im werkstoffspezifischen Fall der Amplitudentransformation über die
Definition des Schädigungskennwertes nach Abb. 3.3–40 erfasst wird, und
– ein die Lebensdauer steigernder Einfluss aus dem Auftreten einer hohen
Zug-Oberspannung in der Laststufe 1, wohingegen die größten Schädi-
gungsanteile auf die Laststufen mit geringerer Oberspannung entfallen;
dieser Einfluss wird bisher durch keine der betrachteten Berechnungsme-
thoden erfasst.
Nowack, Hanschmann und Trautmann [306] führten eine Untersuchung
durch, bei der sie Lebensdauerberechnungen nach dem Nennspannungs-
Konzept, nach dem Kerbgrund-Konzept und nach dem Verfahren der Am-
plitudentransformation für drei Lastfolgen mit Versuchsergebnissen ver-
glichen:
– eine biharmonische Lastfolge, Abb. 3.3–54,
– die SAE Transmission Lastfolge, Abb. 2.3–18b, und
– die Twist Lastfolge, Abb. 2.4–4.
Die Ergebnisse veranschaulicht Abb. 3.3–55. Die bauteilähnlich gewählte
Form einer vornehmlich biegebeanspruchten Probe aus der Aluminium-Le-
gierung 2024-T3 liefert eine Formzahl ak = 1.7. Die Lebensdauer im Versuch
bezieht sich auf den ersten entdeckbaren Anriss; sie macht etwa 90 bis 95%
der Lebensdauer bis zum vollständigen Bruch aus. Alle Berechnungen stüt-
zen sich auf die Bauteilwöhlerlinie; beim Kerbgrund-Konzept geschah dies
durch die Ableitung einer schwingspielzahl-abhängigen Kerbwirkungszahl
bk , die statt der Formzahl ak verwendet wurde. Als Werkstoffdaten dienten
die des stabilisierten Zustandes.
Die SAE Lastfolge erlaubt keine Unterscheidung der Rechenverfahren,
denn alle Ergebnisse liegen in engen Grenzen zusammen, weil sich mit
ihrer Kollektivform, Abb. 2.3–19, eine Schädigungsfunktion verbindet, die
der einer einstufigen Beanspruchung mit dem Kollektiv-Höchstwert sehr
ähnlich ist. Für die Twist-Lastfolge sind die Verhältnisse vergleichbar mit
den Ergebnissen für die Lastfolge Minitwist nach Abb. 3.3–43 oder für die
vereinfachten Einzelflug-Lastfolgen nach Abb. 3.3–53.
Nowack, Hanschmann und Trautmann berichteten auch über Schwierig-
keiten bei der Schädigungsakkumulations-Rechnung, die aus Unsicherheiten
über den Verlauf der Wöhlerlinie im Bereich der Dauerfestigkeit entstanden
410 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–55. Lebensdauerwerte einer bauteilähnlichen Probe aus 2024-T3, ak = 1,7, nach
verschiedenen Verfahren errechnet für die biharmonische Lastfolge nach Abb. 3.3–54, die
SAE-Lastfolge nach Abb. 2.3–18b und die Twist-Lastfolge nach Abb. 2.4–4, jeweils bezo-
gen auf die Lebensdauer im Versuch [306];
EXP = Versuchsergebnisse; NSK = Nennspannungs-Konzept; KGK = Kerbgrund-Konzept;
AT,SPEZ = Amplitudentransformation

und sich wegen stark streuender Versuchsergebnisse ergaben. Sie waren bei
der angewandten Original-Form der Miner-Regel von großer Auswirkung,
weil die Schädigungsfunktion der Twist-Lastfolge, Abschn. 3.2.3, in diesem
Bereich ihr Maximum hat. In Verbindung mit der modifizierten Form der
Miner-Regel, die bei dem Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransfor-
mation zur Anwendung kommt, sind derartige Schwierigkeiten weniger zu
erwarten. Zusammenfassend kommen Nowack, Hanschmann und Trautmann
zu folgenden Feststellungen:
– Nach dem Nennspannungs-Konzept wird die Lebensdauer in allen be-
trachteten Fällen überschätzt.
– Nach dem Kerbgrundkonzept unter Ansatz des Schädigungsparameters
nach Smith, Watson und Topper Gl. (3.3–32) wird die Lebensdauer gleich-
falls in allen betrachteten Fällen überschätzt und zwar etwa im gleichen
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s-e-basierten Amplitudentransformation 411

Masse wie nach dem Nennspannungs-Konzept; für die Twist-Lastfolge ist


die rechnerische Überschätzung beachtlich.
– Das Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation in Verbin-
dung mit dem Schädigungsparameter nach Haibach und Lehrke Gl.
(3.3–55) liefert Lebensdauerwerte, die im Mittel näher bei den experimen-
tell ermittelten liegen und deutlich zur sicheren Seite tendieren.
Ergänzend ist aus neuerer Sicht zur s-e-basierten Amplitudentransformation
anzuführen, dass ihre Anwendung keineswegs zwingend an den Schädi-
gungsparameter PHL nach Haibach und Lehrke sowie an die modifizierte
Form der Miner-Regel gebunden ist, sondern dass in gleicher Weise auch die
zwischenzeitlich erzielten Fortschritte durch Berechnung mit dem Schädi-
gungsparameter PJ in Verbindung mit der konsequenten Form der Miner-
Regel genutzt werden können.

s - e-basierteAmplitudentransformation als Zählverfahren


Der Grundgedanke der s-e-basierten Amplitudentransformation lässt sich
auch noch auf andere Weise mit den schattierten Elementen in Abb. 3.3–56
veranschaulichen:
Danach erweist sich die s-e-basierte Amplitudentransformation als ein
verfeinertes Zählverfahren für die Lebensdauerberechnung anhand von
Nennspannungen, welches den Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüssen
sowie den Werkstoff- und Bauteileigenschaften Rechnung trägt. Abhängig
davon ergeben sich für die gleiche Beanspruchungs-Zeit-Funktion unter
Umständen recht verschiedene Formen des Amplitudenkollektivs, Abb.
3.3–57. Diese Unterschiede sind teils durch die Spannungsumlagerungen un-
ter der örtlichen, elastisch-plastischen Kerbgrundbeanspruchung bedingt,
darüber hinaus sind sie aber auch ein Ausfluss davon, in welcher Weise der
Schädigungsprozess durch den gewählten Typ des Schädigungsparameters
modelliert wird. In diesem Sinne sollte es letztlich Ziel weiteren Entwicklun-
gen sein, einen dafür bestmöglich zutreffenden Schädigungsparameter zu
definieren.

Abb. 3.3–56. s-e-basierte Amplitudentransformation als ein Zählverfahren, welches Mit-


telspannungs- und Reihenfolge-Einflüsse sowie Werkstoff- und Bauteil-Eigenschaften
Rechnung zu tragen geeignet ist
412 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

a b
Abb. 3.3–57a, b. Von Lipp und Svenson [97] untersuchte Lastfolgen a und zugehörige Häu-
figkeits-Verteilungen nach unterschiedlichen Zählverfahren b

In Verbindung mit einem solchen optimalen Schädigungsparameter wür-


de das Verfahren der s-e-basierten Amplitudentransformation sodann eine
sinnvolle Lösung des Problems der Schädigungsakkumulation bieten, die
besagt: Nicht die lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese muss ver-
bessert werden, sondern die Analyse der Beanspruchungs-Zeit-Funktionen
muss bei der Umsetzung in ein Amplituden-Kollektiv so erfolgen, dass die
lineare Schädigungsakkumulations-Hypothese, von diesem Amplituden-Kol-
lektiv ausgehend, einen zutreffenden Lebensdauerwert liefert.

Beispiele einer Auswertung


Die von Lipp und Svenson [97] untersuchten Lastfolgen, Abb. 3.3–57a, stel-
len sich dar als Überlagerung einer sinusförmigen Grundbeanspruchung
mit einer sinusförmigen Zusatzbeanspruchung von 30fach höherer Fre-
quenz. Die Momentanwerte der Grundbeanspruchung bedeuten für die
Zusatzbeanspruchung eine periodisch veränderliche Mittelspannung. Der
bei Biegebeanspruchung untersuchte Rundstab aus Stahl St 37 hat eine
Formzahl ak = 2,15. Für die Bauteilwöhlerlinie gilt eine Mittelspannung
Sm = 0.
Den Häufigkeitsverteilungen, die durch Auswertung nach Klassengrenzen
(B) oder durch Auswertung nach Bereichspaaren (C) erhalten werden, sind
die Häufigkeitsverteilungen der transformierten Amplituden gegenüberge-
3.3.6 Lebensdauerberechnung mittels einer s-e-basierten Amplitudentransformation 413

stellt, wie sie sich für den werkstoffspezifischen Fall (SPEZ) und für die bei-
den Grenzfälle M = 0 und M = 1 ergeben, Abb. 3.3–57b. Für den sinusförmi-
gen Belastungsablauf A1 sind alle fünf Häufigkeitsverteilungen gleich, da im
vorliegenden Sonderfall die Mittelspannung Sm = 0 mit der für die Amplitu-
dentransformation gewählten Mittelspannung übereinstimmt. Bei einer Bau-
teilwöhlerlinie für Sm ⫽ 0 wären hingegen die Verteilungen für M = 0, SPEZ
und M = 1 untereinander und auch gegenüber den Verteilungen nach B und
C verschieden.
Auch bei den Abläufen A2 und A3 ergeben sich Übereinstimmungen:
Wegen des fehlenden Mittelspannungseinflusses sind die Häufigkeitsvertei-
lungen C und M = 0 identisch. Beim Ablauf A3 stimmen außerdem die Häu-
figkeitsverteilungen B und M = 1 überein: Da alle Zusatzschwingungen die
Mittelspannung Sm = 0 „unterschreiten“, ist die Häufigkeitsverteilung B eine
Häufigkeitsverteilung für die Oberspannungen, und die Oberspannungen
sind im Falle M = 1 bei einer Transformation auf Sm = 0 identisch mit den
transformierten Amplituden. Die Häufigkeitsverteilungen für den werkstoff-
spezifischen Fall der Amplitudentransformation (SPEZ) liegen zwischen de-
nen für die Grenzfälle M = 0 und M = 1.
Nach den vorliegenden Versuchsergebnissen, Abb. 2.2–21, erweist sich
dieser Befund als sinnfällig: Mit den Häufigkeitsverteilungen B aus der
Auswertung nach Klassengrenzen (für A3 identisch mit M = 1) werden
stets zu niedrige Lebensdauerwerte vorausgesagt, mit den Häufigkeitsver-
teilungen C aus der Auswertung nach Bereichspaaren (identisch mit M = 0)
werden stets zu hohe Lebensdauerwerte ermittelt. Lipp und Svenson fol-
gerten daraus, dass eine gute Annäherung an die wahre Lebensdauer mit
einer gemittelten Häufigkeitsverteilung erreicht wird. Die Häufigkeitsver-
teilung für den werkstoffspezifischen Fall der s-e-basierten Amplituden-
transformation (SPEZ) stellt eine solche „gemittelte“ Häufigkeitsverteilung
dar. Und sie führt dementsprechend auch auf eine gute Übereinstimmung
der rechnerisch und der experimentell ermittelten Lebensdauerwerte, Ta-
belle 3.3–2.

Tabelle 3.3–4. Lebensdauerwerte nach Versuch und Rechnung

Lastfolge nach Abb. 3.3–35 A2 A3

Im Versuch ermittelte Lebensdauerwerte


unter Ansatz des Amplitudenkollektivs C 16200
unter Ansatz des Originalablaufs A 22700 8400
unter Ansatz des Amplitudenkollektivs B 4550
Errechnete Lebensdauerwerte
Amplitudentransformation im Fall M = 0 20600
Amplitudentransformation werkstoffspezifisch 23900 10500
Amplitudentransformation im Fall M = 1 3650
414 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

3.3.7
Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen

Mehr und mehr ist bei Bauteilen eine Spannungsberechnung nach der Fini-
te-Element-Methode üblich. Bei zweckmäßiger Konzeption dieser Berech-
nungen und abgestimmt auf die verfügbaren Lasteingangsdaten können die
erzielten Ergebnisse unmittelbar für eine nachgeschaltete Lebensdauer-
berechnung genutzt werden. Geeignete Postprozessoren stehen hierfür als
kommerzielle Software zur Verfügung [307–310].
In Ergänzung zu den vorangehenden Ausführungen im Abschn. 3.3 ver-
langen dabei zwei Sachfragen eine besondere Beachtung: Zum einen ist
es die sich in der Regel ergebende Mehrachsigkeit örtlicher Spannungen aus
Finite-Element-Berechnungen; in Verbindung mit einer elastischen Finite-
Element-Berechnung ermöglicht u.a. das Verfahren der kritischen Schnitt-
ebene, derartige mehrachsige Spannungszustände abzuhandeln. Bei der
erforderlichen Feinheit des Finite-Element-Netzes ist es zum anderen die
Vielzahl der notwendigen Berechnungen für eine u.U. immense Zahl von
Systempunkten; durch eine spezielle Vorgehensweise gelingt es, eine Viel-
zahl nicht-kritischer Knoten außer Betracht zu lassen und dadurch
die Anzahl und den Umfang der notwendigen Berechnungen in erträg-
lichem Rahmen zu halten. Dabei kommt eine die wesentlichen Schädi-
gungsmerkmale weitestgehend erhaltende Einkürzung von Lastabläufen zur
Anwendung.
In Anlehnung an die Veröffentlichungen zu zwei praktischen Fallstudien
[311, 312] lässt sich die bei einer solchen Art der Lebensdauerberechnung
verfolgte Vorgehensweise in folgende Schritte strukturieren:

– Bestimmen der auf das Bauteil einwirkenden Schnittkraft-Zeitverläufe aus


gemessenen Lastverläufen, gegebenenfalls unter Einsatz der Mehrkörper-
Simulation, Abschn. 4.1.3.
– Spannungsanalysen am Bauteil für Einheitslastfälle durch Finite-Element-
Berechnungen, Abschn. 3.1.2.
– Quasi-statische oder modale Superposition der elastizitätstheoretischen
Spannungen im Zeitbereich an den Knoten.
– Nutzung des örtlichen Spannungs- oder Dehnungskonzeptes zur Schädi-
gungsberechnung für einzelne Knoten.
– Auffinden der kritischen Stellen des Bauteils durch einen Prozess der Zeit-
reihen-Verkürzung und der Knotenelimination.
– Lebensdauerberechnung für den kritischen Knoten nach dem örtlichen
Spannungs- oder Dehnungskonzept.

Mehrachsigkeit und Verfahren der kritischen Schnittebene


Schon aus der Einwirkung einer einzelnen Belastung kann die Finite-Ele-
ment-Berechnung z.B. an Kerbstellen eines Bauteils mehrachsige Beanspru-
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen 415

chungen liefern. Umso mehr gilt dies im allgemeinen Fall, für den davon aus-
zugehen ist, dass sich die Beanspruchungen eines Bauteils aus mehreren
Lastfällen k (k = 1, 2, …) ergeben, wobei für die einzelnen Lastfälle pro-
portionale oder auch nichtproportionale Lastabläufe gelten können. Die Las-
ten selbst können Kräfte, Momente, Nennspannungen oder Verschiebungen
sein, die zum elastisch berechneten Spannungszustand in linearer Beziehung
stehen.
Dem Verfahren der kritischen Schnittebene liegt nach Banantine [313] die
Erkenntnis zugrunde, dass sich der Schwinganriss stets in einer durch den
Beanspruchungszustand vorbestimmten Ebene und in aller Regel an einer
kräftefreien Oberfläche ausbildet. Die Finite-Element-Berechnung der Span-
nungen darf sich deshalb i.d.R. auf oberflächennahe Knoten des Finite-Ele-
ment-Netzes beschränken; entsprechende Betrachtungen sind aber auch für
Knoten im Inneren des Bauteils möglich.
Die Berechnung geschieht, wie schon im Abschn. 3.3.3 zum multiaxialen
Rainflow-Verfahren mit Gl. (3.3–48) dargestellt: Der mehrachsige tensorielle
Beanspruchungs-Zeit-Ablauf für den betrachteten Systempunkt s wird unter
der Annahme elastischen Werkstoffverhaltens durch Superposition der
Spannungskomponenten esij,k (s, t) errechnet. Sie ergeben sich durch Multi-
plikation dimensionsbehafteter Proportionalitätsfaktoren cij,k (s) mit den be-
treffenden Lastabläufen Lk (t):

es (s, t) = ∑ cij,k (s) · Lk (t) . (3.3–49)


ij
k

Die Proportionalitätsfaktoren cij,k (s) werden je Lastfall k aus einer elasti-


schen Spannungsanalyse bestimmt, bei der einzig die Last |Lk | = 1 in Ansatz
kommt.
Sofern eine solche quasi-statische Superposition der Spannungskompo-
nenten nicht in Betracht kommen kann, weil die einwirkenden Lasten dyna-
mischen Einflüssen unterliegen, kann eine modale Betrachtungsweise ge-
wählt werden.
Finite-Element-Software, z.B. NASTRAN [310], ermöglicht die Schwin-
gungsmoden einer Struktur aus der Finite-Element-Struktur zu ermitteln,
und weiterhin, um für jeden Mode m die elastischen Spannungskomponen-
ten für eine modale Einheitslast, die sog. modalen Spannungsmoden sij,m (s)
zu errechnen. Eine weiter Software-Routine dient dann dazu, ausgehend von
den einzelnen einwirkenden Lastabläufen Lk (t) in Verbindung mit den vor-
liegenden Daten der Struktur die sog. Partizipations-Zeitreihen Fm,k (t) für
m = 1, 2, … abzuleiten, die angeben, welche Lastanregung der betreffende
Mode m aus dem Lastablauf Lk (t) erfährt. Deren Summation über alle Last-
fälle k liefert die modalen Partizipationsfaktoren Fm (t) für jeden Mode.
Der mehrachsige tensorielle Beanspruchungs-Zeit-Ablauf für den be-
trachteten Systempunkt s wird sodann durch Superposition der Spannungs-
komponenten esij,m (s, t) errechnet. Sie ergeben sich durch Multiplikation der
416 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Spannungskomponenten sij,m (s) mit den betreffenden modalen Partizipa-


tionsfaktoren Fm (t):
es (s, t) = ∑ sij,m (s) · Fm (t) . (3.3–76)
ij
m

Für Systempunkte an der Oberfläche kann der Spannungstensor esij (s, t)


durch Drehung auf ein Koordinatensystem umgerechnet werden, dessen x-y-
Ebene parallel zur Oberfläche liegt. In einer Schnittebene, die in diesem Ko-
ordinatensystem unter einem Winkel j zur x-Achse senkrecht unter die
Oberfläche reicht, errechnen sich dann die Normalspannung sn(t) senkrecht
zur Schnittebene
sn (t) = 1/2 (sx (t) + sy (t)) + 1/2 (sx (t) – sy (t)) · cos 2 j + txy (t) · sin 2 j
(3.3–77)
und die Schubspannung tn (t) in der Schnittebene zu
tn (t) = 1/2 (sx (t) – sy (t)) · sin 2 j + txy (t) · cos 2 j . (3.3–78)
Die kritische Schnittebene ist durch denjenigen Winkel j bestimmt, für den
sich ein Maximum der aus sn (t) und/oder tn (t) zu berechnenden Schädi-
gung ergibt. Um sie zu finden, wird der Winkel j üblicherweise in Stufen von
z.B. 10° oder 15° über den Bereich 0 ≤ j < 180° variiert.
Um die Schädigung für eine Schnittebene bzw. die Lebensdauer aus der
maximalen Schädigung in der kritischen Schnittebene zu berechnen, kom-
men verschiedene Verfahrensweisen in Betracht:
– Das örtliche Spannungskonzept.
Hierbei wird vom elastischen Spannungstensor esij (s, t) ausgegangen, um
alternativ den Zeitverlauf
– der Rissöffnungsspannung sn (t) nach Gl. (3.3–77) in der Schnittebene,
– der Schubspannung tn (t) nach Gl. (3.3–78) in der Schnittebene, oder
– der Vergleichsspannung aus sn (t) und tn (t) nach der Gestaltänderungs-
energie-Hypothese mit dem Vorzeichen der absolut größten Hauptspan-
nung
jeweils als elastische Beanspruchungskenngrößen zu errechnen, sodann ei-
ner Rainflow-Zählung zu unterziehen und zur Ermittlung der Schädigung
bzw. der Lebensdauer zu verwenden. Diese Verfahrensweise entspricht dem
Rechnen mit elastischen Kerbspannungen, Abschn. 3.1.5.
– Das Dehnungskonzept mit einachsigen Parametern.
Hierbei wird vom elastischen Spannungstensor esij (s, t) ausgegangen, um al-
ternativ den Zeitverlauf
– der Rissöffnungsspannung sn (t) nach Gl. (3.3–77) in der Schnittebene,
– der Schubspannung tn (t) nach Gl. (3.3–78) in der Schnittebene, oder
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen 417

– der Vergleichsspannung aus sn (t) und tn (t) nach der Gestaltänderungs-


energie-Hypothese mit dem Vorzeichen der absolut größten Hauptspan-
nung
jeweils auf die elastisch-plastischen Beanspruchungskenngrößen zu trans-
formieren, deren Zeitverlauf sodann einer Rainflow-Zählung zu unterziehen
und zur Ermittlung der Schädigung bzw. Lebensdauer anzusetzen. Diese Ver-
fahrensweise entspricht dem Rechnen mit elastisch-plastischen Kerbgrund-
spannungen und Dehnungen, Abschn. 3.3.5.
– Das Dehnungskonzept mit voll mehrachsigen Parametern.
Hierbei wird vom elastischen Spannungstensor esij (s, t) ausgegangen, um
zunächst durch eine mehrachsige Last-Kerbdehnungs-Simulation nach [314]
(z.B. mittels des Mróz-Garud-Modells, Abschn. 3.3.3) den Zeitverlauf des ört-
lichen elastisch-plastischen Dehnungstensors sowie des Spannungstensors
zu bestimmen. Diese werden anschließend weiterverarbeitet, alternativ
durch Betrachtung
– der Rissöffnungsdehnung und/oder -spannung in der Schnittebene,
– der Schubverzerrung und/oder -spannung in der Schnittebene,
– der daraus zu errechnenden Vergleichsspannung nach der Gestaltände-
rungsenergie-Hypothese mit dem Vorzeichen der absolut größten Haupt-
spannung.
Die Auswahl unter diesen Verfahrensvarianten kann zwar im Allgemeinen zu
unterschiedlichen Ergebnissen führen. Außer bei nichtproportionalen Bean-
spruchungen ist dies aber in praktischen Anwendungen häufig von unter-
geordneter Bedeutung gegenüber anderen Einflussgrößen, wie der Güte der
Finite-Element-Struktur und der Wahl der Werkstoffdaten, Abb. 3.3–58.
Darüber hinaus konnte bei den beiden in [311, 312] abgehandelten Fallstu-
dien an Pkw-Schwenklagern nach den Berechnungen und Versuchen für so-
wohl proportionale wie auch nichtproportionale Belastung festgestellt wer-
den, dass die potenziellen Anrissstellen korrekt vorhergesagt wurden und
dass sich eine durchaus befriedigende Übereinstimmung der Lebensdauer-
werte aus Versuch und Rechnung ergab. Je nach der im Dehnungskonzept ge-
wählten Verfahrensweise ergaben sich Unterschiede der errechneten Lebens-
dauer im Verhältnis 1:3 und im Vergleich zum Mittelwert der Versuchser-
gebnisse ergaben sich Abweichungen um einen Faktor kleiner 2,5. Bei ande-
ren Vergleichsstudien ergaben sich aus bisher noch nicht geklärten Gründen
teils erhebliche Abweichungen, insbesondere auch zwischen den Ergebnissen
aus unterschiedlichen Programmsystemen [315].
Die Entscheidung zwischen Spannungskonzept und Dehnungskonzept
wird häufig kontrovers diskutiert. Eingeschränkt auf den Fall einer propor-
tionalen Beanspruchung dazu folgende Ausführungen: Örtliche elastisch-
plastische Dehnungen und Spannungen werden im Dehnungskonzept als
Funktion der örtlichen elastizitätstheoretischen Spannungen ermittelt. Da-
418 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Lebensdauer
im Versuch
(Wiederholungen)

vorhergesagte Lebensdauer
Abb. 3.3–58. Einfluss der gewählten Verfahrenswiese auf die vorhergesagte Lebensdauer
(in Zahl der Wiederholungen des mehrachsialen Belastungsablaufs), nach [311]
Verfahrensweise:
◆ Normalspannung in der kritischen Schnittebene
● Schubspannung in der kritischen Schnittebene
■ Vergleichsspannung in der kritischen Schnittebene
Last-Kerbdehnungs-Beziehung nach Seeger/Beste (3.3–25),
Plastische Formzahl ap = 2,5, Schädigungsparameter PSWT

mit lässt sich eine Wöhlerlinie N = g(es) für die elastizitätstheoretischen


Spannungen aus den Werkstoffdaten des Dehnungskonzeptes bestimmen.
Für mittelspannungsfreie Blocklastfolgen ergeben sich damit identische Le-
bensdauerwerte im Spannungs- und im Dehnungskonzept. Bei mittelspan-
nungsbehafteten Lastfolgen hängen die Ergebnisse von den verwendeten
Mittelspannungsparametern ab und von der Lage und Schachtelung der
Hysteresen, die im Spannungskonzept im Allgemeinen nicht mit korrekter
Mittelspannung abgebildet werden, Abschn. 3.3.3. So kann der Einfluss der
Hysteresenlage und -schachtelung bei gleicher Mittellast esm zu unterschied-
lichen örtlichen Mittelspannungen sm führen, häufig ist dieser Einfluss je-
doch vernachlässigbar.
Für eine Lebensdauerberechnung sind weiterhin die Fälle einer propor-
tionalen Beanspruchung (die den Fall der einachsigen Beanspruchung ein-
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen 419

schließt), einer annähernd proportionalen Beanspruchung und einer nicht-


proportionalen Beanspruchung zu erörtern. Programm-intern lässt sich eine
diesbezügliche Unterscheidung allerdings anhand der betreffenden Lastab-
läufe nicht eindeutig treffen, da auch bei mehreren nichtproportionalen Last-
abläufen, z.B. an einer Bauteilkante, eine einachsige Beanspruchung vorlie-
gen kann. Sofern also dem Programm nicht extern eine Berechnung für pro-
portionale Beanspruchung vorgegeben wurde, ist zu fordern, dass auch die
Fälle einer proportionalen Beanspruchung durch die Lösung für den Fall ei-
ner nichtproportionalen Beanspruchung korrekt abgehandelt werden.
Bei einachsiger Beanspruchung entspricht die Normalspannung sn (t) der
einachsig einwirkenden Spannung s (t), wenn die kritische Schnittebene mit
der sich zeitlich nicht ändernden Richtung der Hauptspannung s1 genau
übereinstimmt. Wegen der Stufung des Winkels j um z.B. 10° ist diese ge-
naue Übereinstimmung aber nicht zwingend, sondern u.U. nur mit einem
Wert 0,97 · s (t) gegeben. Die Schädigung bzw. Lebensdauer kann ausgehend
von der (elastischen) Spannung sn (t) so geschehen, wie vorstehend für das
örtliche Spannungskonzept oder das Dehnungskonzept mit einachsigen Pa-
rametern aufgeführt.
Bei proportional mehrachsigen Beanspruchungen ändern sich die Nor-
malspannung sn (t) und Schubspannung tn (t) zeitlich proportional und die
kritische Schnittebene hat bauteilbezogen die (zeitlich unveränderliche)
Richtung der größten Hauptspannung s1 . Hoffmann und Seeger [316] wie-
sen nach, dass sich unter diesen Bedingungen die örtlichen elastisch-plas-
tischen Spannungs-Dehnungs-Abläufe anhand von Vergleichsspannungen
und -dehnungen in guter Näherung ableiten lassen und dass sich die Schä-
digung mit der vorzeichenbehafteten (!) elastischen Vergleichsspannung aus
sn (t) und tn (t), bestimmt nach der Gestaltänderungsenergie-Hypothese mit
dem Vorzeichen der größten Hauptspannung s1 , wie bei einachsiger Bean-
spruchung errechnen lässt. Sie wird dazu als Hook’sche Spannung für die
Neuber-Regel Gl. (3.3–41) bzw. Gl. (3.3–42) oder für die Seeger-Formel
(3.3–44) angesetzt, um die elastisch-plastische Vergleichsspannung und Ver-
gleichsdehnung zu ermitteln. Im Prinzip den gleichen Lösungsweg wie Hoff-
mann und Seeger beschreiben Klann, Tipton und Cordes [574], lediglich mit
dem formalen Unterschied, dass sie vor Anwendung der Neuber-Regel eine
Umrechnung der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve Gl. (3.3–7) abhän-
gig vom Verhältnis der Hauptspannungen s1 / s2 vornehmen und dann un-
mittelbar die Normalspannung sn (t) als Hook’sche Spannung ansetzen.
Während also bei der Abhandlung proportionaler Beanspruchungen kei-
ne grundsätzlichen Schwierigkeiten bestehen, ist die allgemeine Abhandlung
einer nichtproportionalen Beanspruchung mit drei grundsätzlichen Schwie-
rigkeiten verbunden: Erstens gibt es keine der Rainflow-Zählung vergleich-
bare Methode, um eine nichtproportionale Beanspruchung in einzelne
Schwingspiele zu zerlegen. Zweitens zeigen einige Werkstoffe bei Plastizie-
rung eine zyklische Verfestigung und/oder zyklisches Kriechen. Und drittens
stellt sich die Frage nach geeigneten Schädigungsparametern. Die herkömm-
420 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

lichen, im Abschn. 3.3.5 beschriebenen Schädigungsparameter sind nur bei


proportionalen Beanspruchungen anwendbar. Zahlreiche weitere Schädi-
gungsparameter wurden aus Erkenntnissen bzw. Annahmen über die Ausbil-
dung von Gleitlinien und Mikrorissen in Abhängigkeit vom Spannungszu-
stand formuliert, bisher kann aber keiner der komplexen Problematik bei
nichtproportionalen Beanspruchungen vollauf gerecht werden [263, 318].
Die Betrachtungen bei diesen neueren Ansätzen gehen aus von dem Konzept
der kritischen Schnittebene, lassen dabei aber unberücksichtigt, dass sich
bei nichtproportionaler Beanspruchung auch die Spannungen sn (t) und
tn (t) auch ihrerseits nichtproportional zueinander ändern. Aus diesen
Gründen gibt es bisher für nichtproportionale Beanspruchungen noch kein
allseits befriedigendes Berechnungskonzept, sondern nur Methoden und
Näherungsverfahren mit eingeschränkter Gültigkeit für gewisse Werkstoff-
eigenschaften oder Beanspruchungsbedingungen. Beispielhaft seien hier ge-
nannt:
Berechnung als annähernd proportionale Beanspruchung:
Bei nichtproportionaler Beanspruchung ändern sich nicht nur die Normal-
spannung sn (t) und Schubspannung tn (t) zeitlich nichtproportional, son-
dern auch die Richtung der Hauptspannungen ist bauteilbezogen zeitlich
veränderlich. Würde die Berechnungsweise für proportionale Beanspru-
chung in gleicher Weise auf eine nichtproportionale Beanspruchung ange-
wendet, so bliebe die veränderliche Richtung der Hauptspannungen als Ein-
fluss auf die Schädigung unberücksichtigt.
Sofern sich die zeitlichen Änderungen der Hauptspannungsrichtung in
engen Grenzen halten, kann für eine näherungsweise Berechnung der Le-
bensdauer eine annähernd proportionale Beanspruchung unterstellt und
entsprechend verfahren werden. Durch eine Verweildauerzählung für die
Richtung der Hauptspannungen lässt sich in etwa einschätzen, in welchen
Grenzen sich die auftretenden Richtungsänderungen der Hauptspannungen
vollziehen [308].
Näherungsverfahren nach Amstutz, Hoffmann und Seeger [319]:
Für eine Berechnung bei einer nichtproportional mehrachsigen Beanspru-
chung besteht die Frage, wie die entstehenden Spannungs-Dehnungs-Abläufe
zu bewerten sind, weil sie keine geschlossenen Hysteresen zeigen und damit
eine Anwendung der herkömmlichen Schädigungsparameter ausscheidet.
Von Amstutz, Hoffmann und Seeger wurde diese Schwierigkeit mit einem
schrittweisen Näherungsverfahren umgangen, bei dem zunächst die für je-
den Lastfall örtlichen (proportionalen) Beanspruchungen gesondert er-
mittelt und dann additiv überlagert werden. Anschließend wird die dabei
auftretende Verletzung des Spannungs-Dehnungs-Gesetzes durch eine Kom-
patibilitätsprozedur korrigiert. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass
dieses Verfahren nicht invariant gegenüber einer Drehung des Koordinaten-
systems ist.
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen 421

Schädigungsparameter nach Fatemi und Socie:


In Fortschreibung des ursprünglichen Brown-Miller-Parameters [320] schla-
gen Fatemi, Socie [321] sowie Fatemi und Kurath [322] auf der Basis von
Gleitung und Normalspannung (anstatt Gleitung und Normaldehnung bei
Brown und Miller) einen Schädigungsparameter vor, der auch Mittelspan-
nungen und phasenverschobene Normal- und Schubbeanspruchungen zu er-
fassen gestattet:
(Dgmax /2) · (1 + k · sn,max / sF) = (tf¢ /G) · (2N)2b0 + gf¢ · (2N)c0 . (3.3–79)
Hierbei bedeuten sn,max den Maximalwert der Normalspannung in der
Schnittebene in der Dgmax wirkt, sF ist die Fließgrenze des Werkstoffs und k
eine Materialkonstante, deren Festlegung bzw. Bestimmung jedoch proble-
matisch sein kann. Die rechte Seite ist die Gleitungs-Wöhlerlinie. Wenn die
Gleitung Dgmax gegen null geht, ergibt sich keine Schädigung, auch wenn die
Normalspannung sn, max wirkt, aber bei sn, max = 0 entsteht eine Schädigung
allein aus Dgmax . Diese beiden Fälle decken sich mit der Erfahrung, dass die
Schädigung überwiegend durch die alternierende Gleitung, also Risswachs-
tum nach Modus II in Abb. 3.4–2, eingeleitet wird.
Schädigungsparameter nach Smith, Watson und Topper:
Der Schädigungsparameter PSWT nach Smith, Watson und Topper Gl.
(3.3–32) leitet sich her unter der Annahme von vornehmlichem Risswachs-
tum in der Schnittebene mit maximaler Zugspannung oder -dehnung, wie
z.B. bei sprödem Gusseisen. Er stellt eine Fortschreibung des Schädigungs-
parameters von einer einachsigen auf den Fall einer mehrachsigen, propor-
tionalen oder nichtproportionalen Beanspruchung wie folgt dar:
sn,max · De1 /2 = (sf¢ 2 / E) · (2N)2b + sf¢ · ef¢ · (2N) b + c . (3.3–80)
Dabei deuten De1 die Schwingweite der größten Hauptdehnung und sn,max
die in der gleichen Schnittebene wirkende Normalspannung. Die Terme auf
der rechten Seite von Gl. (3.3–80) entsprechen denen der Dehnungs-Wöhler-
linie, Gl. (3.3–4) und Gl. (3.3–6). Durch den Term sn,max ist dieser Schädi-
gungsparameter geeignet, um den Mittelspannungseinfluss und zyklische
Verfestigungen zu beschreiben.
Eine recht ausführliche Abhandlung der vorstehenden Sachfragen sind in
einem Buch von Socie und Marquis [323] zu finden.

Begrenzung des Berechnungsaufwandes


Um den Aufwand zur Berechnung der Bauteil-Lebensdauer aus den Ergeb-
nissen einer Finite-Element-Analyse auf ein vertretbares Maß zu begrenzen,
wird bei den verfügbaren Rechner-Programmen in etwa folgende Strategie
verfolgt:
In einem ersten Schritt kommen bei den anzusetzenden k Lastfällen nicht
die vollständigen, mehrkanalig aufgezeichneten Lastabläufe Lk (t) zur An-
422 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–59. Zeitraffung bei mehrkanalig aufgezeichneten, nichtproportionalen Lastab-


läufen, nach Dreßler et al. [290]

wendung, sondern daraus abgeleitete Lastabläufe, die – wie nachstehend be-


schrieben – durch Eliminieren nicht oder nur wenig schädigender Schwin-
gungen bzw. Zeitabschnitte, jedoch unter Beachtung der kanalweisen Signal-
zuordnung, stark eingekürzt wurden, Abb. 3.3–59.
Mit diesen stark eingekürzten Lastabläufen werden erste Berechnungen
der Lebensdauer vorgenommen. Sie erstrecken sich auf alle Knoten bzw.
Elemente des Finite-Element-Netzes, die an der Bauteiloberfläche liegen.
(Auf eine Mittelung über Netzknoten wird dabei verzichtet, weil sich die Be-
anspruchungen an den einzelnen Knoten abhängig erweisen von unter-
schiedlichen Materialdaten, die den einzelnen Elementen u.U. zugewiesen
sein können.)
Aufgrund der stark eingekürzten Lastabläufe dürfen diese ersten Berech-
nungen durchaus eine eingeschränkte Genauigkeit aufweisen, denn sie sollen
lediglich einer Entscheidung dienen, welche Netzknoten nicht lebensdauer-
bestimmend sein werden und deshalb im folgenden außer Betracht bleiben
können.
Für die somit ganz wesentlich eingeschränkte Anzahl von Netzknoten
werden in weiteren Rechenschritten mit jeweils weniger stark eingekürzten
Lastabläufen genauere Lebensdauerberechnungen durchgeführt. So wird
schließlich eine kleine Anzahl von Netzknoten bzw. Elemente an schwing-
bruchkritischen Stellen der Struktur erkennbar, die sich als lebensdauer-
bestimmend erweisen können. Für diese Netzknoten bzw. Elemente wer-
den sodann in einem abschließenden Rechenschritt unter Ansatz der voll-
ständigen Lastabläufe Lk (t) endgültige Lebensdauerberechnungen durch-
3.3.7 Lebensdauerberechnung anhand von Finite-Element-Berechnungen 423

geführt. Aus ihnen geht die letztlich kritische, weil lebensdauerbestim-


mende Stelle des Bauteils und der dort maßgebende Lebensdauerwert
hervor.

Einkürzung von Lastabläufen


Gemessene Lastabläufe enthalten in aller Regel eine Vielzahl kleiner Zwi-
schenschwingungen und Zeitabschnitte, die kaum oder gar nicht zur Schädi-
gung beitragen, aber den Zeitbedarf für eine Lebensdauerberechnung oder
einen Nachfahrversuch erheblich verlängern, Abb. 2.3–21. Wünschenswert ist
deshalb, möglichst viele dieser kleinen Zwischenschwingungen bzw. Zeitab-
schnitte aus solchen Lastabläufen zu entfernen. Im Schrifttum wird diese
Verfahrensweise als Omission bezeichnet.
Dabei besteht die Forderung, dass sich die Lebensdauer des Bauteils trotz
eliminierter Zwischenschwingungen gegenüber dem Original-Lastablauf
nicht allzu stark ändert. Zudem gilt es zu unterscheiden, ob es sich um einen
einkanalig aufgezeichneten Lastablauf oder um mehrkanalig synchron auf-
gezeichnete Lastabläufe handelt. Weiterhin ist von Bedeutung, ob der Fre-
quenzinhalt für den Versuch an einem schwingungsfähigen Bauteil erhalten
bleiben soll, weil sich andernfalls die schwingungsüberhöhte Beanspruchung
an einem Anrissort u.U. ändern könnte [290].
Für einen einzelnen Lastablauf ist anhand der Schädigungsfunktion,
Abschn. 3.2.3, zu ersehen, welche kleinen Amplituden unter Hinnahme eines
veränderten Frequenzinhaltes eliminiert werden können, wenn sich die
Schädigung dadurch nur in einem festlegbaren, begrenzten Ausmaß, bei-
spielsweise auf höchstens 95% vermindern soll. Im Zuge einer erneuten
Rainflow-Zählung lässt sich sodann für jede geschlossene Hystereseschleife
entscheiden, ob sie aufgrund ihrer Amplitude mit ihren Umkehrpunkten im
überarbeiteten Lastablauf erhalten bleiben soll oder nicht. Dementsprechend
werden die betreffenden Umkehrpunkte bzw. die zwischen den Umkehr-
punkten liegenden Zeitschritte in die parallel erstellte Aufzeichnung des ein-
gekürzten Lastablaufs übernommen oder nicht übernommen. Die gleiche
Verfahrensweise ist auch für mehrkanalige proportionale Lastabläufe zutref-
fend, wenn die einander entsprechenden Zwischenschwingungen in allen
Kanälen gleich behandelt werden.
Mehrkanalige nichtproportionale Lastabläufe verlangen hingegen eine an-
dere Betrachtungsweise. Sie gilt auch, wenn bei der Einkürzung der Fre-
quenzinhalt der Lastfolgen für Versuche an schwingungsfähigen Gebilden
erhalten bleiben soll. Unter diesen Bedingungen dürfen in zeitabhängigen
Lastabläufen nur zeitlich zusammenhängende Abschnitte eliminiert werden,
und zwar bei mehrkanaligen Aufzeichnungen in gleicher Weise über alle Ka-
näle. Durch eine abschnittweise Schädigungs-Rechnung lassen sich solche
eliminierbaren Abschnitte mit geringem Schädigungsinhalt bestimmen. Ob
sie eliminiert werden dürfen, wird anhand eines vorgegebenen Schädigungs-
oder auch Amplitudenwertes entschieden.
424 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.3–60. Event-Slicing,


behaftet mit der Problema-
tik, dass bei nichtpropor-
tionalen Lastabläufen die
Maxima der Schädigung
nicht unbedingt bei den
Umkehrpunkten auftreten

Bei mehrkanalig aufgezeichneten Belastungen liegen die einzelnen Last-


abläufe in der Regel in ihren jeweiligen physikalischen Einheiten (z.B. Nor-
malkraft, Torsionsmoment, etc.) als Zeitreihen vor, Abb. 3.3–59 links. Um
eine Vergleichbarkeit herzustellen, werden nach [511] für jeden einzelnen
Lastablauf der zeitliche Ablauf des elastizitätstheoretischen Spannungsten-
sors es (t) an einem kritischen Punkt des Bauteils errechnet, wie vorstehend
zu Gl. (3.3–49) angegeben. Damit ist gewährleistet, dass alle betrachteten
Lastabläufe in der gleichen Einheit (als Spannung) vorliegen, Abb. 3.3–59
mitten, und dass sie in der für den betreffenden kritischen Punkt des Bau-
teils relevanten Gewichtung analysiert werden; für einen anderen kritischen
Punkt ergäbe sich womöglich eine andere Gewichtung, s. zu Gl. (3.3–49) im
Abschn. 3.3.3. Indem die abschnittweise Eliminierung an den ursprünglichen
Lastabläufen vorgenommen werden, stehen die zeitgerafften Lastabläufe
letztlich wieder in ihren physikalischen Einheiten und mit nahezu unverän-
dertem Frequenzinhalt zur Verfügung, Abb. 3.3–59 rechts.
Häufig wurde für mehrkanalige Lastabläufe ein sog. Event-Slicing vorge-
schlagen, bei dem die Vergleichsspannung nur für solche Schnitte auf der
Zeitachse ermittelt wird, bei denen in einem der Abläufe ein Umkehrpunkt
auftritt. Wie aus der einfachen Darstellung nach Abb. 3.3–60 zu ersehen, ist
bei nichtproportionalen Lastabläufen aber nicht sichergestellt, dass auf diese
Weise die Maximalwerte der Vergleichsspannung erfasst werden. Insofern ist
vom Prinzip her beim Event-Slicing eine systematische Unterschätzung der
Schädigung zu erwarten [286].

3.3.8
Kerbgrundbeanspruchung und normierte Wöhlerlinien

Mit den Schwingspielzahlen N, die sich als Funktion vorgegebener Nenn-


spannungsamplituden Sa und der Formzahl ak nach der Neuber-Regel Gl.
(3.3–48) bestimmen, kann die Wöhlerlinie eines gekerbten Bauteils gezeich-
3.3.8 Kerbgrundbeanspruchung und normierte Wöhlerlinien 425

Abb. 3.3–61. Anhand der Neuber-Regel aus der Dehnungs-Wöhlerlinie errechnete Nenn-
spannungs-Wöhlerlinien für ak = 1,0, 2,5 und 5,2

net werden. Abbildung 3.3–61 zeigt so bestimmte Wöhlerlinien für die Form-
zahlen ak = 1,0, 2,5 und 5,2 in einer auf NT und sT bezogenen, doppelloga-
rithmischen Auftragung. Ihre Erörterung liefert eine werkstoffmechanische
Bestätigung für das Konzept normierter Wöhlerlinien, Abschn. 2.1–7.
Die Wöhlerlinie für ak = 1 ergibt sich als Abbild der elastischen Linie
aus Abb. 3.3–6. Aus dem Vergleich von Gl. (3.3–4) mit Gl. (2.1–19) und mit
sa = Sa = ea,e · E folgt für die Neigung
k = – 1 /b (3.3–39
und des weiteren mit N = 1/2 nach Gl. (3.2–5)
ND · SDk = sf¢ (– 1 / b) / 2 . (3.3–81)
Die Wöhlerlinien für die Formzahlen ak = 2,5 und 5,2 verlaufen bei Span-
nungsamplituden Sa kleiner als sT wesentlich steiler als die Wöhlerlinie für
ak = 1, jedoch für Spannungsamplituden Sa oberhalb von sT mit einer sich
zu kleineren Schwingspielzahlen hin verflachenden Neigung von unten
asymptotisch an die Wöhlerlinie für ak = 1 heran. Die gestrichelten Kur-
venverläufe ergeben sich aus der vereinfachten Form der Neuber-Regel
Gl. (3.3–47), d.h. wenn auch bei höhern Spannungsamplituden Sa eine rein
elastische Nenndehnung ea des Kerbquerschnitts angesetzt wird.
426 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Erörterung der berechneten Wöhlerlinien


Bei Beachtung des plastischen Anteils an der Nenndehnung ea zweigen die
ausgezogenen Linien mit einer Annäherung der Spannungsamplitude Sa an
die Spannung s T nach links von den gestrichelten Linien ab, wobei die Ver-
zweigungspunkte B in den Abb. 3.3–34 und 3.3–61 einander zugeordnet sind.
In der Betrachtungsweise des Abschn. 2.1.7 stellt sich dieser Sachverhalt als
die Abgrenzung zwischen dem Zeit- und dem Kurzzeitfestigkeitsbereich dar.
Statt Gl. (2.1–21) kann dafür auch die Bedingung stehen, dass die Nennspan-
nungsamplitude Sa den Verzweigungspunkt B nicht übersteigen soll, um eine
integrale plastische Verformung des Kerbquerschnitts auszuschließen.
Der Gültigkeitsbereich normierter Wöhlerlinien entspricht damit dem
Gültigkeitsbereich der vereinfachten Form der Neuber-Regel Gl. (3.3–47). Die
mit ihr zu errechnenden Wöhlerlinien (gemäß der gestrichelten Fortsetzung)
haben für alle Formzahlen die gleiche Form und sie sind bei dem logarith-
mischen Ordinatenmaßstab parallel zueinander im Verhältnis der Formzahl
ak nach unten verschoben, wie es auch für normierte Wöhlerlinien unter-
stellt ist.
Weiterhin beantwortet Abb. 3.3–61 die Frage, wie der Übergang von der
Neigung k = 15 der normierten Wöhlerlinie für ungekerbte Querschnitte,
Abb. 2.1–17, auf die Neigung k = 5 der normierten Wöhlerlinien für gekerb-
te Querschnitte, Abb. 2.1–18 und 19, in seiner Formzahlabhängigkeit zu ver-
stehen ist: Oberhalb des Verzweigungspunktes B ändern alle Wöhlerlinien
ihre Neigung asymptotisch auf k = 15. Je kleiner die Formzahl ak , umso
mehr verlagert sich der Verzweigungspunkt zu einer höheren Schwingspiel-
zahl und umso weniger verbleibt von dem steil geneigten Teil der Wöhlerli-
nie. Für die Formzahl ak = 1 liegt der Verzweigungspunkt auf oder gar unter-
halb der Dauerfestigkeit. Insofern ist die gesamte Zeitfestigkeitslinie eines
ungekerbten Querschnitts im Grunde dem Kurzzeitfestigkeitsbereich zuzu-
rechnen und dementsprechend gilt k = 15. Das heißt aber mit anderen Wor-
ten, dass kein formzahlabhängiger stetiger Übergang von der Neigung k = 15
auf k = 5 anzunehmen ist, sondern dass sich die unterschiedlichen Nei-
gungswerte k = 15 und k = 5 aus der konsequenten Abgrenzung zwischen
dem Bereich der Kurzzeitfestigkeit und dem Bereich der Zeitfestigkeit er-
klären.

Vergleich mit Versuchsergebnissen


Um die Zusammenhänge deutlich zu machen, wurden die Wöhlerlinien in
Abb. 3.3–61 mit einem unrealistischen Wert c = – 0,84 berechnet. Zum Ver-
gleich mit Versuchsergebnissen für Stahl Ck45 und Stahl 42CrMo4 in den
Abb. 3.3–62 und 3.3–63 sind hingegen die Werte b = – 0,067 und c = – 0,50
gewählt und die Werte s T und NT durch eine bestmögliche Anpassung an die
Ergebnisse für ak = 2,5 bestimmt. Auf den ersten Blick erscheint die Über-
einstimmung der rechnerischen Wöhlerlinien mit den Versuchsergebnissen
nicht sonderlich überzeugend:
3.3.8 Kerbgrundbeanspruchung und normierte Wöhlerlinien 427

Abb. 3.3–62. Rechnerische Nennspannungs-Wöhlerlinien und Versuchsergebnisse für den


Stahl Stahl Ck45; s. auch Abb. 3.3–64

Abb. 3.3–63. Rechnerische Nennspannungs-Wöhlerlinien und Versuchsergebnisse für den


Stahl 42CrMo4

Nur beim Stahl 42CrMo4 decken sich auch die Versuchspunkte für ak = 1
mit der rechnerischen Linie, bei Stahl Ck45 liegen die Versuchspunkte zwar
parallel zu ihr, aber doch deutlich darunter. Diese Abweichung kann jedoch
unschwer aus einer anomalen Gefügebeschaffenheit des untersuchten Stah-
les Ck45, Abb. 3.3–64, und der dazu unterschiedlichen Ausbreitungsrichtung
der Schwinganrisse erklärt werden. Für die Formzahl ak = 5,2 liegen die Ver-
suchspunkte für beide Stähle oberhalb der rechnerischen Linie, worin eine
428 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Riss bei
ungekerbten Blechoberfläche
Proben Schliffebene

Riss bei
gekerbten Proben
Abb. 3.3–64. Anomale Gefügebeschaffenheit der Bleche aus Stahl Ck45 im Anlieferungs-
zustand und dazu unterschiedliche Ausbreitungsrichtung der Schwinganrisse bei den un-
gekerbten und den gekerbten Prüfstäben

anteilig höhere Lebensdauer in der Rissfortschrittsphase sowie ein statisti-


scher Größeneinfluss, Abschn. 3.5.6, zum Ausdruck kommen dürfte. Recht
befriedigend ist die Übereinstimmung der rechnerischen Wöhlerlinie für
ak = 5,2 mit einer normierten Wöhlerlinie der Neigung k = 5.
Unter Beachtung der erklärbaren Abweichungen darf zumindest in quali-
tativer Hinsicht eine recht befriedigende Übereinstimmung von Versuch und
Rechnung verzeichnet und eine grundsätzliche Bestätigung für das Konzept
normierter Wöhlerlinien vermerkt werden.
3.3.9 Kritik des Kerbgrund-Konzeptes 429

3.3.9
Kritik des Kerbgrund-Konzeptes

Neuere Verfahren der Lebensdauerberechnung unterscheiden zwischen der


Lebensdauerphase der Rissentstehung und der Lebensdauerphase des Riss-
fortschritts. Das örtliche, elastisch-plastische Beanspruchungsgeschehen an
den schwingbruchkritischen Kerbstellen eines Bauteils wird für die Lebens-
dauerphase der Rissentstehung als maßgeblich angesehen und nach dem
Kerbgrund-Konzept rechnerisch erfassbar. Grundlage der Berechnung sind
die aus dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen zu gewinnenden Werk-
stoff-Kenndaten.
Die mit dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen entwickelte Art der
Betrachtung macht bewusst, dass spannungskontrollierte Wöhler-Versuche
an ungekerbten Prüfstäben eine wesentliche Beanspruchungsgröße, nämlich
die plastische Dehnungsamplitude, unberücksichtigt lassen, was unter ande-
rem bei einer Umrechnung auf Wöhlerlinien für gekerbte Querschnitte ge-
wisse Widersprüche aufkommen lässt, Abschn. 3.3.9. Andererseits vermisst
man in der Regel bei dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen statistisch
gut belegte Versuchsreihen. Ebenso wird bei ihnen meist auf eine Bestim-
mung der Dauerfestigkeit verzichtet [264, 265].
Mit einer physikalisch zutreffenden Beschreibung des örtlichen Beanspru-
chungsgeschehens besteht die Möglichkeit, die durch örtliche Plastizierung
im Kerbgrund hervorgerufenen Eigenspannungen quantitativ zu erfassen
und über eine entsprechende Korrektur der örtlich wirksamen Mittelspannung
eine grundsätzliche Verbesserung der Lebensdauerberechnung zu erreichen.
Mit dem Berechnen der örtlichen Spannungs-Dehnungs-Hysteresen wird zu-
gleich die Frage gelöst, wie eine komplexe Beanspruchungs-Zeit-Funktion in
eine Folge von einzelnen Schwingspielen zu zerlegen ist: Jede geschlossene
Hystereseschleife bestimmt ein komplettes Schwingspiel mitsamt seinem
Schädigungskennwert P. Für nichtproportionale Beanspruchungen ist diese
Betrachtungsweise allerdings nicht zutreffend und bei den dafür entwickelten
Berechnungskonzepten besteht noch ein erheblicher Forschungsbedarf.
Mit der Formzahl geht ein wesentlicher Kennwert der Bauteilgestalt in die
Berechnung ein. Eigenschaften des Bauteilwerkstoffs werden über seine
zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve quantitativ berücksichtigt. Idealisie-
rend wird vorausgesetzt, dass sich das Spannungs-Dehnungs-Verhalten des
Werkstoffs nach wenigen anfänglichen Belastungszyklen stabilisiert und
dass das stabilisierte Verhalten für den wesentlichen Teil der Lebensdauer
gilt. Das Einbeziehen einer zyklischen Ver- oder Entfestigung, einer Span-
nungsrelaxation oder eines zyklischen Kriechens, Abb. 3.3–9, ist offenbar
ohne große Auswirkung auf den rechnerischen Lebensdauerwert [268, 324].
Eine Abklärung dieses Einflusses kann unschwer über vergleichende Berech-
nungen geschehen [302].
Zur Umrechnung von der Nennbeanspruchung auf die Kerbgrundbe-
anspruchung wird vorwiegend die von Neuber angegebene Beziehung Gl.
430 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

(3.3–41) benutzt, die als eine brauchbare Näherungslösung angesehen wer-


den darf und mit einer leichten Überschätzung der plastischen Dehnungs-
anteile die Tendenz zu rechnerisch niedrigeren Lebensdauerwerten beinhal-
tet, als sie mit der zutreffenderen Seeger-Formel erhalten werden.
Als grundsätzlicher Einwand kann dem Kerbgrund-Konzept entgegenge-
halten werden, dass hohe Schwingspielzahlen als Lebensdauerforderung be-
dingen, dass die Beanspruchungshöhe niedrig und demgemäß die plasti-
schen Dehnungsbeträge gering sind. Damit verringert sich aber auch der
Unterschied zu einer Berechnung nach dem Nennspannungs-Konzept.
Entscheidend für die Verlässlichkeit und Brauchbarkeit des Kerbgrund-
Konzeptes ist die geeignete Definition eines leistungsfähigen Schädigungs-
parameters. Bei dem vorwiegend benutzten Schädigungsparameter nach
Smith, Watson und Topper Gl. (3.3–32) werden Reihenfolgeeinflüsse nur in-
soweit berücksichtigt, als sie sich mit einer veränderten Mittelspannung dar-
stellen. Weitere Reihenfolgeeinflüsse aus Wechselwirkungen zwischen hohen
und niedrigen Spannungsausschlägen der Beanspruchungs-Zeit-Funktion
können dem Erkenntnisstand der Werkstoffmechanik entsprechend mit dem
Schädigungsparameter nach Vormwald, sowie unter Einschränkungen mit
dem Schädigungsparameter nach Haibach und Lehrke oder mit dem Schä-
digungsparameter nach Hanschmann berücksichtigt werden, während Ober-
flächen-, Randschicht-, und Eigenspannungseinflüsse bisher nur näherungs-
weise über spezielle Vorgehensweisen berücksichtigt werden können.
Als unbefriedigend ist zu vermerken, dass mit den bekannten Schädi-
gungsparametern bislang die Forderungen nach einer möglichst zutreffen-
den Beschreibung des vollständigen Haigh-Schaubildes gekerbter Bauteile
einerseits und nach einer möglichst zutreffenden Behandlung der Mittel-
spannungs- und Reihenfolgeeinflüsse bei der Schädigungsakkumulations-
Rechnung andererseits noch nicht gleichzeitig gleich gut erfüllbar sind.
Nachteilig wird auch empfunden, dass die Schädigungsanteile nicht in der
gewohnten Weise aus der Wöhlerlinie des betrachteten Bauteils, sondern aus
speziellen Werkstoffdaten errechnet werden und dass Kerbeinflüsse auf die
Gestaltfestigkeit pauschal einzig über die Formzahl ak (im Unterschied zu
bk) abgedeckt werden müssen. Daten und Erfahrungswerte aus der her-
kömmlichen Schwingfestigkeitsforschung können deshalb kaum in Lebens-
dauerberechnungen nach dem Kerbgrund-Konzept einfließen. Das Verfahren
der s-e-basierten Amplituden-Transformation wird den Anforderungen an
ein Verfahren zur Lebensdauerberechnung schwingbeanspruchter Bauteile in
diesem Punkte besser gerecht.
Nach den zusammenfassenden Auswertungen experimentell überprüfter
Lebensdauerberechnungen in [244, 240, 300, 301] wird gegenwärtig dem
Nennspannungs-Konzept noch die größere Verlässlichkeit der Lebensdauer-
vorhersage zugestanden, wenngleich auch die danach errechneten Lebens-
dauerwerte nicht selten auf der unsicheren Seite liegen.
Doch wird in der Praxis keineswegs immer ein unbedingt exakt zutref-
fender Lebensdauerwert gefordert sein, sondern auch ein näherungsweise
3.4.1 Spannungsfeld eines Risses 431

zutreffender Lebensdauerwert wird annehmbar sein, sofern er auf der


sicheren Seite liegt. Solche Lebensdauerwerte, die in fast allen bisher unter-
suchten Beispielen (mit Ausnahme eines offensichtlich fehlerbehafteten) auf
der sicheren Seite lagen, wurden bisher nach dem Verfahren der Amplitu-
den-Transformation in Verbindung mit dem Schädigungsparameter nach
Haibach und Lehrke errechnet; in Fällen mit schädigungsdominanten
Schwingspielen im Druckbereich mögen die so errechneten Lebensdauer-
werte vielleicht sehr weit auf der sicheren Seite liegen. Das Verfahren der
Amplitudentransformation ist aber nicht an eine Verwendung des Schädi-
gungsparameters nach Haibach und Lehrke gebunden, sondern wäre mit
noch besseren Ergebniserwartungen auch mit dem Schädigungsparameter
nach Vormwald anwendbar.
Dieser aus dem Schädigungsparameter nach Haibach und Lehrke weiter-
entwickelte Schädigungsparameter nach Vormwald vermeidet nicht nur des-
sen systematische Unterschätzungen der Lebensdauer, sondern gestattet da-
rüber hinaus aufgrund seiner bruchmechanischen Begründung u.a. auch die
Einbeziehung von Oberflächeneinflüssen auf die Bauteil-Lebensdauer. Von
allen bisher vorgeschlagenen Schädigungsparametern zeichnet er sich durch
den derzeit höchsten Entwicklungsstand aus.

3.4
Lebensdauerberechnung anhand des Rissfortschritts
3.4.1
Spannungsfeld eines Risses
Mit dem Auftreten eines Schwinganrisses wird das Bauteilverhalten unter der
weiterhin einwirkenden Schwingbeanspruchung durch eine fortschreitende
Rissvergrößerung bestimmt, die schließlich auf einen Gewaltbruch im Rest-
querschnitt oder auf ein Bauteilversagen durch unzulässige Verformung an der
Rissstelle hinführt. Gleiches gilt für Bauteile mit einem anderweitig bedingten,
anfänglichen Riss oder rissähnlichen Fehler im schwingbruchkritischen Quer-
schnitt.
Für den Rissfortschritt wird das Beanspruchungsgeschehen an der Riss-
spitze als maßgebend angesehen [325–327]. Es kann nach einer von Wester-
gaard entwickelten Methode und mit einem von Irwin eingeführten Span-
nungsintensitätsfaktor K bei elastischem Werkstoffgesetz für einen durch die
einwirkende Spannung S normalbeanspruchten Riss (Modus I) durch die
Spannungsgleichungen
sx = K · (1/ a0
2p · r) · cos b / 2 · (1 – sin b / 2 · sin 3 b / 2) , (3.4–1)
sy = K · (1/ a0 2 · cos b / 2 · (1 + sin b / 2 · sin 3 b / 2) ,
2 p · r)
txy = K · (1/ a01
2 p · r) · cos b / 2 · sin b / 2 · cos 3 b / 2 ,
432 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–1. Koordinatensystem


im Bereich der Rissspitze
und Spannungsverteilung für
das Ligament

beschrieben werden, Abb. 3.4–1. Nahe der Rissspitze, bei r gegen null,
nehmen sx und sy unendlich große Werte an, was natürlich nur für den
betrachteten ideal-elastischen Werkstoff gelten kann und bei realem Werk-
stoffgesetz eine plastische Zone vor der Rissspitze zu berücksichtigen er-
fordert. Dass es sich bei (3.4–1) um eine Nahfeldlösung für die Spannun-
gen vor der Rissspitze handelt, wird bei Abschätzungen über die Größe
der plastischen Zone aber meistens nicht gebührend beachtet, Abschn. 3.4.7.
So klingen sx und sy nach (3.4–1) in großem Abstand von der Rissspitze
mit 1/ a2r auf null ab, was bei einachsiger Beanspruchung zwar für sx zu-
treffend ist, für sy jedoch einen Widerspruch zu der anliegenden Spannung
S insofern bedeutet, als sy für r Æ • den Wert S annehmen müsste.
So wird die Spannung auf der x-Achse – im Unterschied zu der überwie-
gend gebräuchlichen Nahfeldlösung Gl. (3.4–1) – mit der geschlossenen Lö-
sung für das Spannungsfeld einer zugbeanspruchten Westergaard-Rissschei-
be mit Mittenriss 2 · a auch ausgewiesen als [31]

sy = S / a0 0
1– (a / x)2 für x ≥ a (3.4–2)

mit sy = • für x = a und sy = S für x = •·


Für die Hauptspannungen s1 und s2 , die für b = 0°, für b = ± 60° sowie
für b = ± 180° in Richtung der x-y-Achsen wirken, folgt daraus:

s1 = K · (1 / a9
2p · r) · cos b / 2 · (1 + sin b / 2) , (3.4–3)

s2 = K · (1 / a9
2p · r) · cos b / 2 · (1 – sin b / 2)

und für den ebenen Spannungszustand mit sz = 0


s3 = sz = 0 (3.4–4)

oder für den ebenen Dehnungszustand mit e3 = ez = 0

s3 = 2 · n · K · (1/ a0
2p · r) · cos b / 2 . (3.4–5)
3.4.1 Spannungsfeld eines Risses 433

Abb. 3.4–2. Rissöffnungsarten nach Modus I, II und III

Auf dem Ligament, d.h. für b = 0° auf der x-Achse vor der Rissspitze, neh-
men Gl. (3.4–1) und Gl. (3.4–3) eine sehr einfache Form an:

sx = sy = s1 = s2 = K(1/ a0
2p · r); txy = t1 2 = 0 . (3.4–6)

Der Spannungsintensitätsfaktor

K = S · a9
p · a · Y(a) (3.4–7)

ist dabei abhängig von der äußeren Spannung S, von der Risslänge a und
darüber hinaus von der Rissgeometrie, von dem Beanspruchungsfall sowie
– mit der Unterscheidung als KI , KII oder KIII – von der Rissöffnungsart,
Abb. 3.4–2. Die Rissöffnungsart nach Modus I ist allerdings von vornehm-
licher praktischer Bedeutung, weil der Widerstand des Werkstoffs gegenüber
Beanspruchungen nach Modus I in aller Regel geringer ist als nach Modus II
oder III [31]. Mit einer vereinfachenden Bezeichnung als K (ohne Index) ist
deshalb zumeist der Spannungsintensitätsfaktor KI gemeint.
Die Geometriefunktion Y(a) muss entsprechend der Rissöffnungsart ge-
wählt werden. Sie ist für typische Geometrien und Beanspruchungsfälle im
Schrifttum zu finden oder im Einzelfall gesondert zu bestimmen, Abschn.
3.4.10. In der Regel gilt Y(a) in Verbindung mit der Spannung S, die sich für
den Rissquerschnitt ohne Beachtung des Risses errechnet. Speziell für den
Mittenriss in einer Scheibe unter Normalspannung S gilt beispielsweise
Abb. 3.4–3, bei unendlicher Breite b

Y(a) = 1 (3.4–8)

und bei endlicher Breite b mit S = F / (b · d) und z = 2 a / b für 0 ⬉ z ⬉ 0,9

Y(a) = (1 – 0,025 · z2 + 0,06 · z4) · (cos p · z / 2)–1/2 . (3.4–9)


434 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–3. Zugbeanspruchte


Scheibe mit Mittenriss

Die Anwendbarkeit des Spannungsintensitätsfaktors ist im Prinzip auf den


Geltungsbereich der linear-elastischen Bruchmechanik begrenzt, die sich mit
Rissen mit einer im Verhältnis zur Risslänge kleinen plastisch verformten
Zone vor der Rissspitze in einer ansonsten elastisch beanspruchten Werk-
stoffumgebung befasst. Bedingt und in gewissen Grenzen ist der Spannungs-
intensitätsfaktor mit einer fallweise zu bestimmenden Umrechnung auch auf
Risse in einer elastisch-plastisch beanspruchten Werkstoffumgebung an-
wendbar Gl. (3.4–26) und 3.4.5. Für die Mehrzahl der nachfolgend beschrie-
benen Verfahren zur Berechnung des Rissfortschritts gelten die genannten
Voraussetzungen der linear-elastischen Bruchmechanik.
Das von Rice [328] abgeleitete J-Integral ist darüber hinaus auch im Gel-
tungsbereich der sog. elastisch-plastischen Bruchmechanik als Kennwert der
Beanspruchung im Umfeld der Rissspitze geeignet. Wie der Spannungsinten-
sitätsfaktor hängt es von der Risslänge und anderen Geometriefaktoren, so-
wie vom Werkstoffgesetz und der Belastung ab. Für ein ebenes Rissproblem
stellt sich das J-Integral dar als ein Linienintegral über einen beliebigen In-
tegrationsweg C, der an den gegenüberliegenden Rissufern startet bzw. endet
und die Rissspitze entgegen dem Uhrzeigersinn umläuft, Abb. 3.4–4.

J = ∫ (U · dab – sib · ui, a) · nb dc (3.4–10)


C

Zur analytischen Herleitung und Ausdeutung dieser Formel und zu ihrer


numerischen Auswertung sei auf das einschlägige Schrifttum verwiesen
[326–327]; der Klammerausdruck bedeutet den Energie-Impuls-Tensor der
Elastostatik und nb bezeichnet den ortsabhängigen Normalenvektor auf dem
Integrationsweg C. Bei elastischem Werkstoffverhalten und unter der Vor-
aussetzung unbelasteter und gerade verlaufender Rissufer ist das J-Integral
wegunabhängig und damit ist der Verlauf des Integrationswegs C beliebig
3.4.1 Spannungsfeld eines Risses 435

Abb. 3.4–4. Zur Berechnung des J-Integrals

wählbar. Diese Wegunabhängigkeit kann mit Vorteil zur numerischen Be-


rechnung des J-Integrals für konkrete Risskonfigurationen genutzt werden.
Die wegunabhängige Berechnung nach Gl. (3.4–10) gilt in brauchbarer
Näherung aber auch noch bei einem elastisch-plastisch beanspruchten Um-
feld des Risses, z.B. bei Rissen in Kerben. Bei solchen Berechnungen nach der
Finite-Element-Methode oder der Randelement-Methode wird der Integra-
tionsweg C zweckmäßig in hinreichender Entfernung von der Rissspitze so
gewählt, dass er durch einen rein elastisch beanspruchten Bereich verläuft.
Eine aufwendige, genaue Berechnung des Spannungsfeldes im Rissspitzenbe-
reich bei feiner Elementierung kann damit entfallen.
Für Risse im elastisch-plastischen Umfeld zeigt sich, dass die Lösung für J
zusammengesetzt ist aus einem „elastischen“ Anteil Je , wie er für den Riss im
elastischen Umfeld erhalten wird, additiv vergrößert um einen „plastischen“
Anteil Jp :

J = Je + Jp (3.4–11)

In einer energetischen Interpretation entspricht das J-Integral der Energie-


freisetzungsrate beim Rissfortschritt in einem elastischen Körper, und dem-
zufolge gilt unter dieser Bedingung mit Bezug auf Abb. 3.4–2:

J = JI + JII + JIII = KI2 / E¢ + KII2 / E¢ + K III


2 / 2G (3.4–12)

mit E¢ = E im ebenen Spannungszustand und E¢ = E / (1 – m2) im ebenen Ver-


formungszustand. Daraus folgt für Belastungen mit Rissöffnung nach rei-
nem Modus I, II oder III eine weitere vorteilhafte Berechnung der Span-
nungsintensitätsfaktoren:

KI = aJ8
I / E¢, (3.4–13)

KII = a9
JII / E¢ ,

KIII = a0
JIII /E¢ .
436 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

3.4.2
Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung

Kenndaten des Rissfortschritts unter Schwingbeanspruchung werden aus


Rissfortschritts-Versuchen gewonnen, die meist wie Wöhler-Versuche bei
konstanter Amplitude der Schwingkraft durchgeführt werden.
Unter der Vorstellung, dass zyklische Verformungen an der Rissspitze für
den Rissfortschritt maßgebend und ihrerseits von der Schwingbreite der
Spannung DS und damit von der Schwingbreite des Spannungsintensitäts-
faktors
DK = DS · a9
p · a · Y(a) (3.4–14)

bestimmt sind, betrachtet man DK nach Paris [329] als den geeigneten Be-
anspruchungskennwert bei schwingender Beanspruchung. DK steigt mit
zunehmender Risslänge a an, selbst wenn die Schwingbeanspruchung mit
gleichbleibender Spannungsamplitude einwirkt.
Um den Werkstoffeinfluss zu erfassen, wird an geeigneten Prüfkörpern,
z.B. an einer axialbelasteten Scheibe mit Mittenriss, die Zunahme der Riss-
länge a als Funktion der Schwingspielzahl n gemessen und durch punktwei-
ses Differenzieren der Risslängenkurve a = a(n) und Ausgleichsrechnung die
Rissfortschrittsrate da / dn als Funktion von DK bestimmt [330], Abb. 3.4–5.
Bei doppellogarithmischer Auftragung von da / dn über DK ergibt sich übli-
cherweise ein S-förmiger Kurvenverlauf, Abb. 3.4–6. Im mittleren Bereich II
Rissfortschrittsrate da/dn (log)
Risslänge a

Abb. 3.4–5. Gemessene Rissänge a als Funktion der Schwingspielzahl N und daraus abge-
leitete Rissfortschrittsraten da / dn als Funktion der Schwingbreite des Spannungsintensi-
tätsfaktors DK
3.4.2 Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung 437

Abb. 3.4–6. S-förmiger Verlauf


und Bereiche I, II und III
der Kurve da /dN über DK bei
doppellogarithmischer Auf-
tragung

lässt sich dieses Rissfortschrittsgesetz durch eine Gerade entsprechend der


Paris-Gleichung
da / dn = C · DK m (3.4–15)
annähern, wobei sich die Kenngrößen C und m sowohl vom Werkstoff wie
auch vom Spannungsverhältnis R abhängig erweisen. Für den Exponenten m
liegen kennzeichnende Werte zwischen m = 2 und 4. Die Konstante C, als
Rissfortschrittsrate für einen Wert DK gleich 1, weist nicht nur eine unan-
schauliche Dimension auf, sondern als Zahlenwert auch noch eine unlieb-
same Kopplung mit dem Exponenten m. Besser wird die Paris-Gleichung
deshalb geschrieben als

da / dn = (da / dn)* · (DK / DK*)m , (3.4–16)

wobei DK* und m entkoppelt sind, wenn mit (da / dn)* und DK* ein Bezugs-
punkt etwa im Schwerpunkt der experimentellen Daten gewählt wird. DK*
bedeutet dann die Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors bei der
Rissfortschrittsrate (da / dn)*, z.B. bei (da / dn)* = 10–3 mm pro Schwingspiel.
Im Bereich I nähert sich die S-förmige da/dn-Kurve asymptotisch einem
Schwellwert DK0 des Spannungsintensitätsfaktors; unterhalb dieses Schwell-
wertes tritt kein Rissforschritt auf. DK0 kann nur sehr zeitaufwendig ermittelt
werden, z.B. durch stufenweises Verringern der angelegten Spannung, bis der
Rissfortschritt zum Stillstand kommt, oder durch ein stufenweises Steigern
der Spannung bis zum neu beginnenden Rissfortschritt in einer zuvor ange-
rissenen und dann spannungsfreigeglühten Probe, oder durch den Rissstill-
stand bei einer Probenform, deren Spannungsintensitätsfaktor mit der Riss-
länge abnimmt.
438 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Im Bereich III beschleunigt sich der Rissfortschritt bis zum Restbruch, der
entweder als Sprödbruch auftritt, wenn die kritische Spannungsintensität
Kc erreicht wird, d.h. wenn DK R-abhängig mit der Risslänge angewachsen
ist auf
DKc = (1 – R) · Kc , (3.4–17)
oder als Schubbruch, wenn der verbleibende Restquerschnitt, bei Beachtung
der Dehnungsbehinderung im Bereich der Rissspitze, unter der einwirken-
den Spannung plastisch verformt wird [326].

Erweiterte Rissfortschrittsgleichungen
Durch Abwandlung der Paris-Gleichung (3.4–15) wurde versucht, das Riss-
fortschrittsgesetz auch über den Bereich II hinaus zu beschreiben, so z.B. in
den Bereichen I und II [331] als
da / dn = C · [DK m – DK0m] , (3.4–18)
oder in den Bereichen II und III einschließlich seiner R-Abhängigkeit mit
der Forman-Gleichung [332] als

da / dn = C · DK m / [(1 – R) · Kc – DK] , (3.4–19)


oder in deren weiterer Abwandlung für die Bereiche I, II und III [333] als
da / dn = C · [DK – DK0]m / [(1 – R) · Kc – DK] (3.4–20)
oder auch [229] als
da / dn = C · [DK m – DK0m] / [(1 – R) · Kc – DK] . (3.4–21)
Die Konstanten C und m nehmen allerdings bei Gl. (3.4–18) bis Gl. (3.4–21)
jeweils andere Werte an als für die Paris-Gleichung (3.4–15), aber es gelten
auch die bei Gl. (3.4–15) gemachten Anmerkungen zur Dimension von C und
zur Kopplung der Zahlenwerte von C und m.

Rissfortschrittsgleichungen mit dem J-Integral


Für Rissfortschrittsberechnungen anhand des J-Integrals lassen sich im Gel-
tungsbereich der linear-elastischen Bruchmechanik die vorstehenden Glei-
chungen nach Gl. (3.4–13) statt mit DK auch mit der Schwingbreite des J-In-
tegrals DJ anschreiben. Ohne notwendige Umrechnung für die Konstanten C
und mit der einfachen Umrechnung für m
mJ = m / 2 (3.4–22)
ist dies bei der Schreibweise von Gl. (3.4–16) möglich:
da / dn = (da / dn)* · (DJ / DJ*)mJ . (3.4–23)
3.4.2 Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung 439

Die Umrechnung nach Gl. (3.4–13) gilt ebenso auch für die übrigen Kenn-
werte in Gl. (3.4–17) bis Gl. (3.4–21), allerdings mit einer jeweils erforder-
lichen Umrechnung der betreffenden Konstanten C.

Werkstoffliche Einflüsse
Werkstoffliche Einflüsse auf den Rissfortschritt wirken sich insbesondere im
Bereich I über DK0 sowie im Bereich III über Kc auf die Rissfortschrittsrate
da / dn aus, Abb. 3.4–7. Daneben ist mit dem Spannungsverhältnis R ein be-
anspruchungsabhängiger Einfluss auf die Rissfortschrittsrate gegeben. Er
kann weitgehend über eine effektive Schwingbreite der Spannungsintensität
erklärt werden. Im einfachsten Fall, der nach [335] beim Vorliegen eines ebe-
nen Dehnungszustandes (dicke Rissscheiben) zutrifft, Abb. 3.4–8, bestimmt
sie sich aus der Vorstellung, dass sich der Riss unter Druckspannung schließt,
und dass deshalb nur in der Zugspannungsphase des Schwingspiels ein Riss-
fortschritt erfolgt, d.h.
DKeff = DK / (1 – R) für R ⬉ 0 , (3.4–24)
DKeff = DK für R > 0 .
Andererseits zeigten mikroskopische Beobachtungen und Verformungsmes-
sungen an der Rissspitze bei Versuchen von Elber [336], dass es bei Blechen
aus der Aluminium-Legierung 2024-T3 R-abhängig einer Spannung im Zug-
bereich bedurfte, um den Riss zu öffnen, sodass sich eine effektive Schwing-
breite ergab als
DKeff = U · DK = (0,5 + 0,4 · R) · DK für – 0,1 < R < 0,7 . (3.4–25)
Rissfortschrittsrate da / dn in mm

Abb. 3.4–7. Rissfortschrittskurve für den Stahl 300-M in unterschiedlicher Wärmebe-


handlung, nach Ritchie aus [326]
440 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–8. Rissfortschrittsraten da / dn für Spannungsverhältnisse R = + 0,5; + 0,1; – 0,5 und


– 1,0 bei ebenem Dehnungszustand, aufgetragen mit der vollen Schwingbreite des Span-
nungsintensitätsfaktors DK bzw. mit der effektiven Schwingbreite des Spannungsinten-
sitätsfaktors DKZug ; Stahl 30 CrMoNiV 5 11 mit Rm = 840 N/mm2, f = 10 Hz, 20 °C [335]

Eine entsprechende Auswertung aus [326] zeigt Abb. 3.4–9, wobei allerdings
U = (0,6 + 0,5 · R) gewählt ist, wie überhaupt der Elber’sche Ansatz nicht un-
umstritten blieb [334]. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich bei den zu ver-
zeichnenden Unterschieden der Funktion U um eine aus dem ebenen Span-
nungszustand (dünne Bleche) bedingte Erscheinung handelt [337], und dass
die Unterschiede vielleicht nur mittelbar im Werkstoff und primär in einer
unterschiedlichen Blechdicke begründet liegen.
Nach neueren Untersuchungen ist zu unterscheiden zwischen einem tran-
sienten, von der Risslänge abhängigen Rissöffnungs- und Rissschließverhal-
ten und einem stabilisierten, von der Risslänge unabhängigen Rissöffnungs-
und Rissschließverhalten, welches maßgeblich vom Spannungsverhältnis und
der Oberspannung bestimmt wird. Bei sehr kurzen Rissen wurde festgestellt,
dass sie während des gesamten Schwingspiels geöffnet sind. Im Zuge des
Risswachstums steigt die Rissöffnungsspannung bis auf den stabilisierten
Wert an. Weiterhin ist bekannt, dass sich die Stabilisierung relativ schnell
vollzieht. Eine Übersicht zum neueren Erkenntnisstand ist in [338] zu finden.
Für das stabilisierte Verhalten hat Newman [299] zur Berechnung der Riss-
öffnungsspannung eine Näherungsformel angegeben, die eine gute Über-
einstimmung mit experimentellen und numerischen Untersuchungen zeigt.
Sie kommt in Verbindung mit dem Schädigungsparameter PJ , Abschn. 3.3.5,
und für die Berechnung des Rissfortschritts kurzer Risse, Abschn. 3.4.5, zur
Anwendung und sie ist dort aufgeführt, s. Gl. (3.4–95).
Als eindeutige Einflussgröße des Werkstoffs erweist sich der Elastizitäts-
modul. Die Auftragung von Rissfortschrittsdaten für recht unterschiedliche
3.4.2 Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung 441

Abb. 3.4–9. Einheitliche Riss-


fortschrittsraten für verschie-
dene Werte des Spannungs-
verhältnisses bei Auftragung
mit der effektiven Schwing-
breite des Spannungsinten-
sitätsfaktors [326]

Werkstoffe über DK / E führt auf ein schmales, einheitliches Streuband [223],


Abb. 3.4–10, ebenso eine Auftragung von Schwellwerten DK0 / E, Abb. 3.4–11.
Die Auftragung von Rissfortschrittsdaten über DK / E scheint selbst über die
Gültigkeitsgrenzen der linear-elastischen Bruchmechanik hinaus brauchbar
zu sein: Bei einer elastisch-plastischen Beanspruchung des Rissquerschnitts
liegen die mit dem dehnungsbezogenen Spannungsintensitätsfaktor

DKe = E · Det · a8
p·a (3.4–26)
aufgetragenen Daten im üblichen Erfahrungsbereich [339], Abb. 3.4–12. Das
heißt aber auch, dass die Auftragung über DK / E, Abb. 3.4–10, als ein werk-
stoff-unabhängiger Zusammenhang zwischen der Rissfortschrittsrate und
der Schwingbreite bzw. der Amplitude der (elastisch-plastischen) Gesamt-
Dehnung verstanden werden darf.
442 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–10. Einheitliches


Streuband der Rissfort-
schrittsraten unterschied-
licher Werkstoffe bei Auftra-
gung über DK / E in m1/2 [326]

Abb. 3.4–11. Einheitliches Streuband für die Schwellwerte DK0 unterschiedlicher Werk-
stoffe bei Auftragung von DK0 /E über R [326]
3.4.3 Rissfortschritt bei konstanter Schwingbreite der Spannung 443

a b
Abb. 3.4–12a,b. Rissfortschrittskurven des Stahles SAE 1018 für unterschiedliche Schwing-
breiten der plastischen Dehnung im Rissquerschnitts [339]; a als Funktion des (span-
nungsbezogenen) Spannungsintensitätsfaktors DK nach Gl. (3.4–14), b als Funktion des
dehnungsbezogenen Spannungsintensitätsfaktors DKe nach Gl. (3.4–26)

3.4.3
Rissfortschritt bei konstanter Schwingbreite der Spannung

Für ein Bauteil mit vorhandenem Anfangsriss der Größe ao ist die ertrag-
bare Schwingspielzahl N bestimmt durch den Rissfortschritt bis zu einer
kritischen Rissgröße ac , bei der das endgültige Bauteilversagen eintritt.
Diese Schwingspielzahl lässt sich aus Rissfortschritts-Daten, ermittelt nach
Abschn. 3.4.2, und unter Ansatz der bruchmechanischen Modellgesetze des
Rissfortschritts berechnen, gegebenenfalls unter zusätzlicher Beachtung der
im Abschn. 2.4.5 oder Abschn. 3.4.8 aufgezeigten Einflüsse der Lastfolge auf
einen verzögerten oder beschleunigten Rissfortschritt.
Für den Fall einer Schwingbeanspruchung mit konstanter Schwingbreite
DS kann die ertragbare Schwingspielzahl N aus der Paris-Gleichung
da / dn = C · DK m (3.4–15)
durch Integration über die Risslänge wie folgt bestimmt werden:
N ac 1
N = ∫ dn = ∫ 05 da . (3.4–27)
0 ao C · DK m

Einsetzen der Formel für den Spannungsintensitätsfaktor


DK = DS · a9
p · a · Y(a) (3.4–14)
ergibt nach Ausklammern von 1/ (C · DS m)
1 ac 1
N = 03 ∫ 00 03 da . (3.4–28)
C · DS m ao [a9
p · a · Y(a)]m
444 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Ist die Geometriefunktion unabhängig von der Risslänge a konstant,


Y(a) = Y = konstant , (3.4–29)
wie z.B. für die unendlich breite Scheibe mit Mittenriss mit Y(a) = 1, so lässt
sich Gl. (3.4–28) schreiben als
1 ac
N = 0002 ∫ a (–m/2) · da (3.4–30)
pm/2 · Ym · C · DS m ao
und für m ⫽ 2 geschlossen integrieren zu
1
N = 000001 [ac(1–m/2) – ao(1–m/2)] . (3.4–31)
p · (1 – m / 2) · Y m · C · DS m
m /2

Mit m = 4 wird (1 – m / 2) = – 1 und die ertragbare Schwingspielzahl

 
1 1 1
N = 0003
m/2 m m 4–4 , (3.4–32)
p · Y · C · DS ao ac
oder mit m = 3 wird (1 – m / 2) = – 1/ 2 und die ertragbare Schwingspielzahl

 
2 1 1
N = 0003 8 – 8 . (3.4–33)
pm/2 · Y m · C · DS m a4
ao · a4
ac
Sofern die kritische Risslänge groß ist gegenüber der Anfangsrisslänge, wird
ein oberer Grenzwert der ertragbaren Schwingspielzahl erreicht, der sich
allein aus der Anfangsrisslänge bestimmt zu
1
N = 000001 [ao(1–m/2)] . (3.4–34)
pm/2 · (m / 2 – 1) · Y m · C · DS m
Als Daumenregel für den Sonderfall Y(a) = konstant lässt sich weiterhin aus
Gl. (3.4–15) und Gl. (3.4–32) bis Gl. (3.4–34) ableiten, dass dieser Grenzwert
der Schwingspielzahl jeweils bereits zur Hälfte erreicht ist, wenn
– für m = 4 ein Rissfortschritt von ao auf 2 · ao bzw.
– für m = 3 ein Rissfortschritt von ao auf 4 · ao
eingetreten ist.
Die vorstehenden Gleichungen gelten auch für die nach Gl. (3.4–16) um-
geschriebene Paris-Gleichung mit
C = (da / dn)* / (DK*)m . (3.4–35)
Gilt im vorliegenden Fall nach Abb. 3.4–6 ein Schwellwert DKo des Span-
nungsintensitätsfaktors, um Rissfortschritt zu bewirken, so ist die Gültigkeit
der Paris-Gleichung nach unten zu begrenzen, indem
da / dn = 0 für DK < DK0 (3.4–36)
3.4.3 Rissfortschritt bei konstanter Schwingbreite der Spannung 445

gesetzt wird, und die Integration nach Gl. (3.4–30) liefert demgemäß
N=• für DK < DK0 . (3.4–37)
In Fällen, bei denen DK0 nicht bekannt ist, oder bei denen ein Korrosions-
einfluss nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann, empfiehlt es sich, mit
DK0 = 0 zu rechnen.

Numerische Integration der Rissfortschrittsgleichung


In gleicher Weise wie für die Paris-Gleichung kann die Integration auch für
jede andere Rissfortschrittsgleichung der Form
da / dn = da / dn [DK] (3.4–38)
und für beliebige Funktionen des Spannungsintensitätsfaktors
DK = DK(a, DS) 3.4–39)
geschehen. In aller Regel muss dann jedoch das Integral

  
ac 1 ac
N=∫ 0020 · da = ∫ B · da = I (3.4–40)
ao da / dn[DK(a, DS)] ao

numerisch mittels Rechner gelöst werden, z.B. nach der Simpson-Regel [340]:
I = (h / 3) · [B0 + 4B1 + 2B2 + 4B3 + 2B4 + … + 4Bz–1 + Bz] , (3.4–41)
wobei die Funktionswerte B0 , B1 … Bz , beginnend mit B0 für a0 , für gerad-
zahlige z und äquidistante Schrittweiten
h = (az – a0) / z (3.4–42)
zu berechnen sind. Der Integrationsfehler der Simpson-Regel ist bekanntlich
aus einer Wiederholungs- oder Feinrechnung mit halber Schrittweite ab-
schätzbar. Auf üblichen Rechnern lässt sich die relative Abweichung zwi-
schen Grob- und Feinrechnung unschwer auf 1/1000 begrenzen. Bei zu gro-
ßem Fehler kann die kleinere Schrittweite als neuer Ausgangswert betrachtet
werden, um die Rechnung zu wiederholen. Abschließend wird der Integra-
tionswert verbessert durch
Iverbessert = Ifrein + (Ifein – Igrob) / 15 . (3.4–43)
Der etwa hyperbolische Funktionsverlauf des Integranden B in Gl. (3.4–40)
verlangt für kleine Anfangsrisslängen entsprechend kleine Schrittweiten, die
jedoch für große Endrisslängen nicht erforderlich sind und insofern einen
hohen Rechenaufwand bedeuten würden. Deshalb kann es zweckmäßig sein,
das Integral als Summe von Integrations-Abschnitten für vorgegebene Riss-
längen in Unterteilung des Intervalls von ao bis ac zu lösen. Durch geeignete
Vorgabe der Zwischenwerte für a fällt zugleich die ohnehin häufig er-
446 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Risslänge a in mm

Schwingspielzahl N

Wertetabelle

a inmm N in Ssp DK in N/mm3/2 da / dn in mm/Ssp

2,0 0 415,634 0,746977 10* – 5


2,1 12843 425,590 0,811498
2,2 24689 485,292 0,878112
2,3 35656 444,757 0,946776
2,4 45844 454,001 1,01745
2,5 55339 463,036 1,09011
2,7 72530 480,530 1,24120
3,0 94645 505,483 1,48181
3,5 124282 544,170 1,91818
4,0 147593 579,879 2,39606
4,5 166512 613,157 2,91286
5,0 182242 644,407 3,46640
6,0 207054 701,975 4,67673
7,0 225894 754,334 6,01575
8,0 240799 802,642 7,47556
10,0 263092 890,151 10,7384
12,0 297139 968,854 14,4452
14,0 291337 1041,390 18,5981
16,0 300960 1109,520 23,2159

Abb. 3.4–13. Schwingspielzahl N als Funktion der Risslänge a punktweise berechnet.


(Werte-Tabelle)
3.4.4 Wöhlerlinie eines Bauteils mit Anfangsriss 447

wünschte Information über die Risslängenzunahme als Funktion der


Schwingspielzahl an, Abb. (3.4–13).

3.4.4
Wöhlerlinie eines Bauteils mit Anfangsriss

Mit DS = 2 · Sa beschreibt die nach Gl. (3.4–28) integrierte Paris-Gleichung


die Zeitfestigkeitslinie eines Bauteils mit Anfangsriss als

 
1 ac 1
N= 0 ∫ 008
8 da · Sa–m . (3.4–44)
C · 2 ao [a p · a · Y(a)]m
m

Diese Beschreibung stimmt formal überein mit der Gleichung normierter


Wöhlerlinien nach Gl. (2.1–19) bzw. Gl. (2.1–22):
N = NA · (Sa / SA)–k = [NA · SAk] · Sa–k . (3.4–45)
Ein Vergleich ergibt für den Schwingfestigkeitskennwert SA des Bauteils mit
Anfangsriss ao und Endriss ac

 
1 ac 1 1/m
SA = (1/ 2) · 0 ∫ 008 8 da . (3.4–46)
NA · C ao [a p · a · Y(a)]m
Für die Neigung der Zeitfestigkeitslinie des Bauteils mit Anfangsriss gilt
k = m, (3.4–47)
und der Dauerfestigkeitswert SD des Bauteils mit Anfangsriss folgt entspre-
chend Gl. (3.4–37) aus der im Einzelfall zutreffenden Formel für den Span-
nungsintensitätsfaktor Gl. (3.4–15) zu

SD = (1/ 2) · DK0 / [a0


p · ao · Y(ao)] . (3.4–48)
Und weiterhin lässt sich, mit 2 · SD aus Gl. (3.4–48) für DS in Gl. (3.4–31) ein-
gesetzt, für die Schwingspielzahl ND am Abknickpunkt in die horizontale
Dauerfestigkeitslinie herleiten:
ND = ao / [(m / 2 – 1) · (C · DK0m)] . (3.4–49)

Geometrischer Größeneinfluss
Für den Sonderfall ac Ⰷ ao und Y(a) = Y = konstant Gl. (3.4–22) veranschau-
licht Abb. 3.4–14, wie sich Verlauf und Abnickpunkt der Wöhlerlinie bei
einem im Verhältnis x vergrößerten Anfangsriss ao verändern. Diese Abhän-
gigkeit von ao kann als geometrischer Größeneinfluss gedeutet werden für
den Fall, dass sich der Anfangsriss ao im Verhältnis x mit allen übrigen Bau-
teilabmessungen vergrößert. Dazu gelten für die Dauerfestigkeit (3.4–41), für
448 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–14. Wöhlerlinien eines Bauteils mit Anfangsriss für unterschiedliche Größen des
Anfangsrisses, nach Pook

die Schwingspielzahl am Abknickpunkt Gl. (3.4–49), sowie im Zeitfestig-


keitsbereich für die Schwingspielzahl Gl. (3.4–34) mit Y = Y(ao) und für die
Spannungsamplitude

 
(1/2) 1 1/m
Sa = 9 · 0000 · ao(1/m–2) . (3.4–50)
Y(ao) pm /2 · (m / 2 – 1) · C · N

Die Gleichungen (3.4–34), (3.4–49) und (3.4–50) unterliegen der Vorausset-


zung, dass die als kritisch anzusetzende Rissgröße ac entweder groß ist
gegenüber dem Anfangsriss ao oder dass ac als unabhängig von der Höhe der
einwirkenden Spannung angesehen werden darf. Eine Abhängigkeit der kri-
tischen Rissgröße von der einwirkenden Spannung ist aber zu berücksichti-
gen, wenn die Integration noch einen nennenswerten Zuwachs der ertrag-
baren Schwingspiele bei Werten da / dn oder bei Werten DK ergibt, die
nach Abb. 3.4–6 dem Bereich III zuzurechnen sind. Es handelt sich in diesem
Fall um eine sinngemäß gleiche Abgrenzung, wie sie für den Gültigkeitsbe-
reich normierter Wöhlerlinien mit Gl. (2.1–21) als Abgrenzung gegenüber
dem Kurzzeitfestigkeitsbereich formuliert und anhand von Abb. 2.1–21 in
Abschn. 2.1.7 erörtert worden ist.
Welcher Wert der Überlebenswahrscheinlichkeit der so bestimmten Wöh-
lerlinie eines Bauteils mit Anriss zuzuordnen ist, muss danach entschieden
3.4.5 Wöhlerlinie für Risse in hochbeanspruchten Bauteilen 449

werden, ob die angesetzten Rissfortschritts-Daten und die angesetzte Größe


des Anfangsrisses im Sinne eines Mittelwertes oder einer unteren bzw. obe-
ren Streugrenze zu verstehen sind. Mit dieser Festlegung ist sodann die Wöh-
lerlinie des Bauteils mit Anriss vollständig bestimmt.

3.4.5
Wöhlerlinie für Risse in hochbeanspruchten Bauteilen

Die bisherigen Betrachtungen zum Rissfortschritt unter Schwingbeanspru-


chung gelten unter der Voraussetzung, dass es sich um relativ große Risse in
einem vergleichsweise niedrigen Spannungsfeld handelt. Abgesehen von der
Plastizität an der Rissspitze sind damit die Bedingungen der linear-elasti-
schen Bruchmechanik für die übliche Berechnung des (spannungsbezoge-
nen) Spannungsintensitätsfaktors erfüllt:

DK = DS · a8
p · a · Y(a) . (3.4–14)
Praktisch sind jedoch Risse in einem gering beanspruchten Bauteilquer-
schnitt nur als Folge einer extremen Spannungskonzentration oder eines
großen rissähnlichen Fehlers denkbar. Im Gegensatz dazu liegt bei hoch aus-
gelasteten, schwingbeanspruchten Bauteilen ein relativ hohes Spannungsfeld
vor, und dementsprechend sind nur vergleichsweise kleine Risse zulässig,
wenn die Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors und damit der
Rissfortschritt in Grenzen bleiben sollen.
Im Falle eines hoch ausgelasteten Bauteilquerschnitts lässt die vorstehen-
de Berechnung des Spannungsintensitätsfaktors nach Gl. (3.4–14) einen we-
sentlichen Einfluss unberücksichtigt. Der Rissfortschritt wird in diesem Fal-
le nämlich nicht allein durch die Schwingbreite der elastischen Dehnung im
Umfeld der Rissspitze gesteuert, sondern durch die Schwingbreite der plasti-
schen Dehnung im Umfeld der Rissspitze mitbestimmt [339], Abb. 3.4–12.
Gemäß den Ausführungen zu den Abb. 3.4–10 bis 12 am Ende des Ab-
schn. 3.4.2, wonach sich der Rissfortschritt auf der Grundlage der Dehnungs-
Schwingbreite weitgehend werkstoff-unabhängig darstellt, und unter der
Vorstellung, dass die „Prozesszone“ an der Rissspitze ohnehin extreme Wech-
selplastizierungen erfährt, liegt es in solchen Fällen nahe, die Berechnung
unter Ansatz der elastisch-plastischen Gesamtdehnung Det = 2 · ea, t vorzu-
nehmen, wie sie sich für DS = 2 · sa nach Gl. (3.3–12) aus dem zyklischen
Spannungs-Dehnungs-Schaubild des betreffenden Werkstoffs ergibt als

¢ )]1/n¢·
Det = [DS /E] + 0,004 · [DS / (2 · s 0,2 (3.4–51)

Das heißt mit anderen Worten, dass nach [341, 342] bei kleinen Rissen in
elastisch-plastisch schwingbeanspruchten Bauteilquerschnitten, wie z.B. Ker-
ben, eine Berechnung auf der Grundlage eines dehnungsbezogenen Span-
nungsintensitätsfaktors als zutreffender angesehen werden darf, der entspre-
450 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

chend Gl. (3.4–19) definiert ist als


8
DKe = E · Det · ap · a · Y(a) , (3.4–52)
wobei nach Gl. (3.4–91) für a eigentlich (a + a*) geschrieben werden müsste,
was aber hier ohne weitere Auswirkung bliebe, da im folgenden die Risslän-
gen-Integration ab ao = 0,02 mm den Einfluss von a* in gleicher Weise mit-
erfasst wie eine Integration ab ao = 0,00 mm bei a* = 0,02 mm. Die Sinnfäl-
ligkeit dieser Aussage zeigt sich, wenn als Beispiel ein kleiner halbelliptischer
Riss in einem ungekerbten Querschnitt betrachtet wird, für den Y(a) = 0,7
gesetzt werden kann. Der Werkstoff sei ein vergüteter Stahl, für den das Riss-
fortschrittsgesetz nach Tanaka, Masuda und Nishijima
da / dn = da / dn* · [(DK / DK*)m – (DK0 / DK*)m] (3.4–123)
mit den Rissfortschrittsdaten nach Tabelle 3.4–3 gelte, nämlich da / dn* =
170 nm / Ssp; DK* = 32,1 MPa m1/2 ; DK0 = 8,3 MPa m1/2 und m = 2,7. Für das
zyklische Spannungs-Dehnungs-Gesetz Gl. (3.4–88) mögen ein E-Modul von
210000 N / mm2, eine zyklische Streckgrenze s ¢0,2 = 500 N /mm2 und ein Ex-
ponent 1/ n¢ = 7,5 zutreffen.
Die numerische Integration gemäß Gl. (3.4–40), für verschiedene Werte
der Spannung DS mit einer Anfangsrisslänge von ao = 0,02 mm und einer
Endrisslänge von ac = 1 mm durchgeführt, liefert die Wöhlerlinien nach Abb.
3.4–15, wenn der Spannungsintensitätsfaktor einmal spannungsbezogen als
DKs nach Gl. (3.4–14) und zum anderen dehnungsbezogen als DKe nach Gl.
(3.4–89) definiert ist.
Aus der Berechnung mit DK = DKs nach Gl. (3.4–14) ergibt sich eine Wöh-
lerlinie, deren Neigung etwa bei k = 3,0 liegt, wie sie üblicherweise nach der
linear-elastischen Berechnung für die Wöhlerlinie eines Bauteils mit Anriss
erwartet wird, Abschn. 3.4.4.
Aus der Berechnung mit DK = DKe nach Gl. (3.4–26) folgt eine Wöhlerli-
nie, deren Neigung mit k = 13,0 angenähert werden kann und praktisch

Abb. 3.4–15. Wöhlerlinien eines ungekerbten Querschnitts, unter Annahme eines kleinen
Anrisses mit DKs nach Gl.(3.4–14) bzw. mit DKe nach Gl. (3.4–26) errechnet
3.4.6 Rissfortschritt bei veränderlicher Schwingbreite der Spannung 451

übereinstimmt mit der Neigung k = 15 der normierten Wöhlerlinie für un-


gekerbte Querschnitte aus Stahl, Abb. 2.1–17.
Nach dieser Beispielrechnung darf auf einen engen sachlichen wie formalen
Zusammenhang zwischen der bruchmechanischen Betrachtung des Rissfort-
schritts und der kontinuumsmechanischen Betrachtung von Wöhlerlinien,
Abschn. 3.3.8, geschlossen und ein stetiger Übergang zwischen der Anrisspha-
se und der Rissfortschrittsphase der Lebensdauer, Abschn. 2.4.5, unterstellt
werden. Deutet man darüber hinaus die angesetzte Anfangsrisslänge ao als
eine werkstoffspezifische Kenngröße, so handelt es sich hier um ein Beispiel,
das auf die Brauchbarkeit und die analytische Formulierung eines „Fehlstel-
lenmodells der Schwingfestigkeit“ hinweist. Eingehendere Forschungsarbeiten
zu diesem Punkt werden als wünschenswert und nützlich erachtet.
Eine Abweichung besteht allerdings in der Lage des Abknickpunktes, der
nach Abb. 3.4–35 etwa bei ND = 105 und nach Abb. 2.1–16 bei ND = 106 liegt.
Eine gleichartige Diskrepanz ist auch zu vermerken, wenn die Wöhlerlinie
z.B. einer Schweißverbindung anhand eines Rissmodells vergleichsweise
nach Gl. (3.4–37) und Gl. (3.4–41) mit den bekannten Werten für DK0 be-
rechnet wird. Um eine Übereinstimmung auch in der Lage des Abknick-
punktes zu erzielen, müsste ein niedrigerer Wert DK0 in Ansatz kommen. Es
muss vermutet werden, dass für die gebräuchlichen Versuche zur Bestim-
mung von DK0 (große Risse, niedrige Spannung), Abschn. 3.4.2, und für die
hier betrachteten Anwendungen (kleine Risse, hohe Spannung) keine ein-
heitlichen Modellgesetze gelten und deshalb keine einfache Übertragbarkeit
der Kennwerte DK0 besteht. Auch zu dieser Frage wären im Interesse des An-
wenders klärende Forschungsarbeiten angezeigt.

3.4.6
Rissfortschritt bei veränderlicher Schwingbreite der Spannung

Bei nicht konstanter Schwingbreite der Spannung bestehen auch für ein Bau-
teil mit Anfangsriss verschiedene Möglichkeiten der Lebensdauerberechnung.

Berechnung mittels Miner-Regel

Die einfachste Möglichkeit ist mit einer Miner-Rechnung gegeben, die von
der Wöhlerlinie des Bauteils mit Anfangsriss nach Abschn. 3.4.4 ausgeht.
Abhängig davon, ob ein Schwellwert DK0 ⫽ 0 und ein endlicher Dauerfestig-
keitswert SD gegeben sind oder nicht, kommt entweder die konsequente bzw.
die modifizierte Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.9 bzw. 3.2.8, oder die
elementare Form der Miner-Regel, Abschn. 3.2.2, in Betracht. Mit den Aus-
führungen in Abschn. 3.4.7 wird dargelegt, dass eine solche Miner-Rechnung
mit der nachstehend beschriebenen, schwingspielweisen Berechnung des
Rissfortschritts gleichwertig ist, da Reihenfolgeeinflüsse in beiden Fällen
außer Betracht bleiben.
452 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Blockweise Berechnung
Für einen Lastablauf mit blockweise veränderlicher Schwingbreite der Span-
nung kann die Berechnung des Rissfortschritts auch blockweise wie bei
konstanter Schwingbreite ausgeführt werden. Die Größe des Endrisses ae, die
sich für die Beanspruchung aus einem solchen Block ergibt, bedeutet sodann
die Größe des Anfangsrisses ao für den folgenden Block. Da die Größe des
Endrisses in den betreffenden Formeln des Abschn. 3.4.2 jedoch nicht als Be-
stimmungsgröße, sondern als obere Integrationsgrenze erscheint, lässt sie
sich nur durch abschnittweise Integration und Iteration bestimmen.

Schwingspielweise Integration
Die naheliegendste, aber auch rechnerisch aufwendigste Möglichkeit einer Riss-
fortschrittsberechnung, die selbst bei einer von Schwingspiel zu Schwingspiel
veränderlichen Schwingbreite der Spannung anwendbar ist, besteht in einer
numerischen Integration der Differentialgleichung für a und n, die sich aus
da /dn = da /dn [DK] , (3.4–38)
DK = DK(a, DS) (3.4–39)
und bei einer unter Umständen auch noch schwingspielabhängigen
Schwingbreite
DS = DS(n) (3.4–53)
ergibt als
da /dn = f (a, DS, n) (3.4–54)
mit der Anfangsbedingung
a = a0 = ao für n = n0 = 0 . (3.4–55)
Die einfachste numerische Lösung einer derartigen Anfangswertaufgabe bie-
tet das Verfahren nach Euler-Cauchy [340], wobei hier eine Schrittweite für
die Schwingspielzahl n von h = 1 zutrifft:
a1 = a0 + f (a = a0 , DS = DS1 , n = 1) · h; n = 1 , (3.4–56)
a2 = a1+ f (a = a1 , DS = DS2 , n = 2) · h; n = 2 usw.
Das Verfahren nach Euler-Cauchy begegnet zwar dem berechtigten Einwand
einer oft unzureichenden numerischen Genauigkeit. Dieser Einwand wird je-
doch im hier vorliegenden Anwendungsfall wegen der extrem großen Anzahl
von einigen zig- oder hunderttausend Integrationsschritten zu einem guten
Teil entkräftet. Als Folge davon tritt jedoch ein numerisches Problem derart
auf, dass der Zuwachs der Rissgröße bei einem Wert a von einigen Millime-
tern eventuell über mehrere tausend Integrationsschritte (Schwingspiele)
3.4.7 Rissfortschritt und Miner-Regel 453

jeweils nur 10–6 mm oder weniger betragen kann. Hier muss also mit einer
entsprechenden Stellenzahl gerechnet, oder eine gesonderte Summierung
des Risszuwachses mit gelegentlichem Übertrag der signifikanten Stellen
vorgesehen werden. Weiterhin stellt sich die Frage, ob der Funktionswert
f (a, DS, n) angesichts eines so geringen Risszuwachses für jeden Integra-
tionsschritt auch bei konstanter Schwingbreite DS neu berechnet werden
muss, oder ob dies erst nach einem von der momentanen Rissgröße abhän-
gigen Risszuwachs, z.B. von a /1000, erforderlich ist.

3.4.7
Rissfortschritt und Miner-Regel
Die nachstehende Ableitung verdeutlicht, dass bei der in Abschn. 3.4.6 be-
schriebenen blockweisen oder auch schwingspielweisen Berechnung des Riss-
fortschritts das gleiche Ergebnis wie bei einer Miner-Rechnung zustande
kommt, und zwar bei einer Rechnung mit DK0 = 0 auch noch unbeeinflusst
davon, in welcher Reihenfolge die einzelnen Blöcke oder Schwingspiele be-
rücksichtigt werden. In etwas anderer Betrachtungsweise wurde der gleiche
Sachverhalt auch von Seeger abgeleitet [31]. Der Aufwand einer Rissfort-
schrittsberechnung ist jedoch erheblich größer als der einer Miner-Rechnung.
Enthält die Lastfolge Schwingspiele, die teils über, teils unter den Dauer-
festigkeitswert nach Gl. (3.4–49) reichen, so liefert die schwingspielweise Be-
rechnung das gleiche Ergebnis wie die konsequente Form der Miner-Regel,
Abschn. 3.2.9; im Vergleich zur modifizierten Form der Miner-Regel, Abschn.

3.2.8, stellen sich für Spannungen S a wenig oberhalb der Dauerfestigkeit die
entsprechenden Abweichungen ein [343], Abb. 3.2–19.
Die Gleichwertigkeit einer Rissfortschrittsberechnung nach Abschn. 3.4.6
und einer Berechnung nach der Miner-Regel lässt sich wie folgt darlegen: Um
einen Rissfortschritt von a1 auf a3 auf den beiden Spannungshorizonten DS1
und DS2 zu berechnen, kann Gl. (3.4–31) auch vereinfacht geschrieben werden als
N1 = A · DS1–m · [a1p – a3p] , (3.4–57)
N2 = A · DS2–m · [a1p – a3p] . (3.4–58)
Entsprechend gilt für einen Rissfortschritt von a1 nach a2 bei der Spannung DS1
n1 = A · DS1–m · [a1p – a2p] , (3.4–59)
und für einen Rissfortschritt von a2 nach a3 unter der Spannung DS2
n2 = A · DS2–m · [a2p – a3p] . (3.4–60)
Division von Gl. (3.4–59), durch Gl. (3.4–57) und von Gl. (3.4–60) durch Gl.
(3.4–58) ergibt
(n1 / N1) · [a1p – a3p] = [a1p – a2p] (3.4–61)
(n2 / N2) · [a1p – a3p] = [a2p – a3p] , (3.4–62)
454 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

und die Addition von Gl. (3.4–61) und Gl. (3.4–62) führt auf die Miner-Regel
Gl. (3.2–3)
n1 / N1 + n2 / N2 = 1 , (3.4–63)
womit sich die anfangs gemachte Aussage bestätigt.

Risslängenzuwachs und Schädigungswert


Weiterhin lässt sich die Schädigung D im Sinne der Miner-Regel als Funktion
eines auf a angewachsenen Anfangsrisses ao ableiten [344]. Dazu wird nach
Gl. (3.4–31) mit ac = a die aufgebrachte Schwingspielzahl n geschrieben als
1
n = 00004
m/2
· [a(1–m/2) – ao(1–m/2)] . (3.4–64)
p · (1 – m / 2) · C · DSm
Mit der ertragbaren Schwingspielzahl N nach Gl. (3.4–34) folgt sodann nach
Gl. (3.2–2) für die Schädigung
D = n /N = [1 – (ao / a)(m/2–1)] , (3.4–65)
oder auch
(ao /a)1/2 = (1 – D)1/(m–2). (3.4–66)

Nach Gl. (3.4–49) gilt weiterhin mit Y(a) = konstant

SD (a) / SD (ao) = SD (D) / SD = (a0 /a)1/2, (3.4–67)

und nach Einsetzen von Gl. (3.4–66) lässt sich für den Dauerfestigkeitsab-
fall als Funktion der akkumulierten Schädigung hier bruchmechanisch her-
leiten:
SD (D) /SD = (1 – D)1/(m–2), (3.4–68)

das heißt mit q = k – 1 nach Gl. (3.2–53) und k = m nach Gl. (3.4–48), in
weitestgehender Entsprechung zu der Ableitung im Abschn. 3.2.8:

SD (D) / SD = (1 – D)1/(k–1). (3.2–55)

Mithin sollte sich bei einer schwingspielweisen Berechnung des Rissfort-


schritts ein vergleichbares Ergebnis wie nach der konsequenten bzw. modifi-
zierten Form der Miner-Regel einstellen, wobei der zu verzeichnende Unter-
schied von q = k – 2 nach Gl. (3.4–68) oder q = k – 1 nach Gl. (3.2–55) bzw.
Gl. (3.2–53) gewertet werden sollte vor dem Hintergrund, dass bei der vor-
stehenden Herleitung mit Y(a) = konstant eine recht weitgehende Vereinfa-
chung getroffen wurde; eine Risslängenabhängigkeit Y(a) = Y· a1/(2 · m) wür-
de auf q = m – 1 führen.
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen 455

3.4.8
Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen
Bei den vorstehenden Berechnungen bleiben die mit veränderlichen Amplitu-
den und Mittelspannungen der Schwingbelastung verbundenen und im Ab-
schn. 2.4.5 angesprochenen Reihenfolgeeinflüsse auf den Rissfortschritt außer
Betracht. Plastische Verformungen, Spannungsumlagerungen und die Bildung
von Eigenspannungen vor der Rissspitze sowie das Auftreten von Kontakt-
spannungen, Rissschließen und Rissöffnen im gerissenen Teil hinter der Riss-
spitze sind komplexe Vorgänge, die sich bereits bei Schwingbelastungen mit
konstanten Amplituden einstellen. Beim Wechsel der Spannungsamplituden
und Mittelspannungen werden diese Vorgänge mehr oder weniger verändert
und es kommt zu Verzögerungen oder Beschleunigungen des Rissfortschritts,
Abb. 3.4–16. Um einen zutreffenden Lebensdauerwert zu errechnen, kann es
notwendig sein, Reihenfolgeeinflüsse aus einem verzögerten oder beschleunig-
ten Rissfortschritt, die sich entweder lebensdauererhöhend oder lebensdauer-
mindern auswirken, gesondert zu berücksichtigen [124, 334, 345–351].
Ein Sprung von hoher zu niedriger Belastung bewirkt in der Folge, und
über eine gewisse Anzahl von Schwingspielen abklingend, einen verzögerten
Rissfortschritt, ein Sprung von niedriger zu hoher Belastung einen ebenfalls
abklingenden, beschleunigten Rissfortschritt, in der Regel allerdings von ver-
gleichsweise geringerer Ausprägung, Abb. 3.4–16. Eine Drucklastspitze kann
den Rissfortschritt auch dadurch beschleunigen, dass sie den rissverzögern-
den Einfluss einer vorangegangenen Zuglastspitze aufhebt, Abb. 3.4–17.

Abb. 3.4–16. Verzögerter bzw. beschleunigter Rissfortschritt als Folge der sich ändernden
Schwingbeanspruchung [346]
456 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Risslänge a [mm]

Anzahl der Schwingspiele in 1000


Abb. 3.4–17. Einfluss von Zuglastspitzen und Drucklastspitzen auf den Rissfortschritt
[124]; die den unbeeinflussten Rissfortschritt (A) verzögernde Wirkung einer Zuglast-
spitze (C) wird durch eine unmittelbar nachfolgende Drucklastspitze (B) nahezu aufge-
hoben, nicht jedoch durch eine vorangehende Drucklastspitze (C)

Bei zufallsartigen Last-Zeit-Funktionen treten solche Verzögerungen und


Beschleunigungen des Rissfortschritts in großer Zahl auf, überlagern sich
und stehen dadurch in komplizierter Wechselwirkung. Obwohl seit vielen
Jahren bekannt und für typische Fälle experimentell studiert, wirft ihre rech-
nerische Quantifizierung Probleme auf, die bis heute nicht allgemeingültig
gelöst sind.
Die entscheidende Ursache für derartige Reihenfolgeeinflüsse ist im elas-
tisch-plastischen Verhalten realer Werkstoffe zu sehen, weil sich bei ihnen im
Bereich der Rissspitze unter der einwirkenden Oberlast, bzw. abhängig vom
Wert Ko des Spannungsintensitätsfaktors, eine plastisch beanspruchte Zone
ausbildet und eine Spannungsumlagerung vollzieht, Abb. 3.4–18.

Größe der plastischen Zone


Form und Ausdehnung der plastisch beanspruchten Zone bei monotoner Be-
lastung auf Ko lassen sich aus den Spannungsgleichungen Gl. (3.4–1) und
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen 457

Abb. 3.4–18. Zugplastische


Zone wo und Spannungsum-
lagerung (1) – (2) im Be-
reich der Rissspitze bei rea-
len Werkstoffen

dem Fließkriterium nach v. Mises und unter Beachtung der Spannungsumla-


gerung unter verschiedenen mehr oder weniger verlässlichen Annahmen
analytisch herleiten [326, 347, 352]. Sie alle sind allerdings dahingehend zu
kommentieren, dass sie, nach Abb. 3.4–18 und wie schon zur Nahfeldlösung
Gl. (3.4–1) angemerkt, für r Æ • von einem Abklingen der Spannung sy auf
null statt auf die in Bauteil anliegende, nicht vernachlässigbare Nennspan-
nung S ausgehen. Andernfalls käme für die Spannungsumlagerung nur der
Spannungsbetrag (Re – S) statt Re in Betracht, was eine entsprechend größe-
re plastische Zone bedingen würde.
Aus dem Dugdale-Streifen-Modell [346], Abb. 3.4–23, ergibt sich (mit
sy = 0 für r Æ •) abhängig von der Streckgrenze Re des Werkstoffs und da-
von, ob an der Rissspitze ein ebener Spannungszustand (ESZ) oder ein ebe-
ner Dehnungszustand (EDZ) anzunehmen ist, bei örtlich begrenztem Flie-
ßen eine Ausdehnung der zug-plastischen Zone in Rissrichtung

wo = (p / 8) · (Ko /Re)2 (ESZ) , (3.4–69)


wo = (p / 8) · (Ko /Re)2 · (1 – 2v)2 (EDZ) . (3.4–70)

Bei anschließender Entlastung bis auf Ku kommt es zu einer Rückplastizie-


rung, Abb. 3.4–19. Die Größe dieser druck-plastischen Zone bestimmt sich
analog zu Gl. (3.4–19) oder Gl. (3.4–70) mit DK = Ko – Ku und mit 2 · Re als
Abstand der Streck- und Quetschgrenze, wenn Rissschließeffekte unbeachtet
bleiben, zu
wu = (p / 8) · (DK / 2Re)2 (ESZ) , (3.4–71)

wu = (p / 8) · (DK / 2Re)2 · (1 – 2n)2 (EDZ) , (3.4–72)


oder wegen DK = (1 – R) · Ko
(wu / wo) = (1 – R)2 / 4 . (3.4–73)
458 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–19. Eigenspannungen sowie Größe der zugplastischen und der druckplastischen
Zonen aus einer Lastfolge mit Spitzenlast [346]

Da es aber beim Lastabfall auf die Unterlast zu einem partiellen Rissschlie-


ßen kommt, Abschn. 3.4.2, wird die Rissspitze durch Kontaktspannungen
entlastet und die druckplastische Zone ist kleiner als nach Gl. (3.4–73) be-
rechnet; nach [347] gilt dann:

(wu /wo) = 0,2 + 0,05 · (1 – R)2 . (3.4–74)

Berechnungsmodelle zum Reihenfolgeeinfluss


Verschiedene Berechnungsmodelle wurden zum Erfassen der Reihenfolge-
einflüsse vorgeschlagen, Tabelle 3.4–1. Eingehendere Übersichten mit kriti-
scher Wertung dieser und weiterer Modelle werden mit [334, 345–351] gebo-
ten. Als ein neueres Verfahren zur reihenfolgeabhängigen Berechnung des
Rissfortschritts kurzer Risse ist das Kurzrissmodell nach Vormwald [298] zu-
sätzlich zu nennen, Abschn. 3.4.5.
Alle Rechenverfahren zum Reihenfolgeeinfluss erfordern für ihre Anwen-
dung ein aufwendiges Rechnerprogramm, das den Risszuwachs lastfolgenab-
hängig Schwingspiel für Schwingspiel bestimmt und summiert. Die nachste-
henden Ausführungen beschränken sich deshalb auf eine Übersicht der je-
weiligen Berechnungsgrundlagen, zu denen weitere Einzelheiten den ge-
nannten Veröffentlichungen und den Programmbeschreibungen entnommen
werden können [51].
Tabelle 3.4–1. Bruchmechanische Berechnungsmodelle zum Erfassen von Reihenfolgeeinflüssen [347]

Modell Reihenfolgeeinfluss da / dn-Beziehung für lastspielweise zusätzlich zur ursprünglicher Beschreibung


berücksichtigt durch Integration Streckgrenze Anwendungsbereich von
noch benötigte **
Kenngrößen

wCA m C · DK n
Wheeler Cp = 05 Cp · V · DKn oder Cp 006 C, n, Kc, m Blockbelastungen* V ESZ
wOL – Da
  (1 – R) Kc – DK mit einzelnen
Zugspitzenlasten
n
C · DK red
Willenborg Reduzierung von C, n, Kc Blockbelastungen* V ESZ
0040
DK, R (DKred, Rred) (1 – Rred) Kc – DKred mit einzelnen
Zugspitzenlasten
Hanel Bestimmung eines C · DKwn C, n Blockbelastungen V ESZ
„wirksamen“ DKw mit R = const
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen

1 – C1 – (C0 – C1) (1 + R)2 n


Eidinoff/ Rissschließfaktoren Ci C 00003 · DK C0, C1, C, p, n, Blockbelastungen* V ESZ
Bell und Abklinggesetze
 (1 – C0) (1 – R)  DKt , g1 , Nsat mit einzelnen B EDZ
Zug- und Druck-
spitzen
n
C · DK LS
Loseq Ermittlung eines Last- n oder
C · DKLS 006 C, n, Kc , Ca unregelmäßige V ESZ
(Führing) folgefaktors (1 – R) Kc – DK Last-Zeitfunktion B EDZ
QLS = Qa · Qr
DKLS = QLS · DK

* Diese Modelle wurden in der Folge auch auf unregelmäßige Last-Zeitfunktionen rein formal angewandt.
** V: Verzögerungseffekt; B: Beschleunigungseffekt; ESZ: ebener Spannungszustand; EDZ: ebener Dehnungszustand.
459
460 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Berechnungsmodelle nach Wheeler und nach Willenborg


Wheeler [348] fügte zur Berechnung eines verzögerten Rissfortschritts einen
von der Größe der plastischen Zone s abhängigen Verzögerungsfaktor Cp in
die Paris-Gleichung ein; heute wird indessen die Forman-Gleichung mit Ver-
zögerungsfaktor bevorzugt:
Cp · C · DKm
da / dn = 000 . (3.4–75)
(1 – R) · Kc – DK
Je nachdem, ob die zug-plastische Zone des betrachteten Schwingspiels
(a + wi ), Abb. 3.4–20, die von früheren Schwingspielen erzeugte zug-plasti-
sche Zone s übersteigt oder nicht, gilt dabei
Cp = [wi / (s – ai )]p für wi < (s – ai) , (3.4–76)
Cp = 1 für wi ⭌ (s – ai) . (3.4–77)
Der Exponent p wird durch Anpassung an Versuchsergebnisse bestimmt;
Wheeler benutzte dazu Blockprogramm-Versuche mit einzelnen Zuglast-
spitzen.
Willenborg [349] rechnete in der Forman-Gleichung mit effektiven Wer-
ten für DK und R,
m
C · DKeff
da /dn = 0005 , (3.4–78)
(1 – Reff) · Kc – DKeff
die er lastfolgenabhängig für jedes Schwingspiel über die Größe der plasti-
schen Zone wie folgt bestimmte, um einem verzögerten Rissfortschritt Rech-
nung zu tragen:
DKeff = Ko, eff – Ku, eff (3.4–79)
Reff = Ku, eff /Ko, eff (3.4–80)
Ko, eff = Ko, i – F · [Ko, 0 · a0009
1 – (ai – a0) / w0 – Ko, i] (3.4–81)
Ku, eff = Ku, i – F · [Ku, 0 · a0009
1 – (ai – a0) / w0 – Ku, i] (3.4–82)
mit 0 ≤ F ≤ 1. (3.4–83)

Abb. 3.4–20. Zur Definition


der Rissverzögerung nach
dem Wheeler-Modell [348]
und nach dem Willenborg-
Modell [349]
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen 461

In seiner Originalform kommt das Willenborg-Verfahren mit F = 1 ohne


den experimentell anzupassenden Freiwert F aus, den Gallagher nachträg-
lich einführte.
Das Wheeler-Modell wie auch das Willenborg-Modell fanden vor allem im
Flugzeugbau und dort auch auf komplexere Lastfolgen Anwendung. Sie wur-
den mit wechselndem Erfolg experimentell überprüft [334]. Während die in
den jeweiligen Originalarbeiten mitgeteilten Versuchsergebnisse und Berech-
nungen zwar befriedigende Übereinstimmung zeigten, erwiesen sich die fall-
weise anzupassenden Parameter sowohl von der Art der Lastfolge wie auch
von der Höhe des Spannungshorizontes abhängig und mithin als nicht verall-
gemeinerungsfähig. Abbildung 3.4–21 verdeutlicht Abweichungen, die sich
zwischen Versuch und Rechnung nach dem Wheeler- und nach dem Willen-
borg-Modell schon dann ergeben, wenn lediglich die Zahl der Schwingspiele
zwischen den eingestreuten Zuglastspitzen verändert wird. Ein Grund mag die
alleinige Betrachtung von Verzögerungseinflüssen bei diesen Modellen sein.

Berechnungsmodelle nach Eidinoff und Bell und nach Führing


Eidinoff und Bell [350] verwendeten ein eigens formuliertes Rissfortschritts-
gesetz, um erstmals neben einem verzögerten auch einen beschleunigten
Rissfortschritt zu beschreiben. Sie benötigten dazu jedoch insgesamt acht
Konstanten, die aus Rissfortschrittsversuchen bestimmt werden müssen. Ihr
Verfahren hat deshalb keine große Bedeutung erlangt. Eine Beispielrechnung
zeigt Abb. 3.4–22.
Führing leitete sein Berechnungs-Modell Loseq [345, 347] ab aus einer
approximativen Beschreibung der Beanspruchungsvorgänge an der Riss-
spitze, wie er sie aus einer kontinuumsmechanischen Berechnung nach dem
Dugdale-Streifen-Modell gewonnen hatte [346], Abb. 3.4–23.
Vorausgesetzt, die Last- und Eigenspannungen sowie die Verformungen
an der Rissspitze werden durch das Dugdale-Streifen-Modell zutreffend mo-
delliert, liefert die Kontinuums-Lösung eine vollständige Information über
die den Rissfortschritt bestimmenden Kenngrößen, wie z.B. über die
Schwingbreite der Rissspitzen-Verschiebung Dna oder über die effektive
Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors DKeff . Diese Art der Berech-
nung ist allerdings so aufwendig, dass sie nur für kurze, markante Lastfolgen
durchführbar ist.
Das Beispiel in Abb. 3.4–24 veranschaulicht die berechnete Form der Riss-
ufer für die am Bildkopf skizzierte Lastfolge. Die äußere Kontur des schat-
tierten Streifens stellt den sogenannten stationären Riss mit stumpfer
Rissspitze dar. Die innere Kontur des schattierten Streifens gibt die unregel-
mäßige Form der Rissufer wieder, die durch den Rissfortschritt unter
Schwinglast gemäß der Modellvorstellung nach Abb. 3.4–25 entstanden. Die
Breite des Streifens bezeichnet demnach die plastisch verformten Volumen-
elemente, die sich zuvor einmal als höchstbeanspruchtes Element im Bereich
der Rissspitze befanden, bis sie brachen.
462 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–21. Abweichungen von Versuch und Rechnung nach dem Wheeler- und nach
dem Willenborg-Modell, wenn lediglich die Zahl der Schwingspiele N zwischen den Zug-
lastspitzen verändert wird, nach Wood aus [345]
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen 463

Risslänge a [mm]

Anzahl der Perioden


Abb. 3.4–22. Beispielrechnung für das Verfahren nach Edinoff und Bell und für das
Loseq-Verfahren nach Führing [347]

Abb. 3.4–23. Dugdale-Streifen-Modell [346]

Bei jedem Lastabfall auf die hier zugrunde gelegte Unterlast Su = 0 kommt
es zum Kontakt der Rissufer und zu einem teilweisen Rissschließen. Die Kon-
taktstellen bedeuten Brücken zur Lastübertragung, wodurch sich die Bean-
spruchung des Rissspitzenbereichs vermindert. Je mehr sich die Rissufer un-
ter einzelnen oder mehreren hohen Lastspitzen örtlich bleibend aufdicken,
desto stärker wirkt sich im Folgenden der Rissschließeffekt aus. Dadurch ver-
mindern sich die örtlichen Kenngrößen Dna oder DKeff , und der Rissfort-
schritt wird verzögert. Andererseits zeigt sich, je ausgedehnter und tiefer die
464 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Lastablauf
max
min = 0

(max)

Abflachung
(min) durch Kontakt Rissspitze
Rissöffnung

Rissachse

Abb. 3.4–24. Form der Rissufer nach dem Dugdale-Streifen-Modell für den am skizzierten
Lastablauf [346]

Abb. 3.4–25. Modellvor- oberes Rissufer


stellung zur Rissuferver-
formung [346]

Restverschiebungen
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen 465

Abb. 3.4–26. Entwicklung der zugplastischen Zone im Anschluss an eine einzelne Spitzen-
last [346]

Einbuchtungen und Abflachungen der Rissufer aus einer oder mehreren


Drucklastspitzen sind, desto geringer ist der Rissschließeffekt, desto größer
sind die örtlichen Kennwerte und desto beschleunigter erfolgt der Rissfort-
schritt.
Abbildung 3.4–26 beschreibt die Entwicklung der zug-plastischen Zone im
Anschluss an eine einzelne Zuglastspitze, die im Punkt 3 bei der Risslänge as
auftrat, für nachfolgende sechs Stadien des Rissfortschritts. Die Form der
zug-plastischen Zone gilt nur schematisch, ihre Ausdehnung in Rissrichtung
ist jedoch maßstäblich. Nach der Spitzenlast nimmt die zug-plastische Zone
nicht wieder ihre ursprüngliche Größe an, sondern verkleinert sich auf einen
Minimalwert, der sich dort einstellt, wo die Zone der Druckeigenspannungen
aus der Entlastung auf Punkt 4 endet. Anschließend vergrößert sich die zug-
plastische Zone bis auf den Wert, den sie risslängenabhängig bei a = a* auch
ohne den Einfluss der Spitzenlast angenommen hätte, wobei sie die plasti-
sche Zone aus der vorangegangenen Spitzenlast gerade ausfüllt. Auf diesen
Sachverhalt sind das Wheeler- und das Willenborg-Modell begründet. Die
Rissverzögerung wirkt wegen des Rissschließens jedoch noch über dieses
Stadium hinaus.

Loseq-Modell
Das Loseq-Modell nach Führing berücksichtigt durch praktikable Nähe-
rungsansätze die aus dem analytischen Modell erkannten und quantifizier-
baren Einflüsse der Lastfolge, die den Rissfortschritt verzögern oder ihn be-
schleunigen. Allein die Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors DK
466 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

wird dazu in geeigneter Weise durch einen „Beschleunigungsfaktor“ Xa und


durch einen „Verzögerungsfaktor“ Xr verändert:
DKLS = Xa · Xr · DK . (3.4–84)
DKLS kann dann in die Paris-Gleichung (3.4–15) oder in die Forman-Glei-
chung (3.4–19) eingesetzt werden, um den Risszuwachs schwingspielweise zu
berechnen und zu summieren.
Die beiden Faktoren Xa und Xr sind unmittelbar oder mittelbar abhängig
von der Größe der zug- und druck-plastischen Zonen und werden von
Schwingspiel zu Schwingspiel nach den approximierten Gesetzmäßigkeiten
der Kontinuums-Lösung verändert [347]

Xr = a00
wo, LS / wo, CA / (1 – R), 0 ⬉ Xr ⭌ 1 . (3.4–85)

Dabei bedeuten wo, CA die zug-plastische Zone des betrachteten Schwing-


spiels und wo, LS eine lastfolgenabhängig nach Memory-Kriterien zu berech-
nende zug-plastische Zone; für R < 0 wird der R-Term gleich 1 gesetzt

Xa = 1 + Ca · a0
1 – R¢ · (1 – a0
da / lk ), Xa ⭌ 1 . (3.4–86)

Dabei bedeutet Ca die einzige freie, als werkstoffabhängig angesehene Kon-


stante des Loseq-Modells mit Werten von etwa 0 ≤ Ca ≤ 0,6, und R¢ ist ein ge-
mitteltes Spannungsverhältnis für alle Schwingspiele der betreffenden Be-
schleunigungsphase. Die Kontaktlänge lk ist jener Teil der Risslänge, über
den die Rissufer bei Unterlast aufeinanderliegen, und sie ist ihrerseits pro-
portional der druck-plastischen Zone angesetzt.

Beispielrechnungen
Eine Beispielrechnung für das Loseq-Modell ist in Abb. 3.4–22 gezeigt, weite-
re sind in [347] erörtert. Ein umfänglicher Vergleich berechneter und expe-
rimentell bestimmter Lebensdauerwerte für komplizierte Einzelflug-Lastfol-
gen [351] erstreckt sich auf unterschiedliche Werkstoffe, verschiedene Span-
nungshorizonte und Abwandlungen des Kollektivs, Abb. 3.4–27. Im Mittel
stimmen die experimentellen Lebensdauerwerte und die nach dem Loseq-
Modell berechneten bei einer bemerkenswert geringen Streuung überein,
während die in einfacher Weise nach Abschn. 3.4.6 reihenfolge-unabhängig
berechneten Lebensdauerwerte bis um den Faktor 5 zu hoch liegen.
Dieser Sachverhalt wird dadurch verständlich, dass ein beschleunigter
Rissfortschritt unmittelbar nach Einwirkung der ihn auslösenden Span-
nungsspitze einsetzt, während ein verzögerter Rissfortschritt erst einige
Lastspiele nach der ihn auslösenden Spannungsspitze voll ausgeprägt ist. Im
steten Wechsel von beschleunigenden und verzögernden Einflüssen, wie sie
bei Zufallslastfolgen auftreten, kommt deshalb zwar eine Rissbeschleuni-
gung, nicht jedoch eine Rissverzögerung zur vollen Auswirkung. Gegenüber
3.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen 467

Abb. 3.4–27. Vergleich der Lebensdauerwerte aus Einzelflug-Versuchen für fünf Werk-
stoffe mit der Berechnung nach dem Loseq-Modell und der reihenfolgen-unabhängigen
Berechnung [351]

der reihenfolge-unabhängigen Rechnung ergibt sich demnach aus der Sum-


me aller Einflüsse ein beschleunigter Rissfortschritt. Diesem Umstand kön-
nen das Wheeler- und das Willenborg-Modell vom Ansatz her nicht gerecht
werden.
Weitere Anwender-Erfahrungen mit dem Loseq-Modell beinhalten die fol-
genden Rissfortschrittsuntersuchungen: [353] betrifft Seitenrissproben bei
nicht-einstufiger Belastung. [354] behandelt Stahlproben mit Doppelkehl-
naht und einem Rissverlauf in der Schweißnaht, wobei sich unter Zufallsbe-
lastung für die Konstante ein Wert Ca = 0,8 bis 0,9 als geeignet erwies. [355]
bezieht sich auf Stahlproben mit K-Naht und einem halbelliptischen Kerb im
Grundwerkstoff am Nahtübergang, wobei für die Zufallsbelastung ein Wert
Ca = 1,45 verwendet wurde.
Ungeachtet der bisher allgemein sehr befriedigenden Rechenergebnisse
hat auch das Loseq-Verfahren dann seine Grenzen, wenn spezielle Werkstoff-
eigenschaften, mehrachsige Spannungszustände, besondere Umgebungsein-
flüsse, schwierige Bauteilgeometrien oder verwickelte Rissverläufe und Riss-
Moden vorliegen [347].
468 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–28a–e. Verschiedene


Ursachen für Rissschließen, a
nach Suresh und Ritchie;
a plastische Rissuferverfor-
mung, b Oxydeinlagerung, d
c Rissuferruhigkeit, d einge-
drungene Flüssigkeit,
e Phasenumwandlung mit
Volumenänderung
b

Außerdem gibt es nach Abb. 3.4–28 weitere Ursachen für ein Rissschlie-
ßen, die mit den genannten Berechnungsmodellen nicht erfasst werden. Eine
Berechnung des Rissfortschritts, die diese Möglichkeiten unbeachtet lässt,
bleibt jedoch auf der sicheren Seite.

3.4.9
Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse

Das in den voranstehenden Abschnitten analytisch beschriebene Rissfort-


schrittsverhalten setzt durchweg voraus, dass es sich um relativ lange Risse in
einem niedrig beanspruchten Werkstoffumfeld handelt und dass deshalb die
Schwingbreite DK bzw. DKeff des Spannungsintensitätsfaktors als Beanspru-
chungskenngröße verwendet werden kann. Wenn sich jedoch Schwinganris-
se vom ungeschädigten Werkstoffzustand ausgehend an der Bauteiloberflä-
che oder im Kerbgrund entwickeln, so sind die anfänglichen, vornehmlich
lebensdauerbestimmenden Risslängen relativ kurz. Bei kurzen Rissen sind
aber – wie aus Gl. (3.4–14) und Gl. (3.4–15) hervorgeht – so hohe Schwing-
breiten DK für ein Risswachstum erforderlich, dass größere plastische Defor-
mationen vor der Rissspitze auftreten, und zudem beeinflussen dann mikro-
strukturelle Werkstoffeigenschaften das Rissfortschrittsverhalten. Beide Ein-
flüsse erzwingen Modifikationen bei der Beschreibung der maßgebenden
Beanspruchungskenngröße für kurze Risse. Weitergehende Betrachtungen
zur Thematik kurzer Risse können einer umfassenden Übersicht bei Radaj
[33] sowie dem bei Anthes [367] recht umfassend aufgelisteten Schrifttum
entnommen werden.
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse 469

Dauerfestigkeit bei kurzen Rissen


In einem nach Kitagawa [356] benannten Diagramm, bei dem die dauerfest
ertragbaren Spannungsschwingbreiten DsD über der Risslänge a im doppelt-
logarithmischen Maßstab aufgetragen sind, werden ausgehend vom Schwell-
wert DK0 entsprechend Gl. (3.4–48) die Dauerfestigkeit DsD für unterschied-
liche Risslängen a als Gerade abgebildet, sofern Y(a) konstant ist oder als
Potenzfunktion der Form Y(a) = Y · ax zutrifft), Abb. 3.4–29:
8
DsD = DK0 / [ap · a · Y(a)] . (3.4–87)
Für Risslängen a gegen Null würde danach die Dauerfestigkeit DsD gegen
Unendlich gehen. Deshalb wurde diese Beziehung über die Werkstoffdauer-
festigkeit DsD0 mit DsD0 ≥ DsD und durch Einführung der sog. Eigenrisslänge
a* begrenzt, die sich durch Rückrechnung (bei konstantem Y(a)) wie folgt
bestimmt:
a* = [DK0 / (DsD0 · Y(a))]2 / p . (3.4–88)
Die sich ergebenden a*-Werte liegen in der Größenordnung von 0,1 mm. Mit
einer um a* vergrößerten, effektiven Risslänge (a + a*) ergibt sich dann mit
zunehmender Risslänge eine von DsD0 bei a = 0 kontinuierlich absinkende
Dauerfestigkeit:
DsD = DK0 / [a00
p · (a + a*) · Y(a)] . (3.4–89)
In Abb. 3.4–29 ist die Abgrenzung zwischen kurzen und langen Rissen etwa
da zu sehen, wo die nach Gl. (3.4–89) mit (a + a*) beschriebene Dauer-

Risswachstum
Spannungsschwingbreite Ds (log)

EPBM
Rissstillstand

LEBM

Risslänge a (log)

Abb. 3.4–29. Dauerfestigkeit DsD für R = – 1 in Abhängigkeit von der Risslänge a im Span-
nungs-Risslängen-Diagramm (Kitagawa-Diagramm) mit Abgrenzung der Bereiche für
kurze und lange Risse, Risswachstum und Rissstillstand sowie linear-elastische (LEBM)
und elasto-plastische Bruchmechanik (EPBM), schematisch, aus [263]
470 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–30. Rissstadium I


(Mode II) und Rissstadium
II (Mode I) für kurze Risse, Rissstadium I Rissstadium II
aus [31] (Mode II) (Mode I)

Rissstillstand

festigkeitslinie in die nach Gl. (3.4–87) mit a bestimmte Gerade übergeht. Die
Risslänge liegt dort in einer Größenordnung von etwa 1 mm. Zugleich ist bei
dieser Risslänge auch eine Abgrenzung zwischen der linear-elastischen
Bruchmechanik (LEBM) und der elasto-plastischen Bruchmechanik (EPBM)
gegeben. Die außerdem noch vorgenommene Unterscheidung von mikro-
strukturell bzw. kontinuumsmechanisch beschreibbaren Kurzrissen lässt sich
sachbezogen anhand von Abb. 3.4–30 erläutern: Mikrostrukturell beschreib-
bare Kurzrisse erstrecken sich im Werkstoffgefüge nur über wenige Körner.
Sie bilden sich parallel zu Gleitbändern als Modus-II-Risse aus, wobei von ei-
nem Risswachstum im Stadium I gesprochen wird. Mit zunehmender Riss-
länge gehen sie über in Modus-I-Risse. Ab einem solchen Risswachstum im
Stadium II sind Kurzrisse sodann weitgehend kontinuumsmechanisch be-
handelbar.

Dehnungsbezogener Spannungsintensitätsfaktor
Um den größeren plastischen Wechselverformungen im Bereich der elasto-
plastischen Bruchmechanik (EPFM) Rechnung zu tragen, wurde von El Had-
dat, Smith und Topper ein dehnungsbezogener Spannungsintensitätsfaktor
Ke eingeführt [341]:

DKe = E · Det · a00


p · (a + a*) · Y(a) (3.4–90)
Wie El Haddat, Smith und Topper weiterhin aufzeigten [342], ist seine An-
wendbarkeit auf kurze halbelliptische Risse, die von Kerben ausgehen, in
Verbindung mit einem konstanten Geometriefaktor
Y(a) = 1,035 · 2 / p = 0,6589 (3.4–91)
dadurch gegeben, dass die Dehnungsschwingbreite der elastisch-plastischen
Dehnung Det = 2 · ea,t für den Kerbgrund nach Abschn. 3.3.3 unter Ansatz der
zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve Gl. (3.3–7) und mittels der Neuber-
Regel Gl. (3.3–43) bzw. der Seeger-Formel Gl. (3.3–44) berechnet wird, so wie
es für das durchgerechnete Beispiel im Abschn. 3.4.5 (mit einem gerundeten
Wert Y(a) = 0,7) geschehen ist. Diese Modifikation des K-Faktors ermöglicht
es, zur Berechnung des Risswachstums und der Lebensdauer die in den vor-
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse 471

plastische Dehnung p
Abb. 3.4–31. Einfluss des plastischen Dehnungsanteils ep auf den Wert des dehnungsbezo-
genen Spannungsintensitätsfaktors DKe nach Gl (3.4–90) und den aus dem J-Integral nach
Gl. (3.4–13) zu berechnenden Spannungsintensitätsfaktors DKJ , jeweils bezogen auf den
Spannungsintensitätsfaktors DKs nach Gl. (3.4–14), aus [298]

stehenden Abschnitten beschriebenen Rissfortschrittsgleichungen zu ver-


wenden. Allerdings wird dabei die Auswirkung des plastischen Dehnungsan-
teils merklich überschätzt, Abb. 3.4–31, und Mittelspannungs- und Reihen-
folgeeinflüsse auf Seiten des Spannungsintensitätsfaktors bleiben unberück-
sichtigt.

Ansätze ausgehend vom J-Integral


Bei den Ansätzen von Heitmann [296, 357] sowie von Vormwald [298, 358]
wird als maßgebende Beanspruchungsgröße das J-Integral, Abschn. 3.4–1,
verwendet. Dementsprechend ist zunächst auch die Rissfortschrittsgleichung
in J zu formulieren, genauer gesagt in DJeff , da in beiden Ansätzen Riss-
schließ- und Rissöffnungseffekte betrachtet werden, um Mittelspannungs-
und Reihenfolgeeinflüsse zu erfassen:
m
da / dn = C · D JeffJ . (3.4–92)

Der Zahlenwert und die Dimension der Konstanten C sind hier allerdings
verschieden von der Konstanten C in der Paris-Gleichung mit DK Gl. (3.4–15)
und wegen des nach Gl. (3.4–13) im elastischen Bereich geltenden Zu-
sammenhanges DJ = DKJ2 /E¢ ist der Exponent mJ von DJeff etwa halb so groß
wie der Exponent m von DK, Abb. 3.4–32. Und ähnlich wie die Gültigkeit der
Paris-Gleichung (3.4–15) auf Werte DK ≥ DK0 begrenzt ist, gilt auch Gl.
(3.4–92) nur für Werte DJeff oberhalb eines Schwellwertes DJeff, 0 . Diese Kenn-
werte C, mJ und DJeff,0 können unter Berücksichtigen des Rissschließens
beim Bestimmen von DJeff aus Rissfortschrittsversuchen ermittelt werden.
472 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–32. Rissfortschrittsraten für die Werkstoffe StE 460 und AlMg4,5Mn in Abhän-
gigkeit von DJeff bzw. DKJ , aus [298]

Modellfall für die Bestimmung von DJeff ist bei Heitmann wie bei Vorm-
wald eine makroskopisch einachsig beanspruchte Probe mit halbkreisförmi-
gem Oberflächenanriss. Die Berechnung der Hystereseabschnitte geschieht
mit der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve Gl. (3.3–7). Heitmann greift
dafür auf eine J-Formel nach He und Hutchinson [186] zurück,
2
DJeff = [1,45 · Ds eff /E + 2,5 · Ds · Dep / (n¢ + 1)] · a = PHe · a , (3.4–93)
mit Dseff = 3,72 · Ds · (3 – R)–1,74.
Vorwald hingegen auf eine J-Formel nach Dowling [189],
2
DJeff = [1,24 · Dseff 3 ·a=P ·a,
/E + 1,02 · Dseff · Dep, eff / an¢] (3.4–94)
J

in Verbindung mit Werten Dseff und Dep, eff , die sich wie folgt errechnen,
Abb. 3.4–33:
Benötigte Eingabedaten sind werkstoffseitig die Zugfestigkeit Rm und die
Kennwerte der stabilisierten zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve nach
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse 473

Abb. 3.4–33. Zur Definition des Schädigungsparameters PJ nach Vormwald [298]

Gl. (3.3–7) mit Masing-Verhalten, Abb. 3.3–22, und beanspruchungsseitig die


Werte so , eo und su , eu , die durch Rainflow-Zählung, Abschn. 3.3.3 mit den
Eckpunkten der ermittelten Hystereseschleife für das aktuell betrachtete
Schwingspiel bestimmt sind. Mit ihnen wird nach der von Newman [299]
(für lange Risse) angegebenen Näherungsformel Gl. (3.4–95) (auch im vor-
liegenden Anwendungsfall für kurze Risse) errechnet, welche Rissöffnungs-
spannung sop sich für einen kleinen halbkreisförmigen Oberflächenriss bei
ebenem Spannungszustand (unter der als zutreffend erachteten Annahme
a = 1) im Fall einer Einstufenbeanspruchung ergeben würde:
sop = so · [A0 + A1 · R] für R < 0 , (3.4–95)
sop = so · [A0 + A1 · R + A2 · R2 + A3 · R3] für R ≥ 0 ,
mit
A0 = (0,825 – 0,34 · a + 0,05 · a2) · cos (0,5 · p · so / sF)1/a ,
A1 = 0,344 · so /sF , A2 = 1 – A0 – A1 – A3 , A3 = 2 · A0 + A1 – 1 ,
und a = 1 für ebenen Spannungszustand, a = 3 für ebenen Dehnungszu-
stand, oder interpoliert in Abhängigkeit von der Spannung s2 in Rissrich-
tung im Verhältnis zur Spannung s1 quer zum Riss a = (1 / 0,15) · s2 / s1 + 1,
sowie
sF = 0,5 · (s 0,2
¢ + Rm) (3.4–96)
474 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

und aus Gl. (3.3–11)


s 0¢ ,2 = K¢ · 0,002n¢. (3.4–97)
Mit dem Wert sop errechnet sich die Rissöffnungsdehnung eop nach Abb.
3.4–33 aus dem aufsteigenden Hystereseast zu
eop = eu + (sop – su) /E + 2 · [(sio – su) / (2 · K¢)]1/n¢. (3.4–98)
Die effektive Spannungsschwingbreite Dseff ist hingegen durch die Riss-
schließdehnung ecl auf dem abfallenden Hystereseast bestimmt, die gleich
der Rissöffnungsdehnung eop angenommen werden darf, Abb. 3.4–33. Die Be-
rechtigung der Annahme ecl = eop konnte durch diesbezügliche Messergeb-
nisse von Vormwald [298] bestätigt werden, Abb. 3.4–34. Die Berechnung des
Wertes von Dseff aus dem abfallenden Hystereseast nach Abb. 3.4–33 verlangt
ein iteratives Lösen der Gleichung
Dseff /E + 2 · [Dseff /(2 · K¢)]1/n¢ – (eo – ecl ) = 0 . (3.4–99)

Abb. 3.4–34. Messergebnisse von Vormwald [298] an kleinen Schwinganrissen, die den
durch Rissöffnen und Rissschließen begründeten Reihenfolge-Einfluss veranschaulichen,
wie er mit und im Anschluss an Gl. (3.4–108) beschrieben ist
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse 475

Mit Dseff kann sodann die effektive plastische Dehnungsschwingbreite Depl, eff
bestimmt werden als
Dep, eff = 2 · [Dseff / (2 · K¢)]1 /n¢. (3.4–100)
Die vorstehende Formel Gl. (3.4–94) für DJeff ist damit wertemäßig belegt. Sie
lässt sich als Produkt der Risslänge a mit dem risslängen-unabhängigen
Schädigungsparameter PJ schreiben, wie er nach Gl. (3.3–59) bzw. (A3.3–35)
im Abschn. 3.3.5 und nachstehend Anwendung findet.
Ein entscheidender Unterschied der beiden Formeln für DJeff ist, wie das
Rissschließen erfasst wird: Bei Heitmann geschieht dies nach Gl. (3.4–93) nur
über Dseff im elastischen Term von DJeff , bei Vormwald hingegen nach Gl.
(3.4–94) über Dseff im elastischen wie auch über Dseff und Dep, eff im plasti-
schen Term von DJeff . Näher betrachtet liefert die Berechnung der effektiven
Schwingbreiten Dseff und Dep, eff bei PHe eine gegenüber PJ gegenläufige, nicht
plausible Abhängigkeit von größeren Oberspannungen, die zu unbefriedi-
genden Ergebnissen führt [361]. Weiterhin wird nach Vormwald die Gültig-
keit von Gl. (3.4–92) durch einen risslängenabhängigen Dauerfestigkeitswert
DJeff, D ≤ DJeff, 0 auf Werte DJeff ≥ DJeff, D eingeschränkt und damit ein konti-
nuierliches Absinken der Dauerfestigkeit bei Rissfortschritt berücksichtigt.
Außerdem wird über die Eigenrisslänge a* ein Einfluss der Mikrostruktur
einbezogen. Nach Heitmann bleiben Dauerfestigkeit und Mikrostrukturein-
fluss unberücksichtigt. Wegen seiner genannten und in [298] aufgezeigten
Nachteile bleibt deshalb der Ansatz von Heitmann – außer für die Beispiel-
rechnungen in Abschn. 3.3.5 – im Weiteren außer Betracht. Die folgenden
Ausführungen beziehen sich auf den neueren und besser fundierten Ansatz
Gl. (3.4–94) von Vormwald.

Wöhlerlinie beschrieben mit PJ


Wird DJeff aus Gl. (3.4–94) in die Rissfortschrittsgleichung Gl. (3.4–92) einge-
setzt, so lässt sich diese im Fall konstanter Schwingamplituden – entspre-
chend zu Gl. (3.4–28) bzw. Gl. (3.4–31) – anhand des dafür errechneten Wer-
tes für PJ über der Risslänge integrieren. Ergebnis ist die Schwingspielzahl N
für einen Rissfortschritt von der Anfangsrisslänge ao auf die Endrisslänge ae :
1
N = 000 · [ae(1–mJ) – ao (1 – mJ)] . (3.4–101)
(1 – mJ) · C · PJmJ
Offen bleibt zunächst noch die in Gl. (3.4–95) einzusetzende Anfangsrisslän-
ge ao, die in etwa bei ao = 0,01 mm liegt und sich im Zeitfestigkeitsbereich
unabhängig vom Spannungshorizont erweisen sollte. Sie muss – z.B. wie
nachstehend angegeben – durch Rückrechnung aus Gl. (3.4–101) aus deh-
nungskontrollierten Versuchen an wechselbeanspruchten, ungekerbten Pro-
ben bestimmt werden: Aus den gemessenen Spannungsschwingbreiten Ds
oder Oberspannungen so der stabilisierten Hysteresen und dem zugehörigen
476 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Spannungsverhältnis R (hier R = – 1) wird dazu nach Gl. (3.4–95) bis Gl.


(3.4–98) die Rissöffnungsdehnung sop berechnet. Damit liegt dann auch die
Rissschließdehnung ecl = eop fest, woraus sich die Größen Dseff und Dep, eff
und schließlich der Pj-Wert ergeben. Durch die Versuchspunkte (PJ, i ; Ni)
(mit Ni bei der festgehaltenen Risslänge ae = 0,25mm) wird bei doppeltloga-
rithmischer Auftragung eine Gerade gelegt und damit der Neigungsexponent
mJ und der Rechenwert
Q = N · PJmJ (3.4–102)

bestimmt. Diese Größen in Gl. (3.4–103) eingesetzt, ergeben die gesuchte


Anfangsrisslänge ao . Bei bekanntem C, mJ und einem Wertepaar (PJ ; N) folgt

ao = [ae(1–mJ) – (1 – mJ) · C · Q]1 / (1–mJ) . (3.4–103)

Damit stellt sich Gl. (3.4–101) zugleich auch dar als Gleichung der Schädi-
gungsparameter-Wöhlerlinie für PJ in der Form

N = ND · (PJ /PJ, D0)–mJ für PJ ≥ PJ, D0 , (3.4–104)


N=• für PJ < PJ, D0 .

Der Dauerfestigkeitswert PJ, D0 ist aus den Versuchsergebnissen im Dauer-


festigkeitsbereich zu gewinnen. Wegen des im Schwellwert DJeff, 0 für lange
Risse nicht enthaltenen Einflusses der Mikrostruktur wird jedoch entspre-
chend zu Gl. (3.4–88) mit Gl. (3.4–105) eine Eigenrisslänge a* eingeführt:
DJeff, 0 = PJ, D0 · (ao + a*) (3.4–105)

Da PJ, D0 aus den dehnungskontrollierten Versuchen bekannt ist, kann a* aus


Gl. (3.4–105) berechnet werden. Andernfalls würde die aus DJeff, 0 und ao zu
berechnende Dauerfestigkeit PJ, D0 zu hoch ausfallen. Für die mit zunehmen-
der Risslänge absinkende Dauerfestigkeit PJ, D folgt dann:

PJ, D /PJ, D0 = (ao + a*) / (a + a*) für a ≥ ao . (3.4–106)

Und weiterhin ergibt sich aus Gl. (3.4–101) mit n statt N für a statt ae und
D = n /N nach Einsetzen in Gl. (3.4–106) in Entsprechung zu Gl. (3.4–68) der
Abfall der Dauerfestigkeit PJ, D als Funktion der akkumulierten Schädigung D

PJ, D /PJ, D0 = {ao + a*} / {[(ae(1–mJ) – ao(1–mJ)) · D + ao(1–mJ)]1/(1–mJ) + a*},


(3.4–107)
wobei die hier endliche Endrisslänge ae gegenüber der Annahme ae = • in
Gl. (3.4–68) als Unterschied zur Kurve e) in Abb. 3.2–11 bedingt, dass die
Dauerfestigkeit für D = 1 sinnfälligerweise nicht wie dort auf null abfällt,
Abb. 3.4–35 [567].
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse 477

1,0
PJ, D (D) a0 + a*
0 = 0000 0
1
––––
PJ, D, 0 ((ae – a0 ) · D + a01–m )1 – m + a*
1–m 1–m
Bezogene Dauerfestigkeit PJ, D (D) / PJ, D, 0

S460N

0,5

m = 1,575
a0 = 15 µm
a* = 48 µm
ae = 250 µm
PJ, D, 0 = 1,0 MPa
DJeff, th = 0,059 N/mm

0,0
0,0 0,5 1,0
Schadenssumme D
Abb. 3.4–35. Abfall des Dauerfestigkeitswertes von PJ als Funktion der akkumulierten
Schädigung [362]

(Alternativ kann die Schädigungsparameter-Wöhlerlinie für PJ , wie im


Abschn. 3.3.5 dargestellt, auch aus den Kennwerten der Dehnungs-Wöhler-
linie abgeleitet werden.)

Anrisslebensdauer bei veränderlichen Amplituden


Mit der vorstehenden Ableitung sind alle Eingangsdaten zur Berechnung der
Anrisslebensdauer einer einachsig schwingbeanspruchten Werkstoffprobe
unter einem Beanspruchungsablauf mit konstanten oder veränderlichen
Amplituden bekannt. Bei einer Beanspruchung mit veränderlichen Amplitu-
den muss zunächst der örtliche Beanspruchungsablauf einer Rainflow-Zäh-
lung unterzogen werden, um daraus die aufeinanderfolgenden und unter-
schiedlichen Schwingspiele als geschlossene Hystereseschleifen zu bestim-
men. Da sich der örtliche Beanspruchungsablauf bei unterschiedlicher Höhe
der äußeren Belastung unterschiedlich ausbildet, muss er bei veränderter Be-
anspruchungshöhe jeweils neu bestimmt und der Rainflow-Zählung unter-
zogen werden. Mit den Eckpunkten der ermittelten Hystereseschleifen sind
die Werte so , eo und su , eu bestimmt, die das jeweils aktuell betrachtete
Schwingspiel kennzeichnen. Mit ihnen wird nach Gl. (3.4–95) bis Gl. (3.4–98)
die Rissöffnungsdehnung eop = eop, einst errechnet, welche sich bei Einstufen-
beanspruchung ergeben würde. Die tatsächlich aktuell maßgebende Riss-
478 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

öffnungsdehnung eop ist jedoch von der vorangegangenen Belastung bzw. der
beim letzten Schwingspiel gültigen Rissöffnungsdehnung eop, alt abhängig.
Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden:

– Fälle mit eo > emax, vorher fi eop = eop, einst (3.4–108)


– Fälle mit eu < emin, vorher fi eop = eop, einst
– Fälle mit eo ≤ eop, alt fi eop = eop, alt
– Fälle mit eop, einst ≥ eop, alt fi eop = eop, alt
– Fälle mit eop, einst < eop, alt fi eop = eop, einst wenn sa ≥ 0,4 · sF
fi eop = eop, alt wenn sa < 0,4 · sF

Das heißt: Werden die bisherigen Extremwerte von e überschritten, wirkt das
Schwingspiel wie bei Einstufenbeanspruchung. Hingegen gilt eop unverändert
wie beim vorangegangenen Schwingspiel, wenn eo kleiner ist als eop, alt , oder
wenn die Rissöffnung bei eop, alt früher eintritt als bei Einstufenbeanspru-
chung. Tritt jedoch die Rissöffnung bei Einstufenbeanspruchung früher als
bei eop, alt ein, so gilt für große Schwingspiele eop, einst , aber für kleine eop, alt ,
um eine Unzulänglichkeit der Formeln Gl. (3.4–95) für R < – 1 zu berück-
sichtigen.
Aus Abb. 3.4–34 ist dieser, den Reihenfolgeeinfluss ausmachende Sachver-
halt zu ersehen: Im Einstufenversuch ergibt sich für das kleinere wie auch
für das größere Schwingspiel beim Spannungsausschlag in den Druckbereich
ein Rissschließen und Rissöffnen. Bei gleichen Amplituden und Mittelspan-
nungen im Zweistufenversuch wird hingegen von dem eingestreuten kleine-
ren Schwingspiel beim Spannungsausschlag in den Druckbereich nicht die
Rissschließdehnung ecl erreicht, die vom vorausgegangenen großen Schwing-
spiel noch gültig ist, und der Riss bleibt für die gesamte Schwingbreite des
kleineren Schwingspiels geöffnet (Fall eop, einst ≥ eop, alt). Als Folge daraus er-
gibt sich im Zweistufenversuch für das kleinere Schwingspiel ein größeres
DJeff bzw. PJ und damit auch ein größerer Schädigungsbeitrag als im Einstu-
fenversuch. Für eine mehrfache Wiederholung des kleineren Schwingspiels
wäre zudem entsprechend Gl. (3.3–75) ein vom Schädigungszuwachs abhän-
giges Abklingverhalten der Rissschließdehnung auf die im Einstufenversuch
gültige Rissschließdehnung zu berücksichtigen.
Sodann kann die Rissfortschrittsgleichung (3.4–92) bei vorgegebener An-
fangsrisslänge ao und Endrisslänge ae schwingspielweise integriert und die
Schädigung bestimmt werden. Doch ist diese Art der Berechnung vom Re-
chenaufwand her auf kürzere Lastfolgen beschränkt. Alternativ kann mit
praktisch gleichem Ergebnis und bei längeren Lastfolgen mit weit geringe-
rem Rechenaufwand, wie in Abschn. 3.3.5 ausgeführt und durch Gl. (3.4–107)
in Entsprechung zu Gl. (3.4–68) bzw. Gl. (3.2–44) belegt, auf Grundlage der
durch Gl. (3.4–103) bezeichneten PJ -Wöhlerlinie und vorab klassierter PJ -
Werte eine Schädigungs-Rechnung nach der konsequenten Form Miner-
Regel, Abschn. 3.2.9, durchgeführt werden.
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse 479

Ähnlich wie bei der Berechnung von DK nach Gl. (3.4–14) mit einem von
der Risslänge unabhängigen Geometriefaktor Y(a) = konst, gilt es aber für
die Wahl der Endrisslänge ae einschränkend zu beachten, dass die vorste-
hende Formel für DJeff für kurze Risse in einem ausgedehnten, örtlich kon-
stanten Spannungsfeld abgeleitet ist, sodass ein etwaiger Spannungsgradient
im Bereich des Rissfortschritts vernachlässigbar sein muss. Vormwald legte
deshalb für die Endrisslänge einen hinreichend kleinen Wert ae = 0,25 mm
fest, was bedeutet, dass die damit errechneten Schwingspielzahlen im Sinne
des Abschn. 3.3 als Anriss-Schwingspielzahlen zu betrachten sind. Den vor-
stehenden Ansatz erachtet er bei Kerbradien r > 10 mm (bzw. Verhältniswer-
ten r /ae > 40) als anwendbar [363]. Wegen des Spannungsgradienten kann
die Berechnung für Risse in Kerben über diese Anrisslebensdauer hinaus
mit größeren Endrisslängen nur dann vorgenommen werden, wenn entspre-
chende DJeff-Formeln bekannt sind, die an die Stelle von Gl. (3.4–94) ange-
setzt werden können. Außerdem muss in Kerben u.U. der dort herrschen-
de mehrachsige Spannungszustand bei der Berechnung von eop nach Gl.
(3.4–95) über einen Wert a ⫽ 1 berücksichtigt werden [362].
Weiterführende Untersuchungen zur Anwendung von PJ sind u.a. in
[362–366] abgehandelt.

Weiterentwicklungen zum Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse


Zwei Weiterentwicklungen zur Berechnung des Rissfortschritts bei kurzen
Rissen, die von der Arbeit von Vormwald [298] ausgehen, sind inzwischen er-
folgt. Es handelt sich hierbei um das Berechnungsmodell und PC-Programm
FATICA als Ergebnis einer Arbeit von Anthes [367] und um das Konzept
einer einheitlichen und durchgängigen Berechnung von Anriss- und Riss-
fortschrittslebensdauer nach einer Arbeit von Dankert [368].

Das Modell FATICA


Mit dem Modell FATICA von Anthes [367] wird eine noch weitergehende Be-
rücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen erreicht als mit dem Modell
von Vormwald [298]. Im Vergleich sind folgende besonderen Merkmale
von FATICA zu nennen:
FATICA erfasst im Gegensatz zum Modell von Vormwald das transiente,
d.h. das von der Risslänge abhängige Rissöffnungs- und Rissschließverhal-
ten, wonach kurze Risse anfangs auch im Druckbereich der Beanspru-
chungsschwingbreite geöffnet sind und erst mit zunehmendem Risswachs-
tum einen stabilisierten Rissöffnungs- und Rissschließwert erreichen.
Risswachstums- und das Schwellwertverhalten bei kurzen Rissen werden
in FATICA über einen ähnlichen Ansatz abgebildet wie das Schwellwertver-
halten im Modell von Vormwald. Die Zahl und Art der erforderlichen Ein-
gangsdaten bei FATICA unterscheidet sich im Prinzip nicht von denen im
Modell von Vormwald.
480 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Die Rissfortschrittsberechnung kann bei FATICA bereits bei einem noch


nicht vorhandenen Riss der Länge ao = 0 beginnen, muss aber nicht, wenn
die zu untersuchende Werkstoffprobe bzw. das zu untersuchende Bauteil auf-
grund von Oberflächenrauhigkeiten eine Anfangsrisslänge besitzt. Im Mo-
dell von Vormwald ist die Anfangsrisslänge nicht frei wählbar, sondern in
Abhängigkeit vom Werkstoff und seiner Mikrostruktur eindeutig festgelegt
und durch Rückrechnung zu bestimmen. Der Einfluss der Mikrostruktur auf
die Schädigungsentwicklung wurde im Modell FATICA aus folgenden Grün-
den nicht explizit beschrieben: Eine Erhöhung der Treffsicherheit bei der
Lebensdauerabschätzung wird aufgrund der statistischen Streuungen im
Strukturgefüge und der damit verbundenen Schwierigkeit einer eindeutigen
mathematischen Formulierung des Modells nicht erwartet. Zudem würde
sich die Zahl der erforderlichen Eingangsdaten um mikrostrukturelle Kenn-
größen erhöhen, die in der Regel schwer identifizierbar sind und für die
meisten Werkstoffe nicht vorliegen.
Die Rissfortschrittsberechnung liefert bei FATICA die Entwicklung der
Risslänge mit der Schwingspielzahl. Dadurch ist nicht nur die Anrisslebens-
dauer, üblicherweise bei ae = 0,25 mm, sondern die Schwingspielzahl für jede
beliebige Risslänge berechenbar. Das gilt auch für Risslängen a > 0,25 mm,
wenn der Riss in einem homogenen Beanspruchungsfeld wächst. (Eine Inte-
gration in das von Dankert [368] entwickelte und nachstehend beschriebene
Modell zur Rissfortschrittsberechnung in inhomogenen Beanspruchungsfel-
dern wäre ebenfalls möglich, ist gegenwärtig jedoch noch nicht realisiert.)
In FATICA wird weder mit einem Schädigungsparameter gearbeitet noch
eine Hypothese zur Schädigungsakkumulation verwendet. Die Miner-Regel
ist nicht anwendbar. Stattdessen muss der Risslängenzuwachs Schwingspiel
für Schwingspiel bis zum Erreichen des technischen Anrisses berechnet wer-
den. Dadurch ist gegenüber dem Modell von Vormwald ein höherer Berech-
nungsaufwand erforderlich, was jedoch bei den Rechenleistungen derzeit
verfügbarer Computer keinen Nachteil darstellen dürfte. Der Vorteil der
schwingspielweisen Berechnung des Rissfortschritts ist, dass nicht mehr
zwingend eine affine Schädigungsentwicklung auf unterschiedlichen Bean-
spruchungshorizonten gefordert werden muss, sondern ein beliebiges nicht-
affines Rissfortschrittsgesetz verwendet werden kann.
Lastreihenfolgeeinflüsse auf den Schädigungsbeitrag des aktuellen
Schwingspiels werden durch einen eigens für FATICA entwickelten Algorith-
mus zur Ermittlung des aktuellen Rissöffnungsniveaus erfasst. Die von
Vormwald definierte Vorgehensweise konnte nicht übernommen werden,
weil dieser nicht mit einer transienten Rissöffnungsentwicklung arbeitet. Bei
ihr werden Schwingspiele im s-e-Ablauf über das Rainflow-Zählverfahren als
geschlossene Hysteresen ermittelt. Der Schädigungsanteil einer geschlosse-
nen Hysterese ergibt sich nach Berechnung des zugehörigen PJ -Werts als der
Kehrwert der zugehörigen Versagensschwingspielzahl N aus der PJ -Wöhler-
linie. Das zur Berechnung des PJ -Werts erforderliche Rissöffnungsniveau der
zu bewertenden Hysterese wird nach Gl. (3.4–108) in Abhängigkeit von dem
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse 481

zuletzt vorgelegenen Rissöffnungsniveau und einem fiktiven Rissöffnungsni-


veau bestimmt, das sich nach Gl. (3.4–95) bis Gl. (3.4–98) bei rein einstufiger
Beanspruchung mit dieser Hysterese eingestellt hätte. Bei kritischer Betrach-
tung werden zwei Schwächen dieser Vorgehensweise erkennbar:
1. Die Beanspruchungsvorgeschichte wird nicht korrekt erfasst. Die Vorge-
schichte des aktuellen Schwingspiels ist im Modell von Vormwald reprä-
sentiert durch die bisher geschlossenen Hysteresen, und zwar genau in der
zeitlichen Reihenfolge, in der sie sich im s-e-Ablauf geschlossen haben.
Die Umkehrpunkte, die (noch) nicht zu geschlossenen Hysteresen geführt
haben, werden in der Vorgeschichte vergessen. Das bedeutet auch, dass der
obere und der untere Umkehrpunkt einer Hysterese im Allgemeinen in
der Beanspruchungs-Zeit-Funktion nicht zeitlich aufeinander folgen. Die
Reihenfolge, in der die Umkehrpunkte auftreten, wird nicht in das Rain-
flow-Kollektiv übersetzt.
2. Das Rissöffnungsniveau einer Hysterese, die am unteren Umkehrpunkt ge-
öffnet wird (stehende Hysterese), muss unabhängig vom oberen Umkehr-
punkt sein, weil dieser Umkehrpunkt zeitlich erst nach dem Rissöffnen
eintritt und somit das zeitlich davor liegende Rissöffnungsniveau nicht be-
einflussen kann. Ein Algorithmus zur Ermittlung des aktuellen Rissöff-
nungsniveaus dürfte in diesen Fällen also nicht das Rissöffnungsniveau ei-
ner fiktiven einstufigen Beanspruchung beinhalten.
Das heißt mit anderen Worten: Wird die Vorgeschichte nicht korrekt erfasst,
wirkt sich dies auch nachteilig auf die Schädigungsbewertung aus.

Der modifizierte Rainflow-Algorithmus


Eine einfache Modifikation des Rainflow-Zählverfahrens, Abschn. 3.3.3 be-
seitigt seine im vorstehend genannten Schwächen beim Erfassen der Bean-
spruchungs-Vorgeschichte. Diese Modifikation ist durch folgende neuen
Festlegungen gekennzeichnet:
Jeder aufsteigende Hystereseschleifenhalbast wird als ein Schädigungs-
ereignis registriert. Wenn der Halbast keine geschlossene Hysterese bildet,
wird er als Scheinhysterese bezeichnet, wobei drei verschiedene Fälle auftre-
ten können:
1. Die Scheinhysterese wird zu einem späteren Zeitpunkt durch einen abfal-
lenden Halbast geschlossen. Die Registrierung und Schädigungsbewertung
hat bereits stattgefunden. Es sind keine weiteren Maßnahmen erforder-
lich.
2. Der als Scheinhysterese registrierte aufsteigende Halbast wird zu einem
späteren Zeitpunkt weiter nach oben fortgesetzt. Der sich hieraus erge-
bende Schädigungszuwachs wird aus der Differenz der Schädigungsan-
teile der neuen und der alten Scheinhysterese bestimmt. Ist die Schädi-
gungsbewertung von der Risslänge abhängig, so ist zu beachten, dass der
Schädigungsanteil der alten Scheinhysterese nur dann übernommen wer-
482 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

den kann, wenn sich zwischenzeitlich kein Risslängenzuwachs eingestellt


hat. Ist diese Annahme unzutreffend, so muss der Schädigungsanteil der
alten Scheinhysterese mit der aktuellen Risslänge neu berechnet werden.
Wenn sich durch den vergrößerten Halbast keine Hysterese schließt, wird
eine neue entsprechend vergrößerte Scheinhysterese registriert.
3. Die Scheinhysterese wird im weiteren Beanspruchungs-Zeit-Verlauf nicht
geschlossen. Der bereits ermittelte Schädigungsanteil bleibt wirksam. Die-
se Vorgehensweise unterscheidet sich von der Vorgehensweise beim her-
kömmlichen Rainflow-Algorithmus, bei der alle nicht geschlossenen Halb-
äste im Residuum verbleiben und keinen Schädigungsanteil liefern.
Die entscheidende Auswirkung dieser Modifikation ist offensichtlich. An je-
dem oberen Umkehrpunkt der Lastfolge wird mindestens eine Scheinhys-
terese registriert. Die Reihenfolge der Umkehrpunkte aus der Beanspru-
chungs-Zeit-Folge wird dadurch exakt in den zur Schädigungsbewertung an-
stehenden Hysteresen abgebildet. Der Schädigungsbeitrag einer Scheinhys-
terese wird zu einem späteren Zeitpunkt bestätigt, wenn sich die Hysterese
wirklich schließt, oder korrigiert, wenn sich die Scheinhysterese vergrößert,
unabhängig davon, ob sich der vergrößerte Halbast dabei schließt oder nicht.
Wird der Schädigungsbeitrag zu einem späteren Zeitpunkt korrigiert, so
ändert sich das Rissöffnungsniveau gegenüber dem vorherigen Zustand.
Allerdings ist diese Änderung in der Regel gering, weil sich alle dazwischen
liegenden Umkehrpunkte innerhalb der Beanspruchungsschwingbreite der
alten Scheinhysterese bewegen müssen und deshalb das Rissöffnungsniveau
nicht wesentlich verschieben können.
Abbildung 3.4–36 veranschaulicht das modifizierte Rainflow-Zählverfah-
ren: Der s-e-Ablauf folgt zunächst vom Ursprung nach Punkt a der stabili-
sierten zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve. Von Punkt a nach b wird
der verdoppelte abfallende Hysteresehalbast und von b nach c der verdop-
pelte aufsteigende Hysteresehalbast durchlaufen. Im herkömmlichen Rain-
flow-Algorithmus ist bis dahin noch keine geschlossene Hysterese aufgetre-
ten. In der modifizierten Form wird jedoch der Halbast von b nach c als
Scheinhysterese registriert. Von c über d nach e wird am Punkt c¢ eine kleine
Hysterese geschlossen. Die Registrierung findet sowohl im herkömmlichen
als auch im modifizierten Rainflow-Algorithmus statt. Von c¢ nach Punkt e
wird der in b begonnene aufsteigende Halbast fortgesetzt. Für den modifi-
zierten Rainflow-Algorithmus bedeutet das die Registrierung einer neuen
Scheinhysterese von b nach e. Der Schädigungsbeitrag von Punkt c¢ nach e
wird mit der am Punkt c¢ vorliegenden Risslänge und dem zu diesem Zeit-
punkt vorherrschenden Rissöffnungsniveau aus der Schädigungsdifferenz
der neuen und der alten Scheinhysterese berechnet:
D(c¢ Æ e) = D(b Æ e) – D(b Æ c¢) (3.4–109)
Von f nach g wird im Punkt e¢ die Hysterese f – e¢ und im Punkt g die Hys-
terese b–g geschlossen.
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse 483

Abb. 3.4–36. Spannungsablauf zur Veranschaulichung des modifizierten Rainflow-Zähl-


verfahrens, nach Anthes [367]

Hysterese f – e¢ wird in beiden Formen des Rainflow-Algorithmus gleich


behandelt, Hysterese b – g jedoch nicht: Im modifizierten Rainflow-Algorith-
mus wird entsprechend zu Gl. (3.4–109) der bereits registrierte Schädi-
gungsanteil der Scheinhysterese b – e von dem der Hysterese b – g abgezogen
und dabei für beide Schädigungsanteile mit der aktuellen Risslänge und dem
aktuellen Rissöffnungsniveau am Punkt e¢ gerechnet.
Die Auswirkungen des modifizierten Rainflow-Zählverfahrens auf die
Schädigungsbewertung werden bei einer Anwendung auf gedämpft aus-
klingende Schwingung besonders deutlich: Der herkömmliche Rainflow-Al-
gorithmus registriert keine geschlossene Hysterese und damit keine Schädi-
gung, solange die Amplitudenwerte jeweils geringer werden. Der modifizier-
te Rainflow-Algorithmus registriert Schädigungsereignisse in Form von
Scheinhysteresen. Erst wenn die Beanspruchungs-Zeit-Folge wieder anstei-
gende Amplituden aufweisen würde, schlössen sich nacheinander die offenen
Halbäste.
Mit einem Kurzrissmodell, das Lastreihenfolgeeinflüsse nicht berücksich-
tigt, wird mit dem herkömmlichen und dem modifizierten Rainflow-Algo-
rithmus die gleiche Schädigungssumme bestimmt, wenn keine noch schließ-
fähigen Halbäste im Residuum verbleiben. Wird jedoch ein Kurzrissmodell
verwendet, das Lastreihenfolgeeinflüsse berücksichtigt, z.B. das Modell von
Vormwald [298] oder das Modell FATICA von Anthes [367], so wirkt sich die
Vorgeschichte der Beanspruchung auf die Rissöffnungsniveaus der zur Schä-
digungsbewertung anstehenden Hysteresen und damit auch auf die Schädi-
gungssumme aus.
Die im Modell FATICA geltende Vorgehensweise zur Ermittlung des Riss-
öffnungsniveaus bei Beanspruchungen mit variablen Amplituden ist im
484 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Grundgedanken der Vorgehensweise im Modell von Vormwald ähnlich, s. Gl.


(3.4–94 bis 3.4–100). Die Rissöffnungsdehnung eines aufsteigenden Hystere-
seastes ergibt sich jedoch abweichend davon aus dem aktuellen unteren Um-
kehrpunkt mit su, akt und eu, akt sowie dem unmittelbar vorausgegangenen
oberen Umkehrpunkt mit so, v und eo, v . Anhand dieser Werte wird nach
Gl. (3.4–95) bis Gl. (3.4–98) ein fiktives einstufig stabilisiertes Rissöffnungs-
niveau eop, einst, v ermittelt.
Die (allein dehnungsabhängige) Rissöffnungsdehnung e 0op, eins,v bei einer
Risslänge a = 0 folgt aus
e 0op, einst, v = eu, akt für R ≥ – 1 , (3.4–110)

e 0op, einst, v = eo, v für R < – 1 . (3.4–111)

Die zugehörige risslängenabhängige Rissöffnungsdehnung e aop, einst,v bei der


aktuellen Risslänge aakt unter Berücksichtigung des transienten Rissöff-
nungs- und Rissschließverhaltens ist
a a 0
eop, einst,v (aakt) = e cl, einst, v = eop, einst, v – (eop, einst, v – e op, einst, v) · exp (– d · aakt) .
(3.4–112)
Hierin ist d ein Abklingfaktor für den Fall, dass die Schwingbreite Ds des
aktuellen Schwingspiels größer ist als 80% der dauerfesten Schwingbreite
DsD,–1 . Wenn eop, einst, v kleiner ist als der kleinste bisher erreichte Wert von
a ange-
eop, einst, v , wird eop, einst, v (aakt) als wirksame Rissöffnungsdehnung e op
a
setzt. Im anderen Fall bleibt die alte Rissöffnungsdehnung e op, alt maßgebend,
die für jedes Schwingspiel anfänglich auf null gesetzt und neu bestimmt wird.
Auch in dieser Behandlung der Reihenfolgeeinflüsse ist ein Unterschied zu
den Fallunterscheidungen Gl. (3.4–108) bei Vormwald gegeben.
Die in die Abb. 3.3–45 und 3.3–47 eingetragenen Ergebnisse veranschau-
lichen die mit dem Modell FATICA verbesserte Treffsicherheit der Lebens-
dauervorhersage.

Durchgängige Berechnung von Anriss- und Rissfortschrittslebensdauer


Mit der Arbeit von Dankert [368] ist es gelungen, ein Konzept der elastisch-
plastischen Schwingbruchmechanik zu entwickeln, mit dem die Anrissphase
und die Rissfortschrittsphase innerhalb und außerhalb des Kerbbereiches
von Kerbscheiben für Einstufen-, Zweistufen- und Betriebslastenversuche nu-
merisch beschrieben werden können. Damit ist die in Abschn. 2.4.5 aufge-
zeigte Problematik ausgeräumt, die aus einer im Grunde willkürlichen Ab-
grenzung zwischen Anriss-Lebensdauer und Rissfortschritts-Lebensdauer
und aus der Anwendung jeweils unterschiedlicher Berechnungskonzepte ent-
steht.
Für dieses einheitliche Berechnungskonzept erwies sich, wie schon bei
Vormwald [298] und Anthes [367], ein bruchmechanischer Ansatz, basierend
3.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse 485

auf dem J-Integral und einer Berücksichtigung des Rissöffnungs- und Riss-
schließverhaltens nach Newman [299] als geeignet, um den gesamten Be-
reich der Lebensdauer eines Bauteils einheitlich und durchgängig rechne-
risch abzuhandeln. Eine wesentliche Aufgabe zu seiner Realisierung bestand
darin, Algorithmen, Formeln und Näherungsformeln zur Beschreibung des
Rissöffnungs- und Rissschließverhaltens und zur Berechnung des Span-
nungsintensitätsfaktors K bzw. des J-Integrals für Risse zu entwickeln, die
sich (im Gegensatz zu den Annahmen bei Vormwald und Anthes) ausgehend
von Kerben in inhomogenen Spannungsfeldern ausbreiten.
Exemplarisch abgehandelt wurden Oberflächen-, Eck-, Durchgangs- und
Mehrfach-Anrisse in zugbeanspruchten Scheiben mit elliptischen Innen-
oder Außenkerben bei systematischer Variation von Geometrie- und Werk-
stoff-Kennwerten, Abb. 3.4–37. Die betreffenden Lösungen für das Riss-
öffnen wurden mit Experimenten und die Lösungen für die Spannungs-
intensitätsfaktoren K und für die J-Integrale mit zwei- und dreidimensio-
nalen elastisch-plastischen FE-Berechnungen verglichen. In beiden Fällen
wurden gute bis sehr gute Übereinstimmungen erzielt. Die Übertragbar-
keit des Berechnungskonzeptes wurde am Beispiel der Rotornabe eines
Abgasturboladers demonstriert, indem die elastische Spannungsverteilung
im ungerissenen Bauteil durch eine vergleichbare Spannungsverteilung
der untersuchten und gleichfalls ungerissenen Kerbscheiben modelliert
wurde.

a b c
Abb. 3.4–37a–c. Von Dankert [368] untersuchte elliptische Kerbformen mit a Mitten-,
b Eck- und c Durchgangsrissen
486 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Ausgangspunkt für die Ableitung von Näherungsformeln für den Span-


nungsintensitätsfaktor bildete eine Näherungsformel nach Newman und
Raju [369] für KI-Werte im Sonderfall einer Scheibe mit Kreiskerbe,

KI = Sbrutto · a8
p · a · Yel (a, c, t, w, r, j) , (3.4–113)

bei der die Geometriefunktion Yel durch parametrische Ansätze den Geo-
metriegrößen, Abb. 3.4–37, für Oberflächen-, Eck- oder Durchgangsrisse
angepasst wird. Ihre Erweiterung auf elliptische Kerben gelang, gestützt
auf die Ergebnisse von Finite-Element-Berechnungen, durch einen Aus-
tausch weniger Terme in den parametrischen Ansätzen für Yel. Die ent-
sprechenden Näherungsformeln sind in einem Anhang zu [368] aufgeführt
und sie wurden für die praktische Anwendung in ein PC-Programm um-
gesetzt.
Die Näherungsformeln für das J-Integral wurden abgeleitet, indem nach
Gl. (3.4–13) der aus der K-Lösung ableitbare elastische Term Je im Sinne von
Gl. (3.4–11) für Jp ergänzt wurde um einen geeigneten Parameteransatz mit
Werkstoffkenngrößen und Geometriekenngrößen, die in Anlehnung an die
jeweilige elastische Lösung unschwer zu ermitteln sind.
Die Ermittlung der Rissöffnungsdehnung bei nicht einstufiger Belastung
geschieht anhand von risslängenabhängigen Ansätzen, die – ähnlich wie bei
Vormwald – von der Rissöffnungsdehnung unter Einstufenbelastung ausge-
hen. Zu ihrer Verifikation wurden die berechneten Rissfortschrittskurven
den experimentell bestimmten gegenübergestellt. Es zeigt sich für die ein-
und zweistufigen sowie für die betriebslastähnlichen Versuche eine gute bis
sehr gute Übereinstimmung.
Mit diesen Algorithmen, Formeln und Näherungsformeln entstand ein
Rissfortschrittskonzept, das die durchgängige Berechnung der Rissfort-
schrittslebensdauer von einer beliebigen Anfangsrisskonfiguration (Rissart,
Risslänge, Risstiefe) bis zu einer kritischen Risskonfiguration gestattet. Es
behandelt sowohl den Rissfortschritt kurzer Risse in der Anrissphase als
auch den Rissfortschritt langer Risse innerhalb und außerhalb des Kerbbe-
reiches in einheitlicher Weise und geht weit über bisher bekannte Lösungen
hinaus. In dem damit erbrachten Nachweis für die praktische Tragfähigkeit
einer solchen Betrachtungsweise ist die wissenschaftliche Bedeutung des von
Dankert entwickelten Berechnungskonzeptes zu sehen.
Ein weiterer Vorteil des entwickelten Konzeptes ist, dass es sukzessiv mit
neu entwickelten K- und J-Lösungen erweitert werden kann, ohne dass Be-
standteile des eigentlichen Berechnungskonzeptes geändert werden müssen.
Mithin sind für die Zukunft fortführende Arbeiten möglich, damit dieses
Berechnungskonzept eine breite ingenieurmäßige Anwendung in der indus-
triellen Praxis finden kann:

– Entwicklung von K- und J-Lösungen für andere Geometrien,


– Entwicklung von K- und J-Lösungen für andere Lastfälle,
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften 487

– Berücksichtigung einer geometriebedingten Mehrachsigkeit,


– Berücksichtigung von proportionalen und nichtproportionalen Lasten,
– Berücksichtigung von Mixed-Mode-Effekten und
– Berücksichtigung von bestimmten Einflussgrößen infolge der Herstellung
oder Bearbeitung, wie z.B. Eigenspannungen, Oberflächenrauheiten,
Randschichtverfestigungen.

Die beiden ersten Punkte machen die Hauptproblematik bei der Anwendung
des entwickelten bruchmechanischen Konzeptes in der Praxis deutlich. Die
von Dankert [368] bisher entwickelten Näherungsformeln zur Berechnung
der Spannungsintensitätsfaktoren K für Risse in Kerben und das entwickelte
elastisch-plastische Rissfortschrittsmodell wurden in einem Berechnungs-
programm anwenderfreundlich aufbereitet.

3.4.10
Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften

Die Bauteilgestalt, die Belastungsverhältnisse und die Rissgeometrie kön-


nen bei bruchmechanischen Berechnungen allein über den Spannungs-
intensitätsfaktor bzw. über das J-Integral Berücksichtigung finden. Im
Einzelfall geschieht dies durch die Art, wie das rissbehaftete Bauteil für
die Berechnung modelliert wird, wie die einwirkende Spannung berechnet
und wie der geeignete Geometriefaktor Y (a) als Funktion der kennzeich-
nenden Rissgröße a gewählt wird. Für die Verlässlichkeit einer bruch-
mechanischen Berechnung haben diese Arbeitsschritte entscheidende Be-
deutung.
Werkstoffeigenschaften gehen vornehmlich über die in Ansatz gebrachten
Rissfortschrittsdaten bzw. über das ihnen unterlegte Rissfortschrittsgesetz
mit seinen Kennwerten in die Berechnung ein. Weiterhin können die Streck-
grenze Re , der Bruchzähigkeitswert Kc und die kritische Risslänge ac als
werkstoffspezifische Kennwerte für das Ergebnis der Berechnung ausschlag-
gebend sein.

FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis“


Ergänzende Ausführungen zu diesen Sachfragen, die in nachstehend ge-
nannten Punkten über die hier im Abschn. 3.4 gemachten Ausführungen
hinausgehen, kann der Anwender in der FKM-Richtlinie „Bruchmechani-
scher Festigkeitsnachweis“ finden [47]. Der Schwerpunkt dieser Richtlinie
liegt allerdings beim statischen Festigkeitsnachweis für Bauteile mit riss-
ähnlichen Fehlern, die z.B. bei einer zerstörungsfreien Prüfung festgestellt
wurden und entweder aus der Fertigung oder auch durch eine vorausge-
gangene Schwingbeanspruchung bedingt sein können. Die dazu dargestell-
ten Konzepte und Rechenmethoden entsprechen dem in europäischen
488 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Gremien erarbeiteten SINTAP-Dokument [370]. Die Abhandlung des Riss-


fortschritts unter schwingender Beanspruchung sieht in Anlehnung an die
Britische Norm BS 7910 [371] eine Integration der Rissfortschrittsgleichung
vor und geht insofern nicht über die diesbezüglichen Ausführungen in
Abschn. 3.4.3 hinaus.
Als weiteres Schrifttum von allgemeiner Bedeutung für bruchmechani-
sche Nachweise sind [43, 372–376] zu nennen.

Rissmodell und Spannungsintensitätsfaktor


Das Bauteil mit Riss wird ausgehend von seiner Gestalt und seiner Belas-
tung in einem Rissmodell so idealisiert, dass für dieses Rissmodell eine
Lösung des Spannungsintensitätsfaktors vorliegt oder sich mit vertretbarem
Aufwand oder auch durch gesonderte Berechnung gewinnen lässt. Mit Rück-
sicht auf den Aufwand wird man einem ebenen Rissmodell gegenüber einem
räumlichen Modell den Vorzug geben. Bei komplizierter Geometrie kann
eine alternative Annäherung durch verschiedene Rissmodelle aufschluss-
reich sein und dazu dienen, den Vertrauensgrad der Berechnung abzu-
schätzen.
Praktisch bestehen verschiedenartige Möglichkeiten, um den Spannungs-
intensitätsfaktor bzw. die Geometriefunktion für einen konkreten Anwen-
dungsfall zu bestimmen, wobei sich diese Möglichkeiten nicht nur im Ar-
beitsbedarf, sondern auch im Grad der Verlässlichkeit unterscheiden.

K aus Handbüchern und Veröffentlichungen


Sammlungen bekannter Lösungen für Spannungsintensitätsfaktoren finden
sich in „The Stress Analysis of Cracks Handbook“ von Tada, Paris und Irwin
[245], im „Handbook of Stress Intensity Factors“ von Sih [378], im „Com-
pendium of Stress Intensity Factors“ von Rooke und Cartwright [379], im
„Stress Intensity Factors Handbook“ von Marukami et al. [380], und in
„Weight Functions and Stress Intensity Factor Solution“ von Wu und Carls-
son [381]. Eine größere Auswahl solcher Lösungen für verschiedene Konfi-
gurationen der Rissgeometrie und der Belastung, insbesondere bei Platten,
Hohlzylindern und Schweißstößen, finden sich in einem Anhang der FKM-
Richtlinie [47].
In der Regel findet man dort die Geometriefunktion für eine elementar
berechnete Nennspannung angegeben, die auf den Bruttoquerschnitt ohne
Riss bezogen ist, sowie in Abhängigkeit von der Rissgröße, die üblicherweise
auf ein Querschnittsmaß bezogen ist. Es gibt dafür aber keine generellen
Festlegungen, sodass den betreffenden Angaben jeweils besondere Aufmerk-
samkeit geschenkt werden muss.
Als Beispiel sind mit Abb. 3.4–38 und Tabelle 3.4–2 aus [372] die Geo-
metriefunktionen gebräuchlicher Probenformen für bruchmechanische Ver-
suche angeführt, wobei zwei Besonderheiten zu beachten sind: Der Span-
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften 489

Abb. 3.4–38. Probenformen für bruchmechanische Versuche und Bezeichnungen für die
Geometriefunktionen nach Tabelle 3.4–2 [372]

Tabelle 3.4–2. Geometriefunktionen für die Probenformen nach Abb. 3.4–27 [372]

Proben- Geometriefunktion Y(l) Gültigkeits-


form bereich

SENB4 1,93 – 3,07 l + 14,53 l2 – 25,11 l3 + 25,80 l4 0 ⬉ l ⬉ 0,6


SENB8 1,96 – 2,75 l + 13,66 l2 – 23,98 l3 + 25,22 l4 0 ⬉ l ⬉ 0,6
SENB 1,99 – 2,47 l + 12,97 l2– 23,17 l3 + 24,80 l4 0 ⬉ l ⬉ 0,6
0,667 l–1/2 (1 – l)–3/2 0,5 ⬉ l ⬉ 1,0
SENT 1,99 – 0,41 l + 18,70 l2 – 38,48 l3 + 53,85 l4 0 ⬉ l ⬉ 0,6
0,50 l–1/2 (1 – l)–3/2 (1 + 3 l) 0,3 ⬉ l ⬉ 1,0
CT 29,6 – 185,5 l + 655,7 l2 – 1017,0 l3 + 638,9 l4 0,3 ⬉ l ⬉ 0,7
0,50 l–1/2 (1 – l)–3/2 (5 + 3 l) 0,8 ⬍ l ⬍ 1,0
CC a3p · (1 – 0,025 l2 + 0,06 l4) · (cos p l/2)–1/2 0 ⬉ l ⬍ 1,0
DEN a3
p · (1,122 – 0,561 l – 0,015 l2 + 0,091 l3) (1 – l)– 1/2 0 ⬉ l ⬉ 1,0
NR a3
p · (1,122 – 1,542 l + 1,836 l2 – 1,280 l3 + 0,366 l4) (1 – l)–3/2 0 ⬉ l ⬉ 1,0
490 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

nungsintensitätsfaktor ist abweichend von Gl. (3.4–7) ohne den Faktor a3p
geschrieben als
K = s · aa0 + ry · Y(l), (3.4–114)
und es ist die Risslänge um den Radius der zug-plastischen Zone

 
1 K 2
ry = 8 · 8 ,
n · p Rp 0,2
n = 2 für ESZ bzw. n = 4 · a3
2 für EDZ, (3.4–115)
vergrößert, womit einer plastischen Rissspitzen-Aufweitung Rechnung ge-
tragen werden soll.
Weitere Zusammenstellungen, insbesondere auch für Risse an Kerben so-
wie für halbelliptische Oberflächenrisse oder viertelkreisförmige Eckrisse,
finden sich bei Schwalbe [326]. Lösungen für Formelemente des Flugzeug-
baus enthält das „Handbuch Struktur und Berechnung“ [24]. Lösungen für
Risse in Druckbehältern und Rohrleitungen gibt der ASME-Code [373].
Spannungsintensitätsfaktoren für die Anwendung auf Schweißverbindungen
sind bei Radaj zusammengestellt [32], Spannungsintensitätsfaktoren für die
bruchmechanische Bewertung von Fehlern in Schweißverbindungen finden
sich in den DVS-Merkblättern 2401 [374].

K aus Näherungsformeln
Für viele Anwendungsfälle mag die Berechnung von Spannungsintensitäts-
faktoren mit der Nennspannung im ungerissenen Bruttoquerschnitt zweck-
mäßig sein, doch die betreffenden Geometriefunktionen unterscheiden sich
dann recht beachtlich. Diese Unterschiede lassen sich aber, zumindest für
Außenrisse, deutlich verringern, wenn eine Nennspannung Sr für die Riss-
spitze oder Rissfront aus dem Zug- und Biegespannungsanteil im Restquer-
schnitt (Index r) berechnet wird [382], Abb. 3.4–39. Es gilt dann
K = Sr · a9
p · a · Yr (a) (3.4–116)
mit Yr (a) = Y(a) · S / Sr (3.4–117)
und Sr = F /Ar oder Sr = M /Wr . (3.4–118)
Als grobe aber recht universelle Näherungslösung für Außenrisse im Mo-
dus I kann daraus abgeleitet werden:
Yr (a) = 1,12 – 2,225 · (a /b) + 1,375 · (a /b)2, 0 ⬉ a /b ⬉ 0,8 , (3.4–119)
für Sr = F /Ar + M / Wr . (3.4–120)
Eine andere, sehr vielseitig anwendbare und gut abgesicherte Näherungs-
lösung wurde von Schijve für kleine Risse an Kerben abgeleitet [383]. Für sie
erweist sich der Spannungsintensitätsfaktor vorrangig durch die Kerbspan-
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften 491

Risslängenverhältnis a / b
Abb. 3.4–39. Geometriefunktionen für Außenrisse, wenn die Spannung als Nennspannung
für den Restquerschnitt, d.h. an der Rissspitze berechnet wird [382]

nung ak · S und durch das Verhältnis von Risslänge a zu Kerbgrundradius r


bestimmt:
K = ak · S · a9
p · a · Y(z) mit z = a / r , (3.4–121)
Y (z) = 1,1215 – 3,21 · z + 5,16 · z1,5 – 3,73 · z2 + 1,14 · z 2,5 . (3.4–122)
Der Gültigkeitsbereich dieser Näherungslösung endet formzahlabhängig
etwa bei Rissgrößen a / r, bei denen die Spannung an der Rissspitze in die
Nennspannung des Kerbquerschnitts übergeht, Abb. 3.4–40.
Eine weitergehende Näherungslösung zur Berechnung von Spannungsin-
tensitätsfaktoren für Oberflächen-, Eck- und Durchgangsrisse in Scheiben
mit elliptischen Innen- oder Außenkerben, die den gesamten Bereich vom
kurzen Anfangsriss bis zum langen Endriss erfassen, wurde im Zusammen-
hang mit der Arbeit von Dankert entwickelt und in einem PC-Programm für
die praktische Anwendung aufbereitet [51, 368], s. Ende von Abschn. 3.4.9.

K aus der Modellierung mit bekannten Lösungen


Aus den bekannten Lösungen lassen sich verwandte Fälle durch eine geeig-
nete Modellierung abhandeln, Abb. 3.4–41. Drei vorrangige Kriterien sind
dabei zu beachten: Bei dem zu modellierenden Bauteil und bei dem bekann-
ten Modell müssen die Kraftwirkungslinien übereinstimmen, erforderlichen-
falls sind einseitige Querschnittskorrekturen vorzunehmen, wie z.B. in Abb.
492 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

bezogene Risslänge z = a / r

Abb. 3.4–40. Geometriefunktion Gl. (3.4–117) für Risse an Kerben im Vergleich zu Werten
für elliptische Kerben nach Neumann [383]

Abb. 3.4–41. Modellierung einer


Schweißnaht mit Wurzelspalt
durch das bekannte Rissmodell
SENT nach Abb. 3.4–38, nach
Haibach, Olivier und Kittel

Riss
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften 493

3.4–41 wegen der einseitigen Nahtüberhöhung. Bei Querschnittskorrekturen


ist die einwirkende Belastung so umzurechnen, dass sich auch im Modell die
zutreffende Spannung für den Rissquerschnitt einstellt; so ist z.B. nach Abb.
3.4–41 bei der Berechnung von DK die Spannung DS für den Bruttoquer-
schnitt des Modells (Maß d) im Verhältnis s /d niedriger als die Nennspan-
nung im Bauteil (Maß s). In aller Regel wird mit linear über den Querschnitt
verlaufenden Spannungen gerechnet und erforderlichenfalls ist eine solche
Linearisierung vorzusehen. Und schließlich sollte die Art der Modellierung
eine Abschätzung auf der sicheren Seite liefern.

K aus Berechnungen mit Gewichtsfunktionen


Bei diesem Verfahren wird K für eine vorliegende Rissuferbelastung p(x) be-
stimmt aus einer Referenzlösung K r, für die die zugehörigen Rissuferver-
schiebungen v r bekannt oder abzuschätzen sind [47]:
2·E a d v r (x, a)
K=–8 · ∫ (p (x) · 07 · dx . (A3.4–86)
Kr o da

K aus Finite-Element- oder Randelement-Berechnungen


Für eine spezielle Bauteil- oder Rissgeometrie oder eine besondere Art der
Belastung lässt sich der Spannungsintensitätsfaktor auf dem Weg einer Fini-
te-Element-Berechnung bestimmen. Dabei verursacht die Spannungs-Singu-
larität an der Rissspitze jedoch ein verfahrens-spezifisches Problem, für
dessen Abhandlung verschiedene Vorgehensweisen wie auch spezielle Riss-
spitzen-Elemente, Abb. 3.4–42, entwickelt wurden. Der Aufwand bei solchen

Abb. 3.4–42. Spezielles Rissspitzenelement zur Berechnung des Spannungsintensitäts-


faktors nach der Finite-Element-Methode, nach Gifford
494 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Rissspitzen-Elementen, auch bei solchen neueren Typs, ist jedoch beträcht-


lich, da die Elementstruktur für die zunehmende Rissgröße jeweils neu er-
stellt und berechnet werden muss; inzwischen gibt es aber schon Programm-
Entwicklungen, die diese risslängenabhängige Fortentwicklung der Ele-
mentstruktur mehr oder weniger automatisch vornehmen. Für die prakti-
sche Durchführung sind spezielle Sachkenntnis und eine geeignete Hard-
und Software erforderlich.
Für Randelement-Berechnungen des Spannungsintensitätsfaktors gelten
im Grunde die gleichen Anmerkungen wie für die Finite-Element-Methode,
jedoch mit dem Unterschied, dass sich die Elementierung auf die Bauteil-
und Rissoberfläche beschränkt und sich deshalb ein geringerer Rechenauf-
wand ergibt.
Aus diesen Gründen besteht die neuzeitliche Berechnungsweise für Span-
nungsintensitätsfaktoren in einer Finite-Element-Berechnung des J-Integrals
und dessen Umrechnung in K gemäß

K = a7
J /E¢ mit E¢ = E / (1 – m 2) (3.4–13)

Spannungsintensitätsfaktor und abzudeckende Einflüsse


Am Beispiel eines zug- oder biegebeanspruchten Stabs mit Schulterradius
und mit einem Anriss an der Kerbstelle, Abb. 3.4–43, lässt sich erörtern,
welcher Vielzahl von Einflüssen der Spannungsintensitätsfaktor Rechnung
tragen muss:
– dem Fall der Zugbeanspruchung oder der Biegebeanspruchung und der
dafür zutreffenden unterschiedlichen Nennspannungsverteilung im Riss-
querschnitt,
– dem Übergang vom ebenen Spannungszustand zum ebenen Dehnungszu-
stand mit größerer Dicke des Stabes, bzw. allgemein einem mehrachsigen
Spannungszustand,

Abb. 3.4–43. Einflüsse auf den Spannungsintensitätsfaktor für einen Schulterstab mit An-
riss im Kerbradius
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften 495

– der Kerbwirkung am Kerbradius, die von der Beanspruchungsart abhän-


gig durch die Formzahl ak und den Gradienten des Kerbspannungsfeldes
beschrieben wird,
– dem mit einer Rissgröße a > r /2 verschwindenden Einfluss der Kerbe mit
einem Übergang auf die Geometriefunktion des ungekerbten Stabes mit
Randriss,
– der Rissform und dem Rissverlauf sowie der Wechselwirkung aufeinander
zuwachsender Rissspitzen, bzw. einer auf den Querschnittsrand zuwach-
senden Rissspitze,
– dem sich mit zunehmender Rissgröße verringernden tragenden Quer-
schnitt und der damit ansteigenden Spannung im Restquerschnitt,
– der sich unter Zugbeanspruchung bei einseitigem Anriss ergebenden
zusätzlichen Biegebeanspruchung durch Außermittigkeit des Restquer-
schnitts,
– dem mit zunehmender Rissgröße nicht mehr vernachlässigbaren Riss-
schließen auf der Biegedruckseite und der damit verbundenen Änderung
des Rissmodells,
– dem Umstand, dass der Kerbgrund bei zeitfest bemessenen Bauteilen elas-
tisch-plastisch beansprucht ist,
– dem Abstand der Nennspannung von der Streckgrenze und dem etwaigen
Erreichen eines vollplastischen Grenzzustandes bei stark angewachsenen
Rissen.
Wenngleich angeführt werden kann, dass einige dieser Einflüsse logischer-
weise auf dem Weg der Spannungsberechnung abgehandelt und nicht über
die Geometriefunktion abgedeckt werden sollten, so gibt es andererseits
nach den Darstellungen in der Literatur keine zwingenden Hinweise, dass
dies tatsächlich auch so geschieht.

Erfordernisse der Spannungsberechnung


Die maßgeblichen Lastspannungen zur Berechnung des Spannungsintensi-
tätsfaktors bestimmen sich für die unmittelbare Umgebung des Risses nach
den Erfordernissen des gewählten Rissmodells und der dafür geltenden Be-
rechnung des Spannungsintensitätsfaktors. Die Lastspannungen können in
der Regel einer Berechnung für das Bauteil ohne Riss entnommen werden, es
sei denn, das Bauteil mit Riss zeigt ein merklich andersartiges Verformungs-
verhalten und damit ein andersartiges Spannungsfeld. Bei zusammengesetz-
ter Beanspruchung, z.B. Zug und Biegung, ist eine Superposition der betref-
fenden Spannungsintensitätsfaktoren zulässig.
Für die Berechnung des Rissfortschritts bei konstanter Schwingbreite der
Spannung genügt es, die Werte der Ober- und Unterspannungen So und Su
bzw. die Schwingbreite der Spannung DS und das Spannungsverhältnis R zu
kennen, um die Wöhlerlinie des Bauteils mit Anfangsriss zu bestimmen.
Bei veränderlicher Schwingbreite der Spannung wird eine kennzeichnen-
de Abfolge der einzelnen Ober- und Unterspannungswerte Soi und Sui benö-
496 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

tigt, wenn die Reihenfolgeeinflüsse auf den Rissfortschritt berücksichtigt


werden sollen, Abschn. 3.4.3.
Ohne Beachtung von Reihenfolgeeinflüssen kann die Berechnung anhand
des Beanspruchungskollektivs und der Wöhlerlinie des Bauteils mit An-
fangsriss auf dem Weg einer Schädigungsakkumulationsrechnung gesche-
hen, Abschn. 3.4.7.
Eigenspannungen lassen sich im Grundsatz über eine entsprechende Ver-
änderung der Mittelspannung oder des Spannungsverhältnisses berücksich-
tigen. Um reale Eigenspannungsverteilungen im Rissquerschnitt zu berück-
sichtigen, fehlen bisher geeignete Rechenverfahren, Abschn. 3.1.5 [201].

Größe des Anfangsrisses und des Endrisses


Die Größe des anzusetzenden Anfangsrisses ist primär durch die Aufgaben-
stellung bestimmt, rechnerisch ist sie auf das gewählte Rissmodell abzu-
stimmen. Für die rechnerische Behandlung nicht elementarer Rissformen
oder anderer Fehlerformen als Risse gibt es Empfehlungen, die zumeist
einen dem realen Riss oder Fehler umschriebenen elliptischen Ersatzriss
mit der Rissfläche senkrecht zur vorherrschenden Spannung vorschlagen,
Abb. 3.4–44; weiterhin gibt es Empfehlungen, wann und wie benachbarte
Mehrfach-Fehler zusammen oder getrennt als Riss modelliert werden sollten
[47, 374]. Ausführungen, wie Fehleranzeigen, die bei einer zerstörungsfreien
Prüfung anfallen, in bruchmechanisch behandelbare Fehlerabmessungen
bzw. Rissmodelle umgesetzt werden können, sind in der FKM-Richtlinie [47]
zu finden.

a b c

d e f

g i

Abb. 3.4–44a–i. Bruchmechanische Behandlung von Fehlern im Werkstoff durch Zurück-


führen auf einfache Grundformen, wie Durchriss a, halbelliptischer Oberflächenriss b
oder elliptischer Innenriss c, durch Zusammenfassen eng benachbarter Risse d, e, f, sowie
durch Projektion des Fehlers in eine Ebene senkrecht zur Hauptbeanspruchung, wirkliche
Lage g, wirkliche Abmessung h, Projektion i [384]
3.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften 497

Die Größe des Endrisses erweist sich für Rissfortschrittsberechnungen


häufig als belanglos, wenn der Anfangsriss gegenüber den Querschnittsab-
messungen klein ist, und demzufolge bereits schon bei einer unkritischen
Rissgröße ein extrem schneller Risszuwachs ohne nennenswerte weitere Zu-
nahme der ertragenen Schwingspielzahl erhalten wird.
Bei vergleichsweise großen Anfangsrissen, wie bei der Berechnung der
Restlebensdauer eines stark angerissenen Bauteils, ist die Endrisslänge hin-
gegen als kritische Risslänge für einen spröden oder duktilen Restbruch
oder für eine unzulässige Verformung zu bestimmen und in Verbindung
mit einer geeigneten Rissfortschrittsgleichung, z.B. der Forman-Gleichung
(3.4–19), in die Rechnung einzuführen.

Verfügbare Rissfortschrittsdaten
Rissfortschrittsdaten für technische Werkstoffe sind in großer Zahl im
Schrifttum zu finden. Im Abschn. 5.5 sind Hinweise auf einschlägige Veröf-
fentlichungen und auf eine Sammlung von Rissfortschrittsdaten zu finden.
Insbesondere enthält die FKM-Richtlinie [47] als Anhang eine umfangreiche
Sammlung von bruchmechanisch relevanten Daten zu Werkstoffen, so z.B.
außer zu Stahl auch zu Aluminium- und Titan-Legierungen, sowie Rissfort-
schrittsdaten, wie sie in verschiedenen Regelwerken für die Berechnung
empfohlen werden.
Allerdings ist festzustellen, dass die Darbietung experimentell gewonne-
ner Daten meist nur bedingt für die Übernahme in eine Rissfortschrittsbe-
rechnung geeignet ist, weil es an einer formelmäßigen Beschreibung der Da-
ten fehlt und diese erst mühsam vom Interessenten anhand des verkleiner-
ten Abdrucks und des oft zu kleinen Dekaden-Maßstabs für DK erarbeitet
werden muss.
Weitere praktische Schwierigkeiten entstehen aus zum Teil widersprüch-
lichen Daten für vergleichbare Sachverhalte und aus den großen Streuungen,
die sich bei zusammenfassenden Auswertungen ergeben. Bislang ist noch
nicht geklärt, inwieweit diese Streuungen durch Einflüsse des Werkstoffs, der
Probenform, der Versuchstechnik, der Laboratmosphäre oder des Auswerte-
verfahrens begründet sind. Abbildung 3.4–45 veranschaulicht die Streuung
von Daten für vergütete Stähle.
Wie Tanaka, Masuda und Nishijima [385] bei ihren zusammenfassenden
Auswertungen feststellen, verlaufen jedoch nahezu alle da /dn-Kurven für
Stähle durch einen gemeinsamen Bezugspunkt (B) mit den Koordinaten
DK* und da /dn*, mit einem Neigungsexponenten m und bei einem
Schwellwert DK0 , für die sich von der Gefügestruktur abhängig im Mittel
die Werte nach Tabelle 3.4–3 ergeben. Sie ermöglichen, das Rissfortschritts-
gesetz in Zusammenfassung von Gl. (3.4–16) und Gl. (3.4–18) zu beschrei-
ben als
da / dn = da / dn* · [(DK / DK*)m – (DK0 / DK*)m] . (3.4–87)
498 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.4–45. Streubreite der


im Schrifttum mitgeteilten
Rissfortschrittsraten für Ver-
gütungsstähle und Art der
Bruchflächenausbildung
[385]

Tabelle 3.4–3. Mittlere Kennwerte für das Rissfortschrittsgesetz Gl. (3.4–87) [254]

Stähle Gefügestruktur da /dn* DK* m DK0


nm /ssp MPa m1/2 MPa m1/2

A ferritisch-perlitisch 170 32,1 3,5 8,3


A vergütet 170 32,1 2,7 5,9
A gehärtet, zäh 170 32,1 2,8 3,7
A gehärtet, spröde 29 15,5 4,0 4,6
B austenitisch 170 32,1 3,6 5,1
B sonstige 170 32,1 2,5 4,1

Für Abschätzungen auf der sicheren Seite müssen die DK*-Koordinate des
Bezugspunktes (B) und vor allem der Schwellwert DK0 gegenüber den Wer-
ten nach Tabelle 3.4–3 erniedrigt werden.

3.4.11
Kritik des Bruchmechanik-Konzeptes

Bruchmechanische Betrachtungen zum Rissfortschritt unter Schwingbean-


spruchung haben heute einen festen Platz unter den rechnerischen und ex-
perimentellen Verfahren der Betriebsfestigkeit.
Ursprünglich wurden sie entwickelt zum Abschätzen der Restlebensdauer
schwingbeanspruchter Bauteile mit makroskopischen Anrissen. Daraus ent-
wickelte sich das Konstruktions-Prinzip der Schadens-Toleranz, bei dem eine
3.4.11 Kritik des Bruchmechanik-Konzeptes 499

sinnvolle Restlebensdauer selbst für den Fall eines beträchtlichen Schadens


nachgewiesen werden muss, wie er z.B. an einem Flugzeug durch Kollision
oder Sprengkörper entstehen kann.
Darüber hinaus erwiesen sich bruchmechanische Betrachtungen aber
mehr und mehr für eine breitere Anwendung auf Fragen der Schwingfestig-
keit als geeignet. So haben sie sich eingeführt, um einen Mindestwert der
Lebensdauer schwingbeanspruchter Bauteile nachzuweisen unter der Vor-
aussetzung, dass bei jeder Prüfmethode eine Fehlstelle bestimmten Aus-
maßes unentdeckt bleiben kann, die dann lebensdauerbestimmend wird,
oder in Umkehr des Gedankenganges, um die Erfordernisse einer zerstö-
rungsfreien Prüfung hinsichtlich der Fehlererkennbarkeit und der Inspek-
tionsintervalle festzulegen.
Die folgerichtige Weiterführung dieses Gedankens führte in jüngerer Zeit
auf Betrachtungen zum Schwingfestigkeitsverhalten kurzer Risse in hochbe-
anspruchten Bauteilquerschnitten.
Dabei zeichnet sich das Bruchmechanik-Konzept vor allem durch seine
analytische Grundlage aus. Ihm darf bescheinigt werden, dass es die maß-
geblichen Phänomene der Schwingfestigkeit mit den bestehenden rechneri-
schen Ansätzen im Grundsatz recht zutreffend erfasst.
Probleme entstehen allerdings bei seiner praktischen Anwendung, wenn
dabei die Voraussetzungen der linear-elastischen Bruchmechanik mehr und
mehr verlassen werden und formelmäßig nicht angemessen berücksichtigt
wird, dass sich der Werkstoff realiter elastisch-plastisch verhält.
Eine große Stärke für die Erforschung der Erscheinungen liegt in der me-
chanistischen Betrachtungsweise des Rissfortschritts als Maß der zuneh-
menden Schädigung, die damit auf anschauliche Weise experimentell ver-
folgbar und nachprüfbar wird.
Zur kontinuumsmechanischen Betrachtungsweise der Schwingfestigkeit
und den daraus abgeleiteten Erkenntnissen zeigen sich dabei auffällige Ana-
logien und bemerkenswerte Übereinstimmungen in der formelweisen Be-
schreibung erkannter Abhängigkeiten und Zusammenhänge. Beispielsweise
liefert eine konsequente, formale Anwendung der bruchmechanischen Geset-
ze des Rissfortschritts bei konstanter Spannungsamplitude die Gleichung
und den Verlauf der Wöhlerlinie eines anrissbehafteten Bauteils in unmittel-
barer Entsprechung zum Konzept normierter Wöhlerlinien.
Bei Beanspruchung mit veränderlichen Amplituden besteht die Analogie
einer einfachen, reihenfolge-unabhängigen Rissfortschritts-Berechnung zur
Miner-Regel. Faktisch ist dabei eine vollständige Entsprechung zur konse-
quenten Form der Miner-Regel gegeben. In solchen Fällen ist es deshalb vom
Aufwand her günstiger, bruchmechanisch nur die Wöhlerlinie des Bauteils
mit Riss zu errechnen und diese dann einer Schädigungsakkumulations-
Rechnung zugrunde zu legen.
Insofern besteht in Fragen der Schädigungsakkumulation auch keine
Apriori-Überlegenheit des Bruchmechanik-Konzeptes, wenn lediglich reihen-
folge-unabhängig gerechnet wird. Seine Überlegenheit zeigt sich nur dann,
500 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

wenn der beträchtlich vergrößerte Auswand einer reihenfolge-abhängigen


Rissfortschritts-Berechnung hingenommen wird.
Gerade in Fragen der Schädigungsakkumulation ermöglichte die mecha-
nistische Betrachtungsweise der Bruchmechanik einen entscheidenden Er-
kenntnisgewinn. Denn mittels bruchmechanischer Betrachtung werden die
Ursachen der Reihenfolge-Einflüsse erkennbar und verständlich aus den Vor-
gängen in der wechsel-plastisch beanspruchten „Prozesszone“ an der Riss-
spitze, aus den daraus beeinflussten Verformungen der Rissufer und aus den
davon mitbestimmten Rissschließ-Effekten.
Das Wheeler- und Willenborg-Modell werden vom Ansatz her diesen Rei-
henfolge-Einflüssen nur in speziellen Anwendungsfällen und auch dann nur
mit Vorbehalten gerecht. Mit dem Loseq-Modell wird den Reihenfolge-Ein-
flüssen bei langen Rissen am weitestgehenden und bruchmechanisch am an-
schaulichsten entsprochen.
Die rechnerische Behandlung von Reihenfolge-Einflüssen bei kurzen Ris-
sen in elastisch-plastisch schwingend beanspruchten Werkstoffbereichen
wird aus einer Betrachtung effektiver Schwingbreiten des J-Integrals anhand
eines Modells von Newman für das Rissöffnen und Rissschließen bzw. an-
hand des von Vormwald daraus abgeleiteten Schädigungsparameters PJ oder
der daraus von Anthes mit dem Modell FATICA weiterentwickelten Vorge-
hensweise möglich. Diese Ansätze bringen eine überzeugende Verbesserung
für die Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung.
Ein weiterer Vorteil der bruchmechanischen Betrachtung ist es, dass daraus
nicht allein ein pauschaler Endwert der Lebensdauer erhalten wird, sondern
eine funktionale Abhängigkeit der Lebensdauer sowohl von der Größe des
Anfangsrisses, wie auch von der Größe des bruchbestimmenden Endrisses.
Das stark progressive Endwachstum großer Risse vereinfacht dabei einer-
seits die Lebensdauerabschätzung, weil die Größe des Endrisses nur noch von
geringem Einfluss ist, wenn ihr gegenüber die Anfangsrisslänge vergleichs-
weise klein war. Andererseits wird es aus dem gleichen Grund schwierig, ver-
lässliche Aussagen über die Restlebensdauer zu machen, wenn die Anfangs-
risslänge bereits eine der zulässigen Endrisslänge vergleichbare Größe hat.
Eine experimentelle Bestätigung von Rissfortschrittsberechnungen, bei-
spielsweise durch wiederholte zerstörungsfreie Feststellungen des Rissfort-
schritts an den betroffenen Bauteilen, ist deshalb zu empfehlen, wenn immer
es aus der Bedeutung der daraus abgeleiteten Entscheidung geboten er-
scheint.
Als Nachteil des Bruchmechanik-Konzeptes ist zu vermerken, dass die
Einflüsse der Beanspruchungsart, der Bauteilform, der Rissform, der Rissöff-
nungsart, sowie der Einfluss der Spannungsumlagerung bei zunehmender
Risslänge und des bei Wechselbeanspruchung dabei zunehmenden Effektes
des makroskopischen Rissschließens allein über den Geometriefaktor des
Spannungsintensitätsfaktors berücksichtigt werden können. Das Problem ist
auf diese Weise zwar im Prinzip gelöst, der Geometriefaktor beinhaltet damit
jedoch die gesamte Problematik der Gestaltfestigkeit.
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl 501

Die zutreffende Berücksichtigung all dieser Einflüsse über den jeweils ge-
eigneten Geometriefaktor erweist sich deshalb in der Praxis als ein mitunter
zweifelbehaftetes oder aber als ein recht aufwendiges Unterfangen. Der Ein-
druck ist durchaus nicht unbegründet, dass die praktische Bedeutung, die
einer zutreffenden Bestimmung des Geometriefaktors zukommt, wegen der
damit verbundenen Schwierigkeiten gelegentlich unterschätzt wird.
Auch zu den verfügbaren Rissfortschritts-Daten ist eine kritische Anmer-
kung angezeigt. So zeigen Rissfortschritts-Daten einerseits eine erstaunlich
geringe Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Werkstoffs und seiner
Wärmebehandlung und lediglich eine dominante Abhängigkeit vom E-Mo-
dul. Andererseits zeigen sie eine beachtliche Streuung, wenngleich die übliche
Darstellung im da / dn-Diagramm diesen Sachverhalt wegen eines zu kleinen
Maßstabs für DK weniger klar zutage treten lässt. Es drängt sich die Frage auf,
ob die Streuung letztlich aus dem Werkstoff oder aus der Versuchs- und Aus-
werte-Technik bedingt ist.
Des Weiteren ist zu fragen, ob die Modellgesetze bei einer praktischen An-
wendung der herkömmlich bestimmten Daten in allen Fällen gewahrt sind.
Eine besondere Problematik scheint bei der Übertragbarkeit herkömmlich
bestimmter DK0-Werte zu bestehen.

3.5
Berechnen der Sicherheitszahl und Ausfallwahrscheinlichkeit
3.5.1
Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl
Allein schon angesichts der beachtlichen Streueinflüsse auf die Schwingfestig-
keit, die nach Versuchen selbst für gleichartig gefertigte Bauteile zu verzeich-
nen sind, wäre eine sinnvolle Aussage über ihre Lebensdauer im Betrieb nur
auf statistischer Grundlage möglich. Doch bleibt weiterhin zu bedenken, dass
auch die im Betrieb einwirkende Beanspruchung keineswegs für jedes Bauteil
aus einer Serie gleichartig gefertigter Bauteile gleich zu sein braucht.
Um zu einer sinnvollen Aussage über die Lebensdauer zu kommen, muss sie
verknüpft werden mit einer Angabe der dazugehörigen Ausfallwahrschein-
lichkeit. Die bestehende Beziehung zwischen Lebensdauer und Ausfallwahr-
scheinlichkeit wird mit einem Vergleich der ertragbaren und der auftretenden
Beanspruchung im Netz der Lebensdauerlinie veranschaulicht [386]:
Abbildung 3.5–1 enthält dazu in der üblichen Darstellung das mit zuneh-
mender Lebensdauer abfallende Lebensdauer-Streuband, bezeichnet durch

die Linien der als Kollektivhöchstwert ertragbaren Beanspruchung S a, F für
die Überlebenswahrscheinlichkeiten Pü = 90, 50 und 10%.
Dem Lebensdauer-Streuband gegenübergestellt ist die auftretende Bean-
spruchung mit einem von der Lebensdauer bzw. Schwingspielzahl unabhängi-
gen, horizontalen Streuband. Es ist bestimmt durch die Kollektivhöchstwerte
502 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.5–1. Ausfallwahrscheinlichkeit eines schwingbeanspruchten Bauteils in Abhängig-


keit von der geforderten Lebensdauer, hergeleitet aus den sich überschneidenden Streu-
bereichen der ertragbaren und der im Betrieb auftretenden Spannungsamplituden [386]


S a, B , die sich mit den Wahrscheinlichkeiten Pe = 90, 50 und 10% im Betrieb
einstellen.
Dieses horizontale Streuband der im Betrieb auftretenden Spannungsam-
plitude überschneidet und überschreitet das mit zunehmender Lebensdauer
abfallende Streuband der ertragbaren Spannungsamplitude. Diese Über-
schneidung besagt anschaulich, dass in einem statistischen Auswahlprozess
die auftretende Beanspruchung bei einer gewissen Anzahl von Bauteilen de-
ren individuelle Schwingfestigkeit übersteigt, so dass es zu Schwingbrüchen
kommt [387].

Berechnung für logarithmisch normale Streuverteilungen


Wird vorerst der Einfachheit halber angenommen, dass die Streuverteilungen
der auftretenden und der ertragbaren Spannungsamplituden beide der Loga-
rithmischen Normalverteilung, Anhang 5.1, folgen, so lässt sich die Ausfall-
wahrscheinlichkeit PA für jeden Lebensdauerwert aus dem Mittenabstand und
den Standardabweichungen dieser beiden Streuverteilungen berechnen [388].
Mit

x = lg S a (3.5–1)
als Merkmalsgröße stellt sich der Rechnungsgang anhand von Abb. 3.5–2 wie
folgt dar: Die einwirkende Beanspruchung sei um den Mittelwert mB mit der
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl 503

Abb. 3.5–2. Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit bei logarithmisch normalen Streu-


verteilungen der ertragbaren Spannungsamplituden (Index F = Festigkeit) und der im
Betrieb auftretenden Spannungsamplituden (Index B = Beanspruchung)

Standardabweichung sB und die ertragbare Beanspruchung um den Mittelwert


mF mit der Standardabweichung sF normalverteilt. Bruch tritt ein, wenn für
ein Bauteil die einwirkende Beanspruchung xB größer ist als die ertragbare
Beanspruchung xF , d.h. wenn sich ein negativer Differenzwert
z = xF – xB (3.5–2)
ergibt. Die Differenzwerte z sind ebenfalls normalverteilt, und zwar um einen
Mittelwert
m = mF – mB , (3.5–3)
der dem Mittenabstand der beiden Streuverteilungen entspricht, und mit
einer Standardabweichung
s = as0
2 2
F + sB . (3.5–4)
Die Ausfallwahrscheinlichkeit PA errechnet sich sodann als Integral über alle
negativen Differenzwerte z < 0, oder nach Transformation auf
u = (z – m) / s (3.5–5)
nach dem Integral der Normalverteilung
1 u0
PA = 02 · ∫ exp (– u2 / 2) · du . (3.5–6)
a8
2 · p –•
504 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.5–3. Ausfallwahrscheinlichkeit PA als Funktion der normierten Merkmalsgröße u0

Die so aus einer Tafel der Normalverteilung, Anhang 5.1, als Funktion der be-
zogenen Merkmalsgröße
u0 = – m / s (3.5–7)
zu bestimmende Ausfallwahrscheinlichkeit ist in Abb. 3.5–3 aufgetragen.
Bei konstanter Streubreite und bei einem im doppellogarithmischen Netz
linearen Verlauf des Streubandes der ertragbaren Spannungsamplitude steigt
demnach die Ausfallwahrscheinlichkeit, wie in Abb. 3.5–1 angegeben, nach
einer Gauß’schen Summenkurve über dem logarithmisch geteilten Lebens-
dauermaßstab an.

Bei nicht konstanter Streubreite für S a, F weicht die Form der Ausfallvertei-
lung von der Gauß’schen Summenkurve ab; sie muss dann punktweise nach
Gl. (3.5–31) berechnet werden. Das Gleiche gilt bei einem nichtlinearen, in die
Horizontale abbiegenden Verlauf des Lebensdauer-Streubandes, wie er bei

Spannungsamplituden S a, F im Bereich der Dauerfestigkeit sowie bei Ober-
spannungen nahe an der Grenze der Formfestigkeit erhalten wird.
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl 505

Ausfallwahrscheinlichkeit und einzuhaltende Sicherheitszahl


Um die Ausfallwahrscheinlichkeit auf einen gewünschten Wert zu begrenzen,
darf bei den festgestellten Streuverhältnissen ein bestimmter Mittenabstand
– –
der Streuverteilungen von S a, F und S a, B nicht unterschritten werden. Diese
Forderung entspricht der Gepflogenheit, im Versuch ermittelte Festigkeits-
werte um eine Sicherheitszahl zu erniedrigen, um die als zulässig anzusetzen-
de Betriebsbeanspruchung zu erhalten.
Wird die Sicherheitszahl jS definiert als das Verhältnis der 50%-Werte von
ertragbarer zu auftretender Spannungsamplitude
– –
jS = S a, F (Pü = 50%) / S a, B (Pe = 50%) , (3.5–8)
dann stellt sich dieses Verhältnis in Abb. 3.5–1 bei dem gewählten logarith-
mischen Spannungsmaßstab als Abstand der 50%-Werte dar. Bei einer
Sicherheitszahl jS = 1 am Schnittpunkt der 50%-Linien ergibt sich mit dieser
Definition der Sicherheitszahl eine Ausfallwahrscheinlichkeit PA = 50%.
Sicherheitszahlen jS > 1 verringern die Ausfallwahrscheinlichkeit in einer
klar überschaubaren Weise, indem sie den Mittenabstand der beiden Streu-
verteilungen vergrößern. Mit den Bezeichnungen nach Abb. 3.5–2 und mit PA
als Funktion von u0 nach Abb. 3.5–3 leitet sich aus Gln. (3.5–3), (3.5–4) und
(3.5–7) ab:
lg jS = mF – mB = m = – u0 · a01
sF2 + sB2 = – u0 · s , (3.5–9)

jS = 10–u0 · s . (3.5–10)
In dieser neuzeitlichen Betrachtungsweise erscheint die herkömmliche, zu-
meist empirisch festgelegte Sicherheitszahl nunmehr als eine statistisch be-
gründete Sicherheitsspanne: Für einen vorgegebenen oder als vertretbar er-
achteten Wert der Ausfallwahrscheinlichkeit PA folgt u0 aus Abb. 3.5–3 oder
aus der Tafel der Normalverteilung, Anhang 5.1, und damit jS aus Gl. (3.5–10)
mit s nach Gl. (3.5–4).
Um sF zu bestimmen, bietet sich eine Umrechnung der Streuspanne TS an,
wie sie sich aus Auftragungen ähnlich Abb. 2.1–20 oder Abb. 3.2–32 gewinnen
lässt. Es gilt dazu analog Gl. (2.1–30):
– –
sF = (1 / 2,56) · lg (1 / TS) mit 1 / TS = S a,10% / S a, 90% . (3.5–11)
Bei einem im doppellogarithmischen Netz geradlinigen Verlauf der Lebens-

dauerlinie mit einer Neigung entsprechend dem Exponenten k nach Gl.
(2.2–1) besteht zwischen den Streuspannen TS und TN die Beziehung
– –
TN = TSk bzw. (1 / TN) = (1 / TS)k , (3.5–12)
und damit folgt, wahlweise zu Gl. (3.5–11),

sF = (1 / 2,56) · (1 / k ) · lg (1 / TN) . (3.5–13)
506 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.5–4. Vereinfachend bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit PA* bei Ansatz eines un-
günstigen Beanspruchungswertes, der nur mit einer geringen Wahrscheinlichkeit Pe er-
reicht oder überschritten wird [386]

Um sB zu bestimmen bietet sich die Umrechnung aus einer Streuspanne TS an,



wie sie für streuende Kollektivhöchstwerte S a, B anzusetzen ist, Abschn. 3.5.3.
Damit beispielsweise die Ausfallwahrscheinlichkeit auf einen Wert PA =
10–4 begrenzt ist (u0 = – 3,972), müssten bei angenommenen Streuspannen TS
– –
für S a, F und S a, B von 1:1,2 und 1:1,1 bzw. von 1:1,5 und 1:1,2 Sicherheitszah-
len jS = 1,35 bzw. jS = 1,91 eingehalten werden.

Notwendige Vereinfachungen
Praktische Schwierigkeiten entstehen daraus, dass brauchbare Anhaltswerte
über die Streubreite der Betriebsbeanspruchung zumeist fehlen, weil im All-
gemeinen nur eine einzelne Langzeitmessung durchgeführt wird. Ein Ausweg
aus diesen Schwierigkeiten ist dann zu sehen, wenn diese einzelne Langzeit-
messung auf einen verhältnismäßig ungünstigen Beanspruchungswert führt,
der nur selten erreicht wird und demgemäß mit einer Wahrscheinlichkeit von
beispielsweise Pe = 1% angesetzt werden darf, Abschn. 3.5.3. In vereinfachen-
der Weise lassen sich dann Ausfallwahrscheinlichkeiten PA* angeben, die sich
als
PA* = 1 – Pü (3.5–14)
aus den Überlebenswahrscheinlichkeiten Pü bei dem angesetzten, ungünsti-
gen Beanspruchungswert aus der Streuverteilung der ertragbaren Schwing-
spielzahlen ergeben [386], Abb. 3.5–4.
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl 507

Erörterung der vereinfachend berechneten Ausfallwahrscheinlichkeiten


Durch eine Gegenüberstellung der echten Ausfallwahrscheinlichkeiten PA
nach Abb. 3.5–1 und der vereinfachend bestimmten Ausfallwahrscheinlich-
keiten PA* nach Abb. 3.5–4 lässt sich zeigen, unter welchen Bedingungen die
vereinfachend berechneten Ausfallwahrscheinlichkeiten PA* einen sicheren
Schätzwert für die echten Ausfallwahrscheinlichkeiten PA darstellen.
Unter der Annahme logarithmisch normaler Streuverteilungen und mit
den Bezeichnungen nach Abb. 3.5–2 bestimmt sich die echte Ausfallwahr-
scheinlichkeit PA nach Gl. (3.5–6) und Gl. (3.5–7) mit

u0 = – [mF – mB] / a0 3
sF2 + sB2 , (3.5–15)
u0 = – [(mF – mB) / sF] / a01 + u 2) , (3.5–16)
wenn
u = sB / sF (3.5–17)
das Verhältnis der Standardabweichungen bezeichnet. Mit einem ungünstigen
Beanspruchungswert xPe ist unter den gleichen Voraussetzungen anzusetzen:
xB = xPe – ue · sB , (3.5–18)
wobei – ue mit Pe in entsprechendem Zusammenhang steht wie u0 und PA , z.B.
gilt – ue = – 2,33 für Pe = 1%. Die vereinfachend berechnete Ausfallwahr-
scheinlichkeit PA* kann mittels Gl. (3.5–15) gewonnen werden, wenn mB = xPe
und sB = 0 gesetzt wird:
u0* = – [(mF – xPe) / sF] . (3.5–19)
Auch der Zusammenhang zwischen dem so bestimmten Wert u0* und PA* ist
aus Abb. 3.5–3 oder aus der Tafel der Normalverteilung, Anhang 5.1, zu ent-
nehmen. Mit Gl. (3.5–17) und Gl. (3.5–18) lässt sich für Gl. (3.5–19) auch
schreiben:
u0* = – [(mF – mB) / sF] + ue · u . (3.5–20)
Durch Zusammenfassen von Gl. (3.5–16) und Gl. (3.5–20) ist der Wert u0 als
Funktion von u0*, ue und u zu berechnen,

u0 = (u0* – ue · u) / a0
1 + u2, (3.5–21)
und damit lässt sich zu einem vereinfachend berechneten Wert der Ausfall-
wahrscheinlichkeit PA* die zugehörige echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA be-
stimmen. Aus Abb. 3.5–5 ist dieser Zusammenhang zu ersehen, wenn der an-
gesetzte, ungünstige Beanspruchungswert xPe gemäß der Streuverteilung von
xB mit einer Wahrscheinlichkeit Pe = 0,1%, 1% oder 10% erreicht wird.Außer-
dem ist der Fall aufgeführt, dass es sich nur vermeintlich um einen ungünsti-
508 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

a b

c d

Abb. 3.5–5a–d. Echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA im Vergleich zur vereinfachend be-


stimmten Ausfallwahrscheinlichkeit PA* in Abhängigkeit vom Verhältnis der Standard-
abweichungen sB /sF bei Ansatz eines Beanspruchungswertes, der mit der Wahrscheinlich-
keit a Pe = 0,1%, b Pe = 1%, c Pe = 10%, d Pe = 50% erreicht oder überschritten wird;
rechts unterhalb der schraffierten Grenzkurven wird PA > PA* [386]
3.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl 509

gen Beanspruchungswert xPe handelt, der in Wirklichkeit jedoch mit


Pe = 50% auftritt.
Bei einer Erörterung von Abb. 3.5–5a bis d lassen sich zunächst zwei tri-
viale Grenzfälle anführen: Bei sehr geringer Streuung der Betriebsbeanspru-
chung sB , wenn sie also klein ist gegenüber der Streuung der Schwingfestig-
keitswerte sF und u klein ist gegenüber 1, stimmt die echte Ausfallwahrschein-
lichkeit PA mit der vereinfachend bestimmten Ausfallwahrscheinlichkeit PA*
überein:
PA = PA* für sB Ⰶ sF bei beliebigem Pe . (3.5–22)
Bei einer sehr großen Streuung der Betriebsbeanspruchung sB , wenn sie also
groß ist gegenüber der Streuung der Schwingfestigkeitswerte sF , bzw. für
große u, nimmt die echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA den Wert Pe an:
PA = Pe für sB Ⰷ sF bei beliebigem Pe . (3.5–23)
Weiterhin ist erkennbar, dass die echte Ausfallwahrscheinlichkeit PA so lange
kleiner PA* bleibt, wie die vereinfachend bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit
PA* den Wert Pe nicht unterschreitet:
PA < PA* für PA* > Pe bei beliebigem sB /sF . (3.5–24)
Sofern also ein sehr ungünstiger Beanspruchungswert angesetzt wird, dessen
Wahrscheinlichkeit Pe kleiner als die geforderte Ausfallwahrscheinlichkeit PA
ist, stellt die vereinfachend bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit PA* ohne
Rücksicht auf das Streuverhältnis u = sB / sF einen sicheren Schätzwert für
PA dar.
Werden jedoch Ausfallwahrscheinlichkeiten kleiner Pe gefordert, wie es in
der Regel der Fall sein dürfte, so stellt die vereinfachend bestimmte Ausfall-
wahrscheinlichkeit PA* nur dann einen sicheren Schätzwert für die echte Aus-
fallwahrscheinlichkeit PA dar, wenn das Streuverhältnis u = sB / sF einen be-
stimmten Grenzwert nicht übersteigt:
PA < PA* für PA* < Pe bei u < uG . (3.5–25)
Die Grenzwerte uG , bei denen sich PA = PA* ergibt, sind als schraffierte Grenz-
kurven in den Abb. 3.5–5a bis d eingezeichnet. Sie berechnen sich aus Gl.
(3.5–21), wenn u0 = u0* gesetzt wird, zu
uG = 2 / (ue / u0 – u0 / ue) . (3.5–26)
Übersteigt also die Streuung der Betriebsbeanspruchung sB den Wert uG · sF ,
so wird die echte Ausfallwahrscheinlichkeit durch die vereinfachende Be-
trachtung von PA* zu niedrig eingeschätzt. Diese Gefahr ist um so geringer, je
kleiner die Wahrscheinlichkeit Pe des vereinfachend angesetzten, ungünstigen

Beanspruchungswertes Sa, B ist. Als grober Richtwert kann gelten, dass
PA = PA* = Pe2 für sB = 2 · sF . (3.5–27)
510 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit


Wenn aber der angesetzte Beanspruchungswert S a, B mit einer Wahrschein-
lichkeit Pe = 10% auftritt, wird die vereinfachende Bestimmung einer Ausfall-
wahrscheinlichkeit von 10–4 bis 10–6 bereits bei einem Streuverhältnis sB /
sF = 0,5 problematisch, Abb. 3.5–5c. Eine vereinfachende Bestimmung der
Ausfallwahrscheinlichkeit mit dem 50%-Wert der Betriebsbeanspruchung,
d.h. ohne jeden Anhalt über deren Streubreite, scheidet grundsätzlich als eine
unsichere Schätzung aus, Abb. 3.5–5d.
In Verbindung mit der vereinfachend berechneten Ausfallwahrscheinlich-
keit PA* ist die Sicherheitszahl jS* definiert als
– –
jS* = S a, F (Pü = 50%) / S a, B (Pe) , (3.5–28)
und es gilt entsprechend zu Gl. (3.5–9) und Gl. (3.5–10) sowie mit Gl. (3.5–19):
lg jS* = mF – xPe = – u0* · sF , (3.5–29)

jS* = 10– u0* · sF , (3.5–30)


entsprechend Gl. (3.5–9) und Gl. (3.5–10) und den dort gemachten Ausfüh-
rungen zu sF .

Berechnung für beliebige Streuverteilungen


Grundsätzlich lässt sich die Ausfallwahrscheinlichkeit zu einem vorgegebenen
Lebensdauerwert auch für beliebige Streuverteilungen der Betriebsbeanspru-
chung fB (x) und der Schwingfestigkeit fF (x) berechnen. Es gilt [387]:

∫ 
+• x
PA = ∫ fB (x) · fF (x) · dx · dx . (3.5–31)
–• –•

Dabei kann die Merkmalsgröße x als geeignete Funktion der Spannungs-


amplitude z.B. als x = Sa oder x = lg Sa gewählt werden. Die Lösung des
Doppelintegrals wird im Allgemeinen numerisch geschehen müssen.
Die Sicherheitszahl jS , die dem nach Gl. (3.5–31) berechneten Wert PA zu-
zuordnen ist, bleibt in geeigneter Weise aus Kennwerten der Streuverteilungen
fB (x) und fF (x) abzuleiten.
Die Herleitung von Gl. (3.5–31) ist anhand von Abb. 3.5–6 nachvollziehbar:
Unter einer auftretenden Beanspruchung der Höhe x brechen alle diejenigen
Bauteile, deren Festigkeit xF < x ist. Ihre relative Anzahl beläuft sich auf
x
∫ fF (x) · dx . (3.5–32)
–•

Ein Beanspruchungswert xB = x tritt jedoch nur mit einer relativen Häufigkeit


fB (x) · dx auf, so dass die relative Zahl der Brüche unter einer Beanspruchung
x = xB nur

 
x
fB (x) · ∫ fF (x) · dx (3.5–33)
–•
3.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten 511

Abb. 3.5–6. Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit bei beliebigen Streuverteilungen


der ertragbaren und der im Betrieb auftretenden Spannungsamplituden

beträgt. Werden nun alle möglichen Beanspruchungswerte xB betrachtet, so


ergibt sich die Ausfallwahrscheinlichkeit PA als das mit Gl. (3.5–11) angege-
bene Integral über alle Werte – • ≤ x ≤ + •.

3.5.2
Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten
Die Lebensdauer-Streuverteilung eines Bauteils ist in Abb. 3.5–1 als Vertei-
lungsfunktion der Ausfallwahrscheinlichkeit über der logarithmisch geteilten
Lebensdauerachse aufgetragen. Der besseren Anschaulichkeit wegen ist der
gleiche Sachverhalt in Abb. 3.5–7 in Form einer Häufigkeitsdichte-Verteilung
über der linear geteilten Lebensdauerachse dargestellt. Nach den vorliegenden
Erkenntnissen sollte diese Auftragung die realen Gegebenheiten nicht nur der
Tendenz nach richtig beschreiben, sondern darüber hinaus sollte sie auch in
quantitativer Hinsicht mit einer Streuspanne TL = 1:3 in etwa die Verhältnisse
treffen, die für spanabhebend bearbeitete Bauteile gelten, sofern die Bean-
spruchungsbedingungen ihrerseits nur geringen Streueinflüssen unterliegen.
Die linear geteilte Lebensdauerachse macht besonders augenfällig, dass die
Lebensdauer an der oberen Grenze der angegebenen Streuspanne 3 mal so
groß ist wie an deren unteren Grenze. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 80%
wäre per Definition ein Lebensdauerwert innerhalb der angegebenen Grenzen
der Streuspanne zu erwarten. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% könnte
ein Lebensdauerwert oberhalb wie auch mit einer Wahrscheinlichkeit von
10% unterhalb der angegebenen Streugrenzen liegen.
Die Ausfallwahrscheinlichkeit PA stellt sich dar als die integrale Fläche un-
ter der Lebensdauer-Streuverteilung zwischen dem Ursprungspunkt und dem
vorgegebenen Lebensdauerwert. Je höher dieser Lebensdauerwert, desto hö-
her ist die ihm zugeordnete Ausfallwahrscheinlichkeit. Bei dem eingezeichne-
ten mittleren Lebensdauerwert ist die Ausfallwahrscheinlichkeit per Defini-
tion auf PA = 50% angewachsen.
512 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.5–7. Die Lebensdauer-Streuverteilung als Häufigkeitsdichte-Verteilung über der


linearen Lebensdauerachse aufgetragen, um die ausnutzbare Lebensdauer als Bruchteil
der mittleren Lebensdauer zu veranschaulichen

Um die Ausfallwahrscheinlichkeit auf einen technisch wie wirtschaftlich


vertretbaren Wert in der Größenordnung von beispielsweise 10–3, 10–4 oder
10–5 zu begrenzen, muss zwischen der mittleren Lebensdauer und der aus-
nutzbaren Lebensdauer ein beachtlicher Sicherheitsabstand eingehalten wer-
den. Die praktisch ausnutzbare Lebensdauer ist dadurch auf einen Bruchteil
der mittleren Lebensdauer vermindert.

Lebensdauerbezogene Sicherheitszahl
Die Sicherheitsspanne zwischen mittlerer und ausnutzbarer Lebensdauer ist
einer lebensdauerbezogenen Sicherheitszahl jL bzw. jN gleichbedeutend. Sie ist
definiert als
jL = jN = N (PA = 50%) / N(PA) (3.5–34)
und sie lässt sich aus der spannungsbezogenen Sicherheitszahl jS errechnen zu

jL = jSk , (3.5–35)

wobei sich der Exponent k nach Gl. (2.2–1) aus der Neigung der Lebensdauer-
linie für Pü = 50% bestimmt, Abb. 3.5–8.
Aus den in Abb. 3.5–7 dargestellten Verhältnissen wird gerade mit der ge-
wählten linearen Teilung der Lebensdauerachse verdeutlicht, welche enorme
Lebensdauer-Reserve für die Mehrzahl der Einzelstücke in einer Bauserie hin-
genommen werden muss, um die allein durch die unteren Extremwerte der
3.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten 513

Abb. 3.5–8. Zur Umrechnung


zwischen spannungsbezo-
gener Sicherheitszahl jS und
lebensdauerbezogener
Sicherheitszahl jL

Streuverteilung bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit auf ein vertretbares


Maß zu beschränken.

Ausfallwahrscheinlichkeit als Problem der unteren Extremwerte


Die Problematik, die die Gewinnung von qualifizierten Aussagen zur Schwing-
bruchsicherheit ausmacht, entsteht aus dem Umstand, dass also das vorrangi-
ge Interesse den unteren Extremwerten der Lebensdauer-Streuverteilung gilt,
während in aller Regel nur der zentrale Teil dieser Streuverteilung einer expe-
rimentellen Ermittlung zugänglich ist: Selbst wenn für eine diesbezügliche
Auswertung einige hundert Versuchswerte verfügbar wären, so würde von ih-
nen die Streuverteilung nicht einmal bis zu dem Lebensdauerwert belegt, dem
eine Ausfallwahrscheinlichkeit PA = 10–3 zuzuordnen ist. Es wäre eine Selbst-
täuschung, wollte man aus den üblicherweise weit kleineren Stichproben
einen irgendwie gearteten Kennwert ableiten, der die Form der Streuvertei-
lung im Bereich ihrer Extremwerte bezeichnet [389]. Letztlich muss also über
den Charakter der Streuverteilung eine Annahme getroffen werden.
Praktische Gesichtspunkte sprechen dafür, soweit sachlich gerechtfertigt,
von der Logarithmischen Normalverteilung Gebrauch zu machen. Mit Vorteil
lassen sich dann die für die Gauß’sche Normalverteilung entwickelten Aus-
wertehilfen und Auswerteverfahren einsetzen. Die Logarithmische Normal-
verteilung begegnet allerdings dem Einwand, dass sie als 2-parametrische Ver-
teilungsfunktion die tatsächlichen Streuverteilungen nur im mittleren Be-
reich, nicht jedoch im Bereich der Extremwerte zutreffend beschreiben kann.
Aus theoretischer Sicht erscheint in diesem Punkt die Annahme der Weibull-
Verteilung, d.h. einer 3-parametrischen Verteilungsfunktion, als besser ge-
rechtfertigt [26, 59, 390, 391].
Besondere Bedeutung gewinnt die Frage nach der zutreffenden Vertei-
lungsfunktion im Zusammenhang mit qualitätssicheren Maßnahmen, die auf
eine Vermeidung oder auf eine rechtzeitige Aussonderung derjenigen Einzel-
stücke abzielen, die die unteren Extremwerte der Streuverteilung belegen.
Dass auf diesem Wege eine überaus durchgreifende Erhöhung der Schwing-
514 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

bruchsicherheit erreicht werden kann, ist aufgrund der in Abb. 3.5–7 darge-
stellten Verhältnisse einsichtig.
Um den Erfolg derartiger Maßnahmen bei einer zahlenmäßigen Angabe
zur Ausfallwahrscheinlichkeit berücksichtigen zu können, muss eine zusätz-
liche Information dazu dienen, die Lebensdauer-Streuverteilung im Bereich
ihrer unteren Extremwerte den Gegebenheiten entsprechend anzupassen. Die
Weibull-Verteilung ist die bekannteste Verteilungsfunktion, die diese Anpas-
sungsmöglichkeit dadurch bietet, dass ein sicherer Lebensdauerwert L0 vorge-
geben werden kann, der mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit PA = 0 von allen
Bauteilen der betrachteten Serie erreicht wird.

Sicherer Lebensdauerwert L0
Eine Möglichkeit, um einen solchen sicheren Lebensdauerwert L0 zusätzlich
zum mittleren Lebensdauerwert und zur Lebensdauerstreuspanne zu bestim-
men, bietet sich mit einer bruchmechanischen Lebensdauerberechnung an,
Abschn. 3.4. Bei ihr wird das Bauteil betrachtet, das den denkbar größten De-
fekt im kritischen Querschnitt aufweist.
Sofern keinerlei Maßnahmen zur Gütesicherung durchgeführt werden,
müsste selbst bei einem fabrikneuen Teil eine völlige Querschnitts-Trennung
als denkbar gelten, was einen Wert L0 = 0 bedeutet. Aber auch bei vorgesehe-
nen Maßnahmen zur Gütesicherung bleiben gewisse Defekte unentdeckt,
Abb. 3.5–9; entscheidend für eine Berechnung von L0 ist dann der größte De-
fekt, der im ungünstigsten Fall unentdeckt bleiben könnte. Als Wert L0 darf
dann die Rissfortschritts-Lebensdauer gelten, die sich für das Bauteil mit
diesem größten Defekt unter Ansatz des denkbar ungünstigsten Beanspru-
chungskollektivs verlässlich errechnen lässt.
Bei Serienteilen kommt als weitere Möglichkeit in Betracht, experimentell
die Lebensdauer derjenigen Teile zu bestimmen, die aufgrund der durchge-
führten Prüfung mit einem festgestellten Defekt ausgesondert wurden. Sofern

Abb. 3.5–9. Wahrscheinlich-


keit für das Nicht-Entdecken
eines rissähnlichen Defektes
bei verschiedenen zerstö-
rungsfreien Prüfverfahren,
nach Rummel
3.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten 515

sich der festgestellte Defekt dabei als lebensdauerbestimmend und sich die
Lebensdauer als von der Größe des Defektes abhängig erweist, kann daraus
auf L0 geschlossen werden. Weiterhin könnten auch Bauteile oder Prüfstücke
mit künstlich eingebrachten Defekten, z.B. Sägeschnitten, Einkerbungen oder
Schweißfehlern, einer Bestimmung von L0 dienen.

Mögliche Anpassung der Weibull-Verteilung


Formelmäßig stellt sich die Ausfallwahrscheinlichkeit PA nach der Weibull-
Verteilung dar als
PA = 1 – exp [– [(L – L0) / (LB – L0)]b] , (3.5–36)
wobei L0 den sicheren Lebensdauerwert (Ausgangswert), LB den charakteris-
tischen Lebensdauerwert bei PA = 63,21% und b die Ausfallsteilheit bezeich-
nen. Im hier vorliegenden Zusammenhang interessieren allein Werte b > 1. Ih-
rer Bedeutung nach können der charakteristische Lebensdauerwert LB mit
dem mittleren Lebensdauerwert L50% und die Ausfallsteilheit b mit der Streu-
spanne TL (oder der Standardabweichung) verglichen werden.
Die mit der Vorgabe eines sicheren Lebensdauerwertes L0 bestehenden
Möglichkeiten zur Anpassung der Weibull-Verteilung und die sich damit er-
gebenden Unterschiede zwischen der Weibull-Verteilung und der Logarithmi-
schen Normalverteilung werden durch Abb. 3.5–10 mit einer Auftragung im
Gauß’schen Wahrscheinlichkeitsnetz bei logarithmischer Merkmalsteilung
veranschaulicht.
Um die Vergleichbarkeit zu erreichen, sind allen Verteilungen zwei Fix-
punkte gemeinsam, die nach der Logarithmischen Normalverteilung im Ab-
stand von einer Standardabweichung oberhalb und unterhalb ihres Mittel-
wertes gewählt sind. Die Formeln zu einer solchen Umrechnung zwischen den
Kennwerten der Logarithmischen Normalverteilung und denen der Weibull-
Verteilung sind im Anhang 5.1 zu finden.
Die Weibull-Verteilung ist für den Wert L0 = 0 und drei weitere Werte L0 auf-
getragen, die nach der Logarithmischen Normalverteilung im Abstand von
– 4, – 3 bzw. – 2 Standardabweichungen unterhalb ihres Mittelwertes liegen,
d.h. wo die Logarithmische Normalverteilung Werte PA = 0,003%, 0,135%,
2.275% ausweist. Je nach dem Wert L0 ergibt sich eine mehr oder weniger
große Abweichung oder eine bereichsweise Übereinstimmung zwischen der
Weibull-Verteilung und der Logarithmischen Normalverteilung.
Liegen beispielsweise 10 Versuchspunkte in dem angegebenen Zufallsstreu-
bereich vor, so macht es zunächst fast keinen Unterschied, durch welche Ver-
teilungsfunktion diese Versuchspunkte ausgemittelt werden. Die bestehenden
Unterschiede sind jedenfalls so geringfügig, dass sie allemal durch die Zu-
fallsabweichungen kleiner Stichproben überdeckt werden, wie der in Abb.
3.5–10 eingezeichnete Zufallsstreubereich veranschaulicht.
Ein deutlicher Unterschied ergibt sich jedoch mit der Extrapolation auf ge-
ringe Ausfallwahrscheinlichkeiten. So sind für L0 = 0 nach der Weibull-Ver-
516 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.5–10. Unterschiede zwischen der Logarithmischen Normalverteilung und der Wei-
bull-Verteilung für verschiedene Werte L0 im Vergleich zum Zufallsstreubereich einer
Stichprobe mit 10 Einzelwerten (normierte Auftragung)

teilung durchweg höhere Ausfallwahrscheinlichkeiten gegeben als nach der


Logarithmischen Normalverteilung. Hingegen geht die Ausfallwahrschein-
lichkeit nach der Weibull-Verteilung für Lebensdauerwerte L < L0 gegen null,
während nach der Logarithmischen Normalverteilung endliche Ausfallwahr-
scheinlichkeiten vorhergesagt werden. Bei Werten L0 > 0 und Lebensdauer-
werten L > L0 liefert die Weibull-Verteilung teils höhere, teils niedrigere Aus-
fallwahrscheinlichkeiten als die Logarithmische Normalverteilung, wobei
über weite Lebensdauerbereiche eine annähernde Übereinstimmung beider
Verteilungsfunktionen verzeichnet werden kann.
Um diesen Sachverhalt weiter zu verdeutlichen, sind in Tabelle 3.5–1 die
Sicherheitszahlen jL für unterschiedliche Werte der Ausfallwahrscheinlichkeit
PA zusammengestellt, die sich bei einer Streuspanne TL = 1:3 einmal aus der
Logarithmischen Normalverteilung und zum anderen aus der Weibull-Vertei-
lung für verschiedene Werte L0 errechnen. Sicherheitszahlen jL für andere
Werte der Streuspanne TL sind im Anhang 5.1 tabelliert. Während die Sicher-
heitszahlen nach der Weibull-Verteilung für L0 = 0 in allen Fällen beachtlich
größer sind als nach der Logarithmischen Normalverteilung, sind sie für Wer-
te L0 > 0 bei geringen Werten der Ausfallwahrscheinlichkeit nach der Weibull-
Verteilung kleiner.
3.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten 517

Tabelle 3.5–1. Sicherheitszahlen jL bei einer Streuspanne TL = 1:3 (s = sL = 0,186) in Ab-


hängigkeit von der zugrunde gelegten Verteilungsfunktion

Ausfall- Sicherheitszahlen jL Sicherheitszahlen jL


wahrschein- Logarithmische Weibull-Verteilung mit L0 /L50% =
lichkeit Normalverteilung 0,000 0,180 0,276 0,424
PA (– 4 s) (– 3 s) (– 2 s)

0,50 1,00 0,93 0,95 0,96 1,00


10–1 1,73 1,84* 1,79* 1,76* 1,70
19–2 2,71 4,31* 3,21* 2,75* 2,19
10–3 3,77 9,96* 4,41* 3,30 2,32
10–4 4,93 22,95* 5,09* 3,52 2,35
10–5 6,24 52,81* 5,38 3,59 2,36
10–6 7,69 120,09* 5,50 3,61 2,36
0 • • 5,55 3,62 2,36

* = Sicherheitszahlen größer als nach der Logarithmischen Normalverteilung.

Dieser Befund lässt sich auch dahingehend ausdeuten, dass die Logarith-
mische Normalverteilung in Abhängigkeit von der betrachteten Ausfallwahr-
scheinlichkeit einen bestimmten Wert L0 > 0 implizit voraussetzt. Ist diese
Voraussetzung nicht gerechtfertigt, z.B. weil ein Wert L0 = 0 als zutreffend gel-
ten muss, dann muss auch die Gültigkeit der Logarithmischen Normalvertei-
lung infrage gestellt werden. Andererseits sind die Sicherheitszahlen nach der
Weibull-Verteilung für L0 = 0 von einer solchen Größe, dass sie wohl kaum die
wirtschaftliche Auslegung eines schwingbruchsicheren Bauteils zulassen. Das
heißt aber auch mit anderen Worten, dass geeignete Maßnahmen zur Quali-
tätssicherung bei schwingbruchsicher auszulegenden Bauteilen unverzichtbar
sind [392].
In anderen Fällen mag sich der Unterschied der beiden Verteilungsfunktio-
nen als vergleichsweise unbedeutend erweisen gegenüber sonstigen Unsicher-
heiten der Berechnung; dann darf auch die einfacher zu handhabende Loga-
rithmische Normalverteilung zugrunde gelegt werden.

Spannungsbezogene Sicherheitszahl
Aufgrund des gesetzmäßigen Zusammenhangs zwischen Lebensdauer und
Beanspruchungshöhe lassen sich die vorstehenden Betrachtungen zur Wei-
bull-Verteilung auch auf die spannungsbezogene Sicherheitszahl anwenden.
Tabelle 3.5–2 zeigt dazu die Sicherheitszahlen jS , die sich für eine Streuspanne
TS = 1:1,25 bei verschiedenen Werten Sa, 0 / Sa, 50% ergeben. Tabellen für andere
Werte TS sind im Anhang 5.1 zu finden.
518 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Tabelle 3.5–2. Sicherheitszahlen jS bei einer Streuspanne TS = 1:1,25 (s = sS = 0,038) in Ab-


hängigkeit von der zugrunde gelegten Verteilungsfunktion

Ausfall- Sicherheitszahlen jS Sicherheitszahlen jS


wahrschein- Logarithmische Weibull-Verteilung mit Sa, 0 / Sa, 50% =
lichkeit Normalverteilung 0,000 0,706 0,770 0,840
PA (– 4 s) (– 3 s) (– 2 s)

0,50 1,00 0,98 0,99 1,00 1,01


10–1 1,12 1,13* 1,12* 1,12* 1,11
19–2 1,22 1,35* 1,24* 1,21 1,17
10–3 1,31 1,59* 1,31* 1,26 1,18
10–4 1,38 1,89* 1,36 1,28 1,19
10–5 1,45 2,24* 1,38 1,29 1,19
10–6 1,51 2,64* 1,40 1,29 1,19
0 • • 1,42 1,30 1,19

* = Sicherheitszahlen größer als nach der Logarithmischen Normalverteilung.

3.5.3
Streuung der betrieblichen Beanspruchungshöhe

Die Vorstellungen, die sich über die Streubreite der Betriebsbeanspruchung


herausgebildet haben, beruhen auf entsprechenden Beanspruchungsmessun-
gen oder auf nachträglichen statistischen Analysen von Betriebsbrüchen,
wenn diese an Serienteilen in größerer Zahl aufgetreten sind [393]. Denn in
Umkehr der Betrachtung, die mit den Abb. 3.5–1 und 3.5–2 dargestellt ist,
kann aus der Streuverteilung der erhaltenen Lebensdauerwerte zusammen
mit der Streubreite der ertragbaren Spannungsamplitude auch die Streubrei-
te der Betriebsbeanspruchung abgeschätzt werden.
Erwartungsgemäß stellt sich heraus, dass beispielsweise bei Verkehrsflug-
zeugen oder bei Fahrzeugen, die weitgehend einheitlich eingesetzt sind,
auch mit recht einheitlichen Betriebsbeanspruchungen gerechnet werden
darf.
Hingegen können sich, wie nachstehend an einem Beispiel ausgeführt wird,
für Fahrzeuge oder Maschinen, die von ihren privaten Eigentümern in unter-
schiedlicher Weise eingesetzt werden, unter Umständen beachtlich streuende
Betriebsbeanspruchungen ergeben, wobei dann außer dem Kollektivhöchst-
wert auch noch die Kollektivform und der Kollektivumfang fallweise unter-
schiedlich sein mag.
Besonders große Streuungen können auftreten, wenn Serienteile unter-
schiedlichen und uneinheitlichen Betriebsbedingungen unterworfen sind,
Abb. 3.5–11: Von 27 Betriebsbrüchen einer LKW-Vorderachse traten 2 Brüche
bei Muldenkippern im Haldeneinsatz wegen der dort höheren Beanspru-
chung nach wesentlich kürzerer Betriebszeit auf als bei den übrigen Achsen in
Fahrzeugen mit Kipper- oder Pritschenaufbau. In diesem Beispiel darf aber
3.5.3 Streuung der betrieblichen Beanspruchungshöhe 519

Abb. 3.5–11. Statistische Aus-


wertung der Lebensdauer
von 27 im Betrieb gebroche-
nen Lkw-Vorderachsen [35]

kaum noch von einer einheitlichen Streuverteilung gesprochen werden; der


Haldeneinsatz würde besser als ein spezieller Einsatz abgehandelt.
In anderen Fällen mögen unterschiedliche Betriebsbedingungen weniger
augenfällig sein, weil sie fließend ineinander übergehen und somit eine Ab-
grenzung erschweren. Es ist dann auch nicht ohne weiteres möglich, bei einer
einzelnen Langzeitmessung von eindeutig ungünstigen Bedingungen auszu-
gehen, um einen Kollektivhöchstwert zu erhalten, der lediglich mit einer nied-
rigen Wahrscheinlichkeit von z.B. Pe ⬉ 1% erreicht oder überschritten wird,
um trotz der streuenden Betriebsbeanspruchung von der vereinfachenden Be-
stimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit Gebrauch machen zu können. Auch
gibt es im Schrifttum kaum Abhandlungen darüber, wie Messungen konzi-
piert werden können, um die Streuverteilung der Betriebsbeanspruchungen
zu erfassen.

Beschreibung eines Messprogrammes


Ein von Wimmer [394] beschriebenes Messprogramm zur Ermittlung von
Bremsdruck-Kollektiven für Personenwagen sei deshalb hier als Beispiel dar-
gestellt.
Da Bremsdruck-Kollektive ausschließlich aus Fahrmanövern entstehen,
sind sie in besonderem Maße von der Fahrweise bestimmt. Um eine statisti-
sche Aussage treffen zu können, waren also möglichst viele Messungen auf
öffentlichen Straßen mit Kunden als Fahrer durchzuführen. Die befahrene
Strecke umfasste ca. 80 km Autobahn, ca. 100 km Landstraße, ca. 22 km Stadt-
verkehr und 9 km Schlechtwegstrecke. Drei Fahrzeugtypen wurden betrach-
520 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.5–12. Streuverteilung


der Schädigungssummen für
Bremsenteile, ermittelt aus
den gemessenen Brems-
druck-Kollektiven von 100
Kunden [394]

tet. Mit jedem Typ fuhren 100 Kunden, die diesen Typ auch privat benutzten,
und zwar Frauen und Männer im Verhältnis 38:62, Arbeiter und Angestellte
im Verhältnis 73:26 bei den Männern, 24:76 bei den Frauen. Gefahren wurde
bei jedem Wetter, die Straßenverhältnisse wurden registriert, erwiesen sich
aber bei der Auswertung als nicht entscheidend.
Der Bremsdruck wurde gemessen und nach dem Klassendurchgangsver-
fahren klassiert. Er ist sowohl der Dehnung an der Bremsfaust wie auch, bis
zur Rutschgrenze, der Dehnung am Bremshalter proportional. Unter Ansatz
einer fiktiven Wöhlerlinie wurde für jede Messfahrt eine Schädigungssumme
nach der Miner-Regel errechnet und im Wahrscheinlichkeitsnetz aufgetragen,
Abb. 3.5–12. Die erhaltenen Schädigungssummen lassen sich in guter Annä-
herung durch eine logarithmisch normale Streuverteilung mit einer Streu-
spanne TD = 1:8 beschreiben.
Da die Schädigungssumme und die Lebensdauer einander umgekehrt pro-
portional sind, folgt aus Abb. 3.5–12 auch eine logarithmisch normale Streu-
ung der Lebensdauer mit der beachtlichen Streuspanne von TL = 1:8, die in-
soweit allein aus der streuenden Betriebsbeanspruchung entsteht. Mit einer

Neigung der Lebensdauerlinie k = 5 umgerechnet, ergibt sich daraus eine
Streuspanne der Beanspruchungshöhe TS = 1:1,5.
Entsprechend unterschiedlich sind die erhaltenen Bremsdruck-Kollektive.
Abb. 3.5–13 führt vor Augen, wie wenig repräsentativ unter Umständen ein
einzelnes gemessenes Kollektiv sein kann.
Zur Deutung der Kollektivform wurde angenommen, dass diese aus zwei
Anteilen zustande kommt: Aus einem normalen Teilkollektiv aus Bremsvor-
gängen in voraussehbaren Situationen, sowie aus einem überhöhten Teilkol-
lektiv aus unerwarteten Bremsvorgängen, die von anderen Verkehrsteilneh-
mern aufgezwungen oder durch falsche Einschätzung einer Verkehrssituation
3.5.3 Streuung der betrieblichen Beanspruchungshöhe 521

Abb. 3.5–13. Unterschiede gemessener Bremsdruck-Kollektive [394]

notwendig werden. Während dieses überhöhte Teilkollektiv bei Werksfahrern


und anderen schnellen Fahrern kaum vorhanden war, war es bei langsamen,
vermutlich ängstlichen Fahrern besonders ausgeprägt. Insofern wäre allein
mit routinierten Werksfahrern wohl kaum ein kennzeichnendes Bremsdruck-
Kollektiv zu erhalten gewesen.
Die aufgetragenen Schädigungssummen ermöglichten des Weiteren, den
sogenannten 1%-Kunden zu ermitteln, bei dessen Fahrweise das am stärks-
ten schädigende Bremsdruck-Kollektiv entstand. Von diesem 1%-Kunden
wurden die Kollektive für die vier Streckenanteile in der Häufigkeit jeweils
auf 300 000 km extrapoliert. Um den einmal pro 300000 km auftretenden
Höchstwert des extrapolierten Kollektivs zu finden, wurden die höchsten
Bremsdrücke aus jeder der 100 Messfahrten ermittelt, als Extremwert-Vertei-
lung im Wahrscheinlichkeitsnetz mit logarithmischer Merkmals-Teilung auf-
getragen und daraus der höchste Bremsdruck pmax bestimmt, der mit 1%

Wahrscheinlichkeit auftrat. Damit gab es neben dem Kollektivumfang H0
einen weiteren Stützpunkt, um das 1%-Kollektiv formelmäßig anzunähern
durch die Beziehung
– –
H = H 0 · exp [(– ln H0) · (p / pmax)c ] . (3.5–37)
Der Exponent c wurde iterativ bestimmt unter der Bedingung, dass sich die
Summe der positiven Abweichungen der Messpunkte minimierte, Abb. 3.5–14,
womit die Annäherung eine zusätzliche Sicherheit beinhaltet.
Aus den vier Einzelkollektiven wurde sodann nach der Verkehrsstatistik
des ADAC ein Mischkollektiv für 20% Autobahn, 30% Stadtfahrt, 48% Land-
straße und 2% Schlechtwegstrecke aufsummiert, bei dem sich die Stadtfahrt
und die Landstraße als dominierende Kollektivanteile erwiesen.
522 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.5–14. Bremsdruck-Kollektive des 1%-Kunden für die vier Streckenanteile jeweils
auf 300000 km extrapoliert und formelmäßig angenähert [394]

Abb. 3.5–15. Aus den Bremsdruck-Kollektiven für den 1%-Kunden abgeleitete Bemes-
sungs-Kollektive der Bremsverzögerung dreier Fahrzeugtypen [394]

Verständlicherweise waren die Bremsdruck-Kollektive für die drei Fahr-


zeugtypen unterschiedlich.Wurde jedoch der dem Fahrzeugtyp entsprechende
Zusammenhang zwischen Bremsdruck und Bremsverzögerung berücksich-
tigt, so ergab sich für jeden Fahrzeugtyp praktisch das gleiche Kollektiv
der Bremsverzögerung, Abb. 3.5–15. Dieser Befund deutet darauf hin, dass
Autofahrer nach eigenem Empfinden eine bestimmte Bremsverzögerung
anstreben, an der auch ein vorhandener oder nicht vorhandener Brems-
3.5.4 Abdecken der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche 523

verstärker kaum etwas ändert. Das Kollektiv der Bremsverzögerung ist mit-
hin unabhängig vom Fahrzeugtyp verallgemeinerbar. Seiner Ableitung ge-
mäß gilt es für 300000 km repräsentativ gemischte Fahrstrecke und mit
einer Auftretenswahrscheinlichkeit von Pe = 1%, d.h. für denjenigen unter
100 Kunden, bei dessen Fahrweise das am stärksten schädigende Kollektiv
entsteht.
Zum Zeitpunkt, als die vorstehend beschriebenen und gedanklich gut
nachvollziehbaren Auswertungen durchgeführt wurden, waren noch nicht die
Software-Werkzeuge verfügbar, die heute bei solchen Auswertungen einge-
setzt werden und denen die gleichen grundsätzlichen Gedankengänge zu-
grunde liegen, Abschn. 3.3.4 [291]. Es gibt dazu im Schrifttum jedoch noch
keine neuere vergleichbar ausführlich dargestellte Untersuchung der vorlie-
genden Art.

3.5.4
Abdecken der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche

Werden gleichartige Stichproben in häufiger Wiederholung aus einer Grund-


gesamtheit entnommen, so streuen die jeweils erhaltenen Mittelwerte m nach
einer Gauß’schen Normalverteilung um den wahren Mittelwert m mit einer
Standardabweichung

sm = s /a3
n, (3.5–38)
wenn die unter 2.1.5 definierten Formelzeichen gelten und wenn s die wahre
Standardabweichung der Einzelwerte xi und n die Zahl der Einzelwerte je
Stichprobe bezeichnet [56–59], Abb. 3.5–16. Je größer die Streuung bzw. die
Standardabweichung s für die Einzelwerte xi oder je kleiner die Zahl n der
Einzelwerte in der Stichprobe, desto stärker streuen die dabei erhaltenen
Mittelwerte m.
Würde der Mittelwert m einer beliebigen Stichprobe unmittelbar als
Schätzwert für den wahren Mittelwert m betrachtet, so bestünde eine Wahr-
scheinlichkeit von 50%, den wahren Sachverhalt aufgrund von zufällig
sehr günstigen Versuchsergebnissen mit einem zu günstigen Mittelwert m
zu überschätzen. Mit einer derart hohen Wahrscheinlichkeit die Lebens-
dauer eines funktionswichtigen Bauteils zu überschätzen, erscheint unver-
tretbar.
Dieser Umstand führt auf die Frage, wie das Risiko einer zu günstigen Aus-
deutung zufälliger Versuchsergebnisse verringert werden kann. Die aus dieser
Fragestellung entwickelte Vorgehensweise [395] beruht auf der statistisch ab-
handelbaren Voraussetzung, dass der mit der Stichprobe gefundene Mittel-
wert m zufallsbedingt einen überdurchschnittlichen Stichprobenmittelwert
mC darstellt, also beispielsweise einen Stichprobenmittelwert, der mit einer
Vertrauenswahrscheinlichkeit von C = 90% als obere (einseitige) Vertrauens-
grenze des wahren Mittelwertes m definiert ist. Für den Abstand dieses günsti-
524 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.5–16. Konzept für das Abdecken der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche und für
die Herleitung des Risikofaktors jC, n [395]

gen Stichprobenmittelwertes mC von dem wahren Mittelwert m gilt, Abb.


3.5–16:
(mC – m) = uC · sm = uC · s / a3
n (3.5–39)
mit Wertepaaren uC und C entsprechend der Normalverteilung, Anhang 5.1,
z.B.: uC = 0,000 für C = 50%, uC = 1,282 für C = 90%, uC = 1,645 für C = 95%.
Gemäß der mit Gl. (3.5–39) getroffenen Voraussetzung, lässt sich mithin ein
Schätzwert MC für den wahren Mittelwert, abhängig von der Vertrauenswahr-
scheinlichkeit C und der Standardabweichung s sowie abhängig vom Umfang
n der Stichprobe, wie folgt angeben:
MC = m – uC · s / a3
n. (3.5–40)
Der experimentell erhaltene Mittelwert m wird also um den Abstand zwischen
der Vertrauensgrenze mC und dem wahren Mittelwert m vermindert, um den
Schätzwert MC für den wahren Mittelwert mit einer Vertrauenswahrschein-
lichkeit C > 50% zu erhalten. Von diesem Schätzwert MC ausgehend kann so-
dann nach der unterstellten Streuverteilung der Einzelwerte in Richtung auf
geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten PA extrapoliert werden.
Sollen die vorstehenden Beziehungen auf Schwingspielzahlen Ni für Bruch
oder Anriss Anwendung finden, so ist zu beachten, dass als Merkmalsgröße x
nicht die Schwingspielzahlen, sondern deren Logarithmen anzusetzen sind,
xi = lg Ni , (3.5–41)
3.5.4 Abdecken der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche 525

und dass sich dementsprechend der Mittelwert m nach Gl. 2.1–27) berechnet
als
n
m = lg N50%,n = (1/n) · ∑ (lg Ni) . (3.5–27)
i=1

Entsprechend bietet sich an zu schreiben


MC = lg N50%, C (3.5–42)
und den Begriff des Risikofaktors jC, n einzuführen über die Beziehung
lg jC, n = uC · s / a3
n. (3.5–43)
Damit lässt sich Gl. (3.5–40) umschreiben auf die anwendungsgerechtere
Form
N50%, C = N50%, n / jC, n . (3.5–44)
Die im Betriebsfestigkeits-Nachweis für das Berechnen der Ausfallwahr-
scheinlichkeit PA mit einer Vertrauenswahrscheinlichkeit C für Pü = 50% an-
zusetzende ertragbare Schwingspielzahl N50%, C ist demnach zu erhalten aus
dem nach Gl. (2.1–27) errechneten Mittelwert der Schwingspielzahlen Ni aus
den vorliegenden n Einzelversuchen, dividiert durch den Risikofaktor jC, n , der
aus der Tabelle 5.1–5 im Anhang entnommen werden kann oder für die vor-
zugebende Vertrauenswahrscheinlichkeit C und die unterstellte Standardab-
weichung s, abhängig von der Anzahl n der vorliegenden Einzelversuche, be-
rechnet werden kann als
jC, n = 10uC · s /a2n , (3.5–45)
oder, wenn entsprechend zu Gl. (2.1–30) bzw. nach Anhang 5.1 statt der Stan-
dardabweichung die Streuspanne TN vorgegeben wird, mit
s = (1 /2,56) · lg(1 / TN) (3.5–46)
als
jC, n = (1 / TN)uC / (2,56 · a2n ). (3.5–47)
Das Arbeiten mit den angegebenen, einfachen Beziehungen unterliegt jedoch
der Einschränkung, dass die wahre Standardabweichung s der Einzelwerte zu-
mindest als Erfahrungswert bekannt sein muss. Erforderlichenfalls ist ein sol-
cher Wert durch gesonderte Versuche zu ermitteln, wobei aber vereinfachte
Versuchsbedingungen und verbilligte Versuchsstücke gewählt werden kön-
nen, wenn mit ihnen die die Streubreite bestimmenden Verhältnisse im
schwingbruchkritischen Querschnitt zutreffend darstellbar sind.
Die geforderte Kenntnis der Standardabweichung s ist dadurch begründet,
dass vorliegende Stichproben in der Regel weniger als n = 50 Einzelwerte um-
fassen. Ein Schätzwert s für die Standardabweichung aus so wenigen Einzel-
526 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

ergebnissen unterliegt noch größeren Zufallsabweichungen als ein Schätzwert


für den Mittelwert. Mit dem Wert der Standardabweichung s, wie er sich aus
einer vorliegenden Stichprobe errechnet, müssten nach der dann zutreffenden
t-Verteilung [56, 57] weit größere, mit n Æ 1 praktisch indiskutabel große Ab-
weichungen zwischen dem wahren Mittelwert m und seiner Vertrauensgrenze
mC in Ansatz kommen.
Wird die Vertrauenswahrscheinlichkeit beispielsweise zu C = 90% gewählt,
dann ist die Wahrscheinlichkeit, mit MC nach Gl. (3.5–40) den wahren Mittel-
wert m zu günstig einzuschätzen, auf 1 – C = 10% begrenzt. Zugleich muss
allerdings hingenommen werden, dass der wahre Mittelwert in C = 90% aller
Fälle zu ungünstig eingeschätzt wird, und zwar mit einer Wahrscheinlichkeit
1 – 2 · (1 – C) = 80% in einem Verhältnis bis zu ( jC,n)2 und mit einer Wahr-
scheinlichkeit 1 – C = 10% noch darüber hinaus. Sinnfälligerweise ist die da-
raus entstehende Härte, absolut gesehen, umso geringer, je mehr Einzelver-
suche vorliegen.
Die hier beschriebene Vorgehensweise ist aber auch dann noch anwendbar,
wenn wegen einer sehr aufwendigen Versuchsdurchführung nur ein einziger
Versuchswert vorliegt. Dabei wird dieser Versuchswert Ni = 1 so gewertet, als
läge er auf der Lebensdauerlinie für die obere Streugrenze mit Pü = 1 – C =
10%.Allenfalls wäre zu erwägen, von einem Wert Pü = 1 – C = 5% auszugehen,
aber es steht wohl außer Betracht, einem Einzelwert einen noch geringeren
Wert der Überlebenswahrscheinlichkeit zuzuordnen.Aus dieser Einschätzung
folgt, dass für die praktische Anwendung eine Vertrauenswahrscheinlichkeit
C = 90% oder höchstens C = 95% angesetzt werden sollte.
Liegt ein einziger Versuchswert Ni = 1 tatsächlich unter dem wahren Mittel-
wert m, so bedeutet der bei n = 1 und C = 90% einzuhaltende Risikofaktor
j90%, 1 = a5
TN eine sicherlich beachtliche Härte, zumal wenn allein aus diesem
zufallsbestimmten Grund der geforderte Lebensdauer-Nachweis nicht er-
bracht werden kann.
Zwei Möglichkeiten der Entscheidung stehen zur Wahl, wenn der Nachweis
mit einem einzigen vorliegenden Ergebnis nicht erbracht werden kann: Ent-
weder Maßnahmen zur Steigerung der Schwingfestigkeit im maßgebenden
Bauteilquerschnitt zu ergreifen, oder einen zweiten Versuch durchzuführen in
der Erwartung, dass dieses zweite Ergebnis günstiger ausfallen wird und dass
mit diesem günstigeren zweiten Ergebnis nach den vorstehenden Beziehun-
gen eine reale Chance zu errechnen ist, den geforderten Nachweis dann auch
erbringen zu können, weil sich damit der Mittelwert verbessert und der Risi-
kofaktor vermindert.

3.5.5
Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse
Eine notwendige Annahme über die Streuspanne bzw. die Standardabwei-
chung der anzusetzenden Streuverteilung kann sich auf gewisse Erfahrungs-
werte stützen, die sich nach der Beschaffenheit des Bauteils im Bruchquer-
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse 527

schnitt richten. Tabelle 3.5–3 vermittelt einige diesbezügliche Erfahrungs-


werte, die sich bei zusammenfassenden Auswertungen von Versuchsdaten er-
gaben.

Tabelle 3.5–3. Einige Erfahrungswerte über Streuspannen TN bzw. TS sowie der entspre-
chenden (log.) Standardabweichungen sN bzw. sS und Exponenten der 2-parametrischen
Extremwertverteilung bN bzw. bS (k = Neigungsexponent der Wöhlerlinie)

Werkstoff, maßgebende Bauteilgestalt und TN TS


berücksichtigte Streueinflüsse sN sS
bN bS

Spanabhebend bearbeitete Kerbstäbe aus Stahl, unter 1:2,5 1:1,10


überwachten Bedingungen gefertigt (k = 5,0): 0,155 0,0309
3,305 16,609
Spanabhebend bearbeitete Bauteile aus Stahl, mit mäßiger 1:3,2 1:1,26
bis mittlerer Kerbwirkung (k = 5,0): 0,197 0,0392
2,603 13,103
Spanabhebend bearbeitete Bauteile aus Al-Legierungen 1:3,2 1:1,26
mit mäßiger bis mittlerer Kerbwirkung (k = 5,0): 0,197 0,0392
2,603 13,103
Spanabhebend bearbeitete Bauteile aus Eisengusswerkstoffen, 1:4,0 1:1,26
gekerbt, ohne Chargeneinflüsse (k = 6,0): 0,235 0,0392
2,184 13,103
Geschmiedete und vergütete Bauteile aus Stahl, belassene 1:4,5 1:1,35
Schmiedeoberfläche, ohne Querschnittseinfluss (k = 5,0): 0,255 0,0509
2,013 10,090
Geschmiedete und vergütete Bauteile wie vor, doch mit 1:5,5 1:1,33
Querschnittsstreuung durch Gesenkabnutzung (k = 6,0): 0,289 0,0484
1,776 10,618
Fachgerechte Schweißverbindungen aus Baustahl, unter 1:2,5 1:1,30
einheitlichen Bedingungen ausgeführt (k = 3,5): 0,155 0,0445
3,305 11,542
Fachgerechte Schweißverbindungen aus Baustahl, unter 1:3,0 1:1,45
betriebsüblichen Bedingungen ausgeführt (k = 3,0): 0,186 0,0630
2,756 8,150
Fachgerechte Schweißverbindungen aus Al-Legierungen, 1:5,0 1:1,45
unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeführt (k = 4,3): 0,273 0,0630
1,881 8,150

Erläuterung:
Zwischen den Streuspannen TN bzw. TS untereinander und zu den Exponenten bN bzw. bS
der 2-parametrischen Extremwertverteilung bestehen mit dem Neigungsexponenten k die
folgenden Beziehungen:
lg(1:TN) = k · lg (1:TS ); bS = k · bN ; lg(1:TN, S ) = 1,3151/bN, S .
528 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Fertigungsbedingte Streuung der Bauteilgestalt


Außer durch Werkstoff- und Oberflächeneinflüsse kann eine Streuspanne
auch entscheidend durch fertigungsbedingte Streueinflüsse auf die Bauteilge-
stalt bestimmt oder mitbestimmt sein. Abb. 3.5–17 veranschaulicht die Streu-
ung des Widerstandsmomentes, die bei einem gegossenen Bauteil durch Kern-
versatz entstand. Abb. 3.5–18 zeigt die Streuung der gemessenen Dehnungs-
werte in der Ringnut einer Lkw-Felge, die sich beim Aufpumpen des Reifens
und beim Abrollen unter Last für verschiedene Umfangspositionen aus unter-
schiedlichen Anlagebedingungen des Ringes ergab.
Abb. 3.5–19 [396] gibt das Ergebnis einer Untersuchung wieder, für die 130
geschmiedete Lenkhebel über eine Produktionszeit von 2 Jahren mit 2 Stücken
pro Woche wahllos der Großserienfertigung entnommen wurden. In dieser
Zeitspanne wurden 45 Stahlchargen verarbeitet und 53 Gesenkwechseln vor-
genommen. Den Betriebsfestigkeits-Versuchen lag die Normverteilung zu-
grunde. Mit der eingeprägten Prüfkraft aufgetragen, zeigt sich zwischen dem
Kleinstwert und dem Größtwert der Lebensdauer eine Streubreite von 1:50
und in den Grenzen Pü = 90% und 10% eine Streuspanne TN = 1:5,5. Werk-
stoffeinflüsse aus den verarbeiteten Chargen oder aus einer uneinheitlichen

Abb. 3.5–17. Streuung des


Widerstandsmomentes
eines gegossenen Bauteils
durch Kernversatz, nach
Gaßner
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse 529

Abb. 3.5–18. Streuung der gemessenen Dehnung in der Ringnut einer Lkw-Felge wegen
unterschiedlicher Anlagebedingungen des Ringes, nach Svenson

Abb. 3.5–19. Lebensdauerstreuung von 130 der Serienfertigung entnommenen Lenk-


hebeln in Betriebsfestigkeits-Versuchen, im Netz der Lebensdauerlinie aufgetragen mit

der Prüfkraftamplitude Fa [396]
530 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.5–20. Lebensdauer-


streuung der Versuche
mit Lenkhebeln, ausge-
wertet mit der aus den
Ist-Maßen des Bruch-
querschnitts berechneten

Spannungsamplitude Sa
[396]

Wärmebehandlung konnten als Erklärung für diese beachtliche Streubreite


der Lebensdauerwerte ausgeschlossen werden.
Die Streuung erwies sich vielmehr bedingt durch schwankende Abmaße
des Bruchquerschnitts sowie durch eine uneinheitliche Kerbform am Über-
gang zum maßgleich bearbeiteten Schraubenbutzen. Diese Streuung der Bau-
teilgestalt war durch Abnutzung und Wechsel des Gesenks begründet.Wurden
die tatsächlichen Querschnittsmaße berücksichtigt und die Lebensdauer auf
die mit ihnen zu errechnende Nennspannung bezogen, dann reduzierte sich
die Streubreite auf 1:20 und die Streuspanne auf TN = 1:4,1, Abb. 3.5–20. Für
maßgenau spanabhebend bearbeitete Proben aus dem Lenkhebelschaft ergab
sich bei 75 Betriebsfestigkeits-Versuchen eine Streubreite von 1:7,5 und eine
Streuspanne TN = 1:3,6. Dieser Wert ist trotz des darin enthaltenen Chargen-
und Wärmebehandlungseinflusses nur geringfügig höher als der Erfahrungs-
wert für spanabhebend bearbeitete Bauteile aus einem einzigen Fertigungslos.

Fertigungsbedingte Streuung der Bauteileigenschaften


Fertigungsbedingte Streueinflüsse auf die Bauteileigenschaften sind immer
dann zu bedenken, wenn über das angewandte Herstellungsverfahren auf die
Schwingfestigkeits-Eigenschaften des Bauteils Einfluss genommen wird. Die-
ser Einfluss kann gewollt oder auch zwangsläufig sein. Gewollt ist er bei den
Verfahren zur Schwingfestigkeitssteigerung, z.B. durch Kugelstrahlen, Roll-
verdichten, Nitrieren, Induktionshärten oder Einsatzhärten. Abweichungen
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse 531

Abb. 3.5–21. Unterschied-


liche Schwingfestigkeiten
von Kernstäben aus nomi-
nell gleichartigen Guss-
stücken von drei Herstel-
lern [397]

von den vorgegebenen, möglichst optimalen Verfahrensbedingungen schla-


gen dabei als Streueinfluss mehr oder weniger stark auf die Schwingfestig-
keits-Eigenschaften durch. Zwangsläufig ist ein Herstelleinfluss auf die
Schwingfestigkeits-Eigenschaften und deren Streuung z.B. beim Gießen oder
Schweißen gegeben. Sowohl die kontrollierten wie auch weitere, nicht kontrol-
lierte Verfahrensparameter sind dabei von Bedeutung.
Die Auswirkung nicht kontrollierter Verfahrensparameter zeigte sich z.B.
bei einer Untersuchung der Schwingfestigkeits-Eigenschaften von Schwarzem
Temperguss [397]. Für die Werkstoffe GTS-35, GTS-55 und GTS-70 wurden bei
ihr Kerbstäbe aus quasirealen, kastenförmigen Gussstücken entnommen, die
von drei Gießereien mit dem gleichen Modell bei freigestellter Anschnitt-
Technik unter nominell gleichen Bedingungen hergestellt waren. Abb. 3.5–21
zeigt das Ergebnis einer statistischen Auswertung zum Herstellereinfluss.
Auf jede von vier Versuchsreihen entfielen 48 Kerbstäbe mit dem bezoge-
nen Mittelwert der Schwingspielzahlen N50% (A, B, C) = 1. Davon je 16 Kerb-
stäbe stammten von den drei Herstellern A, B, C und lieferten die in Abb.
3.5–21 nach Mittelwert und Streuspanne im bezogenen Maßstab aufgetrage-
nen Schwingspielzahlen. Sie lassen statistisch signifikante Herstellereinflüsse
erkennen. Nach einer metallographischen Untersuchung besteht eine eindeu-
tige Zuordnung zur Zahl und Form der Temperkohleknoten, Tabelle 3.5–4.
Bleiben diese Herstellereinflüsse unberücksichtigt, so führt eine pauschalie-
rende Auswertung für die Zeitfestigkeitsversuche auf unverhältnismäßig
große Streuspannen TN (A, B, C) = 1:4,5 bis 1:9,5, Abb. 3.5–22. Hingegen sind
die den Herstellervarianten A, B und C einzeln zuzuordnenden Streuspannen
annähernd gleich und mit TN = 1:2,0 bis 1:3,0 zu beziffern.
532 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Tabelle 3.5–4. Anzahl und Form der Temperkohleknoten

Hersteller Werkstoff Anzahl und Form der Temperkohleknoten

A GTS-35 7260 teils zusammengeballt, kurze Zeilen


GTS-70 6510
B GTS-35 4660
GTS-70 4680 kompakt und gleichmässig verteilt
C GTS-35 13430
teils langgestreckt, zerklüftet
GTS-70 13790

Abb. 3.5–22. Pauschale Auswertung der Zeitfestigkeits-Versuche mit Kerbstäben ak = 3,6


aus Temperguss GTS-55 bei lediglich symbolweiser Unterscheidung nach Hersteller und
Lage des Kerbstabs im Gussstück [397]

Streueinflüsse auf die Schwingfestigkeits-Eigenschaften von Schweißver-


bindungen aus den hochfesten Feinkornbaustählen StE355 und StE470 wur-
den mit einer Gemeinschaftsuntersuchung aufgezeigt, an der sich sieben La-
boratorien aus fünf Ländern der Europäischen Gemeinschaft beteiligten [53,
398, 399]. Durch eine Systematik in der Planung, im Ansatz und in der Durch-
führung der Versuche konnte durch eine mehrfache Streuungszerlegung [58]
unter anderem Aufschluss über die Streuung der Versuchswerte bei einer ge-
nau spezifizierten Schweißausführung in drei Schweißinstituten wie auch bei
einer sorgfältigen Versuchsdurchführung in sechs Laboratorien gewonnen
werden.
In einer globalen statistischen Auswertung ähnlich der in Abb. 2.1–20 be-
schriebenen, und unter Ansatz der normierten Wöhlerlinie für Schweißver-
bindungen mit k = 3,75 für Pü = 50%, Abb. 3.5–34, führen diese schweiß-
technischen und versuchstechnischen Streueinflüsse auf eine Streuspanne
der Einzelversuche von TN = 1:3,1, Abb. 3.5–23a. Nach einer ähnlichen Ana-
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse 533

a b
Abb. 3.5–23a, b. Zusammenfassende Streuanalyse der Versuchsergebnisse von Schweißver-
bindungen, a Prüfstäbe in drei Schweißinstituten hergestellt und in sechs Laboratorien
geprüft, b Prüfstäbe in einem Schweißbetrieb gefertigt und an einer Stelle geprüft [398]

lyse für einheitlich an einer Stelle gefertigte Schweißverbindungen aus


Stahl St37 und Stahl St52 beträgt die Streuspanne der Einzelwerte TN = 1:2,1,
Abb. 3.5–23b.
Nach dem Ergebnis der Streuungszerlegung schwanken die Mittelwerte
der ertragenen Schwingspielzahlen aus den sechs Laboratorien, mit k = 3,75
auf die ertragbare Spannung umgerechnet, um ± 6,5%, wobei die Versuche
auf Prüfmaschinen unterschiedlicher Bauart liefen, Abb. 3.5–24. Nach Ver-
bindungsform und Schweißinstitut ausgewertet, ergibt sich die maximale

Abb. 3.5–24. Streuungsauswertung für Ergebnisse aus sechs Laboratorien [399]


534 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Abb. 3.5–25. Streuungsauswertung für Ergebnisse mit geschweißten Prüfstäben aus drei
Schweißinstituten [399]

Schwankungsbreite der ertragbaren Spannungsamplituden zu ± 9,0% für


die in Wannenlage geschweißten Quersteifenproben mit überschliffenem
Nahtübergang. Bei den in senkrechter Position geschweißten Quersteifen-
proben und bei den Kreuzstoßproben, bei denen sich allein schweißtech-
nische Einflüsse äußern, beläuft sich die Schwankungsbreite auf ± 6,5 %,
Abb. 3.5–25. Diese Schwankungsbreiten bleiben jedoch noch deutlich inner-
halb der Streuspanne TS = 1:1,35 (entsprechend ± 16%), die sich für die
Einzelergebnisse mit k = 3,75 aus TN = 1:3,1 nach Abb. 3.5–23 errechnen
lässt.
Angesichts der sehr detailliert vorgegebenen Schweiß- und Versuchsbe-
dingungen wurde bei dieser Gemeinschaftsuntersuchung aber nur ein Teil
der Einflüsse erfasst, die bei einer vergleichenden Auswertung der im
Schrifttum mitgeteilten Versuchsergebnisse als Unterschiede der ertrag-
baren Spannungen für nominell gleichartige Schweißverbindungen zutage
treten. Mit Abb. 3.5–26 sind aus dem Wöhlerlinien-Katalog von Olivier und
Ritter [69] die im Wahrscheinlichkeitsnetz aufgetragenen Schwingfestig-
keits-Kennwerte gezeigt, die sich bei einer einheitlichen, normierten Aus-
wertung der im Schrifttum mitgeteilten Versuchsreihen für Quersteifen mit
nicht-kraftübertragenden Kehlnähten ergeben: Sie variieren in den Gren-
zen von SA = 42 und 135 N/mm2 bei Mittelwerten und Streuspannen nach
Tabelle 3.5–5.
3.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse 535

Abb. 3.5–26a –c. Streuung der Schwingfestigkeits-Kennwerte bei den im Schrifttum mit-
geteilten Versuchsreihen für Quersteifen mit nicht-kraftübertragenden Kehlnähten nach
den normierten Auswertungen von Olivier und Ritter [69]
a 32 Versuchsreihen mit bauteilähnlichen Prüfkörpern im Schweißzustand,
b 71 Versuchsreihen mit stabartigen Prüfkörpern im Schweißzustand,
c 42 Versuchsreihen mit stabartigen Prüfkörpern im nachbehandelten Zustand

Tabelle 3.5–5. Mittelwerte und Streuspannen für Prüfkörper mit Quersteifen [53]

Prüfkörperform Zustand Mittelwert Streuspanne

bauteilähnliche Prüfkörper Schweißzustand SA = 63 N/mm2 TA = 1:1,55


stabartige Prüfkörper Schweißzustand SA = 69 N/mm2 TA = 1:1,75
stabartige Prüfkörper nachbehandelt SA = 93 N/mm2 TA = 1:1,84

Berücksichtigung der zusätzlichen Streueinflüsse


Die grundsätzliche Frage zu den dargelegten Streueinflüssen und ihrer Be-
rücksichtigung geht dahin,
– welche der erkannten Einflüsse als systematisch erfassbar durch eine ent-
sprechende Wahl des Mittelwertes der ertragbaren Spannungsamplitude in
Ansatz gebracht werden sollen oder dürfen und
536 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

– welche Einflüsse als allein statistisch erfassbar über die dem Mittelwert zu-
geordnete Streuspanne abgedeckt werden müssen.

In der Terminologie der Statistik ist dies die Unterscheidung einer Streuung
innerhalb der Versuchsreihen und einer Streuung zwischen den Versuchs-
reihen [58, 399].
Zu dieser Frage lässt sich keine allgemeinverbindliche Antwort geben. Die
zu treffende Entscheidung kann aber von erheblicher Auswirkung auf das Er-
gebnis eines Betriebsfestigkeits-Nachweises sein: Ein zu hoch angesetzter
Mittelwert und eine dementsprechend große Streuspanne kann bei der Extra-
polation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten unter Umständen auf un-
realistisch niedrige zulässige Spannungen führen. Günstiger ist es im Allge-
meinen, mit einem Mittelwert an der unteren Grenze und der kleineren Streu-
spanne für einheitliche Herstellungsbedingungen zu rechnen.

3.5.6
Statistischer Größeneinfluss

Seit mehr als 60 Jahren ist aus experimentellen Untersuchungen ein Einfluss
der Bauteilgröße auf die Schwingfestigkeit bekannt, aber lange Zeit konnte für
diesen Befund keine quantitative Aussage formuliert werden.Vermutet wurde,
dass für das Auftreten des Größeneinflusses eine gradientenbehaftete Span-
nungsverteilung notwendige Voraussetzung sei [400, 401]. Heckel und Köhler
[402] konnten durch Versuche an ungekerbten Proben durch Variation der ho-
mogen beanspruchten Prüflänge diese Hypothese widerlegen, und an ihrer
Stelle die Existenz eines statistischen Größeneinflusses nachweisen, Abb.
3.5–27: Je größer die Prüflänge, desto höher war die Bruchwahrscheinlichkeit
(bei jeweils gleicher Bruchschwingspielzahl). Zur Beschreibung ihrer Ergeb-
nisse zogen sie die Fehlstellentheorie nach Weibull heran [403]. In weiterfüh-
renden Arbeiten überprüften Heckel und Mitarbeiter sodann die Gültigkeit
dieses statistischen Modells sowohl im Übergangsgebiet zur Dauerfestigkeit,
wie auch im Bereich der Zeitfestigkeit und der Betriebsfestigkeit [404–408].
Auch Arbeiten von anderer Seite galten sodann dieser Thematik, z.B. [177,
409–411].
Das Fehlstellenmodell wurde von Weibull ursprünglich für die streuende
Zugfestigkeit spröder Materialien entwickelt. Es lässt sich anschaulich mit der
Modellvorstellung einer Kette erklären, bei der das schwächste Glied für den
Bruch bestimmend ist. Seine Anwendung auf die Schwingfestigkeit geschieht
unter der Vorstellung, dass im Volumen bzw. an der Oberfläche eines Bauteils
statistisch verteilte Fehlstellen vorliegen, von denen die größte (oder gefähr-
lichste) bei schwingender Belastung den Ermüdungsanriss auslöst und das
Versagen des Bauteils herbeiführt, Abb. 3.5–28. Wechselwirkungen zwischen
den einzelnen Fehlstellen wie auch der Rissfortschritt bleiben unberück-
sichtigt.
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss 537

Abb. 3.5–27. Statistischer Größeneinfluss ersichtlich aus der Bruchwahrscheinlichkeit


polierter Rundproben mit unterschiedlicher Prüflänge unter einer Zug-Druck-Beanspru-
chung mit sa = 249,8 N/mm2, nach Heckel und Köhler [404]

Abb. 3.5–28. Bruchausgang im Inneren einer zug-schwellend beanspruchten Probe aus


Stahl 100 Cr 6 von einer Fehlstelle (Einschluss aus Titankarbonitrid), nach [410]
538 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Für die Verteilung der Größe a der Fehlstellen in einem Volumenelement V0


wird die zweiparametrische Form der Weibull-Verteilung angesetzt:
F(a) = exp {– (a / au)– b1} , (3.5–48)
wobei die Parameter au die charakteristische Größe und b1 die Streuung der
Fehlstellen kennzeichnen. F(a) bezeichnet dann die Wahrscheinlichkeit, in
dem betrachteten Volumenelement V0 eine Fehlstelle kleiner als a zu finden.
Die Verteilung der Fehlstellen in einem n-fach größeren Volumen
V = n · V0 (3.5–49)
ergibt sich (aufgrund der mit der Modellvorstellung vorgegebenen Reihen-
schaltung der Versagenselemente) als n-faches Produkt der Überlebenswahr-
scheinlichkeiten F(a) zu
n
FV (a) = ∏ {F(a)} = {exp [– (a / au) – b1]}n = exp [– n · (a / au)– b1] (3.5–50)
i=1

und mit Gl. (3.5–49) zu


FV (a) = exp [– (V /V0) · (a / au)– b1] . (3.5–51)
Anschaulich lässt sich Gl. (3.5–51) dahingehend kommentieren, dass sich die
charakteristische Fehlergröße au mit dem Volumen V vergrößert.
Wird der Fehlergröße a eine versagenskritische Spannung S ~ a–c / b (z.B.
S ~ 1 / a3
a nach Gl. (3.4–9)) zugeordnet, die zum Versagen führt, und besteht
das Bauteil aus mehreren gleich beanspruchten Volumina V0 , so wird kein
Versagen eintreten, wenn gleichzeitig alle Elemente des Volumens V der Span-
nung S standhalten. Die Wahrscheinlichkeit PÜ,V (S) dafür ist
PÜ, V (S) = exp [– (V / V0) · (S / S0)b2] . (3.5–52)
Bei jeweils gleichen Wahrscheinlichkeiten FV (a) ergibt sich aus Gl. (3.5–51)
als Verhältnis der maximalen Fehlergröße aV1 im Volumen V1 zur maximalen
Fehlergröße aV0 im Volumenelement V0
aV1 / aV0 = (V1 /V0)1/ b1 , (3.5–53)
und aus Gl. (3.5–52) bei gleichen Wahrscheinlichkeiten PÜ, V (S) als Verhältnis
der versagenskritischen Spannung S1 im Volumen V1 zur versagenskritischen
Spannung S0 im Volumenelement V0
S1 / S0 = (V1 /V0)–1/ b 2 . (3.5–54)
Mit Gl. (3.5–51) bis Gl. (3.5–54) ist der statistische Größeneinfluss analytisch
dahingehend beschrieben, dass ein größeres Volumen V wahrscheinlich eine
größere Fehlstelle a und damit eine niedrigere versagenskritische Spannung S
aufweist. Angewandt auf die Dauerfestigkeit SD als versagenskritische Span-
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss 539

nung S ist also mit Gl. (3.5–52) der sich einstellende Dauerfestigkeitsab-
fall abhängig von dem fallweise zutreffenden Weibull-Exponenten b2 angebbar,
wenn bei einer Vergrößerung eines Bauteils das (unverändert hoch und gleich-
mäßig) beanspruchte Volumen von V0 auf V = n · V0 vergrößert wird.
In der Praxis zeigen Bauteile allerdings keine gleichmäßige sondern eine
örtlich unterschiedliche Beanspruchung. Sie wird behandelbar, indem das Vo-
lumen V in hinreichend kleine Teilvolumina DVi unterteilt wird, für die jeweils
eine annähernd gleichmäßige Beanspruchung gilt. Die Überlebenswahr-
scheinlichkeiten für die einzelnen Teilvolumina betragen Gl. (3.5–52)
PÜ, DVi (Si ) = exp [– (DVi /V0) · (Si / S0)b2] . (3.5–55)
und für das Gesamtvolumen muss nach der Produktregel gelten

PÜ, V (S) = ∏ exp [– (DVi /V0) · (Si /S0)b2] (3.5–56)


i


= exp – ∑ (DVi /V0) · (Si /S0)b2
i 

= exp – ∑ (DVi · Sib2) / (V0 · S0b2) .
i 
Mit der maximalen Spannung Smax im betrachteten Volumen V lässt sich aus
der Spannungsverteilung
S = Smax · g (x, y, z) (3.5–57)
ein spannungsäquivalentes Volumen Väq als Spannungsintegral

Väq = ∫ g (x, y, z)b2 · dV (3.5–58)


V(S > 0)

berechnen und mit Smax für ∑ (DVi · Sib2) in Gl. (3.5–56) einsetzen. Damit ist
die Überlebenswahrscheinlicheit bei ungleichförmiger Spannungsverteilung
im betrachteten Volumen zu berechnen als


PÜ, V (S) = exp – (1 /V0) ·  ∫
V(S > 0)  
g (x, y, z)b2 · dV · (Smax / S0)b2 , (3.5–59)

PÜ, V (S) = exp [– (Väq / V0) · (Smax / S0)b2] . (3.5–60)

Leider ist das spannungsäquivalente Volumen Väq keine reine Bauteil-Kenn-


größe, weil es vom jeweils werkstofflich zutreffenden Weibull-Exponenten b2
abhängt.
Die Fälle, bei denen ein Schwingbruch von einer Fehlstelle im Inneren eines
Bauteils ausgeht, sind vergleichsweise selten und – wie z.B. in [409] – an be-
stimmte Gegebenheiten gebunden. In den weitaus meisten Fällen nimmt der
540 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Schwingbruch bei Bauteilen seinen Ausgang von einer Fehlstelle an der Bau-
teiloberfläche. Für solche Anwendungsfälle lässt sich aus der Spannungsver-
teilung
S = Smax · g (x, y) (3.5–61)
im Bereich der betrachteten Oberfläche analog zu Gl. (3.5–51) bis Gl. (3.5–60)
eine spannungsäquivalente Oberfläche Aäq mit dem Spannungsintegral

Aäq = ∫ g (x, y)b2 · dA (3.5–62)


A(S > 0)

ableiten:


PÜ, A (S) = exp – (1 /A0) ·  ∫
A(S > 0) 
g (x, y)b2 · dA · (Smax / S0)b2 , (3.5–63)

PÜ, A (S) = exp [– (Aäq / A0) · (Smax /S0)b2] . (3.5–64)

Für andere Fälle, wie beispielsweise für den Nahtübergang einer Schweißver-
bindung, kann schließlich eine lineare Anordnung der Fehlstellen und eine
lineare Spannungsverteilung

S = Smax · g (x) (3.5–65)


angenommen werden. Für sie lässt sich analog zu Gl. (3.5–51) bzw. Gl.
(3.5–60) für den betrachteten Längenbereich eine spannungsäquivalente Län-
ge Läq mit dem Spannungsintegral

Läq = ∫ g (x)b2 · dL (3.5–66)


L(S > 0)

ableiten:


PÜ, L (S) = exp – (1 / L0) ·  ∫
L(S > 0)  
g (x)b2 · dL · (Smax / S0)b2 , (3.5–67)

PÜ, L (S) = exp [– (Läq / L0) · (Smax / S0)b2] . (3.5–68)

Sofern die Anwendung der vorstehenden Gleichungen durch Versuche im


Bereich der Zeitfestigkeit oder der Betriebsfestigkeit überprüft werden
soll, sind sie noch dahingehend umzuformen, dass sie den Größeneinfluss
in seiner Auswirkung auf die bei vorgegebener Beanspruchungshöhe er-
tragbare Schwingspielzahl beschreiben. Für die dazu vorzunehmende Um-
rechnung streuender Spannungen in streuende Schwingspielzahlen gilt
mit k als Neigungsexponent der Zeitfestigkeits- bzw. Lebensdauerlinie
Sk · N = konst. bzw. S ~ N –1 / k = N 1 / | k | und S b2 ~ N b2 / | k | = N b3. Bei einem
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss 541

beispielweise anzunehmenden Bruchausgang von der Oberfläche ergeben


sich damit aus Gl. (3.5–63) bzw. Gl. (3.5–64) für die Schwingspielzah-
len auf einem Prüfhorizont S = Smax die Überlebenswahrscheinlichkeiten
zu:


PÜ, A (N) = exp – (1 /A0) ·  ∫
A(S > 0)  
g (x, y)b2 · dA · (N / N0)b3 , (3.5–69)

PÜ, A (N) = exp [– (Aäq /A0) · (N / N0)b3] . (3.5–70)

Hinderlich bei Anwendung dieser Gleichungen für die Schwingspielzahlen


ist, dass nicht nur der Weibull-Exponent b3 aus den streuenden Schwing-
spielzahlen N, sondern dass für das Spannungsintegral zusätzlich der Weibull-
Exponent b2 = b3 / | k | mit dem Neigungsexponenten k berechnet werden
muss.
Werte des Spannungsintegrals nach Gl. (3.5–62) sind für ausgewählte Kerb-
formen und für unterschiedliche Werte des Weibull-Exponenten b2 u.a. in
[406, 409] aufgeführt.
Zur experimentellen Bestätigung der vorstehenden Formel zur Beschrei-
bung des statistischen Größeneinflusses führte u.a. Böhm [406] am Beispiel
des Stahles 30CrNiMo8 Versuche im Zeitfestigkeitsbereich zur Bestimmung
der Wechselfestigkeit an zug-druck-beanspruchten Rundproben mit Um-
laufkerben für Formzahlen ak = 1,0; 2,23 und 5,99 unter Variation ihres
Durchmessers im Kerbgrund durch, Abb. 3.5–29. Die grafisch dargestell-
ten Ergebnisse sind in Tabelle 3.5–6 in etwas anderer Art aufbereitet um
zu veranschaulichen, wie sich die Beschreibung des Kerbeinflusses über
den statistischen Größeneinfluss unterscheidet von dessen Beschreibung mit
dem bezogenen Spannungsgefälle und der davon abhängigen Stützziffer
[44, 133, 158], wie es u. a. in der FKM-Richtlinie vorgesehen ist, Abb. 3.1–160.
Sehr deutlich wird aus den Versuchsdaten von Böhm ersichtlich, dass sich
die daraus ableitbaren Stützziffern nach Spalte (9) bzw. (10) um so größer
und zugleich größer als nach der FKM-Richtlinie aus Spalte (8) ergeben,
je kleiner die spannungsäquivalente Fläche Aäq nach Spalte (11) ist, bzw.
umgekehrt um so kleiner und zugleich kleiner als nach der FKM-Richtlinie
bei großer spannungsäquivalenter Fläche Aäq . Zudem wird eine generelle
Problematik von Stützziffern erkennbar mit der Frage, welcher Wert für
ungekerbte Stäbe (Reihe X1, X2 oder X3) dabei als Bezugswert dienen soll,
denn auch er erweist sich von der spannungsäquivalenten Fläche Aäq abhän-
gig. Für die Tabelle 3.5–6 wurde der Wert 469,6 N/mm2 nach Reihe X1 zu-
grunde gelegt. Die Überlegenheit einer Ermittlung von ertragbaren Kerb-
spannungen nach dem Fehlstellenmodell zeigt sich schließlich daraus, dass
alle ertragbaren Kerbspannungswerte in engen Grenzen übereinstimmen,
wenn sie jeweils für eine spannungsäquivalente Fläche Aäq = 1 mm2 berech-
net werden; für die betreffenden Werte in Spalte (12) ergibt sich der Mittel-
wert zu 650 N/mm2 ± 5,4%!
542 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

500

400
Nennspannungsamplitude Sa in N/mm2

300

200

100

0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Durchmesser im Kerbquerschnitt d in mm
Abb. 3.5–29. Statistischer Größeneinfluss bei zug-druck-beanspruchten Rundstäben aus
Stahl 30 Cr Ni Mo 8 mit Umlaufkerben unterschiedlicher Formzahl bei unterschiedlichem
Durchmesser im Kerbquerschnitt, und rechnerische Vorhersagen für den Streubereich
der Weibull-Exponenten, nach Böhm [406]

Schweiger übertrug die vorstehenden Formeln auf Zufallslasten-Versuche


mit dem Gaußprozess für N0 /N1 = 0,99 und überprüfte sie mit gutem Ergeb-
nis an Flachstäben aus der Aluminiumlegierung 7075, die als 1-Loch, 3-Loch-
und 7-Lochstäbe ausgeführt waren und sich demnach in der spannungsäqui-
valenten Fläche im Verhältnis 1:3 :7 unterschieden, Abb. 3.5–30.
Kloos und Mitarbeiter [411] führten auf der Grundlage eigener Versuche
eine Beurteilung der Zuverlässigkeit des Fehlstellenmodells beim Ab-
schätzen der Dauerfestigkeit einstufig beanspruchter Proben durch. Die
dabei erzielten Ergebnisse verglichen sie mit den Werten nach weiteren ge-
bräuchlichen Ansätzen zur Übertragung der an Kleinproben gewonnenen
Tabelle 3.5–6. Ergänzende Aufbereitung der Ergebnisse von Böhm [406] nach Abb. 3.5–29 zur Veranschaulichung des statistischen Größenein-
flusses

(1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12)

Reihe d; D; L r ak c S50exp S50cal n RiLi n exp n cal Aäq S50 (1 mm2)


[mm] [mm] [–] [mm– 1] [N/mm2] [N/mm2] [–] [–] [–] [mm2] [N/mm2]

Soll: a k = 1,00
X1 7,00; L = 16,0 • 1,00 0,00 469,6* 469,6* 1,00 1,00 1,00 352,0* 641
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss

X2 20,00; L = 48,5 • 1,00 0,00 402,5 419,0 1,00 0,86 0,89 3047,0 617
X3 37,98; L = 90,0 • 1,00 0,00 392,3 392,0 1,00 0,84 0,83 10739,0 643
Soll: a k = 2,23
Y1 6,96; 9,64 0,92 2,21 2,75 556,9 573,0 1,18 1,19 1,22 8,1 622
Y2 20,82; 28,96 2,75 2,22 0,92 525,0 510,0 1,14 1,12 1,09 72,5 659
Y3 38,63; 53,61 5,05 2,22 0,50 505,5 477,0 1,10 1,08 1,02 247,0 678
Soll: a k = 5,99
Z1 6,99; 10,97 0,15 4,95 13,33 634,6 635,0 1,27 1,35 1,35 1,7 652
Z2 20,90; 32,90 0,34 5,63 5,88 588,9 565,0 1,22 1,25 1,20 11,8 671
Z3 38,33; 60,31 0,60 5,73 3,33 564,4 530,0 1,19 1,20 1,13 38,3 665
Z4 59,32; 93,34 0,86 5,95 2,33 527,8 506,0 1,18 1,12 1,08 85,3 669
Z5 80,13; 126,03 1,25 5,81 1,60 471,2 490,0 1,16 1,00 1,04 166,0 618

Erläuterungen: (1) Bezeichnung der Versuchsreihen; (2) Kerbgrund- und Außendurchmesser bzw. Länge des Prüfbereichs; (3) Kerbradius (Ist-
wert); (4) Formzahl (Istwert); (5) bezogenes Spannungsgefälle c nach FKM-Richtlinie; (6) Kerbspannung Pü = 50% Istwerte nach Versuch;
(7) Kerbspannung Pü = 50% umgerechnet mit 469,6 · 352/Aäq auf theoretische Sollwerte; (8) Stützziffer nach FKM-Richtlinie als Funktion von c;
(9) Stützziffer errechnet aus S50exp / 469,6 (= gekerbt /ungekerbt); (10) Stützziffer errechnet aus S50cal / 469,6 (= gekerbt / ungekerbt); (11) span-
nungsäquivalente Fläche; (12) Kerbspannung nach (7) umgerechnet auf eine spannungsäquivalente Fläche von 1 mm2.
543
544

Abb. 3.5–30. Statistischer Größeneinfluss ersichtlich aus der Bruchwahrscheinlichkeit von 1-Loch-, 3-Loch- und 7-Loch-Stäben unter
einer Gauß’schen Zufallsbelastung, nach Schweiger [407]
3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss 545

Schwingfestigkeitswerte auf Bauteile größerer Abmessung, im Einzelnen wa-


ren dies:
– das bezogene Spannungsgefälle nach Siebel und Mitarbeitern [158],
– die Makro- und Mikrostützwirkung nach Neuber [159],
– das Ähnlichkeitskriterium nach Kogaev-Serensen [412],
– die spannungsmechanische und statistische Stützziffer nach Zenner und
Liu [413].
Zusammenfassend kommen sie zu folgenden Feststellungen: Das Fehlstellen-
modell nach Weibull in der von Heckel und Mitarbeitern angewandten Form
zur Beschreibung des statistischen Größeneinflusses auf die Dauerschwing-
festigkeit gekerbter Proben bei Axialbeanspruchung ist den übrigen Ansätzen
hinsichtlich der Genauigkeit überlegen. Die zum Vergleich herangezogenen
Ansätze nach Neuber, Siebel und Stieler und Kogaev-Serensen zeigen höhere
Streubreiten, bei geringfügig abweichender Lage der Mittelwerte. Diese Fest-
stellung mag sich zu einem erheblichen Teil damit erklären lassen, dass mit
dem bezogenen Spannungsgefälle und einer daraus abgeleiteten Stützziffer
die Quererstreckung einer Kerbe außer Betracht bleibt, wenngleich der Ansatz
von Kogaev-Serensen [412] in diese Richtung zielt. Bei höherfesten Werkstoff-
zuständen weicht der Ansatz von Zenner und Liu nur geringfügig von der Be-
rechnung nach Heckel und Mitarbeitern ab. Besonders hervorzuheben ist,
dass das Fehlstellenmodell universell angewendet werden kann. Sind die
Dauerschwingfestigkeit, die spannungsäquivalente Oberfläche sowie der Wei-
bull-Exponent einer beliebigen Proben- oder Bauteilgeometrie bekannt, so
kann die Dauerfestigkeit jedes anderen, aus dem gleichen Werkstoff gefertig-
ten Bauteils bei gleicher Beanspruchung abgeschätzt werden. Diese Überle-
genheit des Fehlstellenmodells rechtfertigt den geringfügig höheren Aufwand
des Verfahrens bei der Berechnung der spannungsäquivalenten Oberfläche
gekerbter Bauteile.
Auf Schweißverbindungen wurde ein Größeneinfluss bisher fast ausnahms-
los erörtert hinsichtlich des Einflusses der Blech- und Nahtdicke, nicht jedoch
hinsichtlich der Längsausdehnung einer Schweißnaht [177]. Diesbezügliche
Betrachtungen zum statistischen Größeneinfluss fanden bisher noch keine
direkte Anwendung. Und dies, obwohl das ihnen zugrunde liegende Fehlstel-
lenmodell in seiner einfachsten (eindimensionalen) Form nach Gl. (3.5–67)
auf Schweißverbindungen in besonderem Maße zutrifft. Denn es ist eine seit
langem gängige Betrachtungsweise, dass entlang einer Schweißnaht zahl-
reiche werkstoffliche Fehlstellen in statistischer Größenverteilung anzuneh-
men sind und dass an einer gleichmäßig hoch beanspruchten Schweißnaht
der schwingbruchbestimmende Anriss an der Stelle auftreten wird, wo sich
die größte dieser Fehlstellen befindet.
Übliche Versuchsstücke für Schwingfestigkeitsversuche enthalten jeweils
nur ein kurzes Stück Schweißnaht mit einer demzufolge auch nur kleinen
Stichprobenauswahl von Fehlstellen. Reale Schweißkonstruktionen enthalten
oft um ein Vielfaches längere hochbeanspruchte Schweißnähte; u.a. können
546 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

sich in einer Brückenkonstruktion gleich hoch beanspruchte Teilstücke von


Halskehlnähten durchaus zu einer beachtlichen Länge summieren. Um zum
Beispiel mit L0 = 100 mm breiten Versuchsstücken die größte Fehlstelle einer
Läq = 100 m langen Schweißnaht zu erfassen, wären also 1000 Versuche oder
eine Extrapolation der streuenden Versuchsergebnisse auf eine Bruchwahr-
scheinlichkeit von 10–3 erforderlich. Das Ergebnis dieser Extrapolation stellt
jedoch für die 100 m lange Schweißnaht lediglich einen Schätzwert für 50%
Bruchwahrscheinlichkeit dar!
Rechnerisch lässt sich dieser Zusammenhang als nahtlängenbedingter
Größeneinfluss im Wahrscheinlichkeitsnetz der Extremwert-Verteilung nach
Abb. 3.5–31 abhandeln. Ausgangswerte sind dabei ein bezogener Mittelwert
SA, 50% = 1 der ertragbaren Spannungsamplitude sowie ihre Streuspanne
TS = 1 : 1,4, wie sie in etwa bei Versuchen mit kleinen Versuchsstücken zu er-
warten ist. Ergebnis sind der niedrigere Mittelwert und die ebenfalls verrin-
gerte Streuspanne für die lange Naht. Dargestellt sind die Streuverteilungen
für Längenverhältnisse Läq /L0 = 1, 10, 100 und 1000, und zwar alternativ unter
Ansatz einer 2-parametrischen und einer 3-parametrischen Extremwertver-
teilung. Dabei liefert die 2-parametrische Verteilung zwar einen einfach for-
mulierbaren, doch vermutlich zu starken Nahtlängeneinfluss bei unveränder-
Bruchwahrscheinlichkeit PB

bezogene Spannungsamplitude SA,rel


Abb. 3.5–31. Statistischer Größeneinfluss aus der Nahtlänge einer Schweißnaht, veran-
schaulicht im Wahrscheinlichkeitsnetz für Extremwertverteilungen, nach [177]
3.5.6 Statistischer Größeneinfluss 547

ter Streuspanne. Hingegen dürfte die 3-parametrische Verteilung mit einem


asymptotischen Grenzwert (hier nach Gutdünken mit 0,42 entsprechend etwa
–6,5 Standardabweichungen angesetzt) die realen Verhältnisse zutreffender
erfassen.
Wie durch je zwei offene Kreise bzw. Rechtecke markiert, bestätigt sich in
beiden Fällen die vorerwähnte Einschätzung, dass der 0,1%-Wert der ertrag-
baren Spannung für das kleine Versuchsstück bei der um Leff /L0 = 1000fach
längeren Naht einer ertragbaren Spannung für ca. 50% Bruchwahrscheinlich-
keit entspricht. Was mit anderen Worten bedeutet, dass die in zulässigen
Spannungen für Schweißverbindungen enthaltenen Sicherheitszahlen von
etwa 1,65 gegenüber dem 50%-Wert der Versuchsergebnisse durch den auf-
gezeigten Nahtlängeneinfluss zu einem erheblichen Teil aufgezehrt werden
können.
Angesichts der vorliegenden, recht überzeugenden Beispiele verwundert es,
dass das Fehlstellenmodell zur Berücksichtigung des statistischen Größenein-
flusses und als Alternative zum gebräuchlichen Rechnen mit Stützziffern bis-
her noch keine breitere praktische Anwendung gefunden hat. Die Einschrän-
kungen, wie sie Heckel und Mitverfasser in [408] vorbringen, dass den Be-
rechnungen auf der Basis der statistischen Fehlstellentheorie bei kritischer
Betrachtungsweise viele Vereinfachungen anhaften, sind dafür sicher nicht al-
lein entscheidend. So u.a. Vereinfachungen bei der Berechnung des Span-
nungsintegrals anhand vereinfachter Finite-Element-Modelle und mit einem
im Vorhinein als bekannt vorauszusetzenden Weibull-Exponenten. Oder auch
die Problematik der Erfassung vergleichbarer Anrisslebensdauern von Proben
variabler Größe. Zu ihr kann angemerkt werden, dass die Anriss- und Bruch-
schwingspielzahlen bei Kleinproben, an denen üblicherweise die Ausgangs-
werte zur Bauteilberechnung bestimmt sind oder werden, nicht sonderlich
weit auseinanderliegen. Die Fehler, die bei Kleinproben mit einer einheit-
lichen Betrachtung der Anrissphase bis zum Restbruch gemacht werden,
sind zumeist vertretbar. Für den größeren, so berechneten Bauteilquerschnitt
bedeuten derart bestimmte Kleinprobenwerte, dass dann die berechnete Le-
bensdauer für einen Anriss gilt, dessen Größe in etwa der Schwingbruchfläche
beim Restbruch der Kleinprobe entspricht.
Es darf auch nicht unbeachtet bleiben, dass der statistische Größeneinfluss
stets im Zusammenhang mit dem technologischen und dem spannungsme-
chanischen und dem oberflächentechnischen Größeneinfluss zu sehen ist
[163, 408], Abschn. 3.1.3. So ist praktisch kaum auszuschließen, dass bei der
größeren Ausführung eines Bauteils andere technologische und fertigungs-
technische Einflüsse bestimmend sind.
Weiterhin bestehen grundsätzliche Schwierigkeit bei der Wahl bzw. Bestim-
mung des jeweils zutreffenden Weibull-Exponenten: Bei einfacher Umrech-
nung aus der Streuspanne TS oder TN (nach Tabelle 5.1–3 im Anhang) kann
sich sehr leicht eine Fehleinschätzung dadurch ergeben, dass die Streuspanne
von Versuchsdaten durch ganz andere Streueinflüsse vergrößert ist, die z.B. in
nicht exakt gleich gehaltenen Versuchsbedingungen oder in einer nicht gleich-
548 3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

artigen Beschaffenheit der Prüfkörper begründet sein mag. Werden derartige


Streueinflüsse für die Bestimmung des Weibull-Exponenten nicht außer Be-
tracht gelassen, dann vergrößern sie den zu errechnenden Größeneinfluss in
unzutreffender Weise. Eine Auswertung oder Umrechnung von Weibull-Expo-
nenten kann deshalb nur mit dem Vorbehalt in Betracht kommen, dass sie zu-
vor zumindest durch Vergleich mit den Erfahrungswerten nach Tabelle 3.5–3
kritisch überprüft worden sind. Allgemein anwendbare Erfahrungswerte für
die Weibull-Exponenten sind aus den bisher vorgenommenen Auswertungen
noch nicht ableitbar.
Nichtsdestoweniger gibt es gute Argumente für die Erwartung, dass das
Fehlstellenmodell zur Beschreibung des statistischen Größeneinflusses zu
einer verbesserten Alternative zum Stützwirkungs-Konzept entwickelt wer-
den kann. Es wäre wünschenswert, wenn das Fehlstellenmodell in naher Zu-
kunft eine stärkere wissenschaftliche Beachtung und damit eine anwendungs-
relevante Weiterentwicklung erfahren würde, damit es auf einer breiter abge-
sicherten Erfahrungsbasis künftig in Regelwerken zur Bauteilberechnung
Eingang finden kann.

3.5.7
Kritik der anzusetzenden Sicherheitszahl
Eine statistische Belegung von Lebensdauerlinien ist heute für jede qualifi-
zierte Betriebsfestigkeits-Untersuchung selbstverständlich. Daneben sind
auch die durch Rechnung, Simulation oder Messung bestimmten Betriebsbe-
anspruchungen mit ihrer statistischen Streuung bzw. mit ihrer statistischen
Unsicherheit in Ansatz zu bringen. Anstelle einer herkömmlichen, meist em-
pirisch abgeleiteten Sicherheitszahl lässt sich dann die in einem Betriebsfes-
tigkeits-Nachweis anzusetzende Sicherheitszahl statistisch begründet und
fallbezogen in Abhängigkeit von einem als vertretbar angesehenen Wert der
Ausfallwahrscheinlichkeit ableiten. Mit den Ausführungen im Abschn. 3.5
wird dazu eine in sich geschlossene und praktisch bewährte Konzeption mit
ihren statistischen Grundlagen dargestellt. Sie erweist sich in bester Überein-
stimmung mit den Grundsätzen eines ingenieurmäßigen Sicherheitsdenkens.
Die statistisch begründete Sicherheitszahl ist als eine Mindest-Sicherheits-
zahl anzusehen. Sofern ihrer Ableitung die tatsächliche, aus einer Messung
nach Mittelwert und Streubreite bestimmte Betriebsbeanspruchung zugrun-
de liegt und die ertragbare Spannungsamplitude in Betriebsfestigkeits-Versu-
chen mit dem Originalbauteil für das betreffende Beanspruchungskollektiv
auf statistisch verlässliche Weise bestimmt ist, bedarf es im Grunde keiner
weiteren Sicherheitszuschläge.
Auf Seiten der Schwingfestigkeit bzw. der Lebensdauer stellt sich in diesem
Zusammenhang die Frage nach den unteren Extremwerten der Lebensdauer-
Streuverteilung. Mit Abschn. 3.5.2 wird dazu aufgezeigt, wie sich Maßnahmen
der Qualitätssicherung auf die anzusetzende Sicherheitszahl und damit auf
die ausnutzbare Lebensdauer auswirken. Der dort angegebene Berechnungs-
3.5.7 Kritik der anzusetzenden Sicherheitszahl 549

ansatz gestattet, die Auswirkung qualitätssichernder Maßnahmen zu quanti-


fizieren.
Bei den üblicherweise verfügbaren Daten zur Schwingfestigkeit und insbe-
sondere bei einem experimentellen Betriebsfestigkeits-Nachweis anhand auf-
wendiger Bauteil- oder Baugruppen-Versuche handelt es sich in aller Regel,
statistisch gesehen, um extrem kleine Stichproben. Um in solchen Fällen den-
noch zu einer Aussage über die Ausfallwahrscheinlichkeit zu gelangen, muss
nicht allein von einer Annahme über die Form der Streuverteilung ausgegan-
gen, sondern auch noch eine Annahme über deren Standardabweichung ge-
troffen werden. Diese Annahmen können sich auf verfügbare Erfahrungswer-
te abstützen, Abschn. 3.5.5. Und außerdem müssen die Zufälligkeiten des
Mittelwertes kleiner Stichproben bedacht und in geeigneter Weise abgedeckt
werden, Abschn. 3.5.4.
Auf Seiten der einwirkenden Betriebsbeanspruchung geht die Frage dahin,
mit welcher Wahrscheinlichkeit die angesetzten Beanspruchungen im prakti-
schen Betrieb auftreten können: entsprechen sie durchschnittlichen oder ex-
tremalen Bedingungen? Häufig kommt es diesbezüglich zu Schwierigkeiten,
weil eine unzureichende Kenntnis über die anzusetzende Streuverteilung der
Betriebsbeanspruchungen besteht. Mit einer vereinfachenden Berechnung
der Ausfallwahrscheinlichkeit, Abschn. 3.5.1, wird ein Ausweg aus diesen
Schwierigkeiten gezeigt, wenn in der bewährten ingenieurmäßigen Denk-
weise für den Betriebsfestigkeits-Nachweis von den Lastannahmen für ver-
gleichsweise ungünstige Betriebsbedingungen ausgegangen wird.
Die vereinfachende Berechnung sollte allerdings nur ein Ausweg aus den
Schwierigkeiten bleiben, die durch eine unzureichende Kenntnis der Betriebs-
beanspruchungen entstehen. Ausführliche Beanspruchungsmessungen an der
ausgeführten Konstruktion, die diese Schwierigkeiten beseitigen, sind ohne
Zweifel der richtigere Weg, um die Schwingbruchsicherheit eines schwingbe-
anspruchten Bauteils nachzuweisen, Abschn. 3.5.3. Denn eine Fehleinschät-
zung der auftretenden Beanspruchungen hat sich bisher weit häufiger als die
Ursache von Betriebsbrüchen erwiesen, als eine Fehleinschätzung der ertrag-
baren Schwingbeanspruchung.
Eine systematische Fehleinschätzung von Einflussgrößen wird verständli-
cherweise von einer statistisch begründeten Mindest-Sicherheitszahl nicht
abgedeckt. Dazu müssten zusätzliche Sicherheitszuschläge in einer angemes-
senen Größe in Ansatz kommen. Beispielsweise kann es erforderlich sein, den
Unsicherheiten einer rechnerisch abgeschätzten Betriebsbeanspruchung oder
eines durch Vergleichsbetrachtung abgeleiteten Schwingfestigkeitswertes
über einen solchen Sicherheitszuschlag Rechnung zu tragen.
4 Praktische Umsetzung
des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

4.1
Abzuhandelnde Teilaufgaben als Leitlinie des Vorgehens
4.1.1
Festlegen der Anforderungen und der Vorgehensweise

Teilaufgabe 1: Ist über die Notwendigkeit eines Betriebsfestigkeits-Nachwei-


ses im Grundsatz befunden, so sind dazu als Anforderungen
die nachzuweisende Lebensdauer bei bezifferter Ausfall-
wahrscheinlichkeit für die gleichfalls vorzugebenden Be-
triebsbedingungen festzulegen. Sodann bleibt über die geeig-
nete Vorgehensweise zu entscheiden.
Mit einem Festlegen der Anforderungen im Sinne dieser Formulierung werden
eindeutige Vorgaben gemacht, die sodann als Zielvorgaben für die Konstruk-
tion und für den Betriebsfestigkeits-Nachweis dienen. Die in Tabelle 1.1–2 auf-
gelisteten Teilaufgaben bieten dazu eine Leitlinie des sachgemäßen Vorgehens.
Auf bestimmten Anwendungsgebieten ist der Betriebsfestigkeits-Nachweis
durch Normen, Vorschriften oder Richtlinien geregelt. Diese sind dann maß-
gebend. In einem wohlverstandenen Anwender- wie Herstellerinteresse kann
es aber angezeigt sein, über die bindenden Normen, Vorschriften und Richtli-
nien hinausgehende Untersuchungen zur Betriebsfestigkeit zu machen. In die-
sen und in allen anderen Fällen außerhalb des Geltungsbereichs einschlägiger
Normen, Vorschriften und Richtlinien bleibt es freigestellt, welche Zielvorga-
ben als Anforderungen für den Betriebsfestigkeits-Nachweis gemacht werden
und wie diesen Zielvorgaben entsprochen wird.

Entscheidung über die Vorgehensweise


Für eine zielgerichtete und in sich geschlossene Nachweisführung empfiehlt es
sich, auch eine Entscheidung über die Vorgehensweise in der Art zu treffen,
dass über den vertretbaren Aufwand an Zeit und Kosten und dementspre-
chend über die erreichbare Ausführlichkeit und Aussageschärfe des Nachwei-
ses Klarheit besteht, Abschn. 4.5.1. Die verfügbaren Verfahren der Betriebs-
festigkeit bieten durchaus verschiedenartige Möglichkeiten, um einen Nach-
weis unter diesbezüglichen Vorgaben zu führen. Diese Möglichkeiten reichen
552 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Tabelle 4.1–1. Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit

Bestimmungsgrößen Rechnerische Abschätzung Umfangreichere Berechnung

Betriebsbelastung Kollektiv-Höchstwert aus Dig. Simulation, quasistatisch.


Nennbelastung und Last- Digitale Simulation,
faktor. dynamisch.
Beanspruchungs- Gesamthäufigkeit und Digitale Simulation,
kollektiv Kollektivform nach dynamisch.
Erfahrung. Stochastische Schwingungs-
rechnung
Spannungszustand Nennspannung, Haupt- Spannungsanalyse nach
spannungen, Kerbspannung. Finite- o. Boundary-Element-
Methode.
Spannungsverteilung Formzahl aus Diagramm Elastische oder elastisch-
oder aus Tabellen. plastische Beanspruchungs-
analyse.
Rissgeometrie Maximale Rissgröße, Berechnung des
Spannungszustand. Spannungsintensitätsfaktors.
Spannungsintensitäts- Geometriefaktor, nach Finite- oder Boundary-
faktor Spannungsintensitätsfaktor. Element-Methode.
Werkstoffeigenschaften Wöhlerlinie für Werkstoff Festigkeits-Hypothesen.
und Bauteil, Einfluss von Elastisch-plastisches
Gestaltfestigkeit Formzahl, Mittelspannung, Werkstoffverhalten.
Fertigung, Umgebung. Datenbank-Auswertungen.
Betriebsfestigkeit Wöhler- und Lebensdauer- Reihenfolgeabh. Schädigungs-
linie. Erfahrungswerte. akkumulations-Rechnung.
Schädigungsakkumulation Wöhlerlinie u. Miner- Korrektur über Eigen-
Rechnung. spannungen.
Rechteck-Ersatzkollektiv. Amplitudentransformation.
Rissfortschritt Rissfortschrittsdaten da /dn, Rissfortschritt bei betriebs-
Rissfortschrittsberechnung. ähnlicher Belastungsfolge.
Restlebensdauer Wöhlerlinie des angerisse- Berücksichtigung von
nen Bauteils und Miner- Reihenfolgeeinflüssen.
Rechnung.
Schwingbruchsicherheit Statistisch begründete Wahrscheinlichkeits-Integral.
Sicherheitszahlen.
Ausfallwahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeitsbezogene Sicherheitsbetrachtung
ausgehend von Mittelwert, Standardabweichung und
unterem Extremwert.

– von rechnerischen Untersuchungen in der Form einfacher Abschätzungen


oder in der Form umfänglicher Berechnungen, Tabelle 4.1–1,
– über experimentelle Untersuchungen an einem Modell oder am ausgeführ-
ten Bauteil, Tabelle 4.1–2,
– bis zu experimentellen Untersuchungen an der ausgeführten Konstruktion
in ihrem versuchsmäßigen oder ihrem betrieblichen Einsatz, Tabelle 4.1–3.
4.1.1 Festlegen der Anforderungen und der Vorgehensweise 553

Tabelle 4.1–2. Experimentelle Verfahren der Betriebsfestigkeit, Untersuchungen am Modell


oder Bauteil

Bestimmungsgrößen Untersuchungen am Model Untersuchungen am Bauteil

Betriebsbelastung
Beanspruchungskollektiv
Spannungszustand Spannungsoptik, Fotostress. Experimentelle Spannungs-
Modell oder Bauteilausschnitt analyse mit Dehnungs-
messstreifen.
Spannungsverteilung mit Dehnungsmessstreifen. Reißlack, Fotostress.
Rissgeometrie Anfangs-Rissgröße nach
Maximalwert und Streuver-
teilung.
Spannungsintensitäts- Experimentelle Bestimmung
faktor des Spannungsintensitäts-
faktors.
Werkstoffeigenschaften Wöhlerversuche und Betriebsfestigkeitsversuche
mit Standard-Lastfolgen oder sonstigen typischen Lastfolgen
Gestaltfestigkeit an Formelementen. am Original-Bauteil.
Betriebsfestigkeit Wöhlerversuche und Betriebsfestigkeitsversuche
mit Standard-Lastfolgen oder betriebsähnlichen Lastfolgen.
Schädigungsakkumulation Systematische Versuche an Betriebslasten-Nachfahrvers.
Prüfstäben und Formele- Exp. Lebensdauer-Nachweis.
menten.
Rissfortschritt Rissfortschrittsuntersuchungen.
Restlebensdauer Bestimmung der Restlebensdauer in Wöhler- und Betriebs-
festigkeits-Versuchen.
Schwingbruchsicherheit Qualitätsprüfung.
Ausfallwahrscheinlichkeit Streuanalyse.

Einschränkende Randbedingungen
Die Unterscheidung von rechnerischen Verfahren und von experimentellen
Verfahren ist insofern zweckmäßig, als für ein Behandeln von Betriebsfestig-
keits-Fragen im Rahmen des Konstruktionsprozesses vorrangig rechnerische
Verfahren in Betracht kommen.
Praktische Schwierigkeiten bei der Anwendung rechnerischer Verfahren
können aus der Frage entstehen, wie oder woher die benötigten Eingangsda-
ten der Berechnung verlässlich zu gewinnen sind, Abschn. 4.3.3. Insofern wird
das zweckmäßige Vorgehen auch von den jeweils verfügbaren bzw. beschaff-
baren Arbeitsunterlagen bestimmt.
Häufig muss wegen fehlender Unterlagen eine Berechnung unter zweck-
entsprechenden Annahmen durchgeführt werden. Erweist sich das damit er-
zielbare Ergebnis als kritisch oder ist es wegen zu unsicherer Annahmen nicht
554 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Tabelle 4.1–3. Experimentelle Verfahren der Betriebsfestigkeit, Untersuchungen an der aus-


geführten Konstruktion
Bestimmungsgrößen Untersuchungen an der ausgeführten Konstruktion
im Versuch im Betrieb

Betriebsbelastung Experimentelle Betriebslasten-Analyse,


Last-Zeit-Funktionen, Leistungsspektren.
Beanspruchungskollektiv Teilkollektive für Repräsentative
besondere Betriebszustände. Gesamtkollektive.
Spannungszustand Örtliche Spannungsmessungen mit Dehnungsmessstreifen.
Örtliches Beanspruchungskollektiv aus mehreren Last-
wirkungen.
Spannungsverteilung Messung bei Probebelastung.
Rissgeometrie Rissgrößen-Messung nach zerstörungsfreien Verfahren.
Spannungsintensitätsfaktor
Werkstoffeigenschaften
Gestaltfestigkeit Prüffeld-Dauer-Erprobung. Betriebsüberwachung
Betriebsfestigkeit Auswerten der Betriebs-
erfahrung.
Betriebsfestigkeits-Versuche
Schädigungsakkumulation im Labor unter
mehrachsialer Belastung.
Rissfortschritt Rissfortschrittsmessungen.
Restlebensdauer Periodische Inspektionen.
Schwingbruchsicherheit Schadensanalyse. Schadensanalyse.
Ausfallwahrscheinlichkeit Schadensstatistik.

eindeutig auf der sicheren Seite einzuschätzen, Abschn. 4.1.7, so empfiehlt es


sich, eine experimentelle Überprüfung der getroffenen Annahmen einzulei-
ten,Abschn. 2.1 bis 2.4. Gerade auch die häufig anzutreffenden Unsicherheiten
der Lastannahmen lassen sich durch eine nachträgliche Messung an der aus-
geführten Konstruktion beheben, zumal eine solche Messung zerstörungsfrei
durchführbar ist und sich meist auch noch für Folgekonstruktionen als aussa-
gefähig erweist, Abschn. 4.1.3.
Auch in Fällen von besonderer Bedeutung für das gewählte Konstruktions-
prinzip und seine Betriebsbewährung werden sinnvollerweise über die Be-
rechnung hinausgehend, experimentelle Untersuchungen vorgesehen, Ab-
schn. 4.3.2. Ihre Planung und Durchführung verlangt eine Zusammenarbeit
des Konstrukteurs mit dem Betriebsfestigkeits-Fachmann, der über geeignete
Versuchseinrichtungen verfügt. Dem oft erheblichen Zeitbedarf der experi-
mentellen Verfahren bleibt durch eine frühzeitige Veranlassung der experi-
mentellen Untersuchung Rechnung zu tragen.
4.1.2 Erkennen der schwingbruchkritischen Querschnitte 555

4.1.2
Erkennen der schwingbruchkritischen Querschnitte

Teilaufgabe 2: Im Einzelfall gilt es, mit hoher Verlässlichkeit alle schwing-


bruchgefährdeten Querschnitte der betrachteten Konstruk-
tion zu erkennen.

Wie die Erfahrung zeigt, sind Schwingbrüche nur selten aus einer Unterbe-
messung der tragenden Querschnitte bedingt. Weit häufiger entstehen sie
durch eine konstruktiv oder fertigungstechnisch ungünstige Ausbildung
schwingbruchkritischer Details wie auch aus einer Fehleinschätzung der dort
wirksamen Schwingbeanspruchung.
Im Gegensatz zum allgemeinen Spannungsnachweis, für den im Grenzzu-
stand der Tragfähigkeit bei zähen Werkstoffen ein Spannungsausgleich über
den Querschnitt unterstellt werden darf, ist für den Betriebsfestigkeits-Nach-
weis zu bedenken, dass er sich als ein örtliches Festigkeitsproblem darstellt,
bei dem die Kerbspannung als örtlich maximale Beanspruchung eines Quer-
schnitts für die Schwingbruchgefahr bestimmend ist.
Für ein erfolgreiches Abhandeln von Betriebsfestigkeitsfragen ergibt sich
daraus die primäre Forderung, alle diejenigen Querschnitte und System-
punkte der Konstruktion zu erkennen, die sich als schwingbruchkritisch er-
weisen könnten.
Im Allgemeinen darf unterstellt werden, dass sich der Konstrukteur recht
gut über die kritischen Querschnitte und Systempunkte seiner Konstruktion
im Klaren ist; auf seinen Rat sollte bei der Entscheidung über nachzuweisen-
de Querschnitte nicht verzichtet werden. Nach den vorliegenden Schadens-
statistiken, Tabelle 1.1–1, verdienen die erfahrungsgemäß schwingbruchge-
fährdeten Bauteile wie Wellen und Achsen oder Bauteile mit Schweiß-,
Schrauben- oder Nietverbindungen ein besonderes Augenmerk. Darüber
hinaus sind es ganz allgemein die Querschnitte
– an Kerbstellen,
– an Stellen mit Kantenpressung,
– an Krafteinleitungsstellen,
– an Steifigkeitssprüngen,
– an Ecken und Abwinklungen sowie
– an Schweiß-, Schrauben- oder Nietverbindungen.
Oder auch Querschnitte,
– in denen die einwirkenden Schnittkräfte ein Maximum haben,
– in denen das Tragverhalten durch verminderte Abmessungen geschwächt
ist,
– in denen eine Zusatzbiegung durch außermittigen Kraftangriff entsteht,
– in denen sich Verformungen der Struktur konzentrieren, oder
– in denen mit verminderten Festigkeitseigenschaften zu rechnen ist.
556 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Abb. 4.1–1a, b. Veranschau- a b


lichung einer überlagerten
Kerbwirkung anhand der
a ungünstigen und b güns-
tigen Anordnung von
Schraubenlöchern am Rand
des kreisförmigen Aus-
schnitts in einem einachsig
beanspruchten Blechfeld

Als potenzielle Stellen eines Schwingbruchs erweisen sich immer wieder


Querschnitte mit einer überlagerten Kerbwirkung derart, dass in einem über-
höhten Kerbspannungsfeld eine zusätzliche Kerbe vorliegt. Anhand von
Abb. 4.1–1 sei dieser Sachverhalt veranschaulicht: Ein einachsig beanspruch-
tes Blechfeld weist einen kreisförmigen Ausschnitt für den Flanschanschluss
einer Pumpe auf. Bei der Anordnung der Schraubenlöcher nach Abb. 4.1–1a
fallen diese als zusätzliche Kerben annähernd mit dem Kerbspannungsmaxi-
mum des Ausschnittes zusammen. Die Kerbspannungsverteilung durch den
Ausschnitt gilt dann gewissermaßen als „Nennspannung“ für die Schrauben-
löcher und wird um deren Formzahl ak = 2,5 schätzungsweise auf einen Wert
ak = 6,5 erhöht. Der Schwingbruch dieser Konstruktion ist vorprogrammiert,
wenn bei ihrer Auslegung lediglich die Formzahl ak = 3,0 des Ausschnitts an-
gesetzt wurde. Wird jedoch nach Abb. 4.1–1b die Verteilung der Kerbspan-
nung am Rand des Ausschnitts bedacht, so erweist sich ein um 45° gedrehtes
Lochbild als geeignete und einfache Maßnahme, um eine überlagerte Kerb-
wirkung zu vermeiden.
Eine überlagerte Kerbwirkung ist aber keineswegs auf Sonderfälle be-
schränkt. Übliche Beispiele sind eine Passfedernut, die bis in den Hohlkehl-
übergang der Welle reicht, eine im hochbeanspruchten Querschnitt angeord-
nete Ölbohrung, eine Schweißnaht, die an einer Kerbstelle endet, und diese
Aufzählung ließe sich nahezu beliebig ergänzen.
Leider fehlt bislang zu der Vielfalt schwingbruchkritischer Details eine
weitergehende methodische Aufarbeitung des vorliegenden Erfahrungswis-
sens, z.B. in Form eines strukturierten Katalogs und ergänzender Checklisten.
Es sind deshalb kaum allgemeinverbindliche Hinweise möglich. Allenfalls
lässt sich anführen, dass durch ein methodisches Vorgehen im Konstruktions-
prozess auch dem geforderten Erkennen von Schwachstellen mehr oder weni-
ger zwangsläufig entsprochen wird, Abschn. 4.3.1.
Aufgrund zahlreicher negativer Erfahrungen muss hingegen nachdringlich
gewarnt werden vor einer Vorgehensweise, bei der über die als kritisch zu
betrachtenden Querschnitte oder Detailbereiche ausschließlich anhand einer
Finite-Element-Beanspruchungsanalyse befunden werden soll. Denn diese
Vorgehensweise beinhaltet die Gefahr, dass kritische Stellen einer Konstruk-
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten 557

tion übersehen werden. Allenfalls ist diese Vorgehensweise vertretbar, wenn


schon die erste Finite-Element-Berechnung mit einer hinreichend feinen Ele-
mentstruktur vorgenommen wird, die alle Einzelheiten der Struktur abbildet.
Im Allgemeinen wird aber ein erster Berechnungsschritt mit einer relativ gro-
ben Elementierung für die Gesamtstruktur vorgenommen, aus der erforder-
lichenfalls die Randbedingungen für verfeinerte Substrukturen abgeleitet
werden, Abschn. 3.1.2. Werden jedoch etwaige kritische Details in der Grob-
struktur nicht dargestellt, gibt das damit erhaltene Ergebnis auch keinen An-
lass, deren Bereiche in Substrukturen genauer zu erfassen. Die betreffenden
Details werden damit auch nicht als möglicherweise kritische Stellen erkenn-
bar werden.
Im Prinzip bleibt es also der Sorgfalt und Sachkenntnis des Konstrukteurs
und des Berechnungsingenieurs überlassen, dass alle schwingbruchgefährde-
ten Querschnitte verlässlich erkannt werden.
Die seinerzeitigen, durch unerwartete Schwinganrisse in Fensterausschnit-
ten verursachten Abstürze der Comet-Flugzeuge [414] sind ein Beispiel für
das aus einer unerkannten Schwachstelle entstehende Risiko. Um es zu ver-
ringern, werden in Ergänzungen der Bauteil- und Baugruppen-Prüfung oft
umfangreiche Untersuchungen an der Gesamtkonstruktion als notwendig
erachtet, Abschn. 4.4.3.

4.1.3
Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten

Teilaufgabe 3: Für jeden schwingbruchkritischen Querschnitt sind die ein-


wirkenden Betriebslasten nach Größe, Häufigkeit und Wir-
kungsrichtung zu bestimmen.

Bestimmen der anzusetzenden Maximallast


Das Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten führt als Erstes auf die Frage
nach der Maximallast, die für den Maximalspannungs-Nachweis anzusetzen
ist. Denn die anzusetzende Maximallast ist in erster Linie für die Bemessung
des betreffenden Querschnitts bestimmend. Insofern muss einem Betriebsfes-
tigkeits-Nachweis grundsätzlich ein Maximalspannungs-Nachweis vorange-
hen, weil ein Bauteil in jedem Fall der denkbar auftretenden Maximallast ge-
wachsen sein muss; erst dann ist es sinnvoll, über sein Betriebsfestigkeitsver-
halten zu befinden. Diese Rangfolge ist beispielsweise in den Regelwerken des
Stahlbaus, des Flugzeugbaus, des Schiffbaus und des Kranbaus mit entspre-
chenden Vorgaben zur Höhe der anzusetzenden Maximallasten verankert.Auf
anderen Anwendungsgebieten sind die anzusetzenden Maximallasten fall-
weise festzulegen, wobei nicht nur alle betrieblichen Lastfälle, sondern auch
solche des Transportes und der Montage und der Abnahmeprüfungen, wie
auch etwaige Lastfälle eines nicht auszuschließenden Missbrauchs in Betracht
zu ziehen sind.
558 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Die anzusetzende Maximallast kann beispielsweise gegeben sein


– als Vielfaches der Nennlast gemäß einer geltenden Vorschrift,
– als Vielfaches der Bruchlast eines anderen Bauteils (Sollbruchstelle),
– als Grenzlast aus der Standsicherheit, z.B. eines Mobilkranes,
– als Grenzwert der Betriebslasten, z.B. Maximaldruck oder Füllstand,
– als Maximalwert aus dem denkbar ungünstigsten Zusammenwirken aller
Lasten, oder
– als Maximalwert aus einem Sonderlastfall, z.B. bei Transport oder Mon-
tage.
Im Hinblick auf den Betriebsfestigkeits-Nachweis interessiert sodann, mit
welcher Häufigkeit diese Maximallast innerhalb der Nutzungsdauer auftritt,
und ob bzw. mit welcher Häufigkeit und Lastrichtung noch andere extreme
Lasten aus anderen Lastfällen auftreten.
Sind die Maximallast und die übrigen Extremlasten als unwahrscheinlich
oder äußerst selten einzuschätzen, so sind sie in der Regel nur für den Maxi-
malspannungs-Nachweis (statischer Nachweis, Traglast-Nachweis, Stabilitäts-
Nachweis) entscheidend, aber für den Betriebsfestigkeits-Nachweis von nach-
rangiger Bedeutung. Nach heutiger Einschätzung dürfen Extremlasten, die
weniger als 100-mal während der Nutzungsdauer zu erwarten sind, für den
Betriebsfestigkeits-Nachweis in ihrer Größe auf den Kollektivhöchstwert zu-
rückgenommen werden [171].
Eine zwingend vorgeschriebene einmalige (überhöhte) Probebelastung vor
Inbetriebnahme kann aber z.B. einen Eigenspannungsabbau bewirken und
insofern bedeutsam sein. Ebenso könnte eine auch nur gelegentliche Belas-
tung entgegen der üblichen Lastrichtung von ähnlich nachteiliger Auswirkung
auf die Lebensdauer sein, wie das Boden-Luft-Lastspiel in einer Einzelflug-
Lastfolge, Abschn. 2.4.1.

Bestimmen des Kollektivhöchstwertes


Im Unterschied zur anzusetzenden Maximallast bestimmt sich der positive
und der negative Höchstwert des Lastkollektivs aus den Lasten, die als größte
Ober- und Unterwerte im regulären Betrieb mit nennenswerter Häufigkeit
auftreten.
Der Höchstwert des Amplitudenkollektivs, der sich aus diesen größten
Ober- und Unterwerten des Lastkollektivs ergibt, soll dabei nach Abschn. 2.2.1
dahingehend definiert sein, dass er mit einer relativen Häufigkeit von 1:106 im
Beanspruchungsablauf auftritt. Gegebenenfalls ist dazu die Extrapolation
eines gemessenen Lastkollektivs vorzunehmen, Abschn. 3.3.4. In jedem Fall
gilt dabei die zuvor bestimmte Maximallast als eine Obergrenze für den Kol-
lektivhöchstwert.
Anhand der Lastamplitude und der Häufigkeit, mit der der so definierte
Kollektivhöchstwert innerhalb der Nutzungsdauer auftritt, lässt sich sodann
entscheiden, ob entsprechend Abschn. 1.1.3 die Voraussetzungen
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten 559

– für einen Dauerfestigkeits-Nachweis,


– für einen Zeitfestigkeits-Nachweis oder
– für einen Betriebsfestigkeits-Nachweis
vorliegen: Tritt der Kollektivhöchstwert in der vorgegebenen Nutzungsdauer
mit einer Häufigkeit größer als 106 auf, so ist der Betriebsfestigkeits-Nachweis
als Dauerfestigkeits-Nachweis zu führen, und zwar unabhängig von der Häu-
figkeit der insgesamt auftretenden Lastamplituden.
Über diesen abgrenzbaren Sonderfall hinaus besteht für die Belange eines
Zeitfestigkeits- oder Betriebsfestigkeits-Nachweises und deren Abgrenzung
nach Abschn. 1.1.3 bzw. 2.2.3 das Ziel einer weitergehenden Betriebslasten-
Analyse und Auswertung in einer für das Werkstoffverhalten aussagefähigen
Beschreibung auch aller übrigen auftretenden Schwingbeanspruchungen
nach Größe und Häufigkeit
– in der Form eines Beanspruchungskollektivs oder einer Rainflow-Matrix,
– in der Form einer sequentiellen Folge von Ober- und Unterlasten oder
– in der Form einer kennzeichnenden Beanspruchungs-Zeit-Funktion.
Verschiedene Vorgehensweisen und Verfahren kommen zur Lösung dieser
Teilaufgabe in Betracht. In den Abschn. 2.2–2.4, 3.2.3–3.2.6, 3.2.10 und 3.3.4
sind diese Vorgehensweisen und die dazu getroffenen Festlegungen abgehan-
delt. Typisierte Kollektive sind mit ihren Daten im Anhang 5.2 aufgelistet. Zur
rechnerischen Ermittlung eines Beanspruchungskollektivs wurden mit dem
Entwurf für DIN 15017 [415] einige richtungsweisende Ansätze entwickelt.
Eine andere Handhabung dieser Teilaufgabe stellt die Ableitung von Standard-
Lastfolgen dar, wie sie am Beispiel der Standard-Lastfolge Twist beschrieben
ist, Abschn. 2.4.2. Weiterhin sind für Anwendungen im Fahrzeugbau, Flug-
zeugbau und Walzwerkbau u.a. die speziellen Standard-Lastfolgen Falstaff,
Carlos und Wawesta zu nennen, s. Abschn. 5.2 [446–462].
Dabei ist die gewählte bzw. die zu wählende Art der Darstellung und Be-
schreibung der auftretenden Betriebslasten entscheidend, welche Verfahren
und Vorgehensweisen des Weiteren in Betracht kommen. Denn wie zu den ex-
perimentellen und den rechnerischen Verfahren der Betriebsfestigkeit in den
Kap. 2 und 3 dargelegt, setzen die einzelnen Verfahren eine jeweils spezifische
Form zur Beschreibung der einwirkenden Beanspruchung voraus.

Rechnerische Abschätzung des Kollektivs


Je nach vorliegender Erfahrung kann eine Abschätzung des Kollektivs unter
mehr oder weniger weitgehenden Vereinfachungen geschehen, je nachdem ob
nur die Kollektivform oder die Kollektivform samt Kollektivumfang als be-
kannt vorausgesetzt werden dürfen. Folgende Möglichkeiten sind gegeben:
Abschätzen von
– Kollektivhöchstwert, Kollektivumfang, Kollektivform,
– Kollektivhöchstwert, Kollektivumfang, (Kollektivform bekannt)
560 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

– Kollektivhöchstwert, (Kollektivumfang und Kollektivform bekannt).


– eines Einstufen-Ersatz-Kollektivs.
Im einfachsten Fall gelingt eine rechnerische Abschätzung des Kollektivs,
wenn die Kollektivform als bekannt unterstellt werden darf und mithin ledig-
lich der Kollektiv-Höchstwert aus der vorgegebenen Nennbelastung mit ei-
nem nach Erfahrung bekannten Lastfaktor und die Gesamthäufigkeit aus der
vorgegebenen Nutzungsdauer mit einem nach Erfahrung bekannten Häufig-
keitsfaktor abzuschätzen bleibt. Diese Art des Vorgehens liegt beispielsweise
der DIN 15018 [41] zugrunde.
Statt mittels Lastfaktor zunächst auf das Lastkollektiv zu schließen, kann
die Abschätzung auch unmittelbar auf das Beanspruchungskollektiv abzielen,
was nur einen geeigneten Faktor zur Umrechnung zwischen Last und Span-
nung bedingt.Als Beispiel zeigt Abb. 4.1–2 die für die Felge und Schüssel eines
Fahrzeugrades abgeschätzten Kollektive im Vergleich zu den gemessenen.
Eine weitere Art der Abschätzung lässt sich für Anlagen mit festen, sich stets
wiederholenden Arbeitsspielen vornehmen. So stellt sich ein Arbeitsspiel der
Hochregal-Anlage für Luftfrachtpaletten mit folgendem Ablauf dar: anheben,
verfahren horizontal, verfahren vertikal, absetzen, verfahren horizontal, ver-
fahren vertikal, usw. Damit, sowie aus den unterschiedlichen Gewichten und
aus der Anzahl der bewegten Paletten, lassen sich recht zutreffend die Kollek-
tive der Tragstruktur, der Antriebe sowie der Aufnahme- und Absetzmechanik
abschätzen.

Digitale Simulation quasistatischer Belastungen


Eine Weiterentwicklung dieses Gedankens führt auf die digitale Simulation
des Belastungsablaufs mit anschließender Ermittlung des Kollektivs nach

Abb. 4.1–2. Mit Spannungsfaktoren aus einem Abrollversuch konstruierte Spannungskol-


lektive im Vergleich zu den aus einer Messung abgeleiteten Spannungskollektiven für die
Felge und die Schüssel eines Fahrzeugrades, nach Grubisic
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten 561

beliebigen Zählverfahren. Für den Fall quasistatischer Belastungen sei


diese Möglichkeit an einem Simulationsprogramm für die Verkehrslasten
und Verkehrsbeanspruchungen in den Baugliedern von Brücken erläutert
[416, 417]:
Anhand einer Auswahltabelle der zu berücksichtigenden Fahrzeugtypen
und ihres Beladezustandes, ihrer anteiligen Häufigkeiten sowie der Fahrzeug-
abstände wird bei diesem Programm eine zufallsartige Fahrzeugfolge erzeugt.
Zusammen mit den fahrzeugtypischen Achsanordnungen folgt daraus die zu-
gehörige Achslastfolge. Die konstruktiven Eigenschaften des betrachteten
Brückengliedes werden durch seine Einflusslinie vorgegeben. Über diese Ein-
flusslinie bewegt sich die erzeugte Achslastfolge in programmierten Schritten.
Je nach vorgegebener Art der Einflusslinie kann sich das Ergebnis der Simula-
tion auf die auftretenden Lasten, Schnittkräfte, Spannungen oder Verformun-
gen beziehen und ihr so gewonnener Ablauf per Zählverfahren in ein Kollek-
tiv umgesetzt werden. Um dynamischen Einflüssen Rechnung zu tragen, wer-
den die Einflusslinien entsprechend den für Brücken bekannten Schwingbei-
werten verändert.
Abbildung 4.1–3 veranschaulicht das Ergebnis einer Simulation für die Bie-
gespannung im Längsträger einer Straßenbrücke in einer Gegenüberstellung
mit den gemessenen Kollektiven nach dem Klassendurchgangsverfahren und
dem Spannenpaarverfahren. Die daraus ersichtlichen Unterschiede erklären
sich aus dem quasistatischen Charakter der Simulation, die nur die einge-

Abb. 4.1–3. Vergleich der durch Messung und durch Simulation ermittelten Kollektive nach
dem Klassendurchgangs-Verfahren und nach dem Spannenpaar-Verfahren für den Längs-
träger einer Straßenbrücke [417]
562 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

prägten Vorgänge, aber nicht die dadurch ausgelösten Schwingungsvorgänge


berücksichtigt. Mit dieser im vorliegenden Anwendungsfall unbedeutenden
Einschränkung erwies sich das Simulationsprogramm nicht allein zur Nach-
stellung gemessener Kollektive geeignet, sondern ganz allgemein, um z.B. Da-
ten für einen hypothetischen Verkehr der Zukunft oder Daten für systema-
tisch veränderte Formen von Einflusslinien zu erarbeiten.

Digitale Simulation des dynamischen Systemverhaltens


Wird der Belastungsablauf durch nicht vernachlässigbare dynamische Ein-
flüsse geprägt, so kommen die Verfahren der Mehrkörper-Simulation (MKS)
zum Erfassen des dynamischen Systemverhaltens in Betracht. Ihre Grund-
lagen sind nicht neu, ihre Anwendung verlangt jedoch den Rechnereinsatz.
Ihre Umsetzung in fachspezifische Arbeitsmethoden hat inzwischen einen be-
achtlich hohen Entwicklungsstand erreicht. Die Entwicklung vollzog sich ins-
besondere auf der Software-Seite mit anwenderfreundlichen Bedienoberflä-
chen, u.a. für den Automobilbau, den Motorenbau, die Antriebstechnik, den
Flugzeugbau, den Schienenfahrzeugbau, wie auch für den allgemeinen Ma-
schinenbau [418, 419].
Das betrachtete System wird für die Simulation als ein dynamisches Modell
aus Massen, Federn und Dämpferelementen aufgefasst, Abb. 4.1–4, und ma-
thematisch durch ein gekoppeltes System von Differentialgleichungen und al-
gebraische Gleichungen abgebildet, wobei die algebraischen Gleichungen die
kinematischen Bindungen der einzelnen Elemente sowie die Lagerungsbedin-
gungen beschreiben. Die Lösung dieses Gleichungssystems für vorgegebene
Anfangsbedingungen und Zeitverläufe der Systemeingangsgrößen gestattet,
den zeitlichen Ablauf der Bewegungsgrößen und der Schnittkräfte zu gewin-
nen [420].
Das Aufstellen und Lösen des Gleichungssystems wird von den heute ver-
fügbaren Programmsystemen anhand von einfachen grafischen und numeri-
schen Bildschirmeingaben im Hintergrund ausgeführt, so dass der Anwender
nicht mehr mit diesen mechanisch und mathematisch anspruchsvollen Arbei-
ten gefordert ist. Analytische Lösungen sind nur für lineare Systeme möglich
und nur für einfache Systeme praktikabel. Für umfangreichere Systeme und
insbesondere für nicht-lineare Systeme geschieht die Lösung des Gleichungs-
systems durch numerische Simulation.
Allerdings beanspruchen diese Simulationsrechnungen selbst auf leis-
tungsfähigen Rechnern erhebliche Rechenzeit, so dass sie praktisch nur für
vergleichsweise kurze Abläufe einer bestimmten Belastungssituation oder für
ein Arbeitsspiel vorgenommen werden. Solche kurzen Abläufe genügen auch
dem meist primären Zweck, über die Ermittlung der Eigenfrequenzen und
Eigenmoden das dynamische Systemverhalten zu analysieren und über des-
sen mögliche Optimierung zu entscheiden.
Die Anwendung von Simulationsprogrammen gehört beispielsweise für die
Auslegung großer Antriebe bereits seit längerem zur betrieblichen Praxis
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten

b
563

Abb. 4.1–4. Abbildung eines Walzwerksantriebs in ein Feder-Masse-Modell zur Simulation des dynamischen Systemverhaltens [421]
564 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Abb. 4.1–5. Vergleich des aus einer Messung und des aus der Simulation erhaltenen Dreh-
momentenablauf in einem Walzwerksantrieb [421]

[421, 443]. Abb. 4.1–5 zeigt den Vergleich zwischen dem durch Simulation und
durch Messung gewonnenen Drehmomentenablauf an ausgewählten Stellen
des Walzwerksantriebs nach Abb. 4.1–4. Mit der Zusammenfassung von Simu-
lationsergebnissen für kennzeichnende Arbeitsspiele besteht die Möglichkeit,
das Kollektiv zu erstellen.
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten 565

Abb. 4.1–6. Parametrisches MKS-Modell


einer McPherson Vorderachse, nach
Mechanical Dynamics GmbH [418]

Bei diesem Beispiel eines Systems aus rotierenden Teilen genügt es, bei der
Modellierung den einzelnen Massen das jeweils auf die Drehachse bezogene
Trägheitsmoment zuzuweisen und für die sie verbindenden Drehfedern und
Dämpferelemente die jeweiligen Federkonstanten und Dämpfungskonstanten
vorzugeben. Darüber hinaus sind die realen Abmessungen der betreffenden
Bauteile oder Bauteilbereiche für die Modellierung ohne Belang.
Die Frage, ob eine detailliertere Modellierung des Systems vorgenommen
werden muss, ist von der verfolgten Fragestellung abhängig. Um auch höher-
frequente Schwingungen zu erfassen, ist ein feingliedriges Modell erforder-
lich. Im Hinblick auf die für die Betriebsfestigkeit vornehmlich maßgebenden
niedrigeren Grundschwingungen dürfte sich jedoch eher die Frage stellen, auf
wie wenige Massen und Federn ein System reduziert werden darf, ohne allzu
große Verfälschungen des maßgebenden Beanspruchungsgeschehens hinneh-
men zu müssen [422].
Bei geregelten Antrieben ist es meist unverzichtbar, auch das dynamische
Verhalten des Regelkreises im Berechnungsmodell abzubilden. Weiterent-
wickelte Simulationsprogramme erlauben, auch noch die Mensch-Maschine-
Kommunikation einzubeziehen und ihre Auswirkung auf das Belastungskol-
lektiv zu studieren [423].
Für Systeme mit mehreren Freiheitsgraden, die aus diskreten, weitgehend
starren Körpern bestehen, Abb. 4.1–6, sind für die einzelnen Körper zum
einen ihre kinematischen Kopplungen, zum anderen ihr Schwerpunkt und
ihr Gewicht sowie ihre Trägheitsachsen und -momente vorzugeben, bei
elastischen Körpern zudem auch ihre elastischen Eigenschaften wie z.B.
E-Modul, Länge, Fläche und die Flächenträgheitsmomente eines gera-
den Balken-Elements. Für gegebene Körperformen werden die genannten
Parameter z.B. von CAD- oder FE-Programmen geliefert. Darüber hinaus
ist die reale Form der Teile für die Belange der Mehrkörper-Simulation im
Prinzip unerheblich, so dass es möglich ist, parametrische Simulations-
566 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

modelle in Form des gekoppelten Gleichungssystems zu erstellen, bei dem die


genannten Parameterwerte für eine Simulationsrechnung in beliebiger Grö-
ße und Variation als Zahlenwert eingegeben werden können.Abbildung 4.1–6
zeigt das parametrische Modell einer McPherson Vorderachse. Auch rein
analytisch formulierte Modellelemente, z.B. eine spezielle Feder mit nicht-
linearer Kennlinie, lassen sich in das Gleichungssystem einsetzen.
Grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Modellierung bereitet immer noch
die Frage nach der jeweils zutreffenden Bezifferung der Dämpfungskonstan-
ten. In allgemeiner Form ist diese Frage bisher nicht zu beantworten, ihre prak-
tische Bedeutung ist jedoch unschwer erkennbar: Denn anders als bei Analysen
der Eigenfrequenzen und Eigenmoden, die durch ungenau vorgegebene
Dämpfungskonstanten in der Regel nur unerheblich beeinflusst werden, sind
die als Bauteilbelastungen für die Betriebsfestigkeit vorrangig interessierenden
Schwingungsamplituden in ihrer Größe sehr stark von den vorliegenden
Dämpfungsverhältnissen abhängig! Zur fallweisen Festlegung der Dämpfungs-
kennwerte ist der Anwender auf geeignete Erfahrungswerte angewiesen. Alter-
nativ bleibt der Weg, wie es für das Beispiel nach Abb. 4.1–5 geschah, die Fest-
legung über eine Variation der Dämpfungskonstanten und Vergleiche zwischen
Simulation und Experiment vorzunehmen. Die so getroffene Festlegung kann
sodann für künftige Simulationen ähnlicher Art als Erfahrungswert dienen.
Erscheint die Modellierung des Systems durch diskrete Massen, Federn,
Dämpferelemente und kinematische Gelenke als eine zu weitgehende Verein-
fachung, was insbesondere für sich elastisch verformende Strukturen wie z.B.
eine Pkw-Karosserie oder einen Eisenbahnwagen zutrifft, so bieten sich eine
verfeinerte Modellbildung ausgehend von einer Finite-Element-Struktur an
[424]. Die einzelnen Knoten der Finite-Element-Struktur werden in diesem
Fall mit entsprechenden Massen belegt, die sie verbindenden Steifigkeiten er-
geben sich aus der Steifigkeitsmatrix. Im Allgemeinen muss dabei eine deut-
lich gröbere Element-Struktur gewählt werden, als für detailgenaue Span-
nungsanalysen, um die Zahl der Freiheitsgrade in praktikablen Grenzen zu
halten. Ein anderer, meist eleganterer Weg ist, eine modale Beschreibung des
betrachteten Systems zu erstellen und diese an das MKS-System zu übergeben
[424], Abschn. 3.3.8.
Neuerdings findet die Technik der Mehrkörper-Simulation in Verbindung
mit anwendungs- und anwenderspezifisch konfigurierbaren Modellier- und
Programmier-Werkzeugen vielseitige Anwendung z.B. im Automobilbau, im
Schienenfahrzeugbau und im Flugzeugbau [418]. Dabei geht es u.a. um die Er-
mittlung der funktions- und schwingungsbedingten Belastungen für Bauteile
und Baugruppen. Über Optimierung des funktionellen, schwingungstechni-
schen und regelungstechnischen Systemverhaltens kann so ein günstiger Ein-
fluss auf die Belastungen der Bauteile und damit auf ihr Belastungskollektiv ge-
nommen werden. Und nicht zuletzt sind diese Betrachtungen auch schon in
frühen Entwicklungsstadien auf virtuelle Prototypen anwendbar, Abschn. 4.4.
Als ein Ergebnis der dabei ablaufenden Systemanalyse fallen auch die Über-
tragungsfunktionen an, die die Umrechnung von Systemeingangsgrößen, bei
4.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten 567

einem Pkw z.B. der Kräfte am Radaufstandspunkt, auf die Belastungen eines
Bauteils, also z.B. auf die Frontsäule der Karosserie, ermöglichen. Unter Vor-
gabe betriebsähnlicher Last-Zeit-Abläufe für die Systemeingangsgrößen lässt
sich dann der daraus entstehende Ablauf der Bauteilbelastung sowie das ent-
sprechende Belastungskollektiv gewinnen und in seiner Auswirkung auf das
Betriebsfestigkeitsverhalten bewerten.

Berechnung des stochastischen Systemverhaltens


Lässt sich der Beanspruchungsablauf als stochastische Schwingung eines line-
aren Systems durch seine spektrale Leistungsdichte-Verteilung beschreiben,
so kann das zugehörige Beanspruchungskollektiv bei bekannter Leistungs-
dichte-Verteilung der Erregerfunktion mit Hilfe der systemspezifischen Über-
tragungsfunktion nach Gl. (2.3–3) aus Gl. (2.3–10) und Gl. (2.3–11) berechnet
werden.
Auch bei dieser Vorgehensweise besteht die konkrete Aufgabe im Berechnen
der betreffenden Übertragungsfunktion, wozu wiederum eine mathematische
Abbildung des mechanischen Schwingungssystems in der vorstehend be-
schriebenen Weise vorzunehmen ist. Als Beispiel ist in Abb. 4.1–7 eine errech-
nete Übertragungsfunktion eines großen turbulenzerregten Reaktorgefäßes
wiedergegeben, die dazu diente, das Kollektiv der Lagerkräfte abzuleiten [425].

Unverzichtbare Messungen
Allen vorstehend aufgeführten Berechnungsverfahren ist eine recht grund-
sätzliche Einschränkung gemeinsam: Sie sind allesamt in irgend einer Weise
auf Eingangsdaten angewiesen, die nur durch eine Messung zu gewinnen sind,

Abb. 4.1–7. Beispiel einer


errechneten spektralen
Leistungsdichte-Verteilung
für ein großes turbulenz-
erregtes Reaktorgefäß, nach
Wölfel Beratende Ingenieure
568 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

seien es so einfach zu gewinnende Daten wie die Gewichte der Luftfracht-


paletten oder so schwierig zu gewinnende Daten wie die stochastische Erre-
gerfunktion für das Reaktorgefäß.
Zudem ist die Verlässlichkeit eines Berechnungsansatzes allein aus dem
Vergleich mit Messergebnissen zu beurteilen. Oder erfahrungsgemäß zutref-
fender formuliert: Erst aufgrund messtechnisch gewonnener Einblicke in die
tatsächlichen Beanspruchungsabläufe lassen sich zutreffende Berechnungs-
ansätze entwickeln. Als eines von vielen Beispielen dazu seien die Messungen
an Hüttenwerkslaufkranen [83] genannt, die mit den daraus abgeleiteten
p-Wert-Kollektiven richtungweisend für die Konzeption der DIN 15018 [41]
wurden.
Insofern kann also für die Belange eines Betriebsfestigkeits-Nachweises
schwerlich auf die Durchführung systematisch angelegter Beanspruchungs-
messungen verzichtet werden. Denn nur aus einer größeren Anzahl solcher
Messungen kann hinreichende Klarheit über die Eignung eines angewandten
Berechnungsansatzes gewonnen werden, und zugleich sind nur so die anzu-
setzenden Eingangsdaten für künftige Berechnungen in der erforderlichen
Weise zu vervollständigen und abzusichern. In der Regel wird es sich anbieten,
die bei der Berechnung zugrunde gelegten Betriebslasten zusammen mit den
sie bestimmenden Einflussgrößen nach Inbetriebnahme der Konstruktion zu
überprüfen. Doch ist es fast belanglos, wie der Einstieg in diesen Prozess der
Informationsgewinnung gewählt wird, da er sich, einmal in Gang gesetzt,
durch Rückkopplung quasi von selbst optimiert.
Bedeutsam sind hingegen geeignete Vorkehrungen, um den messtechnisch
zu treibenden Aufwand und damit die anfallenden Kosten in Grenzen zu hal-
ten. Dies führt auf die Forderung einer messgerechten Gestaltung der Kon-
struktionen, indem die Orte für den Ein- oder Anbau von Messgeräten und für
das Anbringen von Messwertaufnehmern vorgesehen werden. Da gesonderte
Kraftmessdosen nur selten konstruktiv in ein System eingefügt werden kön-
nen und da diese vermutlich auch das dynamische Systemverhalten verfäl-
schen würden, müssen die interessierenden Schnittkräfte meist über die elas-
tischen Verformungen der Bauteile an ausgewählten Messstellen mittels Deh-
nungsmessstreifen erfasst werden; wünschenswert ist, dass diese Messstellen
konstruktiv vorgesehen und maßgenau bearbeitet sind.Welche Signale an die-
sen Messstellen zu erwarten sind, lässt sich für vorgegebene Bauteilbelastun-
gen durch eine Finite-Element-Analyse und darüber hinaus für vorgegebene
Lastverläufe der Systemeingangsgrößen in der vorstehend beschriebenen
Weise durch Simulation ermitteln. Darüber hinaus kann zur Planung von
Messungen auf allgemein verwertbare Empfehlungen verwiesen werden
[426], während Einzelheiten mit den zuständigen Fachleuten abgeklärt wer-
den sollten.
4.1.4 Berechnen der kennzeichnenden Beanspruchung 569

4.1.4
Berechnen der kennzeichnenden Beanspruchung

Teilaufgabe 4: Ausgehend von den einwirkenden Betriebslasten sind die im


betreffenden Querschnitt erzeugten Beanspruchungszustän-
de in einer für die Schwingfestigkeit kennzeichnenden Weise
zu errechnen.

Das mit dieser Teilaufgabe geforderte Berechnen einer kennzeichnenden


Schwingbeanspruchung für die schwingbruchkritische Stelle des betrachteten
Bauteils hat drei Aspekte:
Erstens gilt es, den Einfluss der Bauteilgestalt auf die örtliche Beanspru-
chungshöhe an der schwingbruchkritischen Stelle in Abhängigkeit von der ein-
wirkenden Belastung zu erfassen. Dies kann geschehen durch das Berechnen
– von Nennspannungen und Formzahlen,
– von Strukturspannungen,
– von Kerbspannungen,
– von Kerbgrundspannungen und -dehnungen oder
– von Spannungsintensitätsfaktoren.
Die zu treffende Wahl wird heute weit weniger als früher durch die Berech-
nungsmöglichkeiten als vielmehr dadurch bestimmt, welche Form das be-
trachtete Bauteil aufweist, Abschn. 3.1.7, und für welche Art der Beanspru-
chungsermittlung dann auch Daten über ertragbare bzw. zulässige Beanspru-
chungswerte gegeben sind, Abschn. 4.1.5.
Eine Berechnung von Nennspannungen, Abschn. 3.1.1, 3.1.3 und 3.1.4 ist in
der Regel für einfache stabförmige und für flächenförmige Bauteile zu bevor-
zugen.
Eine Berechnung auf der Grundlage von Strukturspannungen, Abschn.
3.1.4, ist bislang nur für Schweißverbindungen gebräuchlich und sie erfordert
eine entsprechende Beanspruchungsanalyse nach der Finite-Element- oder
Randelement-Methode, Abschn. 3.1.5.
Eine Berechnung auf der Grundlage von Kerbspannungen, Abschn. 3.1.3
und 3.1.4, bietet sich insbesondere an, wenn keine definierten Querschnitte
oder keine einfachen Querschnittsformen vorliegen und deshalb keine Form-
zahlen oder Kerbwirkungszahlen bekannt sind, oder wenn aus diesen oder an-
deren Gründen die Spannungsberechnung nach der Finite-Element-Methode
oder nach der Randelement-Methode durchgeführt wird, Abschn. 3.1.2, und
insbesondere wenn ein örtlich mehrachsiger Spannungszustand vorliegt,
Abschn. 3.1.6.
Eine Berechnung mittels Kerbgrundspannungen und -dehnungen, Abschn.
3.3.2 und 3.3.3, ermöglicht, die Spannungsumlagerungen bei plastischer Ver-
formung des Kerbgrundes zu berücksichtigen; sie setzt die Kenntnis der Kerb-
spannung als Nennspannung mal Formzahl oder als Ergebnis einer Finite-Ele-
ment- oder Randelement-Berechnung voraus, Abschn. 3.1.5.
570 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Eine Berechnung von Spannungsintensitätsfaktoren, Abschn. 3.4.1 und


3.4.10, dient der bruchmechanischen Ermittlung der Lebensdauer unter Riss-
fortschritt.
Der zweite Aspekt dieser Teilaufgabe betrifft die geeignete Kennzeichnung
einer Schwingbeanspruchung, wofür die grundsätzlichen Definitionen und
Festlegungen Gültigkeit haben, wie sie im Abschn. 2.1.1 zur Beschreibung
einer schwingspielweisen Beanspruchung, in Abschn. 2.2.1 zur Beschreibung
einer Betriebsbeanspruchung mittels Beanspruchungskollektiv sowie in
Abschn. 2.3.2 zur Beschreibung eines stochastischen Beanspruchungsvor-
ganges aufgezeigt sind.
Drittens geht es um die Ermittlung und Beschreibung des örtlichen Bean-
spruchungsablaufs, wenn dieser aus mehreren einwirkenden Belastungsab-
läufen entsteht. Hierzu sei verwiesen auf Abschn. 3.1.6 und die dort gemach-
ten Ausführungen zu einer additiven, zu einer proportionalen und zu einer
komplex mehrachsigen Beanspruchung sowie auf die dort gegebenen Emp-
fehlungen zum praktischen Vorgehen.
Verfahren der experimentellen Spannungsanalyse können in sinnvoller
Weise mit den rechnerischen Verfahren kombiniert werden, um einen Über-
blick über die Spannungsverteilung und den zeitlichen Spannungsablauf in
Bauteilen und interessierenden Bauteilbereichen zu gewinnen.

4.1.5
Ermitteln der ertragbaren Beanspruchungshöhe

Teilaufgabe 5: Für die so bezeichneten Beanspruchungsbedingungen, und


abhängig von den vorliegenden konstruktiven, werkstoffli-
chen, fertigungstechnischen und umgebungsbestimmten Ge-
gebenheiten, ist die ertragbare Beanspruchungshöhe zu er-
mitteln.
Unter dieser Teilaufgabe verknüpfen sich die Problematik der Schädigungs-
akkumulation und die Problematik der Gestaltfestigkeit zu einer stufenweise
abarbeitbaren Lösung der Gesamtproblematik, Abb. 4.1–8. Ziel (Z) ist die Er-
mittlung einer Lebensdauerlinie, die für das betrachtete Bauteil die Höhe der
ertragbaren Beanspruchung unter den genannten Bedingungen bezeichnet.
Der Ausgangspunkt in diesem Stufenschema wird durch die verfügbaren Be-
triebsfestigkeitsdaten bestimmt:
Im ungünstigsten Fall liegen nur werkstoffspezifische Schwingfestigkeits-
werte aus Wöhler-Versuchen an glatten Stäben vor (A). Aus ihnen muss dann
nach bekannten Methoden,Abschn. 3.1.3, die Wöhlerlinie des Bauteils mit Hil-
fe der Formzahl (Schritt A–B) und unter Berücksichtigung des Größenein-
flusses, des Oberflächeneinflusses usw. (Schritt B–C) abgeschätzt werden. Die-
se Bauteil-Wöhlerlinie dient sodann als Grundlage für die Schädigungsakku-
mulations-Rechnung (Schritt C–Z), um die Lebensdauerlinie des Bauteils zu
erhalten.
4.1.5 Ermitteln der ertragbaren Beanspruchungshöhe 571

Zunehmende Komplexität der Datenbasis


Abb. 4.1–8. Problematik der Gestaltfestigkeit und Problematik der Schädigungsakkumula-
tion, verknüpft in einem Stufenschema zur Ermittlung der ertragbaren Beanspruchungshöhe

Ähnlich wird auch die Lebensdauer eines Kerbstabes anhand der Kerb-
grundbeanspruchung, Abschn. 3.3.5, aus der Dehnungs-Wöhlerlinie des glat-
ten Stabes berechnet (Schritt A–E–F), wenngleich ohne Einbeziehung der Grö-
ßen- und Oberflächeneinflüsse, die der anschließenden Umrechnung vom
Kerbstab auf das Bauteil vorbehalten bleiben (Schritt F–Z).
Eine ähnliche Konzeption gilt schließlich auch für die Berechnung der
Lebensdauer unter Rissfortschritt anhand werkstoffspezifischer Rissfort-
schrittsdaten.
Es ist ohne weiteres einsichtig, dass einer solchen Ermittlung der Lebens-
dauer die vergleichsweise größten Unsicherheiten der Übertragbarkeit anhaf-
ten. Als Vorteil wird dem entgegengehalten, dass mit den Schwingfestigkeits-
daten für glatte Stäbe nur ein Minimum an werkstoffspezifischen Ausgangs-
daten bereitgestellt werden muss.
Eine hinsichtlich der Übertragbarkeit günstigere Ausgangsbasis dürfte mit
den Wöhlerlinien für Kerbstäbe oder Formelemente (z.B. Schweißverbindun-
572 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

gen) gegeben sein (B), die bei neuzeitlicher Aufbereitung zudem noch in der
Form normierter Wöhlerlinien vorliegen. Es kann daraus zunächst die Wöh-
lerlinie des Bauteils (Schritt B–C) und danach die Lebensdauerlinie des Bau-
teils (Schritt C–Z) abgeleitet werden.
Die Problematik der Schädigungsakkumulations-Rechnung (Schritt C–Z)
kann wesentlich entschärft werden, wenn die Ausgangsdaten als Lebensdauer-
linien (D) für eine komplexe Lastfolge, z.B. für die Standard-Lastfolge Twist,
für ein Formelement mit verwickeltem Beanspruchungsmechanismus, z.B.
für eine Nietverbindung, oder für spezielle Umgebungsbedingungen, z.B. für
Meerwasserkorrosion, zur Verfügung stehen. Es bedarf dann nur noch der
weniger problematischen Umrechnung auf die aktuelle Kollektivform (Schritt
D–F) und der Umrechnung auf den Bauteilmaßstab (Schritt F–Z).

Berechnung anhand von Nennspannungen


Für die Berechnung anhand von Nennspannungen sind die Verfahren der
Schädigungsakkumulations-Rechnung im Abschn. 3.2 abgehandelt. Die zur
Schädigungsakkumulationsrechnung benötigte Wöhlerlinie ergibt sich ent-
weder aus Normen, Vorschriften, Richtlinien oder Empfehlungen, aus Ver-
suchsdaten oder durch eine rechnerische Abschätzung, Abschn. 3.1.3 und
3.1.4. Hinweise auf die im Schrifttum verfügbaren Daten über Wöhler- und Le-
bensdauerlinien sind im Anhang 5.5 gegeben. Zur rechnerischen Abschätzung
von Nennspannungs-Wöhlerlinien stehen mehrere Möglichkeiten zur Wahl:
– Abschätzung aus den allgemeinen Werkstoff-Kennwerten nach dem Vor-
schlag im Anhang 5.5.
– Umrechnung aus einer verfügbaren Wöhlerlinie für den gleichen oder
einen vergleichbaren Werkstoff nach dem Vorschlag im Anhang 5.5.
– Berechnung über die Kerbgrundbeanspruchung aus den Kennwerten der
Dehnungs-Wöhlerlinie, Abschn. 3.3.8 und 3.3.9.
– Berechnung nach den bruchmechanischen Beziehungen aus Rissfort-
schrittsdaten für den Fall eines Bauteils mit Anfangsriss, Abschn. 3.3.4.
Einflüsse von Mittel- und Eigenspannungen können nach Abschn. 3.1.3 und
3.1.4 bzw. 3.1.5, Einflüsse der Beanspruchungsart, des Werkstoffs, der Bauteil-
oberfläche und der Umgebungsbedingungen aufgrund der Erfahrung über
Beiwerte, Anhang 5.5, in Ansatz gebracht werden.

Berechnung anhand von Strukturspannungen


Die Berechnung anhand von Strukturspannungen verläuft praktisch wie die
Berechnung anhand von Nennspannungen. Zur Frage der ertragbaren bzw.
zulässigen Strukturspannungen sei auf Abschn. 3.1.4 verwiesen.

Berechnung anhand von Kerbspannungen


Auch die Berechnung anhand von Kerbspannungen verläuft praktisch wie die
Berechnung anhand von Nennspannungen, zumal sich die Wöhlerlinien oder
4.1.5 Ermitteln der ertragbaren Beanspruchungshöhe 573

Lebensdauerlinien der ertragbaren Kerbspannung einfach aus der Umrech-


nung mit der betreffenden Formzahl bzw. Kerbwirkungszahl ergeben,Abschn.
3.1.3. Da die Kerbspannungen jedoch in aller Regel die Elastizitätsgrenze, oder
selbst die Streckgrenze des Werkstoffs rechnerisch übersteigen, verlangt die
Begrenzung der Maximalspannung durch den Maximalspannungsnachweis
gerade beim Rechnen mit Kerbspannungen eine besondere Beachtung.

Berechnung anhand von Kerbgrundbeanspruchungswerten


Die Berechnung der ertragbaren Beanspruchungshöhe anhand der elastisch-
plastischen Kerbgrundbeanspruchung ermöglicht eine Schädigungsakkumu-
lations-Rechnung unter quantitativer Bewertung von Mittelspannungsein-
flüssen und – sofern ein geeigneter Schädigungsparameter zur Anwendung
kommt – auch von Reihenfolgeeinflüssen, Abschn. 3.3.5. Mit der Dehnungs-
Wöhlerlinie, Abschn. 3.3.1, findet der Werkstoff dabei über seine zyklische
Spannungs-Dehnungs-Kurve und die Bauteilgestalt über die Formzahl ak Be-
rücksichtigung. Experimentell ermittelte Dehnungs-Wöhlerlinien sind für
zahlreiche Werkstoffe in einer umfangreichen Datensammlung zu finden
[264]. Alternativ oder im Vergleich dazu können sie aus allgemeinen Werk-
stoffkennwerten abgeschätzt werden, Abschn. 3.3.1. Statistisch am verlässlichs-
ten sind Dehnungs-Wöhlerlinien für Stähle und Aluminiumlegierungen, die
nach dem Uniform Material Law [265] abgeschätzt werden, Tabelle 3.3–1.
Obschon werkstoffmechanisch gut begründet, hat dieses Berechnungs-
Konzept wohl noch nicht seinen endgültigen Entwicklungsstand erreicht. Ins-
besondere wird den Mittelspannungs- und Reihenfolgeeinflüssen derzeit
noch unvollständig Rechnung getragen; auch ist bislang erst in Einzelbeispie-
len, aber noch nicht mit allgemein anwendbaren Verfahrensweisen gelöst, wie
Eigenspannungseinflüssen, Oberflächeneinflüssen oder korrosiven Einflüssen
Rechnung getragen werden kann, Abschn. 3.1.5 sowie die diesbezüglichen
Ausführungen im Abschn. 3.3.5. Nach vergleichenden Auswertungen wird
einer Lebensdauerberechnung anhand von Nennspannungen noch die grö-
ßere Verlässlichkeit zugestanden [244, 240] und Abb. 3.3–47.

Berechnung anhand von Spannungsintensitätsfaktoren


Die Lebensdauer rissbehafteter Bauteile lässt sich bruchmechanisch berech-
nen, wenn dazu die an der Rissspitze wirksame Beanspruchungshöhe durch
den Spannungsintensitätsfaktor gekennzeichnet wird. Der Werkstoffeinfluss
wird dabei über die in Ansatz kommenden Rissfortschrittsdaten, Abschn.
3.4.4, der Gestalteinfluss über die analytische Bestimmung des Spannungs-
intensitätsfaktors, Abschn. 3.4.10, berücksichtigt.
Eine die Reihenfolgeeinflüsse bewertende Rissfortschrittsberechnung für
eine Schwingbeanspruchung mit veränderlichen Amplituden gestaltet sich
überaus rechenzeit-aufwendig. Dies gilt auch für eine reihenfolge-unabhängi-
ge schwingspielweise Berechnung. Für sie kann ersatzweise mit weit geringe-
rem Aufwand bei gleichem Ergebnis eine Schädigungsakkumulations-Rech-
574 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

nung nach Abschn. 3.4.7 durchgeführt werden, wenn dazu die Nennspan-
nungs-Wöhlerlinie des rissbehafteten Bauteils durch Integration der Rissfort-
schrittsgleichung bestimmt wird, Abschn. 3.4.4.

Experimentelle Absicherung
Zur experimentellen Absicherung der ertragbaren Beanspruchungshöhe un-
ter einer vorgegebenen betrieblichen Beanspruchungs-Zeit-Funktion kom-
men der Gaßner’sche Blockprogramm-Versuch, verschiedene Varianten des
Zufallslasten-Versuchs sowie Versuche mit speziellen Lastfolgen in Betracht,
Abschn. 2.2, 2.3 und 2.4; je nach Fragestellung mögen ersatzweise auch Wöh-
ler-Versuche in Betracht kommen, Abschn. 2.1.
Auch die Einflüsse aus dem Werkstoff und seiner Wärmebehandlung, aus
der Bauweise, aus der Bauteilgestalt, aus der Fertigung und aus den Umge-
bungsbedingungen sind letztlich verbindlich nur an Originalbauteilen oder an
bauteilähnlichen Prüfkörpern durch Versuche zu erfassen, die sich durch den
Ansatz möglichst betriebsgleicher Beanspruchungsbedingungen auszeichnen.

4.1.6
Ableiten der angemessenen Sicherheitszahl
Teilaufgabe 6: Aus einer Betrachtung der verschiedenartigen Streueinflüsse
gilt es, eine jeweils angemessene Sicherheitszahl für den Ver-
gleich der einwirkenden und der ertragbaren Beanspruchung
abzuleiten.
Dieser Teilaufgabe liegt die Erkenntnis zugrunde, dass eine sinnvolle Aussage
über die Lebensdauer eines schwingbeanspruchten Bauteils nur auf statisti-
scher Grundlage möglich ist, weil sowohl die Höhe der einwirkenden Be-
triebsbeanspruchung wie auch die Höhe der ertragbaren Beanspruchung
einer meist beträchtlichen Streuung unterliegen. Eine Lebensdauerangabe
muss deshalb verknüpft werden mit einer Angabe der zugehörigen Ausfall-
wahrscheinlichkeit. Die Ausfallwahrscheinlichkeit des Bauteils, die gegen
Ende der verlangten oder voraussehbaren Nutzungsdauer zu erwarten ist,
stellt ein Maß seiner Zuverlässigkeit dar.
Welche Werte der Ausfallwahrscheinlichkeit technisch und wirtschaftlich
vertretbar sind, richtet sich danach, wie die Folgen eines denkbaren Bauteil-
versagens einzuschätzen sind:
– Für Konstruktionen oder Bauteile, durch deren Versagen Menschenleben
gefährdet oder großer wirtschaftlicher Schaden verursacht werden kann,
sind nur extrem niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten vertretbar. Für Kon-
struktionen und Bauteile, deren Versagen kein derartiges Sicherheitsrisiko
beinhaltet, wird möglicherweise die geforderte Verfügbarkeit der betreffen-
den Einrichtung für die vertretbare Ausfallwahrscheinlichkeit bestimmend.
– Für Konstruktionen oder Bauteile, die im betrieblichen Einsatz für eine re-
gelmäßige Prüfung nicht oder nur sehr schwer zugänglich sind, ist die ver-
4.1.6 Ableiten der angemessenen Sicherheitszahl 575

tretbare Ausfallwahrscheinlichkeit niedriger zu veranschlagen als für Kon-


struktionen oder Bauteile, die solche regelmäßigen Prüfungen gestatten.
– Statisch bestimmte und alle sonstigen Konstruktionen, bei denen ein
Schwingbruch katastrophale Folgen hätte, sind nach dem Prinzip des
„sicheren Bestehens“ auszulegen (Englisch: safe life design). Sie dürfen des-
halb nur sehr geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten, etwa von der Größen-
ordnung 10–7 bis allenfalls 10–4, besitzen.
– Mehrfach statisch unbestimmte und sonstige Konstruktionen, bei denen
die Funktion eines angerissenen oder gebrochenen Teiles bis zur Entdeck-
ung und Behebung des Schadens von parallelgeschalteten Teilen erfah-
rungsgemäß oder nachweislich übernommen wird, entsprechen dem Prin-
zip des „beschränkten Versagens“ (Englisch: fail safe design). Sie erlauben
für das Einzelteil etwas höhere Ausfallwahrscheinlichkeiten, etwa von der
Größenordnung 10–5 bis 10–2.
– Für Bauteile, die in großen Stückzahlen gefertigt werden, wird ein oberer
Grenzwert der Ausfallwahrscheinlichkeit unter Umständen allein durch die
absolute Zahl der Ausfälle bestimmt, die im statistischen Mittel zu erwarten
wären bzw. die technisch wie wirtschaftlich und unternehmerisch als hin-
nehmbar erachtet werden.
Unabdingbare Voraussetzungen für die Zulässigkeit derartiger Überlegungen
und Entscheidungen sind jedoch, dass den im Abschn. 3.5.2 angesprochenen
Erfordernissen der Qualitätssicherung entsprochen wird und dass darüber
hinaus ein „schadenstolerantes Bauteilverhalten“ (Englisch: damage tolerance)
unterstellt werden darf.
Für dieses schadenstolerante Bauteilverhalten muss durch eine geeignete
Werkstoffwahl und durch eine geeignete Bauweise sichergestellt sein,
– dass sich ein vorhandener oder entstandener Anriss nur langsam vergrö-
ßert und
– dass bis zur Entdeckung des Risses bzw. bis zum Ende der Nutzungsdauer
jederzeit noch eine ausreichende Restfestigkeit gegeben ist.
Aus einer Betrachtung der sich ergebenden Lebensdauer-Streuverteilung,
Abb. 3.5–7, wird ersichtlich, dass die geforderte Nutzungsdauer einen beacht-
lichen Sicherheitsabstand zur mittleren Lebensdauer aufweisen muss, um ei-
nen hinreichend kleinen Wert der Ausfallwahrscheinlichkeit zu gewährleisten.
Dieser Sicherheitsabstand lässt sich nach den Ausführungen in den Abschn.
3.5.1 und 3.5.2 durch eine von der vertretbaren Ausfallwahrscheinlichkeit ab-
hängige, statistisch begründbare Sicherheitszahl beziffern, die an die Stelle
der herkömmlichen, zumeist empirisch festgelegten Sicherheitszahl tritt.
Sowohl die Streuung der einwirkenden Beanspruchung, Abschn. 3.5.3, wie
auch die Streuung der ertragbaren Beanspruchung, Abschn. 3.5.5, und die Zu-
fälligkeiten weniger Einzelversuche, Abschn. 3.5.4, sollen mit der abgeleiteten
Sicherheitszahl abgedeckt sein. Nach Gl. (3.5–55) kann zwischen einer span-
nungsbezogenen Sicherheitszahl jS und einer lebensdauerbezogenen Sicher-
heitszahl jL umgerechnet werden.
576 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Tabelle 4.1–4. Sicherheitsfaktoren jS für den Dauerfestigkeits- und Betriebsfestigkeits-


Nachweis nach der FKM-Richtlinie [44]

Schadensfolgen
groß gering

Bauteile allgemein
regelmäßige nein 1,5 1,3
Inspektion ja 1,35 1,2

Nicht zerstörungsfrei geprüfte Gussstücke


regelmäßige nein 2,1 1,8
Inspektion ja 1,9 1,7

Zerstörungsfrei geprüfte Gussstücke


regelmäßige nein 1,9 1,65
Inspektion ja 1,7 1,5

Statistisch begründete Sicherheitszahlen sind im Vergleich zu sehen zu


den herkömmlichen, empirisch festgelegten Sicherheitszahlen, wie sie nach
wie vor gebräuchlich und i.a. auch in Regelwerken verankert sind. In neuere
Festlegungen sind dabei durchaus auch statistische Überlegungen eingeflos-
sen, ebenso wie eine Bewertung der Schadensfolgen und eine Abstufung da-
nach, ob regelmäßige Inspektionen durchgeführt werden (können) oder nicht.
Als ein diesbezügliches Beispiel seien hier die festgelegten Sicherheitszahlen
nach der FKM-Richtlinie „Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinen-
bauteile“ [44] angeführt:
Sie gelten unter der Voraussetzung, dass die Lastannahmen sicher sind und
dass für angesetzte Festigkeitswerte eine Überlebenswahrscheinlichkeit Pü =
97,5% zutrifft. Grundwert für den Dauer- und Betriebsfestigkeitsnachweis ist
dann ein Sicherheitsfaktor jS = 1,5. Dieser Wert darf unter günstigen Voraus-
setzungen je nach Inspektionsmöglichkeit und je nach Schadensfolgen ver-
mindert werden, Tabelle 4.1–1.
Geringe Schadensfolgen bedeuten eine geringe Bedeutung des Bauteils im
Sinne „nicht katastrophaler“ Auswirkungen im Versagensfall; Verminderung
von jS um etwa 15%. Regelmäßige Inspektionen sind als Inspektionen im Sin-
ne der Schadensfrüherkennung zu verstehen; Verminderung von jS um etwa
10%. Die Sicherheitszahlen für Gussstücke, die nicht zerstörungsfrei geprüft
werden, sind wegen der bei ihnen größerer Streuung und Fehlermöglichkeiten
um einen Faktor 1,4 erhöht. Für zerstörungsfrei geprüfte Gussstücke wird an-
genommen, dass fehlerhafte Gussstücke durch die Prüfung (zumindest teil-
weise) erkannt und ausgeschieden werden. Für Gussstücke aus wenig duk-
tilen Werkstoffen werden die Sicherheitszahlen graduell noch etwas weiter
erhöht.
4.1.7 Erstellen und Beurteilen des Nachweises 577

4.1.7
Erstellen und Beurteilen des Nachweises

Teilaufgabe 7: Der damit erstellbare Nachweis ist gemäß den Anforderungen


zu beurteilen, sofern gefordert, experimentell zu bestätigen,
und erforderlichenfalls ist über Möglichkeiten einer Verbesse-
rung oder Optimierung zu befinden.

Der Betriebsfestigkeits-Nachweis sollte vorzugsweise als Spannungs-Nach-


weis mit der spannungsbezogenen Sicherheitszahl jS nach Gl. (3.5–8), Abb.
4.1–9, geführt werden in der Form:
– – –
Sa, B ⬉ zul Sa (N Ford ; zul PA) , (4.1–1)
– – – –
zul Sa (N Ford ; zul PA) = ertr Sa (N Ford; PA = 50%) / jS , (4.1–2)

oder in Worten:

– die betriebliche Beanspruchungshöhe Sa, B ist unkritisch im Vergleich zu
– –
der zulässigen Beanspruchungshöhe zul Sa (N Ford ; zul PA), die sich für die

geforderte Lebensdauer N Ford und bei der noch als vertretbar erachteten
Ausfallwahrscheinlichkeit zul PA ergibt, und
– –
– die zulässige Beanspruchungshöhe zul Sa (N Ford ; zul PA) errechnet sich aus
– –
der mittleren ertragbaren Beanspruchungshöhe ertr Sa (N Ford ; PA = 50%),
dividiert durch die Sicherheitszahl jS .

Abb. 4.1–9. Veranschaulichung des Betriebsfestigkeits-Nachweises anhand der Lebens-


dauerforderung und des Lebensdauerstreubandes, angelegt als Spannungs-Nachweis
578 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Eine alternative Form des Spannungs-Nachweises nach Gl. (4.1–1) ist in der
FKM-Richtlinie [44] mit einer Bestimmung des Auslastungsgrades a vorgese-
hen, der als das Verhältnis der betrieblichen Beanspruchungshöhe zur zuläs-
sigen Beanspruchungshöhe definiert ist. Dementsprechend ist nachzuweisen,
dass der Auslastungsgrad kleiner oder höchstens gleich 1 ist:
– – –
a = Sa, B / zul Sa (N Ford ; zul PA) ≤ 1 . (4.1–3)
Unter der Voraussetzung, dass das Lebensdauer-Streuband im doppellogarith-

mischen Netz geradlinig mit der Neigung k verläuft, kann der Betriebsfestig-
keits-Nachweis auch als Lebensdauer-Nachweis mit der lebensdauerbezoge-
nen Sicherheitszahl jL nach Gl. (3.5–34), Abb. 4.1–10, wie folgt geführt werden:
– – –
N Ford ⬉ zul N (Sa, B ; zul PA) , (4.1–4)
– – – –
zul N (Sa, B ; zul PA) = ertr N (Sa, B ; PA = 50%) / jL , (4.1–5)
oder in Worten:

– die geforderte Nutzungsdauer NFord ist unkritisch im Vergleich zu der nach-
– –
gewiesenen Lebensdauer zul N (Sa, B ; zul PA), die sich für die betriebliche Be-

anspruchungshöhe Sa, B und bei der noch als vertretbar erachteten Ausfall-
wahrscheinlichkeit zul PA ergibt, und
– –
– die nachgewiesene Lebensdauer zul N (Sa, B ; zul PA) errechnet sich aus der
– –
mittleren Lebensdauer ertr N (Sa, B; PA = 50%), dividiert durch die Sicher-
heitszahl jL .

Abb. 4.1–10. Veranschaulichung des Betriebsfestigkeits-Nachweises anhand der Lebens-


dauerforderung und des Lebensdauerstreubandes, angelegt als Lebensdauer-Nachweis
4.1.8 Dokumentieren des Nachweises 579

Sofern sich das Ergebnis des Nachweises positiv darstellt, mag es von Interesse
sein zu fragen, in welchen Schritten des Nachweises Ansatzpunkte für Opti-
mierungsmaßnahmen erkennbar werden.
Weiterhin stellt sich die Frage, ob nach der Anforderungsliste oder aus an-
deren Gründen auch noch ein experimenteller Nachweis vorzusehen ist.
Sofern sich das Ergebnis des Nachweises als unbefriedigend darstellt,
müsste nach Abschn. 4.2.1 über mögliche Verbesserungen befunden werden.

4.1.8
Dokumentieren des Nachweises

Teilaufgabe 8: Der erstellte Nachweis ist zu dokumentieren, die zu seiner Ab-


sicherung einzuhaltenden Bedingungen sind in den Ferti-
gungsunterlagen zu vermerken, notwendig erachtete Maß-
nahmen der Fertigungskontrolle oder einer späteren Überwa-
chung im praktischen Betrieb sind zu bezeichnen.

Die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Dokumentation des Betriebsfes-


tigkeits-Nachweises dürften heute unbestritten sein.Weniger befriedigend ge-
regelt sind die Grundsätze, wie sich die zu seiner Absicherung einzuhaltenden
Bedingungen in den Fertigungsunterlagen niederschlagen; zu diesem Punkte
fehlen geeignete Vorgaben durch die derzeitigen Zeichnungsnormen.
Beim Betriebsfestigkeits-Nachweis vorausgesetzte oder als notwendig an-
gesehene Maßnahmen der Qualitätssicherung, sowie etwaige Erfordernisse
für die Wartung oder für einen präventiven Austausch schwingbruchgefähr-
deter Bauteile nach einer bestimmten Betriebszeit sind in geeigneter Form zu
bezeichnen und an die zuständigen Abteilungen sowie letztlich an die Be-
treiber weiterzugeben.
Ganz allgemein ist es sicherlich ein lohnenswertes Tätigkeitsfeld, vorlie-
gende und neu anfallende Ergebnisse und Daten aus Betriebsfestigkeits-
Untersuchungen in geeigneter Form aufzubereiten, um sie als Berechnungs-
unterlagen bereitzustellen. Von Hochschulen und Forschungsinstituten kön-
nen mit solchen Aktivitäten in der Regel nur allgemein gefasste Unterlagen er-
arbeitet werden, die möglicherweise die spartenspezifischen Anforderungen
des konkreten Einzelfalles nur mittelbar abdecken.
Aber gerade derartige spartenspezifische Unterlagen können sich als Quel-
le des firmeneigenen Know-how für ein Unternehmen von unschätzbarem
Wert erweisen. Dieser Gesichtspunkt sollte bei der ohnehin notwendigen Do-
kumentation der anfallenden Betriebsfestigkeits-Nachweise unter Einsatz
fortschrittlicher Dokumentations-Systeme mitverfolgt werden, wenn auch da-
von ausgegangen werden darf, dass jeder erfahrene Konstrukteur eine derar-
tige Dokumentation seit je betreibt.
580 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

4.2
Maßnahmen bei unbefriedigendem Betriebsfestigkeits-Nachweis

4.2.1
Maßnahmen bei unbefriedigendem Ergebnis des Nachweises

Stellt sich das aus einem Betriebsfestigkeits-Nachweis erzielte Ergebnis bei der
Beurteilung nach Teilaufgabe 7 als unbefriedigend dar, so sind geeignete Maß-
nahmen gefragt, mit denen der Nachweis in Übereinstimmung gebracht wer-
den kann mit den Anforderungen, die unter der Teilaufgabe 1 vorgegeben
wurden.
Beim Abklären solcher Möglichkeiten wird oft vordergründig etwa an eine
Verstärkung des kritischen Querschnitts oder an die Wahl eines höherwerti-
gen Werkstoffs gedacht. Damit wäre jedoch in vielen Fällen weder die wir-
kungsvollste, noch die wirtschaftlichste, noch eine unbedingt erfolgverspre-
chende Maßnahme gewählt. Erfahrene Konstrukteure werden vielmehr die
Gestaltung des fraglichen Bauteils zu verbessern suchen.Aber auch damit sind
noch nicht alle bestehenden Möglichkeiten erfasst. Denn es darf davon ausge-
gangen werden, dass im Grundsatz jede der in Tabelle 1.1–2 angeführten und
im Abschn. 4.1 abgehandelten Teilaufgaben auch geeignete Ansatzpunkte für
Maßnahmen bietet, um das Ergebnis eines Betriebsfestigkeits-Nachweises zu
verbessern.

Möglichkeiten aus Teilaufgabe 1: Vorgegebene Anforderungen


Unter Teilaufgabe 1, Abschn. 4.1.1, sind als Anforderungen die nachzuweisen-
de Lebensdauer bei bezifferter Ausfallwahrscheinlichkeit für die gleichfalls
vorzugebenden Betriebsbedingungen festzulegen. An diesen Anforderungen
wird das Ergebnis des Betriebsfestigkeits-Nachweises gemessen. Bei unbefrie-
digendem Ergebnis des Nachweises darf deshalb die Frage gestellt werden, ob
die Anforderungen in dieser Form unabdingbar sind.
Beispielsweise könnte die Lebensdauerforderung herabgesetzt werden,
eventuell in Verbindung mit der neuen Vorgabe, dass bei Erreichen dieser Le-
bensdauer ein vorsorglicher Austausch des schwingbruchkritischen Bauteils
vorzunehmen ist, oder dass eine zerstörungsfreie Prüfung durchgeführt wird,
um dann über eine noch vertretbare weitere Nutzungsdauer zu entscheiden.
Auch die Frage nach den Betriebsbedingungen könnte eine Erleichterung
in der Weise bringen, dass beispielsweise unter extrem harten Betriebsbedin-
gungen nur eine verminderte Nutzungsdauer gewährleistet wird, oder dass
gewisse Einsatzbedingungen als unzulässig erklärt werden.
In jedem Falle handelt es sich bei diesen Fragen um unternehmerische Ent-
scheidungen, weil mit ihnen entweder kundenspezifische Forderungen oder
verkaufsrelevante Leistungsmerkmale oder gar zuzusichernde Eigenschaften
des Produktes betroffen sind.
4.2.1 Maßnahmen bei unbefriedigendem Ergebnis des Nachweises 581

Möglichkeiten aus Teilaufgabe 2: Schwingbruchgefährdete Querschnitte


Die zweifellos wirkungsvollste und keineswegs triviale Möglichkeit, das Er-
gebnis des Betriebsfestigkeits-Nachweises zu verbessern, besteht darin, den le-
bensdauerbestimmenden schwingbruchkritischen Querschnitt,Abschn. 4.1.2,
auf konstruktivem Wege zu eliminieren.
Beispiele dafür sind das Vermeiden eines schwingbruchbestimmenden
Querschnitts-Überganges oder anderer konstruktiver Kerben, indem ihre
konstruktive Funktion auf andere Weise erbracht wird, oder das Vermeiden
eines Querschnitts mit Schweißnaht, indem eine andere Gestaltung oder Fer-
tigungsweise vorgesehen wird. Statt des Vermeidens kommt auch ein Verlegen
des betreffenden Konstruktionselementes in einen niedriger beanspruchten
Querschnitt oder in einen niedriger beanspruchten Teil des Querschnitts, z.B.
nahe der biegeneutralen Faser, in Betracht.
Grundsätzliche Fragen dieser Art sollten keinesfalls im Vorhinein als abwe-
gig bezeichnet werden, denn sie können als Schlüsselfragen auf höherwertige
Konstruktionen führen und somit das erforderliche Nachdenken durchaus
lohnen.

Möglichkeiten aus Teilaufgabe 3: Einwirkende Betriebslasten


Auch die auf einen Querschnitt einwirkenden Betriebslasten, Abschn. 4.1.3,
sind möglicherweise in ihrer Größe, in ihrer Häufigkeit oder in ihrer Wir-
kungsrichtung so beeinflussbar, dass sich ein günstigeres Betriebsfestigkeits-
Verhalten ergibt. Die Auswirkung entsprechender Maßnahmen kann über die
erzielte Veränderung des Beanspruchungskollektivs bewertet werden.
Die Größe der Betriebslasten wird fast immer durch dynamische Einflüsse
überhöht. Durch eine bessere Abstimmung des dynamischen Systemverhal-
tens lässt sich die Schwingungsneigung des Systems vielleicht verringern.
Oder eine stoßartige Schwingungserregung des Systems kann durch eine grö-
ßere Elastizität oder durch eine andere Anlaufcharakteristik des Antriebs ver-
mieden werden.
Die Häufigkeit der Belastung wird unter Umständen über eine andere Be-
triebsweise vermindert, so z.B. wenn bei einem positionierenden Antrieb statt
eines Tipp-Betriebs ein Kriechgang vorgesehen wird.
Die Wirkungsrichtung der Betriebslasten lässt sich über eine Abwandlung
des Tragsystems oder der Kinematik beeinflussen. Bei einer Getriebewelle
wird sie möglicherweise durch eine entgegengesetzte Richtung der Schrägver-
zahnung dahingehend verändert, dass sich im kritischen Wellenquerschnitt
ein geringeres Biegemoment einstellt.
In jedem Falle wird man bei Betriebsfestigkeits-Problemen alle im Prinzip
vermeidbaren, weil nicht funktionsbedingten Beanspruchungen auszuschlie-
ßen versuchen. So würde sicherlich kein Konstrukteur eine zum Flattern nei-
gende Fahrzeuglenkung so auslegen, dass sie diese vermeidbaren Belastungen
erträgt; in der Regel werden aber die im Prinzip vermeidbaren Belastungen
einer Konstruktion weniger augenfällig sein.
582 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Möglichkeiten aus Teilaufgabe 4: Auftretende Beanspruchung


Die unter den einwirkenden Betriebslasten im schwingbruchkritischen Quer-
schnitt auftretende Beanspruchung ist durch die Gestaltung des Bauteils gege-
ben, Abschn. 4.1.4. Maßnahmen zu einer günstigen Beeinflussung der auftre-
tenden Beanspruchung sind unter dem Begriff des beanspruchungsgerechten
Gestaltens der Bauteile bekannt. Sie haben heute in die Konstruktionspraxis
breiten Eingang gefunden und sind in einem umfangreichen Schrifttum abge-
handelt. Dabei geht es insbesondere um das Vermeiden hoher Kerbspannun-
gen oder Zusatzspannungen, gestützt auf Kraftflussvorstellungen und auf Be-
trachtungen der Bauteilverformung. Weiterhin gilt es nach Möglichkeit, kom-
plex mehrachsige Beanspruchungszustände sowie Zwängungsspannungen
aus der Montage zu vermeiden.
Zum quantitativen Erfassen der betreffenden Einflüsse bieten sich die Ver-
fahren der rechnerischen oder experimentellen Spannungsanalyse an. Die
Auswirkung einer veränderten Beanspruchungssituation lässt sich über die
Höhe der kennzeichnenden Beanspruchung bewerten, was auf der Basis von
Nennspannungen, von Strukturspannungen, von Kerbspannungen oder von
Spannungsintensitätsfaktoren geschehen kann.

Möglichkeiten aus Teilaufgabe 5: Ertragbare Beanspruchungshöhe


Die ertragbare Beanspruchungshöhe der Bauteile, Abschn. 4.1.5, unterliegt
einer Vielzahl von werkstofflichen, fertigungstechnischen und umgebungs-
bestimmten Einflüssen, die entweder die Schwingfestigkeit günstig oder nach-
teilig beeinflussen. Um die ertragbare Beanspruchungshöhe anzuheben, kön-
nen entweder günstige Einflüsse herbeigeführt, zunächst aber sollten etwaige
ungünstige Einflüsse vermieden oder vermindert werden.
Die betreffenden Maßnahmen werden in ihrer Auswirkung über die anzu-
setzende Wöhler- oder Lebensdauerlinie berücksichtigt. In Betracht kommen-
de Maßnahmen sind:
– die Wahl eines geeigneteren Werkstoffs,
– die Verstärkung des schwingbruchkritischen Querschnitts,
– die Verbesserung der Bauteilgestalt,
– die Verbesserung der Oberflächeneigenschaften,
– die Anwendung randschichtverfestigender Verfahren,
– die Anwendung von Korrosionsschutz-Maßnahmen.
Zur Frage der Werkstoffwahl sei auf die Ausführungen im Abschn. 2.2.8 ver-
wiesen. Die Verstärkung des Querschnitts in der Absicht, die Beanspru-
chungshöhe generell abzumindern, ist nur dann von Erfolg, wenn die Bean-
spruchung aus der Einwirkung von Kräften und nicht etwa durch Zwangsver-
formungen entsteht. Eine Verbesserung der Bauteilgestalt kann auf eine gerin-
gere Kerbwirkung, auf einen günstigeren Kraftfluss, auf ein verbessertes
Verformungsverhalten, auf eine gemilderte Kantenpressung oder Reibkorro-
sion, auf geringere Montagespannungen usw. abzielen.
4.2.1 Maßnahmen bei unbefriedigendem Ergebnis des Nachweises 583

Verbesserte Eigenschaften der Oberfläche sind z.B. durch geringere Rauig-


keiten, durch das Vermeiden ungünstiger Eigenspannungen, einer Rand-
entkohlung oder Randoxidation, durch glatte Schmiede- oder Gussoberflä-
chen usw. erreichbar. Als randschichtverfestigende Verfahren bieten sich z.B.
das Einsatzhärten, Induktionshärten, Nitrieren, Teniferieren, Kugelstrahlen,
Festwalzen oder Glattwalzen an. Für den Korrosionsschutz kommen unter an-
derem kathodischer Schutz, korrosionsbeständige Werkstoffe, metallische
Überzüge wie z.B. Verzinken, oder Beschichtungen wie z.B. mehrschichtige
Anstriche in Betracht. Hinweise auf einschlägiges Schrifttum sind im Anhang
5.4 aufgeführt.

Möglichkeiten aus Teilaufgabe 6: Abzudeckende Streueinflüsse


Durch eine günstige Einwirkung auf Streueinflüsse können im Betriebsfestig-
keits-Nachweis verminderte Streuspannen und damit kleinere Sicherheits-
zahlen zugrunde gelegt werden, womit sich bei unveränderter Ausfallwahr-
scheinlichkeit die ausnutzbare Lebensdauer erhöht, Abschn. 4.1.6.
So ist eine verminderte Streuspanne für die Betriebsbeanspruchung bei-
spielsweise dann denkbar, wenn die gleichartigen Fahrzeuge eines städtischen
Verkehrsbetriebes in einem planmäßig ausgewogenen Wechsel auf den ver-
schiedenen Linien und für die unterschiedlichen Verkehrszeiten zum Einsatz
kommen.
Um eine verminderte Streuspanne der ertragbaren Beanspruchung zu er-
zielen, sind Maßnahmen zur Qualitätssicherung gefordert. Sie dürfen sich je-
doch nicht in der durchaus wünschenswerten Zielvorgabe einer vergleich-
mäßigt hohen Qualität erschöpfen.Vielmehr müssen sie in erster Linie darauf
gerichtet sein, mit hoher Verlässlichkeit diejenigen Einzelstücke zu identifi-
zieren und auszusondern, die extrem ungünstige Schwingfestigkeitseigen-
schaften aufweisen. Denn nach Abb. 3.5–7 und den Ausführungen im Abschn.
3.5.2 sind es vorrangig die unteren Extremwerte der Streuverteilung, die
die ausnutzbare Lebensdauer bzw. die Wahrscheinlichkeit vorzeitiger Ausfälle
bestimmen.
Um derartige Maßnahmen in ihrer Auswirkung auf die Sicherheitszahl und
die ausnutzbare Lebensdauer zu beziffern, genügt es in der Regel nicht, von ei-
ner logarithmisch normalen Streuverteilung auszugehen, sondern es muss
versucht werden, das untere Ende der Streuverteilung über einen gesondert
bestimmten Kennwert für die vorliegenden Gegebenheiten zutreffend zu be-
schreiben. Nach den Ausführungen in den Abschn. 3.4.6 bis 3.4.8 und 3.5.2 bie-
tet sich dafür eine bruchmechanische Berechnung an.

Möglichkeiten aus Teilaufgabe 7: Erzieltes Ergebnis


Führt die Beurteilung auf ein unbefriedigendes Ergebnis des Betriebsfestig-
keits-Nachweises, Abschn. 4.1.7, so kann auch die Frage angebracht sein, ob
etwa durch die Anwendung verfeinerter Nachweisverfahren eine Veränderung
im positiven Sinne erreicht werden kann, beispielsweise weil der bisherige
584 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Nachweis durch die getroffenen Vereinfachungen noch gewisse Reserven


beinhaltet.
Auch die Möglichkeit eines ergänzenden experimentellen Nachweises
bleibt zu bedenken, wenn über die anzusetzenden Betriebslasten oder über
die zugrunde gelegten Schwingfestigkeitswerte größere Unklarheiten beste-
hen und durch die experimentelle Abprüfung eine Veränderung zum Positi-
ven erwartet werden darf.
Welche Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, sollte sich letztlich auch
nach Gesichtspunkten einer Kosten-Nutzen-Analyse richten, Abschn. 4.4.1.

Möglichkeiten aus Teilaufgabe 8: Erforderliche Dokumentation


Um Hinweise auf mögliche Verbesserungen der Konstruktion oder des Nach-
weises zu erhalten, bietet sich nicht zuletzt der Rückgriff auf die Dokumenta-
tionen von Betriebsfestigkeits-Nachweisen an, die früher bereits für ähnliche
Konstruktionen durchgeführt wurden, Abschn. 4.1.8.

4.2.2
Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb

Letztverbindlicher Prüfstein für einen Betriebsfestigkeits-Nachweis ist die Be-


währung des betreffenden Bauteils im betrieblichen Einsatz: Tritt dennoch im
betrieblichen Einsatz ein Schwingbruch auf, so stellt sich die Frage, in wel-
chem Punkte die dem Nachweis zugrunde gelegten Bedingungen, oder auch
die Anforderungen, von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichen. Bei allen
Unannehmlichkeiten, die ein solcher Schadensfall verursachen kann, bietet
eine sorgfältige Auswertung der Bruchursache anderweitig wohl kaum zu er-
haltende Informationen [1, 2, 5–9, 11, 12]. (Der Begriff Schwingbruch sei hier
auch gleichbedeutend mit Schwinganriss verstanden.)
Bei rein sachlicher Behandlung des Problems und ohne dass etwaige takti-
sche Überlegungen für die Schadensregulierung entgegen stehen, sollten mit
dem Bekanntwerden eines Betriebsbruchs unverzüglich zwei Maßnahmen
veranlasst werden:

Dringlichkeitsmaßnahme 1
Sicherstellen des gebrochenen Bauteils und Beschaffen erster notwendiger In-
formationen. Dazu stellen sich zumindest die Fragen:
– welche Konstruktion (Typ, Baujahr etc.) ist betroffen?
– welche Bauteile (Zeichnungsnummer, Fertigungsnummer) sind gebrochen
bzw. beschädigt?
– welche Betriebszeit bis zum Bruch (Jahre, Betriebsstunden) wurde erreicht?
– welche Betriebsbedingungen (eventuell kundenspezifisch) lagen vor?
– welche Anzeichen führten zum Entdecken des Schwingbruchs?
4.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb 585

– welche Gefährdungen und Auswirkungen waren mit dem Schwingbruch


verbunden?
– welche besonderen Ereignisse könnten mitbestimmend gewesen sein?
– welche Maßnahmen wurden zwischenzeitlich bereits getroffen?
Mit diesen Fragen und mit der Möglichkeit, Untersuchungen an dem gebro-
chenen Bauteil durchführen zu können, werden wichtige Informationen be-
schafft, auf die sich eine Schadensanalyse und daraus ableitbare Maßnahmen
stützen können.

Dringlichkeitsmaßnahme 2
Abklären des Risikos ähnlicher Betriebsbrüche und erforderlichenfalls Veran-
lassen von Vorsorgemaßnahmen. Fragen dazu sind:
– welche Anzahl vergleichbarer Bauteile wurden gefertigt?
– welche Kunden erhielten diese Bauteile?
– welche Erfahrungen liegen bei diesen Kunden vor?
– welche Prüfungen können Klarheit über sich anbahnende Schäden schaf-
fen?
– welche Maßnahmen zur Abwendung weiterer Schadensfälle sind angezeigt?
– welche Konsequenzen könnten sich ergeben?
Erfahrungsgemäß darf in der Mehrzahl der Fälle davon ausgegangen werden,
dass an gleichartigen oder vergleichbaren Bauteilen ebenfalls schon der An-
satz zu einem Schwingbruchschaden feststellbar ist, oder dass er nicht mehr
lange auf sich warten lässt.

Schadensanalyse und Maßnahmen


Ziel der anschließenden Schadensanalyse ist es, die für den Schwingbruch ent-
scheidende(n) Ursache(n) zweifelsfrei festzustellen, weil nur so Gewissheit zu
erlangen ist, dass die richtige Entscheidung über Abhilfemaßnahmen getrof-
fen wird.
Für das Durchführen einer Schadensanalyse gibt es allgemein gehaltene
Empfehlungen und Beispiele [1, 2, 5–9, 11, 12, 374, 427–429]. Auch darf davon
ausgegangen werden, dass im Grundsatz wiederum jede der in Tabelle 1.1–2
angeführten Teilaufgaben geeignete Ansatzpunkte bietet, um die Ursachen
aufgetretener Schwingbrüche methodisch zu ergründen. Dieser Leitlinie fol-
gen die nachstehenden Hinweise.

Hinweise aus Teilaufgabe 1: Vorgegebene Anforderungen


Anhand der eingeholten Erstinformationen und ergänzender Erkundigungen
lässt sich abprüfen, wie die in Erfahrung gebrachten Betriebsbedingungen mit
den Vorgaben übereinstimmen, die mit der Anforderungsliste für den Be-
triebsfestigkeits-Nachweis zugrunde gelegt wurden, Abschn. 4.1.1. Erforder-
lichenfalls müssen die Anforderungen nach den neu vorliegenden Erkennt-
586 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

nissen verändert und die sich damit ergebenden Folgerungen für den Be-
triebsfestigkeits-Nachweis bedacht werden.

Hinweise aus Teilaufgabe 2: Schwingbruchgefährdete Querschnitte


Durch die Lage des Bruchquerschnitts bzw. durch den aus der Bruchflächen-
struktur zu ersehenden Ausgangspunkt des Schwingbruchs wird der schwing-
bruchkritische Querschnitt des Bauteils eindeutig bezeichnet. Sofern er nicht
übereinstimmt mit dem oder einem schwingbruchkritischen Querschnitt, der
dem Betriebsfestigkeits-Nachweis zugrunde lag, stellt sich die Frage nach dem
Warum.
Denkbare Gründe für eine abweichende Bruchlage sind ein Fertigungs-
fehler, eine Beschädigung durch äußere Einwirkung, eine Reibkorrosions-
oder Fressstelle, ein korrosiver Angriff oder auch die Beanspruchung aus
einem nicht bedachten Lastfall.
Weitere Überlegungen ergeben sich aus den Ausführungen zur Teilaufga-
be 2 in den Abschn. 4.1.2 und 4.2.1.

Hinweise aus Teilaufgabe 3: Einwirkende Betriebslasten


Die Struktur einer Bruchfläche [1] lässt recht eindeutige Rückschlüsse zu auf
die Art und Höhe der Belastung, die den Bruch herbeigeführt hat, vorausge-
setzt allerdings, dass sie nicht im Nachhinein korrodiert bzw. verhämmert
oder sonst wie beschädigt wurde. Anhand der Bruchflächenstruktur lässt sich
beispielsweise unterscheiden, ob es sich um einen Gewaltbruch oder einen
Schwingbruch, um eine Schwingbelastung wenig oder weit oberhalb der
Dauerfestigkeit, um eine wechselnde oder eine schwellende Belastung, um
eine Biege- oder eine Verdrehbelastung, um eine Belastung mit konstanter
oder mit veränderlicher Amplitude handelte.
Damit ergeben sich Hinweise, welche schwingbruchbestimmenden Belas-
tungen im Betrieb vorgeherrscht haben mögen, ob demnach die beim Be-
triebsfestigkeits-Nachweis zugrunde gelegten Belastungen zutreffen, oder ob
ein bisher nicht bedachter Lastfall in Erwägung zu ziehen ist, Abschn. 4.1.3.
Eine Erklärung für den aufgetretenen Schwingbruch folgt möglicherweise
auch aus Fragen nach bisher unberücksichtigten Belastungen, beispielsweise
ob die Größe der rechnerisch angesetzten Betriebslasten durch dynamische
Einflüsse überhöht sein kann, ob eine Schwingungserregung der Struktur vor-
liegt, ob stoßartige Belastungen auftreten oder ob Zusatzbeanspruchungen
aus der Art des Antriebs, aus seinem Anlauf-Verhalten oder aus seinem nicht
optimierten Regelverhalten entstehen. Weiterhin interessiert, welche Häufig-
keit und Kollektivform der Belastung zu veranschlagen ist.
Sofern auch durch derartige Betrachtungen keine hinreichende Klarheit
über die tatsächlich auftretenden Belastungen gewonnen wird, so sollte eine
entsprechend angelegte Messung der Betriebsbelastung erwogen werden.
4.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb 587

Hinweise aus Teilaufgabe 4: Auftretende Beanspruchung


Ausgangspunkt und Verlauf des aufgetretenen Schwingbruchs gestatten auch
einen Vergleich mit der Spannungsverteilung im Bruchquerschnitt, die für
den Betriebsfestigkeits-Nachweis errechnet wurde, Abschn. 4.1.4.
Ist der Ausgangspunkt des Schwingbruchs durch eine Kerbstelle gegeben,
liegt es auf der Hand, diese Kerbstelle zu entschärfen. Doch muss dabei be-
dacht werden, dass sich eine benachbarte Kerbstelle bei nur wenig verbesser-
ter Lebensdauer als die dann schwingbruch-bestimmende erweisen kann, weil
die Kerbspannung dort nur unwesentlich niedriger ist als an der bisherigen
Bruchausgangsstelle. Diese Situation, die mit dem Begriff der „konkurrieren-
den Kerben“ belegt ist, besteht insbesondere bei hochausgelasteten Konstruk-
tionen, die eine gut ausgewogene Detailgestaltung der verschiedenen Kerb-
stellen aufweisen.

Hinweise aus Teilaufgabe 5: Ertragbare Beanspruchungshöhe


Unter diese Teilaufgabe fällt die Frage, ob der Werkstoff, die Form und die Ab-
messungen, der Oberflächenzustand und andere Merkmale des gebrochenen
Bauteils den Zeichnungs- und Qualitäts-Anforderungen entsprechen. Weiter-
hin die Frage, ob etwa schwingfestigkeitsmindernde Einflüsse, wie z.B. Reib-
korrosion, Spannungsrisskorrosion, Schwingungsrisskorrosion, ein Oberflä-
chenfehler oder gar ein Härteriss vorgelegen haben. Eine Beantwortung dieser
Fragen ist aus Untersuchungen am Bauteil oder daraus entnommenen Proben
zu erhalten.
Führt die Schadensanalyse zu dem Schluss, dass die Schwingfestigkeit des
Bauteils in einem bestimmten Verhältnis gesteigert werden muss, so bieten
sich dazu vornehmlich diejenigen der im Abschn. 4.2.1 unter der Teilaufgabe
5 erörterten Maßnahmen an, die sich ohne Veränderung der Einbaumaße ver-
wirklichen lassen.
Die Möglichkeit eines ergänzenden experimentellen Nachweises sollte
zum einen in Betracht gezogen werden, wenn über die anzusetzenden
Schwingfestigkeitswerte größere Unklarheiten bestehen. Zum anderen sind
sie angezeigt um nachzuweisen, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur
Steigerung der Schwingfestigkeit den gewünschten Erfolg haben, was auf
einfache Weise durch einen Vergleich der Lebensdauerlinien für die bisheri-
ge und für die geänderte Ausführung anhand von Betriebsfestigkeits-Ver-
suchen mit einer geeigneten Standard-Lastfolge geschehen kann, Abschn. 2.2
und 2.3.

Hinweise aus Teilaufgabe 6: Abzudeckende Streueinflüsse


Unter dem Gesichtspunkt der Lebensdauer-Streuung lässt sich der aufgetre-
tene Schadensfall in Beziehung setzen zu den Lebensdauerwerten, die alle
gleichartigen Bauteile nach bisheriger Erfahrung bereits erreicht haben. Je
nachdem, ob die Gesamtheit der Bauteile
588 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

– die geforderte Nutzungsdauer insgesamt und bei


hinreichend kleiner Ausfallwahrscheinlichkeit,
– die geforderte Nutzungsdauer zwar im Mittel,
aber bei einer überhöhten Ausfallwahrscheinlichkeit,
– die geforderte Nutzungsdauer nicht einmal im Mittel
und demgemäß nur mit hoher Ausfallwahrscheinlichkeit
erreichten, werden drei unterschiedliche Problem-Situationen erkennbar.
Der erste Fall ist beispielsweise gegeben, wenn sich der Schadensfall auf ein
bereits vielfach und langzeitig bewährtes Bauteil bezieht. Es ist dann zu ver-
muten und müsste sich durch die Schadensanalyse bestätigen, dass dieses Ver-
sagen ein Einzelstück betrifft, dessen Eigenschaften außerhalb der Qualitäts-
anforderungen liegen. Es bleibt dann zu entscheiden, ob weitere Bauteile mit
diesen unzulänglichen Eigenschaften zum Einsatz gekommen sein können
und ausfindig gemacht werden müssen, und ob aufgrund dieser Sachlage eine
verschärfte oder eine ergänzende Qualitätsprüfung angezeigt ist.
Der zweite Fall stellt sich beispielsweise mit einzelnen vorzeitigen Schwing-
brüchen eines ansonsten bewährten Bauteils dar. Die Frage ist dann, ob diese
vorzeitigen Schwingbrüche mit ungünstigen Betriebsbedingungen oder mit
ungünstigen Bauteileigenschaften oder mit beiden Umständen in Verbindung
zu bringen sind. Schon eine mäßige Verbesserung des Schwingfestigkeits-Ver-
haltens dürfte ausreichen, um vorzeitige Brüche solcher Bauteile künftig aus-
zuschließen.
Der dritte Fall liegt vor, wenn ein Schwingbruch bei einem oder gar bei
mehreren Bauteilen der ersten Serie vor Erreichen der geforderten Nutzungs-
dauer auftritt. Mit großer Wahrscheinlichkeit kann für solche vorzeitige
Schwingbrüche eine systematische Fehleinschätzung
– der tatsächlich einwirkenden Belastung,
– der daraus errechneten Beanspruchung oder
– der angesetzten ertragbaren Beanspruchung
als Ursache des Versagens unterstellt werden. Die zutreffende Ursache gilt es
zu ergründen, um über geeignete Maßnahmen entscheiden zu können.

Hinweise aus Teilaufgabe 7: Erzieltes Ergebnis, erforderliche Verbesserung


Nach Griese kann jeder Schwingbruch im Betrieb auch aufgefasst und ausge-
wertet werden als „das Ergebnis eines Betriebsfestigkeits-Versuchs unter rea-
len Betriebsbedingungen“, Abb. 4.2–1 bis 3:

Für die anzusetzende Betriebsbeanspruchung S a, B bezeichnet er die Le-

bensdauer N Bruch für eine Ausfallwahrscheinlichkeit, die sich, wie vorstehend
beschrieben, im Fall 3 zu PA, Bruch = 50% und im Fall 2 zu PA, Bruch < 50% ab-
schätzen lässt. Mit diesen Daten ist ein „Versuchspunkt“ auf der für die bishe-
rige Ausführung tatsächlich gültigen Lebensdauerlinie bestimmt. Bei Auftra-
gung im doppellogarithmischen Netz verläuft sie in vertikaler Richtung pa-
rallel verschoben zu dem Lebensdauerlinien-Streuband, das nach den Voraus-
4.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb 589

Abb. 4.2–1a, b. Auswertung der bis zum


– vorzeitigen Schwingbruch eines Bauteils im Be-
trieb ertragenen Schwingspielzahl N Bruch zum Abschätzen der erforderlichen Schwing-
festigkeits-Steigerung im Verhältnis VS , a Lebensdauer-Streuband für den erforderlichen
Nachweis, b tatsächlich zutreffendes Lebensdauer-Streuband

Abb. 4.2–2a, b. Auswertung der bis–zum vorzeitigen Schwingbruch eines Bauteils im Be-
trieb ertragenen Schwingspielzahl N Bruch zum Abschätzen der erforderlichen Lebensdauer-
Steigerung im Verhältnis VL ,
a Lebensdauer-Streuband für den erforderlichen Nachweis,
b tatsächlich zutreffendes Lebensdauer-Streuband
590 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Abb. 4.2–3. Auswertung der bis


– zum vorzeitigen Schwingbruch eines Bauteils im Betrieb
ertragenen Schwingspielzahl N Bruch zum Abschätzen der erforderlichen Beanspruchungs-
Absenkung im Betrieb im Verhältnis VB

setzungen des vorangegangenen oder eines erforderlichen Betriebsfestig-


keits-Nachweises gelten sollte. Das heisst, dass bei ihm die geforderte Nut-

zungsdauer N Ford mit der vertretbar erachteten Ausfallwahrscheinlichkeit
zul PA gerade erfüllt wird, Abb. 4.2–1.
Innerhalb dieses Streubandes interessiert nun die Lebensdauerlinie, die der
für den Schwingbruch abgeschätzten Ausfallwahrscheinlichkeit PA, Bruch ent-
spricht. Aus ihrem Abstand von der durch den Schwingbruch belegten Le-
bensdauerlinie und mit der Sicherheitszahl jS nach Gl. (3.5–10) und u0 für
PA, Bruch nach Abb. 3.5–3 lässt sich
– die erforderliche Steigerung der Schwingfestigkeit, Verhältniswert VS nach
Abb. 4.2–1,
– die erforderliche Steigerung der Lebensdauer, Verhältniswert VL nach Abb.
4.2–2, oder
– die erforderliche Absenkung der im Betrieb auftretenden Beanspruchung,
Verhältniswert VB nach Abb. 4.2–3,
beziffern. Es gilt:
– – – –
VS = VL1/k = 1 / VB = jS, x · (N Ford / N Bruch)1/ k (4.2–1)
mit jS, x = 10– (u0 – uB) · s ⬉ jS = 10–u0 · s (4.2–2)
und uB = u für PA, Bruch nach Abb. 3.5–3.
Aus Abb. 4.2–2 wird insbesondere auch deutlich, dass es nicht genügt, eine
– –
Verbesserung der Lebensdauer von N Bruch auf N Ford zu bewirken, weil dann
4.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb 591


die geforderte Lebensdauer N Ford noch mit der zu hohen Ausfallwahrschein-
lichkeit PA, Bruch verbunden wäre.Vielmehr muss eine noch weitergehende Ver-
besserung entsprechend dem (spannungsbezogenen) Faktor jS, x herbeige-
führt werden, um auch noch die Ausfallwahrscheinlichkeit auf den Wert zul PA
abzumindern.

Hinweise aus Teilaufgabe 8: Dokumentation und Rückkopplung


der Erkenntnisse
Wird trotz positiven Ergebnissen eines rechnerischen Betriebsfestigkeits-
Nachweises im späteren Betrieb ein Schwingbruchschaden verzeichnet, so ist
neben der Abklärung aller übrigen Ursachen auch die Frage angebracht, ob
der Schaden etwa auch die Folge einer unzureichenden Dokumentation sein
könnte.
Eine unzureichende Dokumentation von betriebsfestigkeitsbestimmenden
Konstruktions- und Fertigungsmerkmalen in den Zeichnungsunterlagen wird
durch folgendes Beispiel veranschaulicht: Gelegentliche Schwingbrüche an
einer in Großserie, aber noch nicht auf Transferstraße gefertigten Kurbelwelle
konnten durch Schwingfestigkeits-Versuche an zufällig aus der Serie gegriffe-
nen Prüflingen nicht erklärt und erst durch die Befunde einer Schadensanaly-
se im Folgenden dadurch ausgeschlossen werden, dass der Hohlkehlradius am
Zapfenübergang zum Kontrollmaß gemacht wurde, denn bei den gebrochenen
Kurbelwellen war er nicht korrekt ausgeführt.
Darüber hinaus verdeutlicht dieses Beispiel, dass es für die Klärung eines
Schadensfalles von unersetzlichem Wert sein kann, Zugriff auf das schadhafte
Bauteil zu haben.
Ein weiterer Hinweis betrifft die notwendige Rückkopplung von Erkennt-
nissen: Auch wenn das Auftreten eines Schwingbruchschadens nicht zu den
Erfolgserlebnissen des zuständigen Ingenieurs zählen mag, so sollte deshalb
die Chance, aus einem Schaden klug zu werden, nicht vertan werden. Das
heißt mit anderen Worten, dass die Ergebnisse und die Erkenntnisse aus einer
durchgeführten Schadensanalyse in Form eines korrigierenden Nachtrags zu
dem ursprünglichen Betriebsfestigkeits-Nachweis dokumentiert und allen an
der ursprünglichen Konstruktion Beteiligten als Information zugeleitet wer-
den sollten.
Wie bedeutsam diese Rückkopplung der Information sein kann, wird aus
folgendem Beispiel ersichtlich: Schadensfälle an einem in Serie gefertigten
Bauteil gaben Anlass zu einer Betriebsfestigkeits-Untersuchung. Das anschlie-
ßend durch die Betriebserfahrung bestätigte Ergebnis war, den hochvergüte-
ten Stahl 50Cr4 durch den niedriger vergüteten Stahl 42CrMo4 in Verbindung
mit einer optimierten Formgebung zu ersetzen, um die geforderte Lebensdau-
er zu erreichen. Einige Zeit später kam die Nachfolgekonstruktion zur Unter-
suchung: Das betreffende Bauteil war wieder aus dem hochvergüteten Stahl
und in der alten Form ausgeführt. Nachfragen ergaben, dass das Ergebnis der
ersten Untersuchung dem zuständigen Konstrukteur nicht zur Kenntnis ge-
592 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

kommen war, so dass er auch bei der Nachfolgekonstruktion anhand seiner


unveränderten Arbeitsunterlagen vorging.

4.3
Betriebsfestigkeit und methodisches Konstruieren
4.3.1
Wesen des methodischen Konstruierens

Methodisches Konstruieren erfordert ein Einhalten fest vorgegebener Ar-


beits- und Entscheidungsschritte mit methodischen Anweisungen [430, 431]:
Klären der Aufgabe – Konzipieren – Entwerfen – Ausarbeiten.
Das Vorgehen orientiert sich an einem allgemeinen Lösungsprozess, wie er
für jede Art von Problemen anwendbar ist, Abb. 4.3–1. Die einzelnen Arbeits-
und Entscheidungsschritte sind aufeinander abgestimmt mit dem Ziel, alle für
die Lösung der Aufgabe relevanten Gesichtspunkte zu erkennen und sie zum
frühest geeigneten Zeitpunkt in den Konstruktionsprozess einzubringen.
Kennzeichnend ist, dass eine Lösung erst gesucht wird, nachdem die Aufgabe
durch Information und Definition in ihrer Zielsetzung ausreichend geklärt
ist. Lösungsvorschläge werden anhand dieser Zielsetzung überprüft und be-
urteilt.
In konsequenter Anwendung zwingt dieses Vorgehen, auch Fragen der Be-
triebsfestigkeit zum frühestmöglichen Zeitpunkt an bestimmten Knoten-
punkten des Konstruktionsprozesses zu berücksichtigen. Der nachstehende
Abriss ist angelehnt an die Konstruktionslehre von Pahl-Beitz [431–433]:

Abb. 4.3–1. Allgemeiner Lösungsprozess [430]


4.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens 593

Klären der Aufgabe


Häufiger Mangel und häufige Ursache für Fehlentwicklungen ist eine nicht
hinreichend geklärte Aufgabenstellung. Das methodische Vorgehen soll von
vornherein solche Situationen vermeiden, indem ein erster Arbeitsschritt ei-
nem Klären der Aufgabe und einem Festlegen von Anforderungen gilt, die als
(unabdingbare) Forderungen oder als (nach Möglichkeit zu erfüllende) Wün-
sche gegeben sein können. Konkret geschieht dies in einer Anforderungsliste,
die zu Beginn sorgfältig aufgestellt und während der konstruktiven Entwick-
lung auf aktuellem Stand gehalten wird.
Die in die Anforderungsliste aufzunehmenden Ziele und Bedingungen für
die Konstruktionsaufgabe ergeben sich entweder als Forderungen oder als
Wünsche, die seitens des Auftraggebers bestehen. Fehlende Vorgaben sind als
interne Festlegungen zu ergänzen. Die Anforderungsliste ist damit aktuelle
Arbeitsunterlage und zugleich Ausweis gegenüber Geschäftsleitung und Ver-
kauf, die den auftraggebenden Partner zur Stellungnahme veranlassen wird,
falls er mit diesen intern getroffenen Festlegungen nicht einverstanden sein
sollte. Wie Anforderungslisten aussehen und wie mit ihnen gearbeitet wird,
kann in [431] nachgelesen werden.
Das Aufstellen der Anforderungsliste geschieht zweckmäßig nach einer
Leitlinie, Tabelle 4.3–1, die sich aus Merkmalen zusammensetzt. Diese Merk-
male sind allgemeingültig gefasst, auf die aktuelle Aufgabe übertragen sind sie
aber mit ihrer beabsichtigten Redundanz anregend und zwingend genug, um
die wesentlichen Fragen aufzuwerfen und zu präzisieren.
Diese Merkmale führen auch zugleich an einen ersten Knotenpunkt zur
Betriebsfestigkeit: Wenn nicht schon Fragen der Geometrie und Kinematik
Probleme der Betriebsfestigkeit erkennen lassen, so werden sie mit den Fra-
gen nach Kraftrichtung, Kraftgröße und Krafthäufigkeit oder in Verbindung
mit den Merkmalen Energie, Stoff, Signal, Fertigung, besonders aber bei den
Merkmalen Gebrauch (z.B. Lebensdauererwartung) oder Instandhaltung an-
gesprochen. Ebenso werden Umgebungseinflüsse und besondere Bedingun-
gen bewusst gemacht. So führt die Anwendung der Leitlinie auf Informatio-
nen, die mögliche Probleme der Betriebsfestigkeit aufzeigen. Auch werden die
Bedingungen offenbar, unter denen die Haltbarkeit des Bauteils zu erfüllen ist.
Damit wird eine wesentliche Voraussetzung zur Lösungssuche sowie zur Be-
urteilung von Lösungsalternativen geschaffen. Zugleich sind Forderungen for-
muliert für spätere experimentelle Betriebsfestigkeits-Untersuchungen, soll-
ten sie sich als erforderlich erweisen.

Konzipieren
Ist die Aufgabe hinreichend geklärt, so darf mit dem Erarbeiten eines prinzi-
piellen Lösungs-Konzeptes begonnen werden, Abb. 4.3–2. Auch hier beginnen
nicht unmittelbar kreative Tätigkeiten, sondern in einem Abstraktionsvor-
gang wird zunächst im Sinne einer Definition der Wesenskern der Aufgabe mit
seinen wesentlichen Problemen geklärt. Im nächsten Schritt wird dann ver-
594 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Tabelle 4.3–1. Leitlinie zum Aufstellen einer Anforderungsliste [431]

Hauptmerkmal Beispiele

Geometrie Größe, Höhe, Breite, Länge, Durchmesser, Raumbedarf, Anzahl,


Anordnung, Anschluss, Ausbau und Erweiterung
Kinematik Bewegungsart, Bewegungsrichtung, Geschwindigkeit,
Beschleunigung
Kräfte Kraftrichtung, Kraftgröße, Krafthäufigkeit, Gewicht, Last,
Verformung, Steifigkeit, Federeigenschaften, Massenkräfte,
Stabilität, Resonanzlage
Energie Leistung, Wirkungsgrad, Verlust, Reibung, Ventilation, Zustand,
Druck, Temperatur, Erwärmung, Kühlung, Anschlussenergie,
Speicherung, Arbeitsaufnahme, Energieumformung
Stoff Materialfluss und Materialtransport
Physikalische und chemische Eigenschaften des Eingangs- und
Ausgangsproduktes, Hilfsstoffe, vorgeschriebene Werkstoffe
Signal Eingangs- und Ausgangsmessgrößen, Signalform, Anzeige,
Betriebs- und Überwachungsgeräte
Sicherheit Unmittelbare Sicherheitstechnik, Schutzsysteme, Arbeits-
und Umweltsicherheit
Ergonomie Mensch – Maschine-Beziehung: Bedienung, Bedienungshöhe,
Bedienungsart, Übersichtlichkeit, Sitzkomfort, Beleuchtung,
Formgestaltung
Fertigung Einschränkung durch Produktionsstätte, größte herstellbare
Abmessung, bevorzugtes Fertigungsverfahren, Fertigungsmittel,
mögliche Qualität und Toleranzen, Ausschussquote
Kontrolle Mess- und Prüfmöglichkeit, besondere Vorschriften
(TÜV, ASME, DIN, ISO, AD-Merkblätter)
Montage Besondere Montagevorschriften, Zusammenbau, Einbau,
Baustellenmontage, Fundamentierung
Transport Begrenzung durch Hebezeuge, Bahnprofil, Transportwege
nach Größe und Gewicht, Versandart und -bedingungen
Gebrauch Geräuscharmut, Verschleißrate, Anwendung und Absatzgebiet,
Einsatzort (z.B. schwefelige Atmosphäre, Tropen …)
Instandhaltung Wartungsfreiheit bzw. Anzahl und Zeitbedarf der Wartung,
Inspektion, Austausch und Instandsetzung, Anstrich, Säuberung
Kosten Max. zulässige Herstellkosten, Werkzeugkosten, Investition und
Amortisation
Termin Ende der Entwicklung, Netzplan für Zwischenschritte, Lieferzeit
4.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens 595

Abb. 4.3–2. Arbeitsschritte beim Konstruieren [430]


596 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

sucht, die zu erfüllenden Funktionen, ihre Zuordnung und ihre Verknüpfung


untereinander zu erkennen. Erst danach setzt die Lösungssuche ein, die, durch
Suchmethoden unterstützt, in der Regel eine Fülle von Lösungsprinzipien
bringt: Suche und Festlegen von physikalischen Effekten, prinzipielle Anord-
nung von Wirkflächen und -bewegungen, sowie Wahl der grundsätzlichen
Stoffeigenschaften. Die so gewonnenen Lösungsprinzipien sind nur in weni-
gen Fällen direkt einsetzbar. Ihre Verträglichkeit, ihre Wirkungshöhe, ihre
Wirtschaftlichkeit müssen überprüft werden. Vor allen Dingen ist zu prüfen,
ob sie überhaupt die bestehenden Forderungen nach der Anforderungsliste
erfüllen können. Dazu dient ein Auswahlverfahren, um grob abzuschätzen, in-
wieweit bestehende Forderungen erfüllbar sind. Aussichtsreiche Kombinatio-
nen werden grob maßstäblich konkretisiert und sodann einem Bewertungs-
verfahren unterzogen.

Tabelle 4.3–2. Leitlinie zum Bewerten von Konzeptvarianten [282]

Hauptmerkmal Beispiele

Funktion Eigenschaften erforderlicher Nebenfunktionsträger, die sich aus


dem gewählten Lösungsprinzip oder aus der Konzeptvariante
zwangsläufig ergeben
Wirkprinzip Eigenschaften des oder der gewählten Prinzipien hinsichtlich
einfacher und eindeutiger Funktionserfüllung, ausreichende
Wirkung, geringe Störgrößen
Gestaltung Geringe Zahl der Komponenten, wenig Komplexität, geringer
Raumbedarf, keine besonderen Werkstoff- und Auslegungs-
probleme
Sicherheit Bevorzugung der unmittelbaren Sicherheitstechnik
(von Natur aus sicher),
keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen nötig, Arbeits- oder
Umweltsicherheit gewährleistet
Ergonomie Mensch – Maschine-Beziehung befriedigend, keine Belastung oder
Beeinträchtigung, gute Formgestaltung
Fertigung Wenige und gebräuchliche Fertigungsverfahren, keine aufwendigen
Vorrichtungen, geringe Zahl einfacher Teile
Kontrolle Wenige Kontrollen oder Prüfungen notwendig, einfach und
aussagesicher durchführbar
Montage Leicht, bequem und schnell, keine besonderen Hilfsmittel
Transport Normale Transportmöglichkeiten, keine Risiken
Gebrauch Einfacher Betrieb, lange Lebensdauer, geringer Verschleiß,
leichte und sinnfällige Bedienung
Instandhaltung Geringe und einfache Wartung und Säuberung, leichte Inspektion,
problemlose Instandsetzung
Aufwand Keine besonderen Betriebs- oder sonstigen Nebenkosten,
keine Terminrisiken
4.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens 597

Dazu bestehen wiederum Pflichtkriterien, Tabelle 4.3–2, die zumindest im-


plizit auf Fragen der Betriebsfestigkeit hinweisen: Funktion, Wirkprinzip, Ge-
staltung, Sicherheit, Kontrolle, Gebrauch. Sie machen deutlich, dass mit dem
Erkennen des Wesenskernes der Aufgabe und mit dem Auswählen von Lö-
sungsprinzipien schon beim Konzipieren wichtige und grundsätzliche Ent-
scheidungen gefällt werden, die Bezug zur Betriebsfestigkeit haben: Beispiels-
weise, welche Lastfälle möglich erscheinen, ob dynamische oder stochastische
Beanspruchungen auftreten oder sich vermeiden lassen, ob zu fordernde
Eigenschaften verlässlich kontrolliert werden können, welche Risiken be-
stehen bzw. mit welchen Ausfallmöglichkeiten zu rechnen ist.

Entwerfen
Das ausgewählte Konzept wird im Entwurfsprozess weiter konkretisiert.
Dabei beginnt der eigentliche Gestaltungsvorgang, der nun Werkstoff, Form
und Fertigungsverfahren im Einzelnen festzulegen verlangt. Der Entwurfs-
prozess folgt im Prinzip wiederum dem allgemeinen Lösungsprozess nach
Abb. 4.3–1, jedoch auf konkreter Ebene, Abb. 4.3–2: Vom vorliegenden Kon-
zept ausgehend werden alle gestaltungsbestimmenden Anforderungen zum
Bewusstsein gebracht und zusammengestellt, die bestehenden Randbedin-
gungen räumlicher Art werden klargestellt und die bauliche Struktur wird
entwickelt.
Das Grobgestalten beginnt mit denjenigen Bauteilen, die Hauptfunktionen
zu übernehmen haben.
Bei optimal erscheinenden Konzepten stellen sich Fragen der Betriebsfes-
tigkeit oft in besonderem Maße, weil vom guten Prinzip auch eine optimale
Ausnutzung der Komponenten erwartet oder verlangt wird. Schon in der
Grobgestalt ist auf günstige Voraussetzungen zur Betriebsfestigkeit zu achten,
und zwar durch Einhalten der Gestaltungsregeln „eindeutig“ und „einfach“
bezüglich Gestalt, Lastangriff, Beanspruchungsart, Spannungsverteilung und
eines beherrschbaren dynamischen Systemaufbaus. Eine in dieser Hinsicht
konsequent vorgenommene Grobgestaltung ist im Grunde unerlässliche Vo-
raussetzung zum Erreichen einer hohen Betriebsfestigkeit bei geringstmög-
lichem Aufwand.
Nach Auswahl geeigneter Grobentwürfe wird die Feingestaltung vorge-
nommen, und zwar wiederum von der Leitlinie mit den bekannten Merkma-
len gesteuert, die nun dem erreichten Konkretisierungsstand angepasst ist, Ta-
belle 4.3–3. Da Funktion und Wirkprinzip bekannt sind, steht die Auslegung
im Vordergrund. Bei der konstruktiven Arbeit sollte die angegebene Reihen-
folge eingehalten werden: So wie es nicht sinnvoll ist, über die Auslegung zu
diskutieren, ohne vorher Funktion und Wirkprinzip erarbeitet zu haben, ist es
nicht arbeitssparend, z.B. über Resonanzfreiheit oder Ausdehnungsfragen nä-
her zu sprechen, wenn nicht vorher geklärt ist, ob die Haltbarkeit oder eine be-
grenzte Formänderung unter den gegebenen Umständen überhaupt erreich-
bar ist. Selbstverständlich beeinflussen sich diese Fragen und sie haben Rück-
598 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Tabelle 4.3–3. Leitlinie beim Gestalten [431]

Hauptmerkmal Beispiele

Funktion Wird die vorgesehene Funktion erfüllt?


Welche Nebenfunktionen sind erforderlich?
Wirkprinzip Bringen die gewählten Wirkprinzipien den gewünschten Effekt,
Wirkungsgrad und Nutzen?
Welche Störungen sind aus dem Prinzip zu erwarten?
Auslegung Garantieren die gewählten Formen und Abmessungen mit dem
vorgesehenen Werkstoff bei der festgelegten Gebrauchszeit
und unter der auftretenden Belastung ausreichende Haltbarkeit,
zulässige Formänderung, genügende Stabilität, genügende
Resonanzfreiheit, störungsfreie Ausdehnung, annehmbares
Korrosions- und Verschleißverhalten?
Sicherheit Sind die Bauteil-, Funktions-, Arbeits- und Umweltsicherheit
beeinflussenden Faktoren berücksichtigt?
Ergonomie Sind die Mensch – Maschine-Beziehungen beachtet?
Sind Belastungen oder Beeinträchtigungen vermieden?
Wurde auf gute Formgestaltung (Design) geachtet?
Fertigung Sind Fertigungsgesichtspunkte in technologischer und
wirtschaftlicher Hinsicht berücksichtigt?
Kontrolle Sind die notwendigen Kontrollen während und nach der Fertigung
oder zu einem sonst erforderlichen Zeitpunkt möglich und als
solche veranlasst?
Montage Können alle inner- und außerbetrieblichen Montagevorgänge
einfach und eindeutig vorgenommen werden?
Transport Sind inner- und außerbetriebliche Transportbedingungen und
-risiken überprüft und berücksichtigt?
Gebrauch Sind alle beim Gebrauch oder Betrieb auftretenden Erscheinungen,
wie z.B. Geräuch, Erschütterung, Handhabung in ausreichendem
Maße beachtet?
Instandhaltung Sind die für eine Wartung, Inspektion und Instandsetzung
erforderlichen Maßnahmen in sicherer Weise durchführbar
und kontrollierbar?
Kosten Sind vorgegebene Kostengrenzen einzuhalten?
Entstehen zusätzliche Betriebs- oder Nebenkosten?
Termin Sind die Termine einhaltbar?
Gibt es Gestaltungsmöglichkeiten, die die Terminsituation
verbessern können?
4.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens 599

Tabelle 4.3–4. Leitlinie zum Bewerten von Entwurfsvarianten [431]

Funktion Erfüllung bei gewähltem Wirkprinzip: Gleichförmigkeit, Dichtigkeit,


guter Wirkungsgrad, störunempfindlich, keine Verluste
Gestalt Größe, Raumbedarf, Gewicht, Anordnung, Lage, Anpassung
Auslegung Ausnutzung, Haltbarkeit, Verformung, Formänderungsvermögen,
Lebens- bzw. Gebrauchsdauer, Verschleiß, Schockfestigkeit, Stabilität,
Resonanz
Sicherheit Unmittelbare Sicherheitstechnik, Arbeitssicherheit, Umweltschutz
Ergonomie Mensch – Maschine-Beziehung, Arbeitsbelastung, Bedienung,
Ästhetische Gesichtspunkte, Formgestaltung
Fertigung Risikolose Bearbeitung, kurze Abbindezeit, Wärmebehandlung,
Oberflächenbehandlung vermeiden, Toleranzen (soweit durch
Herstellkosten nicht erfasst)
Kontrolle Einhaltung von Qualitätseigenschaften, Prüfbarkeit
Montage Eindeutig, leicht, bequem, Einstellbarkeit, Nachrüstbarkeit
Transport Inner- und außerbetrieblich, Versandart, notwendige Verpackung
Gebrauch Handhabung, Betriebsverhalten, Korrosionseigenschaften,
Verbrauch an Betriebsmittel
Instandhaltung Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Austausch
Kosten Gesondert durch wirtschaftliche Wertigkeit erfasst
Termin Ablauf- und terminbestimmende Eigenschaften

wirkungen, aber die genannte Reihenfolge stellt in der Regel ein arbeitsspa-
rendes und zielgerichtetes Vorgehen dar.
Die technisch-wirtschaftliche Bewertung gibt mit der Schwachstellensuche
in dieser Phase besondere Gelegenheit, über das Pflichtkriterium „Auslegung“
die Gesichtspunkte der Betriebsfestigkeit in die Beurteilung einfließen zu las-
sen, Tabelle 4.3–4. Der endgültige Entwurf wird einer Kontrolle auf Fehler und
Störgrößeneinflüsse unterzogen. Dazu kann eine Fehlerbaumanalyse zweck-
mäßig sein [285]. Sie deckt Ausfallursachen und Ausfallmöglichkeiten auf, de-
nen dann durch konstruktive, fertigungstechnische, montageseitige und be-
triebliche Maßnahmen begegnet werden kann.

Ausarbeiten
In der Phase der Ausarbeitung, Abb. 4.3–2, ist im Zuge der Detailfestlegung
peinlich darauf zu achten, dass die Voraussetzungen und Absichten des Ent-
wurfs voll in die Fertigungsunterlagen einfließen und im Fertigungsprozess
durchgehalten werden. Die vorgesehenen Maßnahmen zur Qualitätssicherung
sind nicht zuletzt auch den erkannten Erfordernissen zum Gewährleisten der
Betriebsfestigkeit anzupassen, Abschn. 3.5.2.
600 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

4.3.2
Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit

Beim methodischen Vorgehen im Konstruktionsprozess werden nach Pahl


[432] neun Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit erkennbar, Tabelle 4.3–5.
An diesen Knotenpunkten werden Informationen gewonnen, die entschei-
den lassen, ob im weiteren Verlauf der Konstruktionsarbeit Untersuchungen
zur Betriebsfestigkeit notwendig werden. Gegebenenfalls sollten spätestens ab
diesem Zeitpunkt auch die für eine Betriebsfestigkeits-Untersuchung relevan-
ten Forderungen in der Anforderungsliste enthalten sein. Zweckmäßig wird
an den einzelnen Knotenpunkten ein Fachmann für Werkstoff- und Betriebs-
festigkeitsfragen beratend hinzugezogen, auch um mit ihm die Verfügbarkeit
zweckdienlicher Unterlagen zu besprechen.
Dabei wird keineswegs verkannt, dass besonders in der Konzeptphase oft
nur qualitative Aussagen möglich sind. Dennoch sind sie als Steuerungsgrö-
ßen von hohem Wert. Mit fortschreitender Konkretisierung des Konzeptes
und des Entwurfs werden die geforderten Antworten zu Fragen der Betriebs-
festigkeit nicht nur konkreter sein müssen, sondern auch sein können. Unter-
suchungen im Prüffeld und/oder Labor sind dann vielleicht unumgänglich, in
enger Anbindung an die Knotenpunkte jedoch rechtzeitig und orientiert an
der Anforderungsliste auch zielgerichtet angehbar.
Ausgehend von den damit aufgezeigten Zusammenhängen zwischen dem
Prozess des methodischen Konstruierens und einem Behandeln von Betriebs-
festigkeitsfragen bleibt zu erörtern, auf welche Weise die Kriterien und Ver-

Tabelle 4.3–5. Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit [432]

Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit Erfordernisse der Betriebsfestigkeit

1 Aufstellen der Anforderungsliste Forderungen, Wünsche und Bedingungen


klären
2 Erkennen des Wesenskerns Problemart erkennen
3 Auswählen von Lösungsprinzipien Prinzipiell geeignete Lösungen aussuchen
4 Bewerten von Konzeptvarianten Optimales Konzept erkennen
5 Grobgestalten Eindeutige und einfache, beanspruchungs-
gerechte Struktur entwickeln
6 Feingestalten Detaillierte Formgebung und Werkstoffwahl
unterstützen
7 Bewerten des Entwurfs Optimalen Entwurf finden
8 Kontrolle auf Fehler und Störgrößen Verbesserung im Detail und Optimierung
herbeiführen
9 Detaillieren der Fertigungsunterlagen Form, Oberfläche und Werkstoff endgültig
und eindeutig festlegen
4.3.3 Gewinnen der erforderlichen Informationen 601

fahren der Betriebsfestigkeit in den Konstruktionsprozess einbezogen und ab-


gehandelt werden können.

4.3.3
Gewinnen der erforderlichen Informationen
Um im Zuge des Konstruktionsprozesses die sich aufwerfenden Fragen der Be-
triebsfestigkeit einer Klärung zuzuführen und um erkannte Problemsituatio-
nen im günstigen Sinne beeinflussen zu können, stellt sich primär die Aufgabe,
an den aufgezeigten Knotenpunkten die dazu benötigten, produkt- und kon-
struktionsabhängigen Informationen als Fakten und Daten zu gewinnen [433].
Das zu betrachtende Produkt oder Gebilde wird dazu zweckmäßig als ein
abgegrenztes System aufgefasst, das durch Eingangsgrößen und Ausgangsgrö-
ßen über die definierten Systemgrenzen hinweg mit seiner Umgebung in Ver-
bindung steht. Als Beispiel zeigt Abb. 4.3–3 ein System „Kupplung“, das aus
den Teilsystemen „Elastische Kupplung“ und „Schaltkupplung“ besteht, wäh-
rend es seinerseits als Teilsystem des größeren, übergeordneten Systems „Ma-
schine“ aufgefasst werden kann. Auch lassen sich die Teilsysteme „Elastische
Kupplung“ und „Schaltkupplung“ jeweils weiter in Systemelemente (Einzeltei-
le) aufgliedern, sofern dies zweckdienlich erscheint.

Abb. 4.3–3. System „Kupplung“ [431]. a … h Systemelemente (beispielsweise); i … l An-


schlusselemente; S Gesamtsystem; S1 Teilsystem „Elastische Kupplung“; S2 Teilsystem
„Schaltkupplung“; E Eingangsgrößen (Inputs); A Ausgangsgrößen (Outputs)
602 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Abb. 4.3–4. Konkretisierungsstufen des Systems „Kupplung“, nach Beitz

Funktionen eines Systems sind gekennzeichnet durch die von ihm zu erfül-
lenden Aufgaben. Sie werden beschrieben durch die wirksamen Energie-,
Stoff- und Signalflüsse sowie durch den bewirkten Zusammenhang zwischen
den Eingangs- und Ausgangsgrößen. Physikalische Wirkprinzipien legen das
physikalische Geschehen zum Erfüllen der Funktionen fest. Sie geben bereits
erste Informationen über entstehende Beanspruchungsarten, erforderliche
Bewegungsarten und prinzipielle Stoffeigenschaften, Abb. 4.3–4 veranschau-
licht diese Ausführungen am Beispiel des Systems „Kupplung“ nach Abb.
4.3–3.

Mit der Anforderungsliste vorgegebene Informationen


Die Anforderungsliste verzeichnet die geforderten Funktionen eines Produk-
tes mit Angaben über die zugehörigen Eingangs- und Ausgangsgrößen und
4.3.3 Gewinnen der erforderlichen Informationen 603

allen maßgeblichen Bedingungen. Sie beinhaltet damit bereits wesentliche


Informationen, die auch für das spätere Behandeln von Betriebsfestigkeits-
fragen Bedeutung erlangen, so zum Beispiel Informationen über
– geometrische Randbedingungen,
– methodische Forderungen,
– Betriebsbelastungen als Kräfte, Häufigkeiten, Energiearten,
– vorgeschriebene Werkstoffe und Oberflächenbeschaffenheiten,
– zu berücksichtigende Auslegungsvorschriften,
– Sicherheitsanforderungen, Lebensdauerforderungen,
– Fertigungsgegebenheiten, Stückzahlen,
– Prüfmöglichkeiten und -anforderungen,
– Transporterfordernisse und -bedingungen,
– Gebrauchsbedingungen und -anforderungen,
– Instandhaltungsmöglichkeiten,
– Kosten- und Terminbedingungen.

Aus dem Lösungskonzept abzuleitende Informationen


Lösungsprinzipien als Teillösungen oder Lösungskonzepte als Gesamtlösun-
gen erzwingen das physikalische Wirkprinzip über die entsprechenden Ge-
staltungsmerkmale, wie Wirkflächen oder Wirkkörper, Wirkbewegungen und
Werkstoffe. In der Konzeptphase werden diese Gestaltungsmerkmale zu-
nächst prinzipiell und grundsätzlich festgelegt, in der Entwurfsphase dann im
Zuge der maßstäblichen Gestaltung detailliert und genau. Mit Vorliegen der
prinzipiellen Lösung sind in der Konzeptphase folgende Daten für die Be-
triebsfestigkeit abzuleiten:
– Aus den wirksamen Energiearten ist der Energiefluss durch das System mit
möglicherweise vorhandenen Wandlern, Speichern,Verstärkern, Dämpfern
usw. zu entnehmen.
– Aus der prinzipiellen Festlegung der Wirkflächen hinsichtlich Art, Form
und Lage lassen sich Beanspruchungsarten und zu erwartende Schwach-
stellen erkennen.
– Aus den erforderlichen Wirkbewegungen folgen Angaben über ihre Be-
anspruchungsart (ruhend, translatorisch, rotatorisch), Bewegungsform
(gleichförmig, ungleichförmig) und Beanspruchungsrichtung, woraus
Lastfolge und Kollektivform abgeschätzt werden können.
– Aus den prinzipiellen Stoffeigenschaften, die die physikalischen Effekte und
die Wirkflächen erfordern, können in Frage kommende Werkstoffgruppen,
wie z.B. Kunststoffe, Eisenmetalle oder auch ein korrosives Medium, er-
kannt werden.
Auch wenn der Konkretisierungsgrad eines Lösungskonzepts im Allgemeinen
noch keine quantitativen Aussagen über die Wirkflächengröße, über die Höhe
von Geschwindigkeiten und über die erforderlichen Werkstoffwerte zulässt, so
können doch aus den prinzipiell festgelegten Gestaltungsmerkmalen bereits
604 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

für die Betriebsfestigkeit wichtige Gestaltungszonen und mögliche Stör-


größen erkannt werden. Sie gilt es, bei der anschließenden Detailgestaltung
besonders zu beachten. Ebenfalls kann abgeschätzt werden, ob eine Versuchs-
planung eingeleitet werden sollte. Beispielsweise wird nach Abb. 4.3–6 unter
der Teilfunktion „Drehmomentstöße ausgleichen“ mit der Wahl des physika-
lischen Wirkprinzips „Ausgleichen durch Schubverformung“ für das Lösungs-
prinzip der ringförmige, verdrehbeanspruchte Wirkkörper und die Verwen-
dung des Werkstoffs „Gummi“ nahegelegt und die Frage nach der Verfügbar-
keit von „Betriebsfestigkeitswerten für den Werkstoff Gummi unter Schubbe-
anspruchung“ aufgeworfen.

Aus dem Entwurf abzuleitende Informationen


Im Zuge einer maßstäblichen Konkretisierung der Gestaltungsmerkmale
ergeben sich in der Entwurfsphase nahezu alle notwendigen Angaben und
Details der Gestaltung, um die Betriebsfestigkeit zu ermitteln und zu opti-
mieren.
– Wirkflächen und Wirkkörper werden hinsichtlich Größe, Anzahl und
Werkstoff genau festgelegt und erlauben eine Spannungsermittlung sowie
das Erkennen rissgefährdeter Zonen.
– Wirkbewegungen und konkrete Massenverteilungen ermöglichen das Ab-
schätzen von Schwingungserscheinungen und möglicher Zusatzbeanspru-
chungen aus Verformungen oder Zwängungen oder außerplanmäßigen
Kraftwirkungen.
– Werkstofffestlegungen einschließlich thermischer, mechanischer oder
metallurgischer Nachbehandlungen liefern die Grundlage für das Berech-
nen der Betriebsfestigkeit oder ermöglichen den Start eines entsprechen-
den Versuchsprogramms.
– Die Struktur des Gesamtproduktes mit ihrer Baugruppengliederung lässt
montagebedingte oder fertigungsbedingte Zusatzbeanspruchungen ab-
schätzen und entsprechende Maßnahmen einleiten.
– Erfordernisse der Qualitätsprüfung oder der Instandhaltung können aus
den Einzelteilzeichnungen und aus der Gesamtzeichnung ersehen werden.
– Der Gesamtentwurf ermöglicht eine umfassende Fehlerkontrolle durch das
Betrachten aller planmäßigen wie auch etwaiger unplanmäßiger Betriebs-
zustände oder Betriebsbedingungen und die Erörterung geeigneter Abhilfe-
maßnahmen.
Besondere Bedeutung für das Erkennen und Behandeln von Fragen der Be-
triebsfestigkeit in der Entwurfsphase ist denjenigen Arbeitsschritten beizu-
messen, bei denen der vorliegende Entwurf einer Kontrolle oder Beurteilung
unterzogen wird. Das Ergebnis einer solchen Kontrolle oder Beurteilung kann
in vielen Fällen darin bestehen, vorhergehende Arbeitsschritte der Gestaltung
oder der Ausarbeitung auf der nunmehr erreichten höheren Informations-
stufe nochmals zu durchlaufen mit dem Ziel, das erkannte Betriebsfestigkeits-
4.3.4 Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl 605

problem zu beheben oder zumindest zu entschärfen. Möglichkeiten dazu


bestehen in einem Verbessern oder Optimieren der betreffenden Gestaltungs-
zone, erforderlichenfalls auch unter Ausnutzung schwingfestigkeitssteigern-
der Maßnahmen. Durch dieses Vorgehen ist nicht nur eine wirkungsvolle,
sondern auch eine kostengünstige Behandlung von Betriebsfestigkeitsfragen
zu sehen.

4.3.4
Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl

Die für das Behandeln von Betriebsfestigkeitsfragen typischen Vorgehenswei-


sen und die sich anbietenden Lösungsverfahren lassen sich unschwer in Be-
ziehung bringen zu den Hauptmerkmalen der Gestaltungsleitlinie. Auf diese
Weise ergeben sich sowohl Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl, wie
auch Ansatzpunkte für eine positive Einflussnahme auf die Betriebsfestigkeit.
Der jeweils erreichte Konkretisierungsgrad der Konstruktion bestimmt dabei,
welche Fakten und Daten für die Behandlung erkannter Betriebsfestigkeits-
fragen zur Verfügung stehen. Nach diesem Informationsstand und nach dem
als angemessen erachteten Aufwand lässt sich über die geeigneten Verfahren
entscheiden.
Eine entsprechende Leitlinie mit Bewertungskriterien und Maßnahmen im
Sinne der Betriebsfestigkeit ist deshalb auch getrennt für die Lösungsauswahl
in der Konzeptphase mit Tabelle 4.3–6 und für die Lösungsauswahl in der Ent-
wurfsphase mit Tabelle 4.3–7 zusammengestellt [433].
Während in der Konzeptphase vor allem grundsätzliche qualitative Ent-
scheidungen frühzeitig richtige Weichen zum betriebsfesten Produkt stellen
sollen, können die für die Entwurfsphase zusammengestellten Kriterien und
Maßnahmen eine Bauteil- und Produktoptimierung erleichtern. Eine wei-
tere Unterscheidung der hier aufgeführten Kriterien der Betriebsfestigkeit
im Hinblick auf die Arbeitsschritte des Grobgestaltens, des Feingestaltens
und Detaillierens, wäre wenig sinnvoll. Es sei auch betont, dass beide Tabel-
len nur das methodische Vorgehen andeuten und nicht unbedingt als umfas-
send angesehen werden sollten. Für eine konkrete Aufgabenstellung lassen
sich diese Kriterien bedarfsweise abwandeln und ergänzen, um sicherzustel-
len, dass
– die für die Betriebsfestigkeit maßgeblichen Lastfälle und Beanspruchungs-
zustände,
– die in ihrer Betriebsfestigkeit zu überprüfenden Bauteile und Querschnitte
sowie
– die das Betriebsfestigkeitsverhalten bestimmenden Werkstoffeigenschaften
und Fertigungseinflüsse
frühzeitig erkannt und bei den weiteren Entscheidungen und Festlegungen in
angemessener Weise beachtet werden.
606 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Tabelle 4.3–6. Leitlinie für die Lösungsauswahl in der Konzeptphase mit Bewertungskrite-
rien und Maßnahmen der Betriebsfestigkeit [433]

Merkmal Bewertungskriterien

Funktion Günstige Funktionsstrukturen zum Abbau schwingender System-


eingangsgrößen und zur Vermeidung bzw. Verringerung dynamischer
Betriebskräfte.
Wirkprinzip Günstige Wirkprinzipien zur Vermeidung, zum Abbau oder zur
Beherrschung dynamischer Betriebsbelastungen.

Gestaltung Günstige Wirkflächen, Wirkbewegungen und Werkstoffe


zur Vermeidung, zum Abbau oder zur Beherrschung dynamischer
Betriebsbelastungen.

Sicherheit Geringe Bruchgefahr und Ausfallwahrscheinlichkeit, zuverlässige


Betriebsfestigkeitsermittlung.

Ergonomie Geringe Überhöhung der funktionsbedingten Betiebsbelastungen


durch den Menschen, geeignete Eingriffsmöglichkeiten zum Vermeiden
einer Überbelastung
Fertigung Geringe fertigungsbedingte Beeinflussung der gestaltungsbedingten
Beanspruchungsverhältnisse.
Kontrolle Gute Kontroll- und Prüfmöglichkeiten in der Fertigung und im Betrieb.

Montage Geringe Beeinflussung der durch das Lösungskonzept festgelegten


Beanspruchungsverhältnisse.
Transport Keine Vorschädigung durch Transport und Lagerung.

Gebrauch Hohe Lebensdauererwartung in Entsprechung der Anforderungsliste,


geringe Beeinflussung durch Umgebungsverhältnisse.

Instandhaltung Gute Möglichkeiten von Inspektion, Wartung und Instandsetzung


in Abstimmung auf Betriebsverhältnisse und Lebensdauerforderung.
Kosten – Termin Geringer Zeit- und Kostenaufwand für Betriebsfestigkeitsermittlung.
4.3.4 Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl 607

Maßnahmen der Betriebsfestigkeit

Vorsehen von Dämpfungs-, Ausgleichs- oder Sperrfunktionen. Bevorzugen eindeutiger


und stetiger Energieflüsse.

Bevorzugen physikalischer Effekte mit dämpfenden Eigenschaften, berührungsloser


Energieübertragung, geringen oder gleichförmigen Bewegungen, geringen dynamischen
Störgrößen, lebensdauergünstigen Beanspruchungsarten.
Bevorzugen von Wirkflächen und Wirkkörpern, die eindeutige, berechenbare und günstige
Spannungsverteilungen erwarten lassen und ein beanspruchungsgerechtes Gestalten
ermöglichen. Bevorzugen von stetigen und gleichförmigen Wirkbewegungen oder solchen
mit bekannten und günstigen Lastkollektiven. Bevorzugen von Werkstoffen, deren Betriebs-
festigkeitsverhalten bekannt ist.
Bevorzugen von Lösungskonzepten, die eine unmittelbare Sicherheit ermöglichen oder
zumindest große Folgeschäden vermeiden sowie eine zuverlässige Betriebsfestigkeits-
ermittlung zulassen.
Bevorzugen von Lösungskonzepten, deren Beanspruchungsverhältnisse durch Falsch-
bedienung nicht verschlechtert werden und eine Überbelastung ausschließen.

Bevorzugen von Lösungskonzepten, deren fertigungstechnische Realisierung ohne nach-


teilige Eigen- und Zusatzspannungen und ohne ungünstige Toleranzen möglich ist.
Bevorzugen von Lösungskonzepten, die zuverlässige Gestalt- und Werkstoffprüfungen
sowie Betriebskontrollen ermöglichen.
Bevorzugen von Lösungskonzepten, die eine gleichmäßig ausführbare Montage ohne
Zusatzbeanspruchungen ermöglichen.
Bevorzugen von Lösungskonzepten, die transportbedingte Vorschädigungen vermeiden
bzw. nicht transport- und lagerungsempfindlich sind.
Bevorzugen von Lösungskonzepten ohne oder mit geringen Verschleißzonen, mit
zuverlässiger Lebensdauerabschätzung und geringen Beeinflussungsmöglichkeiten durch
Umgebung.
Bevorzugen von Lösungskonzepten, die eine geplante Inspektion und gegebenenfalls eine
Wartung und Instandsetzung ermöglichen.
Bevorzugen von Lösungskonzepten, die eine rechnerische Betriebsfestigkeitsermittlung
oder kosten- und zeitgünstige Standardversuche ermöglichen.
608 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Tabelle 4.3–7. Leitlinie für die Lösungsauswahl in der Entwurfsphase mit Bewertungskrite-
rien und Maßnahmen der Betriebsfestigkeit [433]

Merkmal Bewertungskriterien

Funktion Zuverlässige Funktionserfüllung ohne Störungen.

Gestalt Günstige Gestalt für niedrige und eindeutige Beanspruchungen, sowie


für die zuverlässige Ermittlung der Gestaltfestigkeit.

Auslegung Günstige Festlegung und Abstimmung von Wirkflächen, Wirkbewe-


gungen und Werkstoffen zur zuverlässigen Gewährleistung der
Betriebsfestigkeit bzw. der geforderten Lebensdauer.

Sicherheit Geringe Bruchgefahr und Ausfallwahrscheinlichkeit. Zuverlässige Be-


triebsfestigkeitsermittlung.

Ergonomie Positive Beeinflussung der Betriebsbelastungen durch den Menschen.

Fertigung Positive Beeinflussung der konstruktiv festgelegten Beanspruchungs-


verhältnisse und der Festigkeitsverhältnisse.

Kontrolle Umfassende Kontroll- und Prüfmöglichkeiten aller die Betriebsfestig-


keit beeinflussenden konstruktiven und fertigungstechnischen Fest-
legungen.
Montage Keine Zusatzbeanspruchungen durch Montage.
Transport Keine Vorschädigungen durch Transport und Lagerung.

Gebrauch Gutes Gebrauchsverhalten hinsichtlich Lebensdauer und Umwelt-


beeinflussung.

Instandhaltung Angepasste Unterstützung der konstruktionsbedingten Betriebsfestig-


keit durch Instandhaltungsmaßnahmen.
Kosten – Termin Angepasster Aufwand der Betriebsfestigkeitsermittlung und ihrer
Optimierung an die gestellten Anforderungen.
4.3.4 Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl 609

Maßnahmen der Betriebsfestigkeit

Bei Anwendung des Prinzips „bedingtes Versagen“ die Erfüllung wichtiger Funktionen
sicherstellen.
Bevorzugen von solchen Formen, Anordnungen und Größen der Wirkflächen und Wirk-
körper, die Spannungsspitzen, mehrachsige Spannungszustände, ungünstige Kraftfluss-
und Verformungszustände, Reibekorrosionen und Rissansätze vermeiden sowie festigkeits-
steigernde Fertigungsverfahren ermöglichen.
Vermeiden von zusätzlichen oder überhöhten Schwingbeanspruchungen durch Beachten
und Anpassen von Eigenfrequenzen. Anstreben eines Massenausgleichs zum Reduzieren
von Beschleunigungen und Verzögerungen. Bevorzugen stetiger Betriebsabläufe mit
optimiertem Regelverhalten. Bevorzugen solcher Werkstoffe, die kerbunempfindlich bzw.
rissunempfindlich sind und einen langsamen Rissfortschritt aufweisen. Wählen eines aus-
reichend niedrigen Nenn-Spannungsniveaus an gestalt-bedingten Spannungsspitzen.
Bevorzugen von Werkstoffen mit hoher Bruchzähigkeit. Abschätzen der Streueinflüsse auf
die Ausfallwahrscheinlichkeit.Verwenden zutreffender Schadensakkumulationshypothesen.
Vermeiden von Folgeschäden durch extreme Lastfälle.
Verringern der Schalt- und Steuerhäufigkeiten auf das funktionsbedingte Mindestmaß.
Vorsehen von Eingriffsmöglichkeiten zum Vermeiden von Überlasten.
Vermeiden von Eigenspannungen oder Anrissen bei der Rohteilherstellung und
Bearbeitung. Vorsehen von oberflächenverbessernden und schwingungsfestigkeits-
steigernden Maßnahmen. Absenken festigkeitsbestimmender Toleranzen.
Anstreben prüfgerechter Gestaltungsmerkmale. Vorsehen geeigneter Prüfungen, in der
Fertigungsplanung und Fertigungssteuerung, Schaffen von Kontrollmöglichkeiten im
Betrieb.
Ausschließen von Zusatzspannungen beim Fügen. Vorgeben von Montageplänen.
Vorgeben von Transportvorschriften. Vermeiden von transportbedingten Schwingungs-
und Stoßbelastungen. Vermeiden von Oberflächenschäden aus Transport und Lagerung.
Vorsehen von Schutzmaßnahmen vor festigkeitsmindernden Umgebungseinflüssen und
Überlastungen, auch durch ungewöhnliche Einwirkungen. Anpassen der Lebensdauer an
die tatsächlichen Anforderungen. Vorsehen einer betriebsfestigkeitsgerechten Steuerung
und Regelung.
Vorsehen regelmäßiger Risskontrollen. Austausch von lebensdauerbestimmenden Bau-
teilen nach festen Betriebszeiten. Ergreifen rissverzögernder Maßnahmen.
Durchführen einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse bzw. wirtschaftlichen Bewertung
zum Festlegen zweckmäßiger konstruktiver und fertigungstechnischer sowie versuchs-
technischer Maßnahmen.
610 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

4.4
Betriebsfestigkeit und unternehmerische Entscheidungen
4.4.1
Gesichtspunkte einer Kosten-Nutzen-Analyse

In Anbetracht der im Einzelfall recht unterschiedlichen Gegebenheiten lassen


sich die Kosten einer Betriebsfestigkeits-Untersuchung nicht mit allgemeinen
Richtwerten beziffern. Ebenso wenig ist eine allgemeine Aussage möglich, ob
sich eine rechnerische oder eine experimentelle Untersuchung unter Wertung
von Kosten und erzielbarem Ergebnis als die günstigere Vorgehensweise dar-
stellt. Für einen objektiven Vergleich dieser Art sind selbstverständlich die
gleichen Kalkulationsgrundlagen für den Bereich der Konstruktion und Be-
rechnung wie für den Versuchsbereich zugrunde zu legen.
Eine Kosten-Nutzen-Analyse für Betriebsfestigkeits-Untersuchungen wird
weiterhin erschwert und muss insoweit unvollständig bleiben, als sie das
Risiko eines möglichen Schwingbruchschadens samt seinen materiellen
und immateriellen Auswirkungen nicht zu erfassen vermag. Es entzieht
sich weiterhin einer quantitativen Bewertung, dass das Ergebnis einer
Untersuchung nur selten allein für den anstehenden Einzelfall von Be-
deutung ist, sondern in der Folge auch noch für eine Beurteilung ähnlich
gelagerter Fälle herangezogen werden kann. Nicht zuletzt verdient der
Umstand Beachtung, dass zwar die Kosten eines klar spezifizierten Unter-
suchungsprogrammes, gestützt auf Erfahrungswerte, recht verlässlich im
voraus abschätzbar sind, hingegen ist diese Möglichkeit der Vorabschätzung
für das Ergebnis der Untersuchung und seine Auswirkungen in technischer
Hinsicht und im Hinblick auf die Herstellkosten nur in seltenen Fällen ge-
geben.
Dennoch können einige allgemeine Gesichtspunkte aufgezeigt werden, die
im Sinne einer Kosten-Nutzen-Analyse eine Entscheidungshilfe für das zweck-
mäßige Vorgehen im Einzelfall bieten:
Für eine Kosten-Analyse bedeuten die Kosten einer Betriebsfestigkeits-
Untersuchung eine Erhöhung der fixen Kosten, die mit der Entwicklung eines
Produktes anfallen. Bei einer rechnerischen Untersuchung entstehen sie aus
Personalkosten und gegebenenfalls aus Kosten für den Rechnereinsatz. Bei
einer experimentellen Untersuchung sind neben den Personalkosten die Kos-
ten der Versuchsstücke und der Versuchsvorrichtung sowie die Kosten der
Versuchsdurchführung in Ansatz zu bringen. Schließlich entstehen in beiden
Fällen noch Aufwendungen für die Berichterstattung, die Dokumentation und
eventuelle Änderung der Konstruktions- und Fertigungsunterlagen. Die be-
treffenden Kosten können sich im Verhältnis zu den übrigen fixen Kosten der
Entwicklung und Fertigung
– als vergleichsweise hoch erweisen, wenn es sich um ein mit geringem Ent-
wicklungsaufwand einfach herzustellendes Bauteil handelt, oder
4.4.1 Gesichtspunkte einer Kosten-Nutzen-Analyse 611

– als vergleichsweise niedrig erweisen, wenn für das Bauteil ein hoher Ent-
wicklungsaufwand und wenn aufwendige Werkzeuge oder Vorrichtungen
ohnehin anfallen.
Im letzteren Fall dürften die hohen Kosten einer (vermeidbaren) Werkzeug-
oder Vorrichtungsänderung ein zusätzliches Argument für eine verlässliche
Vorabklärung der Betriebsfestigkeits-Frage liefern. Im ersteren Fall wird man
statt einer aufwendigen Betriebsfestigkeits-Untersuchung unter Umständen
eine einfache rechnerische Abschätzung und erforderlichenfalls eine vorsorg-
liche, konstruktive oder fertigungstechnische Maßnahme bevorzugen, um
Schwingbrüche mit hinreichender Sicherheit auszuschließen.
Neben dem Beitrag zu den fixen Kosten sind für eine Kosten-Nutzen-Ana-
lyse zu betrachten, welche Auswirkungen sich aus den Erkenntnissen der
Untersuchung auf die stückzahl-proportionalen Herstellkosten ergeben. Die
sich aus einer Betriebsfestigkeits-Untersuchung ergebenden fertigungstech-
nischen Erfordernisse können die Kosten des Einzelstücks
– aufgrund zusätzlich erforderlicher Maßnahmen erhöhen,
– unbeeinflusst lassen, oder
– als Folge möglicher Vereinfachungen verringern.
Für die Bewertung dieses proportionalen Kostenanteils ist die geplante oder
geforderte Stückzahl zu berücksichtigen. Damit ergeben sich unterschiedliche
Bewertungsmaßstäbe
– für Bauteile der Großserien-Fertigung und
– für Bauteile der Einzel- und Kleinserien-Fertigung.
Für Bauteile einer Großserie sind die Herstellkosten des Einzelstücks ent-
scheidend, sodass höhere fixe Kosten durch aufwendige Betriebsfestigkeits-
Untersuchungen gerechtfertigt sind, wenn damit letztlich bei gewährleisteter
Schwingbruchsicherheit eine Senkung der Herstellkosten erreicht wird. Diese
Situation ist vor allem für die Großserien der Fahrzeugindustrie kennzeich-
nend. Die gleichen Überlegungen können aber auch für schwingbruchkriti-
sche Bauteile oder Bauelemente zutreffen, die in der Einzel- oder Kleinserien-
Fertigung mit großer Wiederholhäufigkeit Verwendung finden.
Anders liegen die Verhältnisse bei Bauteilen der Einzel- oder der Kleinse-
rien-Fertigung. Für sie fallen in der Regel die fixen Kosten einer Betriebsfes-
tigkeits-Untersuchung weit mehr ins Gewicht, als notwendige Mehraufwen-
dungen bei der Herstellung. In diesen Fällen bietet sich also an, weniger auf-
wendige Untersuchungsverfahren zu bevorzugen und die daraus verbleiben-
den Unsicherheiten durch angemessene Sicherheitszuschläge gegenüber den
als erforderlich ermittelten Betriebsfestigkeitswerten abzudecken.
Daneben gibt es auch diejenigen Anwendungsfälle des Grenzleichtbaus,
z.B. im Flugzeugbau, wo bei relativ kleinen Serien aufgrund funktionstechni-
scher Erfordernisse eine größtmögliche Ausnutzung des Werkstoffs verlangt
ist und wo zugleich bestehende, extreme Sicherheitsanforderungen eingehen-
612 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Abb. 4.4–1. Erreichbare Lebensdauersteigerung durch Optimieren der Fertigungsbedin-


gungen einer verschraubten Fügung anhand von Betriebsfestigkeits-Versuchen, nach
Schütz und Gökgöl

de Betriebsfestigkeits-Untersuchungen unumgänglich machen. Auch die sich


als Konsequenz einstellende Steigerung der Herstellkosten muss in solchen
Fällen hingenommen werden. Welche beachtliche Steigerung der Betriebs-
festigkeit bei entsprechend hohem Entwicklungs- und Herstellaufwand mög-
lich sind, zeigt das Beispiel einer verschraubten Fügung, Abb. 4.4–1.

Kein universelles Lösungsverfahren für Betriebsfestigkeits-Fragen


Mithin lässt sich feststellen, dass die Fragen der Betriebsfestigkeit wie auch die
Verfahren und Vorgehensweisen zu ihrer Behandlung im Rahmen des Kon-
struktionsprozesses nicht als rein technisch-wissenschaftliches Problem be-
trachtet werden können. Durch das Einbeziehen von Gesichtspunkten einer
Kosten-Nutzen-Analyse wird die Vielschichtigkeit der Problematik und die
sich daraus ergebende Verschiedenartigkeit des jeweils optimalen Lösungswe-
ges erkennbar. Das heißt mit anderen Worten, dass es demnach auch kein uni-
verselles Lösungsverfahren für Betriebsfestigkeits-Fragen geben kann. Mögen
in einem Falle extreme Anforderungen an die Aussage-Genauigkeit des Lö-
sungsverfahrens im Vordergrund stehen, so mögen im anderen Fall nur einfa-
che, kostengünstige Lösungsverfahren infrage kommen, selbst wenn die damit
erzielbaren Aussagen mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind und größere
Sicherheitszuschläge erforderlich machen.
Die in diesem Spektrum der Möglichkeiten zu treffende Auswahl des Lö-
sungsweges muss schließlich auch noch den technisch wie betriebswirtschaft-
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit 613

lich nicht erfassbaren Gesichtspunkt des verbleibenden Risikos bewerten. Sie


wird damit zu einer unternehmerischen Entscheidung.

4.4.2
Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit
In der Industrie, und insbesondere in der Kfz-Industrie, sind Fachleute für Be-
triebsfestigkeit heute vor die Frage gestellt, wie sie zu einer Verkürzung der
Entwicklungszeiten für neue Produkte beitragen können. Denn die her-
kömmlichen Untersuchungsmethoden der Betriebsfestigkeit mit Messungen
und Versuchen an real ausgeführten Prototypen sind äußerst zeitaufwendig,
insbesondere dann, wenn sie zu einer Produktoptimierung mehrfach wieder-
holt werden müssen. Zu fragen ist deshalb: Wie lässt sich das Entwicklungsziel
einer solchen Betriebsfestigkeitsoptimierung durch den Einsatz bestgeeigne-
ter, neuzeitlicher Methoden und Werkzeuge zuverlässig und treffsicher sowie
zeit- und kostengünstig erreichen?
Eine zeitgemäße Antwort auf diese Frage zeichnet sich ab mit neuzeitlichen
Konzepten der Betriebsfestigkeit. Sie sind gekennzeichnet durch Bestrebun-
gen und Entwicklungen, schon in einem frühen Entwurfsstadium an einem
über CAD erstellten, virtuellen Prototyp bereits erste Abprüfungen und Opti-
mierungen seines Betriebsfestigkeitsverhaltens vorzunehmen, Betriebslasten
für Neu- oder Weiterentwicklungen durch dynamische Simulationen anhand
von Strukturmodellen abzuleiten, und diese sog. virtuellen Tests sodann in
einer ganzheitlich konzipierten Strategie sinnfällig und wechselweise zu ver-
knüpfen mit sog. realen Tests an den körperlich gefertigten Prototyp- und
Endausführungen.

Reale und virtuelle Tests


Die Methoden und Verfahren, die hinter den Bezeichnungen „reale Tests“ und
„virtuelle Tests“ stehen, sind nicht eigentlich neu, Tabellen 4.4–1 und 4.4–2.
Vielmehr sind sie in ihrer praktischen Anwendung bei Entwicklungsaufgaben
bereits erprobt und bewährt, und von daher weitestgehend bekannt.
Reale Tests bezeichnen dabei die in den vorstehenden Kapiteln beschriebe-
nen und seit langem praktizierten experimentellen Verfahren für Messungen
und Versuche, für die das körperlich ausgeführte Produkt verfügbar sein
muss.
Virtuelle Tests als vergleichsweise neuere Methoden bezeichnen die vorste-
hend gleichfalls beschriebenen analytischen Verfahren für computergestützte
Berechnungen und Simulationen, für die das betrachtete Produkt nur als ein
in seinen wesentlichen Eigenschaften computer-analytisch beschriebenes
Struktur-Modell vorzuliegen braucht, beispielsweise
– um zu simulieren, welche Belastungen im Betrieb an einem Fahrzeug bzw.
an seinen Bauteilen auf einer modellierten Teststrecke auftreten und wel-
che Beanspruchungen daraus entstehen,
614 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Tabelle 4.4–1. Verfahren für


Reale Tests Datenerfassung im Betrieb und auf Prüfständen
Lastdatenanalyse und Datenaufbereitung
Struktursignalanalyse, Fequenz- u. Modalanalyse
Experimentelle Beanspruchungsanalyse
Ermittlung von Materialdaten und Bauteildaten
Betriebsfestigkeitsversuche auf Prüfständen
Erprobungen im Prüffeld und im Betrieb

Tabelle 4.4–2. Verfahren für


Virtuelle Tests CAD-Entwurf, Virtual Prototyping
Rechnerische Beanspruchungsanalyse mittels FEM
Strukturdynamik, Schwingungssimulation
Simulation besonderer Betriebszustände
Simulation der von außen einwirkenden Lasten
Simulation der Schnittlasten an Komponenten
Betriebsfestigkeitsberechnung, Lebensdauerabschätzung

– um zu analysieren, welche Schwingungseinflüsse für diese Belastungen und


Beanspruchungen sowie für das Funktionsverhalten des Fahrzeugs und sei-
ner Komponenten bestimmend sind,
– um zu berechnen, welches Festigkeits-,Verformungs- und Lebensdauerver-
halten das Fahrzeug bzw. seine Bauteile zeigen, wenn die im Betrieb erwar-
teten Belastungen in Ansatz gebracht werden.
Der beachtliche Vorteil der virtuellen Tests besteht darin, dass sie schon in ei-
nem frühen Entwicklungsstadium einsetzbar sind. Das benötigte virtuelle
Struktur-Modell lässt sich mit den heute verfügbaren Computer-Werkzeugen
vergleichsweise einfach und bereits anhand von CAD-Daten für einen ersten
Konstruktionsentwurf weit schneller und kostengünstiger erstellen, als ein re-
ales Bauteil zu fertigen ist. Mit fortschreitender Entwicklung und Optimie-
rung des Produktes wird dann auch das virtuelle Struktur-Modell weiter-
entwickelt, um die Berechnungen und Simulationen entsprechend zu aktuali-
sieren.
Was jedoch diese realen wie virtuellen Testverfahren insbesondere kenn-
zeichnet, ist der Umstand, dass sie jeweils für sich nur einzelne Teilbereiche
der Gesamtproblematik einer Betriebsfestigkeits-Untersuchung zu bearbeiten
gestatten. In aller Regel müssen deshalb mehrere dieser Verfahren kombiniert
werden, um zu einem schlüssigen Gesamtergebnis und zu einem ganzheitlich
optimierten Produkt zu gelangen. Aber nicht selten behindern deshalb unver-
trägliche Formate der Daten, die von einem zum folgenden Verfahren zu über-
geben sind, einen zügigen Arbeitsablauf; durch die Verabredung und Verwen-
dung standardisierter Datenformate sind die Softwareanbieter bemüht, den
Datenaustausch problemlos zu gestalten.
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit 615

Sinnfällige Verknüpfung realer und virtueller Testverfahren


Für lange Jahre bestand allerdings, und zwar vor allem in einigen deutschen
Fachkreisen, eine ausgeprägte Präferenz für experimentelle Betriebsfes-
tigkeits-Untersuchungen. Gegenüber den neu aufkommenden analytischen
Verfahren u.a. zur Lebensdauerabschätzung bestanden hingegen deutliche
Vorbehalte bis hin zu einer strikten Ablehnung. Begründet war diese Ein-
stellung damit, dass die Ergebnisse aus analytischen Untersuchungen oft-
mals recht erheblich von denen vergleichbarer Experimente abwichen, u.a.
Abb. 3.2–26 und Abb. 3.3–47. Heute kann eine solche Ablehnung analytischer
Verfahren weder aus fachlicher noch aus betrieblicher Sicht aufrecht erhalten
werden.
Denn auf der anderen Seite fehlt es im Fachschrifttum nicht an überzeu-
genden Beispielen für eine komplementäre Anwendung experimenteller und
analytischer Methoden, die den größeren Erkenntnisgewinn bei einer sol-
chen Arbeitsweise auch für Betriebsfestigkeits-Untersuchungen belegen,
Abb. 4.4–2. Und nicht zuletzt fanden unter dem Zeit- und Kostendruck in
der Entwicklung gerade die analytischen Methoden und Verfahren der Be-
triebsfestigkeit ein zunehmendes Anwenderinteresse in der Praxis, weil nur
sie schon frühzeitig im Zuge der Produktentwicklung zur Betriebsfestigkeits-
Optimierung anwendbar sind. Überaus aufwendige Optimierungen an kör-
perlich gefertigten Versuchsstücken werden dann mehr und mehr entbehr-
lich [435].

Abb. 4.4–2. Neuzeitliche Technologie in der Fahrzeug-Entwicklung durch Verknüpfung


realer und virtueller Testverfahren, nach Magna Steyr, Engineering Center Steyr
616 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Vielfach muss jedoch für einzelne Verfahren auf Produkte unterschied-


licher Anbieter zurückgegriffen werden. Um dadurch mögliche Beeinträchti-
gungen einer effizienten Entwicklungstätigkeit zu beheben, wurden seitens
namhafter Anbieter von einschlägiger Hard- und Software im Jahr 1999 zwei
voneinander unabhängige Partnerschaften begründet. Mit jeder dieser beiden
Partnerschaften ist beabsichtigt,
– die verschiedenartigen realen und virtuellen Testverfahren aus der jewei-
ligen Produktpalette formal und inhaltlich in sinnfälliger Weise zu ver-
knüpfen,
– die Voraussetzungen für einen entsprechenden Datenaustausch zwischen
diesen virtuellen und realen Testverfahren untereinander zu schaffen,
– und zusammen mit den einzelnen Testverfahren ein spezielles Know-how
für ihren optimalen Einsatz aufzubauen.
Unter einer „Partnership for Integrated Durability Management (PID)“, Tabel-
le 4.4–3 [436], haben sich sechs Spezialisten verschiedener Disziplinen zu-
sammengefunden mit der erklärten Zielsetzung, die Vorteile der analytischen
und virtuellen Methoden mit denen von experimentellen Untersuchungen in
einem neuen Konzept zu einer ganzheitlich konzipierten Strategie zu verbin-
den, um dem Anwender für jeden Schritt des Entwicklungsprozesses die opti-
malen Werkzeuge zur Verfügung zu stellen. Der Datentransfer im Entwick-
lungsprozess wird dabei durch ein Daten-Management-System gewährleistet,
das neben der Verwaltung der Daten auch die Verwendung austauschbarer
Datenformate beinhaltet.
„The Durability Alliance“, Tabelle 4.4–4 [437], die drei weitere namhafte An-
bietern eingingen, ist eine innovative strategische Partnerschaft für integrier-
te Lösungen, mit der erklärten Zielsetzung, die Qualität eines „Durablity En-
gineering“ in allen Phasen der Produktentwicklung zu beschleunigen und zu
verbessern. Dazu wollen die beteiligten Firmen ihre Produkte und Dienste auf
globaler Basis integrieren und aufeinander abstimmen sowie künftige Ent-

Tabelle 4.4–3. Firmen in der


„Partnership for Integrated CAESAR Datensysteme GmbH
Durability Management“ Dr. Ettemeyer GmbH & Co.
MacNeal-Schwendler GmbH
Mechanical Dynamics GmbH
MTS Systems GmbH
n’Code International Ltd.

Tabelle 4.4–4. Firmen in


„The Durability Alliance“ LMS International NV
Instron Schenck Testing GmbH
Team Corporation Inc.
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit 617

Tabelle 4.4–5. Firmen im


„SmartSim Verbund“ Mechanical Dynamics GmbH
MTS Systems GmbH
n’Code International Ltd.

wicklungen dahingehend koordinieren, dass eine problemlose Integration


von virtuellen und realen Testverfahren im gesamten lebensdauerorientierten
Entwicklungsprozess gegeben ist.
Mit dem „SmartSim Verbund“ haben im Jahr 2001 die Firmen MTS, MDI
und n’Code, Tabelle 4.4–5, ihre bisher eher lose Verbindung in der „Partner-
ship for Integrated Durability Management (PID)“ in einen verbindlichen
Rahmen eingebunden [438]. Basierend auf offenen Datenformaten werden in-
tegrierte Lösungen und neue gemeinschaftlich entwickelte Produkte zur Be-
triebsfestigkeitsauslegung und -validierung angestrebt.
Die mit diesen Partnerschaften unterstützte neuzeitliche Entwicklungsstra-
tegie sieht vor, zunächst mit Hilfe von CAD-, FEM- und Betriebsfestigkeits-
Software ein virtuelles Produkt zu erzeugen und dieses hinsichtlich seines Be-
triebsfestigkeitsverhaltens analytisch sowie auf virtuellen Prüfständen zu op-
timieren. Die dazu benötigten Betriebslasten lassen sich mittels Software für
Mehrkörper-Simulation an einem geeigneten virtuellen Strukturmodell u.a.
aus gemessenen Daten eines hinsichtlich Geometrie, Masse und Steifigkeit
skalierten Vorgängerproduktes gewinnen. Diese Vorgehensweise ist sowohl
bei Neuentwicklungen wie auch bei Weiterentwicklungen anwendbar. Im Ide-
alfall entsteht auf diese Weise ein einziger, bereits optimierter realer Prototyp,
mit dem dann Prüfstandversuche und Messungen der auftretenden Betriebs-
lasten und Beanspruchungen zur Überprüfung der realen Produkteigenschaf-
ten und zum Lebensdauernachweis durchgeführt werden. Der dadurch erziel-
bare Zeitgewinn bei Entwicklungsarbeiten liegt auf der Hand.

Konsequente Validierung der Testverfahren


Höchst wünschenswert aus Anwendersicht wäre es zweifelsfrei, wenn aus rea-
len und virtuellen Testverfahren, insbesondere hinsichtlich der letztlich an-
gestrebten Lebensdaueraussage, übereinstimmende Ergebnisse erhalten wür-
den. Wegen grundsätzlicher Einschränkungen, die den realen wie auch den
virtuellen Verfahren anhaften und die im Folgenden angesprochen werden, ist
derzeit diese Übereinstimmung in vielen Fällen noch nicht in der wünschens-
werten Weise erreichbar und aller Voraussicht nach auch künftig wohl nur
innerhalb realistischer Streugrenzen zu erwarten. Für diesbezügliche Weiter-
entwicklungen und Ertüchtigungen der verfügbaren Methoden und Verfah-
ren besteht aber nicht nur Bedarf sondern auch ein sachliches Potenzial. Glei-
ches gilt für verbesserte Vorgehensweisen bei ihrer Anwendung, wobei insbe-
sondere eine weitergehende Einbeziehung von Simulationen zur Bestimmung
externer Betriebslasten und den daraus entstehenden Schnittlasten an be-
trachteten Komponenten genannt sei.
618 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Konkrete Ansatzpunkte für diese Weiterentwicklungen, Ertüchtigungen


und Verbesserungen sind vor allem über eine konsequente Validierung der
Testverfahren zu gewinnen. Diese Validierung soll hier als eine beständig
praktizierte Vorgehensweise verstanden und nachdrücklich empfohlen wer-
den. Sie besteht darin, dass Ergebnisse aus experimentellen Verfahren analy-
tisch nachvollzogen werden, ebenso wie auf analytischem Weg gewonnene Er-
gebnisse experimentell nachvollzogen werden, um sodann einen kritischen
Vergleich vorzunehmen, bei dem methodisch nach den Ursachen für aufge-
tretene Abweichungen unter folgender Sichtweise geforscht wird:
Bei experimentellen Verfahren spiegeln sich im Ergebnis alle dabei maßge-
benden Einflüsse. Und dies unabhängig davon, ob sich der Experimentator ih-
res Vorhandenseins und ihrer Auswirkung bewusst ist oder nicht. Dieser Um-
stand begründet die große Bedeutung der experimentellen Verfahren für den
abschließenden Lebensdauernachweis in einer Produktentwicklung und er
erklärt, warum die praktische Bedeutung nicht erkannter Einflussgrößen
selbst in Fachkreisen nur sehr selten für ein experimentelles Ergebnis als kri-
tisch angesehen wird. Der mit Tabelle 3.3–2 aufgezeigte und erörterte Sach-
verhalt ist eines von vielen Beispielen, die belegen, dass experimentelle Ergeb-
nisse nicht unbedingt eindeutig sind, sondern dass bei ihrer unabhängigen
Wiederholung Streuungen auftreten, die sichtbarer Ausdruck nicht erkannter
und deshalb nicht beherrschter Einflüsse sind.
Eine wesentliche Eigenschaft der analytischen Verfahren ist demgegen-
über, dass bei ihnen eindeutig vorgegeben ist, welches Ergebnis unter den zu-
grunde liegenden Modellannahmen definitiv zustande kommen muss. Sie
können dabei im Ergebnis nur solche Einflüsse berücksichtigen, die als jeweils
maßgeblich erkannt sind und denen deshalb im zugrunde liegenden Berech-
nungsmodell in eindeutig bestimmter Weise Rechnung getragen wird. Selbst-
verständliche Voraussetzungen sind, dass dieses Berechnungsmodell sachlich
zutreffend und der daraus entwickelte Algorithmus korrekt ist.
Ein vom analytischen Ergebnis abweichendes Ergebnis aus einem ver-
gleichbaren Experiment besagt somit, dass beim Experiment weitere Einflüs-
se wirksam waren oder berücksichtigte Einflüsse ein anderes Gewicht hatten
als nach den Modellannahmen. Die naheliegende und bislang meist übliche
Folgerung aus einem solchen Befund geht dahin, dass die gewählten Modell-
annahmen verbesserungsbedürftig sind, um das analytische Ergebnis dem ex-
perimentellen anzugleichen.
Eine alternative und seltener gezogene Folgerung geht dahin zu fragen, wel-
che zusätzlichen, bisher nicht erkannten und deshalb im Berechnungsmodell
nicht berücksichtigten Einflüsse beim Experiment mitbestimmend gewesen
sein könnten. Gerade wenn z.B.Versuche am realen Bauteil eine niedrigere Le-
bensdauer lieferten als die analytische Lebensdauerabschätzung, so bietet die
Beantwortung dieser Frage nicht zuletzt auch die Chance, etwaige ungünstige
Einflüsse auf die Bauteileigenschaften zu erkennen und auszuschließen und
auf diese Weise eine Produktverbesserung zu erzielen. Unter vielfältigen Mög-
lichkeiten sind beispielsweise im Zuge einer solchen Analyse u.a. zu bedenken:
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit 619

– Abweichungen der realen Bauteilform von der modellierten Idealform


laut Zeichnung (z.B. Verzug und Versatz an Schweißverbindungen, Rück-
federung bei Umformvorgängen, Formabweichungen bei Werkzeugver-
schleiß),
– unterschiedliche Nachgiebigkeiten an Einspannstellen (z.B. im Versuch
nachgiebig, in der Berechnung starr), nicht korrigierte Massenkraftverfäl-
schungen der vorgegebenen Prüfkräfte auf dem Lastpfad zwischen Mess-
dose und Prüfquerschnitt,
– Abweichungen der tatsächlichen Werkstoffkennwerte von den in der Be-
rechnung angesetzten sowie nicht erfasste Oberflächeneinflüsse, oder
– nicht beachtete Eigenspannungen aus einer Umformung, einer Tempera-
tureinwirkung, einer Gefügeumwandlung, einer Oberflächenbearbeitung
oder einer Zwängung bei Montage.
Und schließlich sollte sich eine Validierung nicht allein auf die vergleichende
Betrachtung realer und virtueller Testergebnisse beschränken, sondern im
weiteren Sinne auch den kritischen Vergleich dieser Testergebnisse mit den
Befunden aus der praktischen Erprobung und der Betriebserfahrung ein-
schließen.
Nur in dieser Weise kritisch vorgenommene Vergleiche differierender Er-
gebnisse liefern Ansatzpunkte für mögliche Ertüchtigungen der Verfahren
und Verbesserungen bei der Vorgehensweise. Die alleinige Feststellung aufge-
tretener Abweichungen bringt keinen Fortschritt.
Trotzdem werden aber in der praktischen Anwendung auch weiterhin Ein-
schränkungen hinsichtlich der Übereinstimmung von Ergebnissen aus realen
und virtuellen Testverfahren hinzunehmen sein, die teils aus den Verfahren,
teils auch aus der praktizierten Vorgehensweise bedingt sind.

Absehbare Weiterentwicklungen
Reale und virtuelle Testverfahren stehen heute nicht mehr eigenständig
nebeneinander oder im Wettbewerb, sondern sie sind als komplementäre, sich
wechselweise ergänzende Methoden gleichrangig im Entwicklungsprozess
einsetzbar.
Ihre enge Verknüpfung geht heute bereits so weit, dass selbst die Planung
und Erprobung von Prüfstandversuchen an einem virtuellen Prüfstandmodell
betrieben wird, Abb. 4.4–3, wobei die Abprüfung der geforderten Funktio-
nalität und der Versuchsablauf u.a. durch dynamische Simulation geschieht.
Für die Beanspruchungsanalyse wird die zweckmäßige Anordnung von Deh-
nungsmessstreifen (DMS) über die Anordnung eines virtuellen DMS im FE-
Modell simuliert, z.B. um abzuklären welche Messsignale anfallen und um
geeignete Auswerteprozeduren vorzuerproben.
Reale Tests liefern die Eingabedaten für die virtuellen Tests, beispielsweise
mit der Ermittlung von Werkstoffkennwerten, mit der Messung von Betriebs-
belastungen, sowie mit der Verifikation berechneter Spannungs-, Dehnungs-
oder Lebensdauerwerte. Virtuelle Tests unterstützen die Planung und Durch-
620 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Abb. 4.4–3. Virtueller und Virtueller Versuch


realer Versuchstand für die
Simulation der dynamischen
Beanspruchungen eines Pkw,
nach MTS Systems GmbH

Realer Versuch

führung realer Versuche, beispielsweise durch die Generierung von Signal-


Zeit-Verläufen für die Ansteuerung von Prüfständen und deren Aufbereitung
zur Verkürzung der Versuchszeiten, Abb. 3.3–59, durch die Möglichkeit per
Vorab-Simulation unzweckmäßige oder wenig aussagekräftige Versuche zu
vermeiden, wie auch bei der Konfiguration von Prüfstandversuchen und Be-
anspruchungsmessungen.
Keineswegs ist jedoch mit den virtuellen Testverfahren beabsichtigt, die
realen Testverfahren zu ersetzen. Abschließende Prüfstandversuche sind auf
absehbare Zeit u.a. zur Freigabe der Großserienfertigung im Fahrzeugbau
unverzichtbar.
Letztendlich werden mit der formalen und inhaltlichen Verknüpfung realer
und virtueller Testverfahren nicht nur zeit- und kostengünstige Produktent-
wicklungen ermöglicht, sondern ganz allgemein werden damit für Industrie
und Forschung vielversprechende Voraussetzungen für die praktische Verfol-
4.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit 621

CAE
CAEProzess-Verbesserungen:
Prozeß-Verbesserungen:

Datenerfassung
15 Tage auf 1 Tag

Basis-Modellerstellung
82 Tage auf 7 Tage

Iterationen
30 Tage auf 1 Tag

Abb. 4.4–4. Verkürzung von Entwicklungszeiten durch CAE Prozess-Verbesserungen beim


Einsatz virtueller Verfahren, veranschaulicht an einem Beispiel aus der Ford Motor Com-
pany; Quelle: Investigating Virtual Produkt Development Conference 1996, nach Mechani-
cal Dynamics GmbH

gung neuzeitlicher Konzepte der Betriebsfestigkeit geschaffen. Der mit einer


verstärkten Einbeziehung virtueller Testverfahren bereits heute schon erziel-
bare Zeitgewinn bei Entwicklungsarbeiten, Abb. 4.4–4, sowie der hinzukom-
mende Erkenntnisgewinn als Nutzen für den Anwender sind sicherlich weit
höher zu werten, als derzeit noch bestehende Einschränkungen.
In jedem Falle verlangen die dargestellten neuzeitlichen Konzepte der Be-
triebsfestigkeit in ihrer praktischen Umsetzung unverzichtbar, dass bisher in
getrennten Organisationseinheiten separat praktizierte rechnerische und ex-
perimentelle Methoden in geeigneter Weise verknüpft werden. Wesentliche
Voraussetzungen dafür sind, dass die Arbeitsabläufe zweckentsprechend ge-
staltet werden und dass die firmeninterne Organisationsstruktur eine enge
Zusammenarbeit zwischen den Fachleuten in Konstruktion, Berechnung und
Versuch begünstigt.
Virtuelle Techniken sind heute nicht mehr Vision sondern sie entwickeln
sich bereits in breiten Bereichen zur Realität, allen voran in der Fahrzeugin-
dustrie [148, 435, 439–445]. Sie werden unverzichtbare Arbeitswerkzeuge und
als entscheidende Hilfestellung bei der Bewältigung der bestehenden techni-
schen wie auch organisatorischen Herausforderungen angesehen. Ihre An-
wendung bewirkt zudem eine Veränderung bestehender Unternehmenspro-
zesse [441]. Pilotprojekte sind darauf ausgerichtet, dass die Entwicklung eines
neuen Fahrzeugs soweit im Rechner vorbereitet und abgesichert werden kann,
dass bereits die ersten Prototypen und Vorserienfahrzeuge den hohen Erpro-
bungs- und Qualitätsanforderungen genügen und damit die Anzahl der Pro-
totypen entscheidend verringert werden kann. Die dargestellten neuzeitlichen
622 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

Konzepte der Betriebsfestigkeit sind ein entsprechender Teilaspekt in dieser


Entwicklung.

4.4.3
Elemente eines Gesamtkonzeptes

Konzeption und Aktivitäten eines Zuverlässigkeits-Programmes für techni-


sche Systeme mit hohen Zuverlässigkeits-Anforderungen werden mit den Ele-
menten der Abb. 4.4–5 veranschaulicht. Mit den Phasen der Konstruktion, der
Entwicklung, der Fertigung und des Betriebseinsatzes umspannt es den ge-
samten Lebensdauerkreis eines Bauteils.
Unter Hinweis auf fachkompetentere Abhandlungen zum Thema Techni-
sche Zuverlässigkeit [390, 391] seien hier die einzelnen Elemente (1) bis (10)
dieses Gesamtkonzeptes in Anlehnung an [392] lediglich mit einigen orientie-
renden Hinweisen vereinfachend wie folgt beschrieben:
(1) Die Notwendigkeit eines Behandelns von Fragen der Zuverlässigkeit
muss erkannt und anerkannt werden.
(2) Die aus dieser Erkenntnis abgeleiteten Anforderungen spiegeln diese
Notwendigkeit.
(3) Das Konzept und eine formalisierte Planung der Aktivitäten, die Benen-
nung der für das Programm Verantwortlichen und ihrer Verantwor-
tungsbereiche, sowie die geeignete Abfassung von Verträgen mit Unter-
lieferanten stellen sicher, dass den vorgegebenen Anforderungen an allen
Entscheidungspunkten der Konstruktion, der Entwicklung, der Ferti-

Abb. 4.4–5. Elemente im Gesamtkonzept eines Zuverlässigkeits-Programmes [392]


4.4.3 Elemente eines Gesamtkonzeptes 623

gung und des Betriebseinsatzes entsprochen wird. (Stichwort: geplante


Zuverlässigkeit).
(4) Die Tätigkeiten im Zuverlässigkeits-Programm sind mit allen Stadien
der Konstruktion, der Entwicklung, der Fertigung und des Betriebsein-
satzes aufs engste verknüpft. (Stichwort: überwachte Zuverlässigkeit).
(5) Der Konstruktionsprozess beinhaltet Kontrollen der einzelnen Arbeits-
schritte mit der Maßgabe, bei unbefriedigendem Ergebnis auf eine Ver-
besserung hinzuwirken. (Stichwort: konstruierte Zuverlässigkeit).
(6) Die Entwicklung umfasst geeignete Prüfungen von Bauteilen und des
Prototyps mit dem Ziel, bestehende Mängel der Konstruktion aufzu-
decken und erkannte Mängel nachweislich zu beheben. (Stichwort: ge-
prüfte Zuverlässigkeit).
(7) Die Fertigung beinhaltet eingehende Kontrollen der verarbeiteten Werk-
stoffe und Zulieferteile, der angewandten Verfahren und der eingesetzten
Einrichtungen. (Stichwort: gefertigte Zuverlässigkeit).
(8) Der Betriebseinsatz geschieht unter Beachtung der geforderten War-
tungsmaßnahmen, der Betreiber erhält die betreffenden Wartungsunter-
lagen und das Wartungspersonal eine entsprechende Unterweisung.
(Stichwort: gewartete Zuverlässigkeit).
(9) Die Betriebserfahrungen werden ausgewertet um zu erkennen, inwieweit
die vorgegebenen Zuverlässigkeits-Anforderungen im Betriebseinsatz
erfüllt werden.
(10) Die Rückkopplung der ausgewerteten Betriebserfahrung dient dazu, not-
wendige Verbesserungen zu veranlassen; darüber hinaus fließt die ge-
wonnene Betriebserfahrung ein in die Vorgaben für künftige Entwick-
lungen.

Betriebsfestigkeit als Kriterium der Technischen Zuverlässigkeit


Ein Kriterium innerhalb des Katalogs der Zuverlässigkeits-Anforderungen
kann mit der Forderung, dem Nachweis und der Gewährleistung einer Bauteil-
Auslegung nach den Grundsätzen der Betriebsfestigkeit gegeben sein.
Insofern darf Abb. 4.4–5 hier auch als die Darstellung eines Gesamtkonzep-
tes für die Behandlung von Fragen der Betriebsfestigkeit verstanden werden.
Die Ausführungen in den voranstehenden Abschnitten des Kap. 4 zeigen sich
mit diesem Konzept in einer übergeordneten Systematik verknüpft:
Die Vorgabe von Anforderungen, die darauf abgestimmte Konzeption und
die jedem Arbeitsschritt folgende Bewertung der erarbeiteten Lösungen findet
ihre Entsprechung in den Grundsätzen des methodischen Konstruierens un-
ter weitestgehender Einbeziehung computergestützter Arbeitsmethoden und
des Virtual Prototyping. In der Phase der Entwicklung sind die experimentel-
len und analytischen Verfahren der Betriebsfestigkeit angesiedelt. In der Pha-
se der Fertigung wird den Anforderungen mit den Methoden der Qualitätssi-
cherung Rechnung getragen. Im Betriebseinsatz sind die Erfordernisse der
Wartung, der Prüfung und eines Austauschs von Bauteilen zu beachten. Mit
624 4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes

den Elementen der Auswertung und der Rückkopplung werden die Betriebs-
erfahrungen für Folgekonstruktionen nutzbar gemacht, wie auch die Erkennt-
nisse aus der Schadensanalyse von Schwingbrüchen aus Versuch und Betrieb
zur Entscheidung über konstruktive oder fertigungstechnische Maßnahmen
genutzt.

4.4.4
Notwendige unternehmerische Entscheidungen

Um jedoch die verfügbaren und mit diesem Buch dargestellten Verfahren zur
Bauteilberechnung nach den Grundsätzen der Betriebsfestigkeit in dieser
konsequenten Form in der betrieblichen Praxis einsetzen zu können, bedarf
es zur sinngemäßen Umsetzung des Gesamtkonzeptes nach Abb. 4.4–5 nicht
zuletzt auch der geeigneten unternehmerischen und organisatorischen Ent-
scheidungen.
5 Anhang

5.1
Daten zu statistischen Verfahren
Die nachstehenden Tabellen, Diagramme und Formeln sind als Arbeitsunter-
lage bei den beschriebenen statistischen Verfahren von praktischem Nutzen.
626 5 Anhang

Tabelle 5.1–1. Zahlenwerte der Gauß’schen Normalverteilung

u = (x – m) / s = standardisierte normalverteilte Zufallsvariable der u-Verteilung


x = Zufallsvariable, m = Mittelwert, s = Standardabweichung der x-Verteilung
y = f (u) = Wahrscheinlichkeitsdichte; ymax = f (u = 0) = 0,3989
+u +• +u
P = P (u) = ∫ f (u) du; Q = Q (u) = ∫ f (u) du; P – Q = ∫ f (u) du
–• +u –u

u y = f (u) y /ymax % P% Q% (P – Q) %

0,00 0,3989 100 50,00 50,00 0%


0,05 3984 99,88 51,99 48,01 3,98
0,10 3970 99,50 53,98 46,02 7,96
0,15 3945 98,88 55,96 44,04 11,92
0,20 3910 98,02 57,93 42,07 15,86
0,25 0,3867 96,92 59,87 40,13 19,74
0,30 3814 95,60 61,79 38,21 23,58
0,35 3752 94,06 63,58 36,32 27,36
0,40 3683 92,31 65,54 34,36 31,08
0,45 3605 90,37 67,36 32,64 34,72
0,50 0,3521 88,25 69,15 30,85 38,30
0,55 3429 85,96 70,88 29,12 41,76
0,60 3332 83,53 72,57 27,43 45,14
0,65 3230 80,96 74,22 25,78 48,44
0,70 3123 78,27 75,80 24,20 51,60
0,75 0,3011 75,48 77,34 22,66 54,68
0,80 2897 74,39 78,81 21,19 57,62
0,85 2780 71,39 80,23 19,77 60,46
0,90 2661 68,33 81,59 18,41 63,18
0,95 2541 65,24 82,89 17,11 65,78
1,00 0,2420 62,14 84,13 15,87 68,26
1,05 2299 59,03 85,31 14,69 70,62
1,10 2179 55,95 86,43 13,57 72,86
1,15 2059 52,89 87,49 12,51 74,98
1,20 1942 49,87 88,94 11,51 76,98
1,25 0,1826 46,91 89,44 10,56 78,88
1,30 1711 44,01 90,32 9,68 80,64
1,35 1604 41,19 91,15 8,85 82,30
1,40 1497 38,45 91,92 8,08 83,84
1,45 1394 35,81 92,65 7,35 85,30
1,50 0,1295 33,26 93,32 6,68 86,64
1,55 1200 30,82 93,94 6,06 87,88
1,60 1109 28,49 94,52 5,48 89,04
1,65 1023 26,26 95,05 4,95 90,10
1,70 0940 24,15 95,54 4,46 91,08
1,75 0,0863 22,16 95,99 4,01 91,98
1,80 0790 20,27 96,41 3,59 92,82
1,85 0721 18,51 96,78 3,22 93,56
1,90 0656 16,85 97,13 2,87 94,26
1,95 0599 15,39 97,441 2,559 94,882
2,00 0,0540 13,87 97,725 2,275 94,450
2,05 0488 12,53 97,982 2,018 95,964
2,10 0440 11,30 98,214 1,786 96,428
5.1 Daten zu statistischen Verfahren 627

u y = f (u) y /ymax % P% Q% (P – Q) %

2,15 0396 10,16 98,442 1,578 96,844


2,20 0355 9,11 98,610 1,390 97,220
2,25 0,0317 8,15 98,778 1,222 97,556
2,30 0283 7,27 98,928 1,072 97,856
2,35 0252 6,48 99,061 0,939 98,122
2,40 0224 5,75 99,180 0,820 98,360
2,45 0198 5,09 99,286 0,714 98,572
2,50 0,0175 4,50 99,379 0,621 90,758
2,55 0154 3,97 99,461 0,539 98,922
2,60 0136 3,49 99,534 0,466 99,068
2,65 0119 3,06 99,598 0,402 99,196
2,70 0104 2,68 99,653 0,347 99,306
2,75 0,0091 2,34 99,702 0,298 99,404
2,80 0079 2,03 99,744 0,256 99,488
2,85 0069 1,76 99,781 0,219 99,562
2,90 0060 1,53 99,813 0,187 99,626
2,95 0051 1,32 99,841 0,159 99,682
3,00 0,0044 1,14 99,865 0,135 99,730
3,05 0038 0,98 99,886 0,114 99,772
3,10 0033 0,84 99,903 0,097 99,806
3,15 0028 0,72 99,918 0,082 99,836
3,20 0024 0,61 99,931 0,069 99,862
3,25 0,0020 0,52 99,942 0,058 99,884
3,30 0017 0,44 99,952 0,048 99,904
3,35 0015 0,37 99,960 0,040 99,920
3,40 0012 0,32 99,966 0,034 99,932
3,45 0010 0,27 99,972 0,028 99,944
3,5 0,0009 0,22 99,977 0,023 99,954
3,6 99,984 0,016 99,968
3,7 99,989 0,011 99,978
3,8 99,993 0,007 99,986
3,9 99,995 0,005 99,990
4,0 99,997 0,003 99,994
0,6745 75 25 50
1,2816 90 10 80
1,6449 95 5 90
1,9600 97,5 2,5 95
2,2414 98,75 1,25 97,5
2,3263 99 1 98
2,5758 99,5 0,5 99
2,8070 99,75 0,25 99,5
3,0902 99,9 0,1 99,8
3,2905 99,95 0,05 99,9
3,7190 99,99 0,01 99,98
3,8906 99,995 0,005 99,99
4,2649 99,999 0,001 99,998
4,4172 99,9995 0,0005 99,999
4,7534 99,9999 0,0001 99,9998
4,8916 99,99995 0,00005 99,9999
5,1993 99,99999 0,00001 99,99998
Tabelle 5.1–2. Wahrscheinlichkeiten Pü = (3j – 1) / (3n + 1) in % zur Auftragung von Stichproben im Wahrscheinlichkeitsnetz
628

8 92,0 8 97,8 30
7 90,0 80,0 7 97,7 94,5 29
6 89,5 77,3 68,0 6 97,6 94,3 91,2 28
5 87,5 73,7 63,6 56,0 5 97,6 94,1 90,9 87,9 27
4 84,6 68,7 57,9 50,0 44,0 4 97,5 93,9 90,6 87,5 84,6 26
3 80,0 61,5 50,0 42,1 36,4 32,0 3 97,4 93,7 90,2 87,1 84,1 81,3 25
2 71,4 50,0 38,5 31,3 26,3 22,7 20,0 2 97,3 93,4 89,9 86,6 83,5 80,7 78,0 24
1 50,0 28,6 20,0 15,4 12,5 10,5 9,1 8,0 1 97,1 93,2 89,5 86,1 82,9 80,0 77,3 74,7 23
97,0 92,9 89,0 85,5 82,3 79,3 76,5 73,9 71,4 22
1 2 3 4 5 6 7 8 96,9 92,5 88,6 84,9 81,6 78,5 75,6 72,9 70,5 68,1 21
96,7 92,2 88,1 84,3 80,8 77,6 74,7 72,0 69,4 67,0 64,8 20
96,6 91,8 87,5 83,6 80,0 76,7 73,7 70,9 68,3 65,9 63,6 61,5 19
96,4 91,4 86,9 82,8 79,1 75,7 72,6 69,7 67,1 64,6 62,4 60,2 58,2 18
96,2 90,9 86,2 82,0 78,1 74,6 71,4 68,5 65,8 63,3 61,0 58,8 56,8 54,9 17
95,9 90,4 85,5 81,0 77,0 73,4 70,1 67,1 64,4 61,8 59,5 57,3 55,3 53,4 51,6 16
95,7 89,8 84,6 80,0 75,9 72,1 68,7 65,7 62,9 60,3 57,9 55,7 53,7 51,8 50,0 48,4 15
95,3 89,1 83,7 78,8 74,5 70,7 67,2 64,1 61,2 58,6 56,2 53,9 51,9 50,0 48,2 46,6 45,1 14
95,0 88,4 82,6 77,6 73,1 69,1 65,5 62,3 59,4 56,7 54,3 52,1 50,0 48,1 46,3 44,7 43,2 41,8 13
94,6 87,5 81,4 76,1 71,4 67,3 63,6 60,3 57,4 54,7 52,2 50,0 47,9 46,1 44,3 42,7 41,2 39,8 38,5 12
94,1 86,5 80,0 74,4 69,6 65,3 61,5 58,2 55,2 52,5 50,0 47,8 45,7 43,8 42,1 40,5 39,0 37,6 36,4 35,2 11
93,5 85,3 78,4 72,5 67,4 63,0 59,2 55,8 52,7 50,0 47,5 45,3 43,3 41,4 39,7 38,2 36,7 35,4 34,1 33,0 31,9 10
92,9 83,9 76,5 70,3 65,0 60,5 56,5 53,1 50,0 47,3 44,8 42,6 40,6 38,8 37,1 35,6 34,2 32,9 31,7 30,6 29,5 28,6 9
82,1 74,2 67,6 62,2 57,5 53,5 50,0 46,9 44,2 41,8 39,7 37,7 35,9 34,3 32,9 31,5 30,3 29,1 28,0 27,1 26,1 25,3 8
71,4 64,5 58,8 54,1 50,0 46,5 43,5 40,8 38,5 36,4 34,5 32,8 31,3 29,9 28,6 27,4 26,3 25,3 24,4 23,5 22,7 22,0 7
60,7 54,8 50,0 45,9 42,5 39,5 37,0 34,7 32,7 30,9 29,3 27,9 26,6 25,4 24,3 23,3 22,4 21,5 20,7 20,0 19,3 18,7 6
50,0 45,2 41,2 37,8 35,0 32,6 30,4 28,6 26,9 25,5 24,1 23,0 21,9 20,9 20,0 19,2 18,4 17,7 17,1 16,5 15,9 15,4 5
39,3 35,5 32,4 29,7 27,5 25,6 23,9 22,4 21,2 20,0 19,0 18,0 17,2 16,4 15,7 15,1 14,5 13,9 13,4 12,9 12,5 12,1 4
28,6 25,8 23,5 21,6 20,0 18,6 17,4 16,3 15,4 14,5 13,8 13,1 12,5 11,9 11,4 11,0 10,5 10,1 9,8 9,4 9,1 8,8 3
17,9 16,1 14,7 13,5 12,5 11,6 10,9 10,2 9,6 9,1 8,6 8,2 7,8 7,5 7,1 6,8 6,6 6,3 6,1 5,9 5,7 5,5 2
7,1 6,5 5,9 5,4 5,0 4,7 4,3 4,1 3,8 3,6 3,4 3,3 3,1 3,0 2,9 2,7 2,6 2,5 2,4 2,4 2,3 2,2 1
j 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 j
n
5 Anhang
5.1 Daten zu statistischen Verfahren 629

Tabelle 5.1–3. Formeln zur Umrechnung von der Logarithmischen Normalverteilung auf
die Weibull-Verteilung bei vorgegebenem Verhältnis L0 /L50

Gegeben: für die Logarithmische Normalverteilung: Mittelwert L50 = L(PA = 50%)


und Streuspanne TL = L(PA = 10%) /L(PA = 90%),
für die Weibull-Verteilung: Ausgangswert L0 = L(PA = 0%)
Gesucht: Für die Weibull-Verteilung: Charakteristischer Wert LB = L(PA = 63,2%) und
Ausfallsteilheit b unter der Maßgabe, dass die beidenVerteilungsfunktionen in
den beiden Fixpunkten L16 und L84 übereinstimmen, die um je eine Standard-
abweichung oberhalb bzw. unterhalb von L50 liegen

Für die Weibull-Verteilung gilt:


PA = 1 – exp {[– [(L – L0) /(LB – L0)]b} (5.1–1)
b · lg (L – L0) – lg [– ln(1 – PA)] = b · lg (LB – L0) (5.1–2)
1 / p = lg[– ln(1 – PA)] (5.1–3)
Für die Fixpunkte gilt:
s = (1 /2,56) · lg(1 /TL) (5.1–4)
L16 = L50 · 10–s (5.1–5)
L84 = L50 · 10+s (5.1–6)
1/p16 = lg [– ln (1 – 0,1587)] = – 0,762439 = 1 /(– 1,311580) (5.1–7)
1/p84 = lg [– ln (1 – 0,8413)] = + 0,264992 = 1 /(+ 3,773699) (5.1–8)
Fixpunkte (5.1–5) und (5.1–6) sowie (5.1–7) und (5.1–8) eingesetzt in (5.1–2):
b · lg(L16 – L0) – 1 /p16 = b · lg (LB – L0) (5.1–9)
b · lg(L84 – L0) – 1 /p84 = b · lg (LB – L0) (5.1–10)
Berechnen von b aus (5.1–10)–(5.1–9):
b · lg [(L84 – L0) /(L16 – L0)] = 1 /p84 – 1 / p16 = 1,02743 (5.1–11)
b = 1,02743 / lg [(L84 – L0) / (L16 – L0)] (5.1–12)
Berechnen von LB aus (5.1–9) · p16 /b, (5.1–10) · p84 /b und (5.1–14)– (5.1–13):
p16 · lg (LB – L0) – p16 · lg (L16 – L0) = 1 / b (5.1–13)
p84 · lg (LB – L0) – p84 · lg (L84 – L0) = 1 / b (5.1–14)
(LB – L0) p 84 – p16 = (L84 – L0) p 84 /(L16 – L0) p16 (5.1–15)
LB = L0 + [(L84 – L0)p 84 /(L16 – L0) p16]1 / (p84– p16) (5.1–16)
Normierte Form der Weibull-Verteilung:
mit L0 = L50 · 10–z · s, z > 1 (5.1–17)
wird die Weibull-Verteilung in gleicher Weise wie die Logarithmische Normalverteilung
normierbar mit der bezogenen Merkmalsgröße
u = (lg L – lg L50) / s (5.1–18)
dementsprechend gilt auch:
b = 1,02743 / lg[(10+ s – 10– z · s) / (10– s – 10– z · s)] (5.1–19)
LB = L50 {10– z · s + [(10+s – 10– z · s) p84 / (10– s – 10– z · s) p16]1/ (p84 – p16)} (5.1–20)
630 5 Anhang

Abb. 5.1–1. Diagramm zur Schätzung der Standardabweichung bei der Auswertung von
Treppenstufen-Versuchen nach Hück [67]

Abb. 5.1–2. Diagramm zur Schätzung des Standardfehlers für den Mittelwert bei der Aus-
wertung von Treppenstufen-Versuchen nach Hück [67]
5.1 Daten zu statistischen Verfahren 631

Abb. 5.1–3. Diagramm zur Schätzung des Standardfehlers für die Standardabweichung, bei
der Auswertung von Treppenstufen-Versuchen nach Hück [67]

Tabelle 5.1–4. Sicherheitszahlen jL für verschiedene Streuspannen TL in Abhängigkeit von


der zugrunde gelegten Verteilungsfunktion

Die nachstehend tabellierten Sicherheitszahlen j in Abhängigkeit von PA gelten sowohl als


Sicherheitszahlen jL mit T = TL sowie XB = LB und X0 / X50 = L0 / L50
wie auch als
Sicherheitszahlen jS mit T = TS sowie XB = Sa, B und X0 /X50 = Sa, 0 /Sa, 50

Sicherheitszahlen j für T = 1 : 1,15


Ausfall- Log. Normal- Weibull-Verteilung mit X0 /X50 =
wahrschein- verteilung 0,000 0,804 0,847 0,897
lichkeit PA (– 4s) (– 3s) (– 2s)

0,50 1,00 0,99 1,00 1,00 1,00


10–1 1,07 1,08 1,07 1,07 1,07
10–2 1,14 1,20 1,14 1,13 1,10
10–3 1,18 1,34 1,18 1,15 1,11
10–4 1,23 1,49 1,21 1,17 1,11
10–5 1,26 1,66 1,22 1,17 1,11
10–6 1,30 1,84 1,23 1,17 1,12
0 • • 1,24 1,18 1,12

XB = 1,027 1,022 1,020 1,015


b = 21,667 4,169 3,158 2,050
632 5 Anhang

Tabelle 5.1–4 (Fortsetzung)

Sicherheitszahlen j für T = 1 : 1,25


Ausfall- Log. Normal- Weibull-Verteilung mit X0 /X50 =
wahrschein- verteilung 0,000 0,706 0,770 0,840
lichkeit PA (– 4s) (– 3s) (– 2s)

0,50 1,00 0,98 0,99 1,00 1,01


10–1 1,12 1,13 1,12 1,12 1,11
10–2 1,22 1,35 1,24 1,21 1,17
10–3 1,31 1,59 1,31 1,26 1,18
10–4 1,38 1,89 1,36 1,28 1,19
10–5 1,45 2,24 1,38 1,29 1,19
10–6 1,51 2,64 1,40 1,29 1,19
0 • • 1,42 1,30 1,19
XB = 1,043 1,036 1,032 1,025
b = 13,570 3,923 3,017 1,991

Sicherheitszahlen j für T = 1 : 1,35


Ausfall- Log. Normal- Weibull-Verteilung mit X0 /X50 =
wahrschein- verteilung 0,000 0,626 0,704 0,791
lichkeit PA (– 4s) (– 3s) (– 2s)

0,50 1,00 0,98 0,99 1,00 1,01


10–1 1,16 1,18 1,17 1,16 1,15
10–2 1,31 1,49 1,34 1,29 1,23
10–3 1,44 1,87 1,45 1,36 1,25
10–4 1,55 2,35 1,51 1,39 1,26
10–5 1,65 2,96 1,55 1,41 1,26
10–6 1,75 3,70 1,57 1,42 1,26
0 • • 1,60 1,42 1,26
XB = 1,058 1,049 1,044 1,034
b = 10,90 3,713 2,895 1,938

Sicherheitszahlen j für T = 1 : 1,5


Ausfall- Log. Normal- Weibull-Verteilung mit X0 /X50 =
wahrschein- verteilung 0,000 0,531 0,622 0,728
lichkeit PA (– 4s) (– 3s) (– 2s)

0,50 1,00 0,97 0,99 0,99 1,01


10–1 1,23 1,25 1,23 1,23 1,21
10–2 1,45 1,71 1,49 1,42 1,32
10–3 1,63 2,34 1,66 1,52 1,36
10–4 1,80 3,18 1,76 1,57 1,37
10–5 1,97 4,32 1,82 1,59 1,37
10–6 2,12 5,85 1,85 1,60 1,37
0 • • 1,89 1,61 1,37
XB = 1,080 1,068 1,062 1,048
b = 7,468 3,450 2,738 1,870
5.1 Daten zu statistischen Verfahren 633

Tabelle 5.1–4 (Fortsetzung)

Sicherheitszahlen j für T = 1 : 2
Ausfall- Log. Normal- Weibull-Verteilung mit X0 /X50 =
wahrschein- verteilung 0,000 0,339 0,444 0,582
lichkeit PA (– 4s) (– 3s) (– 2s)

0,50 1,00 0,95 0,97 0,98 1,01


10–1 1,41 1,47 1,44 1,42 1,39
10–2 1,88 2,51 2,02 1,85 1,62
10–3 2,31 4,26 2,45 2,08 1,69
10–4 2,74 7,22 2,71 2,19 1,71
10–5 3,17 12,21 2,84 2,23 1,72
10–6 3,62 20,51 2,90 2,24 1,72
0 • • 2,96 2,26 1,72
XB = 1,140 1,124 1,114 1,091
b = 4,369 2,852 2,365 1,698

Sicherheitszahlen j für T = 1 : 3
Ausfall- Log. Normal- Weibull-Verteilung mit X0 / X50 =
wahrschein- verteilung 0,000 0,180 0,276 0,424
lichkeit PA (– 4s) (– 3s) (– 2s)

0,50 1,00 0,93 0,95 0,96 1,00


10–1 1,73 1,84 1,79 1,76 1,70
10–2 2,71 4,31 3,21 2,75 2,19
10–3 3,77 9,96 4,41 3,30 2,32
10–4 4,93 22,95 5,09 3,52 2,35
10–5 6,24 52,81 5,38 3,59 2,36
10–6 7,69 120,09 5,50 3,61 2,36
0 • • 5,55 3,62 2,36

XB = 1,231 1,212 1,198 1,162


b = 2,756 2,239 1,952 1,490

Sicherheitszahlen j für T = 1 : 4
Ausfall- Log. Normal- Weibull-Verteilung mit X0 /X50 =
wahrschein- verteilung 0,000 0,115 0,197 0,339
lichkeit PA (– 4s) (– 3s) (– 2s)

0,50 1,00 0,91 0,93 0,94 0,99


10–1 2,00 2,16 2,10 2,06 1,97
10–2 3,52 6,32 4,53 3,96 2,71
10–3 5,33 18,17 6,83 4,62 2,91
10–4 7,49 52,15 8,05 4,95 2,94
10–5 10,07 149,20 8,51 5,04 2,95
10–6 13,12 420,77 8,66 5,07 2,95
0 • • 8,71 5,08 2,95
XB = 1,300 1,282 1,264 1,221
b = 2,184 1,918 1,721 1,363
634 5 Anhang

Tabelle 5.1–4 (Fortsetzung)

Sicherheitszahlen j für T = 1 : 5
Ausfall- Log. Normal- Weibull-Verteilung mit X0 /X50 =
wahrschein- verteilung 0,000 0,081 0,152 0,284
lichkeit PA (– 4s) (– 3s) (– 2s)

0,50 1,00 0,90 0,91 0,93 0,98


10–1 2,24 2,44 2,38 2,33 2,21
10–2 4,32 8,50 5,98 4,67 3,21
10–3 6,98 28,98 9,67 6,02 3,46
10–4 10,36 98,55 11,52 6,45 3,51
10–5 14,60 333,95 12,13 6,56 3,51
10–6 19,85 1112,83 12,30 6,59 3,52
0 • • 12,36 6,59 3,52

XB = 1,356 1,339 1,320 1,270


b = 1,881 1,717 1,569 1,275

Sicherheitszahlen j für T = 1 : 7
Ausfall- Log. Normal- Weibull-Verteilung mit X0 / X50 =
wahrschein- verteilung 0,000 0,048 0,102 0,219
lichkeit PA (– 4s) (– 3s) (– 2s)

0,50 1,00 0,88 0,89 0,91 0,96


10–1 2,65 2,94 2,87 2,80 2,62
10–2 5,86 13,30 9,20 6,73 4,17
10–3 10,47 58,59 16,52 9,02 4,51
10–4 16,89 257,29 19,81 9,63 4,57
10–5 25,58 1125,35 20,67 9,75 4,57
10–6 37,08 4823,07 20,86 9,77 4,57
0 • • 20,89 9,78 4,57

XB = 1,445 1,430 1,410 1,352


b = 1,556 1,474 1,377 1,158
5.1 Daten zu statistischen Verfahren 635

Tabelle 5.1–5. Risikofaktoren jC, n für C = 90% Vertrauenswahrscheinlichkeit in Abhängig-


keit von der Streuspanne T und der Anzahl n der Einzelversuche

Streu- Risikofaktoren jC für C = 90% bei n Versuchen


spanne
T n = 1 n = 2 n = 3 n = 4 n = 5 n = 6 n = 7 n = 8 n = 9 n = 10 n = 20 n = 50 n = •

1 : 1,15 1,07 1,05 1,04 1,04 1,03 1,03 1,03 1,03 1,02 1,02 1,02 1,01 1,00
1 : 1,20 1,10 1,07 1,05 1,05 1,04 1,04 1,04 1,03 1,03 1,03 1,02 1,01 1,00
1 : 1,25 1,12 1,08 1,07 1,06 1,05 1,05 1,04 1,04 1,04 1,04 1,03 1,02 1,00
1 : 1,30 1,14 1,10 1,08 1,07 1,06 1,06 1,05 1,05 1,04 1,04 1,03 1,02 1,00
1 : 1,40 1,18 1,13 1,10 1,09 1,08 1,07 1,07 1,06 1,06 1,05 1,04 1,02 1,00
1 : 1,50 1,22 1,15 1,12 1,11 1,09 1,09 1,08 1,07 1,07 1,07 1,05 1,03 1,00
1 : 1,60 1,26 1,18 1,15 1,12 1,11 1,10 1,09 1,09 1,08 1,08 1,05 1,03 1,00
1 : 1,80 1,34 1,23 1,18 1,16 1,14 1,13 1,12 1,11 1,10 1,10 1,07 1,04 1,00
1 : 2,00 1,41 1,28 1,22 1,19 1,17 1,15 1,14 1,13 1,12 1,12 1,08 1,05 1,00
1 : 2,50 1,58 1,38 1,30 1,26 1,23 1,21 1,19 1,18 1,16 1,16 1,11 1,07 1,00
1 : 3,00 1,73 1,47 1,37 1,32 1,28 1,25 1,23 1,21 1,20 1,19 1,13 1,08 1,00
1 : 4,00 2,00 1,63 1,49 1,41 1,36 1,33 1,30 1,28 1,26 1,25 1,17 1,10 1,00
1 : 5,00 2,24 1,77 1,59 1,50 1,43 1,39 1,36 1,33 1,31 1,29 1,20 1,12 1,00
1 : 7,00 2,65 1,99 1,75 1,63 1,55 1,49 1,44 1,41 1,38 1,36 1,24 1,15 1,00
1 : 8,50 2,92 2,13 1,85 1,71 1,61 1,55 1,50 1,46 1,43 1,40 1,27 1,16 1,00
1 : 10,0 3,16 2,26 1,94 1,78 1,67 1,60 1,55 1,50 1,47 1,44 1,29 1,18 1,00

Tabelle 5.1–6. Einander entsprechende Werte der Streuspanne T und der Standardabwei-
chung s nach Gl. (2.1–30)

Streu- Standard- Standard- Streu-


spanne abweichung abweichung spanne
T s s T

1 : 1,15 0,0237 0,02 1 : 1,125


1 : 1,20 0,0309 0,03 1 : 1,193
1 : 1,25 0,0378 0,04 1 : 1,266
1 : 1,30 0,0445 0,05 1 : 1,343
1 : 1,40 0,0571 0,06 1 : 1,424
1 : 1,50 0,0688 0,07 1 : 1,511
1 : 1,60 0,0797 0,08 1 : 1,603
1 : 1,80 0,0997 0,10 1 : 1,803
1 : 2,00 0,1176 0,12 1 : 2,029
1 : 2,50 0,1554 0,16 1 : 2,568
1 : 3,00 0,1864 0,20 1 : 3,251
1 : 4,00 0,2352 0,24 1 : 4,115
1 : 5,00 0,2730 0,28 1 : 5,210
1 : 7,00 0,3301 0,32 1 : 6,595
1 : 8,50 0,3631 0,36 1 : 8,348
1 : 10,0 0,3996 0,40 1 : 10,57
636 5 Anhang

5.2
Typisierte Kollektive und Standard-Lastfolgen
Typisierte Kollektive
Die nachstehenden Daten typisierter Kollektive beziehen sich auf die Häufig-
keits-Verteilungen, wie sie durch Zählung nach dem Klassendurchgangs-Ver-
fahren erhalten werden, Abschn. 2.2.1.

Tabelle 5.2–1. Daten der Normverteilung


(Ablauf als Blockprogramm-Versuch, Abschn. 2.2.2 [87])

Stufe bezogene Stufen- Summen-


Spannungsamplitude Häufigkeit Häufigkeit
i xi hi Hi

1 1,000 2 2
2 0,950 16 18
3 0,850 280 298
4 0,725 2720 3018
5 0,575 20000 23000
6 0,425 92000 115000
7 0,275 280000 395000
8 0,125 605000 1000000

Tabelle 5.2–2. Daten der p-Wert-Kollektive


(Ablauf als Blockprogramm-Versuch, Abschn. 2.2.2 [85])

Stufe p = 0,00 p = 0,25 p = 0,50 Stufen- Summen-


bezogene Spannungsamplitude Häufigkeit Häufigkeit
i xi xi xi hi Hi

1 1,000 1,000 1,000 2 2


2 0,950 0,963 0,975 16 18
3 0,850 0,888 0,925 280 298
4 0,725 0,794 0,863 2720 3018
5 0,575 0,682 0,788 20000 23000
6 0,425 0,568 0,713 92000 115000
7 0,275 0,465 0,638 280000 395000
8 0,125 0,344 0,563 605000 1000000
5.2 Typisierte Kollektive und Standard-Lastfolgen 637

Tabelle 5.2–3. Daten der Geradelinienverteilung


(Ablauf als Programm-Versuch, Abschn. 2.2.2 [35])

Stufe bezogene Stufen- Summen-


Spannungsamplitude Häufigkeit Häufigkeit
i xi hi Hi

1 1,000 2 2
2 0,875 12 14
3 0,750 61 75
4 0,625 347 422
5 0,500 1948 2370
6 0,375 10930 13300
7 0,250 61700 75000
8 0,125 925000 1000000

Tabelle 5.2–4. Daten der logarithmischen Normverteilung 10 : 106


(Ablauf als Blockprogramm-Versuch)

Stufe bezogene Stufen- Summen-


Spannungsamplitude Häufigkeit Häufigkeit
i xi hi Hi

1 1,000 18 18
2 0,870 40 58
3 0,740 142 200
4 0,610 590 790
5 0,470 2810 3600
6 0,340 14400 18000
7 0,220 97000 115000
8 0,100 885000 1000000
638 5 Anhang

Tabelle 5.2–5. Daten der Gaußverteilung (C9)


(Ablauf nach dem Matrix-Verfahren, Abschn. 2.3.7 [35])

Stufe bezogene Stufen- Summen-


Spannungsamplitude Häufigkeit Häufigkeit
i xi hi Hi

1 1,000 1 1
2 0,936 10 11
3 0,871 47 58
4 0,807 193 251
5 0,742 698 949
6 0,677 2230 3179
7 0,613 6305 9484
8 0,549 15728 25212
9 0,484 34524 59736
10 0,419 66403 126139
11 0,355 111327 237466
12 0,290 160995 398461
13 0,226 197493 595954
14 0,161 198535 794489
15 0,097 149976 944465
16 0,032 55768 1000000

Tabelle 5.2–6. Daten der Geradelinienverteilung (EC9)


(Ablauf nach dem Matrix-Verfahren, Abschn. 2.3.7 [35])

Stufe bezogene Stufen- Summen-


Spannungsamplitude Häufigkeit Häufigkeit
i xi hi Hi

1 1,000 2 2
2 0,936 2 4
3 0,871 5 9
4 0,807 14 23
5 0,742 32 55
6 0,677 80 135
7 0,613 193 328
8 0,548 473 801
9 0,484 1150 1951
10 0,419 2766 4717
11 0,355 6971 11688
12 0,290 17476 29164
13 0,226 40452 69616
14 0,161 101610 171226
15 0,097 237491 408717
16 0,032 591283 1000000
5.2 Typisierte Kollektive und Standard-Lastfolgen 639

Tabelle 5.2–7. Daten der Standardlastfolge Twist für 40000 Flüge


(spezielles Ablaufschema, Abschn. 2.4.2 [116])

Stufe bezogene Stufen- Summen-


Spannungsampl. Häufigkeit Häufigkeit
i (Sm ± Sa) / Sm,Flug hi Hi

1 1,000 ± 1,600 10 10
2 1,000 ± 1,500 20 30
3 1,000 ± 1,300 50 80
4 1,000 ± 1,150 180 260
5 1,000 ± 0,995 520 780
6 1,000 ± 0,840 1520 2300
7 1,000 ± 0,685 8000 10300
8 1,000 ± 0,530 41700 52000
9 1,000 ± 0,375 348000 400000
10 1,000 ± 0,222 3586650 3986650
11 –0,300 ± 0,200 40000 Boden-Luft-Lsp.
12 –0,300 ± 0,120 3946650 Boden-Luft-Lsp.
11/12 (alternativ) –0,500 ± 0,000 40000 Boden-Luft-Lsp.

Tabelle 5.2–8. Daten der Standardlastfolge Minitwist für 40000 Flüge


(spezielles Ablaufschema, Abschn. 2.4.2 [116, 119])

Stufe bezogene Stufen- Summen-


Spannungsampl. Häufigkeit Häufigkeit
i (Sm ± Sa) / Sm,Flug hi Hi

1 1,000 ± 1,600 10 10
2 1,000 ± 1,500 20 30
3 1,000 ± 1,300 50 80
4 1,000 ± 1,150 180 260
5 1,000 ± 0,995 520 780
6 1,000 ± 0,840 1520 2300
7 1,000 ± 0,685 8000 10300
8 1,000 ± 0,530 41700 52000
9 1,000 ± 0,375 348000 400000
10 1,000 ± 0,222 185220 585220
11/12 –0,500 ± 0,000 40000 Boden-Luft-Lsp.
640 5 Anhang

Standard-Lastfolgen

Die nachstehend aufgelisteten Standard-Lastfolgen wurden in der Mehrzahl


international erarbeitet.

Name Anwendung erstellt

TWIST Biegemoment für die Flügelunterseite von 1973


Transportflugzeugen [116]
GAUSSIAN Gaußsche Zufallslastfolge für die drei Unregel- 1974
mäßigkeitsfaktoren I = 0,99; 0,7; 0,3 [110–112, 448]
FALSTAFF Biegemoment für die Flügelunterseite von 1975
Kampfflugzeugen [449]
MINITWIST verkürzte Lastfolge TWIST 1979
[119]
HELIX; FELIX Biegemoment für schwenkbare/feststehende 1984
Hubschrauber-Flügel [450]
HELIX/32; FELIX/28 verkürzte Lastfolgen HELIX bzw. FELIX 1984
[450]
COLD TURBISTAN Beanspruchung an der Innenseite der 1985
Turbinenscheiben von Kampfflugzeugen [451]
ENSTAFF FALSTAFF mit 9 Temperaturstufen für 1987
Faserverbund-Bauteile [452]
WISPER Biegemoment für die Rotorflügel von 1988
Windkraftanlagen [453]
WISPERX verkürzte Lastfolge WISPER 1988
[453]
HOT TURBISTAN Beanspruchung und Temperatur am Außenrand 1989
der Turbinenscheiben von Kampfflugzeugen [454]
WASH 1 Schmalbandige Zufallslastfolge für Offshore- 1989
Plattformen bei 6 Seegang-Stärken [455, 456]
WAWESTA Drehmoment in der Antriebswelle von 1990
Walzwerken [457]
CARLOS Lastfolgen für die senkrechten, seitlichen und 1990
frontalen Kräfte an der Pkw-Vorderachse [458]
CARLOS MULTI 4-kanalig mehraxiale Lastfolge für die Kräfte 1994
an Pkw-Vorderachsen [459]
CARLOS PTM Lastfolge und Geschwindigkeiten für den 1997
Pkw-Antriebsstrang mit Schaltgetriebe [460]
CARLOS PTA Lastfolge und Geschwindigkeiten für den 2002
Pkw-Antriebsstrang mit Automatikgetriebe [461]
CARLOS TC mehrkanalige Lastfolge für die Längs-, Quer- 2003
und Vertikalkräfte an Pkw-Anhängerkupplungen [462]
5.3 Approximationsformeln für Formzahlen 641

5.3
Approximationsformeln für Formzahlen
Die nachstehenden Approximationsformeln für Formzahlen wurden von
Rainer [138] angegeben. Sie beruhen auf Finite-Element-Berechnungen für
Kerbstäbe, Abb. 5.3–1, und Schweißverbindungen, Abb. 5.3–2, die für eine
Vielzahl geometrischer Varianten mit recht hoher Genauigkeit durchgeführt
und ausgewertet wurden, um die Approximationsformeln und die dafür gel-
tenden Parameter abzuleiten. Bei den Schweißverbindungen mit einer quer
zur Beanspruchungsrichtung verlaufenden Stumpf-, Kehl- oder K-Naht wird
zwischen der Formzahl ak, N am Nahtübergang und der Formzahl ak,W an
einer etwa vorhandenen Wurzelkerbe unterschieden. Die Nennspannung er-
rechnet sich stets für den Kerbquerschnitt der Kerbstäbe bzw. für den Stab-
querschnitt der Schweißverbindungen.
Die Formeln und die zugehörigen Parameter sind mit den Tabellen 5.3–1
bis 5.3–5 angegeben. Ihre Anwendung geschieht zweckmäßig anhand eines
Rechnerprogramms [51]. Hinweise auf den Geltungsbereich und die Genauig-
keit der Approximationsformeln sind am Schluss dieses Abschnitts zu finden.
Die Berechnung der Formzahlen verläuft im Einzelnen wie folgt:
Gekerbte oder abgesetzte Rundstäbe:
ak = a1 , (5.3–1)
wobei sich a1 aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 er-
rechnet.
Gekerbte oder abgesetzte Flachstäbe, symmetrisch:
ak = a1 , (5.3–2)
wobei sich a1 aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 er-
rechnet.

Abb. 5.3–1. Form und Ab-


messungen der berechen-
baren Kerbstäbe [138]
642 5 Anhang

Abb. 5.3–2. Von Rainer [138] betrachtete Formen von Schweißverbindungen


5.3 Approximationsformeln für Formzahlen 643

Tabelle 5.3–1. Formel und Parameter zur Berechnung des Grundwertes a1 für die Formzahl
symmetrischer Kerbstäbe oder Ersatzstäbe [119], s. Abb. 5.3–1

       
t –k a l a –3 · l /2 a a t –1 t –m – 1/2
a1 = 1 + A · 3 +B· 1+3 · 3 +C· 3 · 3+3 · 3
r r r r r r r

Flachstab Rundstab

gekerbt abgesetzt gekerbt abgesetzt

z b z b z b t z b t
A 0,10 0,08 0,55 0,40 0,10 0,12 0,40 0,44 0,40 0,40
B 0,7 2,2 1,1 3,8 1,6 4,0 15,0 2,0 6,0 25,0
C 0,13 0,20 0,20 0,20 0,11 0,10 0,10 0,30 0,80 0,20
k 1,00 0,66 0,80 0,66 0,55 0,45 0,35 0,60 0,40 0,45
l 2,00 2,25 2,20 2,25 2,50 2,66 2,75 2,20 2,75 2,25
m 1,25 1,33 1,33 1,33 1,50 1,20 1,50 1,60 1,50 2,00

z = Zug, b = Biegung, t = Torsion.

Gekerbte oder abgesetzte Flachstäbe, unsymmetrisch:


ak = a1 · a2 , (5.3–3)
wobei sich a1 aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a2
aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–2 errechnet.

Tabelle 5.3–2. Formel und Parameter zur Berechnung des Beiwertes a2 für die Umrechnung
auf die Formzahl unsymmetrischer Flachstäbe [138], s. Abb. 5.3–1

   
t k t l a m – 1 /2
a2 = 1 + A · 3 +B· 3 +C· 3
a r r

Flachstab (unsym.)

gekerbt abgesetzt

z b z b

A 1,35 0,25 0,80 0,14


B 0,10 0,03 0,06 0,004
C 0,10 0,01 0,07 0,004
k 0,50 0,20 0,50 0,12
l 0,20 0,04 0,15 0,003
m 0,20 0,04 0,15 0,003

z = Zug, b = Biegung.
644 5 Anhang

Abb. 5.3–3. Ersatz-Kerbstäbe zum Berechnen der Formzahl am Nahtübergang quer zur Be-
anspruchungsrichtung bei Stumpfnähten (a) bis (c) und bei K-Nähten bzw. Kehlnähten (d)
bis (f ) [138]

Stumpfstoß mit X-Naht, eben, symmetrisch, ohne Wurzelspalt:


ak, N = a1 , (5.3–4)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3a aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet.

Stumpfstoß mit V-Naht, eben, unsymmetrisch, ohne Wurzelspalt:


ak, N = a1 · a3 , (5.3–5)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3b aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a3 ebenfalls für den Ersatzstab aus der
Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–3 errechnet.

Stumpfstoß mit X-Naht oder V-Naht, rund (Vollwelle oder Rohr),


ohne Wurzelspalt:
ak, N = a1 , (5.3–6)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3c aus der Formel und den Pa-
rametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet und für r /a < 100 ein Einfluss des
Rohrdurchmessers nicht berücksichtigt werden muss.
5.3 Approximationsformeln für Formzahlen 645

Kreuzstoß bzw. Quersteife mit K-Naht, eben, symmetrisch, ohne Wurzelspalt:


a k, N = a1 , (5.3–7)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3d aus der Formel und den Pa-
rametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet.

T-Stoß mit K-Naht, eben, unsymmetrisch, ohne Wurzelspalt:


a k, N = a1 · a3 , (5.3–8)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3e aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a3 ebenfalls für den Ersatzstab aus der
Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–3 errechnet.

Kreuzstoß bzw. Querstreife mit K-Naht, rund (Vollwelle), ohne Wurzelspalt:


a k, N = a1 , (5.3–9)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3f aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet.

Quersteife mit Kehlnähten, eben, symmetrisch, mit Wurzelspalt:


a k, N = a1 , (5.3–10)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3d aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–1 errechnet und ein nennenswerter Einfluss des
Wurzelspaltes nicht besteht.
a k,W = a5 , (5.3–11)

Tabelle 5.3–3. Formel und Parameter zur Berechnung des Beiwertes a3 für die Umrechnung
auf die Formzahl ebener, unsymmetrischer Schweißverbindungen [138], s. Abb. 5.3–3

a3 = A

Stumpfstoß mit V-Naht T-Stoß mit K-Naht

eben eben

z b z b

1 + 0,7 · (e /a)
A (h /a)– 1,1 1,0 004 0,9
1 + 1,4 · (e /a)

1,0 ≤ h /a ≤ 1,4 0,2 ≤ e /a ≤ 1,6

z = Zug, b = Biegung.
646 5 Anhang

wobei sich a5 nach Abb. 5.3–3d und mit w / x = lw /b aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–4 errechnet.

T-Stoß mit Kehlnähten, eben, unsymmetrisch, mit Wurzelspalt:


a k, N = a1 · a3 , (5.3–12)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3e aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a3 ebenfalls für den Ersatzstab aus der
Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–3 errechnet und ein nennens-
werter Einfluss des Wurzelspaltes nicht besteht.
a k, W = a5 , (5.3–13)
wobei sich a5 nach Abb. 5.3–3e und mit w /x = lw /b aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–4 errechnet.

Quersteife (T-Stoß) mit Kehlnähten, rund (Rohr), mit Wurzelspalt:


a k, N = a1 · a4 , (5.3–14)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3f aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a4 ebenfalls für den Ersatzstab nach

Tabelle 5.3–4. Formel und Parameter zur Berechnung des Beiwertes a4 zur nachträglichen
Berücksichtigung des Einflusses eines Wurzelspalts auf die Formzahl am Nahtübergang
[138], s. Abb. 5.3–3

        
w k e –k r t w e –m –n
a4 = 1 + A · 3 · 3 · 1+B· 3 · C–C·3+3 · 1+D
x a a x a

r
   r w lw lw
mit D = 3 1+3 und 3 = 4 oder 4
a a x a b

Kreuzstoß Quersteife

eben (r = 0) rund rund

z b z b t z b t

A 0,5 0,1 0,1 0,1 · D 0 0 0


B 0 0 0,6 0,8 0,2 0,2 0,22 0,1
C 0 0 6,5 12 2 0,3 0 0
k 2 2 3 1 1 0 0 0
l 0 0 0,45 0,35 0,2 0,2 0,35 0,25
m 0 0 0,6 0,4 0,36 0,3 0 0
n 0 0 1 0,35 0,35 0,8 0,2 0,2

z = Zug, b = Biegung, t = Torsion.


5.3 Approximationsformeln für Formzahlen 647

Abb. 5.3–3f mit w / x = lw / b aus der Formel und den Parametern nach Ta-
belle 5.3–4 errechnet.

ak, W = a5 , (5.3–15)

wobei sich a5 nach Abb. 5.3–3f und mit w /x = lw /b aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–4 errechnet.

Kreuzstoß mit Kehlnähten, eben, symmetrisch, mit Wurzelspalt:

ak, N = a1 · a4 , (5.3–16)

wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3d aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a4 ebenfalls für den Ersatzstab nach Abb.
5.3–3d mit w /x = lw /a aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–4
errechnet.

ak,W = a5 , (5.3–17)

wobei sich a5 nach Abb. 5.3–3d und mit w /x = lw /a aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–5 errechnet.

Tabelle 5.3–5. Formel und Parameter zur Berechnung des Grundwertes a5 für die Formzahl
an der Wurzelkerbe von Schweißnähten quer oder längs zur Beanspruchungsrichtung
[138], s. Abb. 5.3–3

        
w k a 1 /2 w e –l m r 1/6
a5 = A + B · 3 · 5 · C–C·3+3 · 1+D · 1+3
x rw x a a

r
mit D = 3
a    r
1+ 3
a
und
w lw lw
3 = 5 oder 5
x a b

Kreuzstoß Quersteife

eben (r = 0) rund eben (r = 0) rund

z b z b t z b z b t

A 1 0 1 D D 1 0 1 D D
B 1,6 0,33 0,5 0,13 + 0,4 · D2 0,05 + 0,05 · D3 0,19 0,2 0,05 0,05 0,02
C 1,1 0,707 0,25 0,25 0,25 1,0 0,707 0,2 0,2 0,15
k 0,3 0,1 0,25 0,25 0,25 0,55 0,3 0,2 0,2 0,2
l 0,66 1,4 0,55 0,55 1,75 0,33 1,0 0,5 0,5 1,5
m 1,9 0,95 (1 + D2) 1,75 0,5 0,5 0,5

z = Zug, b = Biegung, t = Torsion.


648 5 Anhang

Kreuzstoß mit Kehlnähten, rund (Rohr), mit Wurzelspalt:


ak, N = a1 · a4 , (5.3–18)
wobei sich a1 für den Ersatzstab nach Abb. 5.3–3f aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–1 und a4 ebenfalls für den Ersatzstab nach Abb.
5.3–3f mit w /x = lw /a aus der Formel und den Parametern nach Tabelle 5.3–4
errechnet.
a k, W = a5 , (5.3–19)
wobei sich a5 nach Abb. 5.3–3f und mit w /x = lw /a aus der Formel und den
Parametern nach Tabelle 5.3–5 errechnet.

Hinweise
Die Gültigkeitsbereiche der vorstehenden Approximationsformeln lassen sich
mit folgenden Grenzwerten kennzeichnen:
0 ⬉ a / r ⬉ 200 0 ⬉ lw / a ⬉ 1 („Kreuzstoß“) (5.3–20)
0 ⬉ t / r ⬉ 200 0 ⬉ lw / b ⭌ 1 („Quersteife“)
0 ⬉ a / rw ⬉ 200 0,2 ⬉ e / a ⬉ 1,8
0⬉t/a ⬉5 0 ⬉ r / a ⬉ 100
Zur Genauigkeit der Approximationsformeln macht Rainer folgende Angaben:
Formzahlen für Kerbstäbe nach Tabelle 5.3–1: ca. ± 5%.
Formzahlen für Ersatzstäbe von Schweißverbindungen nach Tabelle 5.3–1:
bis ±10%.
Die Umrechnung für unsymmetrische Ersatzstäbe von Schweißverbindungen
nach Tabelle 5.3–3 ist besser als eine Umrechnung nach Tabelle 5.3–2.
Formzahlen für die Wurzelkerbe, die sich nach Tabelle 5.3–5 errechnen,
sind bei Biegebeanspruchung etwa gleich und bei Zugbeanspruchung stets
größer gegenüber den Finite-Element-berechneten, insbesondere für Werte
lw Æ a bzw. b, weil die Approximationsformel für lw Æ 0 die Formzahl a k = 1
liefert, obwohl die Nennspannung an diesem Wurzelpunkt kleiner ist als im
Blech.

Weitere Approximationsformeln für Formzahlen von Stumpfstößen und von


Doppel-T-Stößen, bei denen u.a. auch das Nahtprofil berücksichtigt wird, sind
in [176] zu finden.
5.4 Ältere Vorschläge zur Abschätzung der Dauerfestigkeit 649

5.4
Ältere Vorschläge zur Abschätzung der Dauerfestigkeit
Mit den folgenden Tabellen 5.4–1 bis 5.4–4 sind ältere Vorschläge zur Ab-
schätzung der Dauerwechselfestigkeit von Bauteilen dargestellt, die von Lang
[149] sowie von Hück, Thrainer und Schütz [150] erarbeitet wurden. Sie waren
bis zum Erscheinen der FKM-Richtlinie [44] gebräuchlich und wurden als da-
mals aktuelle Berechnungsansätze auch in der ersten Auflage dieses Buchs in
der vorliegenden Form wiedergegeben. Obwohl mittlerweile technisch über-
holt, werden sie dennoch hier erneut aufgeführt, weil sie in der textlichen Ab-
handlung des Abschn. 3.1 mehrfach als Ausgangspunkt für neuere Überlegun-
gen angeführt sind und weil sie im Vergleich zu dem Berechnungsablauf nach
Abschn. 5.5 den mit der FKM-Richtlinie erreichten Erkenntniszuwachs erse-
hen lassen. Und schließlich mögen die älteren Ansätze gelegentlich aus An-
wendersicht für Vergleichsrechnungen von Interesse sein.
Der Stand der Technik ist durch die FKM-Richtlinie [44] gegeben, die eine
eindeutig bessere und breiter abgesicherte Übereinstimmung mit verfügbaren

Tabelle 5.4–1. Abschätzung der dauerwechselfest ertragbaren Nennspannungsamplitude


für Bauteile aus Stahl, ohne Eigenspannungen und ohne Randschichtverfestigung nach
dem Vorschlag von Lang [149]

Gegeben: Zugfestigkeit Rm , Streckgrenze Rp 0,2 , Rautiefe Rz , Durchmesser D, Formzahl a k ,


bezogenes Spannungsgefälle c (empfohlen c = 0) 1).
Gesucht: Dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude SD für Pü = 50% und
C = 90%.
Dabei bedeuten: sW = Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit der glatten Probe für Pü = 50%
und C = 50%, (ok Min i k) = der kleinere Wert von Oberflächenkerbwirkung ok oder innerer
Kerbwirkung i k , r* = Halbmesser der Ersatzkerbe nach Petersen [156]. SD = dauerwechsel-
fest ertragbare Nennspannungsamplitude im gekerbten Querschnitt.

sW = 0,2 · (Rm + Rp 0,2) + 57 N/mm2; Rm und Rp 0,2 in N/mm2 (5.4–1)


sW = 0,43 · Rm + 40 N/mm 2 (alternativ) (5.4–2)
ok = 1 – lg Rz · (0,3 · lg Rm – 0,4); Rz in mm (5.4–3)
ik = für Kurbelwellen mit (5.4–1) mit (5.4–2) (5.4–4)
faserflussgeschmiedet 0,85 0,72
gesenkgeschmiedet 0,75 0,69
freiformgeschmiedet 0,60 + D/1875 0,50 + D/1875; D in mm
r* = 19600 /R 2m (5.4–5)
jC = 1,20 (5.4–6)
1 sW
 
SD (R = – 1) = 5 · 5 · ok M in ik + a8
jC ak 
r* c für Pü = 50% (5.4–7)
und C = 90%.
1) Die Empfehlung, c = 0 zu setzen, folgt aus Überlegungen, nach denen bei Bauteilen ge-
nerell mit ak = bk gerechnet werden sollte, Abschn. 3.1.3.
650 5 Anhang

Tabelle 5.4–2. Abschätzung der dauerwechselfest ertragbaren Nennspannungsamplitude


für Bauteile aus Stahl mit Randschichtverfestigung (HV > 300) nach dem Vorschlag von
Lang [149]

Gegeben: Vickershärte HV, Rautiefe Rz , Formzahl ak , bezogenes Spannungsgefälle c


(empfohlen c = 0) 1).
Gesucht: Dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude SD für Pü = 50% und
C = 90%.
Dabei bedeuten: sW = Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit der glatten Probe für Pü = 50%
und C = 50%, sE = Wert der Eigenspannungen, (ok Min i k ) = der kleinere Wert von Ober-
flächenkerbwirkung ok oder innerer Kerbwirkung ik , r* = Halbmesser der Ersatzkerbe
nach Petersen [156]. SD = dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude des
gekerbten Querschnitts.

sW = 0,30 · HV + 300 N/mm2; HV in da N/mm2 (5.4–8)


sE = – 0,98 HV + 148 N/mm2 wenn einsatzgehärtet oder nitriert
= – 3,40 HV + 1590 N/mm2 wenn induktiv-vorschubgehärtet
= – 4,80 HV + 2080 N/mm2 wenn induktiv-standgehärtet (5.4–9)
für induktivgehärtete Zahnräder
ok = 1 – lg Rz · (0,3 · lg HV – 0,54) (5.4–10)
ik = ohne Bedeutung, sofern nicht Anriss unter der Härteschicht
r* = 1600 / (HV)2 (5.4–11)
jC = 1,20 (5.4–12)
1 sW
SD (R = – 1) = 5 · 5 · [(ok M in ik) + a8 r* c] für Pü = 50% (5.4–13)
jC ak
und C = 90%.
1) Die Empfehlung, c = 0 zu setzen, folgt aus Überlegungen, nach denen bei Bauteilen ge-
nerell mit ak = bk gerechnet werden sollte, Abschn. 3.1.3.

Versuchsergebnissen zeigt. Eine konkrete Anwendung der Tabellen 5.4–1 bis


5.4–4 für Betriebsfestigkeitsnachweise kann mithin nicht mehr empfohlen
werden.
Erläuternd bleibt zu den Tabellen 5.4–1 bis 5.4–4 anzuführen: Ausgehend
von Beziehungen zur Abschätzung der Dauerwechselfestigkeit sW des unge-
kerbten Querschnitts aus der Streckgrenze, aus der Streckgrenze und der Zug-
festigkeit bzw. aus der Vickershärte ermöglichten sie eine rechnerische Ab-
schätzung von Wöhlerlinien gekerbter Bauteile aus normalgeglühtem oder
vergütetem Stahl, von Bauteilen aus Stahl mit einer Randschichtverfestigung
durch Einsatzhärten, Nitrieren oder Induktionshärten, wie auch von Bau-
teilen aus Stahlguss, Temperguss und Grauguss. Die daraus vorzunehmende
Abschätzung der Wöhlerlinie des gekerbten Bauteilquerschnitts weicht in
der Handhabung des Kerbeinflusses und des Mittelspannungseinflusses,
sowie in der Festlegung von Neigung und Abknickpunkt der Zeitfestigkeits-
linie aus den im Abschn. 3.1.3 dargelegten Gründen von den betreffenden
5.4 Ältere Vorschläge zur Abschätzung der Dauerfestigkeit 651

Tabelle 5.4–3. Abschätzung der dauerwechselfest ertragbaren Nennspannungsamplitude


für Bauteile aus Stahl, ohne Eigenspannungen und ohne Randschichtverfestigung nach
dem Vorschlag von Hück, Thrainer und Schütz [150]

Gegeben: Zugfestigkeit Rm = Rm; ist bzw. Rm = 1,06 Rm; min (nach Norm), Streckgrenze
Rp 0,2 = Rp 0,2; ist bzw. Rp 0,2 = 1,06 R p 0,2; min , Rautiefe Rz , Durchmesser D, Werk-
stoffzustand, Formzahl ak , bezogenes Spannungsgefälle c (empfohlen c = 9) 1).
Gesucht: Dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude SD für Pü = 50% und
C = 90%.
Dabei bedeuten: sW = Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit der glatten Probe für Pü = 50%
und C = 50%, fT = Technologiefaktor, fO = Oberflächenfaktor, fOT Verknüpfung von fT und
fO , fOTK = Verknüpfung von fOT und bk nach Zenner [164], SD = dauerwechselfest ertragbare
Nennspannungsamplitude im gekerbten Querschnitt.

sW = 0,436 · Rp 0,2 + 77 N/mm2; Rp 0,2 in N/mm2 (5.4–14)


sW = 0,450 4 · Rm (alternativ); Rm in N/mm2 (5.4–15)
bk = ak /(1 + 0,45 · c 0,30) wenn D < 100 mm (5.4–16)
bk = ak wenn D > 100 mm (5.4–17)
fT = 1 für nicht geschmiedetes Bauteil (5.4–18)
fT = (2195 – Rm) / 1790 für geschmiedets Bauteil (5.4–19)
fO = 1 – 0,22 · lg Rz0,64 · lg Rm + 0,45 · lg Rz ; Rz in mm (5.4–20)
fOT = 1 – [(1 – fO )2 + (1 – fT)2]0,5 (5.4–21)
fOTK = [b k2 – 1 + 1 / f OT
2 ]0,5 (5.4–22)
jC = 1,20 (5.4–23)
1 sW
SD (R = – 1) = 4 · 7 für Pü = 50% und C = 90%. (5.4–24)
jC fOTk
1) Die Empfehlung, c = 0 zu setzen, folgt aus Überlegungen, nach denen bei Bauteilen ge-
nerell mit ak = bk gerechnet werden sollte, Abschn. 3.1.3.

neueren Festlegungen ab. Weiterhin stellen sich die Schätzwerte Dauerwech-


selfestigkeit sW dar als Mittelwerte für eine Überlebenswahrscheinlichkeit
Pü = 50%. Ihnen kann daher lediglich eine Vertrauenswahrscheinlichkeit
C = 50% zugebilligt werden, da die zum Vergleich verfügbaren Versuchsdaten
um diese Schätzwerte mit einer Standardabweichung streuen, die etwa mit
15% des jeweiligen Mittelwertes zu beziffern ist. Dementsprechend wurden
die Schätzwerte um einen Sicherheitsfaktor jC = 1,2 abgemindert, um einen
Dauerfestigkeitswert mit einer Vertrauenswahrscheinlichkeit C = 90% zu er-
halten.
652 5 Anhang

Tabelle 5.4–4. Abschätzung der dauerwechselfest ertragbaren Nennspannungsamplitude


für Bauteile aus den Eisen-Gusswerkstoffen GS, GG, GTS oder GG, nach dem Vorschlag von
Hück, Thrainer und Schütz [150] bzw. [28]

Gegeben: Zugfestigkeit Rm = Rm; ist bzw. Rm = 1,06 Rm; min (nach Norm), Werkstoff, Rau-
tiefe, Rz, Durchmesser D, Formzahl ak , bezogenes Spannungsgefälle c (empfoh-
len c = 0) 1).
Gesucht: Dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude SD für Pü = 50% und
C = 90%.
Dabei bedeuten: sW = Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit der glatten Probe für Pü = 50%
und C = 50%, fO = Oberflächenfaktor, fOk = Verknüpfung von fO und bk nach Zenner [164],
SD = dauerwechselfest ertragbare Nennspannungsamplitude im gekerbten Querschnitt.

sW = 0,27 · Rm + 85 für GS (5.4–25)


sW = 0,27 · Rm + 100 für GGG (5.4–26)
sW = 0,27 · Rm + 110 für GTS (5.4–27)
sW = 0,39 · Rm für GG (5.4–28)
bk = ak wenn D > 100 mm (5.4–29)
bk = ak / (1 + 0,33 ·c* 0,65) für GS wenn D < 100 mm (5.4–30)
bk = ak / (1 + 0,32 · c* 0,77) für GGG wenn D < 100 mm (5.4–31)
bk = ak / (1 + 0,39 · c* 0,58) für GTS wenn D < 100 mm (5.4–32)
bk = ak / (1 + 0,43 · c* 0,68) für GS wenn D < 100 mm (5.4–33)
fO = 1 für GG (5.4–34)
fO = 1 – 0,22 · lg Rz0,64 · lg Rm + 0,45 · lg Rz ; Rz in mm (5.4–35)
fOk = [b k2 – 1 + 1 / fO2]0,5 (5.4–36)
jC = 1,20; für GG jC = 1,26 (5.4–37)
1 sW
SD (R = – 1) = 5 · 6 für Pü = 50% und C = 90%. (5.4–38)
jC fOk
1) Die Empfehlung, c = 0 zu setzen, folgt aus Überlegungen, nach denen bei Bauteilen ge-
nerell mit ak = b k gerechnet werden sollte, Abschn. 3.1.3.

5.5
Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie
Die nachstehende Kurzfassung des Berechnungsablaufes zur Bestimmung der
statischen Festigkeit und der Ermüdungsfestigkeit von Maschinenbauteilen
nach der FKM-Richtlinie [44] ist keine Berechnungsanleitung, sondern sie
dient in Ergänzung der Ausführungen in den Abschn. 3.1.3 und 3.1.4 allein zur
Veranschaulichung der dort beschriebenen Berechnungsansätze. Für konkre-
te Anwendungen wird auf die aktuelle Originalfassung der Richtlinie verwie-
sen. Diese Kurzfassung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da die in
der Richtlinie angegebenen Besonderheiten für bestimmte Werkstoffe und die
Bestimmungsgleichungen für Einflussgrößen nicht aufgeführt sind.Weiterhin
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie 653

ist vereinfachend und der Übersichtlichkeit halber nur jeweils der Fall der Be-
anspruchung aus einer Normalspannungs- und einer Schubspannungs-Kom-
ponente behandelt. S und T gelten dabei als Bezeichnung der Spannungen
beim Nennspannungskonzept, s und t an deren Stelle beim örtlichen Span-
nungskonzept. Bei den örtlichen Spannungen s und t handelt es sich um linear-
elastisch berechnete Spannungen, die bei nicht geschweißten Bauteilen als
Kerbspannungen in der herkömmlichen Weise und bei geschweißten Bautei-
len unter Beachtung spezieller Festlegungen zu bestimmen sind. Für die im
Anwendungsfall zutreffenden Beanspruchungskomponenten gelten die Aus-
führungen entsprechend, wobei ihr Zusammenwirken sodann im Zuge des
Festigkeitsnachweises zu beurteilen ist.

5.5.1
Auftretende Betriebsbeanspruchung

Für den statischen Festigkeitsnachweis sind die extremen Maximal- bzw.


Minimalspannungen in Ansatz zu bringen; dies sind
beim Nennspannungskonzept:
Smax, ex und Tmax, ex ,
beim Örtlichen Spannungskonzept:
smax, ex und tmax, ex .
Für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis sind die Höchstwerte der auftretenen
Beanspruchungskollektive in Ansatz zu bringen; dies sind
beim Nennspannungskonzept:
– –
S a und Ta
beim Örtlichen Spannungskonzept:

s–a und t–a .

5.5.2
Werkstoffkennwerte

Zugfestigkeit, sowie Druck-, Schub-, Warm- und Zeitstandfestigkeit


Die Zugfestigkeit Rm liegt allen Festigkeitswerten, sowohl für den statischen
Festigkeitsnachweis wie auch für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis, als Aus-
gangswert zugrunde: Die Druckfestigkeit wird daraus mit dem Faktor fs , die
Schubfestigkeit mit dem Faktor ft und die Wechselfestigkeit mit dem Faktor fw
ermittelt.
654 5 Anhang

Der für die Berechnung maßgebliche Wert der Zugfestigkeit Rm wird ab-
hängig von seiner Vorgabe wie folgt bestimmt:
Rm = Kd, m · KA · Rm, N bei Vorgabe von Normwerten der Zugfestigkeit Rm, N
Rm = 0,94 · Rm, Z bei Vorgabe von Zeichnungswerten Rm, Z
Rm = Rm, I bei Vorgabe von Istwerten Rm, I

Dabei bedeuten:
Rm Rechenwert der Zugfestigkeit für die Bauteilabmessung, be-
stimmt aus Normwerten Rm,N , in Verbindung mit dem Größen-
einflussfaktor Kd,m und dem Anisotropiefaktor KA , bzw. aus
Zeichnungswerten Rm, Z oder Istwerten Rm, I .
Rm,N Normwert der Zugfestigkeit für die Abmessung der genormten
Zugprobe deff,N, m , nach den Werkstofftabellen im Anhang der
Richtlinie.
Rm,Z Zeichnungswert der Zugfestigkeit wie auf der Zeichnung ange-
geben. Da der Wert Rm, Z i.d.R. nur stichprobenartig überprüft
wird, ist er auf 94% abzumindern, um einen verlässlichen Wert
für Pü = 97,5% zu erhalten.
Rm,I Istwert der Zugfestigkeit experimentell für Pü = 50% am Bauteil
bestimmt.
Kd,m Technologischer Größeneinflussfaktor für die Zugfestigkeit je
nach Werkstoffgruppe und Sorte anhand tabellarischer Angaben
zu berechnen.
Kd,m = 1 für deff ≤ deff, N für Stahl, GS und GT, nicht jedoch für GG,
Kd,m = 1 für Aluminiumknetlegierungen, da Zugfestigkeitswerte
vom Werkstoffzustand und der Materialdicke abhängig sind,
Kd,m = 1 für Schweißverbindungen.
KA Anisotropiefaktor für Stahl bei quer zur bevorzugten Walzrich-
tung verlaufenden Spannungen entsprechend tabellarischen An-
gaben.
KA = 1 für Eisengusswerkstoffe,
KA = 1 für mehrachsige Spannungen (auch Schubspannungen)
und
KA = 1 für Walzstahl und Schmiedeteile mit Spannungen in Rich-
tung der bevorzugten Bearbeitungsrichtung (häufigster Fall).
fs · Rm Druckfestigkeit
fs Druckfestigkeitsfaktor, Faktor zur Bestimmung der Druck-
festigkeit aus der Zugfestigkeit Rm (Verhältnis Druckfestigkeit/
Zugfestigkeit).
fs = 1 für Zug- oder Biegezugbeanspruchung,
fs = – 1 für Druckbeanspruchung bei Stahl oder Stahlguss,
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie 655

fs = – 1 für Druckbeanspruchung bei Aluminiumknet-


legierungen,
fs = – 1,3 für Druckbeanspruchung bei GGG,
fs = – 1,5 für Druckbeanspruchung bei GT
fs = – 2,5 für Druckbeanspruchung bei GG und
fs = – 1,5 für Druckbeanspruchung bei Aluminiumguss-
legierungen.
ft · Rm Schubfestigkeit
ft Schubfestigkeitsfaktor, Faktor zur Bestimmung der Schubfestig-
keit aus der Zugfestigkeit Rm (Verhältnis Schubfestigkeit / Zug-
festigkeit).
ft = 0,58 für Stahl oder Stahlguss,
ft = 0,58 für Aluminiumknetlegierungen,
ft = 0,65 für GGG
ft = 0,75 für GT
ft = 0,85 für GG (örtliches Konzept) und
ft = 0,75 für Aluminiumgusslegierungen.
KT, m · Rm Warmfestigkeit
KT, t, m · Rm Zeitstandfestigkeit
KT, m ; KT, t, m Faktoren zur Berücksichtigung des Temperatureinflusses
Die Richtlinie ist anwendbar bei Eisenwerkstoffen für Bauteil-
temperaturen von – 40°C bis 500°C, bei Aluminiumwerkstoffen
von – 25°C bis 200°C. Die genannten Faktoren kommen für hö-
here Temperaturen zur Anwendung (T > 60°C bei Feinkorn-
stählen, sonst T > 100°C bei Stahl, T > 50°C für aushärtbare und
T > 100°C für nichtaushärtbare Aluminiumwerkstoffe), ansons-
ten sind sie gleich 1 zu setzen. Sie treten beim Nachweis in Ver-
bindung mit der Bauteilsicherheit auf.

Fließgrenze, sowie Warmfließgrenze und Zeitdehngrenze


Die Fließgrenze Rp ist in gewissen Fällen für den statischen Festigkeitsnach-
weis bestimmend, insbesondere wenn Rp /Rm < 0,75.
Der für die Berechnung maßgebliche Wert der Fließgrenze Rp wird wie folgt
bestimmt:
Rp = Kd, p · KA · Rp,N bei Vorgabe von Normwerten
der Fließgrenze,
Rp = (Kd, p /Kd,m) · (Rp, N /Rm, N) · Rm bei Vorgabe von Zeichnungswerten
oder Istwerten, wenn keine weiteren
Angaben vorliegen.
Rp Rechenwert der Fließgrenze für die Bauteilabmessung, Bestim-
mung sinngemäß wie beim Rechenwert der Zugfestigkeit Rm .
656 5 Anhang

Rp,N Normwert der Fließgrenze für die Abmessung der genormten


Zugprobe deff, N, p , nach den Werkstofftabellen im Anhang der
Richtlinie.
Kd,p Technologischer Größeneinflussfaktor für die Fließgrenze, ana-
loge Bestimmung wie für die Zugfestigkeit Rm , lediglich mit an-
deren Zahlenangaben für die Bestimmungsgleichungen.
KT, p · Rp Warmfließgrenze
KT, t, p · Rp Zeitdehngrenze
KT, p ; KT, t, p Faktoren zur Berücksichtigung des Temperatureinflusses (wie
KT, m und KT, t, m ).

5.5.3
Ertragbare Bauteil-Festigkeitskennwerte
für den statischen Festigkeitsnachweis

Die Bauteil-Festigkeitskennwerte sind für jede Beanspruchungsart oder -kom-


ponente wie nachstehend dargestellt zu bestimmen. Für Grauguss GG und
Aluminiumgusswerkstoffe gilt nur das örtliche Spannungskonzept. Die Werte
für die einzelnen Beanspruchungskomponenten unterscheiden sich jeweils
durch die Größe der plastischen Stützzahl npl , die Werte für den Nennspan-
nungsnachweis und für den örtlichen Festigkeitsnachweis unterscheiden sich
zudem durch die Art wie die Bestimmung der plastischen Stützzahl npl ge-
schieht.
Nennspannungskonzept
SSK = fs · Rm · npl · (KNL)
TTK = ft · Rm · npl · (KNL)
Örtliches Spannungskonzept
sSK = fs · Rm · npl · (KNL)
tTK = ft · Rm · npl · (KNL)

Dabei bedeuten:
npl plastische Stützzahl für das Nennspannungskonzept bzw. für das örtli-
che Spannungskonzept. npl berücksichtigt den Einfluss einer ungleich-
mäßigen Spannungsverteilung infolge Belastungsart und Bauteilform
und kennzeichnet die daraus entstehende Tragreserve.
npl = 1 für Zug bzw. Druck und für Schub
bei Verwendung von Nennspannungen an ungekerbten Bau-
teilen,
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie 657

npl = 1 für randschichtverfestigte Bauteile,


npl = 1 für Eisengusswerkstoffe mit A3 bzw. A5 < 8%.
npl = 1 für Aluminiumgusswerkstoffe A3 bzw. A5 < 8%.
KNL Faktor für Grauguss GG zur Berücksichtigung des nichtlinearen Span-
nungs-Dehnungs-Verhaltens.
KNL π 1 für GG, verschieden für die Zug- und die Druckseite,
KNL = 1 für alle Werkstoffe außer GG,
KNL = 1 für Schub oder Torsion,
KNL = 1 in der Regel für Schweißverbindungen.

5.5.4
Ertragbare Bauteil-Festigkeitskennwerte
für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis

Die Bauteil-Festigkeitskennwerte sind für jede Beanspruchungsart oder


-komponente wie nachstehend dargestellt zu bestimmen. SBK und TBK bzw.
sBK und tBK bezeichnen jeweils die als Kollektivhöchstwert ertragbaren
Spannungen. Für die einzelnen Beanspruchungskomponenten wie auch für
den Nennspannungsnachweis und für den örtlichen Festigkeitsnachweis
unterscheiden sie sich durch eine jeweils unterschiedliche Größe der dabei
maßgeblichen Einflussgrößen.

Gekerbte Bauteile
Nennspannungskonzept:
SBK = { fws ·Rm ·KAK ·KE, s · KBK · KV · (KNL)} / {Kt / [ns (r) · ns (d)] + 1 /KR, s (Rz) – 1}
TBK = { fwt · fws · Rm · KAK · KE, t · KBK · KV · (KNL)} / {Kt /[nt (r) · nt (d)]+1 /KR, t (Rz)–1}
Örtliches Spannungskonzept (Kerbspannungen):
sBK = {fws · Rm · KAK · KE, s · KBK · KV · (KNL)} /
~
{1 + [1 /Kf ] · [1 /KR, s (Rz) – 1] · [1 /(ns (r,d)]}

tBK = { fwt · fws · Rm · KAK · KE, t · KBK · KV · (KNL)} /


~
{1 + [1/ Kf ] · [1/ KR, t (Rz) – 1] · [1 / (nt (r, d)]}

Geschweißte Bauteile
Nennspannungskonzept:
SBK = sW, zd · KAK · KE, s · KBK · (KV ) · (KNL) · (FAT / FAT0, s) · ft
TBK = tW, s · KAK · KE, t · KBK · (KV) · (KNL) · (FAT / FAT0, t) · ft
658 5 Anhang

Örtliches Spannungskonzept (Strukturspannungen):


sBK = sW, zd · KAK · KE, s · KBK · (KV) · (KNL) · (FAT/FAT0,s) · ft
tBK = tW, s · KAK · KE, t · KBK · (KV) · (KNL) · (FAT/FAT0,t) · ft
Örtliches Spannungskonzept (Kerbspannungen):
sBK = sW, zd · KAK · KE, s · KBK · (KV) · (KNL)
tBK = tW, s · KAK · KE, t · KBK · (KV) · (KNL)

Dabei bedeuten:
fws · Rm = sW Zugdruckwechselfestigkeit
fws Zugdruckwechselfestigkeitsfaktor, Faktor zur Bestimmung
der Zugdruckwechselfestigkeit aus der Zugfestigkeit Rm (Ver-
hältnis Wechselfestigkeit / Zugfestigkeit). fws ist von der Werk-
stoffgruppe abhängig und ist tabellarisch angegeben.
ns (d) · sW Biegewechselfestigkeit. (Bei dieser Schreibweise bleibt aller-
dings die Kopplung der Stützzahl mit dem Rauheitsfaktor au-
ßer Betracht).
ns (d) Stützzahl, zur Bestimmung der Biegewechselfestigkeit aus der
Zugdruckwechselfestigkeit und zu bestimmen in Abhängig-
keit vom bezogenen Spannungsgefälle c aus der Biegebean-
spruchung.
fwt · sW = tW Schubwechselfestigkeit
fwt Schubwechselfestigkeitsfaktor, Faktor zur Bestimmung der
Schubwechselfestigkeit aus der Zugdruckwechselfestigkeit
(Verhältnis Schubwechselfestigkeit/Zugdruckwechselfestig-
keit). fwt ist wertmäßig gleich groß wie ft bei der Bestimmung
der Schubfestigkeit im statischen Festigkeitsnachweis und ist
abhängig von der Werkstoffgruppe tabellarisch angegeben.
nt (d) · tW Torsionswechselfestigkeit. (Bei dieser Schreibweise bleibt
allerdings die Kopplung der Stützzahl mit dem Rauheitsfaktor
außer Betracht).
nt (d) Stützzahl, zur Bestimmung der Torsionswechselfestigkeit aus
der Schubwechselfestigkeit und zu bestimmen in Abhängigkeit
vom bezogenen Spannungsgefälle c aus der Torsionsbean-
spruchung.
sW, zd Schweißnahtspezifischer Wechselfestigkeitswert für Normal-
spannung (unabhängig von der Zugfestigkeit Rm des Grund-
werkstoffs)
sW, zd = 92 MPa für ND = 5 · 106 für Stahl,
sW, zd = 32 MPa für ND = 5 · 106 für Aluminiumwerkstoffe.
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie 659

tW, s Schweißnahtspezifischer Wechselfestigkeitswert für Schub-


spannungen (unabhängig von der Zugfestigkeit Rm des Grund-
werkstoffs)
tW, s = 37 MPa für ND = 1 · 108 für Stahl,
tW, s = 13 MPa für ND = 1 · 108 für Aluminiumwerkstoffe.
KAK Mittelspannungsfaktor berücksichtigt den Einfluss der Mittel-
spannung bzw. des Spannungsverhältnisses wie er sich im
Haigh-Schaubild darstellt. Er ist dabei abhängig von der Bean-
spruchungsart und vom Überlastungsfall, d.h. davon, ob bei
einer denkbaren Überlastung entweder die Mittelspannung,
das Spannungsverhältnis, die Unterspannung oder die Ober-
spannung konstant bleibt. Bestimmungsgröße für das Haigh-
Schaubild ist die Mittelspannungsempfindlichkeit, die sich für
die jeweilige Werkstoffsorte aus der Zugfestigkeit bestimmt.
KAK = 1 für Sm = 0 bzw. R = – 1.
Bei zusammengesetzter Beanspruchung (z.B. Biegung und
Torsion) wird Sm oder R durch eine Vergleichsmittelspannung
Sm, v oder ein Vergleichspannungsverhältnis Rs,v ersetzt.
KEs Eigenspannungsfaktor, bislang nur für geschweißte Bauteile
von Bedeutung,
KEt wobei er in Verbindung mit der Mittelspannungsempfindlich-
keit für hohe, mäßige oder geringe Eigenspannung festgelegt
ist.
KEs = KEt = 1 für gekerbte (ungeschweißte) Bauteile.
KBK Betriebsfestigkeitsfaktor beziffert die zulässige Überschrei-
tung der Dauerfestigkeit, wenn bei konstanter Spannungsam-
plitude ein Zeitfestigkeitsnachweis oder bei veränderlicher
Amplitude für den Höchstwert des Beanspruchungskollektivs
ein Betriebsfestgkeitsnachweis gefordert ist. Für einen Zeit-
festigkeitsnachweis bestimmen sich die Wöhlerlinie mit Nei-
gungsexponenten und Abknickpunkten in die Dauerfestigkeit
bei Normalspannungen wie folgt:
ks = 5; ND, s = 1 · 106 für gekerbte Bauteile aus Eisen- oder Alu-
miniumwerkstoffen,
ks = 3; ND, s = 5 · 106 für geschweißte Bauteile aus Eisen- oder
Aluminiumwerkstoffen,
und bei Schubspannungen wie folgt:
kt = 8; ND, t = 1 · 106 für gekerbte Bauteile aus Eisen- oder Alu-
miniumwerkstoffen,
kt = 5; ND, t = 1 · 108 für geschweißte Bauteile aus Eisen- oder
Aluminiumwerkstoffen.
660 5 Anhang

Bei gekerbten Bauteilen aus Aluminiumwerkstoffen setzen


sich die Wöhlerlinien vom Abknickpunkt bis zu N = 108 mit
flacherer Neigung fort.
Für einen Betriebsfestigkeitsnachweis kann KKB alternativ
nach den Verfahren Miner elementar oder Miner konsequent
(fallweise mit einer Minersumme < 1) anhand der Wöhlerlinie
errechnet oder für eine zutreffende Beanspruchungsgruppe
aus entsprechenden Tabellen entnommen werden.
KBK = 1, wenn ein Dauerfestigkeitsnachweis gefordert ist.
KV Randschichtfaktor, berücksichtigt den Einfluss einer Rand-
schichtverfestigung auf die Ermüdungsfestigkeit; Anhalts-
werte sind tabellarisch angegeben.
KV = 1 wenn keine Randschichtverfestigung vorliegt,
KV = 1 in der Regel für Schweißverbindungen.
KNL Faktor für Grauguss GG wie für den statischen Festigkeits-
nachweis.
Kt Formzahl, Verhältnis der örtlichen elastischen Spannungs-
spitze zur Nennspannung, abhängig von der Kerbgeometrie
und der Beanspruchungsart,
ns (r) Stützzahl für die Normalspannung beim Nennspannungskon-
zept, abhängig vom Kerbradius des Bauteiles bzw. des damit zu
bestimmenden bezogenen Spannungsgefälles und überlagert
mit der Stützzahl ns (d) entsprechend dem bezogenen Span-
nungsgefälle aus einer etwaigen Biegebeanspruchung.
ns (r) = 1, wenn keine Kerbe vorhanden ist.
nt (r) Stützzahl für die Schubspannung beim Nennspannungskon-
zept, abhängig vom Kerbradius des Bauteiles bzw. des damit zu
bestimmenden bezogenen Spannungsgefälles und überlagert
mit der Stützzahl nt (d) entsprechend dem bezogenen Span-
nungsgefälle aus einer etwaigen Torsionsbeanspruchung.
nt (r) = 1, wenn keine Kerbe vorhanden ist.
ns (r, d) Stützzahl für die Normalspannung beim örtlichen Spannungs-
konzept, abhängig vom Kerbradius und einem Biegespan-
nungsanteil, wobei das bezogene Spannungsgefälle summa-
risch anhand eines Hilfspunktes unter der Bauteiloberfläche
bestimmt wird.
ns (r, d) = 1, wenn keine Kerbe und kein Biegespannungsanteil
vorhanden ist.
nt (r, d) Stützzahl für die Schubspannung beim örtlichen Spannungs-
konzept, abhängig vom Kerbradius und einem Torsionsspan-
5.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufes nach der FKM-Richtlinie 661

nungsanteil, wobei das bezogene Spannungsgefälle summa-


risch anhand eines Hilfspunktes unter der Bauteiloberfläche
bestimmt wird.
ns (r, d) = 1, wenn keine Kerbe und kein Torsionsspannungs-
anteil vorhanden ist.
KR, s (Rz) Rauheitsfaktor für Normalspannung, berücksichtigt den Ein-
fluss der Oberflächenrauheit des Bauteiles. Die Formzahl und
Stützzahl einerseits und der Rauheitsfaktor andererseits sind
in ihrer Auswirkung voneinander abhängig.
Rz ist die mittlere Rauheit in mm nach DIN 4768.
Rz = 200 µm wird für Walz-, Schmiede- und Gusshaut ange-
nommen.
KR, s (Rz ) = 1 für polierte Bauteile.
KR, t (Rz ) Rauheitsfaktor für Schubspannung, berücksichtigt den Ein-
fluss der Oberflächenrauheit des Bauteiles. Die Formzahl und
Stützzahl (als Kerbwirkungszahl) einerseits und der Rauheits-
faktor andererseits sind in ihrer Auswirkung voneinander ab-
hängig.
Rz ist die mittlere Rauheit in mm nach DIN 4768.
Rz = 200 µm wird für Walz-, Schmiede- und Gusshaut ange-
nommen.
KR, t (Rz) = 1 für polierte Bauteile.
~
Kf Kerbwirkungszahl als Schätzwert, um beim örtlichen Span-
nungskonzept eine dem Nennspannungskonzept entsprechen-
de Auswirkung des Rauheitsfaktors zu erhalten.
FAT Bauteilklasse für geschweißte Bauteile (ertragbare Span-
nungsschwingbreite bei N = 2 · 106 Schwingspielen) und ab-
hängig vom jeweiligen konstruktiven Detail (Stoß- und Naht-
form). Für Nennspannungen und für Strukturspannungen
sind die betreffenden Bauteilklassen in Anlehnung an die IIW-
Empfehlungen tabellarisch aufgeführt.
FAT0,s Bauteilklassen wie sie für das Rechnen mit Kerbspannungen
gelten:
FAT0,s = 225 MPa für Normalspannungen bei Eisenwerk-
stoffen,
FAT0,s = 79 MPa für Normalspannungen bei Aluminium-
werkstoffen,
FAT0,t FAT0,t = 145 MPa für Schubspannungen bei Eisenwerk-
stoffen,
FAT0,t = 51 MPa für Schubspannungen bei Aluminium-
werkstoffen.
662 5 Anhang

ft Dickenfaktor für geschweißte Bauteile.


ft = 1 beim Rechnen mit Kerbspannungen,
ft = 1 für eine Dicke t < 25 mm,
ft = (25 mm / t)0,25 für eine Dicke t ≥ 25 mm.

5.5.5
Festigkeitsnachweis

Der Festigkeitsnachweis wird durch Bestimmen des Auslastungsgrades vorge-


nommen. Er ist definiert als Verhältnis der auftretenden Spannungsamplitude
zur ertragbaren Spannungsamplitude unter Einbeziehung der erforderlichen
Sicherheitszahl jerf (und gegebenenfalls des Temperaturfaktors). Der Aus-
lastungsgrad darf höchstens den Wert 1 bzw. 100% erreichen.
Für den statischen Festigkeitsnachweis bestimmt sich der Auslastungs-
grad als
aSK = | Smax, ex / (SSK · jerf) | ≤ 1 .
aSK = | Tmax, ex / (TSK · jerf) | ≤ 1 .

Für den Ermüdungsfestigkeitsnachweis bestimmt sich der Auslastungs-


grad als

aBK = | Sa / (SBK · jerf )| ≤ 1 .

aBK = | Ta / (TBK · jerf )| ≤ 1 .

Dabei bedeuten:
aSK Auslastungsgrad beim statischen Festigkeitsnachweis
aBK Auslastungsgrad beim Ermüdungsfestigkeitsnachweis
jerf erforderliche Sicherheitszahl, unter anderem abhängig von den Scha-
densfolgen eines Bauteilversagens wie auch davon, ob betriebliche In-
spektionen zur Schadensfrüherkennung vorgesehen sind oder nicht.

Bei zusammengesetzten oder mehrachsigen Beanspruchungsarten sind zu-


nächst die Auslastungsgrade der einzelnen Beanspruchungskomponenten zu
ermitteln und zu beurteilen. Sodann wird der Gesamtauslastungsgrad mit
einer Interaktionsgleichung aus den Auslastungsgraden der einzelnen Bean-
spruchungskomponenten errechnet. Bei zusammengesetzter bzw. proportio-
nal mehrachsiger Beanspruchung ist die Interaktionsgleichung eine vom
Werkstoff abhängige Kombination der Gestaltänderungsenergie-Hypothese
und der Normalspannungshypothese. Bei nichtproportional mehrachsiger
Beanspruchung wird der Gesamtauslastungsgrad mit einer Interaktionsglei-
chung, die mehr oder weniger weit auf der sicheren Seite liegen sollte, als Sum-
me der einzelnen Auslastunggrade bestimmt.
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit 663

5.6
Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit

Schwingfestigkeits-Daten, die für Betriebsfestigkeits-Nachweise herangezo-


gen werden können, sind in beachtlicher Menge im Schrifttum verfügbar, aber
nur zu einem Teil in anwenderfreundlicher Form dargeboten und aufbereitet.
Auch sind zahlreiche Datenquellen bislang nur bedingt für den interessierten
Anwender erschlossen.
Die nachstehenden Hinweise berücksichtigen bevorzugt solche Arbeiten
im Schrifttum, die zusammenfassend und vergleichend aufbereitete Schwing-
festigkeits-Daten vermitteln. Die Hinweise sind als eine subjektiv getroffene
Auswahl zu verstehen und sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Für spezielle Recherchen bietet sich an, die Dienste einschlägiger Datenban-
ken in Anspruch zu nehmen.

Einschlägige Datenbanken
Olivier, R.; Köttgen, V.B.; Boller, Chr.; Seeger, T.: Fatigue Data Bases in Europe.
Bericht FF-1/1988, Fachgebiet Werkstoffmechanik der Technischen Hoch-
schule Darmstadt (1988).
Basierend auf einer Umfrage bei einschlägigen europäischen Institutionen ver-
mittelt der Bericht eine mehr oder weniger umfassende Übersicht über
Datensammlungen und Datenbanken zur Schwingfestigkeit und zum Rissfort-
schritt von Stählen und Aluminiumlegierungen nach dem Stand der Erhebung
in 1988.

Die Werkstoffdatenbank WIAM-ZYK der IMA GmbH Dresden,


siehe www.ima-dresden.de.
Die Werkstoffdatenbank WIAM-ZYK der IMA GmbH Dresden ist eine Schwing-
festigkeits-Datenbank für metallische Werkstoffe wie Stahl, Stahlguss, Guss-
eisen sowie Aluminium und Titanlegierungen zur Unterstützung der Lebens-
dauerabschätzung. Sie bietet Informationen zu Werkstoffkenndaten, zu Wöh-
ler- und Lebensdauerlinien in tabellarischer und graphischer Darstellung, zu
Stammdaten des Rohmaterials, Halbzeugs und Bauteils, sowie Angaben zu den
betreffenden Versuchsreihen.

Datenbanken der EU: „Community Research and Development Information


Services, CORDIS“, zu finden bei „Databases and Web Services“ unter
www.cordis.lu
Informationen unter dem Suchbegriff „Fatigue“ zu mehr als 1400 von der EU
geförderten Forschungsprogrammen, Forschungsthemen und der betreffenden
Abschlussberichte.
664 5 Anhang

Werkstoffbezogene Schwingfestigkeits-Daten
Lang, O.R.: Dimensionierung komplizierter Bauteile aus Stahl im Bereich der
Zeit- und Dauerfestigkeit. Zeitschrift Werkstofftech. 10 (1979) Nr. 10, S 24/29.
Hück, M.; Thrainer, L.; Schütz, W.: Berechnung von Wöhlerlinien für Bauteile
aus Stahl, Stahlguss und Grauguss – Synthetische Wöhlerlinien, Dritte überar-
beitete Fassung, Bericht ABF 11 (1983) [30].
Zwei zusammenfassende und statistische Auswertungen verfügbarer Daten mit
dem Ziel, eine rechnerische Abschätzung der Dauerschwingfestigkeit des glat-
ten Stabes mittels der Kennwerte aus Zugversuchen zu ermöglichen, siehe
Abschn. 3.1.3.
Boller, C.; Seeger, T.: Materials data for cyclic loading.
Part A: Unalloyed steels Part D: Aluminium and titanium alloys
Part B: Low-alloy steels Part E: Cast and welded metals
Part C: High-alloy steels
Bäumel, A. jr.; Seeger, T.: Materials data for cyclic loading, Supplement 1.
Elsevier Science Publishers, Amsterdam (1987).
Sammlung und einheitliche Aufbereitung von im Schrifttum verfügbaren zykli-
schen Werkstoffdaten aus dehnungskontrollierten Wöhler-Versuchen. Fachge-
biet Werkstoffmechanik der Technischen Hochschule Darmstadt.
FKM-Richtlinie Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile
aus Stahl, Eisenguss- und Aluminiumwerkstoffen. 5., erweiterte Ausgabe 2003.
VDMA-Verlag GmbH, Frankfurt (2003), ISBN 3-8163-0479-6.
Im Anhang enthält die Richtlinie umfangreiche Werkstoffdaten für Stähle,
Eisengusswerkstoffe, Aluminiumlegierungen und Aluminiumgusswerkstoffe.
Untersuchung und Beschreibung des Schädigungsverhaltens von Magnesium-
Bauteilen unter mechanischen und korrosiven Belastungen. Forschungskura-
torium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft 263 (2001)
Umfangreiche Daten aus Wöhler- und Betriebsfestigkeits-Versuchen bei
R = – 1 und R = 0 und daraus ermittelte Schädigungssummen für die Werkstoffe
AZ91, AM50 und AE42, die als Druckgussproben mit Gusshaut, als gekerbte und
ungekerbte Rundproben bei Raumtemperatur und bei 125°C, sowie unter Um-
laufbiegung bei permanenter Einwirkung von 5%iger NaCl-Lösung untersucht
wurden.
Renner, F.; Gugau, M.; Troßmann, T.: Magnesium-Bauteilfestigkeit. Betriebs-
festigkeit von Bauteilen aus Magnesium unter Berücksichtigung von erhöh-
ter Temperatur und Korrosion. Forschungsvereinigung Verbrennungskraft-
maschinen e.V. (FVV), Frankfurt/M., Heft 735 (2002).
Der Einfluss der Formzahl wurde geringer gefunden als erwartet, da die Guss-
haut der Proben abgearbeitet war, wodurch tiefer liegende porenbehaftete Be-
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit 665

reiche an die Oberfläche zu liegen kamen und als „innere Kerbwirkung“ einen
geringenen Einfluss äußerer Kerben bedingten. Im Vergleich von experimentell
und rechnerisch ermittelten Lebensdauerwerten zeigt die elementare Miner-
Regel gute Ergebnisse bei geringen Streuungen der Schädigungssummen für
unterschiedliche Kollektive. Die Minderung der Schwingfestigkeit bei erhöhter
Temperatur wurde in dehnungskontrollierten Einstufenversuchen und der Kor-
rosionseinfluss unter Besprühung mit 5%-iger NaCl-Lösung untersucht.
Berger, C.; Troßmann, T.; Gugau, M.: Verhalten von Magnesiumlegierungen im
Fahrzeugbau bei mechanisch-elektrochemischer Komplexbeanspruchung:
Einfluß passivierender Deckschichten und Mechanismen der lokalen Schädi-
gung. Materialwissenschaft und Werkstofftechnik 34 (2003), S. 812–832.
Magnesium-Bauteilfestigkeit. DVM-Bericht 801. Deutscher Verband für Mate-
rialforschung und -prüfung e.V., Berlin 2003.
Magnesium. Proceedings of the 6th International Conference „Magnesium Al-
loys and Their Applications“. Edited by K.U. Kainer. WILEY-VCH Verlag
GmbH & Co.KGaA, Weinheim (2004), ISBN 3-527-30975-6.
Beiträge zum Stand der Technik bei den beiden genannten gleichnamigen Ta-
gungen in 2003 bzw. 2004.
FKM-Richtlinie Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbau-
teile, 2. Ausgabe.VDMA-Verlag GmbH, Frankfurt (2004), ISBN 3-8163-0482-6.
Die Richtlinie enthält u.a. eine Sammlung von Daten aus Werkstoffnormen, von
bruchmechanischen Werkstoffkennwerten bei statischer Beanspruchung und
bei zyklischer Beanspruchung nach Regelwerken und nach Literaturauswer-
tungen für Stähle, Gusseisenwerkstoffe, Aluminiumlegierungen, Magnesium-
legierungen und Titanlegierungen, sowie mit einer Zusammenstellung von
Lösungen für Spannungsintensitätsfaktoren.
Tanaka, K.; Masuda, C.; Nishijima, S.: Analysis of fatigue crack growth data for
various steels with special reference to fracture mechanisms and metallurgical
structures. In: Materials, Experimentation and Design in Fatigue, Proceedings
of „Fatigue ’81“. Westbury House, IPC Science and Technology Press Limited,
Guildfort, England (1981).
Eine zusammenfassende Auswertung und Beschreibung von Rissfortschrittsda-
ten, siehe Abschn. 3.4.8.
Taylor, D.: A compendium of fatigue thresholds and growth rates. Engineering
Materials Advisory Services Ltd (EMAS) (1985).
Etwa 1200 Datensätze aller wesentlichen Werkstoffe in Verbindung mit Anga-
ben über deren chemischer Zusammensetzung, Wärmebehandlung, Festigkeit
und Gefügeausbildung sowie mit Angaben zur Versuchstechnik und zu unter-
suchten Umgebungseinflüssen.
666 5 Anhang

Barsom, J.M.; Novak, S.R.: Subcritical crack growth and fracture of bridge
steels. National Cooperative Highway Research program Report 181, Trans-
portation Research Board, National Research Council, Washington, D.C.
(1977).
Rissfortschrittsdaten für die in USA gebräuchlichen Brückenbau-Stähle, wie
A36, A588 Grade A und B, A514 Grade E und F unter Belastungen mit konstan-
ter Amplitude oder mit Belastungskollektiven einschließlich Korrosionsein-
flüssen.

Daten zum Dauerfestigkeitsabfall bei extrem hohen Schwingspielzahlen


Sonsino, C.M.: „Dauerfestigkeit“ – Eine Fiktion. Konstruktion H.4 (2005),
S. 1–5.
Unter dem Begriff „Very High Cycle Fatigue“ wird in neuerer Literatur vermehrt
über einen Dauerfestigkeitsabfall bei extrem hohen Schwingspielzahlen (bis ca.
N > 109 ) berichtet. Für Aluminium-Werkstoffe und andere Metalle mit kubisch-
flächenzentriertem Gitter, wie z.B. austenitische Stähle, ist ein solcher Abfall
der Dauerfestigkeit seit langem bekannt, Abb. 2.1–24. Er gilt auch für Magnesi-
umlegierungen mit ihrem hexagonalen Gitter. Ebenso wurde er bei Schweiß-
verbindungen aus Baustahl beobachtet, wenn diese hohe Eigenspannungen und
einen Bruchausgang von der Nahtwurzel aufweisen [70]. Nach neueren Ergeb-
nissen ist ein Dauerfestigkeitsabfall im Bereich extrem hoher Schwingspielzah-
len auch bei hochfest vergüteten (kubisch-raumzentrierten) Stählen, wie z.B.
Federstählen oder Wälzlagerstählen zu verzeichnen.
Ein Dauerfestigkeitsabfall ist jedoch nicht zu verzeichnen bei unlegierten oder
niedriglegierten Stählen im geglühten oder im vergüteten Zustand, wenn die
Anlaßtemperatur oberhalb ca. 350°C lag, und insbesondere nicht im gekerbten
Zustand. Für eine Schädigungsrechnung ist zudem der genannte Dauerfestig-
keitsabfall oberhalb des Abknickpunktes bei ND ohne bzw. nur von geringem
Einfluß, wie in [44] gezeigt wird.

Weitere einschlägige Veröffentlichungen sind:


Kaiser, B.; Berger, C.: Fatigue behaviour of technical springs. In: Proceedings of
the First Symposium on Structural Durability in Darmstadt, Editor C.M. Son-
sino. S. 289–309, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart (2005), ISBN 3-8167-6788-5.
Fatigue in the Very High Cycle Regime. Proceedings of the International
Conference in Vienna, Austria, 2001. Editede by Stefanie Stanzl-Tschegg
and Herwig Mayer. Institute of Meteorologie and Physics, Austria (2001),
ISBN 3-9501315-1-5.
Very High Cycle Fatigue. Proceedings of the Third International Conference
VHCF-3, Japan 2004. Edited by Tatsuo Sakai and Yasuo Ochi. The Society of
Materials Science, Japan (2004).
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit 667

Daten für ungekerbte und gekerbte Bauteile


Haibach, E.; Matschke, C.: Schwingfestigkeit von Stahl Ck45 bei verschiedenen
Formzahlen und Spannungsverhältnissen. LBF-Bericht Nr. FB-153 (1980),
Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Haibach, E.; Matschke, C.: Schwingfestigkeit von Stahl 42CrMo4 bei verschie-
denen Formzahlen und Spannungsverhältnissen. LBF-Bericht Nr. FB-129
(1980), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Haibach, E.; Matschke, C.: Betriebsfestigkeit von Kerbstäben aus Stahl Ck45
und Stahl 42CrMo4. LBF-Bericht Nr. FB-155 (1980), Fraunhofer-Institut für
Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Haibach, E.; Matschke, C.: Biege- und Verdrehfestigkeit abgesetzter Wellen aus
Stahl Ck45 und Stahl 42CrMo4. LBF-Bericht Nr. 3635, April 1981, Fraunhofer-
Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Ausführlich dokumentierte Ergebnisse aus einem KEG-Forschungsprogramm,
siehe auch Abschn. 2.1.7 und 3.2.9.

NRIM Fatigue Data Sheets. National Research Institute for Metals, Tokio, Japan.
Statistisch belegte Schwingfestigkeitsdaten für Stähle aus spannungs- oder deh-
nungskontrollierten Wöhlerversuchen mit ungekerbten Proben, unter systema-
tischer Einbeziehung von Chargeneinflüssen.

Sonsino, C.M.; Kulka, C.; Huth, H.: Breitere Verwendung hochwertiger Stahl-
qualitäten für schwingbeanspruchte Bauteile durch Bereitstellen verlässlicher
Kennwerte. Abschlussbericht zum KEG-Forschungsvorhaben 7210/KD/113
des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute, durchgeführt vom Fraunhofer-Insti-
tut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt, EGKS/EUR-Bericht 11414 (1988).
Sammlung der in der Literatur verfügbaren Wöhlerlinien für ungekerbte und
gekerbte Prüfstäbe aus Baustählen. Erfassen der Einzelergebnisse in einheit-
licher Tabellenform und normierte Auftragung der Wöhlerlinien. Zusammen-
fassende Auswertung der daraus zu entnehmenden Schwingfestigkeits-Kenn-
werte zur Veranschaulichung der zwischen vergleichbaren Versuchsreihen be-
stehenden Unterschiede und der maßgeblichen Einflussgrößen.

Luftfahrttechnisches Handbuch Strukturberechnung (HSB). Herausgegeben


von der Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH, München (1983).
Im Handbuch Strukturberechnung finden sich eine Vielzahl von Schwingfestig-
keitsdaten für Fliegwerkstoffe und Bauteile aus Fliegwerkstoffen mit entspre-
chenden Verweisen auf die Datenquellen.

Gaßner, E.; Kreutz, P.: Bedeutung des Programmbelastungsversuchs als ein-


fachste Form der Simulation zufallsartiger Beanspruchungen. Fortschr.-Ber.
VDI-Z, Reihe 5, Nr. 80 (1984), ISSN 0341–1664.
668 5 Anhang

Heuler, P.; Vormwald, M.; Seeger, T.: Relative Miner-Regel und U0-Verfahren –
Eine bewertende Gegenüberstellung. Forschungsbericht FF-18 (1984), Fachge-
biet Werkstoffmechanik der Technischen Hochschule Darmstadt.
Es handelt sich hier um zwei zusammenfassende und vergleichende Auswer-
tungen zahlreicher Ergebnisse aus Wöhler-, Blockprogramm- und Zufallslasten-
Versuchen, die sowohl einen Überblick über bislang untersuchte Werkstoffe,
über die dafür erarbeiteten Schwingfestigkeitsdaten, wie auch über die ent-
sprechenden Originalberichte vermitteln.

Eulitz, K.-G.; Döcke, H.; Kotte, K.L.; Liu, J.; Zenner, H.: Speicherung und Aus-
wertung vorliegender Versuchsdaten, erhältlich auf einer Daten-CD. For-
schungskuratorium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft
227 (1997).
Eulitz, K.-G.: Beurteilung der Zuverlässigkeit von Lebensdauervorhersagen
nach dem Nennspannungskonzept und dem Örtlichen Konzept anhand einer
Sammlung von Betriebsfestigkeitsversuchen. Habilitationsschrift, Fakultät für
Maschinenwesen Technische Universität Dresden (1999).
Die Datensammlung umfasst 351 Wöhlerlinien und über 2000 Lebensdauerho-
rizonte mit insgesamt ca. 18000 Einzelversuchen, die zusammen mit den jeweils
angewandten Belastungskollektiven bzw. Lastfolgen auf einer Daten-CD ge-
speichert und in einheitlicher Weise statistisch neu ausgewertet wurden. Ein
Auswahlprogramm gestattet den Zugriff auf die Daten. Durch Auswertung und
Beurteilung dieses Datenbestandes wurden Aussagen zur Zuverlässigkeit von
Lebensdauervorhersagen abgeleitet und in praxisrelevanter Form dargeboten.

Haibach, E.; Engels,A.; Zeuner, H.: Die Schwingfestigkeit von unlegiertem und
niedriglegiertem Stahlguss sowie deren Beeinflussung durch kleine Werk-
stofffehler. Gießerei 57 (1970) H. 2, S. 25/30.
Ostermann, H.; Rückert, H.; Engels, A.: Dauerfestigkeit und Betriebsfestigkeit
von schwarzem Temperguss und ihr Zusammenhang mit metallurgischen
Einflüssen. LBF-Bericht Nr. FB-143 (1979), Fraunhofer-Institut für Betriebs-
festigkeit, Darmstadt, oder Gießereiforschung 31 (1979) Nr. 1, S. 25/36.
Rückert, H.; Ostermann, H.: Betriebsfestigkeit oberflächennachbehandelter
Bauteile aus Temperguss und Gusseisen mit Kugelgraphit unter zufallsartiger
Belastung. Konstruktion 36 (1984) Nr. 6, S. 201/06.
Grubisic, V.; Neugebauer, J.: Festigkeitsverhalten von Sphäroguss bei kombi-
nierter statischer und dynamischer mehrachsiger Beanspruchung. LBF-Be-
richt Nr. FB-149 (1979), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt,
oder Gießereiforschung 31 (1979) Nr. 4, S. 123/28.
Hück, M.; Schütz, W.; Walter, H.: Moderne Schwingfestigkeitsunterlagen für
die Bemessung von Bauteilen aus Sphäroguss und Temperguss, vor allem für
den Fahrzeugbau. ATZ 86 (1984) Nr. 7/8, S. 325/31 und Nr. 9, S. 385/8.
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit 669

Ostermann, H.: Ausfallsichere Bemessung von Laufrädern für Wasserkraft-


maschinen aus Stahlguss unter besonderer Berücksichtigung von Korrosion
und Gefügezustand. In: FhG-Berichte (1979) Nr. 4, S. 25/27 (Vorabinformation
über einen nicht veröffentlichten Abschlussbericht).
Zhang, G.; Sonsino, C.M.: Porosität und Schwingfestigkeit von Proben und
Bauteilen aus Aluminiumdruckguss. In DVM-Bericht 802, S. 81–93, Deutscher
Verband für Materialforschung und -Prüfung E.V., Berlin (2003).
In diesen Berichten finden sich statistisch belegte und im Einzelnen dokumen-
tierte Schwingfestigkeitsdaten aus Wöhler- und Betriebsfestigkeits-Versuchen
für die aus den Titeln erkennbaren Gusswerkstoffe.

Sonsino, C.M.: Ermittlung anwendungsrelevanter Kenngrößen für Sinterme-


talle. LBF-Bericht Nr. FB-158 (1981), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestig-
keit, Darmstadt.
Sonsino, C.M.: Schwingfestigkeitsverhalten von Sinterstahl unter kombi-
nierten mehrachsigen phasengleichen und phasenverschobenen Beanspru-
chungszuständen. LBF-Bericht Nr. FB-168 (1983), Fraunhofer-Institut für
Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Sonsino, C.M.: Schwingfestigkeit von verschiedenen Sinterstählen und Be-
messungskriterien für gesinterte Bauteile. LBF-Bericht Nr. FB-170 (1984),
Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Für verschiedene Sinterwerkstoffe werden experimentell ermittelte Schwing-
festigkeits-Daten mitgeteilt und vergleichend beurteilt.

Sonsino, C.M.: Fatigue behaviour of sintered materials and components under


operational service. In: 1998 Powder Metallurgy World Congress Education
Programme, Granada, Spain 18.10.1998. Ed. by J. M. Torralba and F. Velasco.
European Powder Metallurgy Association EPMA, Shrewsbury, United King-
dom (1998), S. 186–216.
In einem Überblick zum Stand der Technik und anhand von praktischen Bei-
spielen werden Daten über das Betriebsfestigkeitsverfahren von Bauteilen aus
Sinterwerkstoffen im Vergleich zu Bauteilen aus Stahl hinsichtlich der ertrag-
baren Beanspruchungshöhe unter dem Einfluss von Kerben oder von Rollkon-
takt und einer erhöhten Temperatur mitgeteilt.

Daten für Faserverbundwerkstoffe


Berg-Pollak, A.; Gumnior, P.; Sonsino, C. M.; Hanselka, H.: Betriebsfeste Ausle-
gung hochbelasteter Kunststoffbauteile. Polymer Forschung Darmstadt, Heft 1
(2003).
Für eine betriebsfeste Auslegung von Bauteilen aus kurzfaserverstärktem Poly-
amid sind Kerben, Faserrichtung Temperatur, Alterung, Oberflächenzustand,
670 5 Anhang

Betriebs-, Mittel- und mehrachsige Beanspruchungen als Einflußgrößen zu be-


achten. Anhand umfangreicher Untersuchungen wurde ein analytisch-numeri-
sches Bemessungsverfahren entwickelt und exemplarische Ergebnisse werden
vorgestellt.
Entwicklung von Bauteilen aus Faser-Kunststoff-Verbund, Berechnung. VDI-
Richtlinie 2014 Blatt 3, Entwurf 2000.
Luftfahrttechnisches Handbuch, Band Faserverbund-Leichtbau. Hrsg.: Ar-
beitskreis Faserverbund-Leichtbau (1989).
Fatigue in Composites. Hrsg.: B. Harris. Woodhead Publishing (2003), ISBN
185573608.
Ein Überblick zum aktuellen Verständnis des Schwingfestigkeits-Verhaltens
von Faserverbundwerkstoffen für den Flugzeugbau, den Schiffbau und die Bau-
technik.

Gerharz, J. J.; Mattheij, P.; Huth H.: Werkstoffkennwerte für den Betriebs-
festigkeitsnachweis von Faserverbundbauteilen. DGLR-Bericht 91-01 (1991),
S. 185–205.
Huth H.; Mattheij, P.; Gerharz, J. J.: Auswirkung von Kerben und Impactschä-
den auf die Betriebsfestigkeit von Faserverbundwerkstoffen. In DVM-Bericht
127, S. 39–49, Deutscher Verband für Materialforschung und -Prüfung E.V.,
Berlin (2000).
Kerben und Impactschäden reduzieren die statische Festigkeit von Faser-
verbund-Bauteilen mehr als die Schwingfestigkeit. Bei hinreichend niedrigen
Auslegungsbeanspruchungen sind deshalb Ermüdungs- und Restfestigkeits-
probleme kaum zu erwarten.

Reliability Stress Analysis Failure Prevention Issues Fastening/Joining Com-


posite Smart Structures. Proceedings of an International Mechanical Enginee-
ring Congress, Hrsg.: ASME (1996), ISBN 791815463.
Die Beiträge behandeln Probleme beim Verbinden und Befestigen von Faser-
verbundbauteilen.

Durability and Damage Tolerance of Composite Materials and Structures.


Proceedings of an International Mechanical Engineering Congress, Hrsg.:
ASME (1999), ISBN 791816419.
Durability Analysis of Composite Systems 2001. Proceedings edited by
Y. Miyano, A.H. Cardon, A.H. Reifsnider, H. Fukada, S. Ogihara. A.A. Balkema
(2002), ISBN 9058093824.
Themen der Konferenz-Beiträge betreffen Stoß- und Umgebungseinflüsse,
Schwingfestigkeits- und Lebensdauervorhersagen, Schädigungsmechanismen,
Schadenstoleranz und Versagens-Modellen.
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit 671

Daten für Bauteile der Antriebstechnik


Buch, A.: Verdrehschwingfestigkeit und Betriebsfestigkeit von Achswellen.
Materialprüfung 14 (1972) Nr. 9, S. 306/13.
Eine Zusammenstellung und kritisch vergleichende Bewertung von Ergebnissen
aus Wöhler- und Betriebsfestigkeits-Versuchen für zylindrische Wellenschäfte
aus Vergütungsstählen.

Dauer-, Zeit- und Betriebsfestigkeit von Welle-Nabe-Verbindungen. Deut-


scher Verband für Materialprüfung, Berlin, Berichte der 12. Sitzung des DVM
Arbeitskreises Betriebsfestigkeit in Langen (1986).
Die abgedruckten Berichte vermitteln einen Überblick zum Stand der Technik
und über die zum Thema Welle-Nabe-Verbindungen vorliegenden Untersu-
chungsergebnisse.

Zenner, H.: Dauerfestigkeit von Kurbelwellen. Ein neues Berechnungsverfah-


ren unter besonderer Berücksichtigung der Baugröße. MTZ 38 (1977) Nr. 2,
S. 75/81.
Ergebnisse aus Dauerschwingversuchen für einteilige, geschmiedete Kurbelwel-
len mit unbehandelter Oberfläche sind hinsichtlich des Werkstoffeinflusses, des
Größeneinflusses, des technologischen Einflusses und des Oberflächeneinflusses
zusammenfassend ausgewertet und in ein Berechnungsverfahren umgesetzt.

DIN 3990: Tragfähigkeit von Stirnrädern. Beuth Verlag, Köln (1987).


Die in mehreren Teilen endgültig oder als Entwurf vorliegende Norm vermittelt
die Unterlagen zur Berechnung von Stirnrädern nach heutigem internationa-
len Erkenntnisstand.

Linke, H.: Praxisorientierte Berechnung von Wellen und Achsen. In VDI-Be-


richte Nr. 1442 (1998), S. 63/81 [46].
In diesem Beitrag werden wesentliche Festlegungen und der Aufbau von
DIN 743 „Tragfähigkeit von Wellen und Achsen“ dargelegt und Betrachtung
über deren mögliche Erweiterungen auf eine Zeit- oder Betriebsfestigkeits-
Berechnung gegeben.

Leidlich, E.: Zeitgemäße Dimensionierung von Pressverbindungen. In VDI-


Berichte Nr. 1689, S. 203/277 [46].
Diese Abhandlung gibt einen Überblick über den hohen, auf physikalisch be-
gründeten Ersatzmodellen beruhenden Kenntnisstand zur Dimensionierung
von Pressverbindungen, die hinsichtlich der Betrachtung von Biegespannungen
über die einschlägige DIN 7190, „Pressverbände – Berechnungsgundlagen und
Gestaltungsregeln“, hinausgeht.
672 5 Anhang

DIN 6892 „Mitnehmerverbindungeen ohne Abzug – Passfedern – Berechnung


und Gestaltung“, Beuth-Verlag, Berlin, Köln (1998).
Die experimentell und analytisch erarbeiteten Erkenntnisse zur Neufassung
dieser Norm sind im Abschlußbericht zum Forschungsvorhaben 217/1 der For-
schungsvereinigung Antriebstechnik e.V. im Forschungsheft 531 (1997) darge-
stellt.

Daten für Schrauben-, Niet- und Klebeverbindungen


Systematische Berechnung hochbeanspruchter Schraubenverbindungen.
VDI-Richtlinie 2230, Blatt 1 (2001). Beuth Verlag, Berlin, Köln.
Anwendung hochfester Schrauben im Stahlbau. DASt-Richtlinie 010 (1976).
Beuth Verlag, Berlin, Köln.
Es handelt sich hier um zwei Richtlinien zur Berechnung hochbeanspruchter
Schraubenverbindungen.

Kloos, K.H.; Thomalla, W.: Zur Dauerhaltbarkeit von Schraubenverbindun-


gen. Verbindungstechnik 11 (1979) H. 1, S. 11/24; H. 2, S. 27/33, H. 3, S. 31/37;
H. 4, S. 22/29 oder Sonderdruck als RIBE Blauheft Nr. 22, Richard Bergner,
Schwabach.
Kloos, K.H.; Schneider, W.: Haltbarkeit exzentrisch beanspruchter Schrauben-
verbindungen. VDI-Z 126 (1984) Nr. 19, S. 741/50.
Kober, A.: Schäden an großen Schraubenverbindungen, Spannungsanalyse –
Bruchmechanik – Abhilfemaßnahmen. Maschinenschaden 59 (1986) H. 1, S. 1/9.
Gudehus, H.: Betriebsfeste Dimensionierung großformatiger Dehnschrauben
– Stand des Wissens und Empfehlungen für die Praxis. Bericht Nr. ABF 37,
Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf (1986).
Berger, C.; Arz, U.; Kaiser, B.; Landgrebe, R.: Gebrauchseigenschaften von
Schraubenverbindungen für Leichtmetalle. In DVM-Bericht 802, S. 5–23,
Deutscher Verband für Materialforschung und -prüfung e.V., Berlin (2003).
Huth, H.: Zum Einfluss der Nietnachgiebigkeit mehrreihiger Nietverbindun-
gen auf die Lastübertragungs- und Lebensdauervorhersage. LBF-Bericht Nr.
FB-172 (1985), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Mit diesen Veröffentlichungen werden allgemeine wie auch spezielle Fragen der
Berechnung von Schrauben- und Nietverbindungen abgehandelt.

Luftfahrttechnisches Handbuch – Strukturberechnung (HSB). Herausgegeben


vom Industrie-Ausschuss Strukturberechnungsunterlagen. Messerschmitt-
Bölkow-Blohm GmbH, München (1990).
Das Handbuch Strukturberechnung enthält Richtlinien zur Bestimmung der Le-
bensdauer und der Ausfallwahrscheinlichkeit von hochbeanspruchten Schrau-
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit 673

benverbindungen und Nietverbindungen des Flugzeugbaus und Hinweise auf


die entsprechenden Datenquellen.

Habenicht, G.: Kleben – Grundlagen, Technologien, Anwendungen. 4., erweiter-


te Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg (2003), ISBN 3-540-43340-6.
Eine Übersicht zum aktuellen Stand der Klebstoffe und Klebeverbindungen
sowie der Berechnung, Gestaltung und Qualitätssicherung metallischer und
nichtmetallischer Fügeteile.

Maßnahmen zur Schwingfestigkeitssteigerung


Schütz, D.; Gerharz, J.J.: Zusammenstellung von Maßnahmen zur Steigerung
der Schwingfestigkeit von Flugzeugkonstruktionen. LBF-Bericht Nr. FB-128
(1976), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Möglichkeiten der Schwingfestigkeitssteigerung durch geeignete Verfahren der
Nachbehandlung.

Festwalzen und Glattwalzen zur Festigkeitssteigerung von Bauteilen. Deut-


scher Verband für Materialprüfung, Berlin, Berichte der 8. Sitzung des DVM
Arbeitskreises Betriebsfestigkeit in München (1982).
Die Berichte vermitteln einen Überblick zum Stand der Technik und zu den vor-
liegenden Versuchsergebnissen zur Schwingfestigkeitssteigerung durch Fest-
walzen oder Glattwalzen.

Jung, U.: Einfluss der Probengröße und der Festwalzparameter auf die
Schwingfestigkeit bauteilähnlicher Proben, sowie Steigerung der Torsions-
Schwingfestigkeit durch Festwalzen und Entwicklung eines computergestütz-
ten Optimierungskonzeptes. Forschungskuratorium Maschinenbau e.V.,
Frankfurt/M, Forschungshefte Heft 223 (1997).
Etwa 1300 abgesetzte Rundproben aus Vergütungsstahl 42CrMo4, Kugelgra-
phitguss GGG-60 und AFP-Stahl 38MnVS5 im Durchmesserbereich von 8 bis
64 mm wurden unterschiedlich festgewalzt und unter Umlaufbiegung sowie
wechselnder Torsion untersucht, um den Einfluss der Verfahrensparameter auf
die Schwingfestigkeit zu ermitteln. Mit nichtlinearen FE-Methoden wurde das
Festwalzen der Absatzkerben zur Berechnung des Eigenspannungsfeldes simu-
liert, um daraus eine Verfahrensoptimierung abzuleiten.

Shot peening; science, technology, application. Herausgeg. von H. Wohlfahrt,


R. Kopp, O.Vöhringer. DGM-Informationsgesellschaft mbH, Oberursel (1987),
ISBN 3-88355-120-1.
Proceedings einer internationalen Tagung zum Thema Kugelstrahlen und des-
sen Anwendung.
674 5 Anhang

Spur, G.; Stöferle, Th.: Handbuch der Fertigungstechnik, Bände 4/1 und 4/2:
Abtragen, Beschichten, Wärmebehandeln. Hanser Verlag (1987).
Eine Beschreibung der Verfahren und u.a. auch der erzielten Schwingfestig-
keitssteigerung durch Verfahren der Wärmebehandlung wie Induktionshärten
oder Einsatzhärten.
Fessenmayer, W.; Günther, U.; Buschermöhle, H.; Sigwart, A.: Untersuchungen
zum Einfluss der Oberflächenrauheit auf die Ermüdungsfestigkeit. For-
schungskuratorium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft
156 (1995).
Günther, U.; Fessenmayer, W.; Krämer, O.; Mauch, H.: Untersuchungen zum
Einfluss der durch moderne Fertigungsverfahren gefertigten technischen
Oberflächen auf die Ermüdungsfestigkeit. Forschungskuratorium Maschinen-
bau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft (262 (2001).
Experimentelle Ergebnisse zur Beeinflussung der Schwingfestigkeit durch die
durch Fräsen erzeugten technischen Oberflächen, gekennzeichnet durch Rau-
tiefe und Eigenspannungen.

Chatterjee-Fischer, R.: Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen – Nitrieren


und Nitrocarburieren. Expert Verlag, Sindelfingen (1986), ISBN 3-8169-0076-3.
Eine zusammenfassende Darstellung zum Thema Nitrieren und Nitrocarbu-
rieren mit umfangreichen Schrifttumshinweisen, auch zur Frage der Schwing-
festigkeitssteigerung.

Residual stresses in science and technology, Vol. 1 und Vol. 2. Herausgeg. von
E. Macherauch und V. Hauk. DGM-Informationsgesellschaft mbH, Oberursel
(1987), ISBN 3-88355-099-X und -100-7.
Proceedings einer internationalen Konferenz zum Thema Eigenspannungen
und deren Auswirkungen.

Lowak, H.: Zum Einfluss von Bauteilgröße, Lastfolge und Lasthorizont auf die
Schwingfestigkeitssteigerung durch mechanisch erzeugte Druckeigenspan-
nungen. LBF-Bericht Nr. FB-157 (1981), Fraunhofer-Institut für Betriebs-
festigkeit, Darmstadt.
Aus den durchgeführten Wöhler- und Zufallslasten- und Einzelfolgen-Versu-
chen werden die maßgebenden Einflussgrößen erkennbar, die die Auswirkung
von Eigenspannungen auf die Schwingfestigkeit in der Anriss- und in der Riss-
fortschrittsphase bestimmen.

Einfluss des Spannungsarmglühens bei Schweißverbindungen.


Zum Einfluss des Spannungsarmglühens auf die Schwingfestigkeit von
Schweißverbindungen aus Baustahl: Siehe auch unter Daten für Schweiß-
verbindungen bei den Wöhlerlinienkatalogen von Olivier und Ritter.
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit 675

Fischer, G.; Grubisic, V.; Buxbaum, O.: Maßnahmen zur Rissverzögerung an


schwingbeanspruchten Stahlkonstruktionen. Bericht ABF 13/1 (1979), Verein
Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf.
Fischer, G.; Grubisic, V.; Buxbaum, O.: Maßnahmen zur Rissverzögerung an
schwingbeanspruchten Stahlkonstruktionen unter regelloser Belastung. Be-
richt ABF 25 (1982), Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf.
Fischer, G.; Grubisic, V.; Buxbaum, O.: Untersuchung von Rissverzögerungs-
maßnahmen an unsymmetrischen Rissen. Bericht ABF 32 (1985),Verein Deut-
scher Eisenhüttenleute, Düsseldorf.
Oberparleiter, W.; Schütz, W.: Erhöhung der Lebensdauer angerissener Wellen
durch Ausdrehen der Risse und Kugelstrahlen. Bericht ABF 13/2 und ABF 26
(in einem Band) (1982), Verein Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf.
Untersucht wurden Maßnahmen, die geeignet sind, die weitere Ausbreitung von
im Betrieb aufgetretenen Schwinganrissen zu verlangsamen.

Daten für Schweißverbindungen


Radaj, D.: Gestaltung und Berechnung von Schweißkonstruktionen. Fach-
buchreihe Schweißtechnik Band 82, Deutscher Verlag für Schweißtechnik,
Düsseldorf (1985).
Dieses Fachbuch behandelt die Fragen der Gestaltung und Berechnung schwing-
beanspruchter Schweißverbindungen nach heutigem Stand der Technik. Es
enthält einen Abriss zu den allgemeinen Berechnungsgrundlagen sowie spe-
zielle Hinweise zur Berechnung geschweißter Bauelemente, ergänzt durch eine
Übersicht zu Regelwerken, die die Bemessung schwingbeanspruchter Schweiß-
verbindungen betreffen. Einige richtungweisende bzw. neuere Regelwerke oder
Empfehlungen sind nachstehend parallel oder ergänzend dazu genannt.
Radaj, D.; Sonsino, C. M.: Fatigue assessment of welded joints by local ap-
proaches. Abbington Publishing, Woodhead Publishing, Abbington Hall,
Abbington, Cambridge, England (1998). ISBN 1-85573-403-6.
Desgl. als stark gekürzte Fassung in Deutsch: Ermüdungsfestigkkeit von
Schweißverbindungen nach lokalen Konzepten. Fachbuchreihe Schweißtech-
nik 142, Verlag für Schweißen und verwandte Verfahren, DVS-Verlag GmbH,
Düsseldorf (2000), ISBN 3-87155-191-0.
Die Originalfassung (in Englisch) vermittelt einen detaillierten Überblick über
die existierende Vielzahl von Varianten lokaler Konzepte zur Berechnung der
Schwingfestigkeit von Naht- und Punktschweißverbindungen, sowie einen Ver-
gleich deren Potenziale, Probleme und Grenzen.

Etude comparative des regles de calcul a la fatigue des structures soudees.


Bericht EUR 7757 FR, Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Luxemburg (1981).
676 5 Anhang

Ein einheitliches Schema zum Vergleich der in den verschiedenen Ländern der
Europäischen Gemeinschaft geltenden Regelwerke für die Berechnung schwing-
beanspruchter Schweißverbindungen zeigt, dass nach diesen Regelwerken in
der Höhe der zulässigen Spannungen sehr große Unterschiede bestehen.

DIN 15 018: Krane, Grundsätze für Stahltragwerke, Berechnung. Beuth Verlag,


Berlin (1984).
DASt 011: Hochfeste schweißgeeignete Feinkornbaustähle StE460 und StE690,
Anwendung für Stahlbauten. DASt-Richtlinie 011, Stahlbau-Verlag, Köln (1979).
Diese beiden Regelwerke beziffern nach gleichartigem Schema die ertragbaren
Spannungen für Schweißverbindungen aus üblichen Baustählen (St 37, St 52)
und aus höherfesten Feinkornbaustählen (StE 460, StE 690), und zwar in Ab-
hängigkeit von typisierten Kollektivformen (schwer, mittel, leicht) von der ge-
forderten Lebensdauer (Anzahl der Schwingspiele), von der Kerbfallzuordnung
der betreffenden Verbindungsform, sowie von dem Spannungsverhältnis. Dieses
erstmals mit der DIN 15 018 entwickelte Bemessungskonzept nach Grundsätzen
der Betriebsfestigkeit wurde so oder leicht abgewandelt in zahlreiche andere
Regelwerke übernommen. Nach heutigem Erkenntnisstand sind die mit diesen
Regelwerken festgelegten zulässigen Spannungen in einigen Punkten zu revi-
dieren, Abschn. 3.1.2.
Insbesondere erscheinen die für wechselnde Beanspruchung (– 1 < R < 0) gel-
tenden zulässigen Spannungen um einiges zu hoch, wenn ungünstige Schweiß-
eigenspannungen vorliegen, wie sie bei Bauteilschweißungen als die Regel gel-
ten müssen. Ebenfalls zu hoch sind die zulässigen Spannungen für die Bean-
spruchungsgruppe B6 bei konstanter Amplitude (Kollektiv S3) und Schwing-
spielzahlen > 2 · 106; für diesen Fall fehlt eine Beanspruchungsgruppe B7.
Andererseits sollten die für den Schwellbereich (R > 0) zulässigen Spannungen
nicht die vorgegebene starke Abminderung bei höherem Spannungsverhältnis
erfahren. Die für R = 0 angegebenen zulässigen Oberspannungen sind etwa den
heute nach dem Ds-Konzept (s.u.) als zutreffend erachteten Spannungen ver-
gleichbar, wenn sie R-unabhängig angesetzt werden.

ECCS-T6 „Fatigue“: Recommendations for the fatigue design of steel struc-


tures. Europäische Konvention für Stahlbau (EKS), Generalsekretariat, Brüssel
(1985).
Hobbacher, A.: Empfehlungen zur Schwingfestigkeit geschweißter Verbindun-
gen und Bauteile (Recommendations for fatigue design for welded joints and
components). International Institute of Welding (IIW/IIS), Doc. XIII-1539-
96/XV-845-96. Deutscher Verlag für Schweißtechnik, DVS-Verlag (1997).
Bei den ECCS-Empfehlungen handelt es sich um die Gemeinschaftsarbeit einer
internationalen Expertengruppe, vorgesehen als Grundlage für die Schaffung
künftig einheitlicher nationaler Normen und Vorschriften zum Nachweis der
Betriebsfestigkeit von Stahlkonstruktionen. Sie entstanden aus einer Zu-
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit 677

sammenfassung und einem Angleich international anerkannter Grundsätze


und Auswertungen nach dem seinerzeit vorliegenden Erkenntnisstand. Die
IIW-Empfehlungen stellen eine ebenfalls international erarbeitete Weiterent-
wicklung und Erweiterung der ECCS-Empfehlungen nach aktuellem Erkennt-
nisstand dar. In beiden Ausarbeitungen fehlen jedoch Angaben über die Sicher-
heitszahlen, die beim Ableiten der als zulässig angegebenen Spannungen in An-
satz kamen. Bei nicht konstanter Spannungsamplitude wird die Anwendung
der Miner-Regel empfohlen.
Beachtenswerte Unterschiede gegenüber der DIN 15018 bestehen vor allem
in der Kerbfallzuordnung der konstruktiven Details, im Verlauf der Wöhler-
linien, die sich mit einer Neigung k = 3 bis auf 5 · 106 Schwingspiele fortset-
zen, und – mit dem Hinweis auf die in geschweißten Bauteilen zu unterstellen-
den ungünstigen Schweißeigenspannungen – in R-unabhängigen zulässigen
Spannungen, hingegen in R-abhängigen Spannungen für spannungsarm-ge-
glühte oder -gefertigte Schweißverbindungen, ebenso über die Größe der zu-
grunde gelegten Sicherheitszahlen.

Olivier, R.; Ritter, W.: Wöhlerlinienkatalog für Schweißverbindungen aus Bau-


stählen. Deutscher Verlag für Schweißtechnik GmbH, Düsseldorf.
DVS-Bericht Nr. 56/I, Teil 1: Stumpfstoß.
DVS-Bericht Nr. 56/II, Teil 2: Quersteife.
DVS-Bericht Nr. 56/III, Teil 3: Doppel-T-Stoß.
DVS-Bericht Nr. 56/IV, Teil 4: Längssteife. Bolzenschweißung,
DVS-Bericht Nr. 56/V, Teil 5: Halskehlnaht, Brennschnitt, Gurtplatten.
Sammlung der in der Literatur verfügbaren Wöhlerlinien der genannten
Schweißverbindungen aus Baustahl. Erfassen der Einzelergebnisse in einheit-
licher Tabellenform und einheitliche, normierte Auftragung der Wöhlerlinien.
Zusammenfassende statistische Auswertung der daraus zu entnehmenden
Schwingfestigkeits-Kennwerte. Veranschaulichung der zwischen nominell
gleichartigen Versuchsreihen bestehenden Unterschiede und der maßgeblichen
Einflüsse, insbesondere auch von Eigenspannungen bzw. eines Spannungsarm-
glühens.

Haibach, E.; Atzori, B.: A statistical re-analysis of fatigue test results on welded
joints in AlMg5 – Description of the procedure and documentation of the
evaluated test series. LBF-Bericht Nr. FB-116 (1974), Fraunhofer-Institut für
Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Sammlung der in der Literatur verfügbaren Wöhlerlinien für Schweißverbin-
dungen aus AlMg5 und Aufarbeitung ähnlich den Wöhlerlinienkatalogen von
Olivier und Ritter.

Olivier, R.; Ritter, W.: Schwingfestigkeitssteigerung an Schweißverbindungen


durch unterschiedliche Nachbehandlungen – Statistische Auswertung von
678 5 Anhang

Schwingfestigkeitsdaten aus dem Schrifttum. Paper 9.6 in: Stahl in Meeres-


bauwerken, Bericht EUR 7347 DE, Kommission der Europäischen Gemein-
schaften, Luxemburg (1982).
Statistisch aufbereitete Daten zur schwingfestigkeitssteigernden Nachbehand-
lung von Schweißverbindungen durch Schleifen, durch Kugelstrahlen oder
Hämmern, oder durch nochmaliges WIG- oder Plasma-Aufschmelzen des Naht-
übergangs.

Munse, H.W.; Wilbur, T.W.; Tellalian, M.L.; Nicoll, K.; Wilson, K.: Fatigue
characterization of fabricated ship details for design. Department of Civil
Engineering, University of Illinois, Urbana-Champain. Bezug: National Tech-
nical Information Service, Springfield, VA 22161, USA, (1983), oder IIW-
Dokument XIII-1154 (1984).
Dieser Bericht vermittelt einen ausführlichen Überblick über schiffbautypische
Schweißdetails mit einer zusammenfassenden Auswertung der für solche De-
tails verfügbaren Schwingfestigkeitswerte und die daraus mit einem angemes-
senen Sicherheitsfaktor abzuleitenden zulässigen Spannungen, sowohl für kon-
stante Amplituden wie auch für die für Schiffe anzusetzenden Beanspru-
chungsabläufe mit veränderlichen Amplituden, basierend auf der Miner-Regel.
Den schiffbautypischen Details vergleichbare Schweißdetails finden sich auch
in zahlreichen anderen Schweißkonstruktionen, die orthotrope Aussteifungen
und Ausschnitte aufweisen.

NRIM Fatigue Data Sheets des National Research Institute for Metals, Tokio,
Japan.
Statistisch belegte Schwingfestigkeitsdaten für Schweißverbindungen aus Wöh-
lerversuchen und Rissfortschrittsversuchen, ermittelt unter Einbeziehung
werkstoff- und fertigungsbedingter Streueinflüsse.

Olivier, R.; Greif, M.; Oberparleiter, W.; Schütz, W.: Untersuchungen zur Kor-
rosionsermüdung von Offshore-Konstruktionen unter einstufiger Belastung,
Paper 2.4, bzw. … unter seegangtypischer Belastung, Paper 7.1 in: Stahl in
Meeresbauwerken, Bericht EUR 7347 DE, Kommission der Europäischen Ge-
meinschaften, Luxemburg (1982).
Olivier, R.; Grimme, D.; Lachmann, E.; Müsgen, B.: Untersuchungen zur Be-
triebsfestigkeit von geschweißten Offshore-Konstruktionen in Meerwasser.
Stahl und Eisen 106 (1985) Nr. 1, S. 55/61.
Olivier, R.; Rückert, H.: Schwingfestigkeit feuerverzinkter Schweißverbindun-
gen ohne und mit Korrosion. Schweißen und Schneiden 37 (1985) Nr. 10, S.
519/23.
Olivier, R.: Zur Schwingungsrisskorrosion feuerverzinkter Schweißverbin-
dungen unter Dauertauch- und Wechseltauchbeanspruchung. Werkstoffe und
Korrosion 37 (1986) Nr. 4, S. 169/75.
5.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit 679

Greif, M.; Olivier, R.: Schwingfestigkeit von Kehlnaht-Schweißverbindungen in


Abhängigkeit von Blechdicke, Nahtdicke und Schweißverfahren. LBF-Bericht
Nr. FB-163 (1982), Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Es handelt sich hier um Untersuchungen zur Schwingfestigkeit von Schweiß-
verbindungen unter dem korrosiven Einfluss künstlichen Meerwassers.

Haibach, E.: Die Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen aus der Sicht


einer örtlichen Beanspruchungsmessung. LBF-Bericht Nr. FB-77 (1968),
Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Haibach, E.; Köbler, H.-G.: Beurteilung der Schwingfestigkeit von Schweißver-
bindungen aus AlZnMg1 auf dem Weg einer örtlichen Dehnungsmessung. Teil
1: LBF-Bericht Nr. TB-111 (1978), Teil 2: LBF-Bericht Nr. TB-112 (1978), Fraun-
hofer-Institut für Betriebsfestigkeit, Darmstadt.
Iida, K.: Application of hot spot strain concepts to fatigue life prediction. IIW-
Doc XIII-1103-83, beziehbar über Deutscher Verband für Schweißtechnik,
Düsseldorf.
Nach diesen Veröffentlichungen kann der Betriebsfestigkeits-Nachweis auf der
Grundlage der Spannungs- oder Dehnungsamplituden vorgenommen werden,
die örtlich an der Schweißnaht entweder als Strukturspannung zu berechnen
oder mit Dehnungsmessstreifen zu messen sind.

Luftfahrttechnisches Handbuch – Strukturberechnung (HSB). Herausgegeben


von der Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH, München (1983).
Das Handbuch Strukturberechnung behandelt die schweißbaren Werkstoffe,
Schweißverfahren und konstruktiven Details des Flugzeugbaus.

Bruchmechanische Bewertung von Fehlern in Schweißverbindungen. Fach-


buchreihe Schweißtechnik Band 101. Verlag für Schweißen und verwandte
Verfahren, DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf (1996), ISBN 3-87155-162-7.
Proposed fatigue clause for Britisch Standard published document dealing
with acceptance levels for welded defects. IIW-Doc. XIII-(92-78. Zu beziehen
von Deutscher Verband für Schweißtechnik, Düsseldorf.
Diese Unterlagen vermitteln Anhaltswerte und Vorgehensweise zum Beurteilen
festgestellter oder anzunehmender Fehler in Schweißverbindungen anhand
bruchmechanischer Betrachtungen.
6 Schrifttumshinweise

Schadensfälle

1. Pohl, E.: Das Gesicht des Bruches metallischer Werkstoffe, Band I–III, Band I mit
einem Vorwort von M. Pfender. Allianz Versicherungs-AG, München und Berlin
(1956).
2. Naumann, K.F.: Das Buch der Schadensfälle, Untersuchen – Beurteilen – Vermeiden.
Riederer-Verlag GmbH, Stuttgart (1980).
3. NN: Der Todeszug, Anatomie einer Katastrophe. Stern, Nr. 34 vom 16. 08. 2001,
S. 24ff.
4. Kühlwetter, H. J. bzw. Kühlwetter, H. J.; et al.: Der Prozess um den Unfall Eschede –
Juristischer Maßstab des technischen „Vorhersehenmüssens“ oder der technischen
Unabwendbarkeit? Eisenbahn-Revue ab Heft 1/2003, S. 13/14, Heft 3/2003, S. 112/117,
und folgende.
5. Hobbacher, A.: Schadenuntersuchung zum Unglück des Halbtauchers „Alexander L.
Kielland“. Maschinenschaden 56 (1983) Nr. 2, S. 42/48.
6. Allianz – Handbuch der Schadenverhütung. Allianz Versicherungs-AG, 1. Auf., Mün-
chen und Berlin (1972); 3. Aufl., VDI-Verlag, Düsseldorf (1984).
7. Ungerer,W.: Ermüdungsschäden im Schwermaschinenbau: Schadensschwerpunkte in
Hüttenwerken. Betriebsforschungsinstitut, Bericht Nr. 553, Düsseldorf (1975).
8. Müller, U.: Ermüdungsschäden an Maschinen- und Stahlbauteilen von Hüttenwerks-
anlagen. Betriebsforschungsinstitut, Bericht Nr. 888, Düsseldorf, 1982.
9. Huth, H.; Schütz, D.: Sammlung und Analyse von im Betrieb von Luftfahrzeugen auf-
getretenen Ermüdungsschäden. Forschungsbericht Wehrtechnik Nr. 79–10, Bundes-
ministerium der Verteidigung, Bonn (1979).
10. Blick durch die Wirtschaft 2.12.1997.
11. Schönfeldt, H.: Anwenderprobleme zur Betriebsfestigkeit in Schiffbau und Meeres-
technik. In: DVS Berichte Band 88, S. 17/21. Deutscher Verlag für Schweißtechnik
GmbH, Düsseldorf (1984).
12. Siebke, H.: Betriebsfestigkeit – bemessen oder konstruieren. In: DVS Berichte Band
88, S. 25/35. Deutscher Verlag für Schweißtechnik GmbH, Düsseldorf (1984).

Allgemeine Grundlagen

13. Gaßner, E.: Begriffsbestimmungen der Betriebsfestigkeit. In: Lueger, Lexikon der
Technik, Band Fahrzeugtechnik. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart (1967).
14. Gaßner, E.: Festigkeitsversuche mit wiederholter Beanspruchung im Flugzeugbau.
Luftwissen 6 (1939) Nr. 2, S. 61/64.
15. Gaßner, E.: Ergebnisse aus Betriebsfestigkeits-Versuchen mit Stahl- und Leicht-
metallbauteilen. Bericht 152, Lilienthal-Gesellschaft für Luftfahrtforschung, Berlin
(1942), S. 13/23.
682 6 Schrifttumshinweise

16. Gaßner, E.: Betriebsfestigkeit, eine Bemessungsgrundlage für Konstruktionsteile mit


statistisch wechselnden Betriebsbeanspruchungen. Konstruktion 6 (1954) Nr. 3, S.
97/104.
17. Gaßner, E.: Bedeutung der Betriebsfestigkeit für die Konstruktionsforschung.
Manuskript eines Vortrags beim Werkstoffkolloquium der Technischen Universität
Karlsruhe (1976).
18. Svenson, O.: Beanspruchungskollektiv – Betriebsfestigkeit – Leichtbau. Leichtbau der
Verkehrsfahrzeuge 14 (1970) H. 5, S. 178/84.
19. Bierett, G.: Einige wichtige Gesetze der Betriebsfestigkeit geschweißter Bauteile aus
Stahl. Schweißen und Schneiden 24 (1972) H. 11, S. 429/34.
20. Griese, F.W.: Steigerung der Verfügbarkeit von Hüttenwerksanlagen unter besonderer
Berücksichtigung der Bauteillebensdauer. Stahl u. Eisen 91 (1971) Nr. 8, S. 439/46.
21. Haibach, E.: Probleme der Betriebsfestigkeit von metallischen Konstruktionsteilen.
VDI-Z 113 (1971) Nr. 5, S. 397/403.
22. Buxbaum, O.; Haibach, E.: Zur Systematik des Betriebsfestigkeitsversuchs im Fahr-
zeugbau. Materialprüfung 17 (1975) Nr. 6, S. 173/75.
23. Werkstoff- und Bauteilprüfung sowie Betriebslastensimulation – Ausgewählte Bei-
spiele. Herausgegeben von G. Jacoby. Werkstofftechnische Verlagsgesellschaft, Karls-
ruhe (1981); erhältlich auf Anfrage von Carl Schenck, AG, Darmstadt.
24. Luftfahrttechnisches Handbuch – Handbuch Strukturberechnung (HSB). Herausge-
geben vom Industrie-Ausschuss Strukturberechnungsunterlagen. Messerschmitt-
Bölkow-Blohm, München (1990).
25. Verhalten von Stahl bei schwingender Beanspruchung, Berichte zum Kontaktstudium
„Werkstoffkunde Eisen und Stahl III“. Herausgegeben von W. Dahl. Verlag Stahleisen,
Düsseldorf (1978).
26. Dubbel – Taschenbuch für den Maschinenbau. 20. Aufl. Herausgegeben von W. Beitz
und K.-H. Grote. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York (2001).
27. Issler, L.; Ruoß, H.; Häfele, P.: Festigkeitslehre – Grundlagen, Springer-Verlag,
Berlin, Heidelberg, New York (1995).
28. Leitfaden für eine Betriebsfestigkeitsrechnung. Empfehlung zur Lebensdauerabschät-
zung von Maschinenbauteilen. 3. Aufl. Herausgegeben vom Verein zur Betriebsfestig-
keitsforschung (VBFEh) im Verein Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh), 2.Aufl. (1995).
29. Zammert, W.-U.: Betriebsfestigkeitsberechnung. Grundlagen, Verfahren und techni-
sche Anwendungen. Friedr. Vieweg u. Sohn, Braunschweig (1985).
30. Buch, A.: Fatigue strength calculation. Materials Science Surveys No. 6., Trans Tech
Publications, Switzerland, Germany, UK, USA (1988).
31. Seeger, T.: Grundlagen für Betriebsfestigkeitsnachweise. Kapitel-Folge 12, S. 5/123 in:
Stahlbau Handbuch – Für Studium und Praxis, Band 1. Stahlbau-Verlagsgesellschaft
mbH, Köln (1996).
32. Radaj, D.: Gestaltung und Berechnung von Schweißkonstruktionen – Ermüdungs-
festigkeit. Fachbuchreihe Schweißtechnik Band 82. Deutscher Verlag für Schweiß-
technik GmbH, Düsseldorf (1985).
33. Radaj, D.: Ermüdungsfestigkeit – Grundlagen für Leichtbau, Maschinen- und Stahl-
bau. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg (2003), ISBN 3-540-44063-1.
34. Radaj, D.; Sonsino, C.: Ermüdungsfestigkeit von Schweißverbindungen nach lokalen
Konzepten. Fachbuchreihe Schweißtechnik Band 142, Verlag für Schweißen und ver-
wandte Verfahren DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf (2000).
35. Veröffentlichungen, Berichte und Technische Mitteilungen des Fraunhofer-Institut für
Betriebsfestigkeit (LBF), früher Laboratorium für Betriebsfestigkeit (LBF), Darmstadt.
36. Unveröffentlichte Berichte und Unterlagen, u.a. Abb. 2.3–23, 3.5–11, 3.5–17 und
3.5–18. Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit (LBF), früher Laboratorium für Be-
triebsfestigkeit (LBF), Darmstadt.
6 Schrifttumshinweise 683

37. Berichtsbände zu Sitzungen des DVM Arbeitskreises Betriebsfestigkeit. Herausgege-


ben vom Deutschen Verband für Materialforschung und -prüfung e.V., Berlin.
38. Berichte des Verein zur Förderung der Forschung und der Anwendung von Betriebs-
festigkeitskenntnissen in der Eisenhüttenindustrie (VBFEh), ABF-Berichte. Verein
Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf.
39. DIN 50100: Dauerschwingversuch. Begriffe, Zeichen, Durchführung, Auswertung.
Beuth Verlag, Berlin, Köln (1978).
40. DIN EN 10002: Zugversuch, Teil 1 bis 5. Beuth Verlag, Berlin, Köln (1991).
41. DIN 15018: Krane. Grundsätze für Stahltragwerke, Berechnung. Beuth Verlag,
Berlin, Köln (1984).
42. DIN 18800 Stahlbauten, Bemessung und Konstruktion. Insbesondere Teil 1 in Verbin-
dung mit DASt-Richtlinie 008 (Traglastverfahren). Beuth Verlag, Berlin, Köln (1990).
43. Hobbacher, A.: Empfehlungen zur Schwingfestigkeit geschweißter Verbindungen und
Bauteile (Recommendations for fatigue design for welded joints and components).
International Institute of Welding (IIW/IIS), Doc. XIII-1539-96/XV-845-96. Deutscher
Verlag für Schweißtechnik, DVS-Verlag (1997).
44. FKM-Richtlinie Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile aus Stahl,
Eisenguss- und Aluminiumwerkstoffen. 5., erweiterte Ausgabe 2003. VDMA-Verlag
GmbH, Frankfurt (2003), ISBN 3-8163-0479-6.
45. Festigkeitsberechnung metallischer Bauteile, Empfehlungen für Konstrukteure und
Entwicklungsingenieure. VDI Berichte 1227. VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf (1995).
46. Festigkeitsberechnung metallischer Bauteile, Empfehlungen für Entwicklungs-
ingenieure und Konstrukteure. VDI Berichte 1442 (1998) und VDI-Berichte 1689
(2002). VDI-Verlag, Düsseldorf.
47. FKM-Richtlinie Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile,
2. Ausgabe. VDMA-Verlag GmbH, Frankfurt (2004), ISBN 3-8163-0482-6.
48. Eurocode 3: Design of steel structures; Part 1.1: Generalrules for buildings; Chapter 9:
Fatigue. CEN (1992).
49. AD-Merkblatt S2. Berechnung gegen Schwingbeanspruchung. AD-Regelwerk. Carl-
Heymanns Verlag KG, Köln (1998).
50. Germanischer Lloyd: Klassifikations- und Bauvorschriften, I Schiffstechnik, Teil 1 –
Seeschiffe, Kapitel 1 Schiffskörper. Selbstverlag, Hamburg (1997).
51. Hinweise auf verfügbare Rechnerprogramme. Auf Anfrage erhältlich vom Verfasser,
Augustastraße 15, 65189 Wiesbaden.

Wöhlerversuche, s. auch [23, 27, 35, 39]

52. Finney, J.M.; Mann, J.Y.: Fatigue S/N data in relation to variability in predicted life.
Proc. of a Symposium on Aircraft Structural Fatigue, Aeronautical Research Labora-
tories, Melbourne (1976).
53. Fatigue investigation of typical welded joints in steel Fe E 460 as compared to steel Fe
E 355 – Final report of a common investigation by seven European laboratories. Kom-
mission der Europäischen Gemeinschaften, Luxembourg, EUR-Bericht Nr. 6340 en
(1979); identisch mit LBF-Bericht Nr. FB-147 (1979) [35].
54. Schütz, W.: Zeit- und Betriebsfestigkeit gekerbter Flachstäbe aus 3.4364.7. LBF-tech-
nische Mitteilung TM 43/68 (1968) [35].
55. Schütz, W.: Über eine Beziehung zwischen der Lebensdauer bei konstanter und bei
veränderlicher Beanspruchungsamplitude und ihre Anwendbarkeit auf die Bemes-
sung von Flugzeugbauteilen. Z. f. Flugwissenschaften 15 (1967) H. 11, S. 407/419.
684 6 Schrifttumshinweise

Statistische Versuchsauswertung

56. Kreysig, E. Statistische Methoden und ihre Anwendungen. 4. Auflage. Vandenhoek u.


Puprecht, Göttingen (1973).
57. Wartmann, R.: Einführung in die mathematische Statistik. Springer-Verlag, Berlin,
Heidelberg, New York (1969).
58. Natrella, M.G.: Experimental statistics handbook 91. U.S.Department of Commerce,
National Bureau of Standards, Washington, D.C. (1966).
59. Handbuch der Qualitätssicherung. Herausgegeben von W. Masing. Carl Hanser Ver-
lag, München, Wien (1980) (insbesondere Teil 3: Statistische Verfahren).
60. Dengel, D.: Planung und Auswertung von Dauerschwingversuchen bei angestrebter
statistischer Absicherung der Kennwerte. In [25], S. 23/46.
61. Maennig, W.-W.: Entwicklung bei der Planung und Auswertung von Schwingfestig-
keitsversuchen. In [37], Berichtsband der 6. Sitzung (1981) S. 103/31.
62. Rossow, E.: Eine einfache Rechenschiebernäherung an die den normal scores entspre-
chenden Prozentpunkte. Qualitätskontrolle 9 (1964) Nr. 12, S. 146/47.
63. Henning, H.J.; Wartmann R.: Stichproben kleinen Umfangs im Wahrscheinlichkeits-
netz. Mitteilungsbl. math. Statistik 9 (1957) S. 168/81.
64. Dixon, W.J.; Wood, A.M.: A method for obtaining and analyzing sensitivity data.
J. Am. Statistical Ass. 43 (1948) S. 108/26.
65. Bühler, H.; Schreiber, W.: Lösung einiger Aufgaben der Dauerschwingfestigkeit mit
dem Treppenstufen-Verfahren. Arch. Eisenhüttenwesen 28 (1957) H. 3, S. 153/56.
66. Haibach, E.: Die Dauerfestigkeit von Schweißverbindungen bei Grenzlastspielzahlen
größer als 2 · 106. Arch. Eisenhüttenwesen 42 (1971) Nr. 12, S. 901/08.
67. Hück, M.: Ein verbessertes Verfahren für die Auswertung von Treppenstufenver-
suchen. In [37], Berichtsband der 6. Sitzung (1981), S. 147/76.

Normierte Wöhlerlinien, s. auch [240, 241, 258]

68. Haibach, E.: Die Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen aus der Sicht einer ört-
lichen Beanspruchungsmessung. LBF-Bericht Nr. FB-77 (1968) [35].
69. Olivier, R.; Ritter, W.: Wöhlerlinienkatalog für Schweißverbindungen aus Baustählen.
DVS-Berichte Band 56 I bis V, Deutscher Verlag für Schweißtechnik, Düsseldorf
(1979–1985).
70. Ritter, W.: Kenngrößen der Wöhlerlinien für Schweißverbindungen aus Stählen.
Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik, Technische Hochschule Darmstadt,
Heft 53 (1994).
71. Haibach, E.; Atzori, B.: Ein statistisches Verfahren für das erneute Auswerten von Er-
gebnissen aus Schwingfestigkeitsversuchen und für das Ableiten von Bemessungs-
unterlagen, angewandt auf Schweißverbindungen aus AlMg5. Aluminium 51 (1975)
Nr. 4, S. 267/72.
72. Haibach, E.; Matschke, Ch.: Normierte Wöhlerlinien für ungekerbte und gekerbte
Formelemente aus Baustahl. Stahl und Eisen 101 (1981) Nr. 3, S. 21/27.
73. Haibach, E.; Matschke, C.: The concept of uniform scatter bands for analyzing S-N
curves of unnotched and notched specimens in structural steel. In: ASTM STP 770,
American Society for Testing and Materials (1982), S. 612/29.
74. Spindel, J.E.; Haibach, E.: The method of maximum likelihood applied to the statis-
tical analysis of fatigue data including run-outs. Int. J. Fatigue 1 (1979) Nr. 2,
S. 81/88.
75. Spindel, J.E.; Haibach, E.: Some considerations in the statistical determination of the
shape of S-N curves. In: ASTM STP 744, American Society for Testing and Materials
(1981), S. 89/113.
6 Schrifttumshinweise 685

76. Sonsino, C.; Kulka, C.; Huth, H.: Breitere Verwendung hochwertiger Stahlqualitäten für
schwingbeanspruchte Bauteile durch Bereitsteleln verlässlicher Kennwerte. Verein
Deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf, und Fraunhofer-Institut für Betriebsfestig-
keit, Darmstadt, Abschlussbericht zum KEG-Forschungsvorhaben 7210/KD/113,
EGKS/EUR-Bericht 11414 (1988).
77. Siebke, H.: Beschreibung einer Bezugsbasis zur Bemessung von Bauwerken auf Be-
triebsfestigkeit. Ausarbeitung für die Beratungen zur Neufassung der Vorschrift DS
804 der Deutschen Bundesbahn.
78. Magin, W.: Bewertung des geometrischen Größeneinflusses mit dem Konzept der
Normierten Wöhlerlinie. Konstruktion 33 (1981) H. 8, S. 323/26.

Beanspruchungskollektive, s. auch [13, 18, 85, 87, 90, 98, 109–112, 276]

79. Ermittlung von Bauteilbeanspruchungen an Hüttenwerksanlagen – Messempfehlung.


Bericht Nr. ABF 17 (1980) [38].
80. Kowalewski, J.: Beschreibung regelloser Vorgänge. Fortschritt-Ber. VDI-Z, Reihe 5
(1969) Nr. 7, S. 7/28.
81. Buxbaum, O.; Zaschel, J.M.: Beschreibung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-Funk-
tionen. In [25], S. 208/22.
82. Steinhilper, H.: Hard- und Software für die Analyse von Betriebsbeanspruchungen.
In [37], Berichtband der 10. Sitzung (1984), S. 135/43.
83. Schweer, W.: Beanspruchungskollektive als Bemessungsgrundlage für Hüttenwerks-
laufkrane. Stahl u. Eisen 84 (1964) H. 3, S. 138/53.
84. DIN 45 667: Klassierverfahren für das Erfassen regelloser Schwingungen. Beuth Ver-
lag, Berlin, Köln (1969).

Block-Programm-Versuche

85. Gaßner, E.; Griese, F.W.; Haibach, E.: Ertragbare Spannungen und Lebensdauer
einer Schweißverbindung aus St 37 bei verschiedenen Formen des Beanspruchungs-
kollektivs. Arch. Eisenhüttenwesen 35 (1964) Nr. 3, S. 255/67.
86. Buxbaum, O.: Verfahren zur Ermittlung von Bemessungslasten schwingbruchgefähr-
deter Bauteile aus Extremwerten von Häufigkeitsverteilungen. Konstruktion 20
(1968) Nr. 11, S. 425/30.
87. Haibach, E.; Lipp, W.: Verwendung eines Einheitskollektivs bei Betriebsfestigkeit-Ver-
suchen. LBF-Technische Mitteilung TM 15/65 (1965) [35].
88. Sjöström, S.: On random load analysis. Trans. Royal Inst. of Technology, Stockholm,
Nr. 18 (1961).
89. Akaike, H.; Swanson, R.: Load history effect in structual fatigue. Proc.Annual Meeting,
Inst. of Environmental Sciences, Anaheim (1969).
90. Ostermann, H.: Die Lebensdauerabschätzung bei Sonderkollektiven nach Betriebs-
festigkeits-Versuchen mit Einheitskollektiven. LBF-Bericht Nr. TB-80 (1968),
S. 41/52 [35].
91. Fischer, R.; Haibach, E.: Simulation von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen in Ver-
suchen zur Beurteilung von Werkstoffen. In [25], S. 223/42.
92. Lipp, W.: Zuverlässigere Lebensdauerangaben durch bessere Durchmischung der
Lasten im 8-Stufen-Programmversuch. Materialprüf. 12 (1970) Nr. 11, S. 381/82.
93. Jacoby, G.: Varianten des Block-Programm-Versuchs, Vortragsmanuskript.
94. Lehmann, R.: Einfluss der Belastungsreihenfolge auf die Zeitraffung bei Betriebs-
festigkeitsversuchen. Mitteilung aus dem IfL Dresden 8 (1969) H. 4, S. 133/39.
686 6 Schrifttumshinweise

95. Freudenthal, A.M.: A random fatigue testing machine. Proc. of ASTM 53 (1953)
S. 896/910.
96. Ostermann, H.: Verlauf der Lebensdauerlinie eines Vergütungsstahls nach achtstufi-
gen Programmversuchen im Bereich oberhalb von 107 Lastspielen. Materialprüfung
13 (1971) Nr. 11, S. 389/91.
97. Lipp, W.; Svenson, O.: Beitrag zur vereinfachten Wiedergabe von Beanspruchungen
mit veränderlichen Mittelwerten im Schwingfestigkeitsversuch. LBF-Bericht Nr.
FB-74 (1967) [35].
98. Brigham, O.E.: FFT Anwendungen. R. Oldenbourg Verlag, München Wien (1997),
ISBN 3-486-21567-1.
99. Schütz,W.: Über Schwingfestigkeit des martensitaushärtenden Stahls 18/7/5 NiCoMo.
Techn. Mitt. Haus der Technik 61 (1968) Nr. 3, S. 132/39.

Stochastische Vorgänge, s. auch [80, 81, 110–112, 114–116, 425]

100. Buxbaum, O.; Svenson O.: Zur Beschreibung von Betriebsbeanspruchungen mit Hilfe
statistischer Kenngrößen. ATZ 75 (1973) Nr. 6, S. 208/215.
101. Randall, R.B.: Frequency Analysis. Brüel u. Kjaer, Naerum (1977).
102. Hesselmann, N.: Digitale Signalverarbeitung, Rechnergestützte Erfassung, Analyse
und Weiterverarbeitung analoger Signale. Vogel-Buchverlag, Würzburg (1983).
103. Stearns, S.D.; Hush, D.R.: Digitale Verarbeitung analoger Signale. 6. Aufl. R. Olden-
bourg Verlag, München, Wien (1994), ISBN 3-486-22027-6.
104. Buxbaum, O.: Beschreibung einer im Fahrbetrieb gemessenen Beanspruchungs-Zeit-
Funktion mit Hilfe der spektralen Leistungsdichte. LBF-Bericht Nr. TB-102 (1972)
[35].
105. Haibach, E.; Wendt, U.: Berechnung des Unregelmässigkeitsfaktors N0/N1 für einen
stationären Gauß-Prozess mit zweigipfligem Spektrum der Leistungsdichte. LBF-Be-
richt Nr. TB-137 (1977) [35].

Zufallslasten-Versuche, s. auch [446, 447]

106. Swanson, S.R.: Random fatigue testing: State of the art survey. Materials Research and
Standards 8 (1968) Nr. 4, S. 10/44.
107. Fatigue under complex loading: Analyses and experiments, R.M. Wetzel Editor.
Advances in Engineering Vol. 6, Society of Automotive Engineers, Warrendale, PA
(1977).
108. Aicher, W.; Ertelt, H.J.: Aufbereitung von Messdaten für das Erstellen von Übergangs-
matrizen. In [37], Berichtsband der 2. Sitzung (1977) S. 119/29.
109. Haibach, E.; Wendt, U.; Zaschel, J.: Aufbereitung und reihenfolgegetreue Wiedergabe
der an einem Walzwerksantrieb gemessenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion. In [37],
Berichtsband der 2. Sitzung (1977), S. 153/57.
110. Fischer, R.; Hück, M.; Köbler, H.-G.; Schütz, W.: Eine dem stationären Gaußpro-
zess verwandte Beanspruchungs-Zeit-Funktion für Betriebsfestigkeitsversuche.
Fortschr.-Ber. VDI-Z Reihe 5, Nr. 30 (1970).
111. Köbler, H.-G.; Fischer, R.: Rand- und Anfangsbedingungen bei der Anwendung des
Matrix-Verfahrens. In [37], Berichtsband der 2. Sitzung (1977) S. 141/48.
112. Fischer, R.; Köbler, H.-G.; Wendt, U.: Synthese zufallsartiger Lastfolgen zur An-
wendung bei Betriebsfestigkeitsversuchen. Fortschr.-Ber. VDI-Z Reihe 5, Nr. 40
(1979).
113. Winogradow, I.M.: Elemente der Zahlentheorie. VEB Deutscher Verlag der Wissen-
schaften, Berlin (1955).
6 Schrifttumshinweise 687

114. Pompetzki, M.A.; Topper, T.H.: The least and most damaging histories which can be
constructed from a specific from-to matrix. In: Marquis, G. and Solin, J., Editors. Proc.
Fatigue Design 1992, Finnland (1992).
115. Gaßner, E.; Lowak, H.: Bedeutung der Unregelmäßigkeit Gaußscher Zufallsfolgen für
die Betriebsfestigkeit. Z. Werkstofftechnik 9 (1978) Nr. 7, S. 246/56.

Einzelfolgen-Versuche, s. auch [122, 125, 271, 298, 306, 351, 358, 367]

116. Schütz, D.; Lowak, H.; de Jonge, J.B.; Schijve, J.: Standardisierter Einzelflug-Belas-
tungsablauf für Schwingfestigkeitsversuche an Tragflächenbauteilen von Transport-
flugzeugen. LBF-Bericht Nr. FB-106 (1973) [35].
117. Schijve, J.: Betriebsfestigkeitsprobleme bei Flugzeugkonstruktionen. LBF-Bericht Nr.
TÜ-85 (1970) [35].
118. Schütz, D.; Lowak, H.: Zur Verwendung von Bemessungsunterlagen aus Versuchen mit
betriebsähnlichen Lastfolgen zur Lebensdauerabschätzung. LBF-Bericht Nr. FB-109
(1986) [35].
119. Lowak, H.; de Jonge, J.B.; Franz, J.; Schütz, D.: Minitwist, a shortened version of Twist.
LBF-Bericht Nr. TB-146 (1979) [35].
120. Schütz, D.; Lowak, H.: Zur Verwendung von Bemessungsunterlagen aus Versuchen mit
betriebsähnlichen Lastfolgen zur Lebensdauerabschätzung. LBF-Bericht Nr. FB-109
(1976) [35].
121. Gaßner, E.: Review of investigations on aeronautical fatigue in the Federal Republic of
Germany. Period of review: May 1965 to March 1967. LBF-Report No. S-73 (1967) [35].

Spezielle Versuchstechniken, s. auch [269, 271]

122. Schütz, D.; Gassner, E.: Durch veränderliche Betriebslasten in Kerben erzeugte Eigen-
spannungen und ihre Bedeutung für die Anwendbarkeit der linearen Schadensakku-
mulations-Hypothese. Z.f. Werkstofftechnik 6 (1975) Nr. 6, S. 194/205.
123. Stephens, R.I.; Chen, D.K.; Hom, B.W.: Fatigue crack growth with negative stress ratio
following single overloads in 2024-T3 und 7075-T6 aluminum alloys. In: ASTM STP
595, American Society for Testing and Materials (1976), S. 27/40.
124. Schijve, J.: The Accumulation of fatigue damage in aircraft materials and structures.
AGARDograph No. 157 (1972), Zentralstelle für Luftfahrtdokumentation, München.
125. Wanhill, R.J.H.; Schijve, J.; Jacobs, F.A.; Schra, L.: Environmental fatigue under Gust
spectrum loading for sheet and forging aircraft materials. In: Fatigue Testing and De-
sign, Herausgegeben von der Society of Environmental Engineers (SEE), Vol. 1 (1976)
S. 8.1/8.33.

Übertragbarkeit, Reihenfolgeeinfluss, s. auch [122–125, 271, 298, 306, 346, 347, 351, 358, 367]

126. Gaßner, E.: Betriebsfestigkeit gekerbter Stahl- und Aluminiumstäbe unter betriebs-
ähnlichen und betriebsgleichen Belastungsfolgen. Materialprüfung 11 (1969) Nr. 11,
S. 373/378.
127. Gaßner, E.; Lipp, W.; Dietz, V.: Schwingfestigkeitsverhalten von Bauteilen im Betrieb
und im Betriebslasten-Nachfahrversuch. LBF-Technische Mitteilung TM 76/76 [35].
128. Gassner, E.; Lipp, W.: Long life random fatigue behavior of notched specimens in ser-
vice, in service duplication tests and in program tests. In: ASTM STP 671, American
Society for Testing and Materials (1979), S. 222/39.
688 6 Schrifttumshinweise

129. Gassner, E.; Kreutz, P.: Bedeutung des Programmbelastungs-Versuchs als einfachste
Form der Simulation zufallsartiger Beanspruchungen. Fortschr.-Ber. VDI-Z Reihe 5,
Nr. 80 (1984).
130. Gassner, E.: U0*-Verfahren zur treffsicheren Vorhersage von Betriebsfestigkeits-Kenn-
werten nach Wöhler-Versuchen. Materialsprüfung 22 (1989) Nr. 4, S. 155/59.
131. Heuler, P.; Vormwald, M.; Seeger, T.: Relative Miner-Regel und U0-Verfahren, eine be-
wertende Gegenüberstellung. Materialprüfung 28 (1986) Nr. 3, S. 65/72.
132. Kotte, K.L.: Persönliche Mitteilung.

Festigkeitsberechnung, s. auch [24, 26, 28, 29, 32, 41–50, 415, 425]

133. Siebel, E.; Pfender, M.: Weiterentwicklung der Festigkeitsrechnung bei Wechsel-
beanspruchung. Stahl u. Eisen 66/67 (1947) H. 19/20, S. 318/21.
134. Thum, A.; Petersen, C.; Svenson, O.: Verformung, Spannung und Kerbwirkung. VDI-
Verlag, Düsseldorf (1960).
135. Kloth, W.: Atlas der Spannungsfelder in technischen Bauteilen. Verlag Stahleisen
M.b.H., Düsseldorf (1961).
136. Neuber, H.: Kerbspannungslehre. 2. Aufl., Springer-Verlag, Berlin, Göttingen, Heidel-
berg (1958).
137. Peterson, R.E.: Stress concentration factors. John Wiley and Sons, Inc., New York
(1974).
138. Rainer, G.: Errechnen von Spannungen in Schweißverbindungen mit der Methode der
Finiten Elemente. Dissertation TH Darmstadt (1978).
139. Barth, J.; Neuber, H.; Schnack, E.: Kerbfaktor-Diagramme nach numerischen Berech-
nungsverfahren. Konstruktion 28 (1976).

Finite-Element- und Randelement-Berechnungen, s. auch [307–310]

140. Rother, K.; Wang, E.; Rust, W.: Festigkeitsbewertung von Beanspruchungen basierend
auf FEM-Analysen. In [46], S. 227/53.
141. Radaj, D.; Möhrmann, W.: Kerbwirkung querbeanspruchter Schweißstöße. Schweißen
u. Schneiden 36 (1984) H. 2, S. 57/63.
142. Bauschinger, R.; Kuhn, G.: Die Boundary-Element-Methode. Expert-Verlag (1987).
143. Radaj, D.; Möhrmann, W.; Schilberth, G.: Economy and convergence of notch stress
analysis using boundary and finite element methods. Intern. J. for Numeric Methods
in Engineering 20 (1984), S. 565/72.
144. Rother, K.: Persönliche Mitteilung.
145. Mattheck, C.: Struktur- und Formoptimierung mechanischer Bauteile durch Simula-
tion biologischer Designfindung. Werkstoffe im Automobilbau ATZ/MTZ (1997),
S. 68/74.
146. Rother, K.; Will, J.; Roos, D.: FEM-gestützte Bauteiloptimierung. In VDI Berichte 1989
(2002), S. 167/87 [47].
147. Affolter, Ch.; Weisse, B.: Strukturoptimierung: Topologie- und Formoptimierung für
ein effizientes Produktdesign. Konstruktion 53 (2001) Nr. 7/8, S. 59/61.
148. Sauter, J.; Lauber, B.; Meske, R. et al.: Integrierte Topologie- und Gestaltoptimierung in
der virtuellen Produktentwicklung. Konstruktion 53 (2001) Nr. 3, S. 56/60.
6 Schrifttumshinweise 689

Wöhlerlinien gekerbter Bauteile, s. auch [24, 28, 32, 35, 44, 72–78]

149. Lang, O.R.: Dimensionierung komplizierter Bauteile aus Stahl im Bereich der Zeit-
und Dauerfestigkeit. Zeitschrift Werkstofftechn. 10 (1979) Nr. 10, S. 24/29.
150. Hück, M.; Thrainer, L.; Schütz, W.: Berechnung von Wöhlerlinien für Bauteile aus
Stahl, Stahlguss und Grauguss – Synthetische Wöhlerlinien, Dritte überarbeitete Fas-
sung, Bericht ABF 11 (1983) [38].
151. Hänel, B.; Wirthgen, G.: Berechnung der Dauerfestigkeit nichtgeschweißter Maschi-
nenbauteile nach dem DDR-Standard TGL 19340. Konstruktion 38 (1986) H. 7,
S. 269/77.
152. Wirthgen, G.; Mogwitz, H.: Berechnung der Betriebsfestigkeit von Maschinenbautei-
len nach dem DDR-Standard TGL 19350. Konstruktion 41 (1989), S. 137/44.
153. VDI-Richtlinie 2226 – Empfehlung für die Festigkeitsberechnung metallischer Bau-
teile, (1965). Zurückgezogen.
154. Magin, W.: Persönliche Mitteilung über eine unveröffentlichte Auswertung.
155. Thum, A.; Buchmann, W.: Dauerfestigkeit und Konstruktion. VDI-Verlag, Berlin
(1932).
156. Petersen, C.; Thum, A.: Die Vorgänge im zügig und wechselnd beanspruchten Metall-
gefüge. Z.-Metallkunde 33 (1941) S. 249/59; 34 (1942) S. 39/46; 42 (1951) S. 161/69.
157. Petersen, C.: Die Gestaltfestigkeit von Bauteilen. VDI-Z. 94 (1952) Nr. 30, S. 977/82.
158. Siebel, E.; Stieler, M.: Ungleichförmige Spannungsverteilung bei schwingender Bean-
spruchung. Z. VDI 97 (1955), S. 121/52.
159. Neuber, H.: Über die Berücksichtigung der Spannungskonzentration bei Festigkeits-
berechnungen. Konstruktion 20 (1968) H. 7, S. 245/51.
160. Peterson, R.E.: Analytical approach to stress concentration effect in fatigue of air-
craft materials. In: Proc. Fatigue of Aircraft Structures, WADCTR 59-509 (1959),
S. 273/99.
161. Buch, A.: Fatigue strength calcuation. Trans Tech Publications, Switzerland (1988).
162. Kloos, K.-H.: Kerbwirkung und Schwingfestigkeitseigenschaften. In [37], Berichts-
band der 15. Sitzung (1989).
163. Kloos, K.-H.: Einfluss des Oberflächenzustandes und der Probengröße auf die
Schwingfestigkeitseigenschaften. In: VDI-Berichte Nr. 268 (1976), S. 63/76.
164. Zenner, H.: Dauerfestigkeit von Kurbelwellen. Ein neues Berechnungsverfahren unter
besonderer Berücksichtigung der Baugröße. Motortechnische Zeitschrift 38 (1977)
Nr. 2, S. 75/81.
165. Siebel, E.; Gaier, M.: Untersuchungen über den Einfluss der Oberflächenbeschaffen-
heit auf die Dauerschwingfestigkeit metallischer Bauteile.VDI-Z. 98 (1956), S. 1751/74.
166. Fessenmayer, W.; Günther, U.; Buschermöhle, H.; Sigwart, A.: Untersuchungen zum
Einfluss der Oberflächenrauheit auf die Ermüdungsfestigkeit. Forschungskuratorium
Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft 156 (1995).
167. Kloos, K.H.; Velten, E.: Berechnung der Dauerschwingfestigkeit von plasmanitrierten
bauteilähnlichen Proben unter Berücksichtigung des Härte- und Eigenspannungsver-
laufs. Konstruktion 36 (1984) H. 5, S. 181/88.
168. Kloos, K.H.; Adelmann, J.; Bieker, G.; Oppermann, Th.: Oberflächen- und Rand-
schichteinflüsse auf die Schwingfestigkeitseigenschaften. In: VDI-Berichte, Nr. 661
VDI-Verlag, Düsseldorf, (1988), S. 215/45.
169. Troost, A.; El-Magd, E.: Allgemeine Formulierung der Schwingfestigkeitsamplitude in
Haighscher Darstellung. Materialprüfung 17 (1975) Nr. 2, S. 47/49.
690 6 Schrifttumshinweise

Wöhlerlinien geschweißter Bauteile, s. auch [34, 43, 44, 48–50, 68–71, 77]

170. DNV: Rules for the design, construction and inspection of offshore structures. Det
Norske Veritas, Oslo (1977).
171. Recommendations for the fatigue design of steel structures. European Convention for
Constructional Steelwork, Technical Committee 6 – Fatigue, No. 43 (1985).
172. Olivier, R.; Amstutz, H.: Schwingfestigkeit schubbeanspruchter Schweißverbindungen
nach dem örtlichen Konzept. Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 31 (2001), S. 287/97.
173. Booth, G.S.: Constant amplitude fatigue tests on welded steel joints performed in air.
In: European Offshore Steel Research Seminar. Hrsg. The Welding Institute, Abington,
1980, Vol. 1, P. 83/111.
174. Haibach, E.; Olivier, R.; Ritter, W.: Einfluss der Naht- und Blechdicke auf die Schwing-
festigkeit von Schweißverbindungen mit Kehlnähten. Schweißen und Schneiden 30
(1978) H. 11, S. 442/46.
175. Olivier, R.; Greif, M.; Oberparleiter, W.; Schütz, W.: Untersuchungen zur Korrosions-
ermüdung von Offshore-Konstruktionen unter seegangtypischer Belastung. In: Stahl
in Meeresbauwerken. Internationale Konferenz 5.–8.10.1981, Paris. Hrsg. Kommis-
sion der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg, EUR-Bericht Nr. 7347, 1982,
Paper 9.6.
176. Anthes, R.J.; Köttgen,V.B.; Seeger, T.: Kerbformzahlen von Stumpfstößen und Doppel-
T-Stößen. Schweißen und Schneiden 45 (1993) H. 12, S. 685/88.
177. Haibach, E.; Seeger, T.: Größeneinflüsse bei schwingbeanspruchten Schweißverbin-
dungen. Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 29 (1998), S. 199/205.
178. AWS-D1-1: Structural Welding Code, Part 10. Design of new tubular structures.
American Welding Society (1981).
179. API-RP2A: Recommended practice for planning, designing and constructing fixed
offshore platforms. American Petroleum Institute (1981).
180. UK-DoE-T: Offshore installations – guidance on design and construction. United
Kingdom, Department of Energy Draft, London (1981).
181. ASME Boiler and Pressure Vessel Code, Section III: Nuclear vessels, Section VIII, Div.
2: Alternative rules for pressure vessels. Am. Soc. Mech. Eng. (1974).
182. Iida, K.; Matoba, M.: Evaluation of fatigue strength of hold frame ends in shiphulls.
IIW-Doc. XIII-950-80.
183. Wardenier, J.: Hollow section joints. Delft University Press (1982).
184. Iida, K.: Application of hot spot strain concept to fatigue life prediction. IIW-Doc.
XIII-1103–83.
185. Niemi, E.: Designer’s guide for hot spot fatigue analysis, four th draft. International
Institute of Welding, IIW-Document XIII-WG3-06-99.
186. Fricke, W.; Petershagen, H.: Anwendung örtlicher Konzepte auf die Betriebsfestigkeit
schiffbaulicher Schweißkonstruktionen. In: DVS-Berichte Band 133, DVS-Verlag,
Düsseldorf (1991).
187. Gimperlein, D.: Bewertung der Schwingfestigkeit geschweißter Bauteile. Bericht Nr.
544, Institut für Schiffbau der Universität Hamburg (1994).
188. Fricke,W.; von Selle, H.: Formzahlermittlung für komplexe schiffbauliche Strukturde-
tails und Einbindung in Betriebsfestigkeitsanalysen. In: Fortschritte bei der
Konstruktion und Berechnung geschweißter Bauteile, DVS-Berichte Band 187,
Deutscher Verlag für Schweißtechnik, DVS-Verlag, Düsseldorf (1997).
189. Fricke, W.: Recommended hot spot analysis procedure for structural details of FPSO’s
and ships based on Round Robin FE analyses. Paper presented at the 11th Int. Offshore
and Polar Engineering Conference ISOP ’2001, Stavanger (2001).
190. Atzori, B.; Blasi, G.; Pappalettere, C.: Evaluation of fatigue strength of welded struc-
tures by local strain measurements. Experimental Mechanics 25 (1985) Nr. 2, S.129/39.
6 Schrifttumshinweise 691

191. Radaj, D.: Näherungsweise Berechnung der Formzahl von Schweißnähten. Schweißen
u. Schneiden 21 (1969) N. 3, S. 97/103 und H. 4, S. 151/58.
192. Olivier, R.; Köttgen, V.B.; Seeger, T.: Schwingfestigkeitsnachweise für Schweißver-
bindungen auf der Grundlage örtlicher Beanspruchungen, Schweißverbindungen I.
Forschungskuratorium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft 143
(1989).
193. Olivier, R.; Köttgen,V.B.; Seeger, T.: Untersuchungen zur Einbindung eines neuartigen
Zeit- und Dauerfestigkeitsnachweises von Schweißverbindungen aus Stahl in Regel-
werke, Schweißverbindungen II. Forschungskuratorium Maschinenbau e.V., Frank-
furt/M, Forschungshefte Heft 180 (1994).
194. Olivier, R.: Experimentelle und numerische Untersuchungen zur Bemessung schwing-
beanspruchter Schweißverbindungen auf der Grundlage örtlicher Beanspruchungen.
Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik, Technische Hochschule Darmstadt,
Heft 62 (2000).

Eigenspannungseinfluss, s. auch [43, 44, 69, 122, 124]


195. Macherauch, E.; Wohlfahrt, H.: Eigenspannungen und Ermüdung. In: Ermüdungsver-
halten metallischer Werkstoffe, Deutsche Gesellschaft für Metallkunde e.V., Oberursel
(1985), S. 237/83.
196. Macherauch, E.; Wohlfahrt, H.; Wolfstieg, E.: Zur zweckmässigen Definition von
Eigenspannungen. Härterei-Technische Mitteilungen 28 (1973) H. 3, S. 201/11.
197. Erker, A.: Eigenspannungen und Verwerfungen und ihr Einfluss auf die Betriebs-
bewährung von Bauteilen. Schweißen u. Schneiden 14 (1962) H. 1, S. 3/11.
198. Gurney, T.R.; Maddox, S.J.: A re-analysis of fatigue data for welded joints in steel. The
Welding Institute, Abington, Cambridge, Report E/44/72 (1972) oder IIW-Doc.
XV.342-73.
199. Fisher, J.W.; Albrecht, P.A.; Yen, B.T.; Klingerman, D.J.; Mc Namee, B.M.: Fatigue
strength of steel beams with welded stiffeners and attachments. National Cooperative
Highway Research Program 1974, Report No. 147.
200. Veröffentlichungen zu den Internationalen bzw. Europäischen Konferenzen: Con-
ferences on Residual Stresses, Garmisch-Partenkirchen (1986), Tokushima (1991),
Frankfurt (1992), Baltimore (1994), Cluny (1996), Linköping (1997), Delft (1999),
Oxford (2000). Deutsche Gesellschaft für Metallkunde e.V., Frankfurt.
201. Lowak, H.: Zum Einfluss von Bauteilgröße, Lastfolge und Lasthorizont auf die
Schwingfestigkeitssteigerung durch mechanisch erzeugte Druckeigenspannungen.
LBF-Bericht Nr. FB-157 (1981) [35].
202. Fuchsbauer, B.: Ermüdungseigenschaften festgewalzter Probestäbe. In [37], Berichts-
band der 8. Sitzung (1982) S. 23/47.
203. Preckel, U.: Eigenspannungen, Rechnergestützte Bestimmung in Umformteilen. Ver-
lag TÜV Rheinland GmbH (1998).
204. Richter, C.; Schaal, R.; Seeger, T.; Kaiser, B.; Berger, C.: Prozesssimulation und Lebens-
dauerberechnung festgewalzter Bauteile. In: DVM-Bericht 128 (2001), S. 139/48.
205. Greuling, S.; Seeger, T.; Bergmann, J.W.: Dauerfestigkeitssteigerung durch Autoftret-
tage. In [37]: DVM-Bericht 128 (2001), S. 149/60.

Mehrachsige Beanspruchung, s. auch [26, 27, 31, 44, 45, 68]


206. Issler, L.: Gültigkeitsgrenzen der Festigkeitshypothesen bei allgemeiner mehrachsiger
Schwingbeanspruchung. In [29], Berichtsband der 7. Sitzung (1982) S. 295/314.
207. Mertens, H.: Zur Formulierung von Festigkeitshypothesen für mehrachsige phasen-
verschobene Schwingbeanspruchungen. Z. angew. Math. Mech. 70 (1990) 4, T 327/29.
692 6 Schrifttumshinweise

208. Dittmann, K.J.: Ein Beitrag zur Festigkeitsberechnung für Bauteile aus Stahl unter
mehrachsiger synchroner Beanspruchung. Technische Universität Berlin, Disserta-
tion D83 (1991).
209. Liu, J.; Zenner, H.: Berechnung der Dauerschwingfestigkeit bei mehrachsiger Bean-
spruchung, Teil 1–3. Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 24 (1993), S. 240/49, S. 296/303,
S. 339/47.
210. Esderts, A.; Amstutz, H.: Betriebsfestigkeit bei mehrachsiger Beanspruchung II. For-
schungskuratorium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft 188
(1994).
211. Zacher, P.: Verfahren der Lebensdauervorhersage äußerlich mehrkomponentig, ört-
lich einachsig beanspruchter Bauteile. Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik,
Technische Hochschule Darmstadt, Heft 51 (1994).
212. Hahn, M.: Festigkeitsberechnung und Lebensdauerabschätzung für metallische Bau-
teile unter mehrachsig schwingender Beanspruchung. Wiss. und Tech.-Verlag, Berlin
(1995).
213. Liu, J.: Mehrachsige und zusammengesetzte Beanspruchungen. Forschungskurato-
rium Maschinenbau e.V., Frankfurt/M, Forschungshefte Heft 221–2 (1997).
214. Zenner, H.; Simbürger, A.; Liu, J.: On the fatigue limit of ductile metals under complex
multiaxial loading. Intern. J. Fatigue 22 (2000), S. 137/45.
215. Naubereit, H.: Vergleichsspannungshypothese für zusammengesetzte Biege- und Tor-
sionswechselbeanspruchung. IfL-Mitt. 15 (1976) H. 7/8, S. 236/45.
216. Issler, L.: Festigkeitsverhalten bei mehrachsiger phasengleicher und phasenverscho-
bener Schwingbeanspruchung. VDI-Berichte Nr. 268 (1976).
217. Grubisic, V.; Sonsino, C.M.: Rechenprogramm zur Ermittlung der Werkstoffanstren-
gung bei mehrachsiger Schwingbeanspruchung mit konstanten und veränderlichen
Hauptspannungsrichtungen, TM 79/76 [35].
218. Issler, L.: Festigkeitsverhalten metallischer Werkstoffe bei mehrachsiger phasenver-
schobener Schwingbeanspruchung. Dissertation Universität Stuttgart (1973).
219. Simbürger, A.: Festigkeitsverhalten zäher Werkstoffe bei einer mehrachsigen, phasen-
verschobenen Schwingbeanspruchung mit körperfesten und veränderlichen Haupt-
spannungsrichtungen. LBF-Bericht Nr. FB-121 (1975) [35].
220. Zenner, H.; Heidenreich, R.; Richter, I.: Schubspanungsintensitätshypothese – Erwei-
terung und experimentelle Abstützung einer neuen Festigkeitshypothese für schwin-
gende Beanspruchung. Konstruktion 32 (1980) N. 4, S. 143/52.
221. Zenner, H.; Heidenreich, R.; Richter, I.: Bewertung von Festigkeitshypothesen für
kombinierte statische und schwingende sowie synchron schwingende Beanspru-
chung. Z. Werkstofftechnik 14 (1983) S. 391/406.
222. Wellinger, K.; Gaßmann, H.; Zenner, H.: Innendruckschwellverhalten geschweißter
Rohre in Abhängigkeit vom Beanspruchungszustand und Steigungswinkel der
Schweißnaht. Schweißen u. Schneiden 20 (1968) H. 1, S. 8/17.

Miner-Regel, s. auch [44, 68, 85]

223. Palmgren, A.: Die Lebensdauer von Kugellagern. VDI-Z 58 (1924), S. 339/41.
224. Miner, M.A.: Cumulative damage in fatigue. J. Appl. Mech. 12 (1945), S. 159/64.
225. Kowalewski, J.: Über die Beziehung zwischen der Lebensdauer von Bauteilen bei un-
regelmäßig schwankenden und bei geordneten Belastungsfolgen. Diss. TH Aachen
(1962).
226. Schjälderup, H.C.; Galef, A.E.: Simulation of the fatigue effects of random stresses by
a minimum number of discrete stress levels. Materials Research and Standards 2
(1962) Nr. 10, S. 836/37.
6 Schrifttumshinweise 693

227. Haibach, E.: Sinnvolle Festlegung der Kollektiv-Treppung für Betriebsfestigkeitsver-


suche. LBF-Technische Mitteilung TM 47/69 (1969) [35].
228. Gassner, E.; Olivier, R.: Betriebslastenanalyse und Schwingbruchsicherheit von Mine-
ralöl-Fernleitungen. In: Rohrleitungstechnik, Berichte des Symposiums Bad Neu-
enahr (1973), S. 43/59, Techn. Überwachungsverein Rheinland e.V.
229. Gaßner, E.: Performance fatigue testing with respect to aircraft design. In: Fatigue in
Aircraft Structures, Academic Press Inc., New York (1956), S. 178/206.
230. Conle, F.A.: An examination of variable amplitude histories in fatigue. Dissertation,
Universität Waterloo, Ontario, Canada (1979).
231. Haibach, E.: Modifizierte lineare Schadensakkumulations-Hypothese zur Berücksich-
tigung des Dauerfestigkeitsabfalls mit fortschreitender Schädigung. LBF-Technische
Mitteilung TM 50/70 (1970) [35].
232. Ostermann, H.; Schütz, W.: Einfluss unterschiedlicher hoher und häufiger Vorbe-
lastungen auf die Schwingfestigkeit gebohrter Flachstäbe aus St 37. Teil A: Wöhlerver-
suche. LBF-Bericht Nr. FB-53 (1964) [35].
233. Gatts, R.R.: Application of a cumulative damage concept to fatigue. Trans. ASME
Paper, Ser. D, J. basic Engrng. 84 (1962), S. 403/09.
234. Haibach, E.: Abhängigkeit der ertragbaren Spannungen schwingbeanspruchter
Schweißverbindungen vom Beanspruchungskollektiv. LBF-Bericht Nr. FB-79 (1968)
[35].
235. Wirthgen, G.: Berechnungsverfahren der Betriebsfestigkeit und ihre Berücksichti-
gung in Vorschriftenentwürfen. IfL-Mitteilungen 21 (1982) H. 2, S. 35/43.
236. Reppermund, K.: Probabilistischer Betriebsfestigkeitsnachweis unter Berücksichti-
gung eines progressiven Dauerfestigkeitsabfalls mit zunehmender Schädigung. Stahl-
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under cyclic inelastic conditions. Fatigue Fract. Engn Mater. Struct. Vol. 16 (1993) No.
2/3, pp. 693/706.
366. Savaidis, G.: Berechnung der Bauteilanrisslebensdauer bei mehrachsigen proportio-
nalen Beanspruchungen. Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik, Technische
Hochschule Darmstadt, Heft 54 (1995).
700 6 Schrifttumshinweise

367. Anthes, R.J.: Ein neuartiges Kurzrissfortschrittsmodell zu Anrisslebensdauervorher-


sage bei wiederholter Beanspruchung. Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik,
Technische Hochschule Darmstadt, Heft 57 (1997).
368. Dankert, M.: Ermüdungsrisswachstum in Kerben – Ein einheitliches Konzept zur Be-
rechnung von Anriss- und Rissfortschrittslebensdauern. Institut für Stahlbau und
Werkstoffmechanik, Technische Hochschule Darmstadt, Heft 60 (1999).
369. Newman, J.C., jr.; Raju, I.S.: Stress intensity factor equations for cracks in three-
dimensional finite bodies subjected to tension and bending loads. NASA Technical
Memorandum 85793, MASA Langley Research Center (1984).

FKM-Richtlinie Bruchmechanik

370. SINTAP: Structural integrity assessment procedures for European industry. British
Steel, draft report BE95-1426 (1999), Veröffentlichung demnächst.
371. British Standard 7910-1999: Guide on methods for assessing the acceptability of flaws
in fusion welded structures (Incorporating amendment No. 1). British Standard Insti-
tution (2000).
372. Sicherheitstechnische Regeln des Kerntechnischen Ausschusses (KTA) 3201, Kompo-
nenten des Primärkreises von Leichtwasser-Reaktoren.
373. ASME Boiler and Pressure Vessel Code, Section XI: Rule for in-service inspection of
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374. Bruchmechanische Bewertung von Fehlern in Schweißverbindungen. Fachbuchreihe
Schweißtechnik Band 101. Verlag für Schweißen und verwandte Verfahren, DVS-Ver-
lag GmbH, Düsseldorf (1996), ISBN 3-87155-162-7.
375. IIW Guidance on assessment of the fitness for purpose of welded structures. Interna-
tional Institute of Welding, Document IIW/IIS-SST-1157-90 (1990).
376. WES 2805-1997: Method of assessment for flaws in fusion welded joints with respect to
brittle fracture and fatigue crack growth. Japan Welding Engineering Society (1997).

Spannungsintensitätsfaktor, s. auch [24, 32, 47, 325–327]

377. Tada, H.P.; Paris, C.; Irwin, G.R.: The stress analysis of cracks handbook. DEL Re-
search Corporation, Hellertown/Pa (1973).
378. Sih, G.C.: Handbook of stress intensity factors. Lehigh University, Bethlehem/Pa (1973).
379. Rooke, D.P.; Cartwright, D.J.: Compendium of stress intensity factors. Her Majesty’s
Stationary Office, London (1976).
380. Marukami,Y. et al.: Stress intensity factors handbook. Pergamon Press, Oxford (1987).
381. Wu, X.; Carlsson, A.J.: Weight funktions and stress intensity factor solutions. Perga-
mon Press, Oxford (1991).
382. Radaj, D.; Heib, M.: Spannungsintensitätsdiagramme für die Praxis. Konstruktion 30
(1978) H. 7, S. 268/70.
383. Schijve, J.: The stress intensity factor of small cracks at notches. Fatigue of Engineer-
ing Materials and Structures 5 (1982) Nr. 1, S. 77/90.
384. Radaj, D.: Bruchmechanische Bewertung von Rissen und anderen Fehlern in Schweiß-
konstruktionen im Hinblick auf Sprödbruch. Schweißen und Schneiden 27 (1975)
H. 5, S. 168/73.
6 Schrifttumshinweise 701

Rissfortschrittsdaten, s. auch [47, 326]

385. Tanaka, K.; Masuda, C.; Nishijima, S.: Analysis of fatigue crack growth data for various
steels with special reference to fracture mechanics and metallurgical structures. In Ma-
terials, Experimentation and Design in Fatigue.Westbury House, IPC, Guiltford (1981).

Zuverlässigkeit, Ausfallwahrscheinlichkeit, s. auch [434]

386. Haibach, E.: Beurteilung der Zuverlässigkeit schwingbeanspruchter Bauteile. Luft-


fahrttechnik – Raumfahrttechnik 13 (1967) Nr. 8, S. 188/93.
387. Erker, A.: Sicherheit und Bruchwahrscheinlichkeit. M.A.N.-Forschungsheft Nr. 8
(1958), S. 49/62.
388. Bussiere, R.: Predict reliability first … build it later. SAE Journal (1961), S. 74/76.
389. Schweiger, G.; Erben, W.; Heckel, K.: Anpassung der Weibull-Verteilung an Versuchs-
größen. Materialprüfung 26 (1984) Nr. 10, S. 340/43.
390. Technische Zuverlässigkeit, Problematik, Mathematische Grundlagen, Untersuchungs-
methoden, Anwendungen. 2. Auflage. Herausgegeben von der Messerschmidt-Bölkow-
Blohm GmbH. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York (1977).
391. VDI-Handbuch Technische Zuverlässigkeit. Beuth Verlag, Berlin, Köln.
392. Handbook reliability engineering. NAVWEPS 00.65.502, Direction of the chief of the
Bureau of Naval Weapons, New York, (1964).
393. Johnson, L.G.: Statistical prediction techniques for analysis of field failures. SAE
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Quantifizierung der Streueinflüsse

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S. 119/33.
395. Haibach, E.; Ostermann, H.; Köbler, H.-G.: Abdecken des Risikos aus den Zufällig-
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[35].
396. Lipp, W.: Statistische Analyse der Lebensdauerstreuung eines in großen Stückzahlen
hergestellten Schmiedeteils. LBF-Technische Mitteilung TM 56/70 [35].
397. Ostermann, H.; Rückert, H.; Engels, A.: Dauerfestigkeit und Betriebsfestigkeit von
schwarzem Temperguss und ihr Zusammenhang mit metallurgischen Einflüssen.
Gießereiforschung 31 (1979) Nr. 1, S. 25/36.
398. Haibach, E.; Olivier, R.: Streuanalyse der Ergebnisse aus systematischen Schwing-
festigkeitsuntersuchungen mit Schweißverbindungen aus Feinkornbaustahl. Material-
prüfung 17 (1975) Nr. 11, S. 399/401.
399. Haibach, E.; Olivier, R.; Rinaldi, F.: Statistical design and analysis of an interlaborato-
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STP 744, American Society for Testing and Materials (1981), S. 24/54.
400. Macherauch, E.; Reik, W.: Berichte Kontaktstudium „Werkstoffkunde Eisen und
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401. Findley, W.N.: Research Note: An Explanation of Size Effect in Fatigue of Metals. The
Journal of Mechanical Engineering Sc. 24 (1972) 6.
402. Heckel, K.; Köhler, J.: Experimentelle Untersuchung des statistischen Größeneinflus-
ses im Dauerschwingversuch an ungekerbten Stahlproben. Zeitschrift Werkstofftech-
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702 6 Schrifttumshinweise

403. Weibull, W.: A Statistical Representation of Fatigue in Solids. Transactions of the


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404. Köhler, J.: Statistischer Größeneinfluss im Dauerschwingverhalten ungekerbter und
gekerbter metallischer Bauteile. Dissertation. TU München (1975).
405. Ziebart, W.: Ein Verfahren zur Berechnung des Kerb- und Größeneinflusses bei
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K.: Zeitschrift Werkstofftechnik 8 (1977) S. 105/40.
406. Böhm, J.: Zur Vorhersage von Dauerschwingfestigkeiten ungekerbter und gekerbter
Bauteile unter Berücksichtigung des statistischen Größeneinflusses. Dissertation, TU
München (1980). Bzw. Böhm, J.; Heckel, K.: Zeitschrift Werkstofftechnik 13 (1982),
S. 120/28.
407. Schweiger, G.: Statistischer Größeneinfluss bei unregelmäßiger Schwingbeanspru-
chung. Dissertation, UniBW München (1983). Bzw. Schweiger, G.; Heckel, K.: Zeit-
schrift Werkstofftechnik 15 (1984), S. 257/64.
408. Schweiger, G.; Lowak, H.; Heckel, K.: Über die Abschätzung des Größeneinflusses
bei unregelmäßig beanspruchten Bauteilen. Zeitschrift Werkstofftechnik 16 (1985)
39–44.
409. Graf, T.: Schwingfestigkeit unter Berücksichtigung des spannungsbedingten und des
technologiebedingten Größeneinflusses. Dissertation, Technische Universität Claus-
thal (1997).
410. Bomas, H.; Linkewitz, T.; Mayr, P.: Anwendung des Fehlstellenmodells auf die Dauer-
festigkeit des Stahles 100Cr6 im bainitischen Zustand. Mat.-wiss u.Werkstofftechn. 29
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411. Friedrich, H.; Kaiser, B.; Kloos, K.H.: Anwendung der Fehlstellentheorie nach Weibull
zur Berechnung des statistischen Größeneinflusses bei Dauerschwingbeanspruchung.
Mat.-wiss. u. Werkstofftechn. 29 (1998), S. 178/84.
412. Hänel, B.; Wirthgen, G.: Die Berechnung der Dauerfestigkeit nach dem Verfahren von
Kogaev und Serensen. IfL-Mitteilungen 20 (1981) Nr. 3, 65/74.
413. Liu, J.; Zenner, H.: Berechnung der Dauerschwingfestigkeit unter Berücksichtigung
der spannungsmechanischen und statistischen Stützziffer. Materialwissenschaft und
Werkstofftechnik 22 (1991), 187/96.

Rechnerische Ermittlung der Betriebslasten

414. Comet crash inquiry aids future aircraft design. Produkt Engng. 26 (1955) Nr. 1,
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415. Berechnungsgrundsätze für Triebwerke in Hebezeugen. Fachbericht vom Normen-
ausschuss Maschinenbau, Fachbereich Fördertechnik, im DIN. Beuth Verlag, Berlin,
Köln (1982).
416. Bruls, A.; Baus, R.: Etude du comportment des ponts en acier sous l’action du traffic
routier – Determination des actions pour le calcul statique et le calcul a la fatigue.
Centre de Recherches Scientifiques et Techniques de l’Industrie des Fabrications
Metalliques (Crif), Raport MT 145, Bruxelles (1981).
417. Haibach, E.: Measurement and interpretation of dynamic loads on bridges, a synthe-
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mission of the European Communities, Luxembourg, (1984).
418. Firmenschriften der Firma Mechanical Dynamics GmbH, Marburg.
419. Firmenschriften der Firma LMS Deutschland GmbH, Kaiserslautern.
420. McConville, J.B.; McGrath, J.F.: Introduction to ADAMS theory. Firmenschrift,
Mechanical Dynamics, Inc., Ann Arbor, Michigan (1998).
6 Schrifttumshinweise 703

421. Ratjen, H.: Optimale Auslegung von Walzwerksantrieben: Rechenverfahren und Mo-
delle für die Auslegung mehrgerüstiger Kaltwalzstraßen. Betriebsforschungsinstitut,
Bericht Nr. 954, Düsseldorf (1984).
422. Wünsch, D.; Garcia del Castillo, L.; Völker, F.: Experimentelle und modellhafte Ermitt-
lung dynamischer Belastung torsionsschwingungsfähiger Systeme (Teil A) mit Lö-
sungs- und Operationskatalog (Teil B). Forschungsvereinigung Antriebstechnik,
Frankfurt (in Vorbereitung).
423. Ludwig, H.G.: Vergleich elektromotorischer Antriebe für Kranfahrwerke unter Be-
rücksichtigung des Fahrereinflusses durch Echtzeitsimulation. Bericht ABF 28 (1986)
[38].
424. Brandenberger, U.: Simulation von elastischen Mehrkörpersystemen durch Kopplung
des MKS-Programms ADAMS mit dem FEA-Programm ANSYS. Sulzer Innotec AG
(1996).
425. Harris, C.M.; Crede, Dh.E.: Shock and vibration handbook. Second Edition, McGraw-
Hill Book Company, New York (1976).
426. Ermittlung der Bauteilbeanspruchungen an Hüttenwerksanlagen – Messempfehlung.
Bericht ABF 17 (1980) [38].

Schadensanalyse, s. auch [1, 2, 5–7, 11, 12, 414]

427. VDI-Richtlinien 3822 – Schadensanalyse. Beuth Verlag, Berlin, Köln (1981).


428. Lange, G.: Systematische Beurteilung technischer Schadensfälle, 2. Auflage. Deutsche
Gesellschaft für Metallkunde e.V., Oberursel (1987).
429. Becker, K.: Schadensanalyse. In [434], s. 335/54.

Betriebsfestigkeit und methodisches Konstruieren

430. VDI-Richtlinie 2222, Blatt 1 – Konstruktionsmethodik. Konzipieren technischer Pro-


dukte. Beuth Verlag, Berlin, Köln (1977).
431. Pahl, G.; Beitz, W.: Konstruktionslehre. 4. Aufl. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg,
New York (1997).
432. Pahl, G.: Vorgehen beim methodischen Konstruieren – Knotenpunkte zur Betriebs-
festigkeit. In [37], Berichtsband der 4. Sitzung (1978), S. 9/18.
433. Beitz, W.; Haibach, E.: Einbeziehung von Kriterien und Verfahren der Betriebsfestig-
keit in den Konstruktionsprozess. In [37], Berichtsband der 4. Sitzung (1978),
S. 19/36.
434. Peters, O.H.; Meyna, A.: Handbuch der Sicherheitstechnik, Bd. 1. Sicherheit techni-
scher Anlagen, Komponenten und Systeme; Sicherheitsanalyseverfahren. Carl Hanser
Verlag München Wien (1985).

Neuzeitliche Konzepte

435. Krisper, G.: Persönliche Mitteilung über Erfahrung bei der Fahrzeugentwicklung im
Steyr-Daimler-Puch Technologie Zentrum Steyr.
436. „Partnership for Integrated Durability Management“. Unterlagen zu einem PID Semi-
nar, Juli 1999.
437. „The Durability Alliance“ formed by LMS International, IST, and Team Corporation.
LMS News, Volume 14, Nr. 2, Fall 1999.
438. „SmartSim Verbund“, Pressemitteilung.
704 6 Schrifttumshinweise

439. Ryan, R.R.: Functional Virtual Prototyping – Realization of „The Digital Car“. Infor-
mations-Schrift Mechanical Dynamics, Inc. (2000).
440. Fischer, P.; Witteveen, W.; Schabasser, M.: Integrated MBS – FE – durability analysis
of truck frame components by modal stresses. Paper presented at the ADAMS User
Meeting, Rom (2000).
441. Schacher, D.: Prozesse und virtuelle Techniken im globalen Unternehmen. VDI-Be-
richte 1489, S 3/16.
442. Olling, G.J.: Digital processes in product creation. VDI-Berichte 1489, S 51/63.
443. Kümmlee, H.: Optimieren großer elektromechanischer Antriebssysteme. Konstruk-
tion 52 (2000) 5, S. 29/30.
444. Vajna, S.; Weber, Ch.: Sequenzarme Konstruktion mit Teilmodellen – Ein Beitrag zur
Evolution des Konstruktionsprozesses. Konstruktion 52 (2000) 5, S. 35/38.
445. CORBA als Plattform für die Integration von Gestaltung und Berechnung. Konstruk-
tion (2001), S. 61/66.

Standard-Lastfolgen

446. Heuler, P.; Klätschke, H.: Generation and use of standardised load spectra and load-
time histories. Int J Fatigue 27 (2005), No. 8, pp. 974–990.
447. Bruder, T.; Heuler, P.; Klätschke, H.; Störzel, K.: Analysis and Synthesis of Standardized
Multiaxial Load-Time Histories for Structural Durability Assessment. In: C.M. Sonsi-
no, H. Zenner and P.D. Portella (Eds), Proc. Seventh Int. Conf. on Biaxial/Multiaxial Fa-
tigue and Fracture, Deutscher Verband für Materialforschung und -prüfung, Berlin
(2004), S. 63–77.
448. Haibach, E.; Fischer, R.; Schütz, W.; Hück, M.: A standard random load sequence of
Gaussian type recommended for general application in fatigue testing; its mathema-
tical background and digital Generation. In: Bathgate RG (Ed). Fatigue Testing and
Design, The Society of Environmental Engineers, London 1976: 29.129.21.
449. Aicher, W.; Branger, J.; van Dijk, G.M.; Ertelt. J.; Hück, M.; de Jonge, J.B.; Lowak, H.;
Rhomberg, H.; Schütz, D.; Schütz,W.: Description of a fighter aircraft loading standard
for fatigue evaluation FALSTAFF. Common report of F + W Emmen, LBF, NLR, IABG,
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450. Edwards, P.R.; Darts, J.: Standardised fatigue loading sequences for helicopter rotors
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451. Breitkopf, G.E.: Basic approach in the development of TURBISTAN, a loading stan-
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ment of Fatigue Loading Spectra. ASTM-STP 1006, American Society for Testing and
Materials, Philadelphia, 1989: 65–78.
452. Schütz, D.; Gerharz, J.J.: ENSTAFF – a standard test sequence for composite compo-
nents combining load and environment. In: Simpson, D.L. (Ed.), New Materials and
Fatigue Resistant Aircraft Design. Proc. 14th International Conference on Aeronauti-
cal Fatigue (ICAF), Ottawa, EMAS, Warley (UK), 1987: 425–444.
453. ten Have, A.A.: WISPER and WISPERX – Final definition of two standardised fatigue
loading sequences for wind turbine blades. NLR Report CR 91476 L,Amsterdam, 1991.
454. Bergmann, J.W.; Schütz, W.: Standardisierter Lastablauf für heiße Turbinen- und Ver-
dichterscheiben von Kampfflugzeugen – Hot TURBISTAN (Standardised load se-
quence for hot turbine and compressor discs of military aircraft). Report TF-2809,
IABG Ottobrunn, Germany, 1990.
455. Sonsino, C.M.; Klätschke, H.; Schütz, W.; Hück, M.: Standardized load sequence for
offshore structures – Wave Action Standard History – WASH 1. Fraunhofer-Institut
6 Schrifttumshinweise 705

für Betriebsfestigkeit (LBF), Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH (IABG),


LBF-Report No. FB-181, 1988, IABG-Report No. TF-2347, 1988.
456. Schütz, W.; Klätschke, H.; Hück, M.; Sonsino, C.M.: Standardized load sequence for
offshore structures – WASH 1. Fatigue Fract Eng Mater Struct 1990; 13(1): 15–29.
457. Brune, M.; Zenner, H.: Verbesserung der Lebensdauerabschätzung für Bauteile in
Walzwerksantrieben. VBFEH Düsseldorf, Germany, Report ABF40.1, 1990.
458. Schütz, D.; Klätschke, H.; Steinhilber, H.; Heuler, P.; Schütz, W.: Standardized load
sequences for car wheel suspension components, Car Loading Standard – CARLOS.
Fraunhofer Institut für Betriebsfestigkeit (LBF), Darmstadt, Industrieanlagen Be-
triebsgesellschaft mbH (IABG), Ottobrunn, LBF-Report No. FB-191, 1999.
459. Schütz, D.; Klätschke, H.; Heuler, P.: Standardized multiaxial load sequences for car
wheel suspension components – Car Loading Standard – CARLOS multi. Fraunhofer
Institut für Betriebsfestigkeit (LBF), Darmstadt, Report No. FB-201, 1994.
460. Schütz, D.; Klätschke, H.: Standardized load sequences for car powertrains with
manual gears – Car Loading Standard – CARLOS PTM. Fraunhofer Institut für Be-
triebsfestigkeit (LBF), Darmstadt, Report No. 7558, 1997, unpublished.
461. Klätschke, H.: Standardized load sequences for car powertrains with automatic
gears – Car Loading Standard – CARLOS PTA. Fraunhofer Institut für Betriebsfestig-
keit (LBF), Darmstadt, Report No. 110310/110370, 2002, unpublished.
462. Klätschke, H.: Standardized load spectra and sequences for trailer couplings of
passenger cars as an amendment of the EU-Directive 94/20/EC – CARLOS TC. Fraun-
hofer Institut für Betriebsfestigkeit (LBF), Darmstadt, Germany, Report No. 110833 (e),
2003.
7 Verwendete Formelzeichen

Einzelne Formelzeichen haben, je nach dem Zusammenhang, in dem sie ver-


wendet werden, eine teils unterschiedliche Bedeutung, Abschn. 1.2.2. In der
nachstehenden Auflistung ist deshalb neben dem Formelzeichen und seiner
verbal erläuterten Bedeutung zusätzlich angegeben, in welchem Abschnitt
das Formelzeichen in seiner jeweiligen Bedeutung definiert ist.

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

A 2.1.6 Parameter bei der Auswertung von


Treppenstufenversuchen
A 2.3.7 Parameter beim Verfahren der Übergangsmatrix
A 3.1.1 Fläche des Nennquerschnitts
A 3.2.5 Konstante des angesetzten Polynoms
Aäq 3.5.6 spannungsäquivalente Oberfläche
Ar 3.4.10 Fläche des nicht gerissenen Restquerschnitts
A0 … A3 3.4.9 Parameter in der Formel nach Newman
a 2.1.3 Parameter der Wöhlerlinien-Gleichung
a 2.3.7 Spanne beim Verfahren der Übergangsmatrix
a 3.1.2 Kehlnahtdicke
a 3.1.6 Auslastungsgrad
a 3.3.5 Kennwert im Schädigungsparameter PB
a 3.4.1 Risslänge
a 3.5.6 Größe der Fehlstelle
a* 3.4.8 Risslänge ohne den Einfluss der Spitzenlast
a* 3.4.9 Eigenrisslänge
ac 3.4.3 kritische Risslänge
ad 3.3.5 Kennwert a für Druck im Schädigungsparameter
PB
ae 3.3.5 Endrisslänge für kurze Risse
ae 3.4.6 Endrisslänge bei der numerischen Integration
aGH 3.1.6 Auslastungsgrad nach der Gestaltänderungs-
energie-Hypothese
708 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

ai 3.4.8 Risslänge beim Schwingspiel i


aij 2.3.7 Element in der Matrix der Übergangshäufigkeiten
aNH 3.1.6 Auslastungsgrad nach der Normalspannungs-
Hypothese
ao 3.4.2 Anfangsrisslänge
as 3.4.8 Risslänge beim Auftreten der Spitzenlast
au 3.5.6 charkteristische Fehlstellengröße nach der
Extremwertverteilung
au0 3.5.6 maximale Fehlergröße im Volumen V0
au1 3.5.6 maximale Fehlergröße im Volumen V1
az 3.3.5 Kennwert a für Zug im Schädigungsparameter PB
a0 3.4.6 Anfangswert der Risslänge bei der numerischen
Integration
a0 … az 3.4.7 Risslängen für die Funktionswerte B0 … Bz
a1 , a2 ,… 3.4.6 momentane Risslängen bei der numerischen
Integration
a1 … a3 3.4.7 Risslängen, a1 < a2 < a3
aI , aII ,… 3.1.6 Auslastungsgrad aus Belastung I, II, usw.
aa j 2.3.7 Häufigkeit für Übergang aus Klasse a
ab j 2.3.7 Häufigkeit für Übergang aus Klasse b
ac 3.1.3 Konstante zur Berechnung von c
B 2.1.3 Parameter der Wöhlerlinien-Gleichung
B 2.1.6 Parameter bei der Auswertung von Treppen-
stufenversuchen
B 2.3.7 Parameter beim Verfahren der Übergangsmatrix
B 3.2.5 Konstante des angesetzten Polynoms
B 3.4.3 Integrant bei der numerischen Integration
B0 …Bz 3.4.3 Funktionswerte von B
b 2.1.3 Parameter der Wöhlerlinien-Gleichung
b 3.1.1 Breite des Nennquerschnitts
b 3.3.1 zyklischer Spannungs-Exponent des Werkstoffs
b 3.5.2 Ausfallsteilheit nach der Extremwert-Verteilung
bN 3.5.5 Ausfallsteilheit nach der Extremwert-Verteilung
entsprechend TN
bS 3.5.5 Ausfallsteilheit nach der Extremwert-Verteilung
entsprechend TS
b0 3.3.7 zyklischer Schubspannungs-Exponent des Werk-
stoffs
b1…b3 3.5.6 Ausfallsteilheiten nach der Extremwert-Verteilung
bc 3.1.3 Konstante zur Berechnung von c
7 Verwendete Formelzeichen 709

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

C 2.1.5 Vertrauenswahrscheinlichkeit
C 2.3.6 Scheitelfaktor eines Zufallsprozesses
C 3.2.5 Konstante des angesetzten Polynoms
C 3.4.1 Integrationsweg für das J-Integral
C 3.4.2 Konstante der Rissfortschrittsgleichungen
Ca 3.4.8 Freiwert beim Loseq-Modell
Cm 2.1.6 Parameter bei der Auswertung von Treppen-
stufenversuchen
Cp 3.4.8 Verzögerungsfaktor des Rissfortschritts
im Wheeler-Modell
Cs 2.1.6 Parameter bei der Auswertung von Treppen-
stufenversuchen
c 2.1.3 Parameter der Wöhlerlinien-Gleichung
c 3.3.1 zyklischer Dehnungs-Exponent des Werkstoffs
c 3.3.3 Lastfaktor
c 3.5.3 anzupassender, die Kollektivform bestimmender
Exponent
cij, k (s) 3.3.3 Proportionalitätsfaktoren
c0 3.3.7 zyklischer Schiebungs-Exponent des Werkstoffs
c1 … c3 3.3.3 Proportionalitätsfaktoren
D 2.3.7 Differenzwert (Parameter) beim Verfahren der
Übergangsmatrix
D 3.2.1 Schädigungsssumme

D 3.2.11 Mittelwert (50%-Wert) der für Bruch errechneten
Schädigungssummen
D 3.3.1 Parameter in der Modified Universal Slopes
Equation
D 3.5.6 Bruttoquerschnitt des gekerbten Rundstabes
D (…) 3.4.9 Schädigungsbeiträge für Abschnitte des Lastab-
laufs
DB 3.2.12 von D = 1 abweichend vorgegebene Schädigungs-
summe für Bruch
Di 2.3.7 Differenzwert D für die Teilzeile bzw. Klasse i
Di 3.2.1 Schädigung auf dem Spannungshorizont i
Dj 3.2.9 Schädigungsteilsumme bei beliebigem Wert der
Dauerfestigkeit
DSo-Koll 2.2.1 Schädigung des Sonderkollektivs
DSWT 3.3.5 mit PSWT errechnete Schädigung beim
Schädigungsparameter PHa
DSWT, i 3.3.5 Schädigung DSWT für das i-te Schwingspiel
710 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

DV 3.2.12 Schädigungssumme für die durch Versuche


belegte Kollektivform
DZ 3.3.5 Zusatzschädigung nach dem Schädigungs-
parameter PHa
DZ, i 3.3.5 Zusatzschädigung DZ für das i-te Schwingspiel
DI … DIII 2.2.1 Schädigung der Teilkollektive I bis III
D1 3.2.1 Schädigung auf dem Spannungshorizont 1
D1 3.2.8 Schädigung durch die Kollektivstufen oberhalb
der Dauerfestigkeit
D2 3.2.1 Schädigung auf dem Spannungshorizont 2
D2 3.2.8 Schädigung durch die Kollektivstufen unterhalb
der Dauerfestigkeit
D3 3.2.1 Schädigung auf dem Spannungshorizont 3
D3 3.2.9 aus den Stufen i = 1 bis 3 entstehende
Schädigungssumme
D4 3.2.9 aus den Stufen i = 1 bis 4 entstehende
Schädigungssumme
D6 3.2.7 Schädigung durch die Kollektivstufe 6
d 2.1.6 Stufenteilung bei Treppenstufen-Versuchen
d 3.2.9 i = 1 bis d: Stufen oberhalb der abgeminderten
Dauerfestigkeit SD (D)
d 3.3.1 Exponent zur Mitteldehnungs-Formel
d 3.4.9 Abklingfaktor beim Modell Fatica
d 3.5.6 Nettoquerschnitt des gekerbten Rundstabes
da / dn 3.4.2 Rissfortschrittsrate
(da / dn)* 3.4.2 Bezugswert der Rissfortschrittsrate
E 3.3.1 Elastizitäztsmodul des Werkstoffs
E¢ 3.4.1 Elastizitätsmodul im ebenen Spannungs-
bzw. Verformungszustand
E( ) 2.1.7 statistischer Erwartungswert
Ep(i) 3.3.3 Rechengröße im Mróz-Modell
e 3.3.3 (elastisch-plastische) Nenndehnung
e* 3.3.3 Rechengröße bei der erweiterten Neuber-Regel
oder Seeger-Formel
ea 3.3.3 elastisch-plastische Nenndehnungs-
amplitude
ertr… 1.2.2 ertragbarer Beanspruchungs- oder Lebensdauer-
wert
F 2.1.6 Parameter bei der Auswertung von Treppen-
stufenversuchen
7 Verwendete Formelzeichen 711

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

F 3.1.1 Normalkraft

Fa 3.5.5 Prüfkraftamplitude im Betriebsfestigkeits-
Versuch
F(a) 3.5.6 Größenverteilung der Fehlstellen
FAT 3.1.4 Schwingfestigkeitsklasse einer Schweißverbindung
als Nennspannung
FAT0 3.1.4 Schwingfestigkeitsklasse einer Schweißverbindung
als Kerbspannung
Fij 2.3.7 Flächenelement in der m,a-Ebene
Fx 3.1.6 Einwirkende Kraft in x-Richtung
Fy 3.1.6 Einwirkende Kraft in y-Richtung
f 2.3.1 Frequenz
fB (x) 3.5.1 Streuverteilung der einwirkenden transformierten
Beanspruchung xB
f(D) 3.2.8 eine Funktion der Schädigung D
fF (x) 3.5.1 Streuverteilung der ertragbaren transformierten
Beanspruchung xF
fg 2.2.6 Frequenz der Grundschwingung
fi 2.1.6 Anzahl der Versuche auf der Spannungsstufe i
fO 3.1.3 Oberflächenfaktor
fOT 3.1.3 kombinierter Oberflächen- und Technologiefaktor
fT 3.1.3 Technologiefaktor
f (teff) 3.1.4 Blechdickenfaktor
fws 3.1.3 Zug-Druck-Wechselfestigkeitsfaktor
fwt 3.1.3 Schub-Wechselfestigkeitsfaktor
fz 2.2.6 Frequenz der Zusatzschwingung
G 3.4.1 Schubmodul
GA (w) 2.3.2 Leistungsspektrum der Systemantwort
GE (w) 2.3.2 Leistungsspektrum der Einwirkung auf das
System
G( f ) 2.3.1 spektrale Leistungsdichte, Leistungsspektrum
Gx (w) 3.1.6 Leistungsspektrum der Spannungen Sx (t)
Gy (w) 3.1.6 Leistungsspektrum der Spannungen Sy (t)
G(w) 2.3.2 spektrale Leistungsdichte, Leistungsspektrum
g(x) 3.5.6 Verteilungsfunktion der Spannung über die
Länge
g(x,y) 3.5.6 Verteilungsfunktion der Spannung über die
Oberfläche
g(x, y, z) 3.5.6 Verteilungsfunktion der Spannung über das
Volumen V
712 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

H 2.2.1 Überschreitungshäufigkeit (als Variable)



H 2.2.1 Gesamthäufigkeit oder Kollektivumfang
HE 3.2.4 Gesamthäufigkeit des schädigungsgleichen
Rechteck-Ersatzkollektivs
Hi 2.2.1 Überschreitungshäufigkeit am Ende der Stufe i
des getreppten Kollektivs
Hi–1 3.2.2 Überschreitungshäufigkeit am Ende der Stufe i–1
des getreppten Kollektivs
Hms 2.5.2 Überschreitungshäufigkeit bei der meistschädi-
genden Spannungsamplitude Sa,ms
HP 2.3.2 Zahl der sekündlichen (einsinnigen) Scheitel-
werte
H(u, e2 / e1) 3.1.6 Faktor zur vereinfachten Berechnung der
Vergleichsspannung s u
H(w) 2.3.2 Übertragungsfunktion eines (linearen)
Schwingungssystems
H(Sa) 2.3.2 Überschreitungshäufigkeit als Funktion der
Spannungsamplitude
H0 2.3.2 Zahl der sekündlichen (einsinnigen) Mittelwert-
durchgänge

H0 2.3.2 Gesamthäufigkeit der (einsinnigen) Mittelwert-
durchgänge (Kollektivumfang)
H0, x 3.1.6 Zahl der sekündlichen Mittelwertdurchgänge
der Spannungen Sx (t)
H0, y 3.1.6 Zahl der sekündlichen Mittelwertdurchgänge
der Spannungen Sy (t)

HI …HIII 2.2.1 Umfang der Teilkollektive I, II und III
h 2.2.6 Häufigkeit der Schwingspiele
h 3.4.3 Schrittweite der numerischen Integration
hi 2.2.2 Häufigkeit innerhalb der Kollektivstufe i
(Stufenhäufigkeit)
h(m, a) 2.3.7 zweidimensionale Verteilung der Übergangs-
häufigkeit
I 2.3.2 Unregelmäßigkeitsfaktor = H0 / HP
I 3.4.3 numerisch erhaltener Integralwert
INT( ) 1.2.2 Integer von ( )
i – Laufzahl i = 1, 2, 3, …
i 2.1.6 Stufen-Nummer bei Treppenstufen-Versuchen
i 2.2.2 Nummerierung der Stufen eines getreppten
Kollektivs
7 Verwendete Formelzeichen 713

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

i 2.3.7 Ausgangsklasse beim Übergangsmatrix- bzw.


Rainflow-Verfahren
i 3.2.1 Spannungshorizont mit Sai und Smi gemäß der
Wöhlerlinie
ik 3.1.3 innere Kerbwirkung des Werkstoffs
J 3.4.1 J-Integral nach Rice
Je 3.4.1 elastischer Anteil des J-Integrals
Jp 3.4.1 plastischer Anteil des J-Integrals
JI …JIII 3.4.1 J-Integrale für die Rissöffnungsarten (Moden) I
bis III
j 2.1.5 Ordnungszahl für die Einzelversuche einer
Stichprobe
–––
j 2.3.2 Imaginärzahl, j = k–1
j 2.3.7 Zielklasse beim Übergangsmatrix- bzw.
Rainflow-Verfahren
j 3.2.7 i = 1 bis j: Stufen oberhalb oder gleich der
Dauerfestigkeit SD
j 3.3.3 Segmente j = 1, 2, 3, … des rheologischen
Hysterese-Modells
jC 5.4 Sicherheitszahl zur Umrechnung von C = 50%
auf C = 90%
jC, n 3.5.4 Risikofaktor für eine Vertrauenswahrscheinlich-
keit C bei n Einzelversuchen
jL 3.5.2 auf die Lebensdauer anzuwendende Sicherheits-
zahl
jN 3.5.2 auf die Schwingspielzahl anzuwendende Sicher-
heitszahl
jS 3.5.1 auf die Spannung anzuwendende Sicherheitszahl
jS* 3.5.1 Sicherheitszahl jS gemäß der vereinfachend
bestimmten Ausfallwahrscheinlichkeit PA*
jS, x 4.2.2 Sicherheitszahl jS bezogen auf die Lebensdauer-
linie für PA,Bruch < 50%
j 90%, 1 3.5.4 Risikofaktor jC,n für C = 90% und n = 1
K 3.4.1 Spannungsintensitätsfaktor
K¢ 3.3.1 zyklischer Festigkeits-Koeffizient
Kc 3.4.2 kritischer Spannungsintensitätsfaktor
(Bruchzähigkeitswert)
KJ 3.4.9 Spannungsintensitätsfaktor aus J berechnet
Ko 3.4.8 Oberwert des Spannungsintensitätsfaktors
entsprechend S = So
714 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

Ko, eff 3.4.8 effektiver Oberwert des Spannungsintensitäts-


faktors im Loseq-Modell
Ko, i 3.4.8 Oberwert des Spannungsintensitätsfaktors beim
Schwingspiel i
Kr 3.4.10 Spannungsintensitätsfaktor für eine Referenz-
lösung
Ku 3.4.8 Unterwert des Spannungsintensitätsfaktors
entsprechend S = Su
Ku,eff 3.4.8 effektiver Unterwert des Spannungsintensitäts-
faktors im Loseq-Modell
Ku, i 3.4.8 Unterwert des Spannungsintensitätsfaktors beim
Schwingspiel i
KI…KIII 3.4.1 Spannungsintensitätsfaktoren für die Riss-
öffnungsarten (Moden) I bis III
k 2.1.3 Neigungsexponent in der Gleichung der Wöhler-
bzw. Zeitfestigkeitslinie

k 2.2.2 Neigungsexponent in der Gleichung der Lebens-
dauerlinie

k (B) 2.5.2 Neigungsexponent der Lebensdauerlinie aus
Blockprogramm-Versuchen

k (C) 2.5.2 Neigungsexponent der Lebensdauerlinie aus
Zufallslasten-Versuchen
ks 3.1.6 Neigungsexponent der Normalspannungs-
Wöhlerlinie
kt 3.1.6 Neigungsexponent der Schubspannungs-Wöhler-
linie
L 3.3.3 Lastgröße
Läq 3.5.6 spannungsäquivalentes Volumen
LB 3.5.2 charakteristischer Lebensdauerwert (PA = 63,21%)
nach der Extremwert-Verteilung
Lk (t) 3.3.3 Last-Zeit-Funktion
Lp 3.3.3 vollplastische Grenzlast
L0 3.5.6 Nahtlänge bei Versuchsstücken
L0 = L0% 3.5.2 sicherer Lebensdauerwert (PA = 0%) nach der
Extremwert-Verteilung
L1 … L3 3.3.3 Lastgrößen
L16 , L84 5.1 Fixpunkte zur Anpassung der Extremwert-
Verteilung
L50 = L50% 3.5.2 mittlerer Lebensdauerwert (PA = 50%) nach der
logarithmischen Normalverteilung
7 Verwendete Formelzeichen 715

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

lk 3.4.8 Kontaktlänge der Rissufer bei der Unterlast


M 2.1.4 Mittelspannungsempfindlichkeit des Werkstoffs
M 2.3.7 Parameter beim Verfahren der Übergangs-
matrix
MAX( ) 1.2.2 Maximalwert von ( )
Mb 3.1.1 Biegemoment
MC 3.5.4 Schätzwert für den wahren Mittelwert bei einer
Vertrauenswahrscheinlichkeit C
ME 3.1.5 Eigenspannungsempfindlichkeit des Werkstoffs
MIN( ) 1.2.2 Minimalwert von ( )
MOD( ) 1.2.2 Modulo von ( )
Mt 3.1.1 Verdrehmoment
m 2.1.5 Mittelwert der Stichprobe
m 2.3.7 Mittelwert beim Verfahren der Übergangsmatrix
m 3.1.4 bei den genannten Regelwerken statt k: Neigungs-
exponent der Wöhlerlinie
m 3.2.11 Mittelwert der bezogenen Spannungsamplituden
m 3.4.2 Exponent der Rissfortschrittsgleichungen
m 3.5.1 Mittelwert der Differenzwerte z = xF – xB
mB 3.5.1 Mittelwert der auf die Merkmalsgröße x transfor-
mierten einwirkenden Beanspruchung Sa,B
mC 3.5.4 überdurchschnittlicher Mittelwert einer Stich-
probe als obere Vertrauensgrenze
mF 3.5.1 Mittelwert der auf die Merkmalsgröße x transfor-
mierten ertragbaren Beanspruchung Sa, F
mJ 3.3.5 Neigungsexponent der Schädigungsparameter-
Wöhlerlinie für PJ
mJ 3.4.2 Exponent der Rissfortschittsgleichung für DJ
m(t) 2.3.1 linearer Schar-Mittelwert eines Zufallsprozesses
N 2.1.2 ertragene bzw. ertragbare Schwingspielzahl bis
Bruch oder Anriss (im Wöhler-Versuch)

N 2.2.2 ertragene bzw. ertragbare Schwingspielzahl (im
Betriebsfestigkeits-Versuch)

N 3.2.2 errechneter Wert der ertragbaren Schwingspiel-
zahl (Lebensdauer) unter Kollektivbelastung
N 3.3.1 ertragene bzw. ertragbare Schwingspielzahl bis
zum Schwinganriss (im Wöhler-Versuch)
NA 2.1.3 Schwingspielzahl für Sa = SA nach der Zeitfestig-
keitsgeraden

NA 2.2.6 Lebensdauer unter dem Originalablauf A
716 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

NB 2.2.6 Lebensdauer unter der Häufigkeitsverteilung B

NBruch 4.2.2 bis zum Auftreten des Betriebsbruchs erreichte

Lebensdauer bzw. Schwingspielzahl N

NC 2.2.6 Lebensdauer unter der Häufigkeitsverteilung C
ND 2.1.3 Schwingspielzahl am Abknickpunkt der Wöhler-
linie bei Sa = SD
ND 3.3.1 Grenzschwingspielzahl am Abknickpunkt der
Dehnungs-Wöhlerlinie
N(D) 3.2.8 ertragbare Schwingspielzahl für das mit D vor-
geschädigte Bauteil

N (D = 1) 3.2.9 für die Schädigungssumme D = 1 errechnete
Lebensdauer

N (D = DB) 3.2.12 für die Schädigungssumme D = DB errechnete
Lebensdauer

N (D = DV) 3.2.12 für die Schädigungssumme D = DV errechnete
Lebensdauer für die durch Versuche belegte
Kollektivform
ND (D) 3.2.8 Schwingspielzahl am Abknickpunkt der Wöhler-
linie des mit D vorgeschädigten Bauteils

Nd 3.2.9 Lebensdaueranteil für einen Dauerfestigkeits-
abfall von Stufe d auf Stufe d + 1
Nfiktiv 3.2.8 Schwingspielzahl nach der fiktiven Fortsetzung
der Wöhlerlinie unterhalb der Dauerfestigkeit

NFord 4.1.7 für den Betriebsfestigkeits-Nachweis geforderte
Lebensdauer bzw. Schwingspielzahl N
Ni 2.1.5 Schwingspielzahl für den i-ten Einzelversuch
Ni 3.2.1 ertragbare Schwingspielzahl für den Spannungs-
horizont i
Ni = 1 3.5.4 Schwingspielzahl für einen einzigen Einzelver-
such
NL 3.3.1 Schwingspielzahl für eine plastische Dehnungs-
amplitude ea, p = 0

NP 2.3.3 ertragene bzw. ertragbare Schwingspielzahl im
Zufallslasten-Versuch als Zahl der Scheitelwerte
N(Pi) 3.3.5 ertragbare Schwingspielzahl nach der
Schädigungsparameter-Wöhlerlinie
N(PJ) 3.3.5 ertragbare Schwingspielzahl nach der
Schädigungsparameter-Wöhlerlinie für PJ
N(PSWT) 3.3.5 ertragbare Schwingspielzahl nach der
Schädigungsparameter-Wöhlerlinie für PSWT
7 Verwendete Formelzeichen 717

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

NQ 3.2.12 vorgegebene Schwingspielzahl beim Q0 -Verfahren
N(Sai ,Smi) 3.2.1 ertragbare Schwingspielzahl unter einer
Beanspruchung mit Sai und Smi
NT 3.3.1 Transition-Life, Bezugswert der Schwingspielzahl
bei der Dehnungs-Wöhlerlinie

N V (D = 1) 3.2.12 für die Schädigungssumme D = 1 errechnete
Lebensdauer für die durch Versuche belegte
Kollektivform

N V (exp) 3.2.12 experimentell ermittelte Lebensdauer für die
durch Versuche belegte Kollektivform
N0 3.2.2 Schwingspielzahl für einen Bezugspunkt auf der
Wöhlerlinie

N0 2.3.3 ertragene bzw. ertragbare Schwingspielzahl im
Zufallslasten-Versuch als Zahl der Mittelwert-
durchgänge

N1 2.2.2 Schwingspielzahl am Bezugspunkt für die
Gleichung der Lebensdauerlinie
N1 3.2.1 ertragbare Schwingspielzahl für den Spannungs-
horizont 1
N10% 2.1.5 Schwingspielzahl für Pü = 10%
N2 3.2.1 ertragbare Schwingspielzahl für den Spannungs-
horizont 2
N3 3.2.1 ertragbare Schwingspielzahl für den Spannungs-
horizont 3
N3 3.2.9 Lebensdaueranteil für einen Dauerfestigkeits-
abfall von Stufe 3 auf Stufe 4
N4 3.2.9 Lebensdaueranteil für einen Dauerfestigkeits-
abfall von Stufe 4 auf Stufe 5
N50% 2.1.5 Schwingspielzahl für Pü = 50%
N50% (A,B,C) 3.5.5 Mittelwert N50% bei pauschalierender Auswertung
der Versuchsreihen A, B und C
N50%, C 3.5.4 Mittelwert der (logarithmierten) Schwingspiel-
zahlen Ni für eine Vertrauenswahrsch. C
N50%, n 2.1.5 Mittelwert der (logarithmierten) Schwingspiel-
zahlen Ni aus n Einzelversuchen
N6 3.2.7 ertragbare Schwingspielzahl für die Kollektiv-
stufe 6
N90% 2.1.5 Schwingspielzahl für Pü = 90%
n 2.1.5 Anzahl der Einzelversuche in der Stichprobe
n 2.1.6 Anzahl der Treppenstufenversuche
718 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

n 2.3.7 Anzahl der Zeilen (Klassen) beim Verfahren der


Übergangsmatrix
n 3.4.2 aufgebrachte Schwingspielzahl (als Variable),
n=1…N
n 3.4.7 Schwingspielzahl bei der Risslänge a
n 3.5.6 Vergrößerungsfaktor für das Volumen, die
Oberfläche oder Länge
n¢ 3.3.1 zyklischer Verfestigungs-Exponent
n0 3.4.6 Anfangswert für n bei der numerischen
Integration
n1 3.2.1 aufgebrachte Schwingspielzahl für den
Spannungshorizont 1
n1 , n2 3.4.7 Schwingspielzahl unter DS1 bzw DS2
n2 3.2.1 aufgebrachte Schwingspielzahl für den
Spannungshorizont 2
n3 3.2.1 aufgebrachte Schwingspielzahl für den
Spannungshorizont 3
ng 2.2.6 Anzahl der Grundschwingungen
ni 3.2.1 aufgebrachte Schwingspielzahl für den
Spannungshorizont i
n(c) 3.1.3 Stützziffer
n(c)s, d 3.1.3 Stützzahl für die Normalspannung, abhängig vom
Spannungsgefälle aus einer Biegespannung
n(c)s, r 3.1.3 Stützzahl für die Normalspannung, abhängig vom
Spannungsgefälle aus dem Kerbradius r
n(c)t, t 3.1.3 Stützzahl für die Schubspannung, abhängig vom
Spannungsgefälle aus einer Torsionsspannung
n(c)t, r 3.1.3 Stützzahl für die Schubspannung, abhängig vom
Spannungsgefälle aus dem Kerbradius r
ok 3.1.3 Kerbwirkung der Bauteiloberfläche
P 5.1 Integralwert der Normalverteilung
PA 3.5.1 Ausfallwahrscheinlichkeit (für Bauteile unter der
angesetzten Betriebsbeanspruchung)
PA* 3.5.1 vereinfachend mittels Ansatz von Pe bestimmte
Ausfallwahrscheinlichkeit
PA, Bruch 4.2.2 abschätzbare und zuzuordnende Ausfallwahr-
scheinlichkeit für den Lebensdauerwert N
PB 3.3.5 Schädigungsparameter nach Bergmann
Pe 3.5.1 Auftretenswahrscheinlichkeit der vereinfachend
(ohne Streuung) angesetzten Beanspruchung
7 Verwendete Formelzeichen 719

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

PHa 3.3.5 Schädigungsparameter nach Hanschmann


PHe 3.3.5 Schädigungsparameter nach Heitmann
PHL 3.3.5 Schädigungsparameter nach Haibach und Lehrke
PJ 3.3.5 Schädigungsparameter nach Vormwald
PJ, D 3.4.9 Dauerfestigkeitswert von PJ bei einer Risslänge a
PJ, D0 3.4.9 Dauerfestigkeitswert von PJ bei einer Risslänge a0
PJ, i ; Ni 3.4.9 Versuchspunkt für die Schädigungsparameter-
Wöhlerlinie
Pj 3.3.3 Verfügbarkeits-Koeffizient im rheologischen
Hysterese-Modell
PM=0 3.3.5 Schädigungsparameter für eine Mittelspannungs-
empfindlichkeit M = 0
PM=1 3.3.5 Schädigungsparameter für eine Mittelspannungs-
empfindlichkeit M = 1
Pn, r 2.1.6 Wahrscheinlichkeit für den tatsächlichen Pü-Wert
eines Spannungshorizontes
PSWT 3.3.5 Schädigungsparameter nach Smith, Watson und
Topper
Pü 2.1.5 Überlebenswahrscheinlichkeit (für Schwing-
festigkeits- oder Lebensdauerwerte)
Pü,A(N) 3.5.6 Überlebenswahrscheinlichkeit der Schwingspiel-
zahlen im Versuch
Pü, u(S) 3.5.6 Überlebenswahrscheinlichkeit für das Volumen V
bei der Spannung S
Pü, DVi (Si) 3.5.6 Überlebenswahrscheinlichkeit für das Teil-
volumen i bei der Spannung Si
p 2.2.1 Kollektivparameter für die p-Wert-Kollektive
p 2.3.7 Oberwert beim Verfahren der Übergangsmatrix
p 3.1.3 Parameter in der Gleichung für den Mittelspan-
nungseinfluss
p 3.4.7 Abkürzung für den Exponent der integrierten
Rissfortschrittsgleichung
p 3.4.8 Exponent in der Formel des Verzögerungsfaktors
Cp
p 3.5.3 gemessener Bremsdruck
pmax 3.5.3 maximal gemessener Bremsdruck
p(S) 2.3.1 Dichtefunktion p(x,t) für x = S
p(x) 3.4.10 Rissuferbelastung
p(x,t) 2.3.1 Dichtefunktion eines Zufallsprozesses
Q 3.1.1 Schubkraft
720 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

Q 3.4.9 Rechenwert
Q 5.1 Integralwert der Normalverteilung
Q0 3.2.12 Verhältnis der experimentellen zu den errechne-
– –
ten S a-Werte bei der Schwingspielzahl N Q
q 2.3.7 Unterwert beim Verfahren der Übergangsmatrix
q 3.1.6 Gewichtungsfaktor für die Vergleichsspannungs-
Hypothesen
q 3.2.8 Exponent in der Formel für den Dauerfestigkeits-
abfall als Funktion der Schädigung
R 2.1.1 Spannungsverhältnis = Su / So oder = su / so

R 2.2.2 kennzeichnendes Spannungsverhältnis des
– –
Kollektivs = S u / S o
R¢ 3.4.8 gemitteltes Spannungsverhältnis aller Schwing-
spiele der Beschleunigungsphase
Re 1.1.2 Streckgrenze des Werkstoffs
Reff 3.4.8 effektives Spannungsverhältnis im
Willenborg-Modell
Ri 2.2.5 Spannungsverhältnis für die Stufe i des getreppten
Kollektivs
Rm 1.1.2 Zugfestigkeit des Werkstoffs
Rn 2.3.7 aktuelle Pseudo-Zufallszahl
Rn–1 2.3.7 vorherige Pseudo-Zufallszahl
Rp 0,2 1.1.2 0,2%-Dehngrenze des Werkstoffs
Rz 3.1.3 Rautiefe
R0 2.3.7 Anfangswerte der Pseudo-Zufallszahlenfolgen Rn
R0i 2.3.7 Anfangswert R0 in der Klasse bzw. Teilzeile i
r 2.1.6 Anzahl der Versuche ohne Bruch
r 2.3.7 Parameter beim Verfahren der Übergangsmatrix
r 3.4.1 Koordinate des Spannungsfeldes an der Riss-
spitze
ry 3.4.10 Radius der zug-plastischen Zone als Zuschlag
zur Risslänge a
S 3.1.1 Nennspannung (Normalspannung)
S 3.5.6 versagenskritische Spannung
S* 3.3.3 Rechengröße in der erweiterten Neuber-Regel
und in der Seeger-Formel
SA 2.1.3 kennzeichnende Spannungsamplitude für die
Wöhlerlinie bei der Schwingspielzahl NA
SA 3.1.4 Schwingfestigkeitskennwert in Verbindung
mit NA
7 Verwendete Formelzeichen 721

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

Sa 2.1.1 Spannungsamplitude

Sa 2.2.1 kennzeichnende Nennspannung (Höchstwert)
des Amplitudenkollektivs
Sa,äq 3.2.10 schädigungsäquivalente Spannungsamplitude

S a,B 3.5.1 einwirkende Beanspruchung (kennzeichnende
Spannung des Amplitudenkollektivs)

Sa (B) 2.5.2 ertragbare Spannungsamplitude im Betriebs-
festigkeits-Versuch

S a (C) 2.5.2 ertragbare Spannungsamplitude im Zufallslasten-
Versuch
SaE 3.2.4 Spannungsamplitude des schädigungsgleichen
Rechteck-Ersatzkollektivs

S a, F 3.5.1 ertragbare Beanspruchung (kennzeichnende
Spannung des Amplitudenkollektivs)

Sa,g , S a, g 2.2.6 Spannungsamplitude der Grundschwingung
Sa (H) 3.2.5 Spannungsamplitude als Funktion der Über-
schreitungshäufigkeit
Sa (Hms) 2.5.2 im Wöhler-Versuch ertragbare Spannungs-
amplitude Sa bei N = Hms
Sai 2.1.7 Spannungsamplitude für den i-ten Einzelversuch
Sai 2.2.1 Spannungsamplitude, die im stetigen
Amplitudenkollektiv mit der Häufigkeit Hi
überschritten wird
Sai 2.2.2 Spannungsamplitude für die Stufe i des getreppten
Kollektivs
Sai 3.2.1 Spannungsamplitude auf dem Spannungs-
horizont i
Sa,ms 2.5.2 meistschädigende Spannungsamplitude
im Kollektiv eines Gaußprozesses

Sa,z , S a,z 2.2.6 Spannungsamplitude der Zusatzschwingung
Sa,0 = Sa,0% 3.5.2 sicherer Beanspruchungswert (PA = 0%) nach
der Extremwert-Verteilung
Sa0 3.2.2 Spannungsamplitude für einen Bezugspunkt auf
der Wöhlerlinie bei N

S a1 2.2.2 kennzeichnende Spannungsamplitude am

Bezugspunkt N 1 für die Gleichung der Lebens-
dauerlinie
– –
S a I … S a III 2.2.1 Höchstwerte der Teilkollektive I bis III
Sa,50 = Sa 50% 3.5.2 mittlerer Beanspruchungswert (PA = 50%) nach
der logarithmischen Normalverteilung
722 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

Sa50% 2.1.7 Spannungsamplitude für N = Ni nach der


Gleichung der Wöhlerlinie berechnet
Sbrutto 3.4.9 Spannung im Bruttoquerschnitt
SD 2.1.3 Dauerfestigkeitswert, d.h. Spannungsamplitude
am Abknickpunkt der Wöhlerlinie bei ND
SD 2.1.7 Dauerfestigkeit als Schwingfestigkeitskennwert
in Verbindung mit ND
SD (D) 3.2.8 abgeminderter Dauerfestigkeitswert als Funktion
der aufgebrachten Schädigung D
SD (D = 1) 3.2.9 abgeminderter Dauerfestigkeitswert SD = 0 bei
einer aufgebrachten Schädigung D = 1
SDx 3.1.6 dauerfest ertragbare Nennspannung
in x-Richtung
SDy 3.1.6 dauerfest ertragbare Nennspannung
in y-Richtung
SD0 2.1.6 unterste belegte Treppenstufe (Spannungs-
amplitude)
SD50% 2.1.6 Dauerfestigkeit für Pü = 50%
SF 1.2.2 Formdehngrenze des Bauteils
SG 3.1.3 Parameter der Gleichung der Goodman-Geraden
SM 1.2.2 Formfestigkeit des Bauteils

Sm 2.2.1 kennzeichnende Mittelspannung (für den
Höchstwert) des Spannungs- oder Amplituden-
kollektivs
Sm 2.1.1 Mittelspannung
Smax 3.5.6 maximale Spannung im Volumen V
Sm,Flug 2.4.2 Mittelspannung im ungestörten Reiseflug
Smi 2.2.5 Mittelspannung für die Stufe i des getreppten
Kollektivs
Smi 3.2.1 Mittelspannung auf dem Spannungshorizont i
So 2.1.1 Oberspannung

So 2.2.1 kennzeichnende Oberspannung (Höchstwert)
des Spannungskollektivs

S oi 2.2.1 Oberspannung, die im Kollektiv mit der Häufig-
keit Hi überschritten wird
SP 3.3.3 Nennspannung im Kerbquerschnitt für den
vollplastischen Zustand
SP 3.1.3 Parameter der Gleichung der Gerber-Parabel
Sr 3.4.10 Nennspannung aus Zug- und Biegespannungs-
anteilen berechnet für die Rissspitze
7 Verwendete Formelzeichen 723

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

Srms 2.3.2 Effektivwert oder rms-Wert (root mean square


value)
Srms,x 3.1.6 Effektivwert oder rms-Wert der Spannungen Sx (t)
Srms,y 3.1.6 Effektivwert oder rms-Wert der Spannungen Sy (t)
S(t) 2.1.1 Spannungs-Zeit-Funktion
(Nennspannungs-Zeit-Funktion)
Su 2.1.1 Unterspannung

Su 2.2.1 kennzeichnende Unterspannung (Höchstwert)
des Spannungskollektivs

Sui 2.2.1 Unterspannung, die im Kollektiv mit der Häufig-
keit Hi unterschritten wird
Sx 3.1.6 Nennspannungskomponente in x-Richtung im
bauteilbezogenen Koordinatensystem
Sx (t) 3.1.6 Biegespannungen in der xz-Ebene
Sy 3.1.6 Nennspannungskomponente in y-Richtung im
bauteilbezogenen Koordinatensystem
Sy (t) 3.1.6 Biegespannungen in der yz-Ebene
S0 3.5.6 versagenskritische Spannung beim Volumen V0
S1 3.5.6 versagenskritische Spannung beim Volumen V1
S1 , S2 , … 2.2.6 Spannen beim Spannenpaar-Verfahren
s 2.1.5 Standardabweichung der Stichprobe
s 3.1.4 Mehrachsigkeitsfaktor
s 3.4.8 Größe der von früheren Schwingspielen erzeugte
zug-plastische Zone
s 3.5.1 Standardabweichung der Differenzwerte
z = xF – xB
sB 3.5.1 Standardabweichung der auf die Merkmalsgröße x
transformierten einwirkenden Beanspruchung Sa,B
sc 3.3.1 Standardabweichung für die plastischen Deh-
nungsamplitude bei der s-e-Kurve
se 3.3.1 Standardabweichung für die Linie der elastischen
Dehnungsamplitude
sF 3.5.1 Standardabweichung der auf die Merkmalsgröße
x transformierten ertragbaren Beanspruchung
Sa, B
sm 2.1.5 Standardfehler des Mittelwertes
sN 3.5.5 Standardabweichung der logarithmierten
Schwingspielzahlen entsprechend TN
sp 3.3.1 Standardabweichung für die Linie der plastischen
Dehnungsamplitude
724 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

sS 3.5.5 Standardabweichung der logarithmierten


Spannungsamplituden entsprechend TS
ss 2.1.5 Standardfehler der Standardabweichung
st 3.3.1 Standardabweichung für die Linie der Gesamt-
Dehnungsamplitude
s2 (t) 2.3.1 quadratischer Schar-Mittelwert eines Zufalls-
prozesses
T 2.3.2 (endliche) Beobachtungszeit bzw.
Integrations-Zeitintervall
T 3.1.1 Nennspannung (Schubspannung)
T 5.1 Streuspanne der jeweils betrachteten Merkmals-
größe
TD 2.1.7 Verdreh-Dauerfestigkeit als Schwingfestigkeits-
kennwert in Verbindung mit ND
TD 3.2.11 Streuspanne der für Bruch errechneten
Schädigungssummen D
TDxy 3.1.6 dauerfest ertragbare Nennschubspannung in der
xy-Ebene
TL 3.5.2 Streuspanne der Lebensdauerwerte L
TN ?? 2.1.5 Streuspanne der Schwingspielzahlen N (oder Ni

bzw. Ni )
TN (A,B,C) 3.5.5 Streuspanne TN bei pauschalierender Auswertung
der Versuchsreihen A, B und C
TN (B) 3.2.11 auf Lebensdauerwerte umgerechnete Streuspanne
TU (B) für Blockprogramm-Versuche (B)
TN (C) 3.2.11 auf Lebensdauerwerte umgerechnete Streuspanne
TU (C) für Zufallslasten-Versuche (C)
TQ 3.2.11 Streuspanne der Q0-Werte
TS 2.1.6* Streuspanne der Spannungsamplituden Sai

bzw. Sai
TS (B) 3.2.11 Streuspanne der Spannungsamplituden aus den
Blockprogramm-Versuchen (B)
TS (C) 3.2.11 Streuspanne der Spannungsamplituden aus den
Zufallslasten-Versuchen (C)
TU 3.2.11 Streuspanne der U0-Werte
TU (B) 3.2.11 Streuspanne der U0-Werte für
Blockprogramm-Versuche (B)
TU (C) 3.2.11 Streuspanne der U0-Werte für Zufallslasten-
Versuche (C)
7 Verwendete Formelzeichen 725

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

Txy 3.1.6 Nennschubspannung im bauteilbezogenen


x-y-Koordinatensystem
Ta 2.3.7 Zeilensumme aller aij in der Klasse i = a
Tb 2.3.7 Zeilensumme aller aij in der Klasse i = b
Te 3.3.1 Streuspanne in e-Richtung
Ts 3.1.4 Streuspanne der örtlichen Spannungsamplitude
se, A
t 2.3.1 Zeit (als Variable)
t 3.1.4 Blechdicke
teff 3.1.4 effektive Blechdichte
t1 , t2 2.3.1 Zeitpunkt t1 bzw. t2
U 2.3.7 erzeugte Ausgangsspannung beim Verfahren der
Übergangsmatrix
U 3.4.2 R-abhängige Funktion

U0 2.5.2 Verhältniswert Sa (N = 106) / Sa (Hms)
U0 (B) 2.5.2 Verhältniswert U0 bei Blockprogramm-
Versuchen
U0 (C) 2.5.2 Verhältniswert U0 bei Zufallslasten-Versuchen
U1 , U2 2.3.7 Werte zum Berechnen der Ausgangsspannung U
beim Verfahren der Übergangsmatrix
u 3.2.5 Ordinatenwert zur rechnerischen Kollektiv-
treppung
u 3.3.3 Rechengröße in der Seeger-Formel
u 5.1.1 standardisierte normalverteilte Zufallsvariable
(bezogene Merkmalsgröße)
uB 4.2.2 bezogene Merkmalsgröße u zum Bestimmen
von PA, Bruch
uC 3.5.4 bezogene Merkmalsgröße zum Bestimmen der
Vertrauenswahrscheinlichkeit C
ue 3.5.1 bezogenen Merkmalsgröße entsprechend Pe
u0 4.2.2 bezogene Merkmalsgröße u zum Bestimmen
von PA
u0 3.5.1 bezogene Merkmalsgröße zum Bestimmen
von PA
u0* 3.5.1 bezogene Merkmalsgröße zum Bestimmen
von PA*
V 3.2.3 Völligkeitsgrad des Kollektivs
V 3.5.6 betrachtetes Volumen
Väq 3.5.6 spannungsäquivalentes Volumen
726 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

VB 4.2.2 erforderliche Absenkung der Beanspruchung


als Verhältniswert
VL 4.2.2 erforderliche Steigerung der Lebensdauer
als Verhältniswert
VS 4.2.2 erforderliche Steigerung der Schwingfestigkeit
als Verhältniswert
V0 3.5.6 betrachtetes Ausgangsvolumen
u 2.1.6 Varianz
u 3.2.5 Ordinatenwert zur rechnerischen Kollektiv-
treppung
u 3.5.1 Verhältnis der Standardabweichungen = sB /sF
uG 3.5.1 Grenzwert von u für PA = PA*
ur 3.4.10 Rissuferverschiebung für eine Referenzlösung
W 2.3.7 Steuergröße für p-q- oder q-p-Übergänge beim
Verfahren der Übergangsmatrix
Wb 3.1.1 Widerstandsmoment bei Biegung
Wr 3.4.10 Widerstandsmoment bei Biegung des
angerissenen Restquerschnitts
Wt 3.1.1 Widerstandsmoment bei Verdrehung
w 3.1.2 Schlitzlänge des Kreuzstoßes
w 3.2.5 Ordinatenwert zur rechnerischen Kollektiv-
treppung
w* 3.4.8 Ausdehnung der zug-plastischen Zone
in Rissrichtung ohne den Einfluss der Spitzenlast
wi 3.4.8 Ausdehnung der zug-plastischen Zone
in Rissrichtung aus dem Schwingspiel i
wo 3.4.8 Ausdehnung der zug-plastischen Zone
in Rissrichtung
wo, CA 3.4.8 Ausdehnung der zug-plastischen Zone des
betrachteten Schwingspiels
wo, LS 3.4.8 Ausdehnung einer lastfolgenabhängig zu
berechnenden zug-plastischen Zone
wu 3.4.8 Ausdehnung der druck-plastischen Zone
in Rissrichtung
w0 … w3 3.4.8 Ausdehnungswerte der zug-plastischen Zonen
Xa 3.4.8 Beschleunigungsfaktor im Loseq-Modell
XB 5.1 charakteristischer Merkmalswert (PA = 63,21%)
nach der Extremwert-Verteilung
Xr 3.4.8 Verzögerungsfaktor im Loseq-Modell
7 Verwendete Formelzeichen 727

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

X0 5.1 sicherer Merkmalswert (PA = 0%) nach der


Extremwert-Verteilung
X50 5.1 mittlerer Merkmalswert (PA = 50%) nach der
logarithmischen Normalverteilung
x– 2.3.1 linearer Zeit-Mittelwert eines Zufallsprozesses
x 3.4.4 Vergrößerungs-Verhältnis
x 3.5.1 transformierte Merkmalsgröße der
Beanspruchung
x 3.5.4 transformierte Merkmalsgröße der Schwingspiel-
zahl
xB 3.5.1 transformierte Merkmalsgröße der einwirkenden
Beanspruchung

xD 3.2.8 auf die Spannungsamplitude Sa bezogener Dauer-

festigkeitswert = SD / Sa
xd 3.2.9 Faktor xi für die Kollektivstufe i = d
xd = j 3.2.9 Faktor xi für die mit d variable Kollektivstufe
i=d=j
xF 3.5.1 transformierte Merkmalsgröße der ertragbaren
Beanspruchung

xi 3.2.2 Faktor = Sai / Sa für die bezogene Schreibweise
des Kollektivs
xj 3.2.9 Faktor xi für die Kollektivstufe i = j
xj+1 3.2.9 Faktor xi für die Kollektivstufe i = j + 1
xPe 3.5.1 transformierte Merkmalsgröße der ohne
Streuung angesetzten Beanspruchung
xz+1 3.2.9 Faktor xi für die rechnerisch zu ergänzende
–– Kollektivstufe i = z + 1
x2 2.3.1 quadratischer Zeit-Mittelwert eines Zufalls-
prozesses
x3 3.2.9 Faktor xi für die Kollektivstufe i = 3
x4 3.2.9 Faktor xi für die Kollektivstufe i = 4
x5 3.2.9 Faktor xi für die Kollektivstufe i = 5
Y 3.4.3 risslängenunabhängige Geometriefunktion
Y(a) 3.4.1 risslängenabhängige Geometriefunktion
Yel (…) 3.4.9 Geometriefunktion, elastisch berechnet
Yr (a) 3.4.10 Geometriefunktion Y(a) in Verbindung mit der
Spannung Sr
Y(z) 3.4.10 Geometriefunktion Y(a) in anderer Schreib-
weise
728 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

Y(l) 3.4.10 Geometriefunktion Y(a) in bezogener Schreib-


weise
y 5.1 Wahrscheinlichkeitsdichte der Normalverteilung
ymax 5.1 maximale Wahrscheinlichkeitsdichte der Normal-
verteilung
Z 2.2.2 bis Bruch (oder Anriss) im
Betriebsfestigkeits-Versuch ertragene Anzahl
von Teilfolgen
Z 3.1.6 Exponent in der Interaktionsgleichung
z 3.2.8 i = 1 bis z : Stufen des getreppten Kollektivs
mit z = kleinster Stufe
z 3.4.1 bezogene Risslänge
z 3.4.3 geradzahlige Anzahl der Integrationsschritte
z 3.5.1 Differenzwert = xF – xB
zul… 1.2.2 zulässiger Beanspruchungs- bzw. Lebensdauer-
wert
a 2.3.7 Klasse beim Verfahren der Übergangsmatrix
a 3.4.9 Beiwert für den ebenen Spannungs- oder ebenen
Dehnungszustand
ak 3.1.1 Formzahl (elastizitätstheoretische Formzahl)
ak1 3.1.6 Formzahl für die Hauptdehnung e1
ak,N 5.3 Formzahl des Nahtübergangs
ak,W 5.3 Formzahl der Wurzelkerbe
akx 3.1.6 Formzahl für die Spannungskomponente in
x-Richtung
akxy 3.1.6 Formzahl für die Schubspannung in der xy-Ebene
aky 3.1.6 Formzahl für die Spannungskomponente in
y-Richtung
ap 3.3.3 Formzahl für den vollplastischen Zustand des
Kerbquerschnitts
ap 2.1.7 plastische Formzahl
a1 … a5 5.3 approximative Formzahlen
b 2.3.7 Klasse bei Verfahren der Übergangsmatrix
b 3.1.6 Winkelkoordinate am Lochrand
b 3.4.1 Koordinate des Spannungsfeldes an der Rissspitze
bk 3.1.3 Kerbwirkungszahl
bkw 3.1.2 Kerbwirkungszahl an der Nahtwurzel
bkz 3.1.2 Kerbwirkungszahl am Nahtübergang
g 2.3.7 Klasse bei Verfahren der Übergangsmatrix
g ¢f 3.3.7 zyklischer Schiebungs-Koeffizient des Werkstoffs
7 Verwendete Formelzeichen 729

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

Da 2.3.7 Fehler der klassierten Spannen beim Verfahren


der Übergangsmatrix
DDi 3.2.1 Schädigungsbeitrag eines einzelnen Schwing-
spiels i
DJ 3.4.2 Schwingbreite des I-Integrals
DJ* 3.4.2 Bezugswert für die Schwingbreite des I-Integrals
DJeff 3.4.9 effektive Schwingbreite des J-Integrals
DJeff,0 3.4.9 effektive Schwingbreite für den Schwellwert
des J-Integrals
DK 3.4.2 Schwingbreite des Spannungsintensitätsfaktors
DK* 3.4.2 Bezugswert für die Schwingbreite des Spannungs-
intensitätsfaktors
DKc 3.4.2 Schwingbreite beim kritischem Spannungsinten-
sitätsfaktor Kc
DKeff 3.4.2 effektive Schwingbreite des Spannungsintensitäts-
faktors
DKLS 3.4.6 veränderte (effektive) Schwingbreite des
Spannungsintensitätsfaktors nach dem
Loseq-Modell
DKZug 3.4.2 effektive Schwingbreite des Spannungs-
intensitätsfaktors aus der Zugspannung
bestimmt
DK0 3.4.2 Schwellwert für die Schwingbreite des
Spannungsintensitätsfaktor
DKe 3.4.2 Schwingbreite des dehnungsbezogenen
Spannungsintensitätsfaktors
DKs 3.4.2 Schwingbreite des spannungsbezogenen
Spannungsintensitätsfaktors
Dm 2.3.7 Fehler der klassierten Mittelwerte beim Verfahren
der Übergangsmatrix
DN 3.5.5 Abweichung der ertragenen Schwingspielzahlen
gegenüber dem globalen Mittelwert
DS 3.5.5 Abweichung der ertragenen Spannungsamplituden
gegenüber dem globalen Mittelwert
DS 2.1.1 Schwingbreite der Spannung bzw. Nennspannung
DS(n) 3.4.6 schwingspielzahlabhängige Schwingbreite der
Spannung
DSR 3.1.4 Schwingfestigkeitskennwert (DS = 2 · SA)
bei NA = 2 · 106
730 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

DS1 3.4.6 Schwingbreite der Spannung für den


1. Integrationsschritt
DS1 3.4.7 Schwingbreite der Spannung auf dem Horizont 1
DS2 3.4.6 Schwingbreite der Spannung für den
2. Integrationsschritt
DS2 3.4.7 Schwingbreite der Spannung auf dem Horizont 2
Dua 3.4.8 Schwingbreite der Rissspitzen-Verschiebung
DVi 3.5.6 incrementelles (gleichmäßig beanspruchtes)
Teilvolumen
Dgmax 3.3.7 maximale Schiebung in einer der Schnittebenen
De 3.3.2 Schwingbreite der Kerbgrunddehnung
Deeff 3.3.5 effektive Schwingbreite der Dehnung beim
Schädigungsparameter PHL
Deörtl 3.1.4 Schwingbreite der Strukturdehnung
Dep 3.3.5 Schwingbreite der plastischen Dehnung
Dep,eff 3.3.5 effektive Schwingbreite der plastischen Dehnung
Dep,eff 3.4.9 effektive Schwingbreite der plastischen Dehnung
Det 3.4.2 Schwingbreite der elastisch-plastischen Gesamt-
dehnung
Ds 3.3.2 Schwingbreite der Kerbgrundspannung
Ds 3.1.4 in den genannten Regelwerken statt DS:
Schwingbreite der Nennspannung
DsD 3.4.9 Werkstoffdauerfestigkeit
DsD 3.4.9 Dauerfestigkeit abhängig von der Risslänge
Dseff 3.3.5 effektive Schwingbreite der Spannung
ds j 3.3.3 Spannungskomponente des Segmentes j der
Spannungs-Dehnungs-Kurve
Dsörtl 3.1.4 Schwingbreite der Strukturspannung
d 3.1.6 Phasenwinkel
dej 3.3.3 Dehnungskomponente des Segmentes j der
Spannungs-Dehnungs-Kurve
e 1.2.2 Dehnung (wahre Dehnung)
eA 3.1.4 Schwingfestigkeitskennwert der örtlichen
Spannung
ea,e 3.3.1 elastische Dehnungsamplitude
a
e op, 3.4.9 fiktive einstufig stabilisierte Rissöffnungs-
einst, u
dehnung bei einer Risslänge a
ea, örtl 3.1.4 Strukturdehnungs-Amplitude
ea, p 3.3.1 plastische Dehnungsamplitude
7 Verwendete Formelzeichen 731

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

e acl, einst, u 3.4.9 fiktive einstufige stabilisierte Rissschließdehnung


bei einer Risslänge a
ea, t 3.3.1 Gesamtdehnungsamplitude
ecl 3.3.5 Rissschließdehnung
eD 3.3.1 dauerfeste Gesamt-Dehnungsamplitude
für N ≥ ND
eD,e 3.3.1 dauerfeste elastische Dehnungsamplitude
für N ≥ ND
eD, p 3.3.1 dauerfeste plastische Dehnungsamplitude
für N ≥ ND
ee 3.3.1 elastische Dehnung
eF 3.3.3 Dehnung an der elastisch-ideal-plastischen
Fließgrenze
e ¢f 3.3.1 zyklischer Dehnungs-Koeffizient des
Werkstoffs
eL 3.3.1 Grenzwert der plastischen Dehnungsamplitude
em0 3.3.1 im Versuch aufgebrachte Mitteldehnung
emax, vorher 3.4.9 vorausgegangener Maximalwert von so
emax 3.3.5 Vorbelastung der Probe beim dehnungs-
kontrollierten Wöhler-Versuch
emin, vorher 3.4.9 vorausgegangener Minimalwert von su
eo 3.3.5 Dehnung am oberen Umkehrpunkt der
Hystereseschleife
eop 3.3.5 Rissöffnungsdehnung
eop, alt 3.4.9 von einem vorausgegangenen Schwingspiel
erzeugte Rissöffnungsdehnung bei einstufiger
Belastung
eop, einst 3.4.9 von dem aktuellen Schwingspiel erzeugte Riss-
öffnungsdehnung bei einstufiger Belastung
eop, einst, u 3.4.9 fiktive einstufig stabilisierte Rissöffnungs-
dehnung
eo, u 3.4.9 fiktive Dehnung am (unmittelbar) voraus-
gegangenen oberen Umkehrpunkt
ep 3.3.1 plastische Dehnung
er 3.3.5 Eigendehnung im Modell dünner Randschichten
eT 3.3.1 Bezugswert der Dehnung Spannung beim
Transition-Life NT
et 3.3.1 Gesamtdehnung
e (t) 3.3.2 Kerbgrunddehnungs-Zeit-Funktion
732 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

eu 3.3.5 Dehnung am unteren Umkehrpunkt der


Hystereseschleife
eu, akt 3.4.9 Dehnung am aktuellen unteren Umkehrpunkt
der Hysterese
ez 3.4.1 Dehnungskomponente im bauteilbezogenen
Koordinatensystem
e 0op, einst, u 3.4.9 fiktive einstufige stabilisierte Rissöffnungs-
dehnung bei einer Risslänge a = 0
e1 3.1.6 (betragsmäßig größte, erste) Hauptdehnung
e1B 3.1.6 betragsmäßig größte Hauptdehnung im Blech
e1Ü 3.1.6 betragsmäßig größte Hauptdehnung am
Nahtübergang
e2 3.1.6 (betragsmäßig kleinere, zweite) Hauptdehnung
e2B 3.1.6 zweite Hauptdehnung im Blech
e2Ü 3.1.6 zweite Hauptdehnung am Nahtübergang
e3 3.4.1 (dritte) Hauptdehnung
hk 3.1.3 Kerbempfindlichkeit
k 2.1.1 Kappa-Wert (Alternative zum Spannungs-
verhältnis)
l 3.4.10 bezogene Risslänge
µ 2.1.5 Mittelwert der Grundgesamtheit
n 3.1.6 Querdehnzahl
r 3.1.1 Kerbradius
r* 3.1.3 Radius der Ersatzkerbe des Werkstoffs
r* 3.1.4 Ersatzstrukturlänge des Werkstoffs
rf 3.1.4 fiktiv vergrößerter Kerbradius
Sh 3.2.2 Teilfolgenumfang, Summe der Stufenhäufig-
keiten hi
es 3.3.3 skalarer (elastisch berechneter) Beanspruchungs-
kennwert
es (s, t) 3.3.3 Komponenten des elatischen Spannungstensors
ij
s 2.1.5 Standardabweichung der Grundgesamtheit
s 2.3.7 rms-Wert in der Formel für h(m, a)
s 3.3.3 Spannung (wahre Spannung)
sf¢ 3.3.1 zyklischer Spannungs-Koeffizient des Werkstoffs
s (t) 3.3.2 Kerbgrundspannungs-Zeit-Funktion
sa 3.3.1 Spannungsamplitude
sa, örtl 3.1.4 Strukturspannungs-Amplitude
sD0 3.3.1 dauerfeste Spannungsamplitude N ≥ ND
7 Verwendete Formelzeichen 733

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

sDE 3.1.5 Dauerwechselfestigkeit unter dem Einfluss einer


Eigenspannung sE
sE 3.1.5 Eigenspannung
se, A 3.1.4 Schwingfestigkeitskennwert der örtlich elastisch
ertragbaren Spannungsamplitude
se, a 3.1.4 elastisch berechnete örtliche Dehnungsamplitude
se, D 3.1.4 Dauerfestigkeitswert der örtlich elastisch
ertragbaren Spannungsamplitude
sF 3.3.3 Spannung an der elastisch-ideal-plastischen
Fließgrenze
sF 3.3.5 Rechenwert für die Fließgrenze nach Newmann
sH 3.3.3 (elastisch zu errechnende) Hooksche Spannung
sij, m (s) 3.3.7 modale Komponenten des Spannungstensors
sL 3.3.1 Grenzwert der Spannungsamplitude
sm 3.3.1 Mittelspannung
sm0 3.3.1 nicht relaxierte Mittelspannung entsprechend em0
smax 3.1.1 Maximalspannung (als Normal- oder Vergleichs-
spannung) in einer Kerbe
smax, D 3.1.3 dauerwechselfest ertragbare Kerbspannungs-
amplitude
sn (t) 3.3.7 Normalspannungsablauf in der betrachteten
Schnittebene
sn, max 3.3.7 maximale Normalspannung in einer der
Schnittebenen
so 3.3.1 Oberspannung
so 3.3.5 Spannung am oberen Umkehrpunkt der
Hystereseschleife
so, u 3.4.9 Spannung am (unmittelbar) vorausgegangenen
oberen Umkehrpunkt
sr 3.3.5 Eigenspannung im Modell dünner Rand-
schichten
sT 3.3.1 Bezugswert der Spannung beim Transition-Life
NT
st 3.1.6 Tangentialspannung am Lochrand
st,x 3.1.6 Tangentialspannung am Lochrand aus Sx
st,xy 3.1.6 Tangentialspannung am Lochrand aus Txy
st,y 3.1.6 Tangentialspannung am Lochrand aus Sy
su 3.3.1 Unterspannung
su 3.3.5 Spannung am unteren Umkehrpunkt der
Hystereseschleife
734 7 Verwendete Formelzeichen

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

su, akt 3.4.9 Spannung am aktuellen Umkehrpunkt der


Hysterese
su 3.1.6 Vergleichsspannung
su, GH 3.1.6 Vergleichsspannung nach der Gestaltänderungs-
energie-Hypothese
su, NH 3.1.6 Vergleichsspannung nach der Normalspannungs-
Hypothese
sW 3.1.3 Zug-Druck-Dauerwechselfestigkeit des Werk-
stoffs
sx 3.1.6 Spannungskomponente im bauteilbezogenen
Koordinatensystem
sy 3.1.6 Spannungskomponente im bauteilbezogenen
Koordinatensystem
sz 3.1.6 Spannungskomponente im bauteilbezogenen
Koordinatensystem
s1 , s2 3.4.9 Spannung in bzw. quer zur Rissrichtung
s1 3.1.6 (betragsmäßig größte) Hauptspannung
s2 3.1.6 (betragsmäßig kleinere) Hauptspannung
s3 3.1.6 (dritte) Hauptspannung
s0,2
¢ 3.3.1 zyklischer Streckgrenzen-Wert
sh 3.1.6 Spannung im gedrehten Koordinatensystem
sx 3.1.6 Spannung im gedrehten Koordinatensystem
sxh 3.1.6 Spannung im gedrehten Koordinatensystem
t 1.2.2 Schubspannung (wahre Schubspannung)
ta 2.1.7 Schubspannungsamplitude
te. D 3.1.4 Dauerfestigkeitswert der örtlich elastisch
ertragbaren Schubspannungsamplitude
t f¢ 3.3.7 zyklischer Schubspannungs-Koeffizient des
Werkstoffs
tmax 3.1.1 Maximalspannung (als Schubspannung) in einer
Kerbe
tn(t) 3.3.7 Schubspannungsablauf in der betrachteten
Schnittebene
tW 3.1.3 Schub-Dauerwechselfestigkeit des Werkstoffs
txy 3.1.6 Schubspannung im bauteilbezogenen
Koordinatensystem
t12 3.1.6 Schubspannung im Hauptspannungssystem = 0
F 3.4.8 Freiwert für die Rissverzögerung in
Willenborg-Modell
Fm (t) 3.3.7 modale Partizipationsfaktoren
7 Verwendete Formelzeichen 735

Formel- siehe Bedeutung des Formelzeichens


zeichen Abschnitt

Fm, k (t) 3.3.7 Partizipations-Zeitreihe


j 3.1.6 Winkel der Schnittebene
c 3.1.1 bezogenes Spannungsgefälle der Kerbspannung
c0 3.1.1 bezogenes Spannungsgefälle der Nennspannung
y 3.3.1 Parameter im Universal Material Law
w 2.3.2 Kreisfrequenz = 2pf
wmax 2.3.6 obere Eckfrequenz eines weißen (rosa) Rauschens
8 Sachverzeichnis

Abgrenzungs-Verfahren 37 – Berechnung aus Kerbgrundbeanspru-


Abknickpunkt 11, 27, 40–42, 47–50, 177, chung 358–370, 384–395, 400–404,
186–190, 200, 204–206, 243–244, 273, 404–407, 477–479, 479–484, 484–487
287–290, 303, 311–312, 317, 353, 447, 451 – Abgrenzung zur Rissfortschritts-
Aluminium-Legierungen 29, 39, 64, 142, Lebensdauer 135–357, 392, 476, 484
191, 203, 204, 212, 213, 225, 309, 310, 326, Anstrengung s. Beanspruchung oder Aus-
349, 350, 409, 439, 497, 542, 573, 663ff lastungsgrad
Amplitude (Definition) 21–23 Anzahl der Kollektivstufen 59–62,
Amplitudenkollektiv 53, 55–56, 59, 61, 140–141, 273, 280–281
63–64, 66–67, 68–72, 73–77, 266, 274, Approximationsformeln für Formzahlen
283, 285, 290, 310–311, 324–325, 638ff
331–334, 370–373, 404–406, 411, 558, Auftretende Spannung (Beanspruchung)
636 5, 6, 501–506, 549, 569–570, 577–579,
Amplitudentransformation 282–283, 324, 582, 587, 588
370–372, 404–411, 411–413, 431 Auftretenswahrscheinlichkeit Pe 502,
– nennspannungsbasiert 282–283 506–510, 519–523
– Amplitudenkollektiv für R i = –1 283, Ausfallwahrscheinlichkeit 6, 11, 501ff
310–313 – Berechnen aus Integral der Normalver-
– bei veränderlicher Mittelspannung teilung 502–504
332–334 – abhängig von der Lebensdauer 501ff,
– Lebensdauerberechnung, s-e-basiert 574
404–407 – vereinfachte Berechnung 506–510, 549
– Amplitudentransformation als Zählver- – Berechnung für beliebige Streuver-
fahren 411–413 teilungen 510–511
– Beispiele zur Anwendung 407–411 – einzuhaltende Sicherheitszahl
Analytisch erzielte Ergebnisse wesent- 505–506, 517, 631ff
liche Eigenschaft 618 – Extrapolation auf niedrige Werte 34,
Anfangsrisslänge 404, 443–446, 447–449, 511–517, 524, 536
450–454, 475–489, 480, 486, 491, – als Problem der unteren Extremwerte
495–496, 500, 562, 572 513–517
Anforderung 13, 15, 82, 95, 164, 225, 551, – sicherheitlich und wirtschaftlich ver-
577, 579, 580, 584, 585, 588, 593, 597, 603, tretbare Werte 574
611, 621, 622–623 – Maß der Zuverlässigkeit 574
Anforderungsliste 579, 585, 593–594, 596, Auslastungsgrad 241, 662
600, 602–603 Außermittiger Kraftangriff 152–157, 249,
Anisotroper Werkstoff 245, 427 495, 555
Anriss-Lebensdauer 135, 181, 238, 354, 356,
357, 363, 364, 390, 395, 477, 479, 480, 547
– Experimentelle Ermittlung aus Kerb- Bauteilauslegung
grundbeanspruchung 132–135, – schwingbruchsicher (Prinzip sicheres
353–355 Bestehen, safe life) 575
738 8 Sachverzeichnis

Bauteilauslegung (Forts.) – periodische 59, 84, 87, 121, 125, 412


– ausfallsicher (Prinzip beschränktes – sinusförmige 21–22, 23, 54, 70, 82, 84,
Versagen, fail safe) 575 87, 101, 115–116, 405, 412–413
– schadenstolerant (damage tolerance) – komplex-periodische 59, 84, 87, 121, 125
575 – quasi periodische 87–88
– s. auch Bemessung – nicht periodische 84, 88
Bauteilklasse s. Schweißnaht-Kategorie – stochastische 52, 60, 82, 84–87, 88,
Bauteil-Versagen 1, 7, 240, 256, 267, 324, 89–95, 103–106, 106ff, 120, 137, 239,
384, 431, 443, 536, 538, 574–576, 588 248–249, 250, 257, 267, 268, 270, 597
Bauteil-Wöhlerlinie – stationäre 56, 58, 84–85, 88, 90–93,
– aus Versuchsdaten 197–198, 663ff 106, 117
– aus Normen, Vorschriften, Richtlinien, – ergodische 85, 88, 90, 93
Empfehlungen 160, 198–202 – quasistationäre 85, 106, 116, 121, 141
– rechnerische Abschätzung nach FKM- – nicht stationäre, instationär 56, 85,
Richtlinie 191–197, 552ff 88–89
– rechnerische Abschätzung nach den Beanspruchungs-Zeit-Funktion,
IIW-Empfehlungen 198–202 für Betriebsfestigkeits-Versuche
– rechnerische Abschätzung für Bauteil – Beispiele gemessener 51
mit Anriss 447–449, 449–451 – Standard-Lastfolge 114, 116–119, 122,
– rechnerische Abschätzung (nach frühe- 125–129, 323, 322, 559, 572, 287
ren Vorschlägen) 189–191, 649ff – Gauß’sche Zufallsfolge 110–120, 147,
Beanspruchung 318, 323
– Berechnung, Verfahren und kritische – Veränderliche Mittelspannung 52, 68,
Wertung 260–265 83, 124–125, 323, 331–332, 412, 455
– Ermittlung der kennzeichnenden – Analoge Erzeugung 96–97, 103–106, 141
569–570 – Digitale Aufbereitung 99–103, 378–384
– örtlich mehrachsiger Beanspruchungs- – Digitale Erzeugung 106–120, 375–378
ablauf 367–370, 382–384, 414–421, 569 – Biharmonische 409–410
– ertragbare s. ertragbare Spannung – experimentelle Ermittlung s. Betriebs-
– beanspruchungsgerechte Bauteilgestal- beanspruchung
tung 582 Beanspruchungsart 153, 160, 176, 177,
– s. experimentelle Ermittlung s. Betriebs- 310, 495, 500, 572, 579, 602, 603
beanspruchung Beanspruchungskollektiv s. Kollektiv
Beanspruchungs-Zeit-Funktion, Ursachen Begleitproben-Versuch 132, 353–354
– Grundbeanspruchung 51–52, 72, 83, Begriffe der Betriebsfestigkeit 18
101, 412 Belastung s. Beanspruchung
– Zusatzbeanspruchung 51–52, 55, 68, Bemessung 1, 7, 11–12, 50, 56,64, 81–82,
412, 586, 604 170, 186, 555, 557
Beanspruchungs-Zeit-Funktion, Beschrei- – Über- oder Unterbemessung 7, 555
bung Bemessungsunterlage 64, 77, 82, 122, 208,
– Beschreibung im Zeitbereich 87–88, 216, 230, 231
92, 99, 248, 370, 414 Betriebsbeanspruchung
– Beschreibung im Frequenzbereich – Messung 11, 51, 56–58, 64–65, 73–76,
87–89, 89–93, 99, 248–249, 370, 567 85, 90–93, 96–103, 125, 140–141,
– Beschreibung im Rainflow-Bereich 87, 378–382, 384, 423, 506, 518–523, 549,
99, 370, 373 554, 558, 560, 562, 564, 566, 567–568, 586
Beanspruchungs-Zeit-Funktion, Unter- – Streuung 10–11, 58, 378–381, 502,
scheidung 518–523, 575
– quasistatische 52, 68, 125, 414–415, – Fehleinschätzung 549, 555, 588–591
560–562 Betriebsbedingungen 51, 56, 96, 121, 139,
– deterministische 52, 84, 86, 120, 124, 378, 382, 518, 519, 549, 551, 580, 584, 585,
126, 377 588, 606
8 Sachverzeichnis 739

Betriebserfahrung 50, 591, 619, 623–624 – messtechnische Überprüfung der Last-


Betriebsfestigkeit 1ff annahmen 554
– Problemstellung, Abriss der Zusammen- Betriebslasten-Versuch 139–144, 484
hänge 1–12 Betriebslastennachfahr-Versuch 95,
– Anwendungen in der Technik 6 96–98, 103, 121, 139, 140–142, 318–320,
– Kenngrößen und Grenzfälle 11ff 423
– Konzept und praktische Umsetzung Betriebsstunden, Betriebszeit 54–55, 61,
551ff 97, 103, 378, 518, 579, 584
– Neuzeitliche Konzepte 613–622 Binomialverteilung 37, 65
– Experimentelle Grundlagen 21ff Block-Lastfolge 59–61, 66–67, 132, 452
– Rechnerische Verfahren 151ff Blockprogramm-Versuch 51ff, 132–135,
– Einfluss des Werkstoffs und der Bauteil- 460, 574
eigenschaften 77–82 – Durchführung und Auswertung 58–61,
– Vorteil hochfester schweißbarer Bau- 65
stähle 81 – Auftragung der Lebensdauerlinie
– Maßnahmen zur Optimierung 62–64, 140
s. Optimierung – Einflüsse auf das Ergebnis 77–82, 97,
– Unternehmerische Entscheidungen 13, 132–135
15, 580, 610, 613, 622, 624 – Verlässlichkeit der Ergebnisse 139–142
– Elemente eines Gesamtkonzeptes – Vergleich Versuch und Miner-Rechnung
622–624 306–310, 318–323
Betriebsfestigkeitsfaktor 196, 657–659 – Auswertungen zum Reihenfolgeeinfluss
Betriebsfestigkeits-Nachweis 13, 143–149
191–197, 559, 577–579, 588–591, 652 – Kritische Wertung 82–84, 320
– s. auch Maximalspannungs-Nachweis Boden-Luft-Lastspiel 52, 124–135, 138,
– als Spannungs-Nachweis 577 558
– als Lebensdauer-Nachweis 578 – Auswirkung im Versuch 143–144
– experimentell 13, 617–619 – Auswirkung rechnerisch 309, 323–325,
– als Nachweis des Auslastungsgrades 334, 395–397, 408–409
578, 662 Boundary-Element-Berechnung s. Rand-
– Teilaufgaben als Leitlinie des Vor- element-Berechnung
gehens 13–14, 551–591 Bruch-Schwingspielzahl 23, 32, 35, 37,
– rechnerisch 13, 191–197, 151ff, 652 60–61, 181, 267–269, 524
– Vorzugebende Anforderungen 551–554 Bruchausgang, Bruchfläche 3, 5, 39, 62,
– Einzuhaltende Sicherheitszahlen 96, 182, 205, 240, 402, 468, 536, 541–545,
s. Sicherheitszahlen 547, 586–587
– Erstellen und Beurteilen 577–579, 662 – s. auch Schwinganriss
– Ergebnis unbefriedigend 580ff Bruchmechanik 431ff
– Dokumentation 579, 584, 591, 610 – linear-elastische 431ff, 434, 441,
Betriebsfestigkeits-Schaubild 449–450, 470
(Haigh-Schaubild ) 67–68 – elastisch-plastische 434, 435, 441, 449,
Betriebsfestigkeits-Versuch 7, 8, 23, 30, 456, 470, 484–487, 495, 479, 500
50–52, 56, 65–68, 77, 80, 82, 93, 94, 97, Bruchmechanik-Konzept 13, 265, 431ff,
244, 308, 311, 318, 320, 321, 322–326, 334, 487–498, 498–501, 574
528, 530, 548, 587, 588
Betriebslasten 67, 139, 557–568, 569, 581,
582, 584, 586, 613, 617 Damage tolerance 575
– anzusetzende 52, 81, 383–384, Dämpfung 90, 565–566, 603
414–416, 421, 584 588, 549, 559–568, Daten
576 – zur Betriebsfestigkeit 65, 67, 83, 122,
– digitale Simulation, quasistatisch 560 143, 145, 149, 160, 197, 202, 306–311, 548,
– digitale Simulation, dynamisch 562 570, 579, 603, 605, 663ff
740 8 Sachverzeichnis

Daten (Forts.) Dehnungszustand


– s. auch Werkstoff-Daten – ebener Dehnungszustand 167, 258,
– aus dehnungskontrollierten Wöhler- 435
Versuchen 347–353 – ebener Dehnungszustand an der Riss-
– zu statistischen Verfahren 625ff spitze 432, 435, 439, 457
– zu Sicherheitszahlen 631ff – ebener Dehnungszustand an kurzen
– zu typisierten Kollektiven 636ff Rissen 473, 494
Datenbanken 663 – örtlich mehrachsiger 258
Dauerfestigkeit 8, 11, 569, 447 Digitale Aufbereitung
– Dauerfestigkeitsabfall 256, 285–290, – im Zeit-Bereich 97–98, 99–103,
295, 306 454, 476–477, 539 421–424
– bei extrem hoher Schwingspielzahl 49, – im Frequenz-Bereich 91, 99
666 – im Rainflow-Bereich 97–98, 99–103,
– Abschätzung nach FKM-Richtlinie 151, 375–378, 378–382,
191–197, 652ff – gemessener Beanspruchungs-Zeit-
– Abschätzung nach IIW-Empfehlungen Funktionen 99–103, 375–378
198–202 Digitale Simulation
– Abschätzung nach älteren Vorschlägen – quasistatischer Belastungen 560–562
179, 187–191, 649ff – des dynamischen Systemverhaltens
– eines Bauteils mit Anriss 447–448, 562–567, 613–614, 619–620
450–451 – des stochastischen Systemverhaltens
– bei kurzen Rissen 469, 476 567
– unter Korrosionseinfluss 49, 268 Dokumentation eines Nachweises 579,
– Nachweis 35–38, 191–197, 303, 559, 584, 591, 610
652ff Doppelamplitude s. Schwingbreite
Dauerfestigkeits-Schaubild s. Haigh- Dugdale-Streifen-Modell 461–465
Schaubild Durchläufer s. Versuche ohne Bruch
Dauerschwing-Versuch s. Wöhler-Versuch
Dehnungsamplitude
– Gesamtdehnungsamplitude (Definition) Ebener Dehnungszustand s. Dehnungs-
335–336 zustand
– elastische (Definition) 335–336 Ebener Spannungszustand s. Spannungs-
– plastische (Definition) 335–336 zustand
Dehnungsbehinderung 438 Effektive Schwingbreiten 388–389,
Dehnungskontrolliert 392–394, 439, 460–461, 474–475
– Wöhler-Versuch 335–347, 392, 429, Effektivwert s. RMS-Wert
475–476 Eigenfrequenz 89–91, 562, 566
– Betriebsfestigkeits-Versuch 353–357 Eigenspannungen 225ff
Dehnungsmessstreifen 160, 172, 212, – Makro- und Mikroeigenspannungen
216–218, 568, 619 226–227
Dehnungs-Wöhlerlinie 335ff – Beurteilung im Haigh-Schaubild 185,
– (Definition) 338–339 189, 206–207, 227, 233–234, 429
– Kennwerte und Schätzformeln – Problem der Berechnung 238–239, 260,
338–341, 347–353 496, 573, 619
– bezogene Darstellung 340–341 – herstellungsbedingte 182, 225, 238, 400,
– nach Vorbelastung 385 402
– bei hohen Schwingspielzahlen – künstlich eingebrachte 80, 149, 182,
341–343, 385 236–239
– Einfluss von Mittelspannung und – beanspruchungsbedingte 130–131,
-dehnung 343–347 225, 238, 265, 310, 407, 455, 465
– Erfassen der Streuung 346–347, – Abbau, Spannungsumlagerung 130,
352 135, 185, 227, 230, 233–239, 309, 400, 558
8 Sachverzeichnis 741

– bei ungekerbten Bauteilen 231–233, 234 – Ermittlung der Kerbgrundbeanspru-


– bei gekerbten Bauteilen 231–233, chung 132–135, 353–355
234–238, 400–404 – Ermittlung des Rissfortschritts
– bei geschweißten Bauteilen 196, 135–137
200–203, 205, 206–207, 217, 223, Extrapolation
228–231, 657 – auf die Strukturspannung 211–216
– in Oberflächenschichten, Tiefenvertei- – der Zeitfestigkeitslinie unter die Dauer-
lung 189, 231–233, 236, 238–239, festigkeit 285–290
400–403, 583 – der Lebensdauerlinie 62, 144, 293–294,
Eigenspannungsempfindlichkeit 232 300–302, 328
Eigenspannungsfaktor 196, 659 – gemessener Kollektive oder Rainflow-
Einflusslinie 561–562 Matrizen 58, 65, 97, 370, 378–380,
Einheitskollektiv 64–65, 83 558
Einkürzung von Lastfolgen s. digitale – auf niedrige Ausfallwahrscheinlich-
Aufbereitung keiten 34, 511–517, 524, 536
– von mehrkanaligen nicht proportiona- – auf ein 1%-Kollektiv oder eine
len Lastabläufen 422, 423 1%-Rainflow-Matrix 380–382, 519–
Einstufen-Beanspruchung 238, 325, 394, 523
473, 477, 478, 486, 560 – Ergebnisse für Kleinproben auf große
Einstufen-Versuch s. Wöhler-Versuch Bauteile 181, 404, 536–549, 547,
Einzelfertigung, Einzelstück 13, 512, 513, 570–572
583, 588, 611 Extremwert
Einzelfolgen-Versuch 124ff – einer Lastfolge 374, 380–382, 478, 558
– Kritische Wertung 137 – einer Streuverteilung 512, 513, 548, 574,
Endrisslänge 392, 445, 447, 450, 452, 583
475–479, 491, 496–497, 500 Extremwert-Verteilung s. Weibull-Vertei-
Entfestigung s. zyklische Entfestigung lung
Entscheidungen unternehmerische 13,
15, 580, 610, 613, 622, 624
Erfahrung 12, 49, 80, 82, 117, 181, 185, 191, Fail safe design 575
195, 198, 218, 227, 311, 404, 420, 421, 467, Faserverbundwerkstoffe 669–670
548, 555, 556, 559, 560, 568, 572, 575, 585 FAT-Klasse s. Schweißnaht-Kategorie
Erfahrungswert 65, 83, 84, 167, 198, 199, Fehleinschätzung 37, 83, 143, 327, 334,
207, 303, 324, 334, 347, 430, 441, 525, 526, 547, 549, 555, 588
527, 530, 547, 548, 549, 566, 611 Fehlerbewertung, bruchmechanisch 496,
Ermüdungsfestigkeits-Nachweis 514
– in der FKM-Richtlinie gebrauchter Be- Fehlstelle
griff für Dauer- bzw. Betriebsfestigkeits- – durch zerstörungsfreie Prüfung
Nachweis bestimmt 499, 514
Ersatzkerbe 189 – Modellierung als Riss 496
Ertragbare Spannung (Beanspruchung) Fehlstellenmodell 178, 451, 536, 538,
7–8, 11–12, 501–506, 570–574, 540–548
577–579, 582, 587–588 Fertigung 623–624
Eurocode 3 174, 191, 198, 200, 205–208, – s. Serienfertigung
225, 231, 244, 252 – s. Großserienfertigung
Event-Slicing 424 – s. Kleinserienfertigung
Experimentelle Verfahren – s. Einzelfertigung
– Merkmal experimenteller Ergebnisse Fertigungseinfluss 1, 6, 7, 10, 204, 241,
618 323, 350, 400, 404, 487, 528, 574, 605
– Ermittlung der Beanspruchung Festigkeits-Hypothesen 22, 240–242,
158–160, 169, 172, 211–212, 216–219, 245–246, 251–253, 254–255, 256–257,
238, 474, 528–529 257, 258–259
742 8 Sachverzeichnis

Festigkeits-Hypothesen (Forts.) Fließen s. Plastizierung


– s. Gestaltänderungsenergie-Hypothese Fließgrenze 47, 195, 421, 656–657
– s. Normalspannungs-Hypothese – s. auch Streckgrenze
– s. Hauptdehnungs-Hypothese Fließkriterium 230, 233, 236, 240, 457
– s. Schubspannungs-Hypothese Fließkurven, Fließflächen 358–359,
– s. Schubspannungsintensitäts- 367–369
Hypothese Forman-Gleichung 438, 460, 466, 497
– s. Oktaederspannungs-Hypothese Formdehngrenze 18, 26, 47, 64, 67
– als Interaktions-Beziehungen 196, 197, Formelzeichen, Formelschreibweise
240, 243, 250, 252, 258 17–19
– Handhabung in der FKM-Richtlinie Formfestigkeit statische 18, 26, 504
241, 251–253, 661 Formzahl 21–22, 46–47, 77–80, 139, 144,
– Berechnung mit der größten Haupt- 148, 151, 153–155, 157, 178, 181, 182,
dehnung 259–260 187, 188, 190, 195–197, 219–221, 241,
Festwalzen 673 245, 258, 262–264, 309, 310, 327, 354,
Fiktive fortgesetzte Zeitfestigkeitslinie 358–364, 406, 409, 412, 424–427,
288–290 429–430, 491, 495, 541, 556, 569, 570,
Filterung s. Frequenz 573
Finite-Element-Berechnung 158–159, – Bestimmung 158–160, 641
160–175, 187, 188–189, 191, 194, 209, – Approximationsformeln 641ff
210, 216, 217, 219, 228, 241, 210, 216–217, – plastische 47, 195, 358–362
219, 228, 241–242, 247, 258, 261–264, Fourier-Integral 88
358, 402, 414–422, 435, 486, 493–494, Fourier-Reihe 87, 167
547, 556–557, 566, 568, 568–569 Fourier-Transformation 88, 99
– Elementtypen 164–167 Frequenz
– Modellbildung 163, 417 – Beschreibung im Frequenzbereich
– Ergebnisbewertung 167–172 87–89, 89–93, 99, 248–249, 370, 567
– Anwendung in der Betriebsfestigkeit – Beanspruchungsfrequenz 68–70, 75,
174–175 87, 103, 248, 251, 257, 412
– als Grundlage der Lebensdauerberech- – Prüffrequenz 23, 60, 94–95, 97, 101,
nung 414–424 116, 119
– Methoden der Strukturoptimierung – Eigenfrequenz 89–92, 562, 566
172–174 – Frequenzspektrum 87–89, 95,
– Aufwand 161, 162, 175, 188, 210, 358, 103–104, 423
421–424, 493 – Frequenz-Filterung 89–92
FKM-Richtlinie „Festigkeitsnachweis“ – Einfluss auf die Schwingfestigkeit 23,
191–197, 652–662 101, 375
– Inhalt, Struktur, Berechnungsablauf
191–194, 652–662
– Statischer Festigkeits-Nachweis Gaßnerlinie s. Lebensdauerlinie
194–196, 656–657 Gauß’sche Normalverteilung s. Normal-
– Betriebsfestigkeits-Nachweis 196–197, verteilung oder Logarithmische
657–662 Normalverteilung
– Festlegungen zu Einflussgrößen Gauß’sches Wahrscheinlichkeitsnetz
176–186, 207, 212, 224–225, 241–242, s. Wahrscheinlichkeitsnetz
250–253, Gauß’sche Häufigkeitsverteilung
– Festlegungen zu Einflussgrößen (Forts.) (Kollektiv) 93, 114, 119, 146, 147, 148,
258, 311, 325–326, 541, 576, 578 272, 278, 326
– Sicherheitszahlen 576 Gauß’sche Lastfolge 65, 93, 103, 106, 109,
– Anhänge 197 110, 114, 116, 119, 121, 141, 143, 145,
FKM-Richtlinie „Bruchmechanik“ 146–148, 248, 272, 278, 323, 326, 331, 542
487–488, 496 – Anomalie der Stufenhäufigkeiten 118
8 Sachverzeichnis 743

– unterschiedliches Schädigungspotential – bei Biege- oder Torsionsspannungen


119–120 185–186
Gauß’scher (Zufalls-)Prozess s. Gauß’sche – erweitert für zyklisches Kriechen 343
Lastfolge – Begrenzung durch den Maximal-
– Empfohlene Verbesserung des Algorith- spannungsnachweis 186
mus 118–119 – für Bauteile mit Eigenspannungen 189,
Geforderte Schwingspielzahl s. Lebens- 202, 206–207, 230, 233–236
dauerforderung – nach FKM-Richtlinie 184–185,
Geforderte Lebensdauer s. Lebensdauer- 206–207
forderung – für Schweißverbindungen 202, 206–207
Geometriefaktor s. Geometriefunktion – nach IIW-Empfehlungen 206–207
Geometriefunktion 265, 433, 444, 470, – als Betriebsfestigkeits-Schaubild 67–68
479, 486–487, 488–490, 495, 500–501 – Basis für Amplitudentransformation
Geradelinien-Verteilung 58, 65, 140, 149, 282–283
272, 310, 637 Häufigkeits-Verteilung s. Kollektiv
Gerber-Parabel 184 Hauptdehnungen 170–172, 252,
Gestaltänderungsenergie-Hypothese 170, 258–259
172, 220, 240–241, 243–244, 245, 246, Hauptdehnungs-Hypothese 252
250–259, 367, 416–419 Hauptspannungen 47, 160, 170–172, 185,
Gestaltfestigkeit 9, 10, 12, 13, 16, 181, 262, 206, 212, 339–241, 250–254, 258,
430, 500, 570–571 416–420
Gestaltung Hochfeste schweißbare Baustähle Vorteile
– beanspruchungsgerechte Bauteil- für die Betriebsfestigkeit 81–82
gestaltung 582 Höchstwert s. Kollektiv-Höchstwert
– s. Bauteilauslegung Hook’sche Spannung 363–364, 419
– s. Optimierung Hüll-Hysterese 236, 374–375, 395
Gewaltbruch 5, 240, 431, 438, 586 Hysterese s. Hystereseschleife
Goodman-Gerade 184 Hystereseschleife 106, 133, 335, 345, 362,
Grenz-Schwingspielzahl 24, 35, 37, 342 365–370, 370–375, 387, 387, 392–395,
Größeneinfluss 48, 177, 181–183, 570 420, 429, 481–484
– Geometrischer 182–183, 208, 209, 447 – als Definition eines Schwingspiels 429
– Geometrischer bei einem Bauteil mit – stabilisierte 374, 375, 395, 475
Anfangsriss 447 – Schachtelung 373, 418, 481–483
– Technologischer 182–183, 187, 195, – Scheinhysterese 481–483
196
– Spannungsmechanischer 182–183
– oberflächentechnischer 182–183 IIW-Empfehlungen 174, 191, 196–198, 200,
– statistischer 182–183, 183, 209, 263, 203, 205–208, 212–214, 223–224, 231, 244
354, 402, 404, 428, 536–548 – Abriss 203
Grundbeanspruchung 51–52, 72, 83, 101, Incremental-Step-Test 337–339
412 Inspektion, Inspektionsintervall 197, 499,
– veränderliche 72, 83, 101, 412 576
Gusswerkstoffe 169, 189, 190, 191, 195, Instandhaltung s. Wartung
197, 241, 242, 326, 421, 528, 531–532, Interaktion s. Festigkeits-Hypothesen
576, 583, 660, 668 Invarianzbedingung Probleme durch
– Fehlerbewertung 496, 514, 576 Werkstoffdaten 242–244

Haigh-Schaubild 27, 29, 48, 184, 254, 331, J-Integral 434–435, 438, 471–472,
430 485–486, 487, 494, 500
– als Dauer- und Zeitfestigkeits-Schaubild – Schwellwert für DJ 476, 471
38, 67–68 Jiang-Modell 367, 370
744 8 Sachverzeichnis

Kerbdehnungs-Versuch 356 Kollektiv 8, 51, 107–108, 372,


Kerbe 46, 80, 155, 158, 189 220, 246, 258, – Einheitskollektive, typisierte Kollektive
259, 459, 545, 555–556 64–65, 83, 202, 636–639
– einer Schweißnaht 220, 258, 259 – Kennwerte 55, 66
– flache bzw. tiefe 158 – Summenhäufigkeit 54, 59, 73–76, 283
Kerbempfindlichkeit 178 – Überschreitungshäufigkeit 53–55, 72,
Kerbfälle s. Schweißnaht-Kategorien 93, 108, 119
Kerbgrundbeanspruchung – Klassenhäufigkeit 73–75, 283
– experimentell ermittelt 132, 353–355 – gemessene Kollektive 58, 98 140–141,
– rechnerisch ermittelt 358–370, 569 518
– und Normierte Wöhlerlinien 424–429 – rechnerische Abschätzung 559–560
– Kritik des Kerbgrund-Konzeptes – unsymmetrisches 66, 282
429–431 – Amplitudenkollektiv 55–56
Kerbgrundspannungs-Konzept 13, 265, – Treppung 59, 116, 118, 125, 140, 266,
335ff, 399–400, 429–431, 573 268, 270, 277–281, 290, 292, 293, 298,
Kerbradius 156, 158, 178, 182, 220, 236, 299, 636
402, 479, 495, 660 – Stufenhäufigkeit 59, 268, 272, 292, 299
– kleiner 49, 156, 181, 263, 404 – Schädigungsäquivalente Spannungs-
– am Schweißnaht-Übergang 189, amplitude 96, 303–305
220–221 – Schädigungsfunktion 271–274,
Kerbspannung 13, 130, 153, 155, 157, 158, 409–410, 423
161, 163, 166, 168, 173, 176, 178, 182, 188, – Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatz-
189, 194, 203, 209, 219, 220, 234, 240, 241, kollektiv 274–277, 304
245, 259, 260, 358, 373, 416, 491, 495, 556, – Völligkeitsgrad 63, 65, 271, 293, 331
569, 582, 587 – Weglassen großer Amplituden (Trunca-
– ertragbare Werte bei gekerbten Bau- tion) 129, 131–132, 323, 395
teilen 194, 209, 541, 555, 572, 657 – Weglassen kleiner Amplituden (Omis-
– bei Schweißverbindungen 198, 203, sion) 129–130, 323, 423
210, 214, 217, 219, 220, 225, 231 – für 1% Auftretenswahrscheinlichkeit
– ertragbare Werte bei Schweißverbin- 380, 519ff
dungen 218, 223, 658 – Amplitudentransformation auf R i = –1
Kerbspannungs-Konzept 13, 158, 282
188–189, 219–225, 264, 572 Kollektiv-Höchstwert
– Problematik 262 – Definition und Bestimmung 55–56, 58,
Kerbstellen 556 95, 558–559
Kerbwirkung 77, 176–178, 181, 187, 189, – Begrenzung (Truncation) 129,
211, 223, 239, 495, 556, 582 131–132, 323, 395
– überlagerte 556 Kollektive S0, S1, S2, S3 202
Kerbwirkungszahl 178, 182, 190, 196, 197, Kollektivform 55–58, 59, 64–65, 93, 95,
219, 220, 221, 262, 409, 569, 573, 661 116, 119, 122, 129, 140, 144, 147, 196, 271,
Kerbzahl s. Formzahl 285, 291, 326–327, 518, 520, 559–560,
Kitagawa-Diagramm 469–470 586, 603
Klassen s. Zählverfahren – Häufig beobachtete und spezielle For-
Klassendurchgangs-Verfahren 53, 68, 70, men 56–57
72, 108, 311, 324, 332, 380, 520, 561 – Normverteilung 57–58, 59, 64–65, 145,
Klassengrenzen s. Zählverfahren 147–148, 279–280, 292, 326, 331, 528,
Klassengrenzen-Überschreitung s. Klas- 636
sendurchgangs-Verfahren – p-Wert-Kollektive 56–57, 63–65, 202,
Klassenhäufigkeit 73–75, 283 93–294, 310, 568, 636
Klassierverfahren s. Zählverfahren – Kollektive S0, S1, S2, S3 202
Klebeverbindungen 673 – Einfluss auf die Lebensdauer 8, 11, 12,
Kleinserienfertigung 612 63–64, 80, 97, 144, 202, 298, 326
8 Sachverzeichnis 745

– Völligkeit 63, 65, 271, 293, 331 Lastannahmen s. Maximallast oder


Kollektivstufe 59–62, 66–68, 82, 83, 95, Betriebslasten
118, 129–132, 140, 141, 267–272, 273, Lastfaktor 360, 383
276, 277–281, 283–285, 290–297, 298, Lastfolge
300, 302–302, 395, 407, 409 – Folge von Schwingspielen bzw.
Kollektivtreppung 59, 61, 116, 118, 125, Halb-Schwingspielen 121, 124, 130,
140, 266, 268, 270, 277–281, 290, 292, 370–371, 429
293, 298, 299, 636 – Folge von Ober- und Unterwerten
Kollektivumfang 55, 58, 61, 93, 196, 269, (Umkehrpunkten) 101, 106–107,
275, 290, 304, 518, 521, 559–560 111–114, 119, 122,
– Umrechnung auf die Lebensdauer 61 – Folge von Ober- und Unterwerten
Konstruktion (Umkehrpunkten) (Forts.) 123, 365,
– schwingbruchsichere (Prinzip sicheres 366, 375–378, 405
Bestehen, safe life) 575 – Folge von Schwingungsvorgängen
– ausfallsichere (Prinzip beschränktes 562–564
Versagen, fail safe ) 575 – Folge komplexer Beanspruchungs-
– schadenstolerante (damage tolerance) abläufe 124, 137, 423
575 – Folge zufälliger Einzelereignisse 52, 91,
– methodisches Konstruieren und 120–121, 561
Betriebsfestigkeit 592–609 – Folge von Einzelflügen 125–138, 143,
Korrelation von Zugfestigkeit (und Streck- 407–409, 559
grenze) mit der Dauerfestigkeit 177 Lastspiel s. Schwingspiel
Korrosionseinfluss 77, 142, 149, 191, 310, Lastübertragung
445, 572, 573, 582, 583, 587, 603 – beim Augenstab 310, 321
– auf die Dauerfestigkeit 49, 268 – bei einer Nietverbindung 149
– Meerwasser-Korrosion 272, 678–679 Lebensdauer (Definition) 5, 6, 8, 11, 12, 16,
– Reibkorrosion 77, 328, 582, 586, 587 61–62
Kosten-Nutzen-Analyse 610–613 – in Zahl der Schwingspiele s. Lebens-
Kriechen s. zyklisches Kriechen dauerlinie
Kritische Schnittebene 242, 253, 254–255, – in Betriebsstunden, Fahrkilometer 61,
414–421 584
– beim Nennspannungskonzept 254– – Streuung und Ausfallwahrschein-
255 lichkeit 10, 502–504, 511–512,
– beim örtlichen Spannungs-Konzept 526–527
414–421 Lebensdauerberechnung
– Rissöffnungsspannung (Normalspan- – s. Rechnerische Verfahren
nung) 416 – anhand von Nennspannungen 266 ff,
– Schubspannung 416 294
Kritischer Querschnitt s. schwingbruch- – anhand der Kerbgrundbeanspruchung
kritischer Querschnitt 335ff, 384
Kritischer Spannungsintensitätsfaktor – anhand einer Amplituden-Transforma-
438, 487 tion 404–413
Kugelstrahlen 673 – anhand von Finite-Element-Berechnun-
Kurzer Riss 238, 265, 388, 392, 440, 458, gen 414–424
468ff, 479ff, 486, 491, 494, 499, 500 – anhand des Rissfortschritts 431ff, 447,
– Abgrenzung gegen langen Riss 469 451–468, 468–487
– Dauerfestigkeit 469 – Einbeziehung von Randschichteffekten
Kurzzeitfestigkeit (Definition) 8, 12, 335 400–404, 430–431
– Verlauf der Wöhlerlinie 8, 12, 25, 32, 47, – Einbeziehung von Oberflächenrauig-
205 keiten 402–404
– Abgrenzung 26, 45, 46, 47, 64, 67, 204, – Einbeziehung von Eigenspannungen
426, 448 400–404
746 8 Sachverzeichnis

Lebensdauerberechnung (Forts.) Maximal zulässige Beanspruchung


– Problematik der Eingabedaten 400 s. Maximalspannungs-Nachweis
– Vergleich mit Versuchsergebnissen Maximallast anzusetzende 11, 81, 99,
305–333, 395–400, 402–403, 407–411, 194–195, 238, 246, 557–558, 576
407–411, 466–467 Maximalspannungs-Nachweis 7, 11–12,
Lebensdauerforderung 6, 11, 12, 18, 64, 56, 64, 81–82, 186, 193–195, 557–558,
81, 304, 326, 430, 577–579, 588–591 573, 656–657
Lebensdauerlinie – nach der FKM-Richtlinie 193–195, 656
– Gleichung 61–62 – als Voraussetzung für den Betriebs-
– aus Versuchsdaten 62, 63, 64, 122, 128, festigkeits-Nachweis 11–12
140, 197, 237, 318–319 Mehrachsige Schwingbeanspruchung
– aus Normen, Vorschriften usw. 202 239ff, 414ff
– Berechnung aus der Wöhlerlinie – s. Festigkeits-Hypothesen
266ff – additiv 247–249
– Berechnung aus der Kerbgrundbean- – proportional 172, 197, 249–252, 258,
spruchung 335ff 367–369, 382, 414–421, 422–424, 466,
– Berechnung aus Rissfortschrittsdaten 487, 490, 570
431ff – synchron 250–251
– Verlauf bei hohen Schwingspielzahlen – nichtproportional 172, 175, 197, 250,
62, 144, 293–294, 300–302, 328 251–253, 257–258, 367, 369, 382–383,
– Neigung s. Neigungsexponent 414–421, 423–424, 429, 487, 570, 582
Lebensdauer-Nachweis 64, 526, 578 – aus Werkstoffdaten bedingte Invarianz-
Lebensdauer-Steigerung 65, 77, 136, 236, probleme 242–244
350, 590 – anisotroper Werkstoff 245–246
Lebensdauerwert s. Lebensdauer bzw. – Vorgehensweise 257–258
Lebensdauerlinie – Auslastungsgrad 197, 662
Leistungsspektrum s. spektrale – Finite-Element-Berechnungen 414–421
Leistungsdichte-Verteilung – kritische Schnittebene 254–255,
Lineare Schädigungsakkumulation 414–421
s. Miner-Regel – Betrachtung des Dehnungszustandes
Logarithmische Normalverteilung 31–32, 258–260
34, 37, 65, 346, 502, 507, 511–512, 513, – Einfluss der Bauteilgestalt 246–247
515–518, 520, 583, 637 Mehrachsigkeitsfaktor 220
– Umrechnung auf die Weibull-Verteilung Mehrkörper-Simulation (MKS) 414,
515–517, 629 562–567, 568, 613–614, 619–620
Loseq-Modell 461, 465, 500 Mehrstufen-Versuch s. Blockprogramm-
– Berechnungsansatz 465–466 Versuch
– Beispielrechnungen 466–467 Meistschädigende Spannungsamplitude
Low-Cycle-Fatigue (LCF) s. Kurzzeit- 146, 269, 272–273, 276, 303
festigkeit (und Zeitfestigkeit) Meistschädigende Kollektivstufe s. Meist-
schädigende Spannungsamplitude
Memory-Effekt s. Werkstoffgedächtnis
Magnesium-Legierungen 664–665 Messen, Messung s. Betriebsbeanspru-
Markov’sche Folge 60, 107, 123 chung
Masing-Hpothese, Masing-Verhalten Messgerechte Konstruktion 568
362–363, 365, 367, 392, 473 Methodisches Konstruieren 592–609
Maßnahmen – Arbeitsschritte 595
– bei unbefriedigendem Betriebsfestig- – Anforderungsliste 593, 602–603
keits-Nachweis 580ff – Leitlinien zur Konstruktionsbewertung
– bei Schwingbrüchen im Betrieb 584ff 596–599
Matrix s. Rainflowmatrix oder Über- – Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit
gangsmatrix 600
8 Sachverzeichnis 747

– Maßnahmen und Bewertungskriterien Mittelspannungsempfindlichkeit 29–30,


605–609 78–79, 184–185, 189, 190, 207, 233, 332,
– Gewinnen der erforderlichen Informa- 386–388
tionen 601–605 – Grenzfälle M = 0 und M = 1 386 –388
Miner-Regel 160, 266ff, 480, 499, 520 Mittelspannungsparameter s. Schädi-
– Elementare Form 268–283, 293, 300, gungsparameter
395, 451 Mittelspannungsrelaxation 343, 429
– Original-Form 283–285, 293, 395, Mittelwert
410 – Berechnung für n Einzelversuchen
– Modifizierte Form 285–294, 300, 32–33
406–407, 410, 411, 451, 454 – aus wenigen Einzelversuchen 523–526,
– Konsequente Form 294–303, 300, 548, 628
394–396, 406–407, 411, 451, 453, 454, – Bestimmung im Wahrscheinlichkeits-
478 netz 30, 32, 34
– Rechnen mit verändertem Schwing- – der Dauerfestigkeit 35–35
festigkeitskennwert 328–333 – Zeitmittelwert 85, 86
– Rechnen mit veränderten Schädigungs- – Scharmittelwert 85
summen 324–328 – der Schädigungssumme 306–310,
– Relative Miner-Regel 326–328 310–317, 321–323, 396–399
– bei veränderlicher Mittelspannung Mittelwertdurchgangs-Zahl 93, 95, 104,
331–333 107, 111, 115, 119, 122, 140, 141, 143, 145,
– und Rissfortschritt 453–454 147, 372
– Überprüfung an Versuchsergebnissen MKS s. Mehrkörper-Simulation
305–324, 396–397, 398, 399 Modale Berechnung 415–416
– Kritische Wertung 333–334 Modell Fatica 396–398, 400, 479–484, 500
Minitwist 129, 323, 356, 390, 395, 397, 409, Modus I, II, III 433, 435
639 Mróz- bzw. Mróz-Garud-Modell 367, 417
Mischkollektiv 56–57, 521
– nach ADAC-Statistik 521–523
Mittelspannung 21–23, 27, 86, 90, 151, Nachweis
195, 233–234, 236, 251, 254, 267, 370, – als Zeitfestigkeits-Nachweis 7, 8, 11, 50,
372–373, 418 559, 577, 588–591
– von Kollektiven 54, 55, 62, 66, 70, 72, 81, – als Dauerfestigkeits-Nachweis 7, 11, 50,
83, 119, 140, 281, 282–283, 256–257, 303–305, 558–559, 577,
– veränderliche 124–125, 132–135, 268, 588–591
310, 331–333, 390, 455, 471, 478, 496, – als Betriebsfestigkeits-Nachweis 13,
573 191–197, 559, 577–579, 588–591, 652
Mittelspannungseinfluss – der statischen Festigkeit s. Maximal-
– im Wöhler-Versuch 27–30, 48, 255, 256 spannungs-Nachweis
– im Betriebsfestigkeits-Versuch 67–68, – als Spannungs-Nachweis 577, 588–591
70, 78–80, 130–131, 309, – als Lebensdauer-Nachweis 578,
– bei gekerbten Bauteilen 177, 182, 588–591
184–186, 187, 189, 190–191, 192, 196 – des Auslastungsgrades 578, 662
– nach FKM-Richtlinie 184–186, 196, – nach einschlägigen Normen, Vorschrif-
207 ten, Richtlinien 198, 202–203, 551
– bei geschweißten Bauteilen 201–202, – experimentell s. Experimentelle Ver-
206–207, 224 fahren
– bei Eigenspannungen 227, 230–231 – rechnerisch s. Rechnerische Verfahren
– beim Kerbgrund-Konzept 53, 343–346, – im Rahmen des Konstruktionsprozesses
385–390, 404–408, 411–413 551–553, 600
– beim Kerbgrund-Konzept (Forts.) 421, – unter zweckentsprechenden Annahmen
429–430 553
748 8 Sachverzeichnis

Neigungs-Exponent – für Bauteile mit Anriss 447–449,


– der Zeitfestigkeitslinie 26–27, 40–41, 449–451, 499
186–187, 447, 450–451 Normverteilung 57–58, 59, 64–65, 145,
– der PJ -Schädigungsparameter-Wöhler- 147–148, 279–280, 292, 326, 331, 528,
linie 393 636
– der Lebensdauerlinien 61–62, 148 Nutzungsdauer 6, 96, 558–560, 574, 575,
– der Paris-Gleichung für DK 437, 498 578, 580, 588, 590
– der Paris-Gleichung für DJ 438, 471
Nennlast 558, 560
Nennquerschnitt 47, 151–152, 155, 263 Oberflächenbehandlung 49, 77, 182, 196,
Nennspannung Definition und Berech- 400, 430, 487, 582
nung 151–155, 245–246, 260–263, 569 Oberflächeneinfluss 49–50, 77, 169, 176,
– ertragbare 160, 192–197, 203–206, 181–182, 189–190, 196, 227, 264, 400,
266ff 430, 528, 547, 570–573, 582–583, 619,
Nennspannungs-Konzept 13, 151ff, 674
260–263, 266ff, 332–334, 399, 404, Oberflächenfaktor 182, 190, 196, 402
409–411, 430 Oberflächenrauigkeit 50, 182, 196, 400,
Neuber-Control-Versuch 354–356 402, 404, 480, 487, 583
Neuber-Regel 354, 356, 358–364, 419, Oberflächenrisse 393, 394, 468, 472, 473,
424–425, 429–430, 470 485–486, 490–491, 587
– Hook’sche Spannung 356–358, 419 Oberspannung (Definition) 21–23
Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestig- Oktaederspannungs-Hypothese 254–256
keit 613–619, 619–621 Omission 129–130, 323, 423
Nichtproportional mehrachsige Beanspru- Optimierung 7, 94, 65, 77, 123, 136,
chung 172, 175, 197, 250, 251–253, 172–173, 206, 236, 239, 350, 562, 566,
257–258, 367, 369, 382–383, 414–421, 577, 579, 582, 586, 590, 591, 604–605, 607,
423–424, 429, 487, 570, 582 610, 612–615, 617
– Probleme 251–253, 369, 419–421 – beanspruchungsgerechte Bauteilgestal-
Nicht stabilisiert s. transient tung 582
Nietverbindung 149, 152, 323, 555, 572, – s. auch Schwingfestigkeits-Steigerung
672 – s. auch Konstruktions-Methodik
Normalspannung 22, 47, 151, 153, 156, Ordnungszahl 30
178, 204, 225, 240–244, 255–257, 259, örtlich gemessene Dehnung an Schweiß-
416–421, 433 verbindungen 217–219
– in der Schnittebene 242–243, 416–421 Örtlich mehrachsiger Dehnungszustand
Normalspannungs-Hypothese 240–242, 258–259
245, 246, 250, 252 Örtliche Krafteinleitung 153, 157, 165
Normalverteilung 31, 33, 36, 346, 503, 504, Örtliche Spannung (Beanspruchung)
505, 507, 513, 523, 524, 626 161–162, 166, 170, 173, 194, 219ff, 247,
– Daten der Normalverteilung 504, 262, 265, 353–370
626–627 Örtliches Konzept s. Kerbgrund-Konzept
– Logarithmische 31–32, 34, 37, 346, 502,
507, 511–512, 513, 515–518, 520, 583
– für gekerbte Bauteile 39–45, 149, 177, p-Wert-Kollektiv 56–57, 63–65, 202,
185, 233, 266, 311, 317–320, 353 93–294, 310, 568, 636
– anhand der Kerbgrundbeanspruchung Palmgren-Miner-Regel s. Miner-Regel
364, 424–428 Paris-Gleichung 436–438, 460, 466, 471,
– für Schweißverbindungen 39, 80, 199, 497–498
201, 204–206, 217, 266, 311, 532, 534 – Integration 443–445, 447, 466, 471
– Ableitung 39ff, – Neigungs-Exponent 393, 438
– Erörterung ihrer Anwendung 45–48, Plastische Zone an der Rissspitze 432,
311, 572 434, 435, 456–458, 460, 461, 464–466
8 Sachverzeichnis 749

Plastizierung, Fließen 47, 195, 230, 233, Rauschsignal 89–90, 103–106


236, 240, 265, 407, 409, 419, 429, 449, Reale Testverfahren 613–622
457 Rechnerische Verfahren 151ff
Probit-Verfahren 37 – Berechnung der Spannung 151ff
Programm-Versuch s. Blockprogramm- – Berechnung der Lebensdauer 266ff
Versuch – Berechnung des Rissfortschritts
Programmbelastungs-Versuch s. Block- 431ff
programm-Versuch – Berechnung der Ausfallwahrscheinlich-
Proportional mehrachsige Beanspruchung keit 501ff
172, 197, 249–252, 258, 367–369, 382, – Berechnung der Schädigung 266ff
414–421, 42–424, 466, 487, 420, 570 Rechnerische Abschätzung
Prüfhorizont s. Spannungshorizont – von Wöhlerlinien gekerbter Bauteile
Pseudo-Zufallszahlenfolge 112, 113 175–198, 657–662
– von Wöhlerlinien geschweißter Bauteile
198–225, 657–662
Q 0 -Verfahren 322, 329–331 Rechteck-Ersatzkollektiv 274–277, 304
Qualitätssicherung 1, 13, 178, 575, 588, Regellose Beanspruchung s. zufallsartige
599, 624 Beanspruchung
– Zusammenhang mit der Sicherheitszahl Regelmäßigkeit s. Unregelmäßgkeits-
513–514, 517, 548, 583 faktor
– Berücksichtigung in der Dokumenta- Regelwerk s. Norm etc.
tion 579, 605 Reibkorrosion s. Korrosionseinfluss
Reihenfolge-Einfluss 9, 149, 263, 265,
377–378, 405, 406–407, 495, 500
Rainflow-Matrix 99, 151, 283, 311, – bei Betriebsfestigkeits-Versuchen 53,
370–373, 379, 378–382, 382 83, 138, 142–143
– Editierung 370, 382 – Vergleich Blockprogramm- und
– Superposition 370, 382 Zufallslasten-Versuch 143–144,
– Extrapolation 370, 378–382 144–149
– Amplitudentransformation 283, 311, – Schrifttumsauswertungen 143–144,
324, 370 144–149, 329–331
Rainflow-Projektions-Zählung 382–384 – U0-Verfahren 145–149, 322
Rainflow-Rekonstruktion 370, 375–378 – Nichtbeachtung bei der Miner-Regel
Rainflow-Verfahren 370–384 309, 325, 331–333, 334, 495, 499
– Multiaxiale 382–384 – bei Makro-Rissen 451, 453, 455–456,
Rainflow-Zählung 53, 70, 101, 106, 332, 458–468, 499, 500, 573
366, 370–373, 416, 477, 481–484 – bei kurzen Rissen 392–400, 469–479,
– Residuum 99, 370, 373–375, 376, 380, 479–484, 500
382, 482, 483 – beim Rainflow-Zählverfahren 481–483
– für die kritische Schnittebene 416 Relative Miner-Regel 160, 326–329
– Kritik und modifizierter Algorithmus Residuum 99, 370, 373–376, 376, 380, 382,
481–484 482, 483
Randelement-Berechnung 158, 160, 161, Restbruch 5, 290, 431, 438, 497, 547
162–163, 167, 174, 191, 194, 217, 221, Restfestigkeit 497, 575
261, 262, Restlebensdauer 497, 498–499, 500
Randelement-Berechnung (Forts.) 264, Rice’sche Beziehung 93
435, 493–494, 569 Richtlinie s. FKM-Richtlinie
Random-Versuch s. Zufallslasten-Versuch Risiko
Randschichteinfluss 400–404 – sicherheitliches 258, 557, 574, 585
Randschichtfaktor 196, 660 – unternehmerisches 15, 610, 613
Rauigkeit s. Oberflächenrauigkeit Risikofaktor (bei wenigen Einzelver-
Rauschgenerator 104–106 suchen) 523–526, 635
750 8 Sachverzeichnis

Rissfortschritt – Anfangsrisslänge, Endrisslänge 136,


– bei konstanter Schwingbreite der Span- 292, 404, 443–445, 450, 451, 468,
nung 436–443, 443–451, 469–472 475–476, 478–480, 497, 500
– bei veränderlicher Schwingbreite der – kritische 438, 443, 444, 448, 487,
Spannung 451–487, 498–501 497
– verzögerter oder beschleunigter Risslängenzuwachs und Schädigungswert
135–137, 443, 455–468, 500, 675 136, 454
– experimentelle Ermittlung unter Last- Rissmodell 265, 451, 458, 483, 487, 488,
folgen 135–137 495, 496
– s. auch Reihenfolgeeinfluss – reale Fehlstelle als Anfangsriss 496
– von kurzen Rissen 238, 265, 388, 392, Rissöffnen s. Rissschließen und Riss-
440, 458, 468ff, 479ff, 486, 491, 494, 499, öffnen
500 Rissschließen und Rissöffnen
– in elastisch-plastischem Umfeld – Rissöffnungsmodi I, II, III 433, 435,
434–435, 441, 449–451, 456, 470–471, 470
484–487, 495, 499–500 – bei Makrorissen 236, 238, 455–458,
– Einfluss der Werkstoffeigenschaften 463–465, 468, 473, 495, 500
439–443, 469–470, 497–498 – bei kurzen Rissen 265, 388, 392–393,
– Rissmodell 265, 451, 458, 483, 487, 488, 471–478, 479, 481, 484, 485, 500
495, 496 – teilweises (partielles) Rissschließen
– reale Fehlstelle als Anfangsriss 496 392–393, 458, 463, 466, 471–478, 500
– Einfluss der Bauteileigenschaften – stabilisiertes 392, 440, 479–480, 484
487–497 – in der Schnittebene 416–417
– Berechnung von Anriss bis Restbruch – neue Erkenntnisse 440, 479
484–487 Rissstadien I und II 421, 470
– Restlebensdauer 497, 498–499, 500 Rissuferkontakt 391, 461–465, 466, 468,
Rissfortschritts-Daten 497, 501 500
Rissfortschritts-Konzept s. Bruchmecha- Rissuferverformungen 461–465, 468
nik-Konzept RMS-Wert 90–93, 95, 106, 111, 115, 143,
Rissfortschritts-Lebensdauer 135, 357, 248–249, 272
479, 484, 486, 514 Rossow-Formel 30, 629
– Abgrenzung zur Anriss-Lebensdauer Rückstellbreite 68–69, 103
135, 392, 476, 484 Ruhende Beanspruchung (Definition) 22
– s. auch Rissfortschritt
Rissfortschritts-Versuch 135–137,
436–443, 455–456, 461–463 SAE-Histories 97–98, 409–410
Rissfortschrittsgleichung Safe life design 575
– Paris-Gleichung für DK 437 Sampling-Zählverfahren 53, 73–77
– Paris-Gleichung für DJ 438–439, 471 Schadensakkumulation s. Schädigungs-
– Forman-Gleichung 438–439 akkumulation
– erweiterte Forman-Gleichung Schadensanalyse 585, 587, 588, 591, 625
438–439 Schadensfälle
– Werkstoff-Einfluss 439–443, 469–470, – ICE-Unfall 2
497–498 – Offshore-Plattform 3
– Integration 443–447, 452–453 – nach Allianz-Versicherung 4
Rissfortschrittsrate 135 – in Hüttenwerksanlage 4
– als Funktion von DK 436–443 – im Flugzeugbau 4
– als Funktion von DJ 438–439, 471–472 – Beurteilung und Maßnahmen 584ff
– bezogen auf den E-Modul 440–442 Schadensfolgen 576
Risslänge 136, 137, 265, 404, 433, 434, Schadenstoleranz 575
436–438, 440, 443, 465, 466, 469–470, Schädigung (Definition) 267
475–476, 479–484, 486, 490, 491, 500 Schädigungs-Rechnung s. Miner-Regel
8 Sachverzeichnis 751

Schädigungsakkumulation – Dauerfestigkeit 393–394, 476


– lineare 266ff – für PJ und kurze Risse 392–395,
– s. Miner-Regel 475–478
– praktische Berechnung 269ff, 290ff, Schädigungssumme
299ff, 301, 319, 324–333, 333–334 – vorgegeben für die rechnerische
– schwingspielweise mittels Schädigungs- Lebensdauer 267, 324–326, 326–328
parameter 384ff – errechnet für die Lebensdauer im Ver-
Schädigungsanteil s. Schädigungsbeitrag such 306–310, 310–317, 321–323,
Schädigungsäquivalente Spannungs- 396–399
amplitude 96, 276, 303–305 Schädigungswert und Risslängenzuwachs
Schädigungsbeitrag 136, 454
– eines Schwingspiels 267, 277, 282, 331, Scharmittelwert 85
384, 390, 394, 404–405, 480, 481–482 Scheitelwert-Zahl 93, 95, 122
– von kleinen Amplituden 99, 101, 129, Schnittebene 242–243, 253, 254–255,
247, 397 414–421
– von Kollektiv-Stufen 61, 129, 268–269, – kritische 242, 253, 254–255, 414–421
271–274, 295, 302–303, 409 Schnittkraft 414, 555, 561, 562, 568
– von Kollektiv-Stufen unterhalb der Schraubenverbindungen 672
Dauerfestigkeit 283–284, 285–286, Schubspannung
288–289, 294 – als Nennspannung 18, 22, 47, 151, 153,
– von sonstigen Ereignissen 257, 309, 156
380, 384, 430, 478, 482 – als Kerbspannung 178
Schädigungsfunktion 271–273, 302–303, – als Mittelspannung 185
409, 410, 423 – mit Finite-Elementen berechnet 165,
Schädigungsgleiche Ersatz-Spannungs- 167
amplitude 275–276 – bei mehrachsigem Spannungszustand
Schädigungsgleiche Ersatz-Schwingspiel- 241–245, 252–259, 416–420
zahl 275 – in der Schnittebene 242–243, 416
Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatz- Schubspannungs-Hypothese 241, 256
kollektiv 274–277, 304 Schubspannungsintensitäts-Hypothese
Schädigungsparameter 333, 345, 385, 406, 242, 251, 253, 256–257
429 Schubspannungs-Wöhlerlinie 46,
– PB nach Bergmann 388, 395 204–206, 225
– PHa nach Hanschmann 388, 390, 395, – Problem der Kennwerte 205–206,
430 242–244
– PHe nach Heitmann 388, 395, 472 Schwachstelle
– PHL nach Haibach und Lehrke 333, 388, – Erkennen von Schwachstellen
390, 396, 411, 430, 431 555–557, 599, 603
– PJ nach Vormwald 333, 388, 392, 396, – s. auch schwingbruchkritischer Quer-
411, 430, 431, 472ff schnitt
– PSWT nach Smith, Watson und Topper Schweißeigenspannungen 196,
345, 387, 395, 396, 410, 421, 429, 430 200–203, 205, 206–207, 217, 223,
– nach Brown-Miller 421 228–231, 659
– nach Fatemi und Kurath 421 Schweißnaht-Kategorie, Bauteilklasse
– nach Fatemi und Socie 421 197, 199–200, 212–213, 224–225
– bei nicht proportionaler Beanspruchung Schweißverbindungen
369, 414–421 – kritische Querschnitte 152, 555–557,
– Erfassen von Reihenfolgeeinflüssen 599, 603
390, 429, 478 – Berechnung nach Normen, Vorschriften
Schädigungsparameter-Wöhlerlinie etc. 198–203, 206–209
345–346, 350, 385, 402–404, – Berechnung nach der FKM-Richtlinie
405–406 191–197, 652–662
752 8 Sachverzeichnis

Schweißverbindungen (Forts.) – s. auch Optimierung


– Berechnung nach den IIW-Empfehlun- Schwingspiel (Definition) 21–23, 429
gen 203–206 Schwingspielzahl
– Berechnung mit Nennspannungen – s. Bruch-Schwingspielzahl
203–209, 657 – s. Grenz-Schwingspielzahl
– Berechnung mit Strukturspannungen – s. Anriss-Lebensdauer
210–219 264, 569, 658 – s. auch Mittelwertdurchgangs-Zahl
– Berechnung mit Kerbspannungen Schwingungen
219–225, 658 – gedämpfte 75, 84, 100, 123, 483
– Berechnung mit örtlich gemessenen – überlagerte 68–69, 70, 106, 248–249
Dehnungen 217–219 – s. auch Beanspruchungs-Zeit-Funktion
– Schweißnaht-Kategorie, Bauteilklasse Schwingungserregung 52, 86, 88, 89, 90,
197, 199–200, 212–213, 224–225 101, 415, 567, 568, 581, 586
– Eigenspannungen 196, 200–203, 205, Seeger-Formel 358, 366, 419, 430, 470,
206–207, 217, 223, 228–231, 659, 674 419
– Verzug und Versatz 169, 203, 207–208, Sekundärbiegung s. Zusatzbeanspru-
225, 228, 620 chung, Zusatzbiegung
– Fehlerbewertung 496, 679 Serienfertigung, Serienteile 13, 181, 206,
Schwellbeanspruchung (Definition) 22 501, 512, 514, 518, 528, 588, 591, 611, 620,
Schwinganriss 1, 7, 23, 80, 181, 241, 261, 621
262, 265, 335, 339, 384, 392, 415, 427, 431, Servohydraulische Prüfmaschine 93–94,
468, 557, 584 96, 121
– s. auch Bruchausgang Sicherheitszahl
– s. auch Schwingbruch – herkömmliche, empirisch festgelegte
Schwingbeanspruchung (Kennwerte) 206, 505, 576
21–23 – statistisch begründete 6, 11, 505, 548,
Schwingbeiwert 561 549, 574–575
Schwingbreite (Definition) 21–23 – abhängig von der Ausfallwahrschein-
Schwingbruch 1–5, 7, 23, 39, 82, 95, 240, lichkeit 6, 11, 16, 505, 516–518, 631ff
256, 263, 267, 324, 556, 575, 584–591, 611 – abhängig von der Streuspanne
– Bruchfläche 5, 96, 547, 586, 587 516–518, 631ff
– Kennzeichen 5, 39, 240, 539, 540, 556, – abhängig von den Schadensfolgen 547,
586 575, 576
– im Betrieb, Maßnahmen 584, 588 – abhängig von der Qualitätssicherung
– s. auch Schwinganriss 513–515, 517, 548, 575–576, 583
Schwingbruchkritischer Querschnitt – spannungsbezogen 276, 512–513,
– nach Erfahrung 152, 555–557 517–518, 577, 588–591
– bei Schweißverbindungen 152 – lebensdauerbezogen 512–513,
– nach Finite-Element-Berechnungen 556 516–517, 578
– s. auch Schwingbruch – Umrechnung lebensdauerbezogen auf
Schwingbruchsicherheit bzw. -gefahr 13, spannungsbezogen 512–513, 575
82, 513, 514, 517, 555, 612 – tabellierte Werte 516–518, 631ff
Schwingfestigkeit – Kritik der Sicherheitszahl 548–549
– summarisches Synonym für Dauer-, Sicherheitszuschlag 12, 15, 181, 334, 521,
Zeit- und Betriebsfestigkeit 548, 549, 611, 612
Schwingfestigkeits-Daten 664ff Simulation
Schwingfestigkeitskennwert 27, 42, 317, – s. digitale Simulation
324, 328–331, 447 – s. Mehrkörper-Simulation
– für Schweißverbindungen 199–201, Sollwert-Funktion 90–93, 95, 123, 141,
204, 208, 209, 217–218, 221–225 142
Schwingfestigkeits-Steigerung 239, 526, – Erzeugung aus gemessenem Beanspru-
530, 587, 590, 612, 673, 677 chungsablauf 96–103
8 Sachverzeichnis 753

– analoge Erzeugung aus Rauschsignalen Spannungsgradient s. Spannungsgefälle


103–106 Spannungshorizont (Prüfhorizont) 30,
– digitale Erzeugung aus der Übergangs- 32, 33–34, 37, 47–48, 62, 140, 236, 267,
matrix 106–120 272, 285, 311, 317, 392, 405, 453, 461, 466,
– Erzeugung als Dehnungsablauf im 475, 480, 541
Kerbgrund 353–357 Spannungsintegral 539–541, 547
Spannenpaar-Verfahren 53, 55, 70–72, Spannungsintensitätsfaktor 13, 433–435,
108, 118, 120, 311, 332, 372, 373, 380, 561 436–439, 444, 461, 465, 468, 485–487,
Spannung 500, 569, 573
– s. auch Beanspruchung – Geometriefunktion 265, 433, 444, 470,
– s. auch auftretende Spannung 479, 486–487, 488–490, 495, 500–501
(Beanspruchung) – Bestimmungs-Möglichkeiten 488–495
– s. auch ertragbare Spannung – abhängig von Spannungsberechnung
(Beanspruchung) 495
– s. auch zulässige Spannung – abzudeckende Einflüsse 494
(Beanspruchung) – Schwellwert 437, 441, 451, 469, 497
– Berechnen der auftretenden und – effektive Schwingbreite 439, 460–461
ertragbaren Spannung 151–260 – dehnungsbezogener 441, 449–450,
– s. auch Finite-Element-Berechnung 470–471
– s. Randelement-Berechnung – kritischer 438, 487
– kritische Wertung der Berechnung Spannungskonzentration s. Formzahl
260–265 oder Kerbwirkung
– örtliche Spannung 161–162, 166, 170, Spannungsmoden 415–416
173, 194, 219ff, 247, 262, 265, 353–370 Spannungs-Nachweis 577, 578
– an der Rissspitze 431–435 – s. auch Maximalspannungs-Nachweis
Spannungsamplitude (Definition) 21–23 Spannungstensor elastischer 242, 251,
Spannungsanalyse 209, 262, 383, 414, 415, 367, 383, 415–417, 424
566, 570, 582 Spannungsumlagerung 130, 135, 185, 227,
Spannungsberechnung 151–175 230, 233–239, 309, 400, 558
Spannungs-Dehnungs-Ablauf 132, 257, Spannungsverhältnis (Definition) 21–24
265, 375, 402, 419–420 – Einfluss nach dem Haigh-Schaubild
Spannungs-Dehnungs-Hysterese 27–30, 68, 184–186, 190, 207, 234, 282–
s. Hystereseschleife 283
Spannungs-Dehnungs-Kurve – Einfluss bei einer Wöhlerlinie 27, 47, 48
– zügige 7, 8, 336–337, 362, 365 – Einfluss bei Kollektivbelastung 62,
– zyklische 335–339, 340–342, 343, 346, 66–68, 81, 144, 148, 201, 282–283, 390
350, 354–357, 358, 362–363, 363–369, – Einfluss bei Versuchsergebnissen 264,
390, 392, 406, 419, 429, 499–450, 221
470–472, 482, 573 – Einfluss bei der Miner-Regel 267–268,
– zyklische, bezogene Darstellung 310, 311, 317, 331–332
340–341 – Einfluss beim Rissfortschritt 437, 439,
– zyklische, Schätzformeln der Kennwerte 440, 466, 475, 495
347–348 Spannungsverteilung 21, 152, 153, 158,
– zyklisch stabilisierte 238, 392, 402, 429, 160–170, 212–218, 225, 261–264, 485,
472, 482 494, 496, 536, 539, 540, 556, 570, 587,
Spannungs-Dehnungs-Schaubild 597
s. Spannungs-Dehnungskurve Spannungs-Zeit-Funktion s. Beanspru-
Spannungsfeld vor der Rissspitze chungs-Zeit-Funktion
431–435 Spannungszustand
Spannungsgefälle bezogenes 151, – ebener 167
155–156, 178–179, 183, 219, 234, 541, – ebener, für die Rissspitze 432, 435, 440,
545 457
754 8 Sachverzeichnis

Spannungszustand (Forts.) – Berechnung des Spannungsintegrals


– ebener, für kurze Oberflächenrisse 539–541, 547
393–394, 473, 494 – bei Schweißverbindungen 545–547
– mehrachsiger s. mehrachsige Schwing- – daraus ableitbare Stützziffern 178,
beanspruchung 541–543
Spektrale Leistungsdichte-Verteilung 88, Steifigkeit 140, 165, 167, 172, 555, 566, 618
89–93, 103–106, 116–117, 121, 122, Stichprobe 33, 34, 315, 513, 515, 523–526,
567 545, 548–549
Spitzenwert-Zählung 53, 108 Stochastischer Beanspruchungsvorgang
Spektrum s. Frequenz s. zufallsartige Beanspruchung
Spröder Werkstoff, Sprödbruch 241, 262, Straßenbeschaffenheit, Straßenunebenheit
421, 438, 497, 536 52, 56, 58, 86, 90, 106, 519, 521
Stabilisierte Spannungs-Dehnungs- Streckgrenze 7, 9, 10, 12, 18, 62, 81, 97, 177,
Hysterese 374, 375, 395, 475 186, 189, 190, 195, 207, 228, 230, 233,
Stabilisiertes Rissschließen und Riss- 234, 322, 340, 457, 487, 495, 573, 649–651
öffnen 392, 440, 479–480, 484 – s. auch Fließgrenze
Stabilitäts-Nachweis 12, 81, 558 Streuband 10, 39, 40, 42, 45, 47–49, 177,
Stähle 29, 39, 41, 45, 46, 48, 77–82, 103, 178, 204, 217, 318, 345, 346, 350, 441,
140, 142, 149, 177, 178, 181, 187, 189–191, 501–502, 504, 578, 588, 590
198, 199, 203, 204, 212, 213, 218, 220, 221, Streueinflüsse abzudeckende 526–536
223, 225, 228, 232, 233, 241, 268, 310, 317, Streuspanne 30, 32–33
322, 326, 337, 349, 350, 353, 412, 426, 427, – Bestimmung im Wahrscheinlichkeits-
450, 451, 467, 497, 528, 532, 533, 541, 573, netz 32
591, 664 – Umrechnung mit der Standardabwei-
Standardabweichung (Berechnung) 32–33 chung 33, 635
– Standardfehler 33 – Umrechnung mit dem Exponent der
– und Streuspanne 33 Weibull-Verteilung 527, 547, 629
– Tabelle zur Umrechnung auf die Streu- – Erfahrungswerte 526–527
spanne 635 Streuung
Standard-Lastfolge 122, 129, 327, 559, 587, – der betrieblichen Beanspruchungshöhe
640 10–11, 58, 378–381, 502, 518–523, 575
– für die Normverteilung im Blockpro- – der ertragbaren Schwingspielzahl
gramm-Versuch 59–60 30–34, 49, 64, 389
– Gauß’sche Zufallslastfolge 110–120, – der ertragbaren Beanspruchungshöhe
147, 318, 323, 640 10–11, 502, 526–536, 575
– Lastfolge Twist 125–129, 323, 324, 390, – der Schädigungssummen 305–324,
409–411, 559, 572, 640 397, 399
– Minitwist 129, 323, 356, 390, 395, 397, – der Bauteileigenschaften, fertigungs-
409, 640 bedingt 530–536
– SAE-Histories 97–98, 409–410 – der Bauteilgestalt, fertigungsbedingt
– Wawesta 559, 640 528–530
– Carlos 559, 640 – s. auch Streuspanne bzw. Standard-
– Falstaff 323, 559, 640 abweichung
Statischer Festigkeitsnachweis s. Maxi- Streuverteilung
malspannungs-Nachweis – der betrieblichen Beanspruchungshöhe
Statistische Auswertung 502–504, 510–511, 518–523
– der ertragbaren Schwingspielzahl – der ertragbaren Beanspruchungshöhe
30–34, 49, 64, 389 502, 510–511, 511–517, 588–591
– der ertragbaren Beanspruchungshöhe Strukturdehnung ertragbare Werte
35–37, 42–45, 146, 320–321, 329–331 217–219, 258–260
Statistischer Größeneinfluss 182–183, Strukturspannung
183, 209, 263, 354, 402, 404, 428, 536–548 – Berechnung bei gekerbten Bauteilen 187
8 Sachverzeichnis 755

– Berechnung bei Schweißverbindungen Truncation 129, 132–132, 323, 395


210–219, 264, 569 Twist-Lastfolge 125–129, 130, 323, 324,
– Probleme der Berechnung und Extrapo- 390, 409–411, 559, 572, 610
lation 211–216
– zulässige 214, 216, 218, 658–662
Strukturspannungs-Konzept 13, 187, U0-Verfahren 145–149, 322
210–219, 263–264, 572 Überbeanspruchung 82, 97, 170
Strukturspannungs-Nachweis 210 Übergangsmatrix 53, 55, 106–110,
Stufe s. Kollektivstufe 122–123, 143, 145, 147, 311, 372
Stufenhäufigkeit 59, 268, 272, 292, 299 – zur Erzeugung einer Gauß’schen
Stützziffer Standard-Lastfolgen 111–120
– nach Siebel et al. 178, 545 – Berechnung der Matrixelemente
– nach VDI 226 179 110–111
– nach FKM-Richtlinie 178–181, 196, Überlebenswahrscheinlichkeit 30–32,
541 34, 36, 37, 346, 448, 501, 506, 526,
– nach Neuber 545 538–541, 576
– nach Kogaev-Serensen 545 – Rossow-Formel 30, 628
– nach Zenner und Liu 545 Überprüfung der Miner-Regel
– nach dem statistischen Größeneinfluss – an Versuchsergebnissen 305–324,
178, 541–543 396–397, 398, 399
– Wertung 181, 189, 190 – anhand der Schädigungssumme
Summenhäufigkeit 54, 59, 73–76, 283 306–310, 310–317, 321–323
Synchron mehrachsige Beanspruchung – Mittelwerte der Schädigungssummen
250–251 307–308, 321–322
– Streuspannen der Schädigungssummen
307–308, 322–324
Technischer Anriss 214, 480 – anhand der Lebensdauerlinie 317–321
Teilaufgaben – nach dem Q 0 -Verfahren 322, 329–331
– bei einem Betriebsfestigkeits-Nachweis – hinsichtlich unterschiedlicher Formen
13–16 der Miner-Regel 306, 313, 316
– als Leitlinie des Vorgehens 551–579, – hinsichtlich Einfluss der Wöhlerlinie
579–584, 585–591 311–312, 315
Teilfolge 59–62, 70, 96, 125, 140–142, 277, – hinsichtlich Einfluss des Zählverfahrens
374, 395, 407 311–313
Teilfolgenumfang 61, 140–142, 407 – hinsichtlich Einfluss der Beanspru-
Temperatur 77, 163, 173, 191, 195, 196, chungsart 310, 315
228, 309, 322, 620, 655–656 – hinsichtlich Einfluss der Kollektivform
Temperaturfaktor 655–656 307, 323
Tensorielle Beanspruchung 242, 251, 367 – hinsichtlich Einfluss des Werkstoffs
Tensorieller Beanspruchungs-Zeit-Ablauf 306–308, 315, 316, 317
elastischer 383, 415–417, 424 – hinsichtlich Einfluss von Eigenspannun-
Titan-Legierungen 309, 310, 349, 350, 497 gen 327–328
Traglast 18, 195, 360–362, 558 – Feststellungen und Folgerungen
Transienter (nicht stabilisierter) 309–310, 324–326, 333–334
Spannungs-Dehnungsablauf 132–134, Überschreitungshäufigkeit 53–55, 72, 93,
375 108, 119
Transition-Life 340–341 Übertragbarkeit von
Treppenkurve, getrepptes Kollektiv 59, Betriebsfestigkeits-Werten 139–143
61, 116, 118, 125, 140, 266, 268, 270, Übertragungsfunktion 90, 97, 566–567
277–281, 290, 292, 293, 298, 299, 636 Umgebungseinfluss 6, 52, 77, 96, 121, 142,
Treppenstufenverfahren 35–37 176, 191, 268, 273, 467, 570, 572, 574, 582,
– Daten zur Auswertung 630–631 583
756 8 Sachverzeichnis

Umkehrpunktfolge 83, 94, 97–98, Völligkeitsgrad, völliges Kollektiv 63, 65,


100–103, 107–114, 115–118, 122, 124, 271, 293, 331
338, 356, 365–366, 370–375, 405, von Mises Hypothese s. Gestaltände-
423–424, 481–484 rungsenergie-Hypothese
Umlaufbiegung 49, 73, 75, 236, 250 Vorbelastung 385
Umlaufend beanspruchte Teile 53, 73–77, Vorgehensweise s. Teilaufgaben
175
Umsetzung des Betriebsfestigkeits-
Konzeptes 551ff Wahrscheinlichkeitsnetz
Uniform Material Law 347–353, 573 – für die Gauß’sche Normalverteilung 30
Universal Slopes 347–349 – für die Weibull-Verteilung 546
Unregelmäßigkeitsfaktor 55, 93, 104–105, – Auswertung 30–34, 42, 306, 314, 515,
107–108, 111, 115–116, 119–120, 520, 521, 534, 546
122–123, 318, 372 – Zufalls-Streubereich einer Streugerade
Unsicherheit 11, 15, 34, 308, 334, 409, 517, 33–34, 320, 515–516
548, 549, 554, 571, 611, 612 Wartung, Instandhaltung 579, 593, 603,
Unternehmerische Entscheidungen 13, 604, 606, 608, 623
15, 580, 610, 613, 622, 624 Wechselbeanspruchung (Definition) 22
Unterspannung (Definition) 21–23 Wechselfestigkeit
– des Werkstoffs 79, 182, 190, 196
– bei Zug-Druck 177, 196, 541
Validierung – bei Schub 177, 196
– experimentell erzielter Ergebnisse 568, – Verhältnis Schub zu Zug-Druck 177,
617 185, 241
– analytisch erzielter Ergebnisse 568, – bei Biegung 177
574, 617 – des Bauteils 196
Veränderliche Mittelspannung 72, – schweißnahtspezifisch 196
124–125 Weglassen kleiner Amplituden (Omission)
Verfestigung s. zyklische Verfestigung 129–130, 323, 423
Verformung 81, 94, 157, 161–163, 167, Weibull-Verteilung 34, 513–517, 536,
170, 172, 211, 216, 366, 402, 431, 436, 538–539
495, 497, 500, 555, 561, 567, 568, 582, – Exponent, Erfahrungswerte 515, 527,
604, 614 547, 629
– plastische 68, 163, 185, 227, 228, 390, – Exponent beim Fehlstellenmodell
391, 402, 426, 434, 438, 439, 455, 461, 470, 538–541, 547
497, 569 – Umrechnung aus der Log. Normalver-
Verfügbarkeit s. Ausfallwahrscheinlich- teilung 515, 629
keit 501ff Werkstoff
Vergleichsspannung 22, 47, 155, 170–172, – s. Aluminium-Legierungen
195, 240–244, 250–252, 254, 257, 259, – s. Gusswerkstoffe
367, 378, 416–417, 419, 424 – s. Stähle
Versuche ohne Bruch 24, 35, 37–38, – s. Titan-Legierungen
42–45, 47 Werkstoff-Daten 664ff
– Wahrscheinlichkeit bei n Versuchen 37 Werkstoff-Datenbanken 663
Verteilungsfunktion s. Streuverteilung Werkstoffeinfluss 77–82, 174, 177–178,
Vertrauensbereich, Vertrauensgrenzen 306–308, 314–317, 439–443, 469–470,
33, 35–37, 523–526 497–498
Vertrauenswahrscheinlichkeit 33, 45, Werkstoffgedächtnis 355, 362, 363,
190–191, 223, 306, 324, 523–526 365–367, 367
Verweildauer-Zählung 53, 73, 420 Werkstoffwahl 30, 350, 575, 580, 582, 596,
Virtuelle Testverfahren 613–622 609
Virtueller Prototyp 613 Wheeler-Modell 460–461, 465, 467, 500
8 Sachverzeichnis 757

Willenborg-Modell 460–461, 465, 467, 500 – Eigenspannungseinfluss 231–239


Wirkprinzip 597, 602, 603, 604 – Randschichteinfluss 400–404
Wöhlerlinie 25ff, 160 – Mehrachsigkeitseinfluss 239–260
– als Grundlage des Betriebsfestigkeits- – Datensammlung 667–669
Nachweises 12, 160 Wöhlerlinie geschweißter Bauteile
– Form der Darstellung 25–27, 39–50 – Neigungs-Exponent 199–201, 204–206
– Gleichungen 25 - 27 – Abknickpunkt 199–201, 204–206
– Dauerfestigkeitsbereich 7–8, 11, 26, 47, – Dauerfestigkeit 199
49 – Schwingfestigkeitskennwert 199–201,
– Statistische Belegung der Dauerfestig- 204, 208, 209, 217–218, 221–225
keit 35–38 – Streuspanne 201, 204–205, 526–527,
– Zeitfestigkeitsbereich 7–8, 11, 26, 532–536
41–42, 45–46, 48, 49 186 – Spannungsverhältnis 21–23, 27–30,
– Statistische Belegung der Zeitfestigkeit 201–202, 205–207
30–34 – Werkstoffeinfluss 80–81
– Abgrenzung zum Kurzzeitfestigkeitsbe- – Kerbfall, Schweißnaht-Kategorie 197,
reich 26, 45, 46, 47, 64, 67, 204, 426, 448 199–200, 212–213, 224–225
– Kurzzeitfestigkeitsbereich 8, 12, 25, 32, – Mittel- und Eigenspannungseinfluss
47, 205, 335 202, 205–207, 659
– Normierte Wöhlerlinie 39–50, 424–428, – Einfluss der Blechdicke 208–209, 662
447–449 – Einfluss geometrischer Imperfektionen
– eines Bauteils mit Anfangsriss 447–449 207–208
– für Risse in hochbeanspruchten Bau- – Einfluss von Meerwasser 678–679
teilen 449–451 – spezielle Befunde 204–206
– aus Versuchsdaten 197–198, 663ff – nach der FKM-Richtlinie 196, 656–661
– aus Normen, Vorschriften usw. 198–202 – nach den IIW-Empfehlungen 199–202
– rechnerische Abschätzung 175, – Datensammlung 677–679
186–189, 189–191, 191–197, 198–202, Wöhler-Versuch 21ff
649 –652, 652–662 – Kennzeichnung der Schwingbeanspru-
– Treffsicherheit einer rechnerischen Ab- chung 21–23
schätzung 311–312 – spannungskontrolliert 21, 429
– s. auch Dehnungs-Wöhlerlinie – dehnungskontrolliert 335–347, 429
– s. auch Schädigungsparameter-Wöhler- – Durchführung und Auswertung 23–24,
linie 30–34, 35–38
Wöhlerlinie gekerbter Bauteile – Versuche im Dauerfestigkeitsbereich
– Neigungs-Exponent 26–27, 40–42, 23, 35–38
186–187, 311–312, 447, 450–451, 657ff – Versuche im Zeitfestigkeitsbereich 23,
– Abknickpunkt 11, 27, 40–42, 47–50, 30–34
177, 186–190, 199–201, 204–206, – Ergebnisse als Wöhlerlinie 24, 25–27,
311–312, 447, 451, 658, 469, 476 39–50
– Dauerfestigkeit 8, 11, 447–448, – Ergebnisse im Haigh-Schaubild 27–30
450–451 – Kritik des Wöhler-Versuchs 50
– Schwingfestigkeitskennwert 27, 42, 447
– Streuspanne 31, 42, 44, 526–527,
532–536 Zählverfahren 53
– Spannungsverhältnis 21–23, 27–30, – einparametrisch, zweiparametrisch 53
47–48 – Anzahl der Klassen 54
– Werkstoffeinfluss 177–178 – Klassendurchgangsverfahren 53,
– Kerbeinfluss 178–181 68–69, 69–72, 108, 311, 324, 332, 380,
– Mittelspannungseinfluss 184–186 520, 561
– Oberflächen- und Größeneinfluss – Spannenpaar-Verfahren 53, 55, 70–72,
181–183 108, 118, 120, 311, 332, 372, 373, 380, 561
758 8 Sachverzeichnis

Zählverfahren (Forts.) – spektrale Leistungsdichteverteilung


– Rainflow-Zählung 53, 70, 99, 101, 106, 88–93, 103–106, 116–117, 248–249,
332, 366, 370–376, 380, 382, 416, 477, 567
481–484 – Zahl der sekündlichen Scheitelwerte
– Verfahren der Übergangsmatrix 93, 95, 122
107–110 – Zahl der sekündlichen Mittelwertdurch-
– Spitzenwert-Zählung 53, 108 gänge 85–86, 90, 92–93
– Verweildauer-Verfahren 53, 73, 420 – Unregelmäßigkeitsfaktor 55, 93,
– Sampling-Verfahren 53, 73–77 104–105, 107–108, 111, 115–116,
– zweiparametrisches Sampling-Verfah- 119–120
ren 75–77 – Unregelmäßigkeitsfaktor (Forts.)
– Amplitudentransformation 311, 122–123, 318, 372
411–413 – Effektivwert, RMS-Wert 90–93, 95, 106,
– Rainflow-Projektions-Zählung 111, 115, 143, 248–249, 272
382–384 – schmalbandiges, breitbandiges, weißes
– aus einer Matrix-Zählung ableitbare Rauschen 89–90
Zählergebnisse 107, 108, 372 – Scheitelfaktor (Crestfaktor) 106
Zeit- und Dauerfestigkeits-Schaubild – Erregerfunktion und Systemantwort
s. Haigh-Schaubild 89–90, 248, 562–568
Zeitfestigkeit 8, 11 – Übertragungsfunktion für ein Feder-
Zeitfestigkeits-Nachweis s. Betriebsfestig- Masse-System 89–90, 567
keits-Nachweis – stochastische Schwingungen eines line-
Zeitfestigkeits-Schaubild s. Haigh-Schau- aren Feder-Masse-Systems 89–91, 567
bild – Überschreitungshäufigkeit, Kollektiv-
Zeitfestigkeitsbereich s. Wöhlerlinie form Gaußverteilung 93, 115, 117
Zeitfestigkeitsgerade s. Wöhlerlinie Zufallslasten-Versuch 84ff, 94–95, 141,
Zeitfestigkeitslinie s. Wöhlerlinie 236, 574
Zeitmittelwert 85, 86 – Durchführung und Auswertung 94–95,
– quadratischer 85–86 142
Zeitraffung durch Eliminieren kleiner – Sollwert-Vorgabe 95
Amplitude 99–103, 423 – Anwendungen 236, 141, 272, 542
Zerstörungsfreie Prüfung 487, 496, 499, – Betriebslastennachfahr-Versuch 95,
500, 514, 554, 576, 580 96–98, 103, 121, 139, 140–142, 318–320,
– unentdeckte Defekte 514 423
Zufälligkeiten weniger Einzelversuche – Betriebslasten-Versuch 139–144, 484
523–526, 635 – Vergleich mit Blockprogramm-Versuch
Zufalls-Streubereich zu einer Streugerade 83, 142–144, 144–149, 306–309
33–34, 320, 515–516 – Kritische Wertung 120, 320
Zufallsartige Beanspruchung Zufallslastfolge
– Beschreibung im Zeitbereich 87–88, – s. auch Lastfolge oder Standard-
92, 99, 248, 370, 414 Lastfolge
– Beschreibung im Frequenzbereich – analoge Erzeugung 103–106, 121
87–89, 89–93, 248–249, 567 – digitale Erzeugung 106–120, 560–562
– Beschreibung im Rainflow-Bereich 87, – biharmonische Lastfolge 409
99, 370, 373 – Rauschsignal und Frequenzfilterung
– Zeitmittelwert 85–86, 92 89–90, 103–106
– linearer Mittelwert 85–86, 90, 92–93 – s. Gauß’sche Lastfolge
– quadratischer Mittelwert (Effektivwert) Zufallsprozess
85–86, 92–93 – s. zufallsartige Beanspruchung
– Scharmittelwert 85, 92 – s. Gauß’sche Lastfolge
– Leistungsspektrum s. spektrale Zufallsspannungsgenerator 104–106
Leistungsdichteverteilung Zufallszahl, Zufallszahlenfolge 112–113
8 Sachverzeichnis 759

Zugfestigkeit 7, 8, 17, 18, 29, 77–80, 177, Zyklisch stabilisierter Beanspruchungs-


182, 186, 190, 195–196, 323, 350, 386, 392, zustand 132, 238, 343, 395, 440, 479,
472, 536 484
Zügige Spannungs-Dehnungs-Kurve 7, 8, Zyklische Werkstoff-Daten inkompatible
336–337, 362, 365 Datensätze 349
Zulässige Spannung (Beanspruchung) Zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve
11–12, 63–64, 81, 160, 170, 195, 197, 200, – s. Spannungs-Dehnungs-Kurve,
202, 213, 218, 223, 228–231, 257, 262, 263, zyklische
303, 505, 536, 547, 569, 577 Zyklische Ver- oder Entfestigung
Zusatzbeanspruchung 51–52, 55, 68, 412, 337–338, 369, 370, 419, 421, 429
586, 604–605 Zyklische Streckgrenze 340–341, 387, 388,
Zusatzbiegung 153, 155 450
Zuverlässigkeit s. Ausfallwahrscheinlich- Zyklisches Kriechen 343–344, 369–370,
keit 419, 429
Zwängung, Zwangsverformung 582, 604,
619
Zweistufen-Versuch 478, 484 D s -Konzept 200, 202, 206, 230
Zyklisch stabiles oder stabilisiertes Werk- 0,2%-Dehngrenze s. Streckgrenze
stoff-Verhalten 336–338, 362, 365, – s. auch Fließgrenze
374–375, 392, 402, 409, 429, 472, 475, 482

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