Universität Hanoi Seminar: Interkulturelle Kommunikation
Abteilung für Deutsche Sprache
Dozierende: Dr. Dang Thi Thu Hien, Nguyen Thuy Linh INTERKULTURELLE MISSVERSTÄNDNISSE Kulturelle Differenzen, Hotspots & Critical Incidents 1. Probleme interkultureller Kommunikation Missverständnisse betreffen nicht nur das Wahrnehmen und Denken, sondern auch andere Bereiche. Erll/Gymnich (2017: 103) unterscheiden vier Ebenen, auf denen Probleme interkultureller Kommunikation auftreten können. - die Ebene der sprachlichen Kompetenz - die Inhaltsebene - die Beziehungsebene - die Ebene der nonverbalen Kommunikation 1.1. Probleme auf der Ebene der sprachlichen Kompetenz Eine mangelnde sprachliche Kompetenz ist eine der Hauptursachen von Schwierigkeiten bei interkultureller Kommunikation. Bezugnehmend auf die sprachlichen Probleme sind drei Basiskonstellationen zu differenzieren, so Erll/Gymnich (2017: 104-106). Konstellation 1: Sprecher 1 und Sprecher 2 haben unterschiedliche Muttersprachen. Sie kommunizieren miteinander in eine Fremdsprache Konstellation 2: Sprecher 1 verfügt über muttersprachliche Kompetenz, Sprecher 2 über fremdsprachliche Kompetenz. Konstellation 3: Sprecher 1 und Sprecher 2 sprechen unterschiedliche Varietäten einer Muttersprache. 1.2. Probleme auf der Inhaltsebene Probleme entstehen aus Unterschieden im kulturellen Wissen oder Werte- und Normensystem der Gesprächspartner. Dies betrifft beispielsweise die im Gespräch zu behandelnden Themen. In jeder Kultur gibt es bestimmte Themen, die für ein Gespräch oder für eine kommunikative Situation als unangemessen angesehen und im Allgemeinen vermieden werden. 1.3. Probleme auf der Beziehungsebene Schwierigkeiten auf der Beziehungsebene sind mit asymmetrischen Machtverhältnissen zwischen Gesprächspartnern verbunden. Asymmetrische Machtverhältnisse müssen nicht stets aus sozialen Faktoren resultieren, sondern sie ergeben sich "allein schon dann, wenn ein Kommunikationspartner nicht ausreichend über die verwendete Sprache oder die üblichen kulturellen Scripts verfügt." (Auernheimer 2006: 152, zit. n, Erll/Gymnich 2017: 109). 1.4. Probleme auf der Ebene der nonverbalen Kommunikation Nonverbale Codes gelten als Begleiterscheinungen der verbalen Signale. Dazu gehören folgende Bereiche: - Gestik - Mimik - Blickverhalten - Proxemik - Haptik - Paralinguistische Codes Kulturelle Variabilität nonverbaler Codes und ihre unterschiedlichen Bedeutungen können zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen führen. Universität Hanoi Seminar: Interkulturelle Kommunikation Abteilung für Deutsche Sprache Dozierende: Dr. Dang Thi Thu Hien, Nguyen Thuy Linh 2. Kulturelle Differenzen In der Analyse interkultureller Kommunikation sind viele Ansätze zur Verfügung gestellt, die sich mit kulturellen Differenzen beschäftigen. Modellen zur Beschreibung kultureller Differenzen liegen die kulturellen Dimensionen zugrunde. Hinsichtlich des Kontextbezugs bei der Kommunikation wird zwischen High-context-Kulturen und Low-context-Kulturen unterschieden. Hinsichtlich der Gesellschaftsstrukturen wird zwischen individualistisch orientierten und kollektivistisch orientierten Gesellschaften unterschieden. Kulturelle Differenzen nach Geert Hofstede mit vier kulturellen Dimensionen: Machtdistanz, Individualismus/Kollektivismus, Maskulinität/Femininität, Unsicherheitsbewältigung 3. Hotspots und Critical Incidents 3.1. Hotspots Rich Points/ Hotspots werden als heiße Stellen in interkultureller Kommunikation bezeichnet. Sie sind in jeder Kultur anwesend. Es handelt sich um Sprachhandlungen, die sowie sprachspezifisch als auch kulturspezifisch sind, bzw. um Situationen und Aspekte, die in einer interkulturellen Begegnung vorkommen und in denen die kulturellen Unterschiede der Gesprächspartner spürbar werden (vgl. Heringer 2007: 162-165). 3.2. Critical Incidents “Episodenartige Darstellung einer Konfliktsituation (aus der Perspektive eines Beteiligten); diese Darstellungen werden in der Regel dazu benutzt, Wissen über Handlungsorientierungen und Gewohnheiten von Personen in einer fremden Kultur und/oder über Mechanismen der Bearbeitung interkultureller Situationen zu gewinnen.” (von Müller-Jacquier 1999: 179, zit. n. Lüserbrink 2016: 38) 4. Literaturquellen 1. Erll, A./ Gymnich, M. (2017): Interkulturelle Kompetenz. Stuttgart: Klett. S. 103-142. 2. Heringer, H. J. (2007): Interkulturelle Kommunikation. Stuttgart: UTB. S. 143-148. 3. Lüserbrink, H.-J. (2016): Interkulturelle Kommunikation. Interaktion, Fremdwahrnehmung, Kulturtransfer. Stuttgart: J. B. Metzler. S. 38.