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Indikatoren und Standortinformation

Jörg Becker
www.beckinfo.de
Für Standortbilanzen gibt es keine verbindlichen Vorgaben. Ausfüh-
rung und Inhalt werden einzig und allein durch Informationsanforde-
rungen des Wirtschaftsförderers und Standortentscheiders bestimmt.
Wenn also Anwendungsinteresse an dem in diesem Buch vorgestell-
ten Modell und seiner Vorgehenssystematik besteht, muss jede
Kommune, jeder Standort und jeder Investor eigene Wege gemäß
den individuell anzutreffenden Gegebenheiten finden. Es geht um:

- Erfolgskritischen Umgang mit „weichen“ Ressourcen des


Standortkapitals
- Mehr Transparenz für eine komplizierte Standortumwelt
- Einfache und gewichtete Standortanalyse
- Eigenbild- und Fremdbildanalyse des Standortes
- Welcher Bereich des Standortes soll bilanziert werden ?
- Wie sehen die Ausgangslage und das Geschäftsumfeld aus ?
- Welche Vision, welches Leitbild hat der Standort für sich
entwickelt ?
- Mit welchen Strategien soll das Leitbild umgesetzt werden ?
- Angebots- und Nachfrageseite im Markt der Standorte

Eine Standortbilanz stellt Instrumente bereit, die eine ganzheitlich


ausgerichtete Standortbestimmung auf lokaler und regionaler Ebene
und damit die im Wettbewerb notwendige Schärfung des individuel-
len Standort-Profils unterstützen. Die Standortbilanz arbeitet als 360-
Grad-Radarschirm für vielseitige Analysen und Beobachtungszwe-
cke, mit dem insbesondere auch „weiche“ Standortfaktoren in einem
übersichtlichen Gesamtrahmen identifiziert, gemessen und abgebil-
det werden können. Aus den Analysen und Ergebnisse der Standort-
bilanz können potentialorientiert Maßnahmen- und Handlungsemp-

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fehlungen entwickelt werden. Einfach verständliche Ampel-Dia-
gramme mit rot-gelb-grün-Sektoren für eine überschaubare Einord-
nung von Standortfaktoren verstärken die Akzeptanz. Die Standort-
bilanz ist auf einer methodisch durchgängigen Systematik aufgebaut
und kommt Denkweisen von zahlenorientierten Investoren und Ent-
scheidern entgegen. Bei unterschiedlichen Entscheidungsebenen,
Zuständigkeiten, Raumbezügen, Datenbeständen und Planungskom-
petenzen fördern Standortbilanzen aufgrund einheitlicher Analyse-
und Bewertungsmethoden die Kommunikationsfähigkeit zwischen
allen Beteiligten an Standortprozessen. Die Transparenz von Stand-
ortentscheidungen erhöht sich durch nachvollziehbare Bewertungen.

Vgl. hierzu u.a. Becker, Jörg: Strategischer Potenzial-


Check des Standortes, ISBN 9783837049787

Als Grundlage für die Festlegung des Bilanzierungsbereiches


sollte zunächst die Ausgangssituation des Standortes definiert
und beschrieben werden. Damit wird ein Fixpunkt für die fun-
dierte Entwicklung von Zielen, Aktionen und Maßnahmen
geschaffen. Es wird der Grundstock für eine möglichst breite
Daten- und Informationsbasis gelegt. Ausgangsfrage: Soll der
Standort als Ganzes oder nur in einzelnen Bereichen oder Pro-
zessen betrachtet werden ? Voraussetzung für Standortent-
scheidungen, die für alle Beteiligten, d.h. sowohl für den nach-
fragenden Investor als auch für den sich anbietenden Standort,
zu einem guten und nachhaltig wirtschaftlichen Ergebnis füh-
ren ist, dass ein Standortprofil möglichst genau auch das indi-
viduelle Anforderungsprofil des Unternehmens abdecken
kann. Alle Faktoren des Standortes müssen daher so vollstän-
dig und umfassend wie möglich/nötig identifiziert, erfasst,
bewertet, quantitativ gemessen und bilanziert werden Als alles
entscheidende Frage steht daher im Raum: wie, wem und mit
welchen Instrumenten gelingt es, das kreative Potenzial, im-

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materielle Vermögen/Kapital des Standortes (quantitativ nach-
prüfbar, mit allen Wirkungsbeziehungen) offen darzulegen ?
Nicht zuletzt wird auch der Umfang einer Standortbilanz da-
von abhängen, ob sich ihr Bilanzierungsbereich auf eine
Kommune, einen Kreis oder eine ganze Region erstreckt.
Denkbar wäre auch, gemarkungsübergreifende kommunale
Kooperationen in einer eigens dafür zusammen gefassten
Standortbilanz darzustellen. Ein weiterer Ansatz für die Fest-
legung des Bilanzierungsbereiches könnte sein, eine Standort-
bilanz auf einen besonders wichtigen Cluster als
Multiplikatorzentrale auszurichten, wie beispielsweise nur für
die Kreativwirtschaft, den Informationstechnologie-Sektor
oder die High-Tech-Wirtschaft. Die Auswahl der Standortfak-
toren für den Aufbau einer Standortbilanz-Struktur dürfte
ebenfalls je nach festgelegtem Bilanzierungsbereich unter-
schiedlich ausfallen:

Kommu
ne

Bilanzierungs-
Region Kreis
bereich

Cluster

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Becker, Jörg: Standortindikatoren I. – Perfor-
mance-Pegelstände vor Ort, Sensoren am Stand-
ortpuls, 2010, ISBN 9783839118238

Das Zahlenkleid eines Standortes muss vielen Anforderungen und


Wünschen gerecht werden. Als da wären:

- Es soll ein möglichst zeit- und wirklichkeitsnahes Abbild zu


vielfältigen und komplexen Sachverhalten abgeben
- Es soll möglichst transparent und nachvollziehbar sein, um
als breite Kommunikations- und Diskussionsplattform die
Vorbereitung von oft kontroversen Standortentscheidungen
unterstützen zu können
- Es die Basis für Vergleiche mit anderen Standorten bereit-
stellen
- Es soll Entscheidungs- und Informationshilfe für Ansied-
lungsinteressierte gleichzeitig sein
- Es soll potentielle Investoren aufmerksam machen und für
den Standort einnehmen

Die Liste ließe sich durchaus verlängern. Mit einem Wort: es geht
für den Standort um die richtige Justierung seines Navigationssys-
tems. D.h. um Arbeitsinstrumente, ohne die ein Standort auf Dauer
nicht steuerungs- und wettbewerbsfähig sowie letztlich wohl auch
nicht überlebensfähig wäre.

In diesem Buch werden hierfür als erste Ausgangsbasis Vorarbeiten


dargestellt. Dabei geht es nicht um direkt verwendbares oder gar
aktuelles Datenmaterial oder um konkrete Standorte, sondern ledig-
lich um eine Sammlung und Vorauswahl von Indikatoren, die im
individuellen Anwendungsfall noch zu vervollständigen und entspre-

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chend aufzubereiten wären. Es sind somit lediglich Demo-Beispiele
mit der Aufgabe Hinweise zu geben, warum und wie Standortindika-
toren gegebenenfalls in eine umfassende, in sich immer abstimmfä-
hig bleibende Systematik eingebettet werden könnten.

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Als Ausgangspunkt muss Klarheit darüber bestehen, an welchen
Stellen eines Standortes man überhaupt Sensoren anlegen will. Erst
wenn heraus gearbeitet wurde, was man überhaupt an Messungen
benötigt, kann das Augenmerk auf das „Wie“ gerichtet werden. Im
Vordergrund stehen dabei folgenden Aspekte:

- Grundsätzliche Verfügbarkeit von Indikatoren


- Wie aktuelle und zeitnah sind die jeweils verfügbaren Indi-
katoren
- Lassen sich die verfügbaren Indikatoren lückenlos zu Zeit-
reihen verknüpfen, um gegebenenfalls Entwicklungen able-
sen zu können
- In welchen Form können Einzelfaktoren zu besser verar-
beitbaren Übersichts- und Gesamtindikatoren gebündelt
werden
- In welcher Form sind für den Standort Deutschland verfüg-
bare Indikatoren auf die Ebene von Bundesländern, Regio-
nen, Kreisen, Großstädte, Kommunen, Stadtteile oder ein-
zelne Wirtschaftszweige übertragbar
- An welchen Stellen sollte auf einer niedrigeren Stufe der
Aggregation Sondererhebungen durchgeführt werden
- Gibt es für Indikatoren Normierungsverfahren, um eine
Vergleichbarkeit von Standorten zu gewährleisten
- Wie wird eine Gewichtung von Faktoren sichergestellt
- Welche Verfahren zur Berücksichtigung von individuellen
Gewichtungsanforderungen sollten angewendet werden
- Mit welchem System können Indikatoren in ihrer Relation
zueinander einheitlich gehandhabt werden.

Verantwortliche für Standorte wie Standortanalysten in Unterneh-


men wären gut beraten, eine eigene Indikatorkompetenz mit einem
zeitnah aktualisierten Daten- und Informationspool einzurichten.

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Trotz noch so umfassender und detailreicher Standortanalysen
wird es auch Planungs- und Entscheidungsprobleme geben, für
die der Detailgrad der zur Verfügung stehenden Indikatoren
nicht ausreichend wäre und deshalb ausgewählte Einzelfakto-
ren zum Gegenstand umfangreicher Sonderanalysen gemacht
werden müssen. Wenn aber der Standort-Bildschirm zielgenau
auf bestimmte Einzelaspekte ausgerichtet und „gezoomt“ wer-
den soll, muss dabei trotzdem zu jeder Zeit der systematische
Gesamtzusammenhang gewahrt bleiben. D.h. nach wie vor
sollten alle Standortfaktoren durchgängig in ihren Bewertun-
gen, Messungen, Wirkungsbeziehungen und Auswertungen
abstimmfähig gehalten werden. Die rechnerische Auswertung
von zahlreichen Einzelindikatoren wird erst dann fruchtbrin-
gend, wenn sie zu Kennzahlenbündeln führt, die standortrele-
vante Informationen sinnvoll ordnen. Indikatorbündel haben
die Aufgabe, die Spitzenkennzahlen des Systems analytisch
bezüglich der sie dimensionierenden Einflussgrößen zu erklä-
ren. Indikatorsysteme sind somit vor allem Mittel-Zweck-
Beziehungen, die aus dem Planungssystem des Standortes
abzuleiten sind. Das wichtigste Element des Indikators aber
bleibt sein Informationscharakter, um auch komplizierte Tat-
bestände in konzentrierter Form quantifizieren und in Relation
zu dynamischen Vernetzungen setzen zu können. Haben sich
die Akteure erst einmal zu einer abgestimmten Strategie für
die Entwicklung ihres Standortes durchgerungen, stehen sie
vor der komplexen Aufgabe, dass zwar trotz formulierter Ziel-
vorstellung dazu noch keine entsprechende Zielevaluation
vorhanden ist. In diesem Fall würde der Standort ohne Kom-
pass oder geeignete Feedback-Instrumente losziehen und da-
her auch nicht wissen, wie viel des Weges bereits zurückgelegt
wurde und wo genau man nun eigentlich steht.

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Die Einflussfaktoren werden deshalb mit Indikatoren belegt. D.h. die
Einflussfaktoren werden mit unabhängigen Zahlen/Fakten beschrie-
ben, um ihre Aussagekraft noch zu erhöhen. Anhand der Indikatoren
können auch Externe nachvollziehen, nach welchen Kriterien die
einzelnen Kapitalarten des Standortes bewertet wurden. Mit Hilfe
der Indikatoren bleibt die Bewertungsgrundlage über Jahre hinweg
transparent und kann jederzeit mit aktuellen Auswertungen vergli-
chen werden.

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