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Historiker sind seltsame Leute. Denn während aus der Sicht an-
derer Menschen ein Jahrhundert dann beginnt, wenn sich zwei
Nullen zeigen, sehen Historiker das meistens nicht so. Für sie
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fängt etwa das 19. Jahrhundert nicht 1800, sondern 1789 an. Denn
1789, das Jahr der „Großen“ Französischen Revolution, markiert
einen tiefen historischen Einschnitt, eine Zäsur. Diese Zäsur steht
für eine ganze Reihe von politischen, wirtschaftlichen, gesell-
schaftlichen und kulturellen Entwicklungen und Ereignissen, mit
denen eine neue Epoche der europäischen Geschichte begann.
Wie das 19. Jahrhundert für Historiker deshalb 1789 anfängt, „Langes“ 19. und
so endet es aus historischer Perspektive auch nicht 1900, sondern „kurzes“
mit einem weiteren Ereignis von einschneidender Bedeutung: 20. Jahrhundert
nämlich dem Ersten Weltkrieg 1914/18. Man spricht daher von
einem „langen 19. Jahrhundert“, das durch Französische Revolu-
tion und Ersten Weltkrieg begrenzt wird. Mit dem Krieg von
1914/18 begann hingegen das „kurze 20. Jahrhundert“, das sein
Ende schon 1990/91 fand, als in Osteuropa die kommunistischen
Regierungen stürzten, die Sowjetunion auseinander brach und
der Ost-West-Konflikt beendet wurde. Offensichtlich stellen auch
diese Ereignisse in vielfacher Hinsicht eine epochale Zäsur dar.
In diesem Buch sollen also zentrale Aspekte der europäischen Rahmen und
Geschichte zwischen 1789 und 1991 behandelt werden. Europa Fokus der
Darstellung
wird dabei verstanden als der Raum zwischen Atlantik und Ural.
Der Schwerpunkt der Darstellung muss schon aus Platzgründen
auf europäischen Gemeinsamkeiten liegen. Verschiedene Aus-
gangslagen und unterschiedliche Entwicklungen werden nach
Möglichkeit berücksichtigt; differenziert und verglichen wird in
der Regel allerdings nur zwischen Großregionen oder den größe-
ren Staaten des Kontinents.
Im Mittelpunkt der sieben Kapitel des Buches stehen Phäno- Themen
mene und Entwicklungen, die in meinen Augen den spezifischen
Charakter der Epoche des 19. und 20. Jahrhunderts in Europa
zulässig.