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Verhältnismäßigkeitsprüfung bei patentrechtlichen

Unterlassungsansprüchen nach deutschem Recht

Maurits Dolmans, Romina Polley, Elisabeth Macher


Cleary Gottlieb Steen & Hamilton (London, Brüssel, Köln)
12. November 2019

Conference on Component-Level SEP Licensing


clearygottlieb.com
1
Wissen Sie noch? 1. Patentweltkrieg (vereinfacht)

Das passiert bald wieder mit dem IoT und 5G…


2 2
Warum? Komplexe Produkte sind anfällig für
Patentangriffe
Komplexe Produkte: Patente auf ein Bestandteil können das gesamte
Produkt blockieren/verzögern

Komplexe Innovation: Gemeinsame Forschung & Entwicklung / multilaterale


Standards führen zu fragmentiertem Patenteigentum

Komplexe Herstellung:
Anfälligkeit nach oben in
der Kette hat Auswirkungen
nach unten (und umgekehrt)

Komplexe Netzwerke:
wechselseitige Abhängig-
keit der Produkte

3
Ein Portfolio von über 200 reicht aus, um ein
undurchdringliches Dickicht (patent thicket) zu schaffen
— Die Masse der Patente
gleicht die Schwäche
einzelner Patente aus.

— Es ist zu teuer und


zeitaufwendig, die Gültigkeit
von hunderten
Patentansprüchen
anzufechten.

— Es ist billiger, sich zu


einigen (und eine Lizenz zu
erwerben) als die Gültigkeit
anzufechten.
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NPEs und Freibeuter werden bei Patentangriffen eingesetzt

— Immun gegen Abschreckung: ohne nachgelagertes (downstream)


Geschäft, das für Patentangriffe anfällig ist, haben sie die Freiheit, die
Zielgesellschaft maximal unter Druck zu setzen.
Auswirkungen: Fragmentierung des Patenteigentums, dies führt zu:
― Koordinationsproblemen:
jeder Patenteigentümer tendiert dazu,
(a) unabhängig von den Auswirkungen
auf andere Forderungen zu stellen und
(b) unabhängig von den Auswirkungen
auf andere Unterlassungsverfügungen
zu beantragen
— Dies zieht folgende Risiken nach sich:
• Stillstand und
• „Royalty Stacking“ (Cournot-Problem)
5 (Raubritter: Koordinationsproblem / 5

Stillstand am Rhein)
NPE-Streitigkeiten nehmen auch in der EU zu

Quelle: DARTS-IP-Studie zu NPEs in der EU


Ablehnend IAM, hier
Siehe auch JCR Report on PAEs in Europe
6
Deutschland ist eine attraktive Rechtsordnung

Ein zweigeteiltes Rechtssystem


Hohe Erfolgsquote von Patentinhabern in Unterlassungsklagen
kurze Dauer von Patentverletzungsverfahren Quelle:
DARTS-IP-Studie zu NPEs in der EU
7
NPEs gewinnen in Deutschland (und dem Vereinigten
Königreich) häufiger

Quelle: DARTS-IP-Studie zu NPEs in der EU


8
Obwohl NPEs auch relativ häufig in Bezug auf die
Gültigkeit verlieren

Quelle: DARTS-IP-Studie zu NPEs in der EU


9
Jüngste Rechtsstreitigkeiten legen nahe, dass NPEs
aktiv bleiben
Conversant
Unwired Planet
Polaris
Avanci
HEVC
Intellectual Ventures
und andere, Nokia, Ericsson, Broadcom etc…?

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Unterlassungsverfügungen werden bei Feststellung
einer Verletzung routinemäßig erlassen --
Keine echte Verhältnismäßigkeits-/Billigkeitsprüfung

§ 139 Abs. 1 PatG:

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte


Erfindung benutzt [d. h. eine patentierte Erfindung ohne
Zustimmung des Patentinhabers macht, verwendet,
verkauft, importiert etc.], kann von dem Verletzten bei
Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch
genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann,
wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

Unterlassungsverfügungen werden selbst bei noch anhängiger


Nichtigkeitsklage erlassen (in Deutschland - Zweiteilung)
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Deutsche Gerichte prüfen zwar formal die Verhältnismäßigkeit”…
• „Die Einräumung einer Aufbrauchfrist […] kann im Einzelfall geboten sein, wenn die sofortige
Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs des Patentinhabers auch unter Berücksichtigung
seiner Interessen gegenüber dem Verletzer eine unverhältnismäßige, durch das
Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigte Härte darstellte und treuwidrig wäre“ – BGH,
Urt. v. 10.5.2016 – X ZR 114/13 („Wärmetauscher“), GRUR 2016, 1031, 1035, Rn. 41
• „Die Anordnung eines Unterlassungsgebots nach § 139 PatG ist nur unter den engen
Voraussetzungen des § 242 BGB einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen. […] wenn
die Gewährung eines Unterlassungsgebots eine unverhältnismäßige, durch das
Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigte Härte darstellt und daher treuwidrig ist.“ – LG
München I, Endurt. v. 13.6.2019, 7 O 10261/18, BeckRS 2019, 11305, Rn. 59, 60 f.
• „die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs [kann] unverhältnismäßig sein, denn auch
die Rechte aus dem Patent sind nicht schrankenlos gewährt.“ – LG Mannheim, Urt. v.
27.2.2009, 7 O 94/08, NJOZ 2009, 1458, 1461
• „Richtig ist [zwar], dass bei der Anwendung des § 139 PatG [Unterlassungsanspruch] –
soweit das Gemeinschaftsrecht reicht– der europäische
Verhältnismäßigkeitsprüfungsgrundsatz zu berücksichtigen ist.“ – LG Düsseldorf, Urt. v.
24.04.2012 – 4bO 273/10, BeckRS 2012, 9682 sowie gleichlautend Urt. v. 24.04.2012 – 4b
O 274/10, juris – Rn. 256

Doch selbst unverhältnismäßige Unterlassungsanordnungen werden


nicht verweigert
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…aber Unterlassungsansprüche sind quasi-automatisch

„Insgesamt entsteht der Eindruck der BGH wollte den Forderungen der
Praxis und Literatur nach Verhältnismäßigkeitserwägungen mit seinem
obiter dictum bewusst entgegenkommen, aber in jedem Fall eine
Beschränkung des Unterlassungsanspruchs vermeiden, um den
faktischen status quo des Unterlassungsrechts nicht zu verändern. Die
überwiegende Literatur merkt kritisch an, dass der Gerichtshof mit den
Anforderungen an die Gewährung der patentrechtlichen Aufbrauchfrist
deren Anwendungsbereich faktisch auf Null reduziere. Er würde nun
verschiedentlich in Entscheidungen als zu berücksichtigender Grundsatz
zitiert, ohne dass im Einzelfall hieraus konkrete Schlussfolgerungen
gezogen wurden. Tatsächlich ist keine Entscheidung bekannt, in der die
Rechtsprechung in der Folge eine Aufbrauchfrist gewährte.“

Stierle, Der quasi-automatische Unterlassungsanspruch im


deutschen Patentrecht, GRUR 2019, 873

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Deutschland muss die Durchsetzungsrichtlinie umsetzen

Artikel 3 – Allgemeine Verpflichtung


1. Die Mitgliedstaaten sehen die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe
vor, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, auf die diese
Richtlinie abstellt, erforderlich sind. Diese Maßnahmen, Verfahren und
Rechtsbehelfe müssen fair und gerecht sein, außerdem dürfen sie nicht
unnötig kompliziert oder kostspielig sein und keine unangemessenen Fristen
oder ungerechtfertigten Verzögerungen mit sich bringen.
2. Diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe müssen darüber hinaus
wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und so angewendet
werden, dass die Einrichtung von Schranken für den rechtmäßigen Handel
vermieden wird und die Gewähr gegen ihren Missbrauch gegeben ist.

Nichtumsetzung kann Schadensersatzansprüche begründen

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Art. 3 ist klar, präzise und vorbehaltlos

• „Dieses Gericht sollte den Antrag unter gebührender Berücksichtigung der


Besonderheiten des Falles (vgl. Erwägungsgrund 17 der IPRED) bewerten und jede
Anordnung muss im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den
übrigen in Artikel 3 festgestellten allgemeinen Anforderungen sowie den anwendbaren
Grundrechten stehen.“
• „Daraus folgt, dass das zuständige Gericht keine Anordnungen erlassen sollte, die
das Ergreifen von Maßnahmen erforderlich machen würden, die über das
hinausgehen, was im Lichte der Tatsachen und Umstände des vorliegenden Falles
angemessen und erforderlich ist, um eine drohende Rechtsverletzung zu verhindern
oder um die Fortsetzung einer Verletzung zu unterbinden.“
• „Jedoch darf angesichts der Rechtsprechung des EuGH der Adressat der Anordnung
nicht verpflichtet werden, „untragbare Opfer“ zu erbringen.“
IPRED-Mitteilung (2017), Abschnitt IV.3

Art. 3 entfaltet daher wohl „unmittelbare Wirkung“ –


und § 139 ist im Lichte von Art. 3 auszulegen
(ggf. Vorlage an den EuGH)
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Art. 3 sieht auch für SEP-Fälle eine
Verhältnismäßigkeitsprüfung vor

„Bei der Beurteilung, ob ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht


werden kann, sind die Gerichte an Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie zur
Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums („IPRED“) und
insbesondere an die Pflicht gebunden, dafür Sorge zu tragen, dass dieses
Unterlassungsbegehren wirksam, verhältnismäßig und abschreckend ist.
Angesichts der breiten Wirkung, die eine gerichtliche Verfügung auf
Unternehmen, Verbraucher und das öffentliche Interesse haben kann, vor
allem im Zusammenhang mit der digitalisierten Wirtschaft, ist die
Verhältnismäßigkeitsprüfung sorgfältig von Fall zu Fall vorzunehmen.
Nach Auffassung der Kommission müssen die jeweilige Bedeutung der
strittigen Technologie für die betreffende Anwendung sowie die möglichen
Folgewirkungen einer gerichtlichen Verfügung für Dritte berücksichtigt
werden.“

EU-SEP-Mitteilung (2017), Abschnitt 3.2

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UPC-Übereinkommen und –Verfahrensordnung werden auch
eine Verhältnismäßigkeit vorsehen, sobald sie in Kraft treten

„Die Verfahrensordnung ist gemäß Art. 41 Abs. 3, Art. 42 und 52 Abs. 1 des
Übereinkommens auf Grundlage der Prinzipien der Verhältnismäßigkeit,
Flexibilität, Fairness und Billigkeit anzuwenden und auszulegen.

Die Verhältnismäßigkeit ist gewährleistet durch sorgfältige Berücksichtigung


der Art und Komplexität jedes Verfahrens sowie dessen Bedeutung.“
(Präambel)

„Bei seiner Entscheidung wägt das Gericht in Ausübung seines Ermessens


die Interessen der Parteien gegeneinander ab und berücksichtigt dabei
insbesondere den möglichen Schaden, der einer der Parteien aus dem
Erlass oder der Abweisung des Antrags erwachsen könnte.“ (Rule 211.3)

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Verhältnismäßigkeit steht im Einklang mit deutschem Recht!

„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der


Allgemeinheit dienen.“
Art. 14 GG

„Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu


und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.“
§ 242 BGB

„Die Ansprüche [auf Abhilfemaßnahmen] sind ausgeschlossen, wenn


die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der
Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen
Dritter zu berücksichtigen.“
§ 140a PatG

TRIPs 7, 8, 30 lassen Verhältnismäßigkeit ebenfalls zu

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Elemente der Verhältnismäßigkeit sind hinreichend definiert
— Legitimes Ziel? Irreparabler Schaden für Patentinhaber?
— Notwendigkeit? Sind Schadensersatz und Lizenzgebühren bereits angemessen?
— Interessenausgleich? Auswirkungen auf andere Patentinhaber, Lieferanten,
Verbraucher
Unterlassungsanspruch fragwürdig Unterlassungsanspruch kann angemessen
sein
NPE/Freibeuter Hersteller
Hold-up/williger Lizenznehmer Hold-out/unwilliger Lizenznehmer
SEP (FRAND) Nicht-essentielles (Implementierungs-)Patent
Verzögerung (Lock-in-Effekt abwarten) Unverzügliche Durchsetzung
Allgemein lizenzierte Technologie Ausschließlich verwendet/ausschließlich lizenziert

Patent auf kleine Bauteile Patent auf Essenz eines Produkts

Patent auf Interoperabilitätsmerkmal Patent auf Kernfunktionalität

Unangemessene Belastung für Patentnutzer Irreparabler Schaden für Patentinhaber

Große Auswirkung auf andere / öffentliches Keine Verletzung des öffentlichen Interesses
Interesse

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Was können wir von den USA lernen?

• eBay Inc. v. MercExchange, L.L.C: -- Vier-Faktoren-Test für


Unterlassungsverfügung in Patentverletzungsverfahren:

• Kläger hat einen irreparablen Schaden erlitten;


• andere Rechtsbehelfe sind für den
Schadensausgleich ungeeignet;
• Unterlassungsverfügung ist aufgrund
der Abwägung von Härten zwischen
den Parteien berechtigt; und
• öffentliches Interesse würde durch
eine endgültige Unterlassungsver-
fügung nicht verletzt.

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Schlussfolgerung: „Gerecht ist, was verhältnismäßig ist“
(Aristoteles)

— Art. 3 IPRED hat direkte Wirkung. Und deutsche Gerichte müssen § 139 PatG in
Übereinstimmung mit der Richtlinie auslegen
— Gemäß Art. 4 EUV und 288 AEUV ist Deutschland verpflichtet, § 139 PatG zu
ändern, um Verhältnismäßigkeit sicherzustellen
• Im Zusammenhang mit IoT und 5G ist es klug, die Brancheninteressen der EU bzw.
Deutschlands abzuwägen!
— Änderung steht in Einklang mit der deutschen Verfassung und dem BGB
— Wenn keine Änderung erfolgt und dies Schäden verursacht: Risiko von Klagen gegen
Deutschland
— Wenn keine Änderung erfolgt, kann Verhältnismäßigkeit nach Kartellrecht auferlegt werden

• Allgemeiner Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: United Brands


• Orange Book (Nicht-SEPs)
• Microsoft (Nicht-SEPs)
• Huawei v. ZTE (SEPs und FRAND)
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© 2018 Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP. All rights reserved.
Throughout this presentation, “Cleary Gottlieb” and the “firm” refer to Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP
and its affiliated entities in certain jurisdictions, and the term “offices” includes offices of those affiliated entities. 22
Kontakt
BÜRO LONDON & BRÜSSEL BÜRO KÖLN

Maurits Dolmans Romina Polley


Partnerin
Partner
+49 221 80040 257
+44 20 7614 2343
rpolley@cgsh.com
+32 2 287 2000
mdolmans@cgsh.com

Maurits Dolmans ist vornehmlich im europäischen, Dr. Romina Polley berät vornehmlich in deutschen und
europäischen Kartellverfahren und Fusionskontrollverfahren,
britischen und internationalen Wettbewerbsrecht tätig,
sowie zu Vertriebs- und Lizenzverträgen. Sie vertritt zudem
mit einem besonderen Schwerpunkt im High-Tech-
Unternehmen in Kartellschadensersatzfällen vor deutschen
Bereich und im gewerblichen Rechtsschutz. und europäischen Gerichten.

Elisabeth Macher
Associate
+49 221 80040 156
emacher@cgsh.com

Elisabeth Macher ist vornehmlich im Bereich Prozessführung


sowie im gewerblichen Rechtsschutz und Datenschutz tätig.
Sie ist im Bereich des gesamten Wirtschaftsrechts mit
besonderer Spezialisierung auf Kartellschadensersatz-
prozesse aktiv.
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Von der Kommission eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren

Die Kommission kann ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, wenn


ein Mitgliedstaat eine EU-Richtlinie nicht richtig oder nicht fristgerecht
umgesetzt hat.

― Falls die Kommission feststellt, dass Deutschland die Richtlinie


angesichts der mangelnden Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht
(vollständig) in nationales Recht umgesetzt hat, könnte sie ein solches
Verfahren einleiten.

― Das Verfahren würde von der Kommission durch Versendung eines


Aufforderungsschreibens und Ersuchen um weitere Informationen
eingeleitet, gefolgt von einer förmlichen Aufforderung, Übereinstimmung
mit dem EU-Recht herzustellen.

― Schließlich kann die Kommission entscheiden, den EuGH mit dem Fall
zu befassen, der dem Mitgliedstaat Sanktionen auferlegen kann.
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Optionen für eine Einzelperson, sich auf die Richtlinie zu
berufen
― Eine Einzelperson kann sich normalerweise nicht auf die Richtlinie berufen, wenn
sie nicht umgesetzt wurde

• Die unmittelbare Wirkung ist grundsätzlich auf die Beziehung zwischen Bürger und
Staat begrenzt (vertikale Wirkung), sie gilt normalerweise nicht zwischen Bürgern
untereinander (horizontale Wirkung).
• Eine Richtlinie kann aber unmittelbare Wirkung entfalten, wenn sie eindeutig, klar
und uneingeschränkt ist und dem Mitgliedstaat keinen wesentlichen
Handlungsspielraum einräumt
• Die Pflicht zur Umsetzung von Art. 3 ist eindeutig, klar und uneingeschränkt und die
IPRED räumt Deutschland keinen Handlungsspielraum ein, sie zu ignorieren
• Es besteht ein Handlungsspielraum im Rahmen der Anwendung der Verhältnismäßigkeit
im Einzelfall, jedoch kein Handlungsspielraum, sie im Allgemeinen vollständig zu
ignorieren

― In jedem Einzelfall müssten (Zivil-)Gerichte nationales Recht in Übereinstimmung mit


der Richtlinie, die der Mitgliedstaat nicht umgesetzt hat, auslegen.

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Staatshaftung – Schadenersatzklage einer
Einzelperson
Trotz des Verbots der horizontalen unmittelbaren Wirkung kann eine
Einzelperson den Mitgliedstaat wegen Nichtumsetzung einer Richtlinie auf
Schadenersatz verklagen.
― Ein Staatshaftungsanspruch setzt voraus, dass
1. die verletzte Rechtsnorm bezweckt, Einzelpersonen Rechte zu
verleihen;
2. die Verletzung hinreichend qualifiziert ist;
3. zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung
und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein
unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (EuGH, Brasserie du
Pêcheur).
―In Fällen, in denen eine Unterlassungsverfügung unverhältnismäßig
ist, sollte es möglich sein aufzuzeigen, dass das Gericht anders
entschieden hätte, wenn das Verhältnismäßigkeitsgebot in
nationalem Recht verankert gewesen wäre

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Instrumente des Wettbewerbsrechts
Problemstellung Wettbewerbsinstrument

1. Einfache Übertragung von Patenten ohne • Fusionskontrolle


laufende Beziehung zwischen Käufer und • Art. 102
Verkäufer.
2. Begründung/Abschluss einer laufenden • Fusionskontrolle
Gewinnbeteiligung eines Nicht-Wettbewerbers • Art. 101 (?)
mit einem Privateer/Freibeuter zur • Art. 102
Monetarisierung von Patenten.
3. Begründung/Abschluss einer laufenden • Fusionskontrolle
Gewinnbeteiligung eines einzigen • Art. 101
Wettbewerbers mit einem Privateer, um einen • Art. 102
Konkurrenten zu attackieren und die Kosten des
Konkurrenten zu erhöhen.
4. Gründung eines Privateers durch mehrere • Fusionskontrolle
Wettbewerber, um einen Konkurrenten zu • Art. 101
attackieren und die Kosten des Konkurrenten zu • Art. 102
erhöhen.

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